ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE B Landerl 1. Vorlesung 14.10. PHYSISCHE UND KOGNITIVE ENTWICKLUNG IN KINDHEIT UND ADOLESZENZ Einflussfaktoren für Größenwachstum Vererbung: Es besteht eine Korrelation zwischen Größe der Eltern und der ihrer Kinder. Wilson (1974): Im Alter von vier Jahren betrug der durchschnittliche Größenunterschied bei zweieiigen Zwillingen 3,2cm, bei eineiigen Zwillingen 1.1cm. Catch-up growth: Periode des besonders scnellen Wachstums nach einer Periode des abnorm reduzierten Wachstums (durch Umwelteinflüsse wie Mangelernährung). Prinzip der Kanalisation: Versuch des Körpers, das Größenwachstum einzuhalten, um die genetisch determinierte Größe zu erreichen. Funktioniert nicht bei dauerhafter Beeinträchtigung (z.B. Mangelernährung). Säkuläre Trends: - Menschen werden immer größer - Wachstum immer früher abgeschlossen Gründe: verbesserte Ernährung/ Gesundheitsverhalten Während dem Wachstum verschieben sich die Proportionen: Verhältnis Kopf: Körper; Länge der Beine. Motorische Entwicklung: Neurologische Entwicklung: Myelinisierung (Hand- Auge- Koordination; Aufmerksamkeit) Zunahme von Dopamin (Neurotransmitter) zwischen 3-6 Jahren 3-6 Jahre: Wachstum des Frontallappens => wichtig für exekutive Funktionen und Inhibition 6 Jahre- Adoleszenz: Wachstum des Parietal- und Temporallappens => Sprachzentren, Aufmerksamkeit Baird et al.: Angstgesichter im fMRI : Jugendliche : Amygdala ; Erwachsene : Frontallappen; Händigkeit: Ca. 10% Linkshänder KEIN Zusammenhang zwischen Leseschwäche und Linkshändigkeit Dominante Gehirnhälfte (Lage des Sprachzentrums): Bei Rechtshändern meist links Bei Rechtshändern ist der Leistungsunterschied zwischen den beiden Händen ausdifferenzierter als bei Linkshändern Jugendalter Beginn: Einsetzen der Pubertät „Sturm und Drang- Zeit“ „Identitätskrise“ (Identitätsfindung) Biologische und körperliche Veränderungen Mädchen: Menstruation (Menarche) Buben: Erste Ejakulation (Spermache) Reproduktionsorgane werden funktionsfähig Pubertät: Veränderung der Sensitivität des Hypothalamus für Hormonspiegel (Wachstumshormone, Androgenausschüttung) Einsetzen der Pubertät hängt mit Größenwachstum zusammen Wachstumsschub charakteristisch für Pubertät Bei Mädchen im Schnitt 1-2 Jahre früher Hohe Variation für Zeitpunkt der Pubertät Alter bei der 1.Menarche nimmt ab. 1979/80: 13,3 Jahre; 1989: 13 Jahre. Ältere Zahlen (19. Jhrt.) nicht unbedingt verlässlich 1840: 17 Jahre. Psychologische Effekte der Pubertät Retrospektive Studien: Frauen erinnern die Erfahrung der Menarche als sehr lebendig, aber unangenehm mit wenig sozialer Unterstützung. Studie an 120 Mädchen während der Menarche: Anfangs etwas unangenehm, Ambivalenz und Konfusion, aber typischerweise keine traumatische Erfahrung. Negative Gefühle waren stärker bei einem frühen Einsetzen der Menarche Viele Kulturen: Aufnahme in die Welt der Erwachsenen durch Initiationsriten. Einfluss der Hormone Direkte/ indirekte (Reaktion auf physische Veränderungen) Steigende emotionale Distanz zu den Eltern (weniger von Alter als von Einsetzen der Pubertät abhängig) Hormonlevel steht in komplexem Zusammenhang mit Stimmungsschwankungen und Aggressivität- hat aber viel mit kognitiven Veränderungen und Selbsteinschätzung zu tun. Früh- und Spätentwickler Buben: frühe Entwicklung von sozialem Vorteil (stärker, sportlicher => hohe Wertschätzung) Späte Entwicklung => geringeres Selbstbewusstsein, werden als weniger reif/attraktiv/populär bewertet Bei Mädchen komplexer: Magnusson: Frühentwickler vor 11 Jahren mehr Alkohol/ Haschischkonsum, mehr Schulschwänzen, Regelverletzungen als Normal- /Spätentwickler. Hängt vermutlich mit Sozialisation (mehr Kontakt zu Älteren) zusammen. Temporärer Effekt, d.h. Im Alter von 25 Jahren keine Unterschiede mehr feststellbar (z.B. bzgl. Alkoholkonsum) Aber: Früher Sexualverkehr, heiraten früher, früher Kinder, weniger College- Abschlüsse. Psychische Störungen In Kindheit vorwiegend Buben Während der Adoleszenz Zunahme vor allem bei Mädchen Mädchen: Depression, Angst- und Ess- Störungen Buben: ADHS, gerade im Jugendalter: antisoziales Verhalten, Delinquenz Magersucht: Prävalenzrate: 90% Mädchen (0,5% aller Mädchen; 1% Bulimie = Fressucht) 1.Auftreten: Bulimie 20-30J Magersucht meist 12-18J., frühestens mit 9 Jahren Entwicklungsaufgabe: Übergang vom nichtverantwortlichen Kind zum geschlechtsreifen Erwachsenen. Körperliche Entwicklung: Verurteilung zu Rezeptivität/ Passivität Verhinderung durch mangelnde Nahrungszufuhr: (körperliche) Entwicklung zur Frau wird gestoppt Einüben von für Frauen geltende Normen: Körperideale, Selbstkontrolle (Diäthalten). Abmagern: Behalten der Kontrolle 1) Über den Körper 2) Über Familie (drängen zum Essen), ohne sich loslösen zu müssen = neurotischer Bewältigungsversuch, also Entwicklungsstillstand Auftreten eher bei angepassten Mädchen mit geringem Selbstvertrauen Alkohol & Drogen Alkohol: 1. Konsum im Alter von 13-14 Jahren, Höhepunkt mit 20 Jahren Alkoholmissbrauch: 1,2% 14-15J; 8,9% der 16-17J; Illegale Drogen Schon einmal illegale Drogen probiert: 24% der männl. Jugendlichen 18% der weibl. Jugendlichen regelmäßiger Drogenkonsum (20x pro Jahr) 4% männl. 2% weibl. Größte Verbreitung: Haschisch, Marihuana; Ecstasy 5%; LSD, Kokain, Schnüffelstoffe 1-5%; Einstiegsalter: Schnüffelstoffe: 15 Jahre Haschisch: 16-17 Jahre Härtere Drogen: 18 Jahre Alkoholismus: familiäre Häufung Erziehungsstil: negative Korrelation von autoritativem Erziehungsstil mit Alkohol-/Drogenkonsum Positive Korrelation bei unegagierter, non- direktiver Erziehung Alkoholabhängige Väter sind weniger aufmerksam, schlechter gestimmt, weniger responsiv (Eider et al. 1999) Persönlichkeitseigenschaften: Erhöhtes Aktivitätsniveau, mangelnde Selbstkontrolle (Hyperaktivität, Impulsivität, Sensation-/ Novelty Seeking, Aggression) Caspi et al. (1996) : 3 jährige mit geringer Selbstkontrolle waren 2,7x stärker gefährdet, im jungen Erwachsenenalter eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln Jugendalter und Alkoholismus - Erringung einer Erwachsenenidentität durch Übernahme erwachsener Verhaltensweisen (besonders bei Männern gehört Alkoholkonsum zum Rollenbild) - Erproben der Eigenständigkeit durch Übertreten und Provozieren von bestrafenden Reaktionen Ritalin Kinder unter Ritalinbehandlung haben ein geringeres Risiko für Alkohol- Drogenprobleme als ADHS- Kinder ohne Ritalinbehandlung Sexualverhalten Mehrere Erhebungen in den 60ern, 70ern; kaum in den 80ern (AIDS). Reflektiert Veränderung in sexuellen Einstellungen; Kinsley Report (1948, 1953). - Erhebung durch Fragebögen und Interviews => Zuverlässigkeit? - Befragung über sehr intime Themen - Probleme mit dem Verständnis bestimmter Begriffe - Wie viele Menschen verweigern ein Interview => Repräsentativität? Typischer Verlauf des Sexualverhaltens Also wer das jetzt noch erklärt braucht, dem ist doch eh nicht mehr zu helfen! Frühe sexuelle Erfahrung Begünstigt durch frühere körperliche Entwicklung, physische Attraktivität Konformität mit Normen der Peers, nicht mit denen der Eltern Sexuelle Unerfahrenheit eher bei Jugendlichen, die sich als religiös bezeichnen Zusammenhang zwischen Abschreckung durch Geschlechtskrankheiten und sexueller Enthaltsamkeit. Abschreckende Wirkung in den letzten Jahren zurückgegangen. Beziehungen zu Eltern und Peers Unabhängigkeit von den Eltern, Peers gewinnen an Bedeutung Angst, Freunde zu verlieren zwischen 13- 15 Jahren besonders hoch, besonders bei Mädchen. Zwischen 11-13 Jahren Konflikte Eltern- Kind: Abnehmen der Konflikte in Bereichen Haushalt, Kleidung und Benehmen. Zunahme in Konflikten über Finanzen Bei autoritärer Erziehung stärkere Orientierung an den Peers