Somatopsychische Störungen - an der Universität Duisburg

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LVR-Klinikum Essen
Kliniken und Institut der Universität Duisburg-Essen
Somatopsychische Störungen
Aspekte der Krankheitsbewältigung
bei körperlichen Erkrankungen
Dr. med. A. Keller-Pließnig
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Komm. Direktor: Prof. Dr. med. H.-C. Friederich
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Überblick
Somatopsychische Störungen
Definitionen, Bedeutung, Entstehung
Was bedeutet Krankheit für den Menschen?
Aspekte der Krankheitsbewältigung
Was beeinflusst den Krankheitsverlauf ?
• Compliance/ Adhärenz aus psychosomatischer Sicht
• Aspekte des Gesundheitsverhaltens, Prinzipien der Motivationsbildung
• Thema Kommunikation
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Begriffsklärungen:
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Begriffsklärung:
Was bedeutet Psychosomatik?
• „Krankheitslehre,
die psychische Einflüsse auf somatische
Vorgänge und die Auswirkungen somatischer Erkrankungen
auf psychische Prozesse berücksichtigt.“ (Pschyrembel)
• „Lehre von der Wechselwirkung zwischen seelischen,
psychosozialen und körperlichen Prozessen in Gesundheit
und Krankheit.“ (Ermann)
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Begriffsklärung:
Was sind Psychosomatosen?
Organische Erkrankungen mit fassbaren morphologischen
Veränderungen, auf deren Entstehung und/ oder Verlauf
psychische Faktoren einen wesentlichen Einfluss haben.
Bsp.: Asthma bronchiale, chronisch entzündliche
Darmerkrankungen, Neurodermitis u.a.
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Zum heutigen Thema:
Was sind somatopsychische Störungen?
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Begriffsklärung:
Was sind somatopsychische Störungen?
Seelische Reaktionen auf körperliche Erkrankungen
Primär liegt eine Erkrankung aus dem somatischen Bereich
vor
Sekundär wird mit einer psychischen Störung reagiert
„misslungene Anpassung“ an eine Erkrankung
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Prävalenz psychischer Störungen bei körperlich Erkrankten
Bundesgesundheitssurvey 1998-99, (n=4.181)
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Warum sind psychische Aspekte körperlicher Erkrankungen
wichtig geworden?
1. durch die drastische Zunahme chronisch-degenerativer
Erkrankungen, die die großen Infektionskrankheiten als
Hauptursachen von Krankheit und Tod abgelöst haben
2. durch die Erkenntnis, dass psychische Prozesse die Entstehung und
den Verlauf dieser Erkrankungen wesentlich beeinflussen können
3. durch die Kostenexplosion im Gesundheitswesen
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Welche somatopsychischen Störungen können auftreten?
• Anpassungsstörungen
• Depressionen
• Angststörungen
• Posttraumatische Belastungsstörungen
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Anpassungsstörung ICD 10 F43.2
„ … Zustände von subjektivem Leiden und emotionaler
Beeinträchtigung, die soziale Funktionen und Leistungen
behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer
entscheidenden Lebensveränderung, nach einem belastenden
Lebensereignis oder nach schwerer körperlicher Krankheit
auftreten.“
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Anpassungsstörung ICD 10 F43.2
• Beginn: innerhalb von 1 Monat nach Ereignis
• Dauer: etwa 6 Monate bzw.
– Kurze depressive Reaktion (1 Monat)
– Längere depressive Reaktion (max. 2 Jahre)
– Angst und depressive Reaktion gemischt
• Häufigste somatopsychische Diagnose z. B. im Bereich der
Psychoonkologie
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Typische Symptome der Depression (ICD 10 F32.0-3) bei
körperlich Erkrankten nach Endicott
Depressive Stimmung
Wiederholte Beschäftigung
mit Tod oder Selbstmord
Psychomotorische Verlangsamung
Antriebsarmut
Ängstliches oder
depressives Erscheinungsbild
Appetitverlust,
Gewichtsverlust,
Schlafstörung
Wertlosigkeitsgefühle
oder exzessive oder
unpassende Schuldgefühle
Sozialer Rückzug oder
verminderte Kommunikation
Sichtbar verminderter Interessenverlust
bezüglich der meisten Aktivitäten
Grübeln, Selbstmitleid
oder Pessimismus
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Depression/ depressive Episode ICD 10 F32.0 – 32.3
Kardinalsymptome:
• Gedrückte Stimmungslage
• Interessenverlust, Freudlosigkeit
• Verminderung des Antriebs
• Verminderng der Konzentration, Aufmerksamkeit
• Vermindertes Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen
• Schuldgefühle, Gefühle vn Wertlosigkeit
• Negative Zukunftsperspektive
• Schlafstörungen
• Sozialer Rückzug
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Begleitdepression – Prävalenz
• 18% Major Depression bei koronarer Herzerkrankung Carney et al (1987)
60:1273-1275
• 18% Major Depression bzw. 27% Minor Depression nach akutem
Herzinfarkt Schleifer et al (1989) 149:1785-1789
• 30% Major Depression bei terminaler Niereninsuffizienz Hong et al (1987)
17:185-190
• 51% Major Depression bei Morbus Parkinson Sano et al (1989) 46:1284-1286
• 15-20% Major Depression bei Diabetes mellitus Gavard et al (1993) 16:11671178
• 30-45% Major Depression bei chronischen Schmerzen Masand et al (2001)
(personal communication)
• 25% depressive Störungen bei Krebspatienten Masand, Spiegel u.a. (2001)
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Angststörungen
Panikstörung ICD 10 F41.0
= Episodisch paroxysmale Angst
• Wiederkehrende schwere Angstattacken, die sich nicht auf eine spezifische
Situation beschränken und daher nicht vorhersehbar sind
• Plötzlicher Beginn mit starker körperlicher (vegetativer) Reaktion
Spezifische Phobien ICD 10 F 40.2
• Angstreaktion (psychisch und/ oder vegetativ) ist auf eine spezifische Situation
beschränkt
• Die phobische Situation wird vermieden
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Posttraumatische Belastungsstörung
ICD 10 F43.1
„ ... Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder Situation
außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen
Ausmaßes, die bei nahezu jedem eine tiefe Verzweiflung
hervorrufen würde.“
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Posttraumatische Belastungsstörung nach medizinischen
Eingriffen
Wie werden hoch technologisierte Maßnahmen von Patienten erlebt?
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Bei annähernd 5% der Patienten tauchen nach folgenden medizinischen
Interventionen posttraumatische Belastungsstörungen auf
• Nach Herztransplantation (Dew et al.2001, Stukas et al 1999)
• Nach Lebertransplantation (Rothenhäusler et al.2004)
• Nach Herzkatheteruntersuchung
• Nach Überbrückung mit „Kunstherz“ (Bunzel et al. 2005,2007)
• Nach Herzstillstand und Reanimation, Herzoperationen
• Nach längerer Behandlung auf der Intensivstation
• Nach Behandlung von Verbrennungen
• Nach Krebserkrankungen
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Posttraumatische Belastungsstörung und intensivpflichtige
Ereignisse
• 27,5 % nach akutem respiratorischem Distress Syndrom
• 11,9 % nach Herzchirurgischen Eingriffen
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Posttraumatische Belastungsstörung nach Lebertransplantation
Traumaereignisse, die zur PTSD führen
Trauma bzw. schlimmstes Ereignis
5
30
25
4
Diagnose
Atemnot
LTX
3x transplantiert
Hilflosigkeit
Diagnose
20
Intensiv
29%
15
10
17%
Zeit vor LTX
27%
3
2
Angst vor Organmangel
11%
9%
5
Durchgangssyndrom
Häufigkeit
LTX
%
Psychotherapeuten
6%
4%
Erkrankung
5%
0
N=106
4%
3%
1
Sonstiges
0
Trauma
• Häufigstes traumatisches Erlebnis die Diagnosemitteilung
• Bei 7% der Patienten PTSD nach Traumakriterien des DSM-IV und Erfüllung des Schwellenwerts nach ETI
• PTSD – Symptomatik nach Lebertransplantation verglichen mit einer gesunden Stichprobe höher, mit Patienten nach HTX
niedriger
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Posttraumatische Belastungsstörung
Symptom-Trias
Symptome auf der Ebene des Erlebens:
• Intrusionen, d.h. überflutendes Wiedererinnern (Bilder,
Sinneswahrnehmungen), Albträume
Symptome auf der Ebene des Verhaltens:
• Vermeidung von möglichen Erinnerungsauslösern (innen u. außen),
von Aktivitäten wegen Wiederholungsangst, von Gefühlen
(Affektabflachung)
Symptome auf körperlicher Ebene:
• Übererregung (Hyperarousal), Angst u. Nervosität, innere Unruhe,
Reizbarkeit, Schlafstörungen ...
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Wann und wie entstehen somatopsychische Störungen?
Ursachen
Folie 23
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Das bio-psycho-soziale Krankheitsmodell
Krankheiten werden von einem Wechselspiel zwischen
biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren
verursacht.
Grundannahmen des bio-psycho-sozialen Modells:
Im Verlauf von Krankheiten sind psychische Faktoren
(Emotionen und Kognitionen), zwischenmenschliche,
soziokulturelle bzw. sozialgesellschaftliche Faktoren beteiligt.
Damit wurde im 20. Jahrhundert das alte biomedizinische
Modell abgelöst.
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Wann entstehen somatopsychische Störungen?
Vulnerabilitätsfaktoren
Kohärenzgefühl
Krankheitsbewältigung
Protektive
Faktoren
Soziale Unterstützung
Junges Alter
Geringer Bildungsstand
Prämorbide psychische Störung
Psychosoziale Bel.-Faktoren
Somatopsychische Störungen
Krankheitsstress
Depressive Störungen
Angststörungen
Anpassungs- und
Posttraumatische
Belastungsstörungen
Non-Adhärenz
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Wann entstehen somatopsychische Störungen?
Somatopsychische Störungen entstehen, wenn die
psychische Kraft für die Krankheitsbewältigung nicht
ausreicht.
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Differenzialdiagnostische Überlegungen bei komorbiden
psychischen Störungen
Biologische Ursachen
•
Bsp.Hepatitis C-Virus Infektion
•
Bsp. Schilddrüsenerkrankungen->
Unterfunktion der Schilddrüse
•
Bsp. Hypercortisolismus
bei endokrinen Erkrankungen mit vermehrter
->
->
Beteiligung des Zentralen Nervensystems
Auschüttung von Stresshormonen
Medikamenteninduzierte Ursachen
•
Interferon-α, Corticosteroide, β-Blocker, Gonadotropin-Releasing Hormon- Agonisten,
Tamoxifen u.a.
Multifaktorielle Ursachen
•
Mehrere ätiologische Faktoren bestehen nebeneinander
Psychogene Ursachen
•
Psychische Reaktion auf eine somatische Erkrankung und ihre Behandlung
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Was bedeutet Krankheit für den Menschen?
Die Realität einer schweren körperlichen Krankheit
(Krebs, Transplantation, Schlaganfall etc.) führt in
menschliche Extremsituationen, die von den Kranken, ihren
Familien und ihrem psychosozialen Umfeld bewältigt werden
müssen.
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Was bedeutet Krankheit für den Menschen?
Was Krankheit für jeden einzelnen Menschen genau bedeutet,
hängt maßgeblich von persönlichen Vorerfahrungen,
Kenntnissen, familiären und soziokulturellen Werthaltungen,
Bedeutungen und Umgangsformen ab.
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Was bedeutet Krankheit für den Menschen?
Die subjektive Krankheitstheorie
• Individuelle Vorstellung des Betroffenen über
Krankheitsursachen, Funktion und Bedeutung.
• Kann im Widerspruch zum medizinischen
Krankheitsverständnis, aber auch zum rationalen Wissen des
Betroffenen stehen.
• Ist teils bewusst, oft unbewusst
Die subjektive Krankheitstheorie hat einen bedeutenden
Einfluß auf die Krankheitsbewältigung.
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Warum bedeutet Krankheit = Stress oder
Welche Aufgaben müssen bewältigt werden?
• Emotionale Bewältigung einer ggfs. existenziellen Bedrohung, Kontroll-,
Autonomieverlust, Verlust der Unversehrtheit
• Selbstkonzept in Frage gestellt: Verlust der körperlichen Integrität,
verändertes Körperschema und Selbstbild
• Verunsicherung hinsichtlich der sozialen Rollen und Aufgaben (Wer bin ich
mit dieser Erkrankung?)
• Medizinische Anpassungsforderung: veränderte Umgebung, Beziehungen
mit unvertrauten Medizinalpersonen, Konfrontation mit neuen
Verhaltensregeln, Fachsprache
• Eine neue Perspektive mit evtl. ungewisser Zukunft hinsichtlich des
Krankheitsverlaufes muss erarbeitet werden.
Misslingt die Bewältigung dieser Aufgaben, entstehen
somatopsychische Störungen
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Was bedeutet Krankheitsbewältigung und
was hilft bei der Krankheitsbewältigung?
Folie 32
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Was ist Krankheitsbewältigung?
Unter Krankheitsbewältigung verstehen wir alle bewussten
und unbewussten Mechanismen, die ein Betroffener einsetzt,
um die Einschränkungen und die Belastungen, die durch eine
körperliche Erkrankung und / oder deren Behandlung
entstehen, zu überwinden.
Folie 33
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Was hilft bei der Krankheitsbewältigung?
• Protektive Faktoren (vs. individuelle Vulnerabilität)
• Bewältigungsstrategien (vs. individuelle Belastung)
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Was hilft bei der Krankheitsbewältigung?
Protektive Faktoren (vs. Vulnerabilität)
In zahlreichen Studien und für unterschiedliche Krankheitsbilder
wurden als protektive Faktoren belegt:
• Resilienz
(=innere Ressourcen)
• Soziale Unterstützung
(=äußere Ressourcen)
Folie 35
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Resilienz als protektiver Faktor (innere Ressource)
Resilienz =
„Widerstandsfähigkeit“ gegenüber Belastungen
also „Fähigkeit“ selbst in Extremsituationen unbeschädigt
zu bleiben und ggfs. aus diesen Belastungen sogar Anstöße
für die Persönlichkeitsentwicklung zu gewinnen.
Resilienz =
die gelungene Anpassung unter schwierigen
Bedingungen
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Resilienz als protektiver Faktor:
Das Kohärenzgefühl (innere Ressource)
Antonovsky¹ prägte den Begriff des Kohärenzgefühls.
Es handelt sich dabei um ein beständiges Grundvertrauen,
1. dass internale und externale Reize strukturiert, vorhersagbar
und erklärbar sind (Verstehbarkeit)
2.
über Ressourcen zur Bewältigung stressreicher Situationen zu
verfügen (Handhabbarkeit) und
3. dass Anforderungen aus der Umwelt Herausforderungen
darstellen, die es wert sind, sich ihnen zu stellen
(Sinnhaftigkeit).²
¹ Antonovsky 1979
² Antonovsky 1987
Folie 37
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Was hilft bei der Krankheitsbewältigung?
Selbstwirksamkeit (innere Ressource)
• Selbstwirksamkeit ist die Einschätzung der eigenen Kompetenz
einer Person, ein Verhalten auch in schwierigen Situationen
ausführen zu können.
• Personen, die sich als selbstwirksam erleben, setzen sich höhere
Ziele und initiieren Handlungen schneller, geben auch angesichts von
Schwierigkeiten und Barrieren nicht so schnell auf.
Bandura 1997
Folie 38
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Was hilft bei der Krankheitsbewältigung?
Bewältigungsstrategien (innere Ressourcen)
Das Copingkonzept
Engl. to cope = umgehen mit, bewältigen
= das Bemühen, die durch Krankheit aufgetretenen Belastungen
emotional, kognitiv und durch Handeln zu bewältigen
Copingstrategien = Bewältigungsstrategien
Folie 39
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Positive Coping-Strategien
• Zupacken
• Aktive Informationssuche
• Problemanalyse
• Positive Phantasien über Möglichkeiten entwickeln
• Soziale Unterstützung suchen
• Emotionale Entlastung
• Sinngebung (religiös)
= aktive Strategien
Folie 40
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Negative Coping-Strategien
• Verleugnung
• Gefühlsisolation: Nichtwahrnehmen von Gefühlen
• Dissimulieren von Krankheitserscheinungen
• Schuldzuweisungen an andere
• Sozialer Rückzug und Isolation
= passive Strategien
Folie 41
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Soziale Unterstützung als protektiver Faktor
(äussere Ressourcen)
Beziehen Patienten in erster Linie durch ihre nächsten Angehörigen
Instrumentellen Unterstützung: z. B. Hilfe bei zu erledigenden Arbeiten,
Besorgung von Gütern, Bereitstellung finanzieller Ressourcen. (Schulz und
Schwarzer 2003)
Emotionale Unterstützung: Die Mitteilung von Wärme, Trost oder Mitleid.
Informationelle Unterstützung: Z. B. Liefern von relevanten Informationen
und Ratschläge durch Unterstützungsquellen
Bewertungsunterstützung: Hier geht es um die Übereinstimmung oder die
Angemessenheit von Werten oder Standpunkten
Soziale Unterstützung spielt eine große Rolle in der Bewältigung
belastender Ereignisse / Krankheiten
Folie 42
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Was beeinflusst den Krankheitsverlauf?
Folie 43
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Compliance
• Compliance ist die Fähigkeit des Patienten, ärztliche
Empfehlungen zu akzeptieren und umzusetzen.
• Beeinflusst wesentlich den Krankheitsverlauf
• Einschätzung der Compliance bekommt bei den
Krankheitsbildern eine besondere Bedeutung, bei denen die
Umsetzung medizinischer Maßnahmen überlebensrelevant ist
(z. B. Transplantationsmedizin).
Folie 44
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Compliance oder Adherence?
WHO 2003:
Adhärenz ist das Maß, mit dem Patienten
Therapieempfehlungen umsetzen. ¹²
¹ Haynes 1979
² WHO 2003
Folie 45
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Compliance oder Adherence?
• Der Begriff Adherence (Adhärenz) betont die Tatsache, dass
auch die Einstellung des Arztes zum Patienten die
Kooperation des Patienten bei seiner Behandlung beeinflusst.
• Hier wird mehr auf die Passung von ärztlicher Empfehlung
und Akzeptanz / Umsetzung durch den Patienten fokussiert.
Folie 46
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Merkmale der Adhärenz in der Medizin
Behandlungsadhärenz
bei körperlich Erkrankten äußert sich v. a. durch
•
•
•
•
•
•
•
Einnahmezuverlässigkeit
Terminzuverlässigkeit
Diäteinhaltung
Durchführung von Laborkontrollen, körperliche Betätigung
Selbstkontrollen von körperlichen Zeichen (Blutdruck etc.)
Fernbleiben von UV Licht
Verzicht auf Nikotin-, Alkohol- oder Drogenkonsum
Folie 47
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Wie können wir Adhärenz messen?
Direkte Methoden
•
Direkte Beobachtung
•
Messung von Arzneistoffkonzentrationen in Körperflüssigkeiten
•
Messung von Markersubstanzen im Blut oder Urin (z.B. Äthylglukuronid)
Indirekte Methoden
•
Arzneimittelschwund-messung (Pill count)
•
Rezeptwiederholungen (Daten der Krankenkassen)
•
Patiententagebücher
•
Patientenbefragung
(MESI, Self Report)
Folie 48
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Haben somatopsychische Störungen Einfluss auf die Adhärenz
und damit auf den Krankheitsverlauf?
Depression
Adhärenz
Krankheitsverlauf und Outcome
(Morbidität und Mortalität)
 Gibt es Evidenz für dieses Bedingungsgefüge?
Folie 49
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Auswirkungen komorbider Depressivität auf den Verlauf körperlicher
Erkrankungen
Nach MYOKARDINFARKT
Bei HERZINSUFFIZIENZ
•
Frasure-Smith et al 1993 4-fach erhöhte Mortalität
•
•
ENRICHD Studie Carney et al. 2003 (358
depressive und 408 nicht depressive Patienten) mehr
als 2- fach erhöhte Mortalität in den ersten 6 Monaten
nach dem Myokardinfarkt
Bei HEPATITIS – C – INFEKTION
•
Frasure-Smith et al 1999 erhöhte
Depressionswerte (BDI) sind ein signifikanter
Prädiktor der Mortalität (896 Patienten) im ersten Jahr
nach einem akuten Myokardinfarkt
•
MIND-IT Studie Van Melle et al. 2005
Linksventrikuläre Dysfunktion nach einem
Myokardinfarkt korreliert mit der Prävalenz und
Ausprägung der Depression
•
FINE Studie Finland, Italy and Netherlands
Elderly bei älteren Männern mit Herzinsuffizienz sind
Depressionen ein signifikanter Risikofaktor der
Mortalität Kamphuis et al. 2006
•
Kostam et al. 2005, Parissis et al. 2005 höhere
Hospitalisierungs- und Mortalitätsraten
•
Whooley et al. 2003 The Heart and Soul Study:
Depressive Symptome bestimmen die Lebensqualität
der Patienten mit einer KHK.
•
Angermann et al. MOOD- HF Studie (Wirkung von
Escitalopram)
Die Interferon induzierte Depression ist bei HCVPatienten häufig (10-40%; Dieperink et al. 2000,
Schäfer et al. 2006) und kann eine Dosisreduktion
(27-32%) oder vorzeitige Beendigung (11%) der
Behandlung notwendig machen (Fried 2002).
Folie 50
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Auswirkungen komorbider Depressivität auf den Verlauf körperlicher
Erkrankungen
Therapiestudien bei Diabetes Mellitus HBA1 – C
•
Lustmann et al.1998 kognitiv behaviorale
Psychotherapie bei Diabetes Mellitus -> HBA1-C
Spiegel und Depressivität besser
•
Williams et al.2004 Problemlösetraining ->
Depression besser, aber HBA1-C unbeeinflusst
•
Goodnick et al.1997 Antidepressiva ->
Depressivität und HBA1-C Spiegel besser.
Hämodilution mit Acetylsalysilsäure nach
Myokardinfarkt
•
Rieckmann et al. 2006 Aspirin Einnahmeadhärenz
nach Myokardinfarkt korrelierte signifikant mit der
Depressivität (BDI)
Folie 51
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Non-Adhärenz nach Transplantation führt zur Organabstoßung
Kidney or kidney/pancreas
% Non-Compliance
Heart
Liver
* Beinhaltet nur Non-Adhärenz, welche mit Transplantatverlust assoziiert war.
Folie 52
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Grundprinzipien der psychotherapeutischen Intervention
für körperlich Erkrankte
Allgemeine Therapieziele: Stabilisierung, Unterstützung und
Motivationsaufbau
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Stabilisierung bei Belastungen im Rahmen der Erkrankung
Unterstützung des Patienten bei der Bewältigung der
Erkrankungs- und Behandlungsfolgen
Erarbeitung und Vertiefung von Copingstrategien
Förderung von Ressourcen
Vermittlung von z. B. Entspannungs-, Imaginationstechniken
Vermittlung von Informationen, Psychoedukation
Einbeziehung der „somatischen“ Behandler in das
Psychotherapiesetting
Verbesserung der Kommunikation zwischen Patient und
Behandlern
u.v.m.
Folie 53
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Abgestufte Versorgungsstruktur für körperlich erkrankte Patienten
Störungsspezifische
Gruppentherapien
Symptomverständnis- und Entspannungsgruppen
(körperlich Erkrankte mit komorbider psychischer
Störung)
Krisenintervention
Präventive Interventionen vor Beginn einer belastenden Therapie
(z. B.Interferonbehandlung bei HCV und Melanompatienten)
Screening/ Diagnostik
Folie 54
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Welche somatischen Patienten aus dem Klinikum werden
regelmäßig psychosomatisch untersucht?
• Patienten vor einer Leber-, Nieren-, Herz- und Lungentransplantation
Psychosomatische Evaluation mit Gutachtencharakter vor Transplantation:
-Liegen somatopsychische Störungen vor,
-wie ist die Compliance/ Adhärenz,
-wie ist das Gesundheitsverhalten,
-über welche Copingstrategien verfügt der Patient,
-wie ist die soziale Unterstützung, die Lebenssituation u.a.
• Onkologische Patienten (WTZ)
• Brustkrebspatientinnen nach der Initialbehandlung
• HCV und Melanompatienten jeweils vor dem Beginn einer
Interferonbehandlung, wenn sie psychisch nicht ausreichend stabil
erscheinen
• Auf konsiliarische Nachfrage alle Patienten, die ein Anliegen haben
oder die durch somatische Kollegen vorgestellt werden
Folie 55
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Aufdeckung komorbider psychischer Störungen durch die Ärzte
• Geringe Aufdeckung komorbider psychischer Störungen 1,2,3
• Diagnostische Fähigkeit der Ärzte bei 50%, folglich im Bereich des
Zufalls
Fazit: Verbesserung der Kenntnisse und der kommunikativen
Fähigkeiten der Behandler notwendig
1 Söllner et al. 2001
2 Passik et al. 1998
3 Fallowfield et al. 2001
Folie 56
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Eine aus Sicht der Patienten gute Kommunikation mit
dem Arzt bildet die Grundlage für eine vertrauensvolle
Beziehung,
eine gelungene Informationsvermittlung trägt zu einer
guten Compliance und auch zum Erfolg der Behandlung
insgesamt bei.
Arora NK. Interacting with cancer patients: the significance of physicians` communication behaviour. Soc Sci Med 2003; 57: 791-806.
Girgis A, Sanson-Fisher RW. Breaking bad news: Consensus guidelines for medical practitioners. J Clin Psychol 1995; 13: 2449-245.
Folie 57
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Eine unklare Kommunikation stellt einen maßgeblichen
Prädiktor für eine schlechtere Lebensqualität der
PatientInnen sowohl kurz nach Diagnosestellung und
Behandlung als auch mehrere Jahre danach dar.
Engel J et al. Predictors of quality of life of breast cancer patients. Acta Oncol 2003; 42: 710-8.
Kerr J et al. Communication, quality of life and age: results of a 5-year prospective study in breast cancer patients. Ann Oncol 2003; 14:
421-7.
Folie 58
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Nicht nur eine Nachricht selbst beeinträchtigt das
psychische Befinden der Patienten stark,
die Art und Weise der ärztlichen Vermittlung hat
entscheidenden Einfluss auf das Ausmaß der Belastung.
Spiegel D. Psychosocial aspects of breast cancer treatment. Semin Oncol 1997; 24: 36-47.
Gordon GH. Care not cure: dialogues at the transition. Patient Educ Couns 2003; 50: 95-8.
Burke MA, Lowrance W, Perczek R. Emotional and cognitive burden of prostate cancer. Urol Clin North Am 2003; 30: 295-304.
Jakel P. Patient communication and strategies for managing fatigue. Oncology (Williston Park) 2002; 16:141-5.
Ellis PM, Tattersall MH. How should doctors communicate the diagnosis of cancer to patients? Ann Med 1999; 31: 336-41.
.
Folie 59
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Kommunikation
Kommunikation ist unabdingbarer Bestandteil des
medizinischen Krisenmanagements und will
geübt sein!
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Kommunikationsstrategien
SPIKES-Gesprächsrahmen (Buckman, Baile, 2001)
S Setting und aktives Zuhören
P Patienten-Wahrnehmung: Situation und Sorgen
I Informationswünsche des Patienten
K Kenntnisse: vorhandene, fehlende, falsche
E Exploration der emotionalen Reaktion in empath. Weise
S Strategie, Zusammenfassung, Rückversicherung
Folie 61
LVR-Klinikum Essen
Kliniken und Institut der Universität Duisburg-Essen
Lernziele für Sie: Was ist wichtig?
• Was sind somatopsychische Störungen (Anpassungsstörungen,
Depression, PTSD)?
• Was hilft bei der Krankheitsbewältigung (protektive Faktoren, wie
soziale Unterstützung, Resilienz; Coping)?
• Was beeinflusst im weiteren den Krankheitsverlauf (Compliance
/Adhärenz, Non-Adhärenz)?
• Was sind basale Therapieprinzipien in der Behandlung körperlich
Erkrankter?
• Warum ist gute Kommunikation wichtig?
• Basale Kommunikationsstrategien (SPIKES)
Folie 62
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