Spiel, Spielbeobachtung und Spieltherapie

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Spiel,
Spielbeobachtung und
Spieltherapie
Seminar: Diagnostische Informationsermittlung, Beobachtung und Anamnese
Wintersemester 2008/2009
Leitung: Prof. Dr. Reinhard Burtscher
Referentinnen: Jana Fenner und Jana Schäfer
Datum: Dienstag, den 09.12.2008
Gliederung:
1. Spiel
1.1. Definition Spiel
1.2. Grundzüge und Merkmale des Spiels
1.3. Bedeutung des Spiels
2. Spielbeobachtung
2.1. Spielbeobachtung
2.2. Durchführung
2.3. Beobachtungsmöglichkeiten
3. Spielförderung
3.1. Definition Spielförderung
3.2. Spiel fördert Entwicklung
3.3. Grundzüge und Prinzipien der Spielförderung
4. Spieltherapie
4.1. Was ist Spieltherapie?
4.2. Sceno – Test
5. Fazit
1. Spiel
1. 1. Definitionen:
 „Im Spiel bilden die Kinder das Leben nach. Deshalb ist das Spiel - genauso wie das
Leben - so schwer zu definieren.“
(Baer, 2003, S.18)
Der Begriff „Spiel“ beinhaltet sehr viele Bedeutungen und lässt daher keine konkrete
Definition zu. Doch trotz scheinbar ungeklärter definitorischer Ausgangslage versuchen sich
viele Wissenschaftler und Autoren daran das Spiel als eine Tätigkeit oder einen
Bewegungsablauf zu beschreiben.
Zwei mögliche Definitionen dazu sind:
 Die ursprüngliche Wortbedeutung von „Spiel“ beinhaltet „eine Tätigkeit, die man nicht
um des Resultats oder eines praktischen Zweckes willen, sondern zum Zeitvertreib, zur
Unterhaltung und zum vergnügen übt.“
(Heimlich, 2001, S.18)
 „Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser
festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt
bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selbst hat und begleitet wird von einem
Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Anderssein‘ als das
gewöhnliche Leben.“
(Huizinga, 1944, in: Kreuzer, 1983, S. 8)
1. 2. Grundzüge und Merkmale des Spiels
Das als kaum klar umrissenes Konzept „Spiel“ lässt sich am besten durch seine Grundzüge
und besonderen Merkmale beschreiben.
Dazu gehört die Intrinsische Motivation und der Selbstzweck des Spiels. Dieses Merkmal
beschreibt, dass das Spiel aus eigenem Antrieb und ohne Zwang entsteht und, dass es eine
freiwillige Handlung ist, dessen Sinn und Zweck in der Spielaktivität selbst liegt.
Ein weiteres wichtiges Merkmal ist die Loslösung vom Alltag und das Ausleben der
Fantasie. Hierbei ist es wichtig, dass der Spielende sich geborgen und in seiner Existenz
gesichert fühlt. Dann kann derjenige sich im Spiel verlieren und so einen Ausgleich zu
funktionalen Alltagstätigkeiten finden. Zeit- und Raumempfinden werden ausgeblendet und
die Realität wird im phantasiereichen Spiel umkonstruiert, umgewandelt und damit
verarbeitet. Dabei erleben Kinder und Jugendliche oft eine wichtige Erfahrung. Im Spiel
können sie Kontrolle über die Wirklichkeit ausüben, die ihnen im Alltag noch nicht gelingt
oder noch nicht gewährt werden kann.
Das hat eine große Bedeutung für die Selbstbestimmung und Selbstkontrolle der
Spielenden und ist gerade für beeinträchtigte Menschen sehr wichtig, da es ihnen in einem
strukturierten Rahmen mit festgelegten Spielregeln besser gelingt sich selbst zu regulieren.
Als Spielender kann man Emotionen zeigen, die man im Alltag nicht ausleben darf oder will.
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Die Beteiligung der Emotionalität macht Spaß und ruft angenehme Gefühle hervor. Zu dem
kommt es zur Aktivitätsregulierung, denn je nach Art des Spiels kann Spielen sowohl
beruhigen als auch entspannen. Eher ruhige Kinder können sich austoben und sich somit zu
aktiven Mitspielern verwandeln und eher unruhige und unkonzentrierte Kinder können
entspannen und sich ruhig und beherrscht verhalten.
Das Spiel ist außerdem gekennzeichnet durch den vorher nicht bestimmten Ausgang. Je
offener die Bewältigung der Spielaufgabe ist, desto größer ist der Reiz beim Spielen und
somit auch die Lustvolle Spannung. Sinkt der Spannungsgrad, werden Spiele rasch
langweilig und können nur durch Abwandlungen ihren Reiz wieder erlangen.
Auch Ordnung und Regeln sind sehr wichtig um die Spannung und den Reiz aufrecht zu
erhalten, denn obwohl Spielhandlungen als frei erlebt werden, ist Spiel auf zeitliche und
räumliche Begrenzung angewiesen, da es sonst ohne Ordnung ist und somit langweilig und
reizlos.
Sehr auffällig ist die Wiederholung und das Ritual im Spiel. Dieses kann, wenn es nicht in
exzessiver Form ausgeübt wird, sehr förderlich für ein Kind sein, da es damit Fertigkeiten
üben kann und ausreichend Sicherheiten erwirbt.
Als letztes Merkmal kann das Erleben von Gemeinsamkeit nennen. Im Spiel werden soziale
Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Empathie, Gemeinschaftsgefühl, Rollenverständnis,
gefordert und gefördert. Kinder lernen andere Sichtweisen kennen und können sich auf diese
einstellen und sich dementsprechend verhalten.
(vgl. Bunk, 2008, S.10-12)
1. 3. Bedeutung des Spiels
Das Spiel hat für die gesamte Pädagogik eine zentrale Bedeutung, denn nur im Spiel kann ein
Kind seine Kräfte und Fähigkeiten entwickeln und entfalten.
Was als spielerisch bezeichnet wird, ist für die Kinder eine Aneignung verschiedenster
Erfahrungen, die Voraussetzung für Bildung und Denken.
 „Durch spielerisches Erforschen entwickeln und trainieren Kinder ihre Denkfähigkeiten.
Sie erwerben Wissen und Fähigkeiten im Umgang mit Gegenständen, lernen sie zu
unterscheiden und entdecken viele Gebrauchsmöglichkeiten. Beim Spielen mit
Bauklötzen z.B. können mechanische und statische Gesetze entdeckt und
Raumvorstellungen erworben werden. Deshalb brauchen Kinder auch Möglichkeiten zum
Entdecken ihrer Umwelt. Sie brauchen Erwachsene, die ihre Neugier geduldig begleiten
und für Sicherheit sorgen, wo Kinder Gefahren noch nicht einschätzen können. Wer mit
Kindern lebt, weiß mit welcher Begeisterung sie Schubladen ausräumen, wenn man sie
lässt und Schätze am Straßenrand finden.“
(Aus: Online-Familienhandbuch: “Nur ein Kinderspiel? - oder: Wie Spielen bildet,
HEDI FRIEDRICH).
Spielen kann auch als lernende Auseinandersetzung mit der Umwelt betrachtet werden und
somit als optimale Vorbereitung auf das Erwachsenenleben. Das zeigt auch das folgende
Zitat:
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 „Von Aristoteles über die Pädagogen der Renaissance und Aufklärung bis heute, lässt
sich die Absicht verfolgen, über das Spiel das Kind zum Lernen bestimmter Inhalte und
Fähigkeiten zu überlisten, es dazu zu bringen, sich die Wirklichkeit so anzueignen, wie
die Erwachsenen sie verstehen. (Fritz, 1993, S. 14)
Die folgende Abbildung stellt die Mehrdimensionalität des Spiels dar, und zeigt somit auf,
dass Spiel mit seiner Vielschichtigkeit eine große Bedeutung für alle Fähigkeitsbereiche des
Menschen hat.
Abb. S.88
(vgl. Bunk, 2008, S.88)
2. Spielbeobachtung
2. 1. Spielbeobachtung
 Die Spielbeobachtung ist eine Form der Diagnostik, die dann angebracht ist, wenn
Behinderungen, Beeinträchtigungen und Störungen das Verhalten und deren
Auswirkungen auf die Spiel- und Entwicklungsfähigkeit dieser Menschen festgestellt
und interpretiert werden soll.
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 Das Spiel ist eine natürliche Ausdrucksform des Kindes und kann zum Zwecke der
pädagogischen Diagnostik genutzt werden.
 Kinder agieren im Spiel nicht nur ihre Wünsche und Bedürfnisse aus, sondern auch
unangenehme, leidvolle und belastende Erlebnisse (z.B. Trennung, Tod, Krankheit,
Versagen, Schuld, etc.)
 Durch Spielhandlung und Spielverhalten werden Entwicklungsstand und
Fähigkeitsbereiche des Kindes erkannt.
 Daraus werden Fördermaßnahmen entwickelt.
 Sie soll die Entscheidungsgrundlage für die Anwendung von heilpädagogischen und
anderen therapeutischen Arbeitsformen geben.
 Bestimmte Aufgaben kann man mit dem einfachen Beobachten ohne direkt drauf
hinzuweisen, nicht beobachten. Im inszenierten Spiel werden Durchführungsaufgaben
gestellt, um bei dem Kind Fertigkeiten und Kompetenzen zu beobachten, welche in der
Alltagsbeobachtung normalerweise nicht sicher beurteilt werden können. (z.B. FingerDaumen-Test)
 Durch Beobachtungsbögen (z.B. DESK 3-6, LES-K) können Kinder frühzeitig erkannt
werden, die in ihrer Entwicklung gefährdet sind.
 Objektivität, Reliabilität [Zuverlässigkeit] und Validität [Gültigkeit] sind bei der
Durchführung eines systematischen Testverfahrens die wichtigsten Kriterien.
2. 2. Durchführung
1. Einfach Beobachten und eine Spielstörung, Spielbeeinträchtigung, Spielhemmung oder
Spielbehinderung erkennen (Objektivität, Offenheit, Genauigkeit, Gleichwertigkeit,
Vollständigkeit)
2. Interpersonales Verständnis der Spielerproblematik (Vernetzung der beobachteten
Spielstörung mit den verschiedenen Ebenen des lebensweltlichen – ökologischen
Systems, um Bedeutungs- und Sinnhaftigkeit des problematischen Spielverhaltens zu
verstehen.)
3. Verstehen und Deuten werden auf gemeinsame Sinnebene gestellt
Was bedeutet ein Screening Befund und was ist zu tun?
Entwicklungsscreening,
Spielbeobachtung
auffällige Kinder
unauffällige Kinder
Entwicklungsdiagnostik
entwicklungsverzögert
altersgemäß entwickelt
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 Ist der Screening - Befund unauffällig, liegen keine Anzeichen für eine
Entwicklungsgefährdung des Kindes vor. Es sollte trotzdem ein Elterngespräch geführt
werden, aber es besteht kein Anlass für besondere Maßnahmen.
 Bei einem fraglich auffälligen Screening – Befund sind die Anzeichen für eine
Entwicklungsgefährdung des Kindes nicht eindeutig. Es ist wichtig in einem
Elterngespräch dies zu erklären und das Kind in den fraglichen Entwicklungsbereichen
weiter Beobachten. Nach einiger Zeit sollte der Beobachtungsbogen noch mal
durchgeführt werden.
 Ist der Screening – Befund auffällig, besteht der Verdacht auf Entwicklungsgefährdung
des Kindes. Im Elterngespräch sollten Sie das gemeinsame Vorgehen abklären. Es ist
empfohlen eine Entwicklungsdiagnostische Abklärung durch einen Fachabschnitt
(Logopäde, Psychiater, Ergotherapeut…)
2. 3. Beobachtungsmöglichkeiten
1.
Selbstkompetenz
 Bewertungsverhalten (Welche grobmotorischen Bewegungsabläufe beherrscht das Kind? Bei
welchen braucht es noch Übung? Was sollte es dabei lernen?)
 Wahrnehmungsverhalten (Welche Sinne bevorzugt das Kind? Welche setzt es differenziert ein?
Welche Erfahrungen sollte das Kind noch machen? Was sollte es dabei lernen?)
 Ausdrucksfähigkeit (Wie differenziert kann das Kind seinen Körper als Ausdrucksmittel
einsetzten? Wie gebraucht es Mimik und Gestik? Wo braucht es weitere Förderung?)
 Selbstständigkeit und Selbstvertrauen (Wie verhält sich das Kind, wenn es darum geht, etwas
Neues auszuprobieren? Wie geschickt ergreift es Initiativen? Auf welche Weise bringt es eigene
Ideen und Meinungen ein? Wo braucht es noch Unterstützung?)
 Entscheidungsfähigkeit (Wie kann das Kind seine Bedürfnisse einbringen? Wie kann es sich als
Individuum mit eigener Meinung artikulieren? Wie geht es Kompromisse ein? Wo braucht es
weitere Anleitung und Förderung?)
 Umgang mit Erfolg und Misserfolg Wie geht das Kind mit Erfolgen um? Wie reagiert das Kind
auf Lob der Lehrperson oder auf das Lob von anderen Kindern? Wie lobt und ermuntert es
andere Kinder? Wie geht es mit Misserfolgen um? Wie reagiert es auf Kritik? Wie kann es sich
selber nach einem Misserfolg zur Weiterarbeit motivieren? Welche Hilfen braucht es? Wo
braucht es weiter Unterstützung?)
 Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit (Über wie lange Zeit kann sich das Kind in eine Aktivität
vertiefen? Bei welchen Tätigkeiten ist seine Konzentration groß, bei welchen gering? In welcher
Hinsicht brauch seine Konzentrationsfähigkeit weitere Förderung?)
1. Sozialkompetenz
 Einfühlungsvermögen und Rücksichtsnahme (In welchen Situationen zeigt das Kind
Einfühlungsvermögen in die Gefühle, Bedürfnisse und Situationen der anderen Kinder? Wo
braucht es Unterstützung, um sich besser einfühlen zu können?)
 Verhalten in der Gemeinschaft (Auf welche Weise spielt das Kind mit anderen zusammen? In
welcher Form braucht es Unterstützung?)
 Kommunikationsfähigkeit (Auf welche Weise teil das Kind seine Anliegen und Meinungen den
anderen Kindern mit? Hält es sich an die vereinbarten Gesprächsregeln? Braucht es
Unterstützung?)
 Umgang mit Konflikten (Wie geht das Kind mit Enttäuschungen, Ärger und Wut um? Kann es
Gefühle ausdrücken? Kann es dabei auch auf andere Kinder Rücksicht nehmen?)
 Umgang mit Werten (Auf welche Weise setzt sich das Kind für die im Kindergarten geltenden
Werte ein? Wie reagiert es auf die Missachtung geltender Werte durch andere Kinder?)
 Verständnis für die Verschiedenartigkeit von Menschen (Wie zeigt das Kind sein Interesse an
Menschen? In welchen Situationen zeigt es besonders große Offenheit für andere, wo nicht?
Welche Erfahrungsmöglichkeiten könnten seine Entwicklung fördern?)
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2. Sachkompetenz
 Umgang mit Materialien (Wie zeigt das Kind seine Motivation und Freude beim Experimentieren
mit verschiedenen Materialien? Welche Materialien bevorzugt es? Welche meidet es? Wo
braucht es Impulse?)
 Umgang mit Werkzeugen, Geräten und Musikinstrumenten (Wo zeigt das Kind im Umgang
besondere motorische Geschicklichkeit? Was sollte es üben?)
 Kulturelle Erfahrungen (Aus welche Weise zeigt das Kind Interesse an für Bräuche und
Traditionen? Welche Erfahrungen und Kenntnisse hat es mit Angeboten in seiner näheren
Umgebung gemacht? Welche zusätzlichen kulturellen Erfahrungen würden es bereichern?)
 Wahrnehmung von Naturvorgängen (In welchen Situationen zeigt das Kind Interesse für Tiere
und Pflanzen? Welche Kenntnisse über die Namen und die Lebensgewohnheiten von Tieren und
Pflanzen hat es? Welche Erfahrungen sollte es in der nächsten Zeit machen können?)
 Entwicklung von Begriffen (In welchen Lebensbereichen kann das Kind Lebewesen,
Gegenstände, Sachverhalte und Abläufe korrekt benennen und beschreiben? In welchen
Bereichen fehlen ihm Begriffe? Welches sind die nächsten Lernschritte?)
 Sprachverhalten (Wie zeigt das Kind Freude an der Sprache? In welchen Situationen ist die
Sprache gut, wann eher schlecht verständlich? Ist der Satzbau korrekt? Was sollte es üben?)
 Problemlösungsverhalten (In welchen Bereichen zeigt das Kind Neugier und stellt Fragen? Wo
braucht es Impulse, um Neugier und Fragehaltung zu differenzieren?)
 Erfassen von Beziehungen und Gesetzmäßigkeiten (Bei welchen Tätigkeiten und welchen
Materialien zeigt das Kind Interesse an Gesetzmäßigkeiten und Beziehungen? Welche Arten von
Beziehungen und Gesetzmäßigkeiten erkennt es? Welches sind die nächsten Lernziele?
 Merk- und Wiedergabefähigkeit (In welchen Situationen nimmt das Kind neue Informationen
aufmerksam bzw. wenig aufmerksam auf? Gibt es Situationen, in welchen das Kind sich bewusst
etwas einprägt? Wie kann seine Merkfähigkeit gefördert werden?
Diese Beobachtungsmöglichkeiten und Beurteilungsgesichtpunkte dienen zu einer:
 Unterstützung beim Beobachten und Beurteilen
 Unterstützung einer differenzierten Planung
 Erkennung von Stärken und Schwächen
 Grundlage für Gespräche
3. Spielförderung
3. 1. Definition Spielförderung
 „Von Spielförderung sollte dann gesprochen werden, wenn Umweltbedingungen
zielgerecht so organisiert werden, dass auch Kinder und Jugendliche mit besonderen
Erziehungsbedürfnissen (seien sie vorübergehender oder längerfristiger Natur) das
Entwicklungspotenzial von selbstbestimmten, selbst kontrollierten und phantasievollen
Tätigkeiten erschließen können.“
(Heimlich, 2001, S.238)
Spielförderung kann verstanden werden als:
 Förderung zum Spiel, d.h., grundlegende Kompetenzen zur Spielfähigkeit anregen
 Förderung im Spiel, d.h., Spielsituationen gestalten und Spieltätigkeit anregen, um
vorhandene Spielkompetenzen zu vervollkommnen
 Förderung durch Spiel, indem die Spielfähigkeit für die Anregung von Lernprozessen in
anderen Fähigkeits- und Lebensbereichen genutzt wird
(vgl. Köhn, 2002, S.172)
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Die Merkmale des Spiels verweisen bereits auf gezielte Förder- und Einflussmöglichkeiten
durch das pädagogische Mittel des Spiels auf bestimmte Beeinträchtigungen im Erlebens- und
Verhaltensbereich.
(Abb. S.85 aus Bunk, 2008)
 Zusammenfassend kann man sagen, dass Spielförderung dann angebracht ist, wenn
Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen das Spiel nicht gelingt, ständig abgebrochen
wird oder nicht ausgeführt werden kann. Dann besteht die Förderung in einem
kompetenten Spielpartner der mit einer direkten Hilfestellung Spielfähigkeit erlangt oder
Spielintensität und Spielniveau verbessert.
3. 2. Spiel fördert Entwicklung
 „Die Entwicklung eines Menschen kann durch das Angebot gezielter, gut organisierter
und überschaubarer Spielsituationen mit ausgewähltem Spielmaterial und unter
Berücksichtigung der Lebensweltbedingungen bzw. unter Einbeziehung des sozialen
Umfelds lebenslang erheblich beeinflusst werden.“
(Bunk, 2008, S.71)
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Damit Spielförderung aber entwicklungsförderlich wirkt, müssen zunächst bestimmte
Merkmale des Spiels angesprochen werden. Eine besondere Bedeutung haben dabei die
Intrinsische Motivation und der Selbstzweck des Spiels, die Realitätstransformation (Fantasie
und Loslösung vom Alltag) und die Wiederholung und das Ritual.
Der Selbstzweck und die intrinsische Motivation sind sehr wichtig, damit Lernspiele nicht als
Arbeit oder Lerntätigkeit betrachtet werden. Wenn die Förderung als Spiel interpretiert wird,
kann der Betroffene sich mit Spaß und Freude erfolgreich weiterentwickeln.
Wiederholung und Ritual sind für Spielende sehr wichtig, damit sie durch ständige
Wiederholungen ihr Geschick üben und damit ihre Fertigkeiten erweitern.
Der Sinn der ständigen Übung und Wiederholung liegt offenbar auch darin, im Gehirn stabile
„Erinnerungsbilder“ von Bewegungsabläufen und Empfindungen („skills“) zu schaffen, damit
diese später als gelernte und automatisierte Muster im Alltag rasch abgerufen werden können.
(vgl. Zinke-Wolter, 2000, S.39 f.)
3. 3. Grundzüge und Prinzipien der Spielförderung
 Spiel unterstützen und Neugierde wecken
Da insbesondere geistig Behinderten Menschen die Ideen zum Spiel fehlen, sollte man ihnen,
angeknüpft an ihre aktuelle Lebens- und Erfahrungswelt, Spielmöglichkeiten bereitgestellt
werden. Sie sollten ermutigt werden sich auf spielerische Weise auszudrücken und
auseinanderzusetzen.
 Spielsituation schaffen
Die Gestaltung von Räumen und dessen Spielausstattung sollte Spiel möglich machen. So
können zum Beispiel Spielecken oder Spielflächen in Wohngruppen bereitgestellt werden.
Auch Spielzeiten sollten in den Tages- und Wochenplan eingegliedert werden (z.B.
Spielabend) und dennoch ist es auch wichtig Spiele in pädagogische Alltagshandlungen, wie
zum Beispiel Pflegehandlungen, einzubinden und spontan entstehen zu lassen. Es sollten
vielfältige Spielmöglichkeiten und Spielmittel bereitgestellt werden, die zur Selbsttätigkeit
ermuntern und unbeaufsichtigte Spielprozesse in Gruppen entstehen lassen können.
 Spielerische Einkleidung
Lernprozesse, wie z.B. Wahrnehmungs- und Sprachförderung, können für die Beteiligten
durch spielerische Einkleidung sehr spaßig und belebend sein.
Spielbeispiel:
 Küche oder Bad?
 Spieltempo: ruhig
 Material: verschiedene geruchsintensive Dinge aus der Küche (Essig, Kaffee,
Spülmittel) und aus dem Bad (Duschgel, WC-Reiniger, Zahnpasta) möglichst in
Filmdosen, Augenbinde
 Spielverlauf: Ein Spieler verbindet sich die Augen. Aus dem verdeckt gehaltenem
Geruchssortiment werden verschiedene Düfte angeboten. Der Mitspieler soll erraten, ob
der Geruch in der Küche oder im Bad vorkommt.
 Orientierung an den Fähigkeiten, Vorlieben und Bedürfnissen
Im Rahmen eines förderdiagnostischen Dialogs werden zunächst die Lebenswelt, die
Interessen und die Bedürfnisse des Menschen ermittelt und darauf aufbauend die geeigneten
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Spiele und Spielformen den Bedingungen angepasst. Es ist sehr wichtig sich an den
Ressourcen zu orientieren, sie zu würdigen und zu nutzen, damit Selbstgestaltungskräfte und
Eigenaktivität des Menschen sich entwickeln können.
 Dialog, Akzeptanz, Gelassenheit und Spaß
 „Ich bin ein Fuchs“, sagte der Fuchs. „Komm und spiel mit mir“, schlug ihm der
kleine Prinz vor... „Ich kann nicht mit dir spielen“, sagte der Fuchs. „Ich bin
noch nicht gezähmt! ...
„Was bedeutet das ‚gezähmt‘?“ „Es bedeutet sich vertraut machen!“
(Antoine de Saint-Exupéry, 1956, 65f.)
Ausgangspunkt einer Spielförderung ist eine gute zwischenmenschliche Beziehung zwischen
dem betreuten Menschen und dem Pädagogen/Therapeuten. Wie in jeder gelungenen
Beziehung sind bestimmte Haltungen, wie Respekt, Partnerschaftlichkeit, Offenheit,
Eindeutigkeit, Transparenz, Gleichwertigkeit, Bescheidenheit, Vertrauen, Annahme und auch
Humor, zu nennen. Beide Spielenden müssen auch Dialogbereitschaft mitbringen denn: „ Nur
der Austausch, der Dialog, der auf Gegenseitigkeit beruht, gibt Möglichkeiten zu einer
wirklichen Entwicklung“ (Doering, 2001, 25)
 Mehrdimensionalität beachten
Spielen vollzieht sich immer unter der Beteiligung des ganzen Menschen, deshalb ist es nicht
angemessen Einzelaspekte herauszulösen und Störungen innerhalb der Spielförderung
eindimensional zu behandeln. Die Vielschichtigkeit des Spiels sollte aufrechterhalten werden
um möglichst alle Fähigkeitsbereiche anzusprechen.
 Entwicklungsgerecht Herangehen, erreichbare Schritte gestalten und Erfolge würdigen
In der Spielförderung soll einerseits Raum für die selbstbestimmte Ausgestaltung des Spiels
gegeben werden und gleichzeitig zu neuen Fähigkeiten aus dem nächsten Entwicklungsschritt
angeregt werden. Der Pädagoge als kompetenter Spielpartner sollte stets kleine
Veränderungen in das Spiel einbringen um das Spielniveau nach und nach zu erhöhen. Der
beeinträchtigte Mensch sollte dabei weder unter- noch überfordert sein damit die
Spielspannung erhalten bleibt. Wird etwas Neues geschafft oder etwas Schwieriges gewagt,
sollte das mit Lob gewürdigt werden, um das Selbstwertgefühl zu stärken und neue
Handlungsmuster zu festigen.
 Wiederholen und verändern, Spannung und Spaß
Um den Reiz, Spaß und Spannung beim Spielen zu erhalten gibt es einige Regeln die
eingehalten werden müssen. Zunächst sollte durch Wiederholungen, Rituale, Ruhe und
entwicklungsgemäßen Anforderung die Voraussetzung für neue Herausforderungen
geschaffen werden. Damit das Spiel nicht langweilig wird sollte jedoch immer wieder
Veränderungen und Neuordnungen eingebracht werden um Kreativität zu fördern und das
Spiel spannungsreich und anregend für alle Beteiligten zu gestalten.
 Eigenaktivität anregen und Lösungen finden lassen
Alle Spielhandlungen sollten so gewählt werden, dass der beeinträchtigte Mensch sich aktiv
verhalten kann. Das kann bei der Planung, dem Auf- und Abbau von Spielgeräten und dem
Entwickeln von Lösungsstrategien passieren.
 Spielprozesse planen
Anhand der bekannten Spielmerkmalen ist es zwar sehr fragwürdig, ob man das Spiel planen
kann oder sollte, jedoch ist es auch bekannt, das gerade behinderte Menschen bei spontanem
Spiel oft durch mangelnde Spielkompetenz Erfahrungen machen, die nicht mit ihren
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gewünschten Zielen übereinstimmen. Das führt nicht selten dazu, dass sie sich dieser
Erfahrung zukünftig verweigern.
Um das zu vermeiden, ist eine gelungene Planung der richtige Schritt, Menschen mit
Beeinträchtigungen die Möglichkeit zu geben sich weiter zu entwickeln und ihr Leben selbst
bestimmt in sozialer Gemeinschaft zu bewältigen.
4. Spieltherapie:
4. 1. Was ist Spieltherapie?
 Spieltherapie ist eine Form und Technik der Kinder- und Jugendpsychotherapie für
Kinder im Alter von ca. drei bis zwölf Jahren mit psychischen oder psychisch
körperlichen Störungen (z.B. Ängste, Zwänge, Befindlichkeitsstörungen,
Somatisierungen [Somatisches Syndrom = Depression, die ein körperlich(somatisch)
betontes Bild annimmt]usw.)
 Eine Spieltherapie ist in der Regel eine sehr strukturierte, kindzentrierte
Einzelbehandlung mit begleitender Eltern-, Familien-, Bezugspersonenberatung oder
Behandlung. Sie wird von ausgebildeten Spiel- oder Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten in besonderen eingerichteten Spielräumen, z.B. in einer
Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, oder auch stationär, z.B. in der
Kinder- und Jugendpsychiatrie durchgeführt.
 Ziele einer Spieltherapie ergeben sich im Konsens aller beteiligten Bezugspersonen und
betreffen den Aufbau einen Störungsersetzenden und Entwicklungsfördernden
Verhaltens des Kindes. Durch die Förderung von psychischen Wachstumsprozessen und
zunehmender Selbstverwirklichung soll ein gesundes seelisches Verhalten des Kindes
erreicht werden.
 Im geschichtlichen Überblick wird deutlich, dass es eine Vielzahl psychologischer
Strömungen und Ideen zur Therapeutischen Wirkung des Spiels auf Kinder gibt.
 Es werden „Schulen der Kinderpsychotherapie“ unterschieden. Allerdings zeigt sich ein
Trend der Integration der unterschiedlichen Therapieansätze, da einseitige
Behandlungskonzepte den mulitkausalen [von vielen Faktoren verursacht] Ursachen von
psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen nicht gerecht werden.
 Im Rahmen der Spieltherapie wird dem Kind in therapeutischen Grundhaltungen
spielerische begegnet. Die Entwicklung des Kindes wird durch die Bereitstellung
bestimmter Beziehungsqualitäten, wie z.B. Empathie, Wertschätzung, Kongruenz,
Solidarität, Halt und Unterstützung, gefördert.
 Im Rahmen von tiefenpsychologischer Spieltherapien ist das prozesshafte Aufarbeiten
und Bewusstmachen von Widerständen, Abwehrmechanismen, Projektionen,
Übertragungen und Gegenübertragungen zentraler Bestandteil der Behandlung.
 In der tiefenpsychologischen Spieltherapie dient das Spiel dazu, psychischen Tendenzen
für eine Deutung und Bewusstmachung zugänglich zu machen. Es wird zwischen
analoger und verbaler Deutetechnik unterschieden.
 Neben einer differenzierten Spielbeobachtung sowie diversen psychometrischen
Diagnostikverfahren und einer Ressourcendiagnostik kommen projektive Testverfahren
wie z.B. der Sceno-Test zum Einsatz.
 Auf der Grundlage einer diagnostischen Abklärung werden differentielle Spielangebote
zur Erlebnisaktivierung und Persönlichkeitsentwicklung des Kindes bereitgestellt
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4. 2. Sceno – Test
Der Sceno-Test (nach Staabs)
Gerdhild von Staabs entwickelte als Nervenärztin und Kindertherapeutin diesen Test, der
1944 erstmal veröffentlich wurde.
 Standardisiertes Material, das aus biegbaren Puppen besteht, die alle möglichen
Alltagsfiguren gut unterscheidbar darstellen, ermöglicht den Kindern, in Spielfiguren
Erlebtes und Erfahrenes zu dramatisieren. Die Figuren werden durch Material ergänzt,
das verschiedene Antriebsbereiche ansprechen soll, wie z.B. Schnuller, Toilette etc.
Für die qualitative Auswertung wurden Beobachtungsbogen entworfen, deren Ergebnisse
meist durch die Anamnese zusätzlich abgesichert wurden. Der Test ist hauptsächlich
tiefenpsychologisch orientiert und dient der Erfassung des Unterbewussten. Er wird
jedoch auch häufig eingesetzt, wenn sich Erstkontakte zu Kindern problematisch
gestalten und Befragungen und Tests anderer Art nicht durchgeführt werden können.
(Staabs 1964).
5. Fazit
 „ … In Wirklichkeit kann man keine Spieltherapie treiben, ohne gleichzeitig
diagnostische Beobachtungen zu machen, und jede diagnostische Spielbeobachtung kann
auf das Kind therapeutische Wirkung haben, weshalb sich keine ganz scharfe Grenze
zwischen diesen Gebieten ziehen lässt“
(Harding 1972:41)
 „Beim Spiel kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen als im
Gespräch in einem Jahr.“
(Platon 427 – 347v.Chr.)
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Literaturverzeichnis:
 Axeline, Virginia Mae: Kinder – Spieltherapie im nicht – direktiven Verfahren, 7. Auflage,
übersetzt von Ruth Bang, München 1999
 Baer Ulrich: Spielpraxis, Eine Einführung in die Spielpädagogik, 4. Auflage, Seelze 1999
 Bunk Ulrich: Hrsg: Greving, Heinrich und Niehoff Dieter: Spiel und spieltherapeutische
Methoden, Methoden in Heilpädagogik und Heilerziehungspflege, 2. Auflage Troisdorf
2008
 Handbuch der Spielpädagogik, Band 1, Hrsg: Karl Josef Kreuzer, Düsseldorf 2983
 Heimlich, Ulrich: Einführung in die Spielpädagogik, 2. Auflage Bad Heilbrunn, 2000
 Renner, Michael: Spieltheorie und Spielpraxis. Eine Einführung für pädagogische Berufe, 2.
Auflage, Freiburg, 1997
 Von Staabs, Gerdhild: Der Scenotest. Beitrag zur Erfassung unbewußter Problematik und
charakterologischer Struktur in Diagnostik und Therapie, 8. unveränderter Auflage, Bern
u.a., 2001
 Zinke-Wolter, Petra: Spüren – Bewegen – Lernen, Handbuch der mehrdimensionalen
Förderung bei kindlichen Entwicklungsstörungen, 4. Auflage, Dortmund, 2000
Quellenverzeichnis:
 Cárdenas, Barbara: Diagnostik mit Pfiffigunde. Ein kindgemäßes Verfahren zur
Beobachtung von Wahrnehmung und Motorik (5-8 Jahre)
 Laevers, Ferre (Hrsg.): Die Levener Engagiertheist-Skala für Kinder (LES-K), Deutsche
Fassung der Leuven Involvement Scale for Young Children, Erkelenz, Deutsche Ausgabe
1997
 Tröster Heinrich; Flender, Judith; Reineke, Dirk: Dortmunder Entwicklungscreening für den
Kindergarten (DESK 3-6), Göttingen u.a., 2004
 http://www.zebis.ch/zebis6_region/doku_kiga_03/a_lu/5_anhang/1_17_beobachtungsm_beurt.pdf
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