MAR 02 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 5 2. ANALYSE DER MÖGLICHKEITEN AUF DEM MARKT 2.1 Das Unternehmen und seine Umwelt Marketing geschieht auf dem Markt und dessen Umwelt, die gleichzeitig natürlich auch die Umwelt des Unternehmens ist. Die Umwelt wird durch folgende Faktoren bestimmt: sozio-kulturelle, technologische, politisch-rechtliche, ökologische und ökonomische. Diese Faktoren schaffen die Rahmenbedingungen für den Markt , auf dem der Austausch zwischen Anbieter und Nachfrager stattfindet. Unternehmen, Markt, Umwelt: Umwelt Sozio-kulturelle Faktoren Technologische Faktoren Markt Konkurrenten Ökologische Faktoren Lieferanten Unternehmen Kunden Ökonomische Faktoren Absatzmittler/ Absatzhelfer Politisch-rechtliche Faktoren Physische Faktoren Anmerkungen zur Graphik: 1. Man kann den Markt aufteilen in einen Beschaffungsmarkt und einen Absatzmarkt. Dann erscheinen die Lieferanten, die ein Unternehmen mit Rohstoffen, Halbfertigprodukten, Werkzeugen und Maschinen, sowie Dienstleistungen beliefern, die zur Herstellung von Produkten (Waren oder Dienstleistungen) benötigt werden, auf dem Beschaffungsmarkt. Auf dem Absatzmarkt finden wir dann die Kunden und die Absatzmittler/Absatzhelfer. (Das Unternehmen – ebenso wie seine Konkurrenten – tritt auf beiden Märkten in Erscheinung: auf dem Beschaffungsmarkt als Einkäufer, auf dem Absatzmarkt als Verkäufer.) 2. Unter Absatzmittlern versteht man Personen und Institutionen, die zwischen Hersteller (Unternehmen) und Käufer (Kunde, Endverbraucher) tätig sind, um den Käufer mit den Produkten bzw. Leistungen zu versorgen (Handelsbetriebe: Groß- und Einzelhandel usw.). Absatzhelfer sind Personen und Institutionen, die den Hersteller und den Handel bei der Distribution unterstützen, ohne dass sie selbst Hersteller oder Händler für die angebotenen Produkte sind. Dazu gehören insbesondere: Handelsvetreter Makler Kommissionäre MAR 02 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 6 Kreditinstitute Versicherungen Spediteure Werbeagenturen Marktforschungsinstitute usw. 2.2 Marktarten – Analyse der Verbraucher- und Erzeugermärkte Hersteller und Handel bieten ihre Produkte direkt oder indirekt (über Absatzhelfer) auf „ihrem“ Markt an (relevanter Markt). Die jeweiligen Märkte kann man nach unterschiedlichen Kriterien aufgliedern; solche sind z.B.: geographische Gesichtspunkte lokale, regionale, nationale, internationale Märkte Bedürfniskomplexe Ernährungsmarkt, Unterhaltungsmarkt, Wohnungsmarkt… Käufergruppen Haushalte, Handel, Produzenten… Anzahl der Marktteilnehmer Monopol, Oligopol, Polypol Struktur der Konsumenten Teenagermarkt, Seniorenmarkt… Struktur der industriellen Anbieter Rohstoffmarkt, Maschinenmarkt, Halbfabrikatemarkt1… Produkt-/Leistungsarten Konsumgütermarkt, Gebrauchsgütermarkt, Investitionsgütermarkt, Dienstleistungsmarkt Um zu demonstrieren, wie die Beschaffenheit des jeweiligen Marktes auch Einfluss hat auf die jeweils spezifische Form des Marketing, seien hier kurz Besonderheiten des Konsumgüter-, des Investitionsgüter- und des Dienstleistungsmarketing dargestellt: Kennzeichen KonsumgüterInvestitionsgüterDienstleistungsmarketing marketing marketing Massenprodukte, oft individuell gestaltet, immateriell, Angebot eher niedrigpreisig, standardisiert oft hochpreisig, oft noch nicht produziert Anbieter meist Handel (indirekter Absatz) meist Hersteller (direkter Absatz) Käufer Privatpersonen Unternehmen unterschiedliche Qualität, nicht lager-/transportfähig, oft nicht konkret erfassbar Dienstleistungsunternehmen („Hersteller“ und Makler) Privatpersonen u. Unternehmen Kaufentscheidungsprozess Marketing kurz kurz bis sehr lang eher emotional als rational eher rational, aber auch emotional oft nur eine Person auf oft auf beiden Seiten jeder Seite oder nur mehrere Personen Käufer (SB) „Massenmarketing“ „Individualmarketing“ sehr wichtig sehr wichtig Zeitdauer Kaufmotive Teilnehmer 1 Werbung Preispolitik auch wichtig weniger wichtig kurz bis sehr lang oft eher emotional oft auf beiden Seiten mehrere Personen „Imagemarketing“ (Corporate Identity) sehr wichtig sehr wichtig s Halbfabrikat: halbfertiges Produkt der Industrie, das in einem anderen Betrieb noch weiterverarbeitet wird (auch: Halbfertigprodukt); Gegensatz: Fertigfabrikat (Fertigprodukt) MAR 02 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! Persönlicher Verkauf Produktpolitik keine Bedeutung wichtig, Massenprodukte, Positionierung große Bedeutung wichtig, Individualprodukte, Systemlösungen Service geringe Bedeutung große Bedeutung 7 große Bedeutung bedeutsam, zielorientiert, Individual- und Massenprodukt sehr große Bedeutung Außerdem ist aus Sicht des Anbieters wichtig, nach welchen Gesichtspunkten und mit welchen Absichten die Nachfrager die Produkte einkaufen. Je nach Art der Nachfrage kann man vier Markttypen unterscheiden: Verbraucher- oder Endverbrauchermarkt Nutzermarkt (Weiterverarbeitung, Erzeuger) Handelsmarkt (Personen oder Organisationen, die das Produkt vom Erzeuger beziehen und an den Verbraucher weitergeben) und schließlich als Sonderform der staatliche oder kommunale Markt: Haushalts- und Verwaltungsorganisationen wie der Staat, die Komitate ˙(in Deutschland u. Österreich die Bundesländer) und Kommunen (Städte u. Gemeinden), die im Rahmen von öffentlichen Aufträgen große Mengen an Waren oder Dienstleistungen aufkaufen, um damit gewisse Bedürfnisse der Allgemeinheit zu befriedigen („Gemeinwohl“ – Gesundheitswesen, Bildung und Unterricht, Landesverteidigung, öffentliche Ordnung, öffentliche Verwaltung, Straßenbau und Infrastruktur usw.) 2.3 Marktformen – Analyse der Konkurrenz (Konkurrenzsituation auf dem Markt) Entscheidend für das Auftreten auf dem Markt ist die vorherrschende Marktform in Hinblick auf die Marktsituation. Grundsätzlich lassen sich sowohl bezüglich des Angebots als auch bezüglich der Nachfrage drei Typen unterscheiden: Monopol (nur ein Anbieter oder ein Nachfrager); Oligopol (wenige Anbieter oder Nachfrager, die den Markt bestimmen und unter sich aufteilen); Polypol (viele Anbieter bzw. Nachfrager). Welche Auswirkungen hat dies auf die Marktsituation? Zunächst die Angebotsseite: Der Angebotsmonopolist ist grundsätzlich frei, Angebotspreis und Angebotsmenge zu bestimmen. Es gibt keine Konkurrenten, die ihn preislich unterbieten könnten, die tatsächlich verkaufbare Menge hat ihre (theoretische) Obergrenze lediglich im Marktpotential. Beim Angebotsoligopol treten relativ wenige Anbieter auf. Jeder von ihnen hat einen starken Einfluss auf die Nachfrager; die Anbieter müssen jedoch in starkem Maße Rücksicht aufeinander nehmen. Hier sind offene (Kartelle) oder versteckte Preisabsprachen leicht möglich (Beispiel: der Erdölmarkt – OPEC). Ein Polypol auf der Angebotsseite ist gegeben, wenn viele (größere und kleinere) Anbieter in Konkurrenz zueinander stehen; der Markt ist hier durch einen starken Wettbewerb gekennzeichnet, der für den Verbraucher große Wahlmöglichkeiten und günstigere Preise bedeutet. Grundsätzlich können Monopole, Oligopole und Polypole natürlich auch auf der Nachfrageseite auftreten und von hier aus auf Preisgestaltung und Wettbewerb wirken. Beim Nachfragepolypol ist der Anbieter nicht unbedingt auf einen bestimmten Käufer angewiesen; vorausgesetzt, dass grundsätzlich Nachfrage nach seinem Produkt besteht, kann er dieses immer auch anderweitig absetzen. („Was Meyer nicht kauft, kauft eben Müller!“) Bei einem Oligopol auf der Nachfrageseite (wenige potenzielle Kunden, u.U. große Unternehmen und Konzerne) ist die Situation für den Anbieter wesentlich schwieriger. Auch hier besteht – diesmal auf der anderen Seite – die Gefahr von Preisabsprachen. MAR 02 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 8 Äußerst unangenehm ist für den Anbieter ein Nachfragemonopol. Dann gibt es nur einen Abnehmer, der die Marktpreise diktiert, besonders dann, wenn er als große Organisation vielen kleinen Produzenten gegenübersteht. Dies gilt z.B. bei staatlichen Monopolen auf bestimmte Produkte: der Erzeuger darf dann seine Waren (z.B. landwirtschaftliche Produkte) nur an den Staat verkaufen, dieser bestimmt die Preise. So war auch die Situation lange in verschiedenen Staaten Lateinamerikas, wo ein großer amerikanischer Konzern das Nachfragemonopol für Obst (besonders Bananen) hatte, und dieses für Spottpreise aufkaufte, während es den Bauern immer schlechter ging. Aus dem oben Dargestellten geht hervor, dass der Wettbewerb am stärksten ausgeprägt ist, wenn möglichst viele Anbieter auf möglichst viele Nachfrager treffen (Polypol); wir sprechen dann von einem vollkommenen Wettbewerb. Erfährt der Wettbewerb irgendwelche Einschränkungen (durch Monopole oder Oligopole), dann sprechen wir von einem unvollkommenen Wettbewerb. Als Sonderform können wir noch das eingeschränkte Polypol ansehen, bei dem die Zahl der Anbieter inhaltlich, d.h. durch einen hohen Grad der Spezialisierung bei den angebotenen Waren oder Dienstleistungen, eingeschränkt wird (z.B. die Hotellerie). Die Kräfteverhältnisse auf dem Markt (und damit auch die Verhandlungsposition der Marktteilnehmer) lassen sich der folgenden Übersicht entnehmen, die den Markt von der Angebotsseite her analysiert: KRITERIEN Zahl der Unternehmen Charakter des Produktes Möglichkeiten für den Markteinstieg Möglichkeit der Preisbeeinflussung Beispiele VOLLSTÄNDIGER UNVOLLSTÄNDIGER WETTBEWERB WETTBEWERB Polypol eingeschränktes Oligopol Monopol Polypol sehr viele viele einige eines o. zwei homogen differenziert differenziert, (viele homogen Substitute2) keine Einschrän- wenig schwierig kungen, leicht Einschränkungen homogen keine (Preis folgt beschränkt dem Marktgeschehen) Gemüse-, EierHotels, markt Restaurants, Reisebüros möglich völlig Mobiltelefone, Computer, Autohersteller, bestimmte Rohstoffe (z.B. Erdöl) staatliche Eisenbahn, städtischer Nahverkehr, kommunale Versorgungsbetriebe (Strom, Gas, Wasser, Fernwärme usw.) fast unmöglich Eine weitere Unterscheidung die man vornimmt, ist die zwischen offenem und geschlossenen Markt – bei letzteren ist der Zutritt verboten oder erschwert (z.B. durch Konzessionen). Dies hat natürlich ebenfalls Folgen für das Marktverhalten und die Preisbildung. 2 Ersatzprodukte mit ähnlicher oder vergleichbarer Funktion MAR 02 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 9 2.4 Methoden der Informationssammlung und verwendete Hilfsmittel Um eine marktorientierte Unternehmenspolitik betreiben zu können, muss man ständig über Situation, Veränderungen und Möglichkeiten auf dem Markt informiert sein. Für das Marketing wichtige Informationen sind alle Daten, die zur Problemerkennung, Analyse, Zielsetzung und zum Mitteleinsatz im Marketing relevant sind. Diese Informationen lassen sich in zwei Gruppen teilen: 1. Externe Informationen wirtschaftliche Informationen (gesamtwirtschaftliche Größen, bestimmte Branchen, Nachfrager, Konkurrenten usw.) technische Informationen Instrumentalinformationen (Informationen über die Wirkung der marketingpolitischen Instrumente) 2. Interne Informationen (unternehmensinterne Tatbestände) Wichtige Verfahren der Marktforschung sind Marktanalyse, Marktbeobachtung und Marktprognose. Marktanalyse: Bestandsaufnahme, einmalige Strukturuntersuchung = Querschnitt Marktbeobachtung: laufende Beobachtung des Marktes = Längsschnitt Marktprognose: versucht zu ermitteln, wie die Marktsituation in Zukunft sein wird; sie baut auf der Marktanalyse und der Marktbeobachtung auf. Touristische Marktforschung: systematische Erforschung aller Faktoren, die den Besuch bestimmter Reiseziele und den Absatz bestimmter Sach- und Dienstleistungen an Touristen beeinflussen. Grundsätzlich gibt es verschiedene Möglichkeiten der Marktforschung. Diese kann quantitative und qualitative Informationen beschaffen. Diese Informationen können vergangenheits-, gegenwarts- oder zukunftsbezogen sein. Je nach der Erhebungsart unterscheidet man zwischen Primärerhebung und Sekundärerhebung. Bei Primärerhebungen (Primärforschung – Field research) werden neue bisher noch nicht erhobene Marktdaten ermittelt. Meist handelt es sich dabei eher um subjektive Sachverhalte (Einstellungen, Meinungen, Motive, Vorstellungen) oder um stark subjektbezogene objektive Sachverhalte (Kaufhandlungen, Käufer, Käufergruppen usw.) Bei Sekundärerhebungen (Sekundärforschung – Desk research) wertet man bereits vorhandene Daten aus (Sekundärinformationen), die oft ursprünglich für andere Zwecke gesammelt wurden. Grundsätzlich sollte man bei der Marktforschung immer zunächst sekundäre Quellen suchen und diese auswerten. Für diese Vorgehensweise sprechen folgende Gründe: Kosten und Arbeitsaufwand für Sekundärerhebungen sind geringer als bei Primärerhebungen; durch Auswertung von Sekundärquellen können manche Probleme schon gelöst werden, ohne eine aufwendigere Primärerhebung durchführen zu müssen; durch Sekundärerhebungen kann vielleicht nicht das ganze Problem gelöst werden, sie können aber helfen bei: - der genauen Fragestellung (Problembestimmung) für eine Primärerhebung, - der Planung der Primärerhebung, - der Stichprobenauswahl. MAR 02 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 10 QUELLEN FÜR SEKUNDÄRERHEBUNGEN unternehmensinterne Daten - Anfragen- und Angebotsstatistiken, - Auftragseingangs- und Umsatzstatistiken, - Statistiken über Außendiensttätigkeit, - Reklamationsstatistiken usw. verbandsinterne Daten - Branchendaten (z.B. der Fachverbände) offizielle Statistiken - national (in Deutschland: Statistisches Bundesamt; in Ungarn: KSH) - regional (Statistische Landesämter, Statistikämter der Komitate) - lokal (Städte und Gemeinden) - Industrie- und Handelskammern Fachpresse / Tagespresse; Fachliteratur - Berichte über Wettbewerbsprodukte - Trends, Tendenzen - Stellenanzeigen - konkrete und allgemeine Daten zu Fremdenverkehr, Wirtschaft, Umwelt… Veröffentlichungen von wissenschaftlichen Instituten (und im Tourismus: Fremdenverkehrsorganisationen) - im Tourismus z.B.: WTO, WTTC allgemein zugängliche Erhebungen von Marktforschungsinstituten (in Ungarn z.B. Kopint-Datorg) Selbstdarstellungen von Unternehmen (z.B. für die Analyse der Konkurrenz) - Jahresberichte - Informationsbroschüren - Preislisten usw. Kann man aus den mittels einer Sekundärerhebung gewonnenen Daten nicht die gewünschten Informationen erhalten, wird man durch Primärerhebungen (unmittelbare Erhebungen) bisher noch nicht erhobene Marktdaten zu gewinnen versuchen. Unmittelbare Erhebungen sind aufgrund ihres weitaus größeren Zeit- und Arbeitsaufwands sowie der hohen Kosten nur dann gerechtfertigt, wenn Sekundärerhebungen aus inhaltlichen Gründen nicht in Frage kommen (z.B. weil zu einer bestimmten Fragestellung überhaupt keine Daten vorliegen oder die Daten veraltet sind) bzw. die Sekundärerhebungen keine ausreichenden Ergebnisse erbracht haben; die hohen Kosten für primäre Informationen durch Wichtigkeit und Bedeutung der zu treffenden Entscheidung gerechtfertigt sind. Wichtig ist nun das richtige Auswahlverfahren, mit dem man den zu befragenden Personenkreis bestimmt. Eine Vollerhebung, d.h. alle in Frage kommenden Informanden zu befragen, scheidet in der Regel aus, denn es sind meist viel zu viele. Man wird also meist im Rahmen einer Teilerhebung einen ausgewählten Personenkreis befragen; dessen Bestimmung erfolgt durch repräsentative oder willkürliche Auswahl (Stichprobe), zufallsorientierte oder nicht zufallsorientierte Auswahl. Die Auswahl der zu befragenden Personen erfolgt immer auch nach einer „inneren Logik“; so wird man beispielsweise Nichtraucher nicht über ihre Meinung über eine neue Zigarettenmarke fragen, Vegetarier nicht nach Fleischkonserven usw. MAR 02 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 11 QUELLEN FÜR PRIMÄRERHEBUNGEN Es kommen folgende Verfahren in Frage: Beobachtung, Experiment (Test), Befragung. Die Beobachtung hat den Vorteil, dass die Informationen gewonnen werden, ohne dass der Betroffene davon informiert ist (also keine Auskunftsbereitschaft vorausgesetzt wird). Typische Beispiele sind z.B. die Blickregistrierung zur Analyse von Aufmerksamkeitswirkungen (z.B. bei Passanten vor einer großen Werbeplakatwand), das Beobachten des Kaufverhaltens, die Beobachtung des Ausdrucks, Zählen und Beobachten von Passanten usw. Die Anwendungsmöglichkeiten sind in der Praxis stark begrenzt, es gibt zahlreiche Informationen, die auf diesem Wege nicht gewonnen werden können. Auch Experimente (Tests) sind nur bedingt brauchbar. Möglich sind beispielsweise Produkttests, Preistests, Verpackungstests oder Anzeigentests. Die wichtigste Quelle stellen aber Befragungen dar, die auch oft die umfangreichsten, genauesten und aussagekräftigsten Ergebnisse liefern. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen EinThemen- oder Spezialbefragungen und Mehr-Themen- oder Omnibusbefragungen. Der Vorteil der Omnisbusbefragungen liegt darin, dass hier Fragen verschiedener Auftraggeber zusammengelegt werden und die Kosten für den einzelnen Auftraggeber entsprechend geringer ausfallen. Befragungen können folgendermaßen durchgeführt werden: schriftlich: - Fragebogen, - Versuchsbefragung (Pilotstudie), - offene Fragen (der Text ist vom Befragten zu ergänzen), - abgeschlossene Fragen (Antwort z.B. mit „ja“ oder „nein“); telefonisch mündlich im persönlichen Gespräch: - standardisiertes Interview (genau festgelegte Reihenfolge der Fragen), - strukturiertes Interview (bestimmte Kernfragen vorgeschrieben, Zusatzfragen möglich, Reihenfolge unwichtig) - freies Gespräch (nur das Gesprächsthema ist festgelegt, der Interviewer kann über Art und Reihenfolge der Fragen selbst entscheiden) per E-Mail, SMS usw. Kriterien verschiedener Befragungsarten Kriterien 1. 2. Rücklaufquote Beeinflussung durch Dritte 3. Umfang der Befragung 4. Interviewereinfluss 5. Genauigkeit 6. Zuverlässigkeit 7. Geschwindigkeit der Durchführung 8. Kosten 9. Repräsentanz 10. Erklärung der Fragen Befragungsart schriftlich telefonisch mündlich (persönl.) unterschiedlich hoch hoch möglich nicht möglich kaum möglich mittelgroß klein groß E-Mail hoch möglich mittelgroß nicht möglich gering unterschiedlich relativ gering relativ groß unterschiedlich relativ hoch hoch groß hoch hoch niedrig nicht möglich unterschiedlich relativ hoch sehr hoch niedrig relativ niedrig nicht möglich relativ niedrig gering möglich hoch relativ hoch möglich gering gering möglich MAR 02 © 2004-2008 by Thomas C. DAHN - Alle Rechte vorbehalten! 12 Wie die obige Übersicht zeigt, haben die verschiedenen Befragungsmöglichkeit jeweils Vorteile wie auch Schwachstellen; je nach Zielsetzung erfolgt eine andere Auswahl. Als besondere Form der Befragung gilt die sogenannte Panelerhebung. Dabei führt man über längere Zeiträume hinweg mehrfach Erhebungen durch; man befragt ein Panel, d.h. einen gleichbleibenden, repräsentativen Kreis von Personen. Praktisches Beispiel für Experimente (Tests): Analyse eines Fernsehwerbespot Zur Kontrolle der Wirkung eines Fernsehspots bieten sich beispielsweise folgende Möglichkeiten an (Eigenversuch und Versuchspersonen): Man betrachte den Spot ohne Ton. Ist die Aussage dann noch verständlich? Man zeige den Spot einer Gruppe von 12-Jährigen. Reden sie weiter? Wie reagieren sie? Wie verstehen sie den Inhalt? Man betrachte zunächst nur die Hälfte des Spots, dann die zweite. Ist auch aus einer Hälfte die Botschaft noch verständlich? Eigenversuch für den Produzenten: „Schauen Sie sich Ihren eigenen Spot zwanzig Mal hintereinander an. Werden Sie wütend?“ AUFGABEN (schriftlich!): 1. „Pilotstudie“ Um die Marktchancen eines neuen alkoholfreien Fruchtsaftgetränkes für jüngere Konsumenten zu testen, soll eine Versuchsbefragung (Pilotstudie) bei Studenten durchgeführt werden. Entwirf dafür einen geeigneten Fragebogen! 2. Fallstudie Hotel Ein Hotel will mit Methoden der Marktforschung die Bedürfnisse seiner Gäste (Nachfrage) genauer analysieren. Welche Möglichkeiten bieten sich an, wenn a.) wenig Zeit zur Verfügung steht, Geld aber keine Rolle spielt; b.) die Erhebung über einen längeren Zeitraum hin geschehen kann, die Ergebnisse möglichst umfassend und genau sein sollen, die Gäste aber möglichst wenig gestört werden sollen; c.) die Gäste nichts davon bemerken sollen! (Siehe oben Tabelle mit verschiedenen Befragungsarten!)