Friedrich-Schiller-Universität Jena SS 2010 Institut für

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Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Erziehungswissenschaft
Seminar „Heimerziehung unter Bindungstheoretischer
Perspektive“
SS 2010
Dozentin: Kristin Georgy, M.A.
Referentin: Franziska Wilhelm
Sozialpädagogisches Handeln: Institutionelle Erziehung – Professionalität der
Heimerzieher (Anforderung/Überforderung!?)
1.Sozialpädagogisches Handeln als Profession
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Professionalität
Professionalisierung bezeichnet den Prozess der Herausbildung einer bestimmten
beruflichen Handlungsform in modernen Gesellschaften, sie wird durch eine bestimmte
Wissensform realisiert
Kennzeichnend für eine Herausbildung einer Profession ist:
 Dass Tätigkeiten verberuflicht werden, indem sich eine Gruppe von
Berufsrollenträgern herausbildet, die bestimmte Qualifikationsanforderungen erfüllen
muss und in einer eigenen Organisationsform arbeitet
 Die berufliche Tätigkeit wird methodisiert und erfordert so ein zunehmend
differenziertes und schließlich wissenschaftliches Wissen
 Es bildet sich eine bestimmte Berufsethik heraus. Die Professionsangehörigen
kontrollieren auch den Zugang zur Profession, also die Ausbildung und den
Ausschluss aus der Profession.
Sozialpädagogisches Handeln als Profession beinhaltet im engeren Sinne die Interaktion
mit Einzelnen, Gruppen und im weiteren Sinne u.a. die Planung, Verwaltung,
Sozialmanagement, Organisationsentwicklung, politisches und öffentliches Handeln
Die Wissensgrundlage des sozialpädagogischen Handelns ist sehr heterogen
 kann aus traditionsorientiertem Erfahrungswissen, Alltagswissen bestehen
 in Form von fachlich geordnetem Berufswissen durch eine Ausbildung erworben
werden
 Oder von wissenschaftlich legitimiertem Reflexionswissen in einer vollständig
handlungsentlasteten Situation erarbeitet und geprüft werden
2. Qualitätssicherung
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Zur Qualitätssicherung und Berufseignung gibt es verschiedene Konzepte
 Sieland sagt: Berufseignung bezeichnet die mehr oder weniger gute Passung zwischen
dem Profil der Ressourcen (Leistungsvoraussetzungen) einer Person und dem Profil
der zentralen Anforderungen der Berufstätigkeit > die Art der Passung beeinflusst
entscheidend die Qualität des beruflichen Handelns
Der Heimerzieher muss demnach bestimmte Bildungsvoraussetzungen mitbringen, um
seine künftigen Aufgaben ausreichend qualifiziert ausführen zu können (Eignungsanalysen
vor Beginn einer beruflichen Laufbahn); berufsbegleitend gibt es Potenzialanalysen, um
die Passung zwischen vorhandenen Qualifikationen und Anforderungen laufend zu sichern
und anzugleichen
In England entwickelte man zum Zweck der Qualitätssicherung die looking-after-childrenInitiative
 Mittels PC-Umfragen wird dabei der Entwicklungsverlauf der von Jugendhilfe
betroffenen Menschen abbildet (Entwicklungsdimensionen wie Gesundheit,
Erziehung und Ausbildung, Identität, familiäre und soziale Beziehungen, soziale
Präsentationen, Entwicklung von Emotion und Verhalten, Fähigkeiten der
Selbstsorge werden untersucht)
3. Aufgaben, Anforderungen und nötige Kompetenzen des Heimerzieher
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In den 80er und 90er Jahren kamen neue Leitbilder auf, die neue Anforderungen an
die Erzieher stellten
 Alltagsorientierte Professionalität > grundlegende Gedanken sind:
familienähnliche Lebensformen; gemeinsame Übernahme von Verantwortung;
Autonomie der Heimgruppen, unhierarchische Strukturen; Zuständigkeit der
Gruppe für alle alltäglichen Belange (kochen, waschen, putzen etc); Transparenz
der Entscheidungen
 Lebensweltbezogene Professionalität > Weiterentwicklung von oberen Modell; es
geht nicht mehr nur darum einen im Heim funktionierenden Alltag zu gestalten,
sondern die Adressaten auf der Suche nach einem für sie lebenswerten Lebensstil
zu unterstützen > Orientierung an den einzelnen Jugendlichen und seiner
Lebenswelt
Aufgaben
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Zentrale und unmittelbare Aufgabe des Heimerziehers ist es die Kinder und
Jugendlichen zu betreuen und einen gelingenden Alltag zu organisieren, d.h. den
gesamten Alltag und nicht nur Teilbereiche wie Verwaltung und Versorgung wie es in
einigen Großeinrichtungen noch immer der Fall ist
Der Alltag muss dabei so strukturiert sein, dass er im Orientierungsprozess unterstützt
und Erfahrungsräume schafft, die altersspezifisch sind
Personale Verantwortung, biographisches Interesse und analytische Aufgaben
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Personale Verantwortung für einen jungen Menschen erfordert eine intensive
Auseinandersetzung mit dem Einzelnen, seinen Handlungsmustern, seinen
Lebensentwürfen, seinen Weltbildern, seinen Planungen > dabei muss man eine
genaue Kenntnis über die Lebensgeschichte des Einzelnen besitzen und Handlungen
in Hinblick auf diese interpretieren, um sie verstehen zu können
Gemeinsam mit dem Jugendlichen werden Handlungsstrategien entwickelt, danach
muss der Erzieher bei der Umsetzung unterstützen, oft auch mit Kooperation
verschiedener anderer sozialer Einrichtungen der Region
Heimerziehung ist also nicht nur Erziehungsarbeit sondern auch Beziehungsarbeit
Öffnung von Erfahrungsräumen durch Teilhabe an der Gestaltung des Alltags
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Neben Bewältigung des Alltags müssen außerdem Angebote gemacht werden, die sich
an den Bedürfnissen und an den in den Hilfeplänen formulierten Zielsetzungen
orientieren > man soll den Kindern neue Erlebnisbereiche schaffen, um Kompetenzen
zu erweitern und individuelle Stärken zu entdecken und auszubauen > z.B. durch
erlebnispädagogische Projekte
Erhöhung der Teilhabechance an der gesellschaftlichen Entwicklung
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Als Pädagoge im Heim hat man es mit Kindern unterschiedlicher kultureller und
sozialer Herkunft zu tun
 Ihnen muss eine angemessene Schul- und Berufsausbildung ermöglicht werden,
damit sie die Chance erhalten, in die Gesellschaft integriert zu werden
 Erzieher müssen in diesem Zusammenhang Persönlichkeit der Kinder soweit
stabilisieren, dass sie überhaupt in der Lage sind, berufliche Zielsetzungen und die
Bereitschaft zum Lernen zu entwickeln
 Erzieher müssen Eltern und Kinder über schulische und berufliche
Ausbildungsmöglichkeiten kompetent informieren, sie im gewählten
Ausbildungsprozess beratend begleiten, sich für ihre Belange engagiert einsetzen;
Kooperationsprozess zwischen sozialpädagogischer Praxis und Schule/Ausbildung
Zusammenarbeit mit Eltern und Fachkräften verschiedener Professionen und geplantes
Handeln
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Wesentliche Aufgaben der ErzieherInnen sind die Beteiligung an der Hilfeplanung
und die Elternarbeit
Erzieher muss demnach die Fähigkeit besitzen Aushandlungsprozesse mit sehr
unterschiedlichen Personen zu führen
Verwaltungs-, Wirtschafts- und Planungsaufgaben:
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verwalten der allgemeinen Gruppengelder > Wirtschaftspläne für die Gruppe erstellen,
Abrechnung, Buchführung; Verwalten der Taschengelder; Verantwortung für eine
fachgerechte Ernährung in Zusammenarbeit mit der HauswirtschafterIn; Renovierungen,
Instandhaltung; Mitwirkung bei der Erstellung von Hilfeplänen; Entwicklungsberichte
erstellen und Zusammenarbeit mit der Schule; Anleitung von Praktikanten;
Mitarbeiterkonferenzen
Kompetenzen
- Aus der Beschreibung der Aufgaben lassen sich nun einige zentrale Kompetenzen ableiten:
- Alltagsorientierung: Fähigkeit, Alltagssituationen pädagogisch gezielt zu nutzen
(Einkäufe, Hausaufgaben, Behördenkontakte gemeinsam mit den Kindern gestaltet
und für die gezielte Einzel- bzw. Gruppenförderung genutzt), damit Kinder lernen sich
in der Lebenswelt autonom und angemessen zu bewegen
- Zielorientiertes Zusammenarbeiten mit den Herkunftssystemen: orientiert sich an den
Entwicklungsbedürfnissen und am Wohl des Kindes; dies ist wichtig, weil Kinder in
zwei Systemen und den jeweiligen Bindungen zu Hause sind (dem Herkunftssystem
und dem Einrichtungs- bzw. Gruppensystem)
- Ressourcen und Lösungsorientierung: ressourcenorientiert zu arbeiten bedeutet, im
pädagogischen Alltag an den Stärken und Fähigkeiten der Kinder anzusetzen und
diese gezielt zu fördern > Selbstwirksamkeit fördern
- Planerische Fähigkeiten, um gemeinsam mit den Betroffenen Angebote, Situationen
und Räume entwickeln zu können, die die Lebenssituation der Kinder und
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Jugendlichen verbessern, um die eigene Einrichtung fortzuentwickeln und die
Vernetzungen mit anderen Einrichtungen im Stadtteil auszubauen
Ganzheitlichkeit und Partnerschaftlichkeit: sich ganz auf das Kind einlassen, sie als
Subjekt und Experten ihrer Situation ernst nehmen und sie in Entscheidungen, die sie
betreffen, einzubeziehen
Humane und menschliche Kompetenz beinhaltet die Echtheit und Glaubwürdigkeit des
Erziehers > in der Erziehung verschmilzt die berufliche und menschliche Seite des
Erziehers zu einer notwendigen Einheit > Heimerzieher sind oft wichtige
Bezugspersonen für die Kinder und bauen ein großes Vertrauensverhältnis auf, dies
geschieht nur, wenn sich Erzieher als echt zeigt mit all seinen Stärken und Schwächen
Kooperative und kommunikative Fähigkeiten, um zu einer gelingenden
Kommunikation mit sehr unterschiedlichen Personengruppen beizutragen; fachlich
fundierte Auskunft zu erteilen; Aushandlungsprozesse qualifiziert führen zu können
und individuelle Beratungsprozesse so zu gestalten, dass die Betroffenen die Chance
erhalten, im Verlauf auf eigene Möglichkeiten aufmerksam zu werden und eigene
Lösungsansätze zu entwickeln
Systemischer Ansatz: systemisches Denken und Handeln bedeuten u.a. auf einfach
Ursache- Wirkungs- Zusammenhänge zu verzichten, die vielfältigen
Wechselwirkungen zwischen Kind, Umwelt, Herkunftsfamilie, Einrichtung und den
Erfahrungsgeschichten der Beteiligten zu erkennen und in das pädagogische Planen
und Handeln einzubeziehen
Kenntnisse von Verwaltungsstrukturen und Verständnis von Finanzen und
betriebswirtschaftliche Zusammenhänge, um Spielräume erkennen und eigene
Einflussmöglichkeiten realistisch einschätzen und wirksam nutzen zu können
Rechtliche Kenntnisse, um gegeben Möglichkeiten zur Verbesserung der
Lebensbedingung junger Menschen auch auszuschöpfen, vorhandene Begrenzungen
im Interesse der Betroffenen und im eigenen Interesse realistisch einzuschätzen
Bereitschaft und Fähigkeit zur Reflexion, Fähigkeit eigene Anteile an
Entwicklungsprozessen der Kinder und an Beziehungsdynamiken zu reflektieren,
sowie die Kenntnis der eigenen Person, Biografie und ihrer Ausdrucksformen im
Erziehungsalltag stellen zentrales Handlungswerkzeug der Fachleute dar > je besser
Reflexion gelingt, desto gezielter, differenzierter und souveräner kann man sich selbst
als Mensch einbringen und auch abgrenzen; durch Reflexion entwickelt man die im
Alltag notwendige Distanz zu den Problemlagen, dies ist notwendig um mit den
Belastungen umgehen zu können, damit es nicht zu einer Überforderung der eigenen
Person kommt > d.h. man muss berufliches Handeln immer auf Basis
vorausgegangener Erfahrungen, deren Reflexion und kritischer Aufarbeitung
geschehen lassen
5. Probleme im Berufsalltag
Das Problem von Nähe und Distanz:
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Frage nach Nähe und Distanz ist in der Praxis der Sozialen Arbeit allgegenwärtig im
Umgangs mit Adressatinnen und mit den Kolleginnen
Es gibt dabei zwei Meinungen:
 Nähe ist wichtig; sozialpädagogisches Handeln ist bestimmt durch die Qualität der
Beziehungsarbeit, das Sich-Einlassen, den Aufbau von Vertrauen, Beziehungen
 die Anderen setzen Distanz mit professioneller Fähigkeit gleich
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Burkhard Müller geht davon aus, dass professionelles Handeln die Fähigkeit
beinhaltet (im Gegensatz zu Laienhaftigkeit) Nähe und Distanz zu seinem Adressaten
und deren Probleme miteinander zu verschränken und zu vermitteln
Schichtdienst wirkt sich negativ auf Nähe und Distanz aus > durch Schichtdienst
werden tragfähige Beziehungen innerer Nähe erschwert, welche die zugemutete
Intimität des Zusammenlebens als wohltuend und beschützend und nicht als Übergriff
eines Fremden erleben lässt
Es ist also Aufgabe der Organisation, und nicht nur der einzelnen Pädagogen, die
fachlich gewollte Alltagsnähe bewältigbar zu gestalten
Dazu gehört eine Einarbeitungszeit neuer Mitarbeiter mit angemessener kollegialer
Unterstützung und einem ausgearbeiteten Konzept, welches natürlich auch für
absehbare Krisen vorhanden sein muss
Diese hohen Grade an Nähe müssen immer wieder reflektiert werden z.B. mit Hilfe
von Supervision, kollegiale Beratung; die Heimerzieher brauchen einen angemessenen
Rahmen um Konflikte bewältigen zu können und somit wieder Distanz zu der
Situation bekommen
Weitere Probleme im Berufsalltag sind:
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Pädagogen handeln unter großem Erfolgsdruck bei relativ geringer Kontrollierbarkeit
ihrer Handlungsergebnisse
 Sie sollen ihre Zielgruppe erziehen, beraten, begleiten obwohl diese das nicht
immer wollen, selbst mit hoher sozialer und personaler Kompetenz ist es nicht
immer realisierbar ihre Klienten zu erreichen > führt zu Unzufriedenheit
 Arbeitsaufwand und Ergebnis sind in diesem Berufsfeld schwer zu beziffern
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Die berufliche Sozialisation wurde für viele Heimerzieher zu einer sehr belastenden
Situation > durch die zunehmende Heterogenität der gesellschaftlichen und
pädagogischen Werte und Normen, entstand der Wunsch nach Weiterbildung und
besserer Qualifikation > dies führte wiederum zu Karriereorientiertheit, Vorrang der
Wissensbeherrschung, letztlich zum Sinnverlust der pädagogischen Arbeit
Durch die Professionalität, so dachte man, war es möglich jede Verhaltensweise in ein
vorgefertigtes theoretisches Deutungsmuster einzuordnen > das so entstehende
Machtgefälle wirkt einer positiven Zusammenarbeit entgegen
Die Lebenserfahrungen der Pädagogen unterscheidet sich meist erheblich von denen
der Kinder, deshalb haben Pädagogen Probleme Handlungsmuster zu verstehen
Konflikt zwischen dem gruppenbezogenen und dem individuellen Ansatz > Erzieher
kann nicht gleichzeitig die Bedürfnisse aller respektieren
Verhältnis von Kontrolle und Toleranz > wie stark muss Verhalten des Kindes
kontrolliert und manipuliert werden
Dilemma zwischen Spontaneität und Kombination von Überlegung und Planung > wie
kann man spontan handeln und gleichzeitig so überlegt, dass man seine Schritte
gegenüber Kollegen und Vorgesetzten vertreten kann
Dilemma zwischen Autonomie und Konformität > Erzieher muss selbstständig
handeln können, aber loyal gegenüber Vorgesetzen und Experten sein
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Elternarbeit
1. Definition
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Der Begriff Elternarbeit ist im Laufe der Zeit zum Sammelbegriff vieler erheblich
unterschiedlicher Formen der Beziehungspflege und Beratung geworden
Elternarbeit im Rahmen einer Jugendhilfemaßnahme ist das Zusammenwirken zwischen
den Eltern einerseits, dem Jugendamt und der jeweiligen pädagogischen Einrichtung
andererseits
2. Notwendigkeit
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bis Mitte 19.Jhd. gab es keine direkten Interaktionen zwischen Eltern und Pädagogen;
Bezugnahme aufeinander lief nur symbolisch über das Kind; seit den achtziger Jahren
spielt Elternarbeit eine immer wichtigere Rolle
Ausgehend von der Annahme, dass die Bindung zwischen Eltern und Kind eine
elementare und im Gegensatz zu anderen Beziehungen eine unkündbare ist, bleibt die
Herkunftsfamilie stets Teil des Lebens des Kindes und es fühlt sich dieser, ungeachtet
aller Vorkommnisse, meist loyal verpflichtet
Pädagogen können nicht nur mit Kind allein an Symptomen arbeiten, weil die Ursachen
für Schwierigkeiten meist im Umfeld des Kindes zu suchen sind > Eltern liefern den
Fachkräften dabei wichtige Infos über das Kind und die Schwierigkeiten
 Es besteht Einigkeit darüber, dass sich Erfolg und Misserfolg der Maßnahme
Heimerziehung anhand des Ausmaßes definiert, mit dem es gelingt/misslingt, Eltern
in den Hilfeprozess einzubinden
Die stationären Einrichtungen der Erziehungshilfe haben außerdem einen im KJHG (§§
27, 36 und 37) begründeten Auftrag zur Elternarbeit > nur ein Einbezug der Eltern in die
Erziehungsleistungen kann dazu beitragen, eine den kindlichen Interessen angemessene
Umgebung zu schaffen
3. Ziel
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Arbeit mit Eltern hat zur Aufgabe, die für Kinder und Eltern negativen
Entwicklungsbedingungen zu beseitigen und tragfähige positive Gefüge zu schaffen,
sodass nach einem zeitlich begrenzten Aufenthalt im Heim eine Reintegration in die
Familie bzw. die Ablösung vom Elternhaus möglich ist
 Arbeit mit Eltern ist eine der Grundvoraussetzungen für eine spätere Rückführung
Elternarbeit soll Erziehungskompetenzen der Eltern verbessern und sie motivieren
Neben dem Ziel der Rückführung in die Familie kann Elternarbeit allerdings auch das Ziel
verfolgen, die Einsicht zu einer mehr oder weniger endgültigen Trennung zu erarbeiten
und somit das Ziel der Ablösung (und evtl. auf die Integration in eine Pflegefamilie)
verfolgen
4. Methoden
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Die Grundlage für eine gelingende Elternarbeit erreicht man grundsätzlich durch Achtung
der Eltern in ihrem Erziehungsbemühen und durch Respekt
 man sollte stets davon ausgehen, dass Eltern das Beste für ihr Kind wollen
 man muss den Eltern das Recht auf Anderssein zugestehen- auch in Bezug auf
Wertvorstellungen die dem Kind vermittelt werden
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Verschiedene Ebenen der Elternarbeit:
 Die Kontaktpflege verfolgt Ziele wie: das gegenseitiges Kennenlernen von Eltern,
Kindern und Mitarbeitern in der Gruppe/ im Heim; die Verdeutlichung, dass die
Eltern mit ihren Problemen nicht allein sind; Abbau von Berührungsängsten der Eltern
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gegenüber dem Heim; Minderung von den mit der Unterbringung verbundenen
Gefühlen der Scham und Schuld; Schaffung einer Beziehung zwischen Elternhaus und
Heimmitarbeitern; Kommunikationsmöglichkeiten sind dabei vielfältig: Telefonate,
Tür- und Angelkontakte nach den Wochenendbeurlaubungen, Briefe zwischen
Erziehern und Eltern, sowie vielfältige Feste und Feiern
Der Informationsaustausch verfolgt die Ziele, die Eltern: in die Erziehungsplanung
mit einzubeziehen; über die Entwicklung des Kindes in Kenntnis zu setzen; über das
Kind betreffende Probleme und Konflikte zu informieren; zur Teilnahme an
schulischen Veranstaltungen des Kindes zu motivieren; für die pädagogische Arbeit
der Mitarbeiter zu interessieren; anzuregen, offen über den Verlauf von
Beurlaubungen nach Hause zu berichten; zu motivieren, offen Veränderungen im
familiären Zusammenleben mitzuteilen; in ihrer Erziehungsverantwortung zu belassen
und zu stärken; als gleichberechtigte Partner an der Durchführung der
Erziehungshilfemaßnahme zu beteiligen
Die Beratung in Erziehungsfragen dient der Stärkung der Erziehungskompetenz des
Sorgeberechtigen und soll Eltern dazu anleiten, ihr eigenes Erziehungsverhalten zu
reflektieren; alternative Verhaltensweisen gegenüber dem Kind in Übungsfeldern
ermöglichen und befähigen, Erziehungsverhalten untereinander abzustimmen;
außerdem ein Verstehen des familiären Systems ermöglichen, um kindliche
Verhaltensweisen und -störungen in ihrem Entstehungszusammenhang begreifen zu
können; Einsicht in die Notwendigkeit und Problemzusammenhänge des
Heimaufenthaltes zu vermitteln und mittels Auslösung von Lernprozessen zu einer
Korrektur problematischer Bedingungen im Elternhaus veranlassen, um eine
Reintegration der Kinder zu erreichen
Gemeinsame Elternaktivitäten umsetzen: Eltern fühlen sich häufig isoliert und allein
gelassen, in der Einrichtung dreht sich alles um Kind und sie selbst fühlen sich eher
als Randfiguren; Es ist demnach sehr hilfreich, wenn sich Betroffene austauschen und
gemeinsam arbeiten können (z.B. bei Festen im Heim oder gezielten Gruppentreffen)
Eltern- und Familienarbeit als Familientherapie/systemische Verfahren: Die
systemische und familientherapeutische Begründung der Elternarbeit innerhalb der
Heimerziehung basiert auf der Annahme, dass Verhaltensauffälligkeiten und
Störungen nicht ursächlich allein in der Person des Kindes begründet sind, folglich
werden in die therapeutische Arbeit alle verursachenden Faktoren mit einbezogen:
Das personale Umfeld des Kindes, seine Rollenzuweisung und Rollenübernahme, alle
familiären Interaktionen haben des Entwicklungsstand des Kindes und der gesamten
Familie geprägt und zu der Konfliktsituation beigetragen; Das Kind wird sich nur
dann nachhaltig ändern, wenn die Rollenerwartungen und -zuweisungen in der
Familie korrigiert werden können, die Familie muss dabei Verhaltensänderungen
zulassen und durch eigene Einsicht fördern und ertragen können
5. Probleme
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Heimunterbringung ist häufig das Resultat zahlreicher erfolgloser Hilfsmaßnahmen;
Begegnung von Eltern und Pädagogen ist demnach keine freiwillige > Eltern fühlen sich
gedemütigt, sind misstrauisch, abweisend
Z.T. wollen Eltern gar kein Mitspracherecht, weil die Pädagogen die „Professionellen“
sind, Eltern erleben sich selbst an unfähig
Mitarbeiter erleben immer wieder, dass Eltern Absprachen nicht einhalten; unzuverlässig
und unpünktlich sind; nachtragend gegenüber Mitarbeitern; inkonsequent im Umgang mit
den Kindern; konkurrieren mit den Mitarbeitern; sich in ihrer Verletztheit zurückziehen
oder in Konfrontation mit dem Mitarbeiter gehen; sich gleichgültig gegenüber den
Interessen ihres Kindes geben; sich nicht ihrer Verantwortung als Eltern stellen;
erhebliche eigene Probleme (Sucht, psychische Erkrankung etc. ) haben; negatives
Verhalten gegenüber dem Kind zeigen; Mangel an Gesprächsbereitschaft an den Tag
legen
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Den Mitarbeiten fällt es oft schwierig den Eltern gegenüber eine positive Grundhaltung
beizubehalten, den aufgrund der professionellen Sichtweise werden beispielsweise
Suchtkranke Eltern als zwar emotional, aber erzieherisch wenig handlungsfähig
wahrgenommen > gerade in solchen Situationen sollte man versuchen Akzeptanz
aufzubauen und die Eltern trotzdem als kompetent anzusehen
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