AUTOANTIKÖRPER UND IHRE DIAGNOSTISCHE WERTIGKEIT IN DER RHEUMATOLOGIE Dr. Günter Steiner Ludwig Boltzmann Institut Für Rheumatologie und Balneologie Aussenstelle KH Lainz Einleitung Systemische rheumatische Erkrankungen unterscheiden sich in grundlegender Weise von den übrigen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises dadurch, daß ihrer Pathogenese Autoimmunprozesse zugrunde liegen, die zur Produktion einer Vielzahl unterschiedlicher Autoantikörper führen können. Zum Unterschied von Organ-spezifischen Autoimmunerkrankungen sind die Autoreaktivitäten nicht gegen ein bestimmtes Organ bzw. die spezifisch dort exprimierten Antigene gerichtet, sondern in charakteristischer Weise gegen ubiquitäre Antigene, von denen die meisten im Zellkern lokalisiert sind und daher in so gut wie allen Zellen bzw. Geweben des menschlichen Organismus exprimiert werden. Daher werden die dagegen gerichteten Autoantikörper mit einem Sammelbegriff auch als antinukleare Antikörper (ANA) bezeichnet. Die Antigene sind fast immer Bestandteile von makromolekularen Ribonukleoprotein (RNP) Komplexen, die aus Ribonukleinsäuren (RNA) bzw. Desoxyribonukleinsäure (DNA) und Proteinen bestehen. Als typische und wichtige Beispiele seien Nukleosomen, Zentromere, Ribosomen und spleißosomale Komplexe genannt. Dabei ist die Immunantwort oft gegen mehrere Komponenten eines derartigen Komplexes gerichtet; so kann man z.B. bei SLE PatientInnen sehr häufig Antikörper gegen doppelsträngige (ds) DNA und Histone (also Bestandteile des Nukleosoms) im selben Serum finden. Diese Beobachtungen haben zur Formulierung des sog. "Partikel Konzepts der Autoimmunität" geführt, demnach Toleranzbruch gegen eine Komponente eines makromolekularen Komplexes in der Folge zum Toleranzverlust gegen andere Komponenten führen kann. Dieser Vorgang wird durch intermolekulare Epitopausbreitung (englisch: 2 "intermolecular epitope spreading") erklärt. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, daß autoreaktive B Zellen über ihre Antigenrezeptoren den gesamten Komplex binden und nach Internalisierung und Prozessierung dessen Bestandteile (in Form von Peptiden über MHC Klasse II Moleküle) autoreaktiven T Zellen präsentieren, die dann ihrerseits weitere autoreaktive B Zellen anderer Spezifität stimulieren können. Da einige der Antigene in weitgehend krankheitsspezifischer Weise erkannt werden (z.B. dsDNA beim SLE, Topoisomerase I bei der Sklerodermie, tRNA Synthetasen bei der Polybzw. Dermatomyositis), kann die Bestimmung dieser Autoantikörper sehr hilfreich bei Erstellung der Diagnose sein. Trotz der manchmal hohen Krankheitsspezifität ist die pathogenetische Bedeutung der antinuklearen Autoimmunreaktionen in der überwiegenden Zahl der Fälle unklar, weshalb sie von manchen Autoren mehr als Epiphänomene denn als krankheitsauslösende Prozesse betrachtet werden. Neben den ANA sind noch zwei weitere Gruppen von diagnostisch bedeutsamen Autoreaktivitäten zu nennen, nämlich Autoantikörper gegen zytoplasmatische Antigene neutrophiler Granulozyten (ANCA) für die Diagnostik der Vaskulitiden und Autoantikörper gegen Phospholipide (APL), insbesondere solche gegen Cardiolipin (ACL), die in der Diagnostik des Antiphospholipid-Syndroms große Bedeutung erlangt haben. Schließlich müssen noch die bereits klassischen Rheumafaktoren (RF) erwähnt werden, die im Gegensatz zu den bisher genannten Autoantikörpern gegen ein extrazelluläres Antigen gerichtet sind, nämlich den (konstanten) Fc Teil von Immunglobulin (Ig) G . Diese sind zwar charakteristisch für die CP, stellen aber keineswegs eine strikt krankheitsspezifische Autoreaktivität dar, da sie relativ häufig auch bei Kollagenosen, sowie auch im Verlauf von (chronischen) Infektionen und andereren Erkrankungen auftreten können. Allerdings sind in den letzten Jahren einige vielversprechende neue Autoantikörper bei der chronische Polyarthritis beschrieben worden, die eine wertvolle Ergänzung zur RF Bestimmung darstellen könnten und im letzten Abschnitt dieses Kapitels besprochen werden. 3 1. Antikörper gegen Zellkernbestandteile (Antinucleare Antikörper, ANA) Die für die Diagnostik der Kollagenosen wichtigsten antinuklearen Autoantikörper sowie die entsprechenden Antigene sind in Tabelle 1 aufgelistet. ANA treten bei allen Kollagenosen auf, insbesondere bei Systemischem Lupus erythematodes und Mischkollagenose (englisch: "Mixed Connective Tissue Disease", MCTD), wo sie bei fast allen PatientInnen in oft hohen Titern nachgewiesen werden können. Andererseits sind ANA bei der chronischen Polyarthritis (CP) wesentlich seltener als bei den Kollagenosen zu finden. Zum generellen ANA Nachweis dient die Methode der indirekten Immunfluoreszenzmikroskopie, bei der das Patientenserum mit auf Objektträgern fixierten Gewebs- oder Zellpräparationen inkubiert wird. Dabei hat sich insbesondere die humane Zelllinie Hep-2 als sehr geeignet erwiesen und die früher häufig verwendeten Rattenleberschnitte weitgehend verdrängt. Von Bedeutung bei der Interpretation eines ANA Befundes ist die Höhe der Titerstufe, da ANA in niederen Titern (bis 1:160) auch bei gesunden Personen auftreten können. ANA bewirken eine mehr oder weniger charakteristische Anfärbung der Zellkerne, wobei oft schon auf Grund der Art des beobachteten Musters eine erste ANA Subtypifizierung vorgenommen werden kann, die in manchen Fällen sogar die Identifizierung der Spezifität ermöglicht (z.B. anti-Zentromer Antikörper). Die weitere und spezifischere Typifizierung erfolgt jedoch in der Regel mittels anderer Methoden, wie Immundiffusion (Ouchterlony Technik bzw. Gegenstromelektrophorese), ELISA oder Immunoblot, wobei speziell beim ELISA in den letzten Jahren vermehrt rekombinante Antigene (in Bakterien oder Insektenzellen exprimierte humane Proteine) zum Einsatz gekommen sind. Antikörper gegen doppelsträngige DNA (dsDNA )und Histone Antikörper gegen native doppelsträngige DNA (im folgenden als anti-DNA Antikörper bezeichnet) werden als weitestgehend spezifisch für den SLE betrachtet und stellen den wichtigsten Marker-Autoantikörper für diese Erkrankung dar. Darüberhinaus und zum Unterschied von von den meisten anderen Autoantikörpern zeigen sie eine gewisse (aber nicht strikte) Korrelation mit der Krankheitsaktivität. Ihre quantitative Bestimmung kann daher auch prädiktiven Wert haben, da ein Anstieg des Serumtiters häufig einem Aktivitätsschub vorausgeht oder ihn begleitet und ein Abfall ein Indiz für den therapeutischen Erfolg darstellen kann. Anti-DNA Antikörper treten signifikant häufiger bei PatientInnen mit 4 Nierenbeteiligung auf und spielen auch eine gewisse pathogenetische Rolle, da ihre Bindung bzw. die Anlagerung von DNA-Immunkomplexen an das Glomerulum zu schweren Schädigungen des Organs (Lupus Nephritis) führen kann. Der Nachweis von anti-DNA Antikörpern kann sowohl mittels Immunfluoreszenz (Crithidien-Test) als auch mittels eines radiochemischen Verfahrens (Farr-Assay) erfolgen. Die erstgenannte Methode zeichnet sich durch Einfachheit aus, ist aber weniger sensitiv als der Farr-Assay, der allerdings den Einsatz von Radioaktivität verlangt und daher nur in entsprechend ausgerüsteten Speziallabors durchgeführt werden kann. Auf Grund seiner höheren Sensitivität ist er aber besser für Verlaufskontrollen geeignet. Neuerdings werden zum Nachweis von anti-DNA Antikörpern auch ELISAs eingesetzt, die aber relativ anfällig für falsch positive Ergebnisse sind, da sie auch diagnostisch wenig relevante Antikörper niedriger Affinität erfassen. Sie sollten daher nur in Verbindung mit einer der beiden anderen Methoden verwendet werden (etwa als "Screening Test" oder zur Quantifizierung von anti-DNA Antikörpern in gesichert positiven Seren). Histone stellen eine relative komplexe Gruppe von Autoantigenen (H1, H2A, H2B, H3, H4) dar. Die diagnostische Bedeutung von anti – Histon Antikörpern ist allerdings begrenzt, da sie nicht nur beim SLE sondern auch bei andereren Kollagenosen sowie bei der CP auftreten können. Eine Ausnahme bildet der Medikamente - induzierte Lupus erythematosus (DLE) bei dem anti-Histon Antikörper, insbesondere solche gegen die Histone H2A-H2B, bei Abwesenheit anderer Autoantikörper (v.a. anti-DNA) als charakteristische Marker gelten können. Die Komplexität der anti-Histon Immunantwort ist nicht nur durch das Vorhandensein 5 verschiedener Histone bedingt, sondern auch und insbesondere dadurch, daß diese miteinander bzw. mit dsDNA Komplexe (Nucleosomen) bilden, die ihrerseits als eigenständige Autoantigenstrukturen fungieren können. Die gängigen Anti-Histon Testsystme (ELISAs) verwenden im allgemeinen Gesamt-Histonpräparationen, die weitgehend frei von DNA sind. Zum Nachweis von Reaktivitäten gegen individuelle Histone kann auch der Immunoblot verwendet werden, bei dem die Histone durch Gelelektrophorese entsprechend ihrer Größe aufgetrennt werden. Die diagnostische Wertigkeit derartiger (entsprechend aufwendiger) Einzelnachweise ist allerdings umstritten, obwohl neueste Befunde (aus unserer Arbeitsgruppe) auf eine mögliche Relevanz der anti-H1 Antikörper Bestimmung für die Diagnostik des SLE hinweisen (Schett et al., Arthritis Rheum. 41:1446-1455, 1998). Anti-Ro und anti-La Antikörper 5 Anti-Ro Antikörper sind primär gegen ein 60 kD Protein (Ro60) unbekannter Funktion gerichtet, das sowohl im Zellkern als auch im Zytoplasma exprimiert wird. Sie sind mittels Immunfluoreszenz, Immundiffusion oder ELISA bei 40-50% der SLE PatientInnen, bei bis zu 80% der PatientInnen mit primärem Sjögren Syndrom und in niedriger Frequenz (bis zu 10%) auch bei anderen Kollagenosen bzw. CP nachweisbar. Diese Antikörper treten besonders häufig bei PatientInnen mit subakut kutanem LE auf und bei praktisch allen Kindern mit neonatalem Lupus Syndrom (bzw. deren Müttern). Somit stellen anti-Ro Antikörper bei schwangeren Frauen einen erheblichen Risikofaktor für kongenitalen Herzblock des Kindes dar. Anti-Ro positive Seren enthalten häufig auch Antikörper gegen ein 52 kD Protein (Ro52), die stärker als anti-Ro60 Antikörper mit kongenitalem Herzblock korrelieren. Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß praktisch alle in der Routine-Diagnostik verwendeten Nachweissysteme fast ausschließlich anti-Ro60 Antikörper erfassen. Anti-Ro52 Antikörper können auch unabhängig von anti-Ro60 Antikörpern auftreten und wurde kürzlich etwa bei anti-Jo1 positiven PatientInnen mit PM/DM beschrieben. Allerdings scheint die diagnostische Wertigkeit der anti-Ro52 Bestimmung vergleichsweise eher gering zu sein, sodaß die Bestimmung dieser Spezifität (zusätzlich zu anti-Ro60) nur in bestimmten Fällen (Schwangerschaft) gerechtfertigt erscheint. Das Auftreten von anti-Ro Antikörpern ist bei etwa 30-40% der anti-Ro positiven SLE PatientInnen und bei etwa 60-70% der anti-Ro positiven primären Sjögren Syndrom PatientInnen mit Antikörpern gegen das La Antigen assoziiert (siehe der folgende Abschnitt). Das wird dadurch erklärt, daß Ro60 und La (möglicherweise auch Ro52) in diskreten cytoplasmatischen Komplexen, den Ro RNP, organisiert sind. Anti-La Antikörper sind gegen ein 48 kD Phosphoprotein gerichtet, das ebenso wie die Ro Proteine sowohl im Zellkern als auch im Zytoplasma exprimiert wird und als eine Art Chaperon (Schutzprotein) für RNA fungieren dürfte. Sie sind bei etwa 50-70% der PatientInnen mit primärem Sjögren Syndrom und bei etwa 10-20% der SLE PatientInnen nachweisbar. Diese Antikörper treten fast immer gemeinsam mit anti-Ro Antikörpern auf, wohingegen anti-Ro Antikörper v.a. beim SLE auch häufig ohne begleitende anti-La Antikörper vorkommen. Ähnlich wie bei anti-Ro Antikörpern, besteht auch bei anti-La positiven Schwangeren ein erhöhtes Risiko für kongenitalen Herzblock des Kindes. Der Nachweis von anti-La Antikörpern kann mittels Immundiffusion, ELISA oder Immunoblot erfolgen, wobei die beiden letztgenannten Methoden als sensitiver gelten. Der Immunoblot ist insbesondere zur Kontrolle in jenen Fällen zu empfehlen, in denen anti-La ohne begleitende 6 anti-Ro Antikörper (etwa mittels ELISA) nachgewiesen wurden (Gefahr eines falsch positiven Resultats). Anti-Sm und anti- nRNP Antikörper Anti-Sm Antikörper erkennen Antigene eines Komplexes, der aus mehreren kleinen Proteinen (B, B´, D, E, F, G) und einer von 5 kleinen RNAs, die wegen ihres hohen Gehalts an Uridin U RNAs (U1, U2, U4, U5, U6 RNA) genannt werden. Diese Komplexe werden als kleine nukleare Ribonukleoproteine (englisch: small nuclear ribonucleoprotein, snRNP) bezeichnet und stellen funktionell die "Kernkomponenten" des spleißosomalen Apparats dar, an dem die pre-mRNA zur reifen translatierbaren mRNA prozessiert wird. Anti-Sm Antikörper sind vor allem gegen die Proteine B, B' und D gerichtet (seltener gegen die anderen Sm Proteine) und treten fast ausschließlich bei SLE PatientInnen auf; sie sind deshalb trotz ihrer geringen Prävalenz (10%-15% bei europäischen PatientInnen, bis zu 30% bei US amerikanischen) von hohem diagnostischem Wert. Interessanterweise gilt diese hohe Spezifität aber nur für Antikörper gegen das Sm-D Protein, wohingegen Antikörper gegen die Sm-B Proteine auch bei anderen Erkrankungen und sogar im Zuge von (chronischen) Infekten auftreten können. Sehr häufig enthalten anti-Sm positive Seren auch anti-nRNP Antikörper, die aber weniger spezifisch für den SLE sind (siehe nächster Abschnitt). Dabei ist zu beachten, daß auf Grund der möglichen Kreuzreaktivität von anti-nRNP Antikörpern mit den Sm-B Proteinen anti-nRNP positive Seren fälschlich auch als anti-Sm positiv befundet werden könnten, insbesondere dann, wenn der Nachweis mittels Immundiffusion erfolgt. In diesem Fall sollte die Präsenz von anti-Sm Antikörpern mittels einer zweiten Nachweismethode (ELISA oder Immunoblot) bestätigt werden. Durch Epitopkartierung wurden einige kurze immunodominante Bereiche von Sm-B und D Proteinen identifiziert, die in Hinkunft an Stelle der Gesamtproteine zum Nachweis von anti-Sm Antikörpern eingesetzt werden könnten. So wurden kürzlich Autoantikörper gegen einen kurzen Abschnitt des Sm-D Proteins bei 70% der SLE PatientInnen aber in weniger als 10% der Kontrollen nachgewiesen (Riemekasten et al., J. Clin. Invest. 102:754-763, 1998). Somit wäre dieser anti-Sm Nachweis etwa fünfmal sensitiver als alle anderen bislang verwendeten. Diese Daten müssen zwar noch von anderen Labors reproduziert werden, doch ist durchaus zu erwarten, daß ein entsprechendes Nachweissystem schon bald in der Diagnostik zum Einsatz kommen wird. Dieses Antigen besteht ähnlich wie das Sm Antigen aus mehreren Komponenten, nämlich 3 Proteinen (U1-70K, U1-A, U1-C), die spezifisch mit der kleinen nuklearen U1 RNA 7 assoziiert sind, weswegen der Komplex auch als U1 snRNP bezeichnet wird. Da auch die Sm Proteine mit U1 RNA assoziiert sind (siehe voriger Abschnitt), enthält das U1 snRNP folglich auch die Sm Antigene, worauf bei der Erstellung des Befundes wegen der bereits erwähnten Kreuzreaktivitäten zwischen den beiden Antikörpersystemen besonderes Augenmerk zu legen ist. Anti-nRNP Antikörper sind in hohen Titern in praktisch allen Seren von PatientInnen mit dem Überlappungssyndrom "Mixed Connective Tissue Disease" (MCTD) nachweisbar sowie in 20-30% der SLE Seren und in 10-20% der Sklerodermie Seren, bei diesen beiden Erkrankungen aber im allgemeinen in niedrigeren Titern. Bei MCTD ist die Reaktivität insbesondere gegen das U1-70K Antigen gerichtetet, gegen das beim SLE seltener Antikörper gebildet werden. Bemerkenswerter Weise wurde bei SLE PatientInnen mit hohen anti-nRNP Titern (vergleichbar den bei MCTD gemessenen) eine signifikant niedrigere Inzidenz von Lupus Nephritis gefunden. Detaillierte Studien haben gezeigt, daß dieser "protektive" Effekt vor allem mit Antikörpern gegen das U1-70K Antigen korrelierte. Anti-nRNP positive Seren geben in der Immunfluorszenz ein sehr charakteristisches Muster, das als indikativ betrachtet werden kann. Zur Bestätigung bzw. zum spezifischen Nachweis der (drei) Einzelreaktivitäten können Immundiffusion, ELISA sowie Immunoblot herangezogen werden. Sklerodermie-spezifische Autoantikörper: Anti-Scl-70 (Topoisomerase I) und anti-Zentromer Antikörper Anti-Scl-70 Antikörper sind gegen gegen das 100 kD Enzym Topoisomerase I bzw. gegen dessen 70 kD Abbauprodukt gerichtet und treten in weitgehend spezifischer Weise bei etwa 30-40% der PatientInnen mit systemischer Sklerose (Sklerodermie) auf, gelegentlich auch bei SLE PatientInnen. Sie sind klinisch vor allem mit einem erhöhten Risiko zu Lungenfibrose und einer schlechten Prognose der Raynaud Symptomatik assoziiert und treten beim prognostisch günstigeren CREST Syndrom (siehe nächster Abschnitt) nicht oder nur äußerst selten auf. In der Immunfluoreszenz geben sie ein charakteristisches Muster, das häufig schon eine relativ klare Befundung erlaubt, die dann mittels Immundiffusion, ELISA oder Immunoblot bestätigt werden kann. Anti-Zentromer Antikörper sind gegen drei Zentromer Proteine (CENP-A, CENP-B, CENP-C) gerichtet und bei etwa 20-30% der Sklerodermie PatientInnen nachweisbar, vor allem bei PatientInnen mit CREST Syndrom, wo sie in 70-90% der Seren gefunden werden. Von den drei genannten Protein ist CENP-B immunodominant, sodaß in ELISAs nur dieses 8 Protein (bzw. Teilsequenzen davon) zum Einsatz kommt. Anti-Zentromer Antikörper produzieren ein sehr charakteristisches Immunfluoreszenzmuster, das an und für sich bereits die eindeutige Identifizierung dieser Antikörper ermöglicht. Antikörper bei Muskelentzündungen: Anti-Jo-1 (Histidyl-tRNA Aminoacylsynthetase) Antikörper Anti-Jo-1 Antikörper sind gegen das zytoplasmatische Enzym Histidyl-tRNA Aminoacylsynthetase gerichtet und bei 30-40% der PatientInnen mit Polymyositis bzw. Dermatomyositis nachweisbar. Diese Antikörper treten insbesondere bei PatientInnen mit begleitender interstitieller Lungenfibrose auf, sodaß ihr Nachweis auch von prognostischem Wert ist. Anti-Jo-1 Antikörper ergeben in der Immunfluoreszenz eine relativ charakteristische cytoplasmatische Färbung und sind daher streng genommen nicht der Gruppe der antinuklearen Antikörper zuzurechnen. Der spezifische Nachweis erfolgt vorzugsweise mittels ELISA oder Immunoblot, während der Nachweis mittels Immundiffusion weniger empfindlich zu sein scheint. Antikörper gegen andere Aminoacylsynthetasen (z.B. anti-PL-7, anti-PL-12) sind zwar wiederholt beschrieben worden, doch treten sie nur sehr selten auf, sodaß ihr Nachweis nur in einigen wenigen Speziallabors durchgeführt wird. Anti-Pm/Scl Antikörper Antikörper gegen das Pm/Scl Antigen sind gegen zwei Proteine von 100 kD bzw. 75 kD gerichtet, deren Funktion erst kürzlich aufgeklärt wurde. Sie treten vor allem beim Polymyositis-Sklerodermie Überlappungssyndrom in 20-30% der Fälle auf und gelten als weitgehend spezifische Marker für dieses allerdings seltene Krankheitsbild. Zum Nachweis dient einerseits die Immunfluoreszenz, da die Antikörper eine charakteristische Färbung der Nukleoli produzieren, andererseits der Immunoblot, wobei die beiden Methoden immer nur in Kombination angewandt werden sollten. Obwohl beide Antigene auch in rekombinanter Form verfügbar sind, wurden bis dato noch keine kommerziellen ELISA Systeme angeboten. 2. Anti-Phospholipid Antikörper (APL): Anti-Cardiolipin (ACL) und anti-ß2-Glycoprotein I (ß2-GPI) Antikörper 9 Anti-Phospholipid Antikörper (APL) sind gegen negativ geladene Phospholipide gerichtet sowie gegen mit Phospholipiden assoziierte Protein-Antigene, wobei insbesondere Cardiolipin und das mit diesem assoziierte ß2-Glykoprotein I (ß2-GPI) zu erwähnen sind. APL sind nicht nur bei Kollagenosen sondern auch bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen, auch solchen mit nicht-autoimmuner Pathogenese (z.B. bei mykobakteriellen Infektionen, Myokardinfarkt, chronischen Dialyse PatientInnen) nachweisbar und wären somit zunächst einmal von relativ geringer diagnostischer Relevanz. Ihre große Bedeutung beruht auf ihrer Präsenz in allen Seren von PatientInnen mit (dem serologisch über APL definierten) Antiphospholipid-Syndrom (APLS bzw. APS), das durch venöse bzw. arterielle Thrombosen, Spontanaborte und Thrombozytopenie gekennzeichnet ist, wobei noch zwischen primärem und sekundärem APLS (im Zusammenhang mit einer Autoimmunerkrankung, insbesondere SLE) unterschieden werden muß. Die pathogenetische Rolle der APL ist noch nicht restlos geklärt, doch weisen Befunde aus Tiermodellen auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen diesen Antikörpern und den mit ihnen assoziierten klinischen Phänomenen hin. Zum APL Nachweis dient einerseits der klassische Lupus Antikoagulans Test, andererseits spezifische ELISAs, insbesondere für Antikörper gegen Cardiolipin, ß2-GPI und Phosphatidylserin. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auf Grund der großen methodischen Unterschiede nicht notwendiger Weise völlige Übereinstimmung zwischen dem Lupus Antikoagulans Test und den genannten ELISAs bestehen muß. Es kann mittlerweile als gesichert gelten, daß ACL Reaktivitäten vor allem gegen einen Komplex aus Cardiolipin und ß2-GPI gerichtet sind, und von Antikörpern gegen ß2-GPI oder solchen gegen reines Cardiolipin klar zu unterscheiden sind. Letztere korrelieren auch weniger gut mit dem APLS und treten auch bei etlichen infektiösen Erkrankungen auf (etwa der Syphilis), wohingegen Antikörper gegen den Cardiolipin-ß2-GPI Komplex und/oder gegen ß2-GPI in praktisch allen APLS Seren nachgewiesen werden können. Dabei korrelieren insbesondere IgG ACL stark mit venösen und arteriellen Thrombosen, Thrombozytopenie, Abortneigung und Endokardläsionen während IgM ACL auf neurologische Beteiligung hinweisen kann. Ähnliche Korrelationen wurden für anti-ß2-GPI Antikörper beschrieben, die auch isoliert, also ohne begleitende ACL auftreten können. Aus diesem Grund scheint die parallele Bestimmung beider Spezifitäten (neben dem Lupusantikoagulans) empfehlenswert zu sein. Welche diagnostische (und pathogenetische) Bedeutung anderen APL Reaktivitäten (etwa gegen Phosphatidylserin, Phosphatidylcholin, Phosphatidylglycerin, Sphingomyelin) zukommt, kann derzeit noch nicht klar gesagt werden. 10 3. Anti-Neutrophilen-Zytoplasma Antikörper (ANCA) Diese Klasse von Autoantikörpern ist gegen lysosomale Proteine neutrophiler Granulozyten gerichtet. In der Immunfluoreszenz lassen sich bei Äthanol-fixierten Granulozyten zwei typische Färbemuster unterscheiden: ein cytoplasmatisches (c-ANCA), das einer Anfärbung der azurophilen Granula entspricht und durch Autoreaktivität gegen das Enzym Proteinase 3 (PR3) verursacht wird, und ein perinukleäres (p-ANCA), dem vor allem Autoreaktivität gegen das Enzym Myeloperoxidase (MPO) zu Grunde liegt. Daneben können noch weitere Enzyme myeloischer Zellen (z.B. Elastase, Lysozym, Lactoferrin, Cathepsin-G, "Bactericidal Increasing Permeability Protein") ein mehr oder weniger typisches p-ANCA Muster hervorrufen. Anti-Proteinase 3 (PR3) Antikörper Antikörper gegen Proteinase 3 bzw. c-ANCA sind von besonderer klinisch-diagnostischer Bedeutung, da sie weitgehend spezifische Marker-Antikörper für die Wegenersche Granulomatose darstellen und bei dieser Erkrankung in der aktiven Phase bei mehr als 90% der PatientInnen nachweisbar sind. Sie sind auch für Verlaufskontrollen wertvoll, da die Titer gut mit der Krankheitsaktivität korrelieren. Anti-PR3 Antikörper treten noch bei der mikroskopischen Polyangiitis, dem Churg-Strauss Syndrom und der Panarteritis nodosa auf, allerdings weniger häufig als bei Wegenerschen Granulomatose. Zum Nachweis können neben der Immunfluoreszenz auch ELISAs eingesetzt werden, die allerdings weder sensitiver noch spezifischer als die IIF sind. Auf Grund der einfacheren Quantifizierbarkeit sind sie aber für Verlaufskontrollen praktikabler. Anti-Myeloperoxidase (MPO) Antikörper Antikörper gegen Myeloperoxidase stellen die wichtigste p-ANCA Aktivität dar und treten bei einer Reihe systemischer Vaskulitiden auf. Darunter sind insbesondere die Mikroskopische Polyangiitis, die rapid progressive Glomerulonephritis (RPGN) und das Churg-Strauss Syndrom zu nennen, bei denen anti-MPO Antikörper in 50% - 70% der Fälle nachweisbar sind. Weiters wurden diese Antikörper noch beim Good Pasture Syndrom beschrieben, während sie bei Kollagenosen nur selten auftreten. Wie bei anti-PR3 erfolgt auch hier der Nachweis primär durch IIF (p-ANCA) mit nachfolgender Bestätigung durch einen MPO-spezifischen ELISA. Dabei ist zu beachten, daß noch eine relativ große Zahl weiterer 11 Antigene ein p-ANCA Muster erzeugen können, sodaß ein positiver p-ANCA Befund nicht zwingend auf anti-MPO Antikörper hinweist. Die diagnostische Wertigkeit dieser Antikörper ist allerdings noch nicht geklärt. 4. Antikörper bei der chronischen Polyarthritis Für die Diagnostik der CP gelten nach wie vor die Rheumafaktorenen (RF) als einzig anerkannte Markerantikörper. Die im Vergleich zu anderen Antikörpern niedrige Spezifität der RF Bestimmung hat dazu geführt nach weiteren Antikörpern zu suchen, die hilfreich in der Diagnostik der CP sein könnten. Es sind daher in den letzten Jahren einige neue Autoantikörper beschrieben worden, denen eine im Vergleich zum RF weit höhere Krankheitsspezifität zuzukommen scheint (Tabelle 2). Da zu erwarten ist, daß schon bald kommerziell erhältliche Nachweissysteme für einige dieser neuen Spezifitäten angeboten werden, soll auf sie in diesem Abschnitt näher eingegangen werden. Rheumafaktoren (RF) Rheumafaktoren sind gegen den Fc Teil von IgG gerichtete Autoantikörper und treten bei 70-80% der PatientInnen mit CP auf, sind allerdings im Frühstadium der Erkrankung nur in etwa 40%-50% der Fälle nachweisbar. Die diagnostische Wertigkeit der RF Bestimmung ist dadurch eingeschränkt, daß diese Antikörper bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten können, etwa häufig im Verlauf von Infektionen und insbesondere auch bei den Kollagenosen (Tabelle 3). So sind sie in hohen Titern bei 70% der PatientInnen mit primärem Sjögren Syndrom nachweisbar, in niedrigeren Titern auch bei 20-30% der anderen Kollagenosen. Seronegativ sind hingegen die HLA B27 assoziierten Spondylarthropathien (reaktive Arthritis, Morbus Reiter, Morbus Bechterew) und im allgemeinen auch die Arthritis psoriatica. Obwohl eine direkte Beteiligung von RF am pathologischen Geschehen der CP bislang nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte, scheinen sie doch einen erheblichen Risikofaktor für einen schwereren Verlauf der Erkrankung darzustellen, insbesondere in Zusammenhang mit den mit CP assoziierten MHC II Allelen DR1 und DR4 (“shared epitope”): So ist bei RF positive TrägerInnen des “shared epitope” das Risiko eine stark progrediente erosive Arthritis zu entwickeln signifikant erhöht. Im Gegensatz zu allen übrigen hier besprochenen Autoantikörpern sind RF überwiegend vom IgM Isotyp, worauf auch die gängigen Agglutinationstests zum RF Nachweis beruhen. RF vom IgG Typ sind zwar insbesondere in Seren von CP PatientInnen vorhanden, jedoch ist 12 ihr Nachweis auf Grund ihrer Fähigkeit Immunkomplexe (mit IgM RF) zu bilden (die ein falsch positives Resultat vortäuschen können) und des hohen Überschusses an IgM RF (die ein zu niedriges oder falsch negatives Resultat bewirken können) als problematisch zu betrachten. Der RF Nachweis erfolgt vorzugsweise nephelometrisch, doch kommen nach wie vor auch die klassischen Methoden der Latexfixierung und der Hämagglutination (WaalerRose) zum Einsatz, sowie neuerdings vermehrt ELISAs. Diese erlauben auch Subklassifizierung in IgM, IgG und IgA RF, wobei aber deren Bestimmung, wie erwähnt, problematisch ist und von nur beschränktem diagnostischen Wert zu sein scheint. Anti-Keratin (AKA), anti-Filaggrin, anti-Citrullin Antikörper Anti-Keratin Antikörper (AKA) wurden erstmals 1969 beschrieben und können mittels Immunfluoreszenz an Ratten Ösophagus Schnitten bei etwa 40% der CP PatientInnen nachgewiesen werden. AKA zeichnen sich durch eine sehr hohe Krankheitsspezifität von mindestens 96% aus und sind auch schon im Frühstadium der Erkrankung nachweisbar, wenn auch in niedrigerer Frequenz. AKA sind aber keineswegs wie der Name vermuten ließe, gegen Zytokeratine gerichtet, sondern gegen Filaggrin, ein spezifisch in Keratin produzierenden Epithelzellen exprimiertes Protein, dem strukturbildende Funktionen (Vernetzung von Zytokeratin Filamenten) zugeschrieben werden (Simon et al., J. Clin. Invest. 92: 1387-1393, 1993). Allerdings ist schwer zu verstehen, warum ein ausschließlich in Epithelzellen exprimiertes Protein eine bevorzugte und spezifische Zielstruktur bei einer Gelenkserkrankung wie der CP darstellen sollte. Zudem hat sich gezeigt, daß nur natürliches nicht aber rekombinantes Filaggrin von AKA positiven Seren erkannt wird. Die Ursache dafür wurde erst vor kurzem gefunden: Es stellte sich nämlich heraus, daß in natürlichem Filaggrin zahlreiche Arginine posttranslationell durch das Enzym Peptidylarginin Deiminase zu Citrullinen modifiziert sind und daß die immunreaktiven Epitope ausnahmslos derartige Modifikationen aufwiesen (Schellekens et al., J. Clin. Invest. 101: 273-281, 1998). Weiterführende Studien haben gezeigt, daß die Antikörper offenbar nicht nur gegen citrullinierte Filaggrin-Peptide gerichtet sind, sondern auch einige (aber nicht alle) Citrullin enthaltende synthetische Peptide erkennen, wobei derartige Reaktivitäten in bis zu 75% der CP Seren (insbesondere in RF positiven) aber nur selten in Seren von PatientInnen mit anderen rheumatischen Erkrankungen nachgewiesen wurden. Derzeit sind Detektionssysteme in Entwicklung, die den Nachweis von anti-Citrullin Antikörpern (eigentlich Antikörper gegen citrullinierte Peptide) auf ELISA Basis erlauben. Es ist allerdings noch weitgehend 13 unbekannt welche und wieviele Proteine (abgesehen von Filaggrin und Zytokeratinen) natürliche Substrate für Peptidylarginin Deiminase darstellen und welche Funktion dieser Modifikation zukommt. Somit ist die Frage welches Antigen bzw. welche Antigene die eigentlichen Zielstrukturen der anti-Citrullin Autoimmunität darstellen noch völlig offen, doch ist zu hoffen, daß deren Aufklärung zum weiteren Verständnis der Pathogenese der CP beitragen wird. Anti-RA33 (hnRNP-A2) Antikörper Anti-RA33 Antikörper sind gegen ein vornehmlich im Zellkern exprimiertes Antigen gerichtet, das den etwas komplizierten Namen heterogenes nukleares Ribonukleoprotein A2 (hnRNP A2) trägt, und stellen somit eine ANA Subspezifität dar. Das Antigen ist ein mRNA bindendes Protein und weist funktionell (aber nicht strukturell) eine gewisse Verwandtschaft zu Sm und nRNP Antigenen auf, da es wie diese eine Rolle bei der Prozessierung von mRNA spielt. Anti-RA33 Antikörper sind bei etwa einem Drittel der CP PatientInnen nachweisbar, kommen aber auch bei etwa 40% der MCTD und etwa 20% der SLE PatientInnen vor. Allerdings treten anti-RA33 Antikörper beim SLE sehr häufig gemeinsam mit anti-nRNP Antikörpern auf (bei MCTD immer, da per definitionem die MCTD anti-nRNP positiv ist), sodaß die anti-RA33 positive CP im allgemeinen serologisch von den beiden anderen Diagnosen klar unterschieden werden kann (anti-nRNP Antikörper sind bei der CP im allgemeinen nicht nachweisbar). Da keine Korrelation zwischen anti-RA33 und RF besteht, stellt die anti-RA33 Bestimmung eine wesentliche serologische Erweiterung in der Diagnostik der CP dar. Zudem kann dieser Antikörper schon im Frühstadium der Erkrankung auftreten, allerdings ähnlich wie RF, AKA und anti-Sa (siehe nächster Abschnitt) mit geringerer Frequenz. Zum Nachweis der Antikörper wurde bisher fast ausschließlich die Immunoblot Technik verwendet, doch sind mittlerweile auch ELISA Systeme entwickelt worden, die den anti-RA33 Nachweis beträchtlich vereinfachen werden. Anti-Sa Antikörper Anti-Sa Antikörper sind gegen ein 50 kD Antigen gerichtet, dessen Struktur und Funktion noch nicht aufgeklärt wurde (Després et al., J. Rheumatol. 21:1027-1033, 1994). Hinsichtlich Sensitivität und Spezifität sind sie den AKA vergleichbar und stellen somit sehr vielversprechende serologische Markerantikörper dar, insbesondere auch in Hinblick auf ihr 14 Auftreten im Frühstadium der Erkrankung und unabhängig von RF (Hayem et al., J. Rheumatol. 26:7-13, 1999, Hueber et al., Rheumatology 38:155-159, 1999). Da ihr Nachweis mittels Immunoblot derzeit noch ein sehr aufwendiges Verfahren darstellt, haben anti-Sa Antikörper noch keinen Eingang in die rheumatologische Routinediagnostik gefunden, doch ist zu hoffen, daß die Aufklärung der Antigenstruktur die Etablierung eines einfacheren Detektionssystems (ELISA) ermöglichen wird. Schlussbemerkungen In den vergangenen Jahren hat die Bestimmung von Autoantikörpern bei rheumatischen Erkrankungen vermehrten Eingang in Routinelabors gefunden. Dies ist einerseits durch verläßlichere Nachweissysteme bedingt, die zum Teil auf Verwendung hochgereinigter rekombinanter Antigene beruhen, andererseits durch verbesserte Schulung und Information. Waren viele der genannten Bestimmungen früher nur einigen wenigen Speziallabors vorbehalten, so werden heute vielfach kommerziell erhältliche ELISAs verwendet. Diese müssen aber einer kritischen Überprüfung unterzogen werden, da sie störungsanfälliger als andere Nachweissysteme sind, wobei insbesondere auf die Gefahr falsch positiver Resultate hingewiesen werden soll (Tan et al., Arthritis Rheum. 42:445-464, 1999). Bei den Bestrebungen durch Qualitäts- und Consensus-Studien eine allgemein verbindliche Standardisierung der verschiedenen Autoantikörper Nachweise zu erreichen sind insbesondere die Aktivitäten des "European Workshop for Rheumatology Research" (EWRR) zu nennen, sowie das Standardisierungskommitte der "International Union of the Immunological Societies" (Smolen et al., Arthritis Rheum. 40:410-412, 1997). Welche Rolle Autoantikörper bei der Pathogenese rheumatischer Autoimmunerkrankungen spielen, kann nach wie vor nicht mit Sicherheit gesagt werden. Obwohl häufig als (wenn auch für die Diagnostik bisweilen wertvolle) Epiphänomene betrachtet, weisen doch zahlreiche Befunde auf eine direkte Beteiligung mancher Autoantikörper am pathologischen Geschehen hin. In dieser Hinsicht seien vor allem anti-DNA (Glomerulonephritis), ANCA (Vasculitis) und APL (APLS) aber auch auch anti-Ro/La beim neonatalen Lupus Syndrom und RF bei der CP genannt. Weitgehend ungeklärt ist dabei die Rolle autoreaktiver T Zellen, denen ja bei Organ-spezifischen Autoimmunerkrankungen entscheidende pathogenetische Bedeutung zukommt. Somit stellen Autoantikörper nicht nur wertvolle diagnostische Hilfsmittel dar, sondern sind auch für die Grundlagenforschung nach wie vor von erheblichem Interesse. Es ist zu hoffen, daß die in jüngster Zeit gewonnen neuen Erkenntnisse über Autoantigene, 15 Autoantikörper und autoreaktive T Zellen wesentlich zum Verständnis der Pathogenese rheumatischer Autoimmunerkrankungen beitragen werden, insbesondere im Hinblick auf die CP, wo gerade die diagnostischen (und damit auch die therapeutischen) Möglichkeiten in naher Zukunft entscheidend verbessert werden könnten. 16 Literatur Bücher Manual of Biological Markers of Disease. Van Venrooij WJ, Maini RN (Hrsg.); Kluwer Academic Publishers, 1993, 1994, 1996. Autoantibodies. Peter JB, Shoenfeld Y (Hrsg.); Elsevier Science B.V., 1996. Use and Interpretation of Tests in Rheumatology. Peter JB, Reyes HR (Hrsg.); Speciality Laboratories, 1996. Autoantikörper. Conrad K (Hrsg.); Pabst Science Publishers, 1998. Übersichtsartikel (chronologisch) Naparstek Y, Plotz PH. The role of autoantibodies in autoimmune disease. Annu Rev Immunol 11: 79-104, 1993. Gross WL, Hauschild S, Schmitt WH. Immunodiagnostische und immunopathogenetische Bedeutung von Anti-Neutrophilen-Cytoplasma-Antikörpern. Dtsch. Med. Wochenschr. 118: 191-199, 1993. Harris EN, Pierangeli S. Anticardiolipin antibodies: specificity and function. Lupus 3:217-222; 1994. von Mühlen CA, Tan EM. Autoantibodies in the diagnosis of systemic rheumatic diseases. Semin. Arthritis Rheum. 24:323-358; 1995. van Venrooij W, Pruijn GJM. Ribonucleoprotein complexes as autoantigens. Curr. Opinion Immunol. 7:819-824; 1995. Steiner G, Skriner K, Smolen JS. Autoantibodies to the A/B proteins of the heterogeneous nuclear ribonucleoprotein complex: novel tools for the diagnosis of rheumatic diseases. Int. Arch. Allergy Immunol. 111:314-319; 1996. Craft J, Fatenejad S. Self antigens and epitope spreading in systemic autoimmunity. Arthritis Rheum. 40:1374-1382, 1997. Smolen JS, Steiner G. Are autoantibodies active players or epiphenomena? Curr. Opinion Rheumatol. 10:201-206; 1998. Amoura Z, Piette J-C, Bach J-F, Koutouzov S. The key role of nucleosomes in lupus. Arthritis Rheum. 42:833-843; 1999. 17 Tabellen Tabelle 1. Antinukleare Autoantikörper und Autoantigene Antikörper Antigen Krankheit Häufigkeit Anti-dsDNA Doppelstrang-DNA SLE 40-60% Anti-Histon Histone (H1-H4) sowie SLE 40-60% Histon-DNA Komplexe (Chromatin) DLE >95% Andere Kollagenosen 10-30% SLE 10-15% Proteine (70K, A, C) des U1 snRNP SLE 20-30% Komplexes (Bestandteile des MCTD >95% Spleißosoms) Sklerodermie 20% 60 kD Protein SLE 40-60% (Funktion unbekannt) Sjögren´s Syndrom 60-80% Andere Kollagenosen 10-20% 48 kD Protein SLE 15-20% (RNA Chaperon) Sjögren´s Syndrom 40-60% Topoisomerase I Sklerodermie 25-40% Diffuse Sklerodermie 50-70% Anti-Sm "Kernproteine" der snRNP, v.a. Sm-D (Bestandteile des Spleißosoms) Anti-nRNP Anti-Ro Anti-La Anti-Scl70 Anti-Zentromer Zentromerproteine A, B, C CREST Syndrom 70-90% Anti-Jo1 Histidyl tRNA Synthetase PM/DM 25-30% Anti-PM/Scl Ribonucleasen (70 und 100 kD) PM-Scl Overlap 50-60% 18 Tabelle 2. Autoantikörper und Autoantigene bei der chronischen Polyarthritis Antikörper Jahr Rheumafaktor 1940 Anti-Keratin 1979 Antigen Häufigkeit Spezifität Fc Region von IgG (Glykoprotein) 70%-80% 80% Filaggrin (vernetzt Zytokeratin Filamente, 40% 96% 35% 96% # enthält Citrullin) Anti-RA33 1989 hnRNP-A2 (nukleares Protein, bindet mRNA, mit dem Spleißosom assoziiert) Anti-Sa 1994 50 kD Protein (Struktur unbekannt) 40% 98% Anti-Citrullin 1998 Modifiziertes Arginin 60-75% 96% (Antikörper erkennen citrullinierte Peptide) # Anti-RA33 Antikörper werden auch bei SLE und MCTD gefunden. Die hohe Spezifität von 96% gilt nur bei Abwesenheit SLE spezifischer Antikörper (v.a. anti-Sm/RNP, anti-DNA) 19 Tabelle 3: Auftreten von RF bei verschiedenen Erkrankungen Erkrankung Ungefähre Prävalenz Arthritiden Chronische Polyarthritis 80% Juvenile chronische Arthritis 15% Arthritis psoriatica <15% Reaktive Arthritis <5% Kollagenosen Sjögren´s Syndrom 70% SLE 30% MCTD 25% Polymyosits/Dermatomyositis 20% Sklerodermie 20% Infektiöse Erkrankungen Subakute bakterielle Endokarditis 40% Infektiöse Hepatitis 25% EBV und CMV Infekte 20% Tuberkulose 15% Syphilis 10% Andere Erkrankungen Kryoglobulinämie 70% Waldenströmsche Makroglobulinämie 30% Leberzirrhose 25% Chronische Lungenerkrankungen 25% Abgesehen von der CP treten RF in hohen Titern noch beim primären Sjögren Syndrom und bei der Kryoglobulinämie auf.