MAR 01 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 1 1. MARKETING – BEGRIFFSKLÄRUNG, BEDEUTUNG, FUNKTION 1.1 Was ist Marketing? Marketing: marktgerichtete (marktorientierte) und damit marktgerechte Politik einer Unternehmung. Definition der American Marketing Association (AMA; 1985): „Marketing ist der Planungsprozess der Konzeption, Preisgestaltung, Promotion und Distribution von Produkten und Dienstleistungen, um Austauschprozesse zu erreichen, die individuelle und organisationale Ziele erfüllen.“ Eine weitere Definition (nach Meffert 19981): „Marketing ist die Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und potenziellen Märkte ausgerichteten Unternehmenstätigkeiten. Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Unternehmensziele verwirklicht werden.“ Versuch einer Beschreibung typischer Eigenschaften bzw. von Wesensmerkmalen des Marketing: eine auf den Markt gerichtete Sichtweise, die das Unternehmen in seiner Gesamtheit mit einbezieht und auf das ganze Unternehmen wirkt [Denken in Systemen, Zusammenhänge]; Sichtweise, die dem Markt eine entscheidende Bedeutung beimisst; beobachtet bewusst den Markt [→ Marktforschung] und die von ihm ausgehenden Signale, richtet sein ganzes Verhalten danach aus; langfristige Sichtweise, betrachtet nicht nur die aktuelle wichtigen Entscheidungen, sondern beschäftigt sich auch mit deren Auswirkungen auf die langfristigen Ziele [operatives und strategisches Marketing]; Verfahren, das sich wissenschaftlicher Methoden und Ergebnisse bedient: beim Erkennen der zu erwartenden Entwicklung der Bedürfnisse und der Struktur des Marktes [→ Marktforschung], bei der Orientierung der Tätigkeiten an den Bedürfnissen des Marktes [→ Produktpolitik], bei der Art und Weise, wie man auf dem Markt auftritt [→ PR], bei der Beeinflussung des Marktes [→ Reklame]; Abstimmung (Koordinierung) der angewandten Methoden und Mittel: Einsatz eines der jeweiligen Situation angemessenen Marketing-Mixes (→ Synergie-Effekt); die Fixierung der Zielsetzung erfolgt nach dem Prinzip der rollenden Planung, d.h. die Zielsetzung wird dauernd an die Marktgegebenheiten angepasst. Weis fasst verschiedene Definitionsansätze folgendermaßen zusammen2: Heute wird Marketing überwiegend als Ausdruck für eine umfassende Philosophie und Konzeption des Planens und Handelns gesehen, bei der – ausgehend von systematisch gewonnenen Informationen – alle Aktivitäten eines Unternehmens konsequent auf die gegenwärtigen und künftigen Erfordernisse der Märkte ausgerichtet werden, mit dem Ziel der Befriedigung von Bedürfnissen des Marktes und der individuellen Ziele. 1 Meffert, H.: Marketing-Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, Wiesbaden 1998 8; zitiert nach: Weis, Hans Christian: Marketing, Ludwigshafen 200112, 18 2 Weis, Hans Christian: Marketing, Ludwigshafen 2001 12, 19 MAR 01 2 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! Einführung von Marketingtechniken bedeutet: Man versucht nicht (wie früher) die Leistung zu verkaufen, die eben angeboten wird, sondern man bietet die Leistung an, die man auch verkaufen kann (weil die entsprechende Nachfrage da ist!) Man unterscheidet externes und internes Marketing: 1. externes Marketing geschieht im Hinblick auf: Abnehmer Lieferanten Öffentlichkeit Stakeholder 2. internes Marketing im Hinblick auf: Mitarbeiter Internes Marketing bedeutet die Übertragung des externen Marketingkonzepts auf die Gestaltung der unternehmensinternen Austauschprozesse. Die Mitarbeiter müssen grundsätzlich die Situation ihres Unternehmens im Hinblick auf das Umfeld (Kunden, Lieferanten, Öffentlichkeit usw.) kennen, ihre Tätigkeit im Unternehmen am Kunden, am Markt orientieren. 1.2 Entwicklung des Marketing In den USA schon seit den 20er Jahren des 20. Jhdts. Beschäftigung mit den Zielen und Aufgaben des Marketing, in Europa i.A. erst nach dem II. Weltkrieg (in Deutschland beispielsweise ab Anfang der 60er Jahre). Voraussetzung dafür war, dass der Verkäufermarkt sich in einen Käufermarkt wandelte. Kriterium Wirtschaftliche Situation Nachfrage Engpässe bei Bedeutung der betrieblichen Teilfunktion Vorrangige betriebliche Anstrengungen Verkäufermarkt Knappheitswirtschaft Nachfrage > Angebot Produktion, Beschaffung Primat der Produktion/Beschaffung Optimierung der Produktionsund Beschaffungsaktivitäten Käufermarkt Überflussgesellschaft Angebot > Nachfrage Absatz Primat des Marketing Optimale Marktposition, Optimierung des Marketing Vereinfachte Darstellung von Marketingkonzepten in den letzten 50 Jahren 50er Jahre hard selling 60er Jahre consumer marketing 70er Jahre social marketing 80er Jahre 90er Jahre nach 2000 marktorientiertes strategisches Marketing marktorientiertes strategisches und ökologisches Marketing Global Business, Electronic Business, Virtuelles Marketing Aufgaben: 1. Was sind wichtige Funktionen des Marketing? 2. Welche Bedeutung hatte das Marketing in der Planwirtschaft der ehemaligen sozialistischen Staaten Ost- und Ost-Mitteleuropas? (Begründung!) 3. Warum braucht man Marketing im Tourismus? MAR 01 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 3 1.3 Bedeutung des Marketing im Tourismus Die Bedeutung marktgerichteter Unternehmenspolitik im Tourismus ergibt sich aus den touristischen Marktverhältnissen: Die touristischen Unternehmen erbringen kundenpräsenzbedingte Dienstleistungen3, so dass das Angebot in besonderem Maße der Nachfrage entsprechen muss; touristische Dienstleistungen haben einen stark komplementären Charakter – der Tourist wünscht ein Leistungsbündel (Transport, Beherbergung, Verpflegung, Freizeitangebote, sonstige Dienstleistungen); das touristische Angebot ist relativ kapitalintensiv (Verkehrsmittel, Beherbergungs-u. Verpflegungseinrichtungen, Sport- und andere Anlagen); relativ große Konkurrenz (andere touristische Angebote) und Substitutionskonkurrenz (am Wohnort genutzt Freizeitangebote, Investitionsgüter usw.); der touristische Markt hat sich vom Verkäufer- zum Käufermarkt entwickelt, dies erfordert eine besondere Berücksichtigung der Nachfrage bei allen unternehmerischen Entscheidungen. Der Tourismus (bzw. Tourismusbetriebe) ist dabei zwei Einflusssphären ausgesetzt: 1. EXOGENE (VON AUSSEN KOMMENDE) EINFLÜSSE: Umwelteinflüsse: Natur, Gesellschaft (z.B. „die Einheimischen“) Erschließung neuer Destinationen mehr Konkurrenz billigere Dienstleistungsangebote in wenig(er) industrialisierten Ländern Kapazitätsausweitung bei anderen Anbietern Überangebot an Betten Konkurrenz durch kapitalstarke Hotelketten Wechselkursänderungen politische, wirtschaftliche Faktoren 2. ENDOGENE (VON INNEN KOMMENDE) FAKTOREN die fixen Kosten steigen [↔ Wirtschaftlichkeit!] Kosten steigen schneller als die Preise [↔ Wirtschaftlichkeit!] 1.4 Marketingprozess Den Marketingprozess kann man (wie jeden Entscheidungsprozess) anhand eines Phasenschemas darstellen. Man setzt dafür sieben Phasen an, die ineinander greifen. Die einzelnen Phasen darf man dabei aber nicht für sich isoliert betrachten, vielmehr sind sie als ineinander greifende Tätigkeiten – teilweise unterschiedlicher Funktionsträger – zu sehen. (Jede Phase ist natürlich wieder ein Entscheidungsprozess im Kleinen.) Die Phasen des Marketingprozesses 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Phase Erkennen des Problems Informationsbeschaffung Datenanalyse Erarbeitung einer Konzeption Entschlussfassung Realisation der Marketingkonzeption Kontrolle Funktionsträger Marktforschung / Rechnungswesen Marketingplanung Management Innere und äußere Marketingorganistaion Marketingkontrolle / Rechnungswesen / Statistik Die erste Phase kann man als die Erkennungs- oder Identifizierungsphase eines Problems bezeichnen. In der nächsten Phase (2.) steht die Beschaffung von Informationen über den Markt, 3 d.h. Dienstleistungen, welche die Anwesenheit der Kunden voraussetzen und darauf eingehen müssen MAR 01 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 4 die Marktteilnehmer, die Produkte usw. im Vordergrund. Durch Analyse und Bewertung (3.) der vorliegenden Daten will man zu einer realistischen Beurteilung des Marktes kommen. Je nach dem Ergebnis dieser Analyse wird man zusätzliche Daten beschaffen müssen oder eventuell schon eine Marketingkonzeption (4.) zu erarbeiten versuchen. Dann muss man in der nächsten Phase (5.) entscheiden, wie weiter verfahren wird. Entschließt man sich, eine Marketingkonzeption durchzuführen, folgt die Realisationsphase (6.). Es folgt als Abschluss (bzw. als Neubeginn) die Kontrollphase. In der Kontrollphase stellt man Erfolg oder Misserfolg der Marketingaktivitäten fest. Der Ablauf ist übrigens keineswegs ein mechanischer! So ist es beispielsweise zu jeder Zeit möglich, dass man feststellt, dass die vorhandenen Informationen nicht ausreichen ( Rückkehr zu Phase 2.!). Der Markt: wichtige Begriffe Marktpotenzial: die überhaupt mögliche Aufnahmefähigkeit eines Marktes für ein Produkt oder eine Dienstleistung; es gibt somit an, wieviel Einheiten eines Produktes (theoretisch) auf einem Markt abgesetzt werden können. Besonders folgende Faktoren bestimmen das Marktpotential: die Zahl der potentiellen Nachfrager die Bedarfsintensität die Markttransparenz die Marktsättigung die Marketingaktivitäten der Anbieter Marktvolumen: von einem bestimmten Produkt die Menge, die in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich auf dem Markt abgesetzt wird (oder prognostiziert wird). Absatzpotenzial: Anteil am Marktpotenzial, den ein Unternehmen für ein Produkt maximal erreichen zu können glaubt. Besonders folgende Faktoren beeinflussen das Absatzpotential: das bisherige Absatzvolumen die marketingpolitischen Maßnahmen des Anbieters in Vergangenheit und Gegenwart die vorhandene Kaufkraft der Preis und die Produktqualität im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten die potenziellen Abnehmer der Grad der Distribution das Verhalten der Konkurrenten auf dem Markt Absatzvolumen: Summe der getätigten Umsätze bzw. abgesetzten Mengen eines Unternehmens in einer bestimmten Zeit auf einem bestimmten Markt. Marktanteil: der prozentuale Anteil des in Mengen- oder Werteinheiten gemessenen Marktabsatzes eines Unternehmens am gesamten Marktvolumen eines Marktes Unternehmensumsatz oder -absatz × 100 % Marktanteil = Marktvolumen Durch die Ermittlung eines Marktanteils lässt sich feststellen, wie stark die Position eines Unternehmens im Vergleich zu anderen Unternehmen auf einem bestimmten Markt ist. Daneben zeigt die zeitliche Veränderung des Marktanteils die Entwicklung der Stellung des Unternehmens auf dem Markt auf. Die Beobachtung der Marktanteile im Zeitablauf zeigt die Verbesserung oder Verschlechterung der eigenen Marktstellung. Da sich die Marktanteile aller Anbieter insgesamt auf 100% addieren müssen, kann ein Marktanteilgewinn nur auf Kosten eines anderen Anbieters erfolgen. Der Marktanteil wird im Zusammenhang mit der Beurteilung des Markt- und Absatzvolumens noch aussagefähiger, da dann auch die gesamte Marktentwicklung berücksichtigt wird.