Der Hydrocephalus Der Hydrocephalus (früher bekannt als „Wasserkopf“) ist eine komplexe Erkrankung die sowohl connatal (angeboren) wie auch im späteren Lebensalter erworben sein kann. Die möglichen Ursachen sind vielfältig. Der Mensch hat vier Hirnwasseräume (=Ventrikel) im Kopf; zwei Seitenventrikel zentral, ein dritter Ventrikel im oberen Hinterkopf, der durch einen schmalen Gang, dem Aquäduct, mit dem vierten Ventrikel weiter unter verbunden ist. Durch den vierten Ventrikel wird das Hirnwasser (=Liquor) an das umgebende Gewebe sowie den Nervenwasserkanal des Rückenmarks abgegeben. Es besteht ein sog. Hirnwasserkreislauf. Der abgegebene Liquor wird von der Umgebung aufgenommen und in den Ventrikeln wird neuer Liquor produziert, so dass im Gros immer dieselbe Menge an Liquor in den vier Ventrikeln zirkuliert. Kommt es hier zu einer Störung, kann der Liquor nicht mehr regelgerecht abgegeben oder verarbeitet werden, entsteht ein Hydrocephalus. Allgemeine Informationen Klassifikation nach ICD-10 Angeborener Hydrocephalus Zervikale Spina Bifida mit Hydrocephalus Hydrocephalus erworben Normaldruckhydrocephalus Posttraumatischer Hydrocephalus Die wichtigsten angeborenen Ursachen Monosomie 4p (der kurze Arm eines Chromosoms 4 fehlt, schwere Hirnschädigung mit Hydrocephalus) Dysraphische Fehlbildung (bekannt als Spina Bifida) = Myelomeningozele, Encephalozele, Syringomyelozele) Arnold-Chiari-Malformation = Verschiebung von Kleinhirnteilen, dem verlängerten Mark als hinterstes Gehirnteil durch das Hinterhauptsloch in den Spinalkanal Dandy-Walker-Syndrom = zystische Erweiterung des 4. Ventrikels, oft verbunden mit Veränderungen des Kleinhirns, dem Balken (Verbindung zwischen den beiden Gehirnhälften) und weiteren Fehlbildungen des Zentralen Nervensystems (=ZNS) Komplexe Hirnfehlbildungen Knöcherne Fehlbildungen (z.B. Klippel-Feil-Syndrom) Aquäductstenose oder – agenesie = massive Verengung oder Fehlen der Verbindung zwischen dem dritten und vierten Hirnventrikel. Dies ist auch durch eine Infektion der Mutter während der Schwangerschaft möglich, z.B. bei einer Toxoplasmose-Infektion Angeborene Arachnoidalzysten = angeborene, gutartige Hohlräume, die mit Nervenwasser= Liquor gefüllt sind Erworbene Ursachen Toxoplasmose Meningitis oder Encephalitis (Entzündung im Gehirn) Intrakraniale Blutung (=Hirnblutung) = posthämorragischer Hydrocephalus, häufige Ursache für einen Hydrocephalus bei Frühgeborenen Gehirntumore Trauma = posttraumatischer Hydrocephalus (Schädigung des Gehirns) Liquorüberproduktion z.b. bei einem Plexuspapillom = gutartiger Hirntumor Liquorresorptionsstörungen = fehlende Aufnahme und Ableitung des Liquors durch das umgebende Gewebe Hohe Eiweißkonzentration des Liquors Thrombosen im Gehirn Blutgruppen- und Rhesusunverträglichkeit Formen des Hydrocephalus Hydrocephalus internus Occlusiv: Behinderung des Abflusses aus den Ventrikeln, z.B. aufgrund einer Aquäductstenose Malresorptiv: verzögerte oder fehlende Liquorresorption Hydrocephalus externus Erweiterung der äußeren Liquorräume Hydrocephalus externus et internus = Hydrocephalus communicans Gestörte Liquorzirkulation aufgrund von Verklebungen der Hirnhäute (durch eine Entzündung oder Blutung) Normaldruckhydrocephalus Erweiterte Liquorräume mit nur einem hin und wieder ansteigenden Hirndruck. Klassische Symptomatik: Gangstörung, Demenz, Inkontinenz Hydrocephalus e vacuo Innere und äußere Erweiterung der Liquorräume durch Hirngewebeschwund. Es kommt nicht zu Hirndruck Symptomatik Hier kann man unterscheiden zwischen einem vorgeburtlich bekannten Hydrocephalus und einem erst im Verlaufe des Lebens bekannt werdenden bzw. entstehenden Hydrocephalus. Bei einem pränatal (vorgeburtlich) bekannten Hydrocephalus zeigen sich im Ultraschall die erweiterten Ventrikel, mögliche Hirnfehlbildungen und bei sehr genauen Geräten bzw. Untersuchungen auch mögliche Zysten/Tumore etc.. Zeigt sich im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen eine Spina Bifida, wird auch der Kopf genauer beobachtet. Teilweise ist hier der Hydrocephalus schon vorgeburtlich vorhanden, zum Teil entsteht er erst nach Celenschließung (der Defekt am Rücken wird zeitnah nach der Geburt verschlossen). Somit ist hier eine mögliche Symptomatik nur sekundär wichtig, weil der Hydrocephalus bereits bekannt ist und zeitnah versorgt wird. Bei der Symptomatik muss man das Alter der Patienten sowie die Ursache des Hydrocephalus unterscheiden. Säuglinge Bei Säuglingen sind die Fontanelle sowie die Schädelnähte noch nicht verschlossen, der ganze Schädel ist noch weich und dehnbar. Das hat zur Folge, dass der Kopfumfang schnell zunimmt und die offene Fontanelle (auf dem Kopf) sich hochwölbt. Daher auch der früher verwendete Begriff „Wasserkopf“, da die Kinder oftmals überdimensional große Köpfe hatten. Zudem ist der Hirnschädel bei Kindern mit einem Hydrocephalus oft größer als der Gesichtsschädel, die Stirn kann sich vorwölben. All dies macht den Hydrocephalus bei Säuglingen sichtbar. Bei älteren Kinder/Jugendlichen/Erwachsenen passiert dies nicht. Bei Hirndruck wird das Gehirn zusammengequetscht und Hirnteile können auch in Richtung großes Hinterhauptsloch gedrückt werden. Hier kann es dann im Extremfall durch Druck auf den Hirnstamm zum Herz-Kreislauf- und Atemstillstand kommen. Auf folgende Symptome für Hirndruck sollte man bei Säuglingen mit einem shuntversorgten Hydrocephalus, einem bis dato symptomfreien Hydrocephalus oder einem ventrikulostomierten Hydrocephalus achten: Rasche Zunahme des Kopfumfangs (bei Säuglingen mit offener Fontanelle bzw. offenen Schädelnähten sollte regelmäßig in kurzen Abständen der Kopfumfang gemessen werden) Das Vorwölben (hochwölben) der Fontanelle bei einem entspannten!!!! (am besten schlafenden) Kind Das Sonnenuntergangsphänomen: Das Weiße im Auge wird oberhalb der Pupille sichtbar. Die Kinder können nicht mehr nach oben blicken. Das kommt nur bei Säuglingen mit offener Fontanelle vor, nach deren Verschluss nicht mehr. Plötzliches Schielen (was es vorher nicht gab), meist ein Einwärtsschielen Verhaltensveränderungen: auffallend unruhig oder extrem ruhig und schläfrig, ausdauernd schreien, oftmals schrill, Trinkunlust, Nahrungsverweigerung, Erbrechen (meist schwallartig, nüchternes Erbrechen) In seltenen Fällen oder bei fortgeschrittenem Hydrocephalus kann es zu Krampfanfällen kommen Ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene Leitsymptom Kopfschmerz Nackensteifigkeit Doppelbilder und Sehstörungen Übelkeit und Erbrechen, oftmals nüchternes Erbrechen, schwallartig und häufig bis regelmäßig Wesensveränderungen: Unruhe oder Schläfrigkeit, Unkonzentriertheit, Aggressivität Gleichgewichtsstörungen, Störungen in den Bewegungsabläufen Überstrecken des Körpers Atemstörungen bis hin zur Bewusstlosigkeit Stauungspapille, Einengung des Gesichtsfeldes (augenärztliche Untersuchung) Bei schleichendem Anstieg des Hirndrucks: Entwicklungsstillstand, Verlust vorhandener Fähigkeiten, Leistungsabfall (Schule), Unlust, Ungeduld Bei häufiger auftretenden Kopfschmerzen, auch ohne eine weitere Symptomatik, würde ich Kontakt mit den behandelnden Ärzten aufnehmen. Hirndruck kann sich auch schleichend entwickeln und es kann nur ein kleiner Teil der Symptomatik auftreten. Dies dann unter Umständen auch nicht ständig, sondern intermittierend. Ich persönlich finde es überaus wichtig, auf sein „Bauchgefühl“ zu hören. Oftmals hört man den Unterschied beim Schreien, hat das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Man merkt, dass das Erbrechen anders ist etc. etc. Ich bin der Ansicht, man sollte dann auf jeden Fall umgehend seinen behandelnden Arzt/Ärztin kontaktieren – lieber einmal zu viel als zu wenig. Mit der Zeit entwickelt man einen sicheren „Instinkt“ dafür, ob es sich um Hirndruck handelt oder nicht. Mögliche Ursachen für Hirndruck bei einem shuntversorgten Hydrocephalus: Ein defektes Ventil Ein verstelltes Ventil – bei verstellbaren Ventilen Ein gerissener Schlauch Ein verstopfter Schlauch im Bauchraum, der Bauchkatheter „stößt“ an Der Ventrikelkatheter liegt nicht mehr richtig im Ventrikel und ist verstopft bzw. leitet den Liquor nicht mehr korrekt ab (kann durch Wachstum des Kindes bzw. durch die sukzessive kleiner werdende Ventrikel entstehen) Neben Hirndruck kann es bei shuntversorgten Patienten auch zu einer sog. Überdrainage kommen, d.h., es wird zu viel Liquor abgeleitet. Dies ist oftmals der Fall, wenn die Kinder anfangen, sich zu vertikalisieren – sie krabbeln, sitzen viel, laufen……Durch die Schwerkraft ist der Widerstand des Ventils nicht mehr ausreichend, es kommt zu einer Überdrainage (die Ventrikel werden immer kleiner). Auch hier ist eine Behandlung zur Verhinderung von möglichen Folgekomplikationen notwendig. Überdrainage Symptome Leider sind die Symptome einer Überdrainage die des Hirndrucks sehr ähnlich. Hier ist zum Teil eine Differenzierung ohne Bildgebung (CT, MRT) nicht möglich. Zum Teil und bis zu einem gewissen Grad kann der Körper eine Überdrainage kompensieren. Ist der Ablauf aber kontinuierlich zu hoch, kommt es zu Symptomen. Zu Bedenken ist auch, dass jedes Shuntsystem in gewisser Weise überdrainiert, da eine exakte Herstellung der physiologischen Verhältnisse nicht möglich ist. Ist aber ein kontinuierlich zu hoher Ablauf gegeben, kommt es zu: Kopfschmerzen Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen Schwindel Erhöhter Flüssigkeitsbedarf Erhöhtes Schlafbedürfnis Unkonzentriertheit, Weinerlichkeit Gleichgewichtsstörungen, untypische motorische Unsicherheit Unterschied zu Hirndruck: Die Symptomatik wird durch Liegen besser und tritt bei Vertikalisierung bzw. eine gewisse Zeit danach auf. Klassisch ist eine verstärkte Symptomatik im zunehmenden Tagesablauf, wenn sich die Kinder über längere Zeit aufrichten und viel bewegen Therapieformen des Hydrocephalus Je nach Ursache des Hydrocephalus gibt es primär zwei mögliche Therapieformen: Die Shuntversorgung (Cerebralshunt) Eine endoskopische Ventrikulo-Zisternostomie = III. Ventrikulostomie = Ventrikulostomie Die Regelversorgung ist eine Shuntversorgung, da die Ventrikulostomie lediglich bei einem Verschlusshydrocephalus (Hydrocephalus occlusus) möglich ist. In diesen Fällen ist der Ablauf des Liquors innerhalb der Ventrikelräume verstopft. In der Regel ist dies eine Aquäducstenose, Aquäductagenesie, eine Arnold-Chiari-Malformation (ohne weitere Komplikationen). Der Cerebralshunt Grundsätzlich gibt es zwei Arten von heute verwendeten Shuntsystemen: Der ventrikulo-peritoneale Shunt mit Ableitung des Liquors in den Bauchraum (VP-Shunt) Der ventrikulo-atriale Shunt mit Ableitung des Liquors in den rechten Herzvorhof (VA-Shunt) Die Komponenten eines Shuntsystems sind von nach unten betrachtet Ventrikelkatheter – liegt direkt im Hirnwasseraum des Gehirns Bohrlochumlenker – teilweise mit Pumpkammer = Reservoir ( wichtig für eine evtl. notwendige Liquorpunktion bzw. zur schnellen Druckentlastung, wenn der Ventrikelkatheter intakt ist) Distalkatheter, ist die Verbindung zum Ventilsystem, meist hinter dem Ohr platziert, mit oder ohne Shuntassistent Atrial- oder Peritonealkatheter Ventiltypen Grundsätzlich gibt es vier verschiedene Typen: einstellbare Ventile Selbst-einstellende Ventile (flow-gesteuerte = flussgesteuerte) Anti-Siphon-Ventile Gravitationsventile Die Anti-Siphon- und Gravitationsventile werden auch als hydrostatische Ventile bezeichnet. Sie berücksichtigen die aktuelle Position des Patienten und eben damit die Schwerkraft. Sie sollen somit die Gefahr der Überdrainage effektiv verhindern. Damit gehören sie zu den aktuellsten Ventilen, die verwendet werden. Welches Ventil verwendet wird, ist von der Art des Hydrocephalus, dem Alter des Patienten und der behandelnden Klinik abhängig. So gibt es z.B. für Kinder explizit kleinere Ventile aufgrund der Größe des Kopfes (z.B. paediGAV der Firma Miethke). Nach der Erstlegung des Shunts im Säuglingsalter sind noch reguläre operative Eingriffe aufgrund des Wachstums der Kinder notwendig. Falls ein nicht verstellbares Ventil eingesetzt wurde, kann es sein, dass die Druckstufe nicht mehr ausreicht und ein neues Ventil mit höherer Druckstufe verwendet werden muss. Durch das Wachstum des Kindes wird der Bauchkatheter, auch wenn er zumeist mit einem gewissen Vorrat gelegt wird, zu kurz und muss verlängert werden. Auch kann durch das Wachstum bedingt der Ventrikelkatheter nicht mehr regelgerecht im Ventrikel liegen und muss via OP neu positioniert werden. Das sind aber vergleichsweise kleinere Eingriffe, von denen sich die Kinder sehr schnell erholen. Als Risiko bleibt natürlich das reguläre OP-Risiko in Form von Infektionsgefahr bzw. Narkosekomplikationen bestehen. Shuntkomplikationen Leider kommt es auch in einigen Fällen zu Shuntkomplikationen, die weitere operative Eingriffe notwendig machen. Insbesondere bei sehr kleinen Kindern, also in den ersten Lebensjahren, sind Komplikationen häufiger zu erwarten. Später dann stabilisieren sich oftmals die Verhältnisse und es „kehrt Ruhe ein“. Folgende Komplikationen sind möglich: Unterdrainage Durch ein defektes Ventil Ein ungeplantes Verstellen des Ventils Ein vom Ventil abgerissener Schlauch Ein durch Ansaugen von Hirngewebe verstopfter Ventrikelkatheter (bei Überdrainage) Zystenbildung im Bauchraum mit Verstopfen des Bauchkatheters, zumeist in den ersten Moanten nach Shuntlegung Ein verstopfter Schlauch durch Gewebeteilchen, zu viel Eiweiß im Liquor Shuntinfektion Aufgrund eines operativen Eingriffs im Rahmen einer Shuntrevision bei einer Shuntdysfunktion kann es aufgrund einer Verkeimung zu einer Shuntinfektion kommen. Dies wird entweder durch die Gabe eines Antibiotikums oder dem kompletten Austausch des Shuntsystems plus Antibiotikagabe behandelt. Auch eine allgemeine – insbesondere bakterielle – Infektion kann auf das Shuntsystem übergreifen. Insbesondere Infektionen im Bauchraum oder Kopfbereich können übergreifen. Da der Shunt einen direkten Weg in das Gehirn eröffnet, ist hier auch immer die Gefahr einer Hirnhautentzündung gegeben und somit ein schnelles und gründliches Handeln erforderlich. Manchmal zeigen sich Infektionen nur durch hohes Fieber, teilweise verbunden mit einer Rötung oder Schwellung entlang des Shuntverlaufs. Hier ist sofort der behandelnde Arzt/Ärztin zu kontaktieren. Überdrainage Durch eine zu geringe Druckstufe des Ventils Durch eine zunehmende Vertikalisierung des Kindes aufgrund der Schwerkraft, Wachstum des Kindes Individuell für den einzelnen Patienten falsch gewähltes Ventil Im Rahmen der Überdrainage kann es zu folgenden Komplikationen kommen: Überdrainagesyndrom Es treten die oben genannten Symptome einer Überdrainage auf und in der Bildgebung (CT,MRT) lassen sich zumindest teilweise im Vergleich zu vorher recht eng stehende Ventrikel nachweisen. Schlitzventrikel Sie haben für sich allein keinen Krankheitswert, entstehen aber durch eine länger anhaltende Überdrainage. Allerdings sollte bei diesem Untersuchungsergebnis konsequent die Überdrainage behandelt werden um weitere Komplikationen wie unten beschriebene bzw. eine Bildung von starren Ventrikeln (Ventrikel können sich bei Hirndruck nicht mehr weiten und es lässt sich via Bildgebung kaum noch Hirndruck bzw. eine Überdrainage nachweisen) zu vermeiden. Schlitzventrikelsyndrom Dies tritt eher bei Kindern als bei Erwachsenen auf. Der Ventrikelkatheter saugt bei andauernder Überdrainage und dem Kollabieren der Ventrikel die Ventrikelwand an und verstopft die Katheterspitze. Nach einer Zeit ohne Ablauf bzw. nach dem Hinlegen, geht der Sog zurück und die Katheterspitze wird freigegeben – es fließ wieder Liquor ab. Diese Zustände können sich über längere Zeit abwechseln. Irgendwann dann ist die Katheterspitze fest mit dem umliegenden Hirngewebe verbunden und es entsteht permanenter Hirndruck. Zudem gibt es noch weitere Komplikationen wie die Kraniosynostose, subdurale Hämatome oder das Abschnüren gewisser Ventrikelanteile, die ich aber aufgrund der Seltenheit hier nicht weiter erläutere. Ich erstelle am Ende der Ausführungen eine Liste von informativen Internetseiten, auf denen auch diese Komplikationen einigermaßen verständlich erläutert werden. Bei allen Komplikationen ist eine Operation das Mittel der Wahl. Im besten Fall ist lediglich ein Ventilwechsel erforderlich, im schlimmsten Fall ein umfassender und risikoreicher operativer Eingriff. Die endoskopische Ventrikulo-Zisternomie = III. Ventrikulostomie= Ventrikulostomie Bei einem Hydrcephalus occlusus aufgrund einer Aquäductstenose oder Aquäductagenesie (Aquäduct= die schmale, röhrenförmige Verbindung zwischen dem dritten und vierten Hirnventrikel, über den dann der Liquor letztendlich an das umgebende Gewebe bzw. den Nervenkanal des Rückens abgegeben wird) ist eine Ventrikulostomie möglich. Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Eingriff ist die vorhandene Resorptionsfähigkeit des umgebenden Hirngewebes (es muss das Hirnwasser aufnehmen und verarbeiten können). Die Indikation für eine Ventrikulostomie erfordert den Nachweis einer Abflussstörung der internen zu den externen Liquorräumen mittels MRT! Bei der Ventrikulostomie wird endoskopisch der Boden des dritten Ventrikels eröffnet und somit das Aquäduct umgangen. Über die so geschaffene Öffnung fließt der Liquor ungehindert in das umgebende Gewebe ab. Die anhaltende Erfolgsrate beträgt ca. 70%, wobei jüngere Kinder (Haberl, Charite Berlin, meint hier bis 12 Monate) eine schlechtere Erfolgsquote aufweisen. Es sind allerdings auch sehr vereinzelt Fälle bekannt, bei denen sich das Bohrloch noch nach 6 Jahren verschlossen hat (Wagner, Uniklinik Mainz). vor der Ventrikulostomie nach der Ventrikulostomie Man kann im unteren Bild die Öffnung (roter Pfeil) und den Liquorfluss erkennen. Folgen des Hydrocephalus Grundsätzlich ist hier festzuhalten, dass die Folgen des Hydrocephalus sehr vielschichtig und unterschiedlich ausgeprägt sein können. Sie sind abhängig davon, ob bereits Hirnschädigungen vorliegen oder der Hydrocephalus ein Teil einer anderen Erkrankung ist. Desweiteren besteht auch ein direkter Zusammenhang zu der Schwere des Hydrocephalus sowie die Tatsache, ob er bereits pränatal vorhanden war oder im zunehmenden Lebensalter erworben wurde. Zudem ist auch die Ursache des Hydrocephalus relevant für die Ausprägung mögliche Folgeproblematiken. Letztendlich ist es auch eine Frage der Zahl an auftretender Komplikationen, die z.B. operative Eingriffe notwendig machen. Grundsätzlich ist aber auch festzuhalten, dass das kindliche Gehirn sehr regenerationsfähig und flexibel in seiner Entwicklung ist. All dies macht es schwierig, eine klare und sichere Prognose zu der Entwicklung des jeweiligen Kindes zu treffen. Ich persönlich halte es für wichtig, dass Fachleute beide Seiten beleuchten: Einmal die möglichen Folgen, die mögliche nicht so günstige Entwicklung, aber andererseits auch die Möglichkeit einer überaus positiven und unerwarteten Entwicklung. Sie sollen einfach kein festes Schema abarbeiten, ein striktes Bild zeichnen, sondern alle möglichen Optionen offen lassen. Hier wäre ein Hinweis auf andere Betroffene sowie Selbsthilfegruppen sehr hilfreich. Allgemein kann man feststellen, dass Probleme in folgenden Bereichen vorliegen können, oder sich im Laufe der Zeit entwickeln können: Bewegungsstörungen (Spastische Lähmung), verzögerte statomotorische Entwicklung Eine grundsätzlich langsamere Entwicklung als bei gesunden Kindern Sprachentwicklungsstörungen Störungen der Grob- und Feinmotorik Störungen der Visuomotorik Wahrnehmungsstörungen (räumliche Wahrnehmung, Perzeption, kognitive Entwicklung, Intelligenz, Sinneswahrnehmung, hier auch Hals- u. Mundwahrnehmungsstörungen) Verhaltensauffälligkeiten, Auffälligkeiten im Sozialverhalten Stimmungsschwankungen Konzentrationsstörungen, erhöhte Anfälligkeit für ADHS Störungen der Gedächtnisentwicklung Störungen in der Entwicklung der Intelligenz und den Denkfunktionen Lernstörungen Alle Probleme/Folgen können isoliert oder auch kombiniert (Mehrfachbehinderung) vorliegen. Ob ein Kind mit Hydrocephalus laufen lernt, ist einmal von der Ursache des Hydrocephalus und zum anderen von der Grunderkrankung abhängig (z.B. eine Hirnschädigung). Mögliche Folgen sind auch: Sehstörungen Erhöhter Hirndruck kann zu Doppelbildern und eine Stauung der Sehnerven verbunden mit einer Sehminderung führen. Eine chronische Sehnervenstauung kann zu Funktionseinbußen der Sehnerven führen. Im Extremfall bis hin zur Blindheit, im leichteren Fall wird das Tragen einer Brille notwendig. Bei rechtzeitigem Erkennen des Hirndrucks verbunden mit entsprechender Behandlung kann dies oftmals vermieden werden. Oftmals ist aber ein behandlungswürdiges Schielen bei Kindern mit Hydrocephalus bekannt. Hier wird mit dem Abkleben des schielenden Auges, einer OP oder einer Brille behandelt. Epilepsie Rund ein Drittel der Kinder mit einem Hydrocephalus entwickelt eine Epilepsie. Bei Kindern mit Hirnschädigungen ist die Anzahl betroffener Kinder deutlich höher. Hier ist aber nicht der Hydrocephalus als alleinige Ursache zu sehen, die Hirnschädigung selbst verursacht auch Epilepsie. Eine Vielzahl an operativen Eingriffen kann durch die Narbenbildung im Gehirn eine Epilepsie verursachen. Und letztendlich kann der Ventrikelkatheter selbst die Funktion des Gehirns stören und so Anfälle verursachen. Störungen des endokrinen Systems Aufgrund der räumlichen Nähe der Hirnwasserräume zu Hypothalamus und Hypophyse (Schaltstelle des Stoffwechsels und des Hormonsystems: Nieren, Schilddrüse, Wachstum, Keimdrüse/Pubertät…) gibt es eine Vielzahl an Ursachen für eine Störung in diesem Bereich. In der Gesamtzahl sind diese Form von Störungen bei einem Hydroceophalus trotzdem als eher selten anzusehen. Mögliche Störungen sind: - Vorzeitige Pubertätsentwicklung (Mädchen vor dem 8. Geburtstag, Jungen vor dem 9. Geburtstag) - Verlangsamte oder ausbleibende Pubertätsentwicklung - Diabetes insipidus (Salzgehalt in den Körperflüssigkeiten ist deutlich erhöht) - Wachstumshormonmangel - Störungen der Schilddrüsenfunktion, in der Regel eine Unterfunktion - Unterfunktion der inneren Nebennierenrinde - Weitere, sehr seltene Störungen, die ich aufgrund der Seltenheit nicht explizit aufführe Hirnschädigungen Je nach Ursache des Hydrocephalus liegt auch eine Hirnschädigung vor, insbesondere eben bei Hirnmissbildungen. Andere Ursachen für einen Hydrocephalus – wie eine Hirnblutung, Hirnhautentzündung – können zu einer Hirnschädigung führen. Der Hydrocephalus selbst kann auch zu einer Hirnschädigung führen. Insbesondere dann, wenn er bereits vorgeburtlich vorhanden ist. Er kann sich in diesem Fall in der Zeit der Schwangerschaft ungehindert entwickeln und dann zu einem Abbau des Hirnvolumens führen. Hier steigt dann logischerweise auch das Risiko einer geistigen Behinderung. Allerdings gibt es auch Kinder mit einem sehr dünnen Hirnmantel oder einem fehlentwickelten Gehirn, die sich offensichtlich geistig und körperlich völlig regelgerecht entwickeln. Störungen der Motorik (Grob- und Feinmotorik), der Wahrnehmung , der Sinneswahrnehmung Wichtig zu wissen ist, dass die grobmotorische Entwicklung aus dem Liegen heraus stattfindet, dies geht über in das Sitzen und Stehen. All dies wird begleitet von der Entwicklung der räumlichen Wahrnehmung! Die frühe Bewegung/Spiel ist elementar für das Verständnis von Formen/Größen, der räumlichen Umgebung. Das Kleinstkind lernt so die Verarbeitung von Entfernungen, Geschwindigkeiten, Geräuschen, Sinneseindrücken. Die frühe Motorik, die eher grobmotorisch orientiert ist, bildet die Grundlage für die Entwicklung der Feinmotorik und – im weitesten Sinne – die Grundlage für abstraktes Denken (Zahlen, Buchstaben, Mengen…). Kinder mit einem Hydrocephalus haben oftmals eine grobmotorische Entwicklungsverzögerung. Zum Beispiel ist in der Regel die Kopfkontrolle aufgrund des großen Kopfes verzögert. Teilweise hat ein langanhaltender Hirndruck das Kleinhirn (für die Motorik verantwortlich) geschädigt. Es kommt zu einer stark verzögerten oder auch teilweise ausbleibenden regelgerechten grob- und feinmotorischen Entwicklung. Folgen daraus sind u.a. Wahrnehmungsstörungen in der Eigen- und Fremdwahrnehmung (z.B. seine eigene Position im Raum, eigene Körperposition..), im Schmerzempfinden, in der räumlichen Wahrnehmung, die visuomotorische Wahrnehmung (Sensomotorik = visuelle Wahrnehmung und Bewegungssteuerung). Kinder mit Hydrocephalus können zumeist verbale Anweisungen besser befolgen als visuelle oder räumliche Aufgaben. Das mangelnde räumliche Bewusstsein - insbesondere die visuomotorische Wahrnehmung - kann auch das Schreiben, Malen etc. erschweren. Die Kinder können auch nicht abzeichnen, die Linien einhalten, das Erlernen der Schreibschrift erscheint als unüberwindbares Hindernis. Dies alles in Kombination kann Auswirkungen auf die Sprachentwicklung, das Sozialverhalten, die kognitive Entwicklung etc. haben. Folgen sind unter anderem Störungen der Denkfähigkeit/Lernstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen/Konzentrationsstörungen, das Filtern der Umgebungseindrücke (hier eben die Anfälligkeit für ADHS). Sinneswahrnehmungsstörungen beeinflussen den Geschmackssinn, den Tastsinn, den Geruchssinn, den Seh- und Hörsinn sowie auch den Lagesinn. Kinder mit einem Hydrocephalus haben häufig Wahrnehmungsstörungen im Mund-Halsbereich. Folge sind Ess- und Trinkstörungen. Die Kinder können lange Zeit keine Flüssigkeiten zu sich nehmen, sie verschlucken sich, in der Folge erbrechen sie. Getränke sollten hier bei Auftreten der Problematik angedickt werden. Es gibt dazu spezielle Mittel in der Apotheke. Auch gewisse Nahrungskonsistenzen werden lange Zeit oder auch immer kategorisch abgelehnt. Es kommt zum Würgen, Rückfluss der Nahrung. Oftmals wird über lange Zeit nicht gekaut und nur Püriertes oder leicht zu Zerdrückendes zu sich genommen. Das Gleiche gilt auch für bestimmte, individuell empfundene Geschmäcker. Die Kinder haben über lange Zeit einen sehr individuellen und eingeschränkten Speiseplan. Hier ist bei der Nahrungsaufnahme, die zum Teil auch sehr langsam stattfindet, sehr viel Geduld und Ideenreichtum gefordert. Es ist empfehlenswert nur kleinere Mengen Nahrung anzubieten Häufig haben Kinder mit einem Hydrocephalus eine Hörstörung/ Hörverarbeitungsstörung. Im Alltag haben sie Angst vor lauten Geräuschen und halten sich die Ohren zu. Auch können sie ein plötzliches Geräusch nicht sofort der Richtung, aus der es kommt, zuordnen und sind so sehr verunsichert. Oft wird Spielzeug, welches Töne produziert, Stofftiere mit Lauten o.Ä. kategorisch abgelehnt. Sie machen den Kindern Angst. Störungen im Tastsinn zeigen sich in Ängsten und dem Gefühl von Ekel vor z.B. Sand, Schaum (auch Badeschaum) etc.. Die Kinder fangen an zu weinen und versuchen den Materialien auszuweichen. Auch das Gefühl für den persönlichen Kräfteeinsatz kann im Zuge der Wahrnehmung gestört sein. Oftmals sind die Kinder im Umgang mit Materialien und auch Menschen/Tiere zu grob oder auch zu zaghaft. Das kann zu Problemen im Umgang mit anderen führen und die Kinder sind oft dadurch verunsichert. Dies wiederum kann zu Problemen im Sozialverhalten führen….. Störungen in der Entwicklung der Intelligenz und den Denkfunktionen Kinder mit Hydrocephalus haben im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung derselben Altersstufe oftmals eine herabgesetzte Gesamtintelligenz. Beeindruckend ist die Tatsache, dass es häufig zwischen den einzelnen Untertests gravierende Differenzen gibt. Dies zeigt, dass bei den Kindern die Intelligenzfunktionen sehr individuell ausgebildet sind. Das hat nicht grundsätzlich Einfluss auf das Lernvermögen, sehr wohl aber vorhandene Konzentrations-/Aufmerksamkeitsstörungen, Probleme in der Merkfähigkeit, gestörtes räumliches Vorstellungsvermögen…Das insgesamt inhomogene Leistungsspektrum kann zu Problemen der schulischen Lernfähigkeit werden. Zwei Gedächtnisfunktionen, die Kindern mit Hydrocephalus Probleme bereiten sind das Arbeitsgedächtnis: Es ist zuständig für die „Zwischenspeicherung“ , es speichert vorübergehend Informationen, vermittelt ein Verständnis von der direkten Umwelt, hilft beim Problemlösen und dem Lernen neuen Wissens. Störungen verursachen z.B. Probleme beim Rechnen. Alle Lerninhalte/Informationen wandern zuerst in das Kurzzeitgedächtnis und werden dann in das Langzeitgedächtnis transferiert. Kinder mit einem Hydrocephalus haben oftmals bei diesem Transfer große Probleme. das sensorische Gedächtnis: Es beinhaltet das visuelle Gedächtnis, hier haben Kinder mit HC Probleme im Vergleich zum verbalen Gedächtnis. Durch die Ablenkbarkeit ist hier eine ruhige, reizarme Umgebung sehr förderlich. das Hörgedächtnis Weiterhin ist hier das Hörgedächtnis zu nennen. Auch hier treten oftmals Probleme auf, so dass auch hier ein stiller und reizarmer Raum sehr förderlich ist. Das Wortgedächtnis, für Namen und Anweisungen zuständig. Hier kommt es durch Ablenkbarkeit und mangelnde Filterung von Umgebungsreizen auch zu Problemen. das Tastgedächtnis Da der Tastsinn bei vielen Hydrocephalus-Kindern gestört ist, ist in der Folge auch das Tastgedächtnis problembehaftet. Dem kann man durch gezielte Förderung in Form von vielen Tast- und Reizangeboten entgegenwirken. Zu bemerken ist auch, dass Kinder mit einem Hydrocephalus eine im Vergleich zu Gleichaltrigen verlangsamte Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit haben. Das kann letztendlich bedeuten, dass bei identischem Lernpotenzial, gleich hoher Intelligenz Kinder mit einem Hydrocephalus Probleme mit dem allgemeinen Lernen und dem Wissenserwerb haben. Störungen der psychischen Entwicklung Hier sind insbesondere Störungen in der Verhaltenskontrolle, der Handlungsplanung und dem Organisieren zu nennen (exekutive Funktionen). Ein Beispiel der Problematik ist das Überqueren der Straße, man trainiert es ausgiebig. Das Kind beherrscht den Vorgang an der geübten Stelle. Es ist ihm aber unmöglich, das Erlernte auf alle zu überquerenden Straßen zu übertragen. Auch fällt es manchen Kindern schwer, sich in andere hineinzuversetzen, deren Gesichtsausdruck zu interpretieren. Das kann zu Problemen bei Freundschaften, im gesellschaftlichen Leben führen. Das Risiko der Entwicklung einer Verhaltensstörung ist bei Kindern mit Hydrocephalus vor allem aufgrund mangelnder Verhaltenskontrolle, Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit im Vergleich zu anderen Kindern deutlich erhöht. Es ist aber festzuhalten, dass einerseits natürlich die oben genannten Problematiken bei Kindern mit Hydrocephalus häufig vorkommen, aber sie differieren in der Ausprägung und Anzahl von Kind zu Kind. Es gibt sehr schwer betroffene Kinder, aber auch Kinder, die nur von einzelnen Problematiken und sehr moderat betroffen sind. Das Erscheinungsbild des Hydrocephalus ist sehr individuell. Es ist abhängig von der Grunderkrankung, dem Ausmaß und dem vorhandenen Potential sowie dessen Ausschöpfung durch das einzelne Kind. Ich habe die meiner Ansicht nach wichtigsten Folgen aufgeführt. Sicherlich gibt es noch die ein oder andere, die noch anzuführen wäre. Ich werde aber am Ende meiner Ausführungen Hinweise auf ausführliche Informationsschriften und andere Informationsquellen geben, so dass sich jeder individuell mehr oder minder über das Maß meiner Informationen hinaus weiterinformieren kann. Wichtige Therapien bei einem Hydrocephalus Krankengymnastik An erster Stelle ist hier die Physiotherapie (Krankengymnastik) zu nennen. Sie beginnt bei quasi allen Kindern direkt nach der Geburt. Hier sind zwei Behandlungsmethoden zu nennen: Behandlungskonzept nach Vojta Hier werden genau festgelegte Reize in fixierten Körperpositionen vorgenommen, das Kind gibt eine reflektorische Bewegungsantwort. Damit wird hauptsächlich das Reflexkriechen/Reflexdrehen provoziert. Diese gelten als unverzichtbare Grundlagen für die Fortbewegung, das Aufrichten, der aufrechten Haltung. Behandlungskonzept nach Bobath Es ist ein Behandlunsgkonzept auf neurophysiologischer Basis. Die motorische Entwicklung wird therapeutisch beeinflusst durch die beiden Hauptelemente des Inhibierens = Hemmung der krankhaften Bewegungsmuster und dem Faszilitieren = Bahnen und erleichtern der erwünschten Bewegungsmuster. Bobath ist eine Vermittlung von funktionellen Handlungen und deren systemische Vorbereitung. Das sog. Bobath-Handling vermittelt Alltagshilfen für Die Nahrungsaufnahme Das An- bzw. Auskleiden Tragen, Halten, Lagern Körperpflege und Toilettengang Hilfen bei Ortswechseln, dem Stehen/Gehen/Sitzen Das Castillo-Morales Konzept Ein umfassendes neurophysiologischesTherapiekonzept für Kinder mit kommunikativen sensomotorischen und orafazialen Störungen. Es wird bei Kindern mit sensomotorischen Störungen im Bereich des Gesichtes, des Mundes und des Halses angewendet. Es hat sich sehr bewährt bei Kindern mit Störungen im Bereich der Nahrungsaufnahme. Ergotherapie Die Ergotherapie widmet sich primär den feinmotorischen Störungen, arbeitet aber auch hier an den Störungen der Aufmerksamkeit und Konzentration. Im Rahmen der Ergotherapie wird auch nach dem Konzept der Sensorischen Integration (nach Ayres ) gearbeitet. Es fördert die Eigenwahrnehmung, die Wahrnehmung im Raum, das Körpergefühl an sich. Sprachtherapie (Logopädie) Behandelt Sprachentwicklungsstörungen, Sprachstörungen jedweder Art. Heilpädagogik Sie wird bei Wahrnehmungs- und Verhaltensproblemen angewandt. Die Therapie wird über das kindliche Spiel erarbeitet, das verwendete Material richtet sich nach der jeweiligen Problematik. Therapeuten kann man über seinen Kinderarzt, das SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum einer Klinik) oder ein Heiltherapeutisches Zentrum (HTZ) finden. Regelmäßige Therapien, ärztliche Kontrollen Im Leben mit einem HC-Kind stehen viele Termine und Kontrollen. Zu rechnen ist mit folgenden Terminen: 1-2 wöchentlich Krankengymnastik (evtl. mit häuslichen Übungen) Evtl. 1mal wöchentlich Heilpädagogik (im Rahmen der Frühförderung) Ab ca. 2 Jahre 1-2 wöchentlich Ergotherapie, Heilpädagogik fällt dann zumeist weg Am Anfang hat man ca. vierteljährich eine neurochirurgische Kontrolle. Mit zunehmendem Alter und je nach Stabilität des Kindes vergrößern sich die Abstände. Bei Akutsituationen ist sofort ärztliche Hilfe gefragt und anschließend sind dann auch die Kontrollen wieder engmaschiger. Je nach Schwere der Erkrankung regelmäßige MRT-Kontrollen Bei Epilepsie regelmäßige EEG-Kontrollen, evtl. ein stationärer Aufenthalt zur Einstellung der Medikamente Etwa vierteljährliche Kontrollen im SPZ oder einem kompetenten Kinderarzt/Neuropädiater Ich denke, dass sind so die wichtigsten Termine und Kontrollen. Selbstverständlich ist das alles individuell, abhängig vom Krankheitsbild unterschiedlich. Auch auftretende Komplikationen verändern die Situation. Aber als ungefähren Richtwert gewinnt man so schon mal einen kleinen Eindruck. Im häuslichen Bereich muss man zumeist im Säuglingsalter regelmäßig den Kopfumfang messen und die krankengymnastischen Übungen weiterführen. Zudem sollte man auf eventuelle Hirndruckzeichen (siehe oben) achten und unter Anleitung die Fördermaßnahmen der Therapien fortführen. Soweit die theoretischen Informationen. Jetzt werden sich sicher Viele fragen, wie das Leben mit einem HC-Kind praktisch aussieht….. Nun, ich beschreibe mal die ersten Monate mit unserer Pflegetochter Hannah, die inzwischen 7,5 Jahre alt, seit August ein stolzes Schulmädchen ist und im Alter von 3,3 Monaten direkt aus dem Krankenhaus zu uns kam. Unser Leben mit Hannah begann im Mai 2004 mit einem mehrseitigen Fax des zuständigen Jugendamtes. Zu diesem Zeitpunkt waren wir schon langjährige Pflegeeltern ausschließlich behinderter Pflegekinder. Aber der vorliegende Bericht war objektiv auf den ersten Blick gesehen ein Desaster. Er beschrieb viele schwerwiegende Probleme des Kindes – er berichtete von massivem Sauerstoffmangel, einer schweren Sepsis, einem massiven, angeborenen Hydrocephalus, Spaltwirbelbildung (keine Spina), einem schlechten EEG und einer Vielzahl weiterer schwerer Problematiken. Nach intensiven Überlegungen innerhalb der Familie beschlossen wir, Hannah die Fürsorge, Liebe und Förderung einer Familie zu geben. Im Juni 2004 – im Alter von 3,3 Moanten – zog Hannah bei uns ein. Ich holte sie persönlich im Krankenhaus ab, blieb über Nacht noch dort. Die Prognosen der Mediziner waren die üblichen – mehr als schlecht. Ein geistig behindertes Liegekind wurde prognostiziert. Hannah selbst war kaum größer als ein Neugeborenes, allerdings mit einem beeindruckend großen Kopf. Der Shunt zur Ableitung des Hirnwassers war überdeutlich am Kopf und im Verlauf zu sehen. Das Gesicht erschien dysmorph und schief. An eine Kopfkontrolle war nicht zu denken. Der Anblick, das erste auf den Arm nehmen – es verunsicherte. Schwer lag der Kopf in meinem Arm, aber Hannah blickte mich ununterbrochen an, fixierte mich geradezu. Irgendwie spürte sie, die muss ich festhalten, endlich ist da jemand nur für mich da! Am nächsten Tag fuhren wir dann 750km gen Heimat. In der ersten Zeit schlief sie wenig und war stets auf meinem Arm. Die Nahrungsaufnahme gestaltete sich mehr als schwierig. Aufgrund der Wahrnehmungsstörungen im Mund-Hals-Bereich würgte sie oft und erbrach. Wir hangelten uns so mit 35 – 50 ml pro Mahlzeit durch den Tag. Hier war Geduld und viiieeeeel Zeit gefragt. Täglich, später wöchentlich wurde der Kopfumfang gemessen. Immer ein banger Blick auf das Maßband – ist der Kopf zu viel gewachsen, herrscht Hirndruck oder ist alles im grünen Bereich. Hinzu kamen zweimal wöchentlich Besuche bei der Physiotherapeutin und zusätzlich Zuhause täglich zweimal Vojta-Übungen. Engmaschige und regelmäßige Kontrolluntersuchungen standen an – bei uns hieß das, alle vier Wochen in die 130km entfernte Uniklinik zur behandelnden Neurochirurgie fahren. Daneben alle 6 Wochen ein Schlaf-EEG, regelmäßige Kontrollen beim Kinderarzt. Der Augenarzt wurde auch alle drei Monate besucht und die Augen – da sie schielte – täglich im Wechsel abgeklebt. Die Tage waren zu Beginn gekennzeichnet durch ängstliche Beobachten – versagt der Shunt, läuft zuviel Hirnwasser ab, sind Druckzeichen da …… daneben eben das viele Weinen und nicht ablegen können. Nach den ersten Komplikationen und im Laufe der Zeit ließ aber die innere Alarmbereitschaft deutlich nach. Man lernte, seinem Bauchgefühl und auch dem Kind zu vertrauen. Zunehmend konnte man normale Infekte von Shuntproblemen unterscheiden. Herrschten trotzdem Zweifel, war ein Arztbesuch notwendig. Seit Anfang 2006 bis Ende 2009 hatte Hannah mit verschiedenen, im Säuglings- und Kleinkindalter häufiger auftretenden, Problemen zu kämpfen. Sie hatte in den Jahren 2006 und 2009 insgesamt drei Operationen wegen einer Überdrainage – hier wurde das Ventil jeweils gewechselt, im Jahre 2008 hatte sie zwei Notoperationen wegen akutem Hirndruck und Ende 2009 hatte sie aufgrund einer Shuntdysfunktion eine Ventrikulostomie. Diese war erfolgreich und Ende 2010 wurde der Shunt entfernt. Im Laufe der Zeit kamen noch eine Reihe weiterer regelmäßiger und wöchentlicher Termine wie Ergotherapie, Spieltherapie hinzu. So dass die Tage weiterhin mehr als ausgefüllt waren. Die Nahrungsaufnahme war weiterhin schwierig. Flüssigkeiten mussten angedickt werden und die Flasche hatte ich durch löffeln der Nahrung ersetzt. Der Speiseplan ist bis heute recht eingeschränkt. In früheren Zeiten wurde über lange Zeit gar nicht gekaut, heute isst sie noch kein Schnitzel oder Ähnliches, bestimmte Konsistenzen lehnt sie nach wie vor ab und sie trinkt nur zwei Sorten Saft sowie Leitungswasser. Baden war lange nur ohne Badeschaum möglich, sie ekelte sich vor dem Schaum und kam er mit ihr in Berührung, schrie sie laut und verzweifelt. Das Gleiche galt für Spielzeuge, die Töne produzierten. Hannah fährt bis heute kein Karussell, Geisterbahn oder Ähnliches. Es ist ihr zu laut, das Drehen hält ihr Kopf nicht aus. Hannah konnte mit ca. 13 Monaten sitzen, krabbeln mit 20 Monaten und einigermaßen frei laufen mit 26 Monaten. Sie hat bis heute deutliche grob- wie feinmotorische Entwicklungsverzögerungen, Gleichgewichtsprobleme (Balancieren, Fahrradfahren, auf einem Bein hüpfen etc. sind kaum möglich), visuomotorische Probleme und Gedächtnisprobleme sowie Wahrnehmungsstörungen in verschiedenen Bereichen. Sie ist kognitiv fit – entgegen der Prognose – und geht in eine Regelschule (hier in RLP eine Schwerpunktschule mit festgestelltem Förderbedarf im motorischen Bereich). Ihre Problematik ist im Gros als klassische HC- Problematik zu bezeichnen. Wobei viele Bereiche bei ihr eher moderat betroffen sind. Hannah braucht im Alltag noch viele Hilfen. Das Anziehen zum Beispiel muss angeleitet und unterstützt werden. Oftmals verliert sie sich nur im Spiel und wird allein nicht fertig. Manche Knöpfe kann sie nicht schließen und benötigt Hilfe. Das Händewaschen kann schon mal zum Seifen-Wasseralles unter Wasser setzen ausarten…… Sie ist etwas distanzlos und läuft Gefahr, von Fremden mitgenommen zu werden, einfach mit zu gehen. Sie ist nicht verkehrssicher, man kann nicht sicher sein, dass sie die Gefahr oder die Entfernung eines Autos richtig einschätzt. Sie muss zum Trinken und Essen angehalten werden. Früher hasste sie es, Nahrung mit den Fingern zu berühren (nach jedem Bissen musste der Mund gereinigt werden), heute holt sie diese Phase nach. Sie ist ein grundehrliches Mädchen, welches HC-typisch sehr offen und authentisch ist. So kann man noch viele Beispiele der besonderen Unterstützung, Förderung und auch Aufsichtspflicht aufzählen, die über den Bedarf von Gleichaltrigen trotz normaler kognitiver Fähigkeiten weit hinausgehen. Wir fahren zwischenzeitlich einmal wöchentlich jeweils zur Krankengymnastik und Ergotherapie, alle drei Monate zum Augenarzt, einmal jährlich zur HC-Kontrolle. Daneben sind wir noch regelmäßig beim Orthopäden, Ohrenarzt und bei Wachstumskontrollen. Hannah ist sprachlich hochbegabt und verfügt über einen extrem großen Wortschatz, den sie inhaltlich und grammatikalisch völlig richtig anwendet. Damit beeindruckt sie regelmäßig die Menschen in ihrem Umfeld. Allerdings redet sie – wie für HC’ler oft typisch (teilweise bekannt als sog. „Cocktail-Syndrom) – fast ununterbrochen. Wobei sie schulisch wohl inzwischen innehalten kann. Aber das Wichtigste ist, Hannah ist ein sehr fröhliches und selbstbewusstes wie hübsches Mädchen. Wir möchten sie – bei allem Aufwand und allen Problemen – keine Sekunde missen und lieben sie sehr. Sie ist ein vollwertiges Mitglied unserer Familie. Abschließend möchte ich jedem, der mit einem HC-Kind lebt, anraten, sich gründlich über das Krankheitsbild zu informieren. Oftmals kann man nur so die besten Ärzte und die adäquaten Behandlungsmethoden finden. Es ist wichtig ein mündiger Patient, Angehöriger zum Wohle des Betroffenen zu sein. Hier sollte man informiert und selbstbewusst sein! Es stehen eine Reihe informativer Plattformen, Internetseiten und Selbsthilfevereinigungen zur Verfügung, die ich zum Abschluss noch aufführen möchte. Folgende links sind sehr informativ und dienen auch mir als Informationsquelle: http://wwwalt.med-rz.uniklinik-saarland.de/hydrocephalus/hydrocephalus/ http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/07/07H068/prom.pdf (eine sehr wissenschaftliche Studie, die ein größeres Grundwissen voraussetzt) http://www.hydrocephalusseite.de/ http://www.medizin.uni-greifswald.de/neuro_ch/index.php?id=435 Folgende Selbsthilfevereinigung ist sehr empfehlenswert: Die ASBH (Arbeitsgemeinschaft Spina Bifida und/oder Hydrocephalus) www.asbh.de Sie sind spezialisiert auf die oben genannten Behinderungen, bieten Selbsthilfe vor Ort in Form von Gruppen an und sind über ganz Deutschland verteilt. Sie haben eine große Zahl an speziellen und sehr informativen Publikationen und Ratgebern, die Betroffene in jedem Lebensalter gut informieren. Auf der Seite der ASBH findet man alle notwendigen Infos zur Kontaktaufnahme, Ratgeberbestellungen, einer möglichen Mitgliedschaft, den Adressen von Ortsgruppen an seinem Wohnort… Ein Selbsthilfeforum möchte ich Ihnen noch ans Herz legen: www.sternchenforum.de Eine, wenn nicht DIE Internetplattform für die Selbsthilfe bei Spina Bifida und/oder Hydrocephalus. Hier findet ein reger und geschützter Austausch über quasi alle Themen die Behinderung betreffend statt. Es werden viele Fachinformationen gegeben, es existiert eine Datenbank mit Behandlungsstellen in ganz Deutschland. Ein großer Vorteil ist die 24-stündliche Erreichbarkeit des Forums, man kann immer dringende Fragen sofort stellen und erhält in der Regel auch innerhalb kürzester Zeit eine Antwort. Innerhalb des Forums haben sich zwischenzeitlich auch schon viele persönliche Freundschaften entwickelt, von denen Kinder wie Eltern sehr profitieren. Bei weiteren Fragen zu den vorliegenden Informationen, weiterem Informationsbedarf, Fragen zu dem Forum, deren Administratorin ich bin, können Sie sich gerne an mich direkt wenden. Meine Kontaktdaten: Antje Dickerhoff, Kaltbachtal 53, 56377 Nassau; [email protected]