Glossar Begriffe im Kontext von Leistungserhebung und Prüfung vor dem Hintergrund des dreigliedrigen Schulsystems in Bayern Mai 2005 Die Autoren danken allen an der Entstehung dieses Glossars Beteiligten für ihre Mitwirkung, insbesondere den Referenten der Schulabteilungen sowie der Qualitätsagentur im Haus. Ansprechpartner: Martin Sachse, Referat für schulartübergreifende fachliche Angelegenheiten: Gesellschaftswissenschaften, Tel: 089/2170-2239, E-Mail: [email protected] Ursula Schimmer, Referat für schulartübergreifende fachliche Angelegenheiten: Musischästhetische Bildung, Tel: 089/2170-2242, E-Mail: [email protected] Arnulf Zöller, Leiter der Grundsatzabteilung, Tel. 089/2170-2210, E-Mail: [email protected] © 2005, Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München 3 Vorbemerkung Das vorliegende Glossar stellt ein Modul des ISB-Projekts zur Weiterentwicklung von Leistungserhebung dar, in dem innovative Formen der Leistungserhebung und Leistungsbeurteilung vorgeschlagen werden, die in einem Schulversuch erprobt werden. Absicht der vorliegenden Zusammenstellung ist es, tradierte Begriffe zu erläutern sowie deren Vielfalt zu erfassen und aufzuzeigen, innovative Formen der Leistungserhebung terminologisch zu etablieren und in der Zusammenschau der Öffentlichkeit zu kommunizieren sowie aus dem Schulversuch gewonnene empirische Erkenntnisse über erfolgreiche Formen der Leistungserhebung nach deren Evaluation aufzunehmen. Der Titel des hier angesprochenen schulartübergreifenden Schulversuchs des ISB lautet „Leistungserhebung neu denken“. Ihm liegen folgende Intentionen zugrunde: die Funktion von Leistungserhebung als Diagnosegrundlage zur individuellen Förderung zu stärken, neue Aspekte der Leistungserhebung wie Prozess- und Kompetenzorientierung aufzugreifen, die Mündlichkeit in manchen Fächern bzw. Fächergruppen zu stärken und innovative Formen der Leistungspräsentation zu etablieren. Das Glossar versteht sich als Serviceangebot des ISB für alle an Schule Beteiligten1 sowie als Beitrag zur Förderung eines einheitlichen Sprachgebrauchs angesichts der zunehmenden Vielfalt und Bedeutungsvariation alter und neuer Begriffe. Gleichzeitig zeigt es Entwicklungen und Anknüpfungsmöglichkeiten für bildungspolitisch relevante Fragen auf und will eine Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen im Bereich der Leistungserhebung anregen. Das vorliegende Glossar wurde federführend vom Referat für schulartübergreifende fachliche Angelegenheiten erarbeitet und von den Schulabteilungen gegengelesen. Es soll regelmäßig aktualisiert und ergänzt werden. Einige Begriffe von beidseitiger Relevanz wurden dem interaktiven Glossar „Begriffe im Kontext von Lehrplänen und Bildungsstandards“ entnommen, erarbeitet vom Referat „Lerntheorie und Lehrplanfragen“ der Grundsatzabteilung des ISB; unterschiedliche Intentionen bzw. Zielgruppen können dabei im Einzelfall abweichende Formulierungen bedingen. Besonders hinzuweisen ist auf die Tatsache, dass sich aus den hier dargestellten Erläuterungen keinerlei rechtliche Relevanz bzw. Handhabe ableiten lässt; im Zweifelsfall finden sich an der entsprechenden Stelle in der jeweils aktuellen Fassung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) bzw. der entsprechenden Schulordnung justiziable Aussagen.2 Stand: Juni 2005 1 Der Kürze halber ist im Text von Lehrern und Schülern die Rede, gelegentlich auch im Singular. Dass das Kollegium einer Schule aus Frauen und Männern, die Schülerschaft aus Jungen und Mädchen besteht, wurde überall mit bedacht. 2 Bei Zitaten aus Schulordnungen wurden diese ohne besondere Kennzeichnung der neuen Rechtschreibung angepasst. 4 Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung 3 Abitur(-prüfung) 7 Abschlussprüfung 7 Anforderungsbereiche 7 Aufgabenkultur 8 Aufnahmeprüfung 9 Begabung 10 Beobachten 11 Beobachtungsbogen 12 Beratungsgespräch, Lerngespräch 13 Besondere Leistungsfeststellung 13 Besondere Prüfung 14 Bildungsmonitoring 14 Bildungsstandards 15 Credit Points 16 Colloquium 16 DESI 16 Diagnose 17 EPA 19 Ergänzungsprüfung 19 Evaluation 20 Extemporale 21 Facharbeit 21 Fachliche Leistungstests 22 Feedback 22 Fehlerkultur 22 Feststellungsprüfung 23 Förderung, individuelle 24 Fremdsprachenzertifikat 25 Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen (GER) 25 Grundwissen 26 Gruppenbewertung 26 Hochbegabung 27 IGLU 27 Jahrgangsstufentest 28 Justiziabilität 29 5 Klausur 30 Kompetenzbereiche 30 Kompetenzen 30 Kompetenzmodell 32 Kompetenzstufen 34 Kurzarbeit 34 Leistung 34 Leistungsfeststellung / Leistungserhebung, Leistungsbewertung / Leistungsbeurteilung 35 Leistungsnachweis 36 Lerntagebuch 37 Lern- und Leistungsphasen 38 Mitarbeit 38 Mittlerer Schulabschluss / Mittlere Reife 39 Mündliche Leistungen 39 Mündliche Prüfung 40 Noten 40 Objektivität 40 Orientierungsarbeiten 40 Outcome 41 Output 41 Pädagogischer Leistungsbegriff 41 PISA 42 Portfolio 44 Praktische Leistung 45 Probe(-arbeit) 45 Probeunterricht 46 Projekt(-arbeit) 46 Prozessorientierung 46 Qualifizierender Hauptschulabschluss 47 Ranking 48 Realschulabschluss 48 Rechenschaftsablage 48 Reform der Notengebung in der Grundschule 48 Reifeprüfung 50 Reliabilität 50 Schriftliche Prüfungen 50 Schülerbogen 50 Schulaufgabe 50 Seminararbeit 51 6 Sprachenportfolio 51 Standards 52 Stegreifaufgabe 53 Test 53 Test-Item 54 TIMSS 54 Transparenz 55 Übertritt 56 Unterrichtsbeiträge 56 Validität 56 Verbale Beurteilung 57 Vergleichsarbeiten 57 Vorrücken 57 Zensuren 58 Zeugnis 59 Zeugnisgespräch 61 Verzeichnis der Abkürzungen und Fundstellen 62 7 Abitur(-prüfung) Das Abitur (auch: Reifeprüfung) stellt die Abschlussprüfung am bayerischen Gymnasium dar und verleiht die Allgemeine Hochschulreife, d. h. die Berechtigung zum Studium an einer deutschen Hochschule. Die schriftliche Prüfung wird zentral für ganz Bayern vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus am Ende der Jahrgangsstufe 12 am achtjährigen Gymnasium (Jahrgangsstufe 13 am neunjährigen Gymnasium) gestellt. Die Abiturprüfung umfasst einen schriftlichen sowie mündlichen, in manchen Fächern zusätzlich einen praktischen Aufgabenteil. Sonderformen der Abiturprüfung sind das sog. AbiBac, mit dem der Schüler durch einen französischsprachigen Aufgabenteil zugleich das deutsche Abitur und das französische Baccalauréat erwirbt, sowie das Begabtenabitur: Letzteres soll besonders befähigten Berufstätigen ermöglichen, die Berechtigung zu einem Hochschulstudium zu erwerben. Diese Prüfung ist für Personen gedacht, die aufgrund ihrer Begabung, ihrer Persönlichkeit und ihrer Vorbildung für ein Hochschulstudium im Frage kommen, aber wegen ihres Entwicklungsganges keinen schulischen Bildungsgang bis zur Hochschulreifeprüfung durchlaufen konnten und denen ein üblicher Schulbesuch oder die Ablegung der externen Prüfung an einer Schule nicht mehr zugemutet werden kann. Hierfür sind u. a. eine abgeschlossene Berufsausbildung und mindestens fünf Jahre Berufstätigkeit Voraussetzung. In sieben Fächern werden teilweise schriftliche, teilweise mündliche Prüfungen abgelegt. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 54, GSO §§ 64-79 und GSO §§ 80-85. Abschlussprüfung. Abschlussprüfung Eine Abschlussprüfung beschließt den Besuch einer Schulart und berechtigt zum Übertritt in eine weiterführende Schule bzw. zur Aufnahme eines Studiums. Sie kann auch die Beendigung der (schulischen) Ausbildung und damit den Wechsel ins Berufsleben vorbereiten. Die wichtigsten Abschlussprüfungen im bayerischen Schulwesen sind der Qualifizierende Hauptschulabschluss (Hauptschule), die Mittlere-Reife-Prüfung (Realschule, M-Zug der Hauptschule), das Abitur (Gymnasium) sowie die fachgebundene Hochschulreifeprüfung und die Fachhochschulreifeprüfung. Auch die Besondere Prüfung ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 54, BSO §§ 26-36, FOBOSO §§ 40-57, GSO §§ 64-79, GSO § 88, RSO §§ 55-68, VSO §§ 28-30, WSO §§ 51-59. Ein Verzeichnis der in Bayern möglichen Abschlüsse mit näheren Angaben findet sich in http://www.km.bayern.de/km/schule/abschluesse/. Anforderungsbereiche Im Zusammenhang mit Standards handelt es sich bei Anforderungsbereichen um Kategorien zur Charakterisierung von Anforderungen; Kriterium für die Einteilung ist im Wesentlichen der Grad an Selbstständigkeit bei der geistigen Arbeit (z. B. Reproduzieren – Zusammenhänge herstellen – Verallgemeinern und Reflektieren). Anforderungsbereiche stellen in der Regel keine streng hierarchische Stufung hinsichtlich der Schwierigkeit einer Anforderung dar, wie dies bei Kompetenzstufen der Fall sein müsste, denn der Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe wird auch maßgeblich von Faktoren wie dem Niveau und der 8 Komplexität des Lerninhalts (z. B. Grundrechenarten, Relativitätstheorie) sowie dem Kontext (z. B. Einbettung in einen Anwendungszusammenhang) bestimmt. Derzeit finden Anforderungsbereiche in den Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA) und in den KMK-Bildungsstandards Verwendung: In den von der KMK erlassenen EPA werden drei Anforderungsbereiche beschrieben, um in der Abiturprüfung ein ausgewogenes Verhältnis der Anforderungen zu erreichen, die Vergleichbarkeit der Prüfungsaufgaben zu erhöhen sowie die Bewertung der Prüfungsleistungen transparent zu machen. Zur Verdeutlichung werden in den EPA der einzelnen Fächer jeweils spezifische Beispiele für Anforderungen zu jedem der Anforderungsbereiche genannt; außerdem wird festgelegt, welche Anteile eine Abituraufgabe an den drei Anforderungsbereichen in etwa aufweisen muss, damit sie insgesamt ein angemessenes Niveau erreicht. Auch in den 2003 und 2004 verabschiedeten KMK-Bildungsstandards für Deutsch, Mathematik, Biologie, Chemie und Physik werden jeweils drei Anforderungsbereiche ausgewiesen. Diese beruhen auf der beruflichen Erfahrung von Lehrkräften, orientieren sich an den EPA und dienen als Ersatz für die derzeit noch nicht vorliegenden fachdidaktisch bzw. entwicklungspsychologisch fundierten sowie empirisch abgesicherten Kompetenzstufen, die zukünftig zusammen mit den sog. Kompetenzbereichen das Kompetenzmodell der jeweiligen KMK-Bildungsstandards bilden sollen. Aufgabenkultur Als Reaktion auf die internationalen Vergleichsstudien TIMSS und PISA wurde die Notwendigkeit erkannt, eine neue Lern- und damit auch Aufgabenkultur im Unterricht zu etablieren. Neben der Festigung von Basiswissen soll dessen selbstständige Übertragung auf neue, ungewohnte Situationen immer wieder praktiziert werden, damit die Schüler Strategien zur Lösung komplexer Problemstellungen erlernen, die sie auch im Alltag anwenden können. Aufgabenstellungen, welche die Schüler zu selbstständigem Denken und Arbeiten anregen, machen nicht nur den Unterricht und die Formen der Leistungserhebung attraktiver, sondern verstärken aufgrund der hohen Eigenleistung der Schüler deren Problemlösungskompetenz. Im Rahmen der Bildungsoffensive Mathematik entstanden in diesem Zusammenhang zahlreiche Anregungen zur Gestaltung eines effizienteren mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts, dem der Einsatz offener Aufgabenstellungen zugrunde liegt. Neue Schwerpunktsetzungen zeichnen sich jedoch auch in anderen Fächern bzw. Fächergruppen ab, wie diverse Publikationen des Staatsinstituts für Schulpädagogik und Bildungsforschung belegen. Auch über zentrale Prüfungen werden die neuen Intentionen transportiert, die sich z. B. in den Abiturprüfungen der Naturwissenschaften wieder finden. Folgende Merkmale zeichnen weiterentwickelte Aufgaben beispielsweise aus: Sie stellen die Bedeutung des Grundwissens in den Vordergrund und vermeiden dadurch das kleinschrittige Abfragen von marginalen Details. Sie enthalten offene Fragestellungen, welche den Schülern Gelegenheit zur Entwicklung eigener Hypothesen und Lösungswege geben. Sie animieren dazu, auch eigene Fragestellungen zu formulieren. Sie sind oft materialgeleitet und fördern damit die Fähigkeit der Schüler, mit diversen Darstellungsformen (Text, Diagramm, Abbildung usw.) umgehen zu können. 9 Sie sind häufig in Situationen (Kontexte) eingebettet und ermöglichen dadurch einen Lebensweltbezug. Sie vernetzen Wissenselemente, indem sie erworbene Kenntnisse herauslösen aus dem im Unterricht erzeugten Kontext und deren Übertragung auf andere Zusammenhänge ermöglichen. Beispielhaft für diese Aktivitäten ist das BLK-Programm SINUS, in dessen Rahmen bundesweit 180 Schulen aller Schularten der Sekundarstufe I Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts erprobten, wobei die Innovationsprozesse auf Schulebene durch Teams von Lehrkräften selbst angeregt wurden. Die Erfahrungen und Ergebnisse dieses Programms werden durch das Nachfolgeprogramm SINUS-Transfer in die Breite getragen. Weiterführende Quellen: Meyer, Meinert A.: Stichwort: Alte oder neue Lernkultur? In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 1/2005 (8. Jg.), S. 5-27. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): Neue Schwerpunktsetzung in der Aufgabenkultur. Handreichung für den Mathematikunterricht am Gymnasium. 2001. Im Netz unter http://www.isb.bayern.de/isb/download.asp?DownloadFileID=df3392afc78e7a6a860beb 9bd8110eb5. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): Aufgabenformen in den modernen Fremdsprachen in den Jahrgangsstufen 5-11. 1999. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): „Homelessness“: Neue Aufgabenformen für FOS und BOS (CD ROM mit Sammlung von Materialien und Aufgaben im neuen Prüfungsformat inkl. Hörverstehenstexten). 2002. Der derzeitige Stand des SINUS-Modellversuchs (Transfer) findet sich unter http://www.sinus-transfer.de; Inhalt dieser Seite ist auch ein Link zum ursprünglichen Projekt. Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): Weiterentwicklung des mathematischnaturwissenschaftlichen Unterrichts. Erfahrungsbericht zum BLK-Programm SINUS in Bayern. München 2002. Lerntagebuch, Portfolio. Aufnahmeprüfung Eine Aufnahmeprüfung ist eine Leistungsfeststellung, welche die Voraussetzungen für eine beabsichtigte Aufnahme in eine bestimmte Schulart abprüft. Auch der Wechsel in die nächst höhere Jahrgangsstufe bzw. in eine andere Schulart kann ggf. durch eine Aufnahmeprüfung ermöglicht werden. Im Rahmen der Aufnahmeprüfung wird der Leistungsstand des Schülers erhoben und damit überprüft, ob er über die für die geplante weitere Schullaufbahn notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 44, BSO §§ 2-5, FOBOSO §§ 4-10, FOBOSO § 56, GSO §§ 13-15, RSO §§ 15-17, VSO §§ 6-7, WSO §§ 13-14, WSO § 41. Probeunterricht. 10 Begabung In der Entwicklungspsychologie wird Begabung als Entwicklungs- und Lernpotenzial gesehen, das einerseits genetische Grundlagen hat und sich durch aktive Gestaltung der Umwelt eigengesteuert zu verwirklichen sucht, das aber andererseits eine anregende, herausfordernde und unterstützende Umwelt benötigt, um sich voll entfalten zu können. Hinter dem Konstrukt „Begabung“ stehen unterschiedliche theoretische Konzepte. Fast allen Konzepten gemeinsam ist die Abkehr von der Gleichsetzung der Ausprägung von „Begabung“ mit der Höhe des Intelligenzquotienten. Neuere Forschungen gehen von einer Mehrdimensionalität aus, d. h. intellektuelle Fähigkeiten sind nur eine Determinante von Begabung. Als Begabung wird eine mehr oder minder hohe Ausprägung in verschiedenen Begabungsbereichen gesehen, die relativ unabhängig nebeneinander stehen können: Intellektuelle Begabung Soziale Begabung Musikalische Begabung Bildnerisch-darstellende Begabung Psychomotorische Begabung Praktische Begabung Als Hochbegabung wird eine besonders hohe Ausprägung in den oben genannten Begabungsbereichen gesehen. „Hochbegabt ist, wer in der Lage ist oder in die Lage versetzt werden kann, sich für ein Informationsangebot hohen Niveaus zu interessieren, ihm zu folgen, es zu verarbeiten und zu nutzen.“ (Geuß/Urban) Eine solche individuelle Disposition lässt zwar mögliche Hochleistungen erwarten, in der Begabungsdiskussion wird jedoch zwischen so genannter Kompetenz einerseits und Performanz andererseits unterschieden: Kompetenz meint die prinzipiell vorhandene Begabung also das Leistungsvermögen, das noch nicht in Leistungen / Leistungsergebnissen/-produkten umgesetzt ist. Unter Performanz ist die aufgrund einer Begabung erbrachte Leistung zu verstehen. Da sich eine Kompetenz nicht unbedingt in Performanz ausdrücken muss, wird zwischen Begabung und Leistung unterschieden. Die Intelligenz- und Begabungsforschung bestätigt, dass der genetische Anteil maximal die Hälfte der menschlichen Entwicklung determiniert. So kann es zu hohen Leistungen kommen, wenn unter positiven, förderlichen Umweltbedingungen hohe intellektuelle Fähigkeiten mit Kreativität und starker Anstrengungsbereitschaft zusammenwirken. Bieten die Umweltbedingungen dem Heranwachsenden jedoch wenig Anregung, so können besondere Begabungen verkümmern. Um besonderen Begabungen gerecht zu werden, existieren in Bayern vielfältige Angebote. So finden beispielsweise jedes Jahr für vielseitig interessierte und begabte Haupt-, Real- und Berufsschüler sowie Gymnasiasten Ferienseminare statt. Die Veranstaltungen sind vor allem als Förderung und Bereicherung zu sehen, da sie engagierten Schülern über den Unterricht hinaus Kenntnisse vermitteln und anregende Begegnungen ermöglichen. Angesprochen sind Schüler mit sehr guten schulischen Leistungen in möglichst allen Fächern, kreativen Fähigkeiten und musischen Interessen. Außerdem sollen sie Aufgeschlossenheit und Einsatz für die Gemeinschaft zeigen, etwa durch Mitarbeit in der SMV oder bei der Schülerzeitung. Auch soziales und ehrenamtliches Engagement außer- 11 halb der Schule kann bei der Teilnehmerauswahl berücksichtigt werden. Auch gibt es Förderklassen für Hochbegabte mit einem Angebot für Kinder, deren herausragende Begabung sich bereits durch entsprechende schulische Leistung zeigt. Zum anderen richten sich Hochbegabtenklassen aber auch an Schüler, bei denen unabhängig von den Schulleistungen besondere Kreativität und Originalität beim Problemlösen oder Begabungstests eine weit überdurchschnittliche Intelligenz vermuten lassen. Umgekehrt bestehen bei optimalen Umweltbedingungen und gezielten individuellen Fördermaßnahmen für weniger begabte Kinder große Entwicklungspotenziale, die es zu nutzen gilt. Ebenso, wie die Schule spezielle Angebote für begabte und hochbegabte Schüler bereitstellt, ist sie auch zu Fördermaßnahmen für weniger begabte verpflichtet: Schüler, die besonderer Hilfe oder einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen, besuchen eine Förderschule oder werden von der Grundschule mit ihren Mitteln und Möglichkeiten, z. B. durch den Einsatz von Förderlehrern, unterstützt. Dabei arbeitet die Schule je nach Gegebenheiten mit den Beratungsdiensten und den Mobilen Sonderpädagogischen Diensten zusammen. Nähere Hinweise finden sich unter BayEUG Art. 19-24 sowie BayEUG Art. 33. Weiterführende Quellen: BMW AG / Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): Kongress Hochbegabtenförderung. Dokumentation. München 1998. Bundesministerium für Bildung und Forschung: Begabte Kinder finden und fördern. Im Netz unter http://www.bmbf.de/pub/begabte_kinder_finden_und_foerdern.pdf. Geuß, Herbert / Urban, Klaus K.: Hochbegabte Kinder. In: W. Wieczerkowski & H. zur Oeveste (Hrsg.): Lehrbuch der Entwicklungspsychologie. Bd. 3. Düsseldorf: Schwann 1982, S. 85-110. Heller, Kurt: Hochbegabung im Kinder und Jugendalter. Göttingen 1992. Rost, Detlef H.: Hochbegabte und hoch leistende Jugendliche. Münster 2000. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): Besondere Begabungen an bayerischen Grundschulen finden und fördern. München 2004. Hochbegabung: Konzepte, Probleme und Förderung. Skript einer Fortbildungsveranstaltung für Lehrkräfte der Staatlichen Schulberatung München (inkl. weiterführende Links): http://www.schulberatungmuenchen.de/data/articles/ulbricht/fortbildung/huho10-02.pdf; vgl. auch: http://www.schulberatung.bayern.de/llhob.htm. Beobachten Das Beobachten ist eine der wichtigsten Aufgaben des Lehrers, da es als umfassende und pädagogisch bedeutsamste Basis der Leistungsfeststellung anerkannt ist. Je mehr sich Schule und Unterricht unter dem Aspekt der individuellen Förderung öffnen, desto mehr gewinnen das systematische Beobachten und die Auswertung der Beobachtungsergebnisse an Bedeutung. Die Rhythmisierung von Lern- und Leistungsphasen mit ihrer deutlichen Trennung von beurteilungsrelevanter Beobachtung und bewertungsfreien Zeiteinheiten stellt hierzu keinen Widerspruch dar, sondern vermag als lernpsychologisch sinnvolle Ergänzung zu dienen. Der Lehrer kann seine Schüler – im Gegensatz zur Testsituation im schulpsychologischen Prüfverfahren – in natürlichen Situationen, sprich in Unterrichts- bzw. Spielsituationen mit 12 oder ohne strukturiertem Material über einen längeren Zeitabschnitt beobachten. Dabei beobachtet er den einzelnen Schüler nicht nur als Individuum, sondern auch in Gruppeninteraktion, was wiederum wertvolle Hinweise auf den sozial-emotionalen Bereich des betreffenden Schülers liefert. Auffälligkeiten bzw. Besonderheiten in den Bereichen der Motorik, der Wahrnehmung, der Sprache, der Kognition und im Verhalten können ein Anzeichen dafür sein, dass es dem entsprechenden Kind erschwert ist, die schulischen Lernangebote ausreichend zu nutzen, bzw. können ein Anzeichen für eine besondere Begabung des Schülers sein. Durch eine sorgfältige Langzeitbeobachtung werden so bereits erste Hypothesen gebildet, ob es sich um Abweichungen, Störungen (oder gar Behinderungen) bzw. um besondere Begabungen handelt. In gleicher Weise ist die Beobachtung jedoch auch für die Leistungsfeststellung jedes Schülers von Bedeutung. Wichtige Kriterien der Beobachtung sind Planung, Kontinuität, Zielgerichtetheit und Sachlichkeit. Entscheidend ist, dass verbale Beurteilungen konkrete Aussagen zum Leistungsvermögen oder über das Leistungsdefizit des Schülers machen und Hinweise auf konkrete Fördermaßnahmen geben. Deshalb ist es nötig, Schülerbeobachtungen zu systematisieren und sachlichen Kriterien zu unterwerfen. Bei der Systematisierung von Beobachtungen stellen sich dem Lehrer folgende grundlegende Fragen: Wozu beobachten? (Zielfrage) Wie beobachten? (Methodenfrage) Was beobachten? (Inhaltsfrage) Wie können Beobachtungsergebnisse schriftlich fixiert werden? Wie können Beobachtungsergebnisse in Fördermaßnahmen umgesetzt werden? (Auswertungs- und Umsetzungsfrage) In diesem Zusammenhang erscheint es sinnvoll, eine Stärkung der Diagnose- und Förderkompetenz der Lehrkräfte aller Schularten in den Bereichen der Aus-, Fort- und Weiterbildung anzustrengen. Weiterführende Quelle: Ledl, Victor: Kinder beobachten und fördern. Eine Handreichung zur gezielten Beobachtung und Förderung von Kindern mit besonderen Lern- und Erziehungsbedürfnissen bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf. Wien: Verlag Jugend und Volk 2003. Beobachtungsbogen Unter anderem im Rahmen einer Reform der Notengebung als Konsequenz aus der PISA-Studie ergibt sich gerade auch in der Grundschule der Bedarf nach einer gezielten frühen Förderung der Kinder. Die Reform der Leistungsbewertung in der Grundschule ist einer der Schritte, die diesem Ansatz entsprechen. Überfachliche Kompetenzen gewinnen als Schlüsselqualifikationen für den Erfolg des Kindes in den weiterführenden Schulen und im späteren Berufsleben zunehmend an Bedeutung. Dies muss auch im Zeugnis berücksichtigt werden. Schließlich entspricht es dem Wunsch vieler Eltern, aussagekräftigere Informationen über den Leistungsstand ihres Kindes zu erhalten. Um das Sozial-, Lernund Arbeitsverhalten eines Schülers zu beurteilen, sind Beobachtungen zu führen und Aufzeichnungen nachzuweisen. Dazu wurde im Rahmen eines Schulversuchs ein Beobachtungsbogen erprobt und fortentwickelt. Ab dem Schuljahr 2005/2006 führt der Klassenleiter für jeden Schüler in der Grundschule verbindlich diesen zweiseitigen Bogen. 13 Weiterführende Quellen: Leitfaden zur Reform der Notengebung in der Grundschule (zu KMS IV.q-5S7422-4.123712). Das Formular für den Beobachtungsbogen „Sozial-, Lern- und Arbeitsverhalten“ findet sich unter http://www.km.bayern.de/imperia/md/content/pdf/schulen/grundschule/reform_notengebung/ beoba_form.pdf. Beratungsgespräch, Lerngespräch Es ist unabdingbar, mit dem Schüler über seine Beurteilung und die ihr zugrunde liegenden Beobachtungen zu sprechen, sie ihm gewissermaßen im Dialog nicht nur einsichtig und verständlich zu machen, sondern damit auch seine Leistung weiterzuentwickeln bzw. zu validieren. Entscheidend ist, dass der Betroffene die Erfahrung macht, dass er als Person mit seinen Stärken und Schwächen ernst genommen wird und die Möglichkeiten hat, die Methodik und das Fazit der Leistungsbeurteilung reflexiv zu erfassen und ggf. zu korrigieren. Schüler können mit ihren Beobachtungen und Wertungen im Sinne der „kommunikativen Validierung“ in diesen Prozess einbezogen werden. Damit bestimmt der Lehrer nicht allein, was für den Schüler hilfreich ist, es werden vielmehr gemeinsam mit dem Kind und dessen Eltern die Ressourcen und besonderen Bedürfnisse ermittelt, Lernziele bestimmt und Wege vereinbart, wie diese Ziele am besten zu erreichen sind. Möglichkeiten des Beratungsgesprächs bzw. einer ausgeprägten Gesprächskultur sind auch im Zusammenhang mit der Vergabe von Zeugnissen genauer zu untersuchen. Weiterführende Quelle: Werning, Rolf / Wittenbring, Monika: Dialogische Diagnostik für den pädagogischen Alltag. In: Lernchancen 43/2005, v. a. S. 6. Zeugnisgespräch. Besondere Leistungsfeststellung Alle Schüler, welche die Jahrgangsstufe 9 einer Hauptschule mit Erfolg besucht haben, erhalten das Zeugnis über den erfolgreichen Hauptschulabschluss. Dies ist der Fall, wenn das Jahreszeugnis einen Notenschnitt (ohne die Sportnote) von 4,0 oder besser aufweist und nicht mehr als dreimal die Note Fünf enthält (die Note Sechs zählt wie zweimal Fünf). Durch die freiwillige Teilnahme an einer besonderen Leistungsfeststellung, die teilweise zentrale, landeseinheitliche Aufgabenstellungen enthält, kann bei einer Gesamtbewertung von 3,0 oder besser in den Prüfungsfächern zusätzlich der qualifizierende Hauptschulabschluss („Quali“) erworben werden, der überdurchschnittliche Leistungen bestätigt. Alle Schüler der Jahrgangsstufe 9 können daran teilnehmen. Die besondere Leistungsfeststellung umfasst schriftliche, mündliche und praktische Fächer. Nähere Hinweise finden sich in VSO §§ 31-33. Weiterführende Quelle: http://www.km.bayern.de/km/schule/schularten/allgemein/hauptschule/thema/00037/index.shtml . 14 Besondere Prüfung Schüler der Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums, denen die Vorrückungserlaubnis nicht erteilt worden ist, können durch die Besondere Prüfung den Mittleren Schulabschluss (Mittlere Reife) erwerben. Die Prüfung wird zentral für Bayern gestellt und umfasst die Fächer Deutsch, Mathematik und erste Fremdsprache. Sie wird in schriftlicher Form abgenommen. Nähere Hinweise finden sich in GSO § 88. Abschlussprüfung. Bildungsmonitoring Unter Bildungsmonitoring versteht man die regelmäßige Erfassung des Ist-Zustands eines Bildungswesens mittels objektiver Verfahren, z. B. Tests, Fragebögen oder Auswertung von Statistiken. Es dient der Erfolgsmessung auf Systemebene und gibt datengestützt Auskunft über die Leistungsfähigkeit eines Bildungssystems. In Folge der Ergebnisse des derzeit bekanntesten Beispiels für Bildungsmonitoring, der PISA-Studie der OECD, wird zurzeit in Deutschland der Grundstein für eine empirisch gestützte Bildungsberichterstattung gelegt. In Zukunft sollen gezielte Datenerhebungen Auskunft über die Effektivität von Schule sowie über die Wirkungen von Reformmaßnahmen geben. Die Ergebnisse stellen die Basis für gezielte Interventionen zur Verbesserung der Qualität des Bildungssystems dar. Da Bildungsmonitoring breit angelegt ist, sind dessen Daten für die Schulen zwar als Vergleichsbasis interessant, es eignet sich jedoch nur eingeschränkt dazu, einzelnen Schulen umfassende Rückmeldungen über ihren Erfolg zu geben. Besser geeignet sind in diesem Fall entsprechende Evaluationsstudien, die auf konkrete Entscheidungen ausgerichtet sind. Zum Zwecke des Bildungsmonitorings entworfene Studien wie TIMSS und PISA eignen sich meist nicht zur Individualdiagnostik, denn hierzu wäre es sinnvoller, einen kleineren Kompetenzbereich detaillierter zu erfassen, als das gesamte Spektrum eines Systemmonitorings mit relativ wenigen Aufgaben pro Schüler. Um Aussagen über individuelle Leistungen von Schülern zu erhalten, werden in Bayern seit TIMSS verschiedene Arten von Vergleichsarbeiten, die Jahrgangsstufentests und Orientierungsarbeiten, durchgeführt. Bildungsmonitoring hat in fast allen Industrienationen – mit Ausnahme der deutschsprachigen Länder – bereits eine mehr oder minder lange Tradition; es ist daher nahe liegend, bei der Einführung dieses Instrumentariums entsprechende Erfahrungen dieser Länder zu berücksichtigen. So hat sich beispielsweise „in den USA, dem Staat mit der größten Dichte an groß angelegten Leistungsmessungen […], inzwischen die Einsicht verbreitet, dass zu häufiges Testen und zu oberflächliches Messen negative Folgen für die Qualität des Unterrichts haben können. […] In Großbritannien hat man erkannt, dass ein öffentliches Ranking von Schulen auf der Basis von Testmittelwerten unfair und häufig kontraproduktiv ist.“ (Klieme, S. 84) Wichtig erscheinen folglich ein professioneller Umgang mit den gewonnenen Daten sowie die Etablierung entsprechender Unterstützungs- und Beratungsangebote. 15 Weiterführende Quellen: Klieme, Eckhardt et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise. Berlin 2003, S. 81 ff. (http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf). Organisation for Economic Co-operation and Development, Bereich „Education“ unter http://www.oecd.org/topic/0,2686,en_2649_37455_1_1_1_1_37455,00.html. Der Bericht „Education at a Glance 2003“ findet sich unter http://www.oecd.org/document/52/0,2340,en_2649_37455_13634484_1_1_1_37455,00.html. Vgl. dazu auch: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, Qualitätsagentur unter http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=8&QNav=0&TNav=1&INav=61. Bildungsstandards In Reaktion auf PISA beauftragte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF), eine Expertise als Grundlage für die Entwicklung und Implementation verbindlicher nationaler Bildungsstandards zu erstellen (Klieme-Gutachten). Dieses Gutachten berücksichtigt internationale Erfahrungen und nationale Gegebenheiten zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Demnach definieren Bildungsstandards normative Erwartungen an Schule. Sie orientieren sich an allgemeinen Bildungszielen, sind jeweils auf den Kernbereich einer Domäne (z. B. Lernbereich, Fach) bezogen und legen verbindlich fest, welche Kompetenzen die Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe in dem jeweiligen Lernbereich bzw. Fach mindestens erworben haben sollen. Die zu erwerbenden Kompetenzen werden in sog. Kompetenzmodellen systematisch geordnet und dabei so konkret beschrieben, dass sie in Aufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit Testverfahren erfasst werden können. Bildungsstandards haben zwei wesentliche Funktionen: Sie sollen Schulen zum einen auf verbindliche, gemeinsame Ziele hin orientieren, zum anderen eine Grundlage für das Erfassen und Bewerten von Lernergebnissen auf System- bzw. Schulebene bilden. Daneben sollen Bildungsstandards den Schulen ausreichend Freiraum für die innerschulische Lernplanung lassen und Ansätze zur individuellen Diagnostik und Förderung aufzeigen. Merkmale guter Bildungsstandards sind nach Klieme: Fachlichkeit (d. h., sie beziehen sich auf eine Domäne) Fokussierung (d. h., sie beschränken sich auf den Kernbereich der Domäne) Kumulativität (d. h., sie beschreiben die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgebauten Kompetenzen) Verbindlichkeit für alle (d. h., sie geben ein Mindestniveau an) Differenzierung (d. h., sie weisen Kompetenzstufen aus, die unter und über der zu erreichenden Stufe liegen, um die Lernentwicklung verstehbar zu machen; so ermöglichen sie weitere landes-, schulform- oder schulspezifische Abstufungen und Ergänzungen) Verständlichkeit (d. h., sie sind klar, knapp und nachvollziehbar formuliert) Realisierbarkeit (d. h., sie stellen mit realistischem Aufwand erreichbare Herausforderungen dar) Da Bildungsstandards zeitpunkt- und outputorientiert sind, also keine Aussagen über den Weg zum definierten Ziel machen, bleiben Lehrpläne mit ihrer Orientierungsfunktion ein wichtiges Unterstützungsinstrument für den Unterricht. Lehrpläne und Bildungsstandards 16 müssen sich zu einem integrierten Steuerungssystem ergänzen. Dabei gilt es, die Verantwortung der Einzelschule, z. B. durch entsprechende Freiräume, zu stärken. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Klieme-Gutachtens werden seit 2002 in Deutschland sukzessive sog. KMK-Bildungsstandards für verschiedene Fächer und Abschlüsse entwickelt sowie Aufgabenpools zu deren empirischer Überprüfung bzw. mit dem Ziel eines Bildungsmonitorings erarbeitet. Weiterführende Quelle: Klieme, Eckhard et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise. Berlin 2003, http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf, S. 13 ff. Standards, Vergleichsarbeiten. Credit Points Eine Übertragung vor allem aus dem universitären Bereich stellt die Vergabe von Credit Points dar, welche für Leistungen erteilt werden. An manchen Universitäten setzt das Studium die Erlangung einer bestimmten Anzahl von Leistungspunkten (Credit Points) gemäß dem European Credit Transfer System (ECTS) voraus. Die gemäß Prüfungsordnungen geforderten Leistungs- und Studiennachweise sowie die zugeordneten Credit Points sind in den Studienordnungen der beruflichen Fachrichtung, der Unterrichtsfächer und der Berufspädagogik ausgewiesen. Leistungs- und Studiennachweise haben die zugeordneten Credit Points zu enthalten. Leistungs- und Studiennachweise bzw. Credit Points können durch eine Note qualifiziert werden. Eine Übernahme dieses Systems vor allem im beruflichen Schulwesen wird derzeit diskutiert. Colloquium Das Colloquium ([lat.] Unterredung, Aussprache, Besprechung) ist ein Prüfungsgespräch, welches Bestandteil der Abiturprüfung ist und die drei weiteren schriftlichen, zentral gestellten Prüfungsteile ergänzt. Es wird abgelegt in einem Grundkursfach, dessen Inhalte im Rahmen einer 30-minütigen Prüfung sowohl durch ein Kurzreferat als auch durch ein darauf bezogenes Gespräch nachzuweisen sind. Nähere Hinweise finden sich in GSO § 69-73. Mündliche Prüfung. DESI Abkürzung für: Deutsch Englisch Schülerleistungen International. Die im Auftrag der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführte Studie untersucht die Kompetenzen von Schülern der Jahrgangsstufe 9 an allgemein bildenden Schulen in Deutschland im mündlichen und schriftlichen Gebrauch der deutschen und englischen Sprache. Die Studie wurde im September/Oktober 2003 und im Mai/Juni 2004 mit einer repräsentativen Stichprobe von ca. 11.000 Schülern an etwa 220 Schulen durchgeführt. Teil der Studie waren auch 40 bilinguale Schulen. Ergänzt wird die Hauptuntersuchung durch eine Videostudie des Englischunterrichts an etwa einem Viertel der Schulen. 17 Analysiert werden die sprachlichen Leistungen der Schüler im Zusammenhang mit individuellen, unterrichtlichen, schulischen und familiären Faktoren, die über Fragebogen erhoben wurden. Ziel ist es, Optimierungsansätze für den Unterricht aufzuzeigen. DESI hat einen engen Bezug zu den deutschen Lehrplänen und zielt auf einen breiten Bereich sprachlicher Fähigkeiten. In Deutsch werden die Felder Kommunikation/ Argumentation, Sprachbewusstheit, Textproduktion, Leseverstehen, Wortschatz und Rechtschreibung untersucht. In Englisch stehen die Bereiche Hörverstehen, Sprachbewusstheit, freies Schreiben, interkulturelle Kompetenz, Leseverstehen, mündliche Sprachproduktion sowie Textrekonstruktion im Fokus. Die Ergebnisse der Studie werden voraussichtlich im Herbst 2005 veröffentlicht. Es ist damit zu rechnen, dass sie auch einen Beitrag zur bisher noch nicht vollständigen empirischen Validierung der Kompetenzstufen des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen leisten. Weiterführende Quelle: Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung: Informationen zu DESI unter http://www.dipf.de/desi/index.htm. Diagnose Im Kontext von Leistungserhebung in der Schule meint Diagnose (Diagnostik) die differenzierte Erkennung und Benennung von Leistungsdefiziten bzw. Leistungsstärken der Schüler als Informationsbasis für daraus ableitbare Handlungsmaßnahmen. Eine differenzierte Analyse von Schülerleistung ist die Voraussetzung für eine gezielte und wirkungsvolle Förderung und eine fundierte Prognose für weitere Entwicklungsmöglichkeiten des Schülers. In der Entwicklungspsychologie wird Begabung als kognitives Entwicklungs- und Lernpotenzial gesehen, das einerseits genetische Grundlagen hat und sich durch aktive Gestaltung der Umwelt eigen gesteuert zu verwirklichen sucht, das aber andererseits eine anregende, herausfordernde und unterstützende Umwelt benötigt, um sich voll entfalten zu können. Diagnostik hat deshalb die Aufgabe, einerseits Entwicklungs- und Veränderungsmöglichkeiten auszuloten, andererseits aber auch Hinweise für die genaue Abstimmung zwischen Entwicklungsverlauf und Umweltangeboten zu liefern. Diagnostik kann verschiedene Formen annehmen. Sie kann als Persönlichkeitsbeschreibung auftreten und zu einem besseren Selbstverständnis des Individuums führen oder als Entwicklungsdiagnostik die Förderbedürfnisse eines Kindes ermitteln. Oder sie fungiert als lernzielorientierte Diagnostik bei der Individualisierung des Unterrichts und der Evaluation spezieller Fördermaßnahmen. Im Zusammenhang mit schulischer Beratung und Förderung ist neben der Fähigkeitsdiagnostik (Begabung, Intelligenz) auch die Fertigkeitsdiagnostik (Schulleistung) von Bedeutung. In der Praxis haben sich Messverfahren etabliert, die entweder allgemeine Intelligenz oder ein Bündel von grundlegenden Fähigkeiten messen. Für neuere Konzeptionen kognitiver Kompetenzen fehlen bislang standardisierte und validierte Messverfahren ebenso wie für Persönlichkeitsmerkmale wie Kreativität, Selbstvertrauen und Motivation, die z. B. in traditionellen Modellen zur Hochbegabung häufiger genannt werden. Die Kritik an der herkömmlichen Diagnostik als „Selektions-, Zuweisungs- und Defizitdiagnostik“ führte in den letzten Jahren mit Blick auf eine integrative Pädagogik vor allem im 18 Bereich der Förderschule zu einem Umdenken. Als Leitmotiv von Sonderpädagogik gilt das Wort von Paul Moor: „Nicht gegen den Fehler, sondern für das Fehlende“. Diese Einschätzung beschreibt Sonderpädagogik nicht als aussondernde Pädagogik, sondern als fördernde Pädagogik und vermag – im Rahmen jeweilig spezifischer Aufgabenstellung – als Vorbild für alle Schularten zu gelten. In der zeitgemäßen Sonderpädagogik stellt die Diagnostik einen elementaren Baustein dar und besitzt höchste Priorität, denn auf dieser Basis sollen eine kompetente Beratung abgeleitet und ein qualitatives und quantitatives Profil der Fördermaßnahmen entwickelt werden. Die Grundlage der Förderdiagnostik (in der Fachliteratur auch „Prozessdiagnostik“ genannt) ist die unmittelbare und stetige Beobachtung von schulischem Lern- und Leistungsverhalten. Die Ergebnisse der Diagnose werden in unmittelbar unterstützende und fördernde Maßnahmen didaktischer, pädagogischer und sozialer Art umgesetzt. Die Beurteilung einer Schülerleistung muss dabei getrennt von der Diagnose erfolgen. Um dem elterlichen Willen angemessene Berücksichtigung einzuräumen, spricht man in der modernen Sonderpädagogik von „Entscheidungsempfehlung“. Geht man von der ganz allgemeinen Definition von Diagnose als „Informationsgewinnung mit daraus ableitbaren Handlungsmaßnahmen“ aus, dann ist Diagnose nur insofern sinnvoll und förderlich für den Lernerfolg im Unterricht, wenn die über den Schüler oder die Schülergruppe gesammelten Informationen auch mit Folgemaßnahmen verbunden werden (vgl. oben). Diagnosekompetenz des Lehrers im Rahmen von Schule und Unterricht bedeutet also, die Fähigkeit und Bereitschaft, eine verstärkte individuelle Analyse zu betreiben – als Ausgangspunkt für konkrete Hinweise, wie der Schüler seine Stärken und Schwächen erkennen und gezielt ausbauen bzw. bewältigen kann. Entscheidend ist also die Ableitung spezifischer Handlungsmaßnahmen aus den über den einzelnen Schüler gesammelten Informationen: Folgehandlungen der Lehrkraft können sein: Beratung des Schülers und Bereitstellung spezifischen Übungsmaterials, Reflexion bzw. Änderung der eingesetzten Unterrichtsmethode, Reflexion der Transparenz und Erklärungstiefe des unterrichteten Sachverhalts (auch vor dem Hintergrund des Entwicklungsstandes oder der Leistungsfähigkeit des Schülers), nochmalige Wiederholung und Übung einzelner Sequenzen; Folgehandlung des Schülers können sein: Erkennen der Fehler und Irrtümer („aus Fehlern lernen“), Üben und Aufarbeiten der Defizite mit Hilfe bereitgestellten und geeigneten Materials, Ausbau der Stärken. Erstreckt sich die Diagnosekompetenz auf einen größeren Bereich als den des Unterrichts, dann umfasst sie auch die Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen der Schüler und erlaubt die Eruierung entwicklungsbedingter Interessenlagen oder das Aufspüren persönlicher Krisensituationen. Für diesen Bereich müssten Schulen speziell ausgebildete Experten zur Verfügung gestellt werden, die das notwendige pädagogische und psychologische Hintergrundwissen besitzen. Weiterführende Quellen: Helmke, Andreas / Hosenfeld, Ingmar: Vergleichsarbeiten als Instrument zur Verbesserung der Diagnosekompetenz von Lehrkräften. In: Arnold, Rolf / Griese, Christiane (Hrsg.): Schulmanagement und Schulentwicklung. Hohengehren: Schneider-Verlag 2004. 19 Ingenkamp, Karlheinz: Pädagogische Diagnostik. In: Roth, Leo (Hrsg.): Pädagogik. Handbuch für Studium und Praxis. München: Ehrenwirth 1991, S. 760-785. Kretschmann, Rudolf: „Pädagnostik“ – zur Förderung der Diagnosekompetenz von Lehrerinnen und Lehrern. In: Bartnitzky, Horst / Speck-Hamdan, Angelika (Hrsg.): Leistungen der Kinder wahrnehmen – würdigen – fördern. In der Reihe: Beiträge zur Reform der Grundschule, Bd. 118. Frankfurt a. M.: Grundschulverband 2004, S. 180-215, insbesondere S. 183 f. Ledl, Victor: Kinder beobachten und fördern. Eine Handreichung zur gezielten Beobachtung und Förderung von Kindern mit besonderen Lern- und Erziehungsbedürfnissen bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf. Wien: Verlag Jugend und Volk 2003, S. 23. Schor, Bruno und Christa: Diagnostik und Beratung – Elementare Bausteine zeitgemäßer Sonderpädagogik. In: SchulVerwaltung Nr. 12/97. Carl Link Verlag 1997, S. 424 ff. Weinert, Franz E.: Neue Unterrichtskonzepte zwischen gesellschaftlichen Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten. In: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst (Hrsg.): Wissen und Werte für die Welt von morgen. München 1998, S. 101125, hier S. 122. Diagnose, Diagnostik. EPA Abkürzung für: Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung. EPA sind fachbezogene Richtlinien, die in Arbeitsgruppen – zusammengesetzt aus Vertretern verschiedener Bundesländer – erstellt und auf KMK-Ebene vereinbart werden. Sie bilden den bundesweiten Maßstab für das Abitur und dienen der gegenseitigen Anerkennung der Abiturprüfungen der einzelnen Bundesländer. Neben einer Fachpräambel enthalten EPA jeweils Aussagen zu den verbindlichen fachlichen Inhalten und erwarteten Kompetenzen, zu den Anforderungsbereichen in der Abiturprüfung, zu den Regelungen für die schriftliche und mündliche Prüfung sowie Aufgabenbeispiele zur Verdeutlichung. Die in den letzten Jahren überarbeiteten EPA enthalten hinsichtlich der Beschreibung der erwarteten Kompetenzen bereits Elemente von Bildungsstandards. Weiterführende Quelle: Veröffentlichte EPA der verschiedenen Fächer unter http://www.kmk.org/schul/home1.htm (siehe Veröffentlichungen/Beschlüsse) Ergänzungsprüfung Schüler an Gymnasien, welche die Abiturprüfung ablegen und die Bedingungen für die Aufnahme eines Vermerkes über das Latinum bzw. Graecum in das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife nicht erfüllen, können sich einer Ergänzungsprüfung in der lateinischen bzw. griechischen Sprache (Latinum bzw. Graecum) unterziehen. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn ein Studienzweig gewählt werden soll, welcher den Nachweis einer dieser Sprachen erfordert. 20 Die Ergänzungsprüfung erlaubt Schülern der Jahrgangsstufe 13 an Berufs- und Fachoberschulen, durch Nachweis der notwendigen Kenntnisse in einer zweiten Fremdsprache die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Schließlich können Absolventen von Fachakademien bestimmter Ausbildungsrichtungen an einer Ergänzungsprüfung teilnehmen. Wer sie besteht, ist zum Studium an einer Fachhochschule berechtigt. Wer in der Abschlussprüfung der Fachakademie und in der Ergänzungsprüfung jeweils die Gesamtnote „sehr gut" erhält, erwirbt damit die fachgebundene Hochschulreife. Sie berechtigt zum Studium bestimmter Studiengänge an wissenschaftlichen Hochschulen. Nähere Hinweise finden sich in FOBOSO § 53, GSO § 86, ErgPOFHR §§ 1-37. Evaluation Unter Evaluation (Evaluierung) versteht man allgemein die Bewertung von Prozessen, Verfahren, Programmen, Produkten, Institutionen oder Organisationseinheiten mit dem Ziel, diese auf Basis einer zuverlässigen Grundlage an Informationen zu optimieren oder zu modifizieren. Bei einer Evaluation werden Daten methodisch organisiert erhoben sowie systematisch dokumentiert; das Vorgehen, die Untersuchungsmethoden und die Ergebnisse müssen transparent und überprüfbar sein. Die Daten werden in der Regel über die vier klassischen Methoden der empirischen Sozialforschung Befragung, Beobachtung, Test und Materialanalyse erfasst. Die ermittelten Ist-Werte werden mit vorher klar festgelegten und begründeten Soll-Werten anhand nachvollziehbarer, zuvor definierter Kriterien verglichen. Im Rahmen von Qualitätsentwicklung gibt es verschiedene Evaluationsformen, die einander ergänzen können. Zum Beispiel unterscheidet man auf der Organisationsebene zwischen interner und externer Evaluation, je nachdem, wer diese durchführt und damit über den Inhalt, die Kriterien und die eingesetzten Verfahren entscheidet: Interne Evaluation (Selbstevaluation) Dabei erfolgt die Beurteilung der Ergebnisse bzw. Produkte einer Institution durch Personen oder Gremien, die ihr selbst angehören. Interne Evaluation dient der Standortbestimmung und der Optimierung von Handlungen. Sie hat hohe Bedeutung im Rahmen von Schulentwicklung. Beurteilt eine Person ihr eigenes Handeln bzw. ihre Produkte, spricht man eher von Selbstevaluation, weniger von interner Evaluation. Externe Evaluation (Fremdevaluation) Es handelt sich um die Beurteilung einer Institution bzw. Person und ihrer Ergebnisse durch unabhängige Dritte, also um Fremdbeurteilung anhand extern vorgegebener Kriterien. Diese Außensicht kann der Ergänzung und Korrektur der Innensicht dienen. Bei der Evaluation im Bildungsbereich handelt es sich häufig um Mischformen, z. B. Selbstevaluation mit externer Beratung oder interne Evaluation von Schulen als Vorbereitung einer externen Evaluation. In Bayern wurde von der Qualitätsagentur des ISB ein Konzept zur externen Evaluation von Schule entwickelt, das seit dem Schuljahr 2003/2004 an den Schulen verschiedener Schularten erprobt wird. Ziel ist die Analyse von Rahmenbedingungen sowie die Bewertung von Arbeitsprozessen und Ergebnissen einer Schule als Ganzes. Es wird also nicht die einzelne Lehrkraft beurteilt, sondern die Schule als Organisation steht im Blickpunkt. Externe Evaluation soll den Schulen dabei helfen, die Wirksamkeit ihrer Arbeit besser ein- 21 zuschätzen, ihre Stärken ebenso zu erkennen wie ihre Verbesserungspotenziale. Wo Handlungsbedarf festgestellt wird, werden Empfehlungen ausgesprochen, die in konkrete Ziel- und Handlungsvereinbarungen zwischen Schule und Schulaufsicht münden. Bei der Durchführung von Projekten wird abhängig vom Evaluationsbeginn zwischen formativer bzw. summativer Evaluation unterschieden: Summative Evaluation (Bilanzevaluation) Die Evaluation beginnt erst nach Abschluss des Projekts bzw. der Maßnahme und nimmt eine abschließende Bewertung vor. Zwar können ihre Ergebnisse für das zu evaluierende Projekt nicht mehr wirksam werden, sie dienen aber zukünftigen Maßnahmen bzw. Folgeprojekten als Entscheidungsgrundlage. Formative Evaluation (Prozessevaluation) Die Evaluation beginnt zeitgleich mit dem Projekt und erfolgt parallel zu seiner Durchführung. Sie erstellt regelmäßig Rückmeldungen, ihre Ergebnisse können folglich direkt im Projekt von den beteiligten Akteuren verwertet werden, um Entwicklungs- und Gestaltungsprozesse zu optimieren. Sie wird häufig in Form einer wissenschaftlichen Begleitung durchgeführt. Weiterführende Quelle: Zur externen Evaluation an bayerischen Schulen vgl. http://www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=8&QNav=17&TNav=0&INav=0. Leistungsfeststellung / Leistungserhebung, Leistungsbewertung / Leistungsbeurteilung. Extemporale Unter „Extemporale“ (kurz: „Ex“; von extemporale [lat.]: aus dem Stegreif, d. h. unangekündigt) wird im landläufigen Sprachgebrauch eine Stegreifaufgabe verstanden. Der Begriff wird in den Schulordnungen nicht verwendet. Nähere Hinweise finden sich in BSO § 17, FOBOSO § 24-31, GSO § 44-47, RSO §§ 36-42, WSO §§ 36-40. Facharbeit In der Kursphase der Kollegstufe ist vom Schüler am neunjährigen Gymnasium in einem seiner beiden Leistungskurse eine schriftliche Arbeit anzufertigen, in der er u. a. Kenntnisse und Fertigkeiten im wissenschaftspropädeutischen Arbeiten, bei der Arbeitsorganisation und der selbstständigen Aufgabenerledigung nachweist. Abgeschlossen wird die Facharbeit durch eine mündliche Prüfung, in welcher der Schüler Verfahren und Ergebnisse seiner Facharbeit darstellt, diese erläutert und Fragen dazu beantwortet. Durch die Neukonzeption der gymnasialen Oberstufe am achtjährigen Gymnasium, welche die Einführung sog. Seminarfächer vorsieht, wird die Facharbeit zukünftig durch die Seminararbeit ersetzt, die voraussichtlich vergleichbare Intentionen verfolgen wird, jedoch eventuell zusätzlich den Kontakt mit außerschulischen Partnern, die fächerübergreifende Zusammenarbeit sowie die stärkere Einbindung in den Unterrichtsalltag vorsieht. Nähere Hinweise finden sich in GSO § 45. 22 Fachliche Leistungstests Relativ neu im Umfeld schulischer Leistungserhebungen sind die sog. fachlichen Leistungstests an Realschulen, Gymnasien und Wirtschaftsschulen. Hierzu zählen sowohl die zentral gestellten Jahrgangsstufentests, als auch schulinterne, klassenübergreifend gestellte Prüfungsarbeiten, die nach Maßgabe näherer Bestimmungen des Staatsministeriums durchgeführt werden und sich in Umfang und Niveau an den zentralen Jahrgangsstufentests orientieren sollen. Es handelt sich hierbei nicht um Tests im wissenschaftlichen Sinn, sondern um benotete schulische Leistungserhebungen. Sie beschränken sich nicht nur auf den Stoff der vergangenen Unterrichtsstunden, sondern zielen auf Grundwissen und Problemlösen. Es soll festgestellt werden, auf welchem Leistungsstand sich der Schüler befindet, um auf Basis dieser Erkenntnis gegebenenfalls gezielte Maßnahmen zur Förderung und Leistungssteigerung einzuleiten. Daneben sollen fachliche Leistungstests Impulse für schulische Prozesse und für die Unterrichtsgestaltung liefern. Fachliche Leistungstest werden aufgrund dieser Zielsetzung zu Beginn und an das Ende einer Lernsequenz platziert. In den Realschulen und Wirtschaftsschulen werden die fachlichen Leistungstests als mündliche Note in die Beurteilung der Schülerleistung mit aufgenommen, im Gymnasium kann der fachliche Leistungstest in Kombination mit einer zusätzlichen Leistungserhebung eine Schulaufgabe ersetzen. Nähere Hinweise finden sich in RSO §§ 38-39, GSO § 44-47, WSO § 36 Feedback Im Rahmen der inneren Schulentwicklung ist kontinuierliches Feedback von großer Bedeutung (Evaluation): Im Kern geht es darum, im Unterricht und an der Schule durch systematische und kontinuierliche Formen der Rückmeldungen eine „Feedback-Kultur“ aufzubauen. Da das Handlungsfeld „Unterricht“ äußerst komplex ist, brauchen Lehrkräfte Informationen darüber, wie z. B. die Schüler den Unterricht wahrnehmen und wie das Lernen besser gefördert werden kann. Möglichkeiten des Feedbacks sind in diesem Zusammenhang regelmäßige Schüler-Rückmeldungen zum Unterricht (z. B. durch Kartenabfrage) sowie Unterrichtsbeobachtungen durch andere Lehrkräfte mit vorher vereinbarten, gezielten Beobachtungsaufgaben (wie z. B. Frageformen) und anschließenden FeedbackGesprächen. Weiterführende Quellen: Bastian, Johannes / Combe, Arno / Langer, Roman: Durch Schülerrückmeldung den Unterricht verbessern. In: Pädagogik 53 (5/2001), S. 6-9. Konrad, Klaus / Traub, Silke: Selbstgesteuertes Lernen in Theorie und Praxis. München: Oldenbourg Schulbuchverlag GmbH 1999. Witt, Karsten: Feedback für die Lehrkraft. Schüler beurteilen Geschichtsunterricht. In: Geschichte lernen Heft 96 (November 2003), S. 63-65. Fehlerkultur Unter „Fehlerkultur“ versteht man die Nutzung von Fehlern als Lerngelegenheiten in einem umfassenden Zusammenhang. Während Fehler in Leistungssituationen vermieden werden müssen, können sie als Ansätze für Lernprozesse produktiv genutzt werden. Die Konfrontation mit Fehlern und das Analysieren der falschen Gedankengänge helfen den Schülern, diese Fehler in Prüfungssituationen zu vermeiden. 23 Hier ist die Trennung von Lern- und Leistungssituationen (Rhythmisierung) von entscheidender Bedeutung. Nur in einer entspannten Lernsituation kann sich eine angstfreie Atmosphäre entwickeln, die Voraussetzung dafür ist, dass sich die Lernenden um eigene Lösungsversuche bemühen. Dies bedeutet als Konsequenz für den Unterricht, dass innerhalb einer Unterrichtssequenz die präventive Fehlerarbeit vor allem in der Phase der Erarbeitung ihren Platz hat. Hier können beispielsweise folgende Methoden eingesetzt werden: Diagnosebögen zur gezielten Auswertung von Fehlerschwerpunkten A- und B-Proben: Fehler in Prüfungsarbeiten führen zu schlechten Bewertungen, Lernfortschritte durch Korrektur und Besprechung kommen teilweise zu spät. Dies kann abgemildert werden, indem man den Schülern die Möglichkeit einer Notenverbesserung in einer zweiten Probearbeit (B-Probe) einräumt. Lernzielkontrollen als Diagnoseinstrument Diagnosediktate zur Einzeldiagnose und zur Klassendiagnose Eine effektive Besprechung von Prüfungsaufgaben (z. B. die selbstständige Schulaufgabenverbesserung mit Hilfe einer Musterlösung oder die Fehlersuche bei falsch gelösten Aufgaben) Die Ergebnisse der fachdidaktischen Forschung sind in diesem Zusammenhang unverzichtbare Arbeitsgrundlage für Lehrer. In einigen Bereichen gibt es umfangreiche Untersuchungen darüber, welche Gedanken und Präkonzepte typischen Schülerfehlern zugrunde liegen. Nicht jeder Fehler hat offensichtliche Ursachen; eine genaue Fehleranalyse ist deshalb Voraussetzung für individuelle Förderung. Weiterführende Quellen: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): Weiterentwicklung des mathematischnaturwissenschaftlichen Unterrichts. Erfahrungsbericht zum BLK-Programm SINUS in Bayern. München 2002, S. 69 ff. Spiegel, Hartmut / Selter, Christoph: Kinder und Mathematik. Was Erwachsene wissen sollten. Seelze: Kallmeyer 2003. Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.): Handreichung zur Einführung des Lehrplans für die Grundschule. Donauwörth: Auer 2001. Wiesner, Hartmut z. B. in http://www.paed.uni-muenchen.de/supra/. Lerntagebuch, Lern- und Leistungsphasen, Portfolio. Feststellungsprüfung Unter dem Begriff „Feststellungsprüfung“ werden drei Prüfungsformen am Gymnasium subsumiert: a) Können bei einem Übertritt während der Kursphase die bis zum Übertritt besuchten Grundkursfächer mangels Angebotes nicht fortgeführt werden, so wählt der Schüler im Rahmen der Bestimmungen insoweit neu. Fehlende Leistungen aus vorhergegangenen Ausbildungsabschnitten werden durch Feststellungsprüfungen (schriftlich und mündlich) innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten nach dem Übertritt erbracht. b) Im Rahmen einer Feststellungsprüfung hat ein Schüler, der im Ausland studieren möchte, Kenntnisse in der jeweiligen Landessprache nachzuweisen. c) Zudem kann ein Schüler, der das Fach Latein nach der Jahrgangsstufe 9 ablegt, um eine spät beginnende Fremdsprache zu erlernen oder eine Schule im Ausland zu besuchen, die Voraussetzungen für 24 den Erwerb des Latinums im Rahmen einer Feststellungsprüfung zum Ende der Jahrgangsstufe 9 erwerben. Nähere Hinweise finden sich in GSO § 17 und GSO § 87. Förderung, individuelle Bei der Förderung von Kindern aller Schularten geht es um Verbesserungsmöglichkeiten, die es auszuschöpfen gilt, in der Überzeugung, dass eine Optimierung von Fähigkeiten für das Individuum immer günstig ist. Individuelle Förderung beinhaltet nach Schor und Szeifert die personale Wertschätzung und Anerkennung jedes einzelnen Kindes und Jugendlichen. Sie bedeutet auch, die Schüler anzuleiten, Lernstrategien zu erwerben, inhaltliche Zusammenhänge zu durchdringen und partnerschaftliche Arbeitsformen aufzubauen sowie Dialog- und Kritikfähigkeit anzubahnen. Dabei muss in Rechnung gestellt werden, dass Lernende in ihrem Lernen weitgehend autonom sind. Genau genommen müssen sie sich selbst fördern, d. h. weiter entwickeln und verbessern. Die Schüler sind damit zuständig und verantwortlich für ihr Lernen, sie gehen ihre eigenen Wege der Verarbeitung des angebotenen Stoffes, die eng mit ihrer individuellen Lerngeschichte zusammenhängen. Lehrer können das Lernen jedoch anregen und gezielt unterstützen. Dazu gehört die aufmerksame Beobachtung der Lernenden und das Bereithalten von vielfältigen Unterstützungsangeboten, z. B. insbesondere die Kommunikation über die Lerngegenstände und über das Lernen an sich. Förderung dient in diesem Zusammenhang auch dazu, z. B. Lücken in der Lernbiographie oder fachliche Mängel im Bereich des Grundwissens nach ihrer Feststellung bzw. nach entsprechender Diagnose zu beheben oder auszugleichen. In Reaktion auf die Ergebnisse der IGLU-Studie beschloss die Kultusministerkonferenz (KMK) im April 2003, dem Fördergedanken weit mehr als bisher Aufmerksamkeit zu schenken. Die KMK dringt in ihrem Beschluss auf eine Verbesserung der Förderbedingungen in unseren Schulen sowohl für Kinder mit Lernschwierigkeiten als auch für besonders begabte Schüler. An die Adresse der weiterführenden Schule ist der Appell gerichtet, sich Anregungen in der Grundschule für diese Aufgabe zu holen. Dort sind pädagogische Konzeptionen entwickelt worden, die in hohem Maße geeignet sind, heterogenen Lerngruppen gerecht zu werden und die Schüler individuell zu fördern. Ansatzpunkte sieht die KMK vor allem in der Verbesserung der diagnostischen und methodischen Kompetenzen der Lehrkräfte. Der schulische Auftrag der individuellen Förderung findet sich in allen Lehrplänen der neuen Generation wieder: „Die Grundschule zielt als Lern- und Lebensort auf eine umfassende Förderung der Gesamtpersönlichkeit der Kinder“, ist dem Vorwort des bayerischen Grundschullehrplans zu entnehmen. Auch das Gymnasium beabsichtigt, „alle Schüler gezielt zu fördern, die sich aufgrund ihrer Begabung, ihrer Einsatzfreude, ihres Leistungsvermögens und ihrer Leistungsbereitschaft für ein Studium und für herausgehobene berufliche Aufgaben eignen. [...] Sie werden damit auf ihre spätere Rolle als verantwortungsbewusste Bürger in einer von Individualisierung und Wettbewerb bestimmten Gesellschaft vorbereitet.“ 25 Weiterführende Quellen: Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF; Federführung): Bildungsbericht für Deutschland. Erste Befunde. Frankfurt / Berlin 2003 unter http://www.kmk.org/aktuell/bb_zusammenfassung.pdf. Auch: Avenarius, Hermann u. a.: Bildungsbericht für Deutschland. Erste Befunde. Opladen: Leske & Budrich 2003. Schor, Bruno / Szeifert, Johann: Welche Wirkungen hat das Humboldtsche Bildungsideal auf das aktuelle Bildungsgeschehen in Deutschland? In: Schulverwaltung BY Nr. 1/2005. Sozialgesetzbuch Achtes Buch. Kinder- und Jugendhilfe. In der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) unter http://www.sozialgesetzbuch.de/gesetze/08/index.php?norm_ID=0800001. Diagnose, . Fremdsprachenzertifikat Fremdsprachenzertifikatsprüfungen sind Prüfungen, die von kommerziellen oder staatlichen Testanbietern zur Verfügung gestellt werden und Prüflingen die Möglichkeit eröffnen, neben den im Rahmen der schulischen oder beruflichen Ausbildung erworbenen Qualifikationen einen zusätzlichen externen Sprachkompetenznachweis zu erbringen. Mit den europäischen Sprachenzertifikaten (z. B. DELF [Diplôme d'Etudes en Langue Française] / DALF [Diplôme Approfondi en Langue Française], DELE [Diplomas de Español como Lengua Extranjera], CPE [Cambridge Certificate of Proficiency in English]) werden vor allem die vier Grundfertigkeiten Sprechen, Hörverstehen, Schreiben und Lesen überprüft. Die Prüfungen orientieren sich an Zielen eines kommunikativen Unterrichts und nicht nur an formalen Aspekten der Sprache. Die erfolgreiche Teilnahme gilt als Sprachkompetenznachweis und wird europaweit anerkannt, da sich die Zuordnung der Zertifikate am Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen orientiert. Der Erwerb eines Europäischen Sprachenzertifikats eröffnet zusätzliche Chancen bei einer Bewerbung um einen Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen (GER) Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen stellt eine umfassende Beschreibung der Kompetenzen dar, die für erfolgreiches kommunikatives Handeln in einer Fremdsprache notwendig sind. Es werden darüber hinaus Kompetenzstufen definiert, um Lernfortschritte messen zu können. Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen wurde von einer international zusammengesetzten Expertenkommission im Auftrag des Europarats erarbeitet. Er dient der Koordination des Lehrens und Lernens von Sprachen in Europa und soll die Mobilität der Bürger unterstützen und nachhaltig fördern, indem er kommunikative Kompetenzen vergleichbar bzw. schulische Abschlusszeugnisse transparenter macht. Wenngleich der Referenzrahmen keine rechtliche Verbindlichkeit hat, gewinnt er in Europa als gemeinsame Basis für die Entwicklung von Bildungsstandards, Lehrplänen, Prüfungen und Lehrwerken an Bedeutung. So wird in den KMK-Bildungsstandards sowie in allen neueren Lehrplänen der Fremdsprachen in Bayern Bezug auf diesen Rahmen genommen. Einen weiteren Beitrag zur empirischen Validierung des durch den europäischen Referenzrahmen beschriebenen Kompetenzmodells soll u. a. die KMK-Studie DESI leisten. 26 Weiterführende Quellen: http://www.coe.int/T/E/Cultural_Cooperation/education/Languages/Language_Policy/Common_Framework_of_Reference/ . Grundwissen Der Begriff Grundwissen findet in unterschiedlichen Zusammenhängen und Bedeutungen Verwendung. In der Regel soll ausgedrückt werden, dass es sich um unverzichtbares Wissen handelt, das immer wieder gebraucht wird und daher dauerhaft für eine selbstständige und flexible Anwendung zur Verfügung stehen soll. Im schulischen Kontext verwenden beispielsweise verschiedene Schulordnungen (z. B. Gymnasiale Schulordnung, Realschulordnung) seit Jahrzehnten den Begriff Grundwissen (bzw. Grundkenntnisse) im Zusammenhang mit der Regelung von Leistungserhebungen, ohne ihn aber näher zu definieren. Vor dem Hintergrund der unbefriedigenden Ergebnisse aus TIMSS gewann das Thema „Grundwissen“ an Bedeutung. Seit dem Jahr 2000 weisen die Lehrpläne für die allgemein bildenden Schulen Grundwissen in ihrer jeweils schulartspezifischen Ausprägung explizit aus. Die in diesem Zusammenhang am ISB geführte Diskussion geht davon aus, dass der Begriff „Wissen“ in dieser Verwendungsweise sich nicht allein auf Inhalte beziehen und auch nicht rein kognitiv ausgerichtet sein kann. Grundwissen umfasst vielmehr neben Grundkenntnissen auch Grundfertigkeiten und grundlegende Haltungen bzw. Grundwerte, da Unterricht insbesondere auch auf Persönlichkeitsentwicklung abzielt. Kriterium für die Auswahl von Grundwissen im schulischen Kontext ist z. B. die Notwendigkeit von Wissen, um fachspezifische Zugangsweisen zur „Welt“ sowie Zusammenhänge zwischen Fächern verstehen und bewerten zu können und um sich zu einer Persönlichkeit mit Urteilskraft und Wertebewusstsein zu entwickeln. Gleichzeitig besteht aber Konsens darüber, dass Bildung mehr als das Verfügen über Grundwissen ist; dementsprechend beinhalten Lehrpläne mehr als nur Grundwissen. Im Lehrplan stellen die Formulierungen zum Grundwissen sowohl Ausgangspunkt als auch Rahmen dar für die Entscheidungen von Fachgruppen an den einzelnen Schulen, die vor Ort Details festlegen und Absprachen hinsichtlich der konsequenten Sicherung oder der Einbeziehung in Leistungserhebungen treffen können. Zu klären bleibt, in welchem Zusammenhang der Begriff „Grundwissen“ mit dem in neuerer Zeit verwendeten Begriff der Kernkompetenzen bzw. den in Bildungsstandards für bestimmte Abschlüsse formulierten Kompetenzerwartungen steht. Weiterführende Quelle: Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.): Jahresbericht 1998, München 1999. Gruppenbewertung Das Erheben bzw. Bewerten einer Gruppenleistung bedeutet, die Leistung eines Teams von der eines Individuums abzugrenzen. Dies widerspricht zwar zum einen der Forderung, dass die Leistung jedes Schülers individuell zu erfassen und zu bewerten sei. Andererseits machen es neue Formen der Unterrichtsführung erforderlich, z. B. im Rahmen eines Projektunterrichts auch gruppendynamische Prozesse und gemeinsam erzielte Ergebnisse bewerten zu wollen bzw. zu müssen. Dies macht umso mehr Sinn, als die Schü- 27 ler damit auf Anforderungen vorbereitet werden, die ihnen bei ihrer späteren Karriere außerhalb der Schule ebenso abverlangt werden. Die gerechte Zuordnung von gemeinsam erbrachten Leistungen zu einer bestimmten Person ist derzeit freilich noch nicht ausreichend erprobt und liefert damit nicht ausreichend gesicherte Rückschlüsse auf den Leistungsstand des Individuums. Es gilt zu berücksichtigen, ob z. B. die zweifelsfreie Zuordnung bestimmter Teilkomponenten eines Gesamtprojektes zu einer Person und damit eine individuelle Bewertung möglich bzw. sinnvoll sind. Zu klären sind deshalb Fragen, die teilweise auch grundsätzlicher Natur sind: Ist die Erhebung der Gruppenleistung für die Ermittlung der Leistungsfähigkeit eines Schülers aussagekräftig und sinnvoll? Muss bzw. kann der individuelle Beitrag eines Schülers zur Teamleistung herauskristallisiert werden? Ist es sinnvoll, dass die Gruppe den Beitrag ihre Mitglieder selbst bewertet? Welche Möglichkeiten gibt es in diesem Rahmen für eine gerechte und justiziable Beurteilung? Weiterführende Quellen: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): Modellversuch Nele, Modellversuchsinformation Nr. 6, o. J., S. 5. Bericht Leistungsbeurteilung im modernen Unterricht, dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus vorgelegt vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, München 2004. Hochbegabung Begabung, Leistung. IGLU Abkürzung für: Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung. IGLU ist eine Large Scale Assessment-Studie der internationalen Forschungsorganisation IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement), die im Jahr 2001 die Lesekompetenz von Schülern am Ende der Jahrgangsstufe 4 in 35 Nationen untersuchte. Außerdem erhob IGLU durch Befragung von Schülern, Lehrern, Schulleitern und Eltern auch Hintergrundinformationen über den Unterricht sowie Aspekte der außerschulischen Lebensumwelt der Schüler. In Deutschland waren insgesamt 246 Schulen aus allen 16 Bundesländern einbezogen. Die internationale Studie wurde durch eine deutsche Zusatzerhebung in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Orthographie ergänzt (IGLU-E), an der sich 12 Bundesländer beteiligten. Auswahl zentraler Befunde: Die deutschen Ergebnisse liegen international über dem Mittelwert. Das Kompetenzniveau kann einem Vergleich mit den europäischen Nachbarländern standhalten; das bayerische Ergebnis liegt über dem deutschen Mittelwert. Das relativ hohe Niveau deutscher Schüler wird nicht nur für eine kleine Gruppe erreicht, sondern für einen verhältnismäßig großen Teil der Schülerschaft. 28 Kinder mit Migrationshintergrund schneiden deutlich schwächer ab als ihre deutschen Mitschüler. Außerdem haben Kinder aus unteren sozialen Schichten bei vergleichbarem Leistungsprofil deutlich geringere Übertrittschancen ans Gymnasium. IGLU-E Mathematik: Der Vergleich mit TIMSS zeigt ein gutes Abschneiden deutscher Schüler im internationalen Vergleich. Jedoch verlässt knapp ein Fünftel der untersuchten Schüler die Grundschule mit zum Teil erheblichen Defiziten; die Lernmotivation liegt allerdings auf hohem Niveau. IGLU-E Naturwissenschaften: Der Vergleich mit TIMSS zeigt, dass deutsche Schüler am Ende der Grundschulzeit gut mit den anderen Nationen mithalten können. Neben einem erkennbaren naturwissenschaftlichen Potential belegt die Studie ein großes Interesse der Kinder an entsprechenden Fragestellungen. IGLU-E Orthographie: Aufgrund fehlender Richtgrößen lässt sich nicht sagen, ob die Leistungen deutscher Schüler als durchschnittlich oder schlecht zu betrachten sind. Legt man allerdings die angestrebten Lernziele zugrunde, kann der ermittelte Leistungsstand nicht befriedigen. Bei allen Kennwerten liegen Baden-Württemberg und Bayern dicht zusammen an der Spitze. Weiterführende Quellen: Bos, Wilfried et al.: Erste Ergebnisse aus IGLU. Hamburg 2003. Bos, Wilfried et al.: IGLU – Einige Länder der Bundesrepublik Deutschland im nationalen und internationalen Vergleich. Hamburg 2004. IGLU, Universität Hamburg, Institut 2: http://www.erzwiss.uni-hamburg.de/IGLU/home.htm. Eine Kurzfassung der Ergebnisse findet sich unter http://www.erzwiss.uni-hamburg.de/IGLU/kurz-end.pdf (internationale Untersuchung) bzw. unter http://www.erzwiss.uni-hamburg.de/IGLU/kurzversion-LV.pdf (Ländervergleich). Bildungsmonitoring. Jahrgangsstufentest Im Rahmen der nach TIMSS ins Leben gerufenen Bildungsoffensive Bayern wurden für die weiterführenden Schulen in Bayern spezielle Vergleichsarbeiten, die sog. Jahrgangsstufentests, entwickelt und erprobt. Sie werden derzeit an den bayerischen Haupt-, Realund Wirtschaftsschulen sowie an den Gymnasien für alle Schüler verpflichtend in den folgenden Jahrgangsstufen durchgeführt: Mathematik Deutsch Englisch Hauptschule 6 und 8 6 und 8 7 Realschule 6 und 8 6 und 8 7 Wirtschaftsschule - 8 8 Gymnasium 8 und 10 6 und 8 6 und 10 Es handelt sich hierbei um zentral erstellte, benotete Leistungserhebungen, die als pädagogische Instrumente der Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität bzw. der Schulentwicklung dienen. 29 Die Jahrgangsstufentests sind nach Fächern, Schularten und Jahrgangsstufen differenziert ausgestaltet, um eine enge Kopplung an die jeweilige Unterrichtspraxis zu erreichen. Sie haben im Einzelnen folgende wesentliche Funktionen: Sie dienen als konkrete Orientierungshilfe für Schüler, Eltern, Lehrer und Fachschaften. Die differenzierte Aufgabenstellung und Auswertung vor Ort erlauben eine frühzeitige und genaue Analyse der Schwächen und Stärken der Schüler, so dass rechtzeitig individuelle und zielgerichtete pädagogische Fördermaßnahmen eingeleitet werden können. Bei der Aufgabenerstellung wird besonderes Augenmerk auf Grundwissen und Kernkompetenzen gelegt, deren Sicherung ein zentrales Anliegen ist. Sie dienen der Steuerung des Unterrichts. Durch ihre unterrichtsnahe Konzeption wird über eine gezielte Auswahl bestimmter Aufgabenformate Einfluss auf die Aufgabenkultur eines Fachs und damit die Gestaltung des Unterrichts genommen. Dies trägt dazu bei, neue didaktische Entwicklungen schneller in das Bewusstsein der Schulen zu heben, die Reflexion der Lehrkräfte über den erteilten Unterricht sowie ihre Kooperation anzuregen. Darauf zielt auch die nach den einzelnen Anforderungen differenzierte Auswertung der bayernweiten Ergebnisse ab. Aufgrund dieser Zielsetzung und der erwünschten Art der Aufgabenformate, aber auch aufgrund begrenzter Ressourcen handelt es sich um Evaluationsinstrumente, bei denen eine strikt testtheoretische Konzeption in der Regel nicht möglich bzw. nicht sinnvoll erscheint. Dies hat allerdings zur Folge, dass die gewonnenen Daten nicht für Zwecke des Bildungsmonitorings eingesetzt werden können, sondern der pädagogischen Nutzung durch Lehrkräfte und Fachschaften im Rahmen der Unterrichts- bzw. Schulentwicklung vorbehalten sind. Orientierungsarbeiten. Justiziabilität Im Zusammenhang mit Leistungserhebung in der Schule meint Justiziabilität, dass eine Leistungsbeurteilung so beschaffen sein muss, dass sie einer Überprüfung vor Gericht standhalten kann. Problematisch sind daher alle Schülerleistungen, die nicht objektiv nachprüfbar dokumentiert sind und bei Einspruch zum Beispiel von Schülereltern nicht als manifester Beweis einer Schülerleistung vorgelegt werden können. Vor allem Leistungen eines Teams sowie Werthaltungen und Einstellungen der Schüler sind teilweise schwer zu beobachten und nur schwierig zu bewerten. Besonders relevant wird die Justiziabilität einer Leistungsbeurteilung, wenn diese der Verteilung von Karrierechancen dient, z. B. bei Entscheidungen über Bestehen einer Jahrgangsstufe oder einer Abschlussprüfung mit Folgen für Studium oder Laufbahn. In der Diskussion um die Einführung innovativer Leistungserhebungen erwies sich das Kriterium der Justiziabilität teilweise hinderlich, um progressive Ideen und Zukunftsvisionen zu verfolgen. Juristische Denkweisen dominieren nicht selten den Reformdiskurs, der seinerseits die rechtlichen Rahmenbedingungen von Schule und Notengebung nicht ausblenden darf. Noten. 30 Klausur „Klausur“ (clausura [lat.]: Verschluss; hier: abgeschlossener Bereich) ist der landläufige Begriff für eine Schulaufgabe in der Oberstufe; er wird jedoch von Schulordnungen nicht verwendet. Nähere Hinweise zu schriftlichen Leistungserhebungen finden sich in BayEUG Art. 52, BSO § 17, GSO §§ 42-51. Kompetenzbereiche Vgl. Kompetenzmodell Kompetenzen Während dem traditionellen deutschen Bildungsbegriff ein weitgehend situationsunabhängiges Weltverstehen im Sinne von Humboldt zugrunde liegt, ist der seit Beginn der neunziger Jahre prominente Kompetenzbegriff deutlich stärker funktionalistisch geprägt. F. E. Weinert hat 1999 in einem Gutachten für die OECD verschiedene Begriffsvarianten aufgezeigt und 2001 die heute in Deutschland meist zitierte Definition formuliert. Danach sind Kompetenzen „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert [2001], S. 27 f.). Individuelle Kompetenz umfasst also netzartig zusammenwirkende Facetten wie Wissen, Fähigkeit, Verstehen, Können, Handeln, Erfahrung und Motivation. Sie wird verstanden als Disposition, die eine Person befähigt, konkrete Anforderungssituationen eines bestimmten Typs zu bewältigen. Dieser Kompetenzbegriff ist weit gefasst und subsumiert neben kognitiven Merkmalen auch motivationale und handlungsbezogene Aspekte, um der Komplexität menschlichen Handelns Rechnung zu tragen. Diese Auffassung von Kompetenz liegt sowohl den in den letzten Jahren entwickelten deutschen Bildungsstandards als auch der Konzeption der PISA-Studie zugrunde, in der Kompetenz als Potenzial verstanden wird, und zwar als Fähigkeit der Schüler, in einem bestimmten Gebiet Anforderungen zu bewältigen, Probleme zu lösen und weiter zu lernen. Bei dem Versuch, Kompetenzen weiter zu spezifizieren und Kompetenzdimensionen zu identifizieren, stößt man auf eine Vielzahl unterschiedlicher Systematisierungen. Weit verbreitet ist die Unterscheidung der Dimensionen Selbstkompetenz (auch Personal- bzw. Humankompetenz genannt), Sozialkompetenz, Methodenkompetenz und Sachkompetenz (auch Fachkompetenz genannt). In der Berufspädagogik werden diese einzelnen Dimensionen unter dem Begriff „Handlungskompetenz“ zusammengefasst. Im Zusammenhang mit Kompetenzen, die wesentlich für die persönliche und soziale Entwicklung der Menschen in modernen Gesellschaften sind, spricht man häufig von Schlüsselkompetenzen. Gemäß OECD müssen letztere drei Kriterien erfüllen: Schlüsselkompetenzen tragen zum Erfolg auf der individuellen und gesellschaftlichen Ebene bei. Sie werden benötigt, um bedeutsame komplexe Anforderungen bzw. Herausforderungen in möglichst vielen Kontexten bewältigen zu können. 31 Sie sind für alle Individuen von Bedeutung. Eine genauere theoretische Beschreibung dieser fächerübergreifenden Kompetenzen gestaltet sich ebenso schwierig wie ihre Operationalisierung. Hinzu kommt, dass empirische Belege zur Förderbarkeit von Schlüsselkompetenzen selten sind. Nicht zuletzt auch aus diesem Grund empfehlen Klieme et. al., keine speziellen Bildungsstandards für Schlüsselkompetenzen wie Lernfähigkeit, problemlösendes und kreatives Denken, Arbeitsorganisation und Kooperation zu entwerfen. Sie propagieren vielmehr – wie im Übrigen auch Weinert – die Auffassung, dass der Erwerb von Kompetenz beim systematischen Aufbau von intelligentem Wissen in einer Domäne (Lernbereich oder Fach) beginnt und davon ausgehend sich ein „wohlorganisiertes, disziplinär, interdisziplinär und lebenspraktisch vernetztes System von flexibel nutzbaren Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnissen und metakognitiven Kompetenzen“ entwickeln kann (Weinert 2000, S. 8). Dennoch müssen Schlüsselkompetenzen in der jeweiligen Domäne selbstverständlich integriert sein und ausgebildet werden. Abgesehen davon, dass Kompetenz bereits im vorschulischen Bereich erworben wird, gelten diese Aussagen im Prinzip sowohl für das allgemein bildende als auch für das berufsbildende Schulwesen, zumal der Begriff der Domäne nicht auf Fächer beschränkt ist. So könnte im dualen System die Ausbildung in einem bestimmten Beruf (z. B. Bankkaufmann) ohne weiteres als Domäne aufgefasst werden. Allerdings grenzten Klieme et al. in einer Fußnote ihre Sicht von Kompetenz ausdrücklich von berufspädagogischen Konzepten ab, die hier offensichtlich mit dem Konzept der Schlüsselkompetenzen gleichgesetzt werden. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass – wie oben ausgeführt – in der Berufspädagogik die Handlungskompetenz mit ihren Dimensionen Fach- Human- und Sozialkompetenz der Sichtweise von Weinert in seinem funktionalen Ansatz sehr nahe steht. Bei genauer Betrachtung stellen die unterschiedlichen Blickwinkel also keine Gegensätze dar, sondern verfolgen auf der Basis der Weinertschen Auffassung von Kompetenz dieselben Ziele für unterschiedliche Bereiche. Weiterführende Quellen: Baumert, Jürgen et al.: Erfassung fächerübergreifender Problemlösekompetenzen in PISA, o. O. o. J., S. 2, unter http://www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/Problemloesen.pdf. Handreichungen für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz (KMK) für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe (Entwurfsfassung 2004) (vgl. http://www.kmk.org/doc/publ/handreich.pdf vom 15.9.2000). Kiper, Hanna: Der Kompetenzbegriff in Schulleistungsstudien – eine Hilfe zur Neuorientierung des Unterrichts? Vortrag vom 17.11.2003 unter http://www.member.uni-oldenburg.de/hanna.kiper/7418.html. Klieme, Eckhard: Was sind Kompetenzen und wie lassen sie sich messen? In: Pädagogik, 6/2004, S. 1013. Klieme, Eckhard et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise. Berlin 2003. http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf. OECD Program DeSeCo: Strategy Paper, 2002, unter http://www.portal-stat.admin.ch/deseco/deseco_strategy_paper_final.pdf. Rychen, Dominique S. / Salganik, Laura H. (Hrsg.): Key Competencies for a Successful Life and a WellFunctioning Society. Göttingen 2003. (Zusammenfassung unter http://www.portal-stat.admin.ch/deseco/deseco_finalreport_summary.pdf). Weinert, Franz E.: Konzepte der Kompetenz. Paris 1999. 32 Weinert, Franz E.: Lehren und Lernen für die Zukunft – Ansprüche an das Lernen in der Schule. Bad Kreuznach 2000. Auch unter: http://pz.bildung-rp.de/pn/pn2_00/weinert.htm. Weinert, Franz. E.: Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert, Franz. E. (Hrsg.): Leistungsmessung in Schulen. Weinheim und Basel: Beltz 2001, S. 17-31. Kompetenzmodell Kompetenzmodelle konkretisieren Bildungs- und Lernziele auf der Basis fachdidaktischer Konzepte und pädagogisch-psychologischer Erkenntnisse zum Aufbau von Wissen und Können. Kompetenzmodelle setzen sich aus zwei Komponenten zusammen und zwar aus der Beschreibung von: Kompetenzbereichen, d. h. verschiedenen Teildimensionen des Lernbereichs, in denen systematisch über die Jahre hinweg Fähigkeiten aufgebaut werden, und Kompetenzstufen, d. h. verschiedenen möglichen Abstufungen bzw. Graden an Kompetenz, die sich bei den Lernenden feststellen lassen. Während sich tragfähige Kompetenzbereiche für viele Domänen auf der Basis fachdidaktischer und schulpraktischer Erkenntnisse relativ gut finden lassen (z. B. für Deutsch: Sprechen, Schreiben, Lesen), besteht bei den Kompetenzstufen meist deutlich mehr Diskussions- und Entwicklungsbedarf, da diese im Idealfall mehrere Funktionen übernehmen sollen. Zum einen sollen sie eine hierarchische Stufung von Anforderung beschreiben, so dass Lernende, die aufgrund ihres Lernniveaus einer bestimmten Stufe zuzuordnen sind, Anforderungen dieser Stufe und aller darunter befindlichen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllen können, nicht aber Anforderungen höherer Stufen. Zum anderen sollen sich aus Kompetenzstufen tragfähige Aussagen zur Entwicklung und spezifischen Förderung von Kompetenzen ableiten lassen, die für den Unterricht Nutzen bringen. Bei der Festlegung der verschiedenen Stufen können unterschiedliche Aspekte eine Rolle spielen, z. B. ein zunehmend routiniertes und flexibles Anwenden von Wissen auf den höheren Niveaus, ein zunehmendes Vernetzen der Wissenselemente oder auch das Bilden von Meta-Wissen und abstraktem Wissen. Neben fachdidaktischen und pädagogischpsychologischen Erkenntnissen spielt die empirische Bildungsforschung für die Entwicklung von Kompetenzstufen eine wesentliche Rolle, denn über die Erstellung von Aufgabenpools, ihre Erprobung in Feldtests und die Analyse der Aufgaben lassen sich Modelle entwickeln, die den Zusammenhang zwischen verschiedenen Merkmalen und der beobachteten Schwierigkeit von Anforderungen herstellen. Klieme et. al. haben in ihrer Expertise eine hohe Messlatte an die Güte von Kompetenzmodellen – dem Kern von Bildungsstandards – gelegt. Sie sollen beispielsweise die Grundstruktur von Kompetenz klar beschreiben, Grundlage für die Operationalisierung von Bildungszielen bilden, empirisch überprüft sein, Aussagen darüber machen, in welchen Kontexten, bei welchen Altersstufen und unter welchen Einflüssen sich die einzelnen Kompetenzen entwickeln, sie sollen also eine Entwicklungsperspektive für die Fähigkeiten von Schülern aufzeigen, sollen eine moderne Philosophie der Schulfächer widerspiegeln und 33 bewirken, dass die Unterrichtspraxis an den Lernprozessen und Lernergebnissen der Schüler und nicht allein an der Fachsystematik orientiert wird. In den KMK-Bildungsstandards werden derzeit allerdings keine vollständigen Kompetenzmodelle spezifiziert. Zwar werden fachspezifische Kompetenzbereiche dargestellt, zum großen Teil aber noch keine Kompetenzstufen (stattdessen sog. Anforderungsbereiche) ausgewiesen. Deren Entwicklung sowie die Absicherung der Kompetenzbereiche durch entsprechende Aufgaben bzw. Testverfahren stellt ein umfangreiches interdisziplinäres Forschungsprogramm dar, das derzeit noch am Anfang steht. Eine wichtige Rolle wird dabei das nationale Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) in Zusammenarbeit mit den Ländern übernehmen. Als ein relativ weit entwickeltes Kompetenzmodell gilt der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER), der sich ausschließlich auf die kommunikativen Sprachkompetenzen bezieht. Er unterscheidet zwischen den Kompetenzbereichen Hörverstehen, mündliche Ausdrucksfähigkeit, Leseverstehen, schriftliche Ausdrucksfähigkeit. Über Deskriptoren werden Kompetenzen auf sechs Niveaustufen beschrieben, die den jeweiligen Lernstand z. T. differenziert nach den Kompetenzbereichen wiedergeben. Der GER ist derzeit noch nicht vollständig validiert, einen Beitrag hierzu soll die KMK-Studie DESI leisten. Der PISA-Studie liegt ein spezielles Kompetenzmodell zugrunde, das sich nicht auf ein Fach allein, sondern insgesamt auf Basiskompetenzen bezieht, die in modernen Staaten für die Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben notwendig sind. Diese werden in die drei Kompetenzbereiche reading literacy, mathematical literacy und scientific literacy unterteilt. Für jeden der drei Bereiche wurde eine Skala für die Erfassung von Schülerleistungen im Test erstellt und darauf fünf (PISA 2003: sechs Stufen) gleich breite Abschnitte – Kompetenzstufen – definiert. Sie ermöglichen Aussagen über die Verteilung der Schüler in Bezug auf ihre Fähigkeiten. Beispielsweise erreichen in PISA 2003 22,6 % der Schüler Kompetenzstufe III. Mit Hilfe der Rasch-Skalierung konnte außerdem die Schwierigkeit der einzelnen Aufgaben (gemessen an ihrer empirischen Lösungshäufigkeit) auf der gleichen Skala wie die Schülerleistungen abgebildet, also ebenfalls den fünf (bzw. sechs) Kompetenzstufen zugeordnet werden. Durch die inhaltliche Untersuchung der Test-Items der jeweiligen Stufe daraufhin, welche Anforderungen sie beinhalten, konnten die fünf unterschiedlichen Niveaus hinsichtlich der erforderlichen Personenfähigkeiten interpretiert werden, z. B. Kompetenzstufe I (Skalenwerte 329-420): Rechnen auf Grundschulniveau, Kompetenzstufe II (Skalenwerte 421-511): Elementare Modellierungen. Didaktiker verfeinerten später diese Beschreibung durch die genauere Analyse der Anforderungen verschiedener Aufgaben weiter. Trotzdem handelt es sich hierbei um eine rein deskriptive Systematik und dezidiert nicht um ein Modell für die Kompetenzentwicklung bei Schülern. Weiterführende Quellen: Common European Framework of Reference for Languages: http://www.coe.int/T/E/Cultural_Cooperation/education/Languages/Language_Policy/Common_Framework_of_Reference/. Helmke, Andreas / Hosenfeld, Ingmar: Vergleichsarbeiten – Standards – Kompetenzstufen. Begriffliche Klärung und Perspektiven. In: Jäger, Reinhold S. et al. (Hrsg.): Wissenschaftliche Beiträge zum Lernen im 21. Jahrhundert. Landau 2004. Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB): http://www.iqb.hu-berlin.de/. Klieme, Eckhard et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise. Berlin 2003, unter 34 http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf, S. 61 ff. PISA-Konsortium Deutschland (Hrsg.): PISA 2003, Der Bildungsstand der Jugendlichen in Deutschland, Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleichs, Münster 2004 Kompetenzstufen Kompetenzmodell Anforderungsbereiche, Kompetenzbereiche, Kurzarbeit Kurzarbeiten sind schriftliche Leistungsnachweise, die sich auf höchstens sechs unmittelbar vorhergegangene Unterrichtsstunden sowie auf Grundkenntnisse beziehen. Kurzarbeiten müssen sich vom Umfang einer Schulaufgabe deutlich unterscheiden und sollen mit einem Zeitaufwand von höchstens 30 Minuten bearbeitet werden können. Sie werden spätestens eine Woche vorher angekündigt. Die Entscheidung, ob Kurzarbeiten gefordert werden, trifft die Lehrerkonferenz zu Beginn des Schuljahres. Im Unterschied zu einer Stegreifaufgabe erlaubt die Kurzarbeit ebenfalls das Abprüfen von Grundkenntnissen, aber in zeitlich größeren Zusammenhängen. Nähere Hinweise finden sich in FOBOSO §§ 24-31, GSO §§ 43-51, RSO §§ 38-39, WSO §§ 34-40. Schulaufgabe. Leistung Leistung kann nach Klafki als „Ergebnis oder Vollzug von Tätigkeiten und Handlungen (einschließlich kognitiver Lernakte) umschrieben werden, die mit Anstrengung verbunden sind, für die Gütemaßstäbe gesetzt sind oder von den betreffenden Subjekten selbst gesetzt werden und die demzufolge beurteilt werden“ (Klafki 1989, S. 983). Im schulischen Bereich werden meist nur die Leistungen erfasst, die mit einer Zensur im Zeugnis bewertet werden können. Es handelt sich also zum großen Teil um fachlich ausgerichtete Leistungen. Versteht man Leistung allgemeiner als Lernleistung, so gehen dieser Lernprozesse voraus, welche einen größeren Bereich umfassen: Die kognitive Komponente schließt die Aneignung von Wissen, Fähigkeiten, bestimmten Fertigkeiten oder Erkenntnissen mit ein, die soziale und emotionale Komponente macht deutlich, dass Lernen nicht losgelöst stattfindet, sondern von Situationen, von Emotionen und vom sozialen Gefüge geprägt ist, welche insgesamt die Dimension der Wertungen und Haltungen mit prägen. In der Schule ist der Nachweis bestimmter Leistungen in starkem Maße Voraussetzung dafür, bestimmte Berufsausbildungswege und Schullaufbahnen einzuschlagen bzw. bestimmte Studiengänge wählen zu können. Weiterführende Quelle: Lenzen, Dieter; Mollenhauer, Klaus (Hg.): Handbuch und Lexikon der Erziehung in 11 Bänden und einem Registerband. Band 1: Theorien und Grundbegriffe der Erziehung und Bildung, Ernst Klett, Stuttgart 1983. Sacher, Werner: Leistungen entwickeln, überprüfen und beurteilen. Bewährte und neue Wege für die Primar- und Sekundarstufe. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 42004 (überarbeitete und erweiterte Auflage), insbesondere S. 13-32. 35 Begabung, Pädagogischer Leistungsbegriff. Leistungsfeststellung / Leistungserhebung, Leistungsbewertung / Leistungsbeurteilung Im Schulalltag und in der Fachliteratur wird die Ermittlung und Benotung der Schülerleistung als „Leistungsfeststellung“, „Leistungsbewertung“ oder Leistungsbeurteilung“ bezeichnet. Unterschieden werden die verschiedenen Termini, denen eine unterschiedliche Bedeutung zugrunde liegt, wie folgt: „Leistungserhebung“ und „Leistungsfeststellung“ werden synonym verwandt und fokussieren eher den Akt des Festhaltens, des Feststellens von Schülerleistungen. Es geht hierbei also vornehmlich um die Dokumentation. „Leistungsbewertung“ und „Leistungsbeurteilung“ werden synonym verwandt und beinhalten die pädagogische Einschätzung des Lehrers bezüglich der Schülerleistung meist in Form einer Note oder einer verbalen Beurteilung. Konsequenzen dieser Beurteilung können – je nach Einschätzung der Schülerleistung – Lob oder Tadel sein, Entwicklung und Einsatz geeigneter Fördermaßnahmen bis hin zu Empfehlungen für die weitere Schullaufbahn bzw. berufliche Laufbahn. Die „Leistungsmessung“ muss testtheoretisch fundiert sein und unterliegt den Kriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität, um zu transparenten Ergebnissen zu führen. Bei der Bewertung von Schülerleistungen werden Normen zugrunde gelegt, auf die die jeweilige Leistung bezogen wird. Folgende Bezugsnormen finden Anwendung: Die soziale Norm, hat den sozialen Vergleich zur Grundlage und ist der Regelfall der schulischen Leistungsbeurteilung. Eine Schülerleistung wird in der Regel als gut bewertet, wenn sie den Durchschnitt der Leistung einer Klasse übertrifft bzw. als ausreichend bis ungenügend, wenn sie hinter dieser zurück bleibt. Eine befriedigende Bewertung erfolgt in der Regel bei einer durchschnittlichen Leistungserbringung. Die kriteriale Norm, bei der eine Leistung auf sachlich-fachliche Anforderungen bezogen wird bzw. danach beurteilt wird, ob sie den Lernzielen oder dem Lehrplan entspricht (lernziel-, lehrplan- oder kriteriumsorientierte Leistungsbeurteilung). Die individuelle Norm, bei der eine Leistung am Lernfortschritt des einzelnen Schülers gemessen, d. h. die aktuelle Leistung mit früheren Leistungen des Schülers verglichen wird. In der schulischen Praxis ist die Kombination verschiedener Bezugsnormen unter Berücksichtigung entwicklungspsychologischer und motivationsfördernder Gesichtspunkte im Sinne eines integrierenden Bewertungssystems nahe liegend. Ein pädagogisches Leistungsverständnis berücksichtigt sowohl die individuelle Anstrengungsbereitschaft des Schülers als auch das Ergebnis dieser Anstrengungen in Bezug auf die gestellten Anforderungen sowie auf das Gruppenergebnis. Schriftliche, mündliche und praktische Leistungen werden zur Bewertung herangezogen, wobei die unterschiedlichen SchülerLerntypen Berücksichtigung finden sollen. Die Leistungsbewertung umfasst zunehmend auch schwer messbare Leistungen eines Schülers wie Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Kreativität und soziales Engagement. Der Schüler kann in einer Leistungssituation nachweisen, was er gelernt und geübt hat. Durch die Leistungsbewertung erfährt der Schüler Rückmeldung über seinen persönlichen Leistungsstand und seinen eigenen Lernfortschritt. Er erhält Informationen über individuelle Verständnisprobleme und Lernschwierigkeiten, aber auch Bestätigung seiner Fähigkei- 36 ten und seines Lernerfolges. Die Leistungsbewertung dient auch der Lehrkraft als Orientierungshilfe und als Qualitätsindikator ihres Unterrichts. Ausgehend vom Gesamtergebnis der jeweiligen Leistungserhebungen kann die Lehrkraft Einfluss auf die zukünftige Unterrichtsgestaltung und Unterrichtsführung nehmen und inhaltliche, didaktische und methodische Zielsetzungen neu akzentuieren. Leistungsnachweis Zum Nachweis des Leistungsstands erbringen die Schüler in angemessenen Zeitabständen entsprechend der Art des Fachs schriftliche, mündliche und praktische Leistungen. Art, Zahl, Umfang, Schwierigkeit und Gewichtung der Leistungsnachweise richten sich nach den Erfordernissen der jeweiligen Schulart und Jahrgangsstufe sowie der einzelnen Fächer. Die Art und Weise der Erhebung des Leistungsstandes ist den Schülern vorher bekannt zu geben und die Bewertung der Leistungen ist den Schülern mit Notenstufe und der Begründung für die Benotung zu eröffnen. Die einzelnen schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungsnachweise sowie die gesamte während eines Schuljahres oder sonstigen Ausbildungsabschnitts in den einzelnen Fächern erbrachte Leistung werden nach folgenden Notenstufen bewertet: sehr gut = 1 (in der Kursphase der Oberstufe: 13-15 Punkte) gut = 2 (in der Kursphase der Oberstufe: 10-12 Punkte) befriedigend = 3 (in der Kursphase der Oberstufe: 7- 9 Punkte) ausreichend = 4 (in der Kursphase der Oberstufe: 4- 6 Punkte) mangelhaft = 5 (in der Kursphase der Oberstufe: 1- 3 Punkte) ungenügend = 6 (in der Kursphase der Oberstufe: 0 Punkte) Leistungsnachweise dienen zum einen der Leistungsbewertung und zum anderen als Beratungsgrundlage für Fördermaßnahmen. Die Schulordnungen können vorsehen, dass in bestimmten Jahrgangsstufen der Grundschule und der Förderschule, in Wahlfächern sowie bei ausländischen Schülern in Pflichtschulen und bei Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Volksschulen und Berufsschulen die Noten durch eine allgemeine (schriftliche) Bewertung ersetzt werden. Auf Wunsch der Erziehungsberechtigten oder Schüler werden die erzielten Noten mitgeteilt. Unter Berücksichtigung der einzelnen schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungen werden Zeugnisse erteilt. Hierbei werden die gesamten Leistungen eines Schülers unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Schüler in pädagogischer Verantwortung der Lehrkraft bewertet. Daneben sollen Bemerkungen über Anlagen, Mitarbeit und Verhalten des Schülers in das Zeugnis aufgenommen werden. Der Bedeutung von Leistungsnachweisen im unterrichtlichen Zusammenhang werden auch entsprechende Formulierungen im Rahmen der dienstlichen Beurteilung von Lehrkräften gerecht. So heißt es hierzu unter „2.3.1 Beurteilung der fachlichen Leistung, 1. Unterrichtsplanung und Unterrichtsgestaltung […]: Beachtung von Lehrplan und Unterrichtsbezug, Grundwissen und Grundfertigkeiten bei der Aufgabenstellung; Vielfalt der Aufgabenstellung mit unterschiedlichen Anforderungsstufen; sorgfältige und transparente Korrektur, Besprechung mit gezielter Hilfestellung für die Schülerinnen und Schüler, sinnvolle Verteilung über das Schuljahr.“ (KWMBl I Nr. 8/2005, S. 133). 37 Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 52, GSO § 43, RSO § 36, VSO § 17-18. Noten, Zensuren Lerntagebuch Jede Art von Dokumentation des eigenen Lernwegs kann als Lerntagebuch bezeichnet werden. Es hat z. B. in einem konstruktivistisch geprägten Modell vom Lernen einen großen Stellenwert, da hier der Lernprozess gegenüber dem Produkt in den Vordergrund tritt. Besondere Bedeutung haben Lerntagebücher im didaktischen Konzept „Dialogisches Lernen in Sprache und Mathematik“, wie es von Gallin/Ruf vorgeschlagen wird. Im Gegensatz zum weit verbreiteten Unterrichtskonzept, bei dem es (eindimensional) darum geht, von einem Problem zur Lösung zu kommen, wird hier als zweite Dimension der (individuelle) Dialog zwischen Lernendem und Lehrperson betont. Dabei bearbeiten die Schüler schriftlich offene Aufträge (im Gegensatz zu geschlossenen Aufgaben, welche hauptsächlich den traditionellen Unterricht prägen), die jedem einen Einstieg ermöglichen, aber auch Herausforderungen für überdurchschnittliche Schüler enthalten. Sie sollen dabei alle ihre Gedanken im Lerntagebuch dokumentieren. Auch falls das Problem nicht gelöst werden kann, zeigen die Aufzeichnungen Wege und Irrwege auf, die Gegenstand des weiteren Unterrichts sein können. Jede Informationsquelle (Bücher, Internet, Freunde, Verwandte) ist zugelassen, muss aber korrekt angegeben werden. Die Lehrkraft liest in regelmäßigen Abständen sämtliche Eintragungen durch und gibt konstruktive Rückmeldungen. Das heißt, es handelt sich weder fachlich noch sprachlich um eine Korrektur (was den Zeitaufwand für die Lehrkraft in Grenzen hält), sondern um einen Austausch (Dialog). Ein Tagebuch darf Unausgegorenes und Falsches enthalten und kann nicht nach üblichen Maßstäben für Leistungserhebungen bewertet werden. Neben konstruktiven Rückmeldungen erhält der Schüler sein Tagebuch mit einer Bewertung zurück. Dafür schlagen Gallin/Ruf das folgende „Häkchensystem“ vor: 0 Häkchen: nicht erfüllt, noch einmal 1 Häkchen: erfüllt, die Auseinandersetzung mit dem Problem war intensiv genug 2 Häkchen: die intensive persönliche Auseinandersetzung ist spürbar 3 Häkchen: ein „Wurf“; eine originelle Idee, ein brillanter Gedanke ist sichtbar Drei Häkchen sind also auch dann möglich, wenn das „Produkt“ nicht einwandfrei ist. Wie häufig offene Aufträge mit der Tagebuchmethode zu bearbeiten sind und in welcher Weise die Bewertungen in die Note eingehen können (z. B. als Unterrichtsbeitrag), liegt in der Entscheidung der Lehrkraft. Weiterführende Quellen: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): Weiterentwicklung des mathematischnaturwiiss. Unterrichts. Erfahrungsbericht zum BLK-Programm SINUS in Bayern. München 2002, S. 69 ff. Gallin, Peter/Ruf, Urs: Dialogisches Lernen in Sprache und Mathematik. Band 1: Austausch unter Ungleichen. Grundzüge einer interaktiven und fächerübergreifenden Didaktik. Seelze-Velber: Kallmeyer 2003. Fehlerkultur, Lern- und Leistungsphasen, Portfolio. 38 Lern- und Leistungsphasen Obwohl Leistung in der Regel ein Ergebnis vorausgehender Anstrengung bzw. (im schulischen Bereich) vorausgehenden Lernens ist, unterliegen Leisten und Lernen völlig unterschiedlichen psychologischen Gesetzmäßigkeiten. Wer sich subjektiv in einer Leistungssituation wähnt, bemüht sich in erster Linie darum, Erfolge zu erzielen und Misserfolge zu vermeiden. Man denkt und handelt in einem motivational gespannten Feld, weil man in Leistungssituationen notwendigerweise sich bewähren oder versagen kann. Kaum jemand ist in dieser Situation motiviert, Neues zu lernen, Wissenslücken zu schließen oder unklar Gebliebenes doch noch zu verstehen. Subjektiv kommt es vielmehr darauf an, das Gewusste zu aktivieren, mangelndes Wissen nicht preiszugeben, Fehler zu vermeiden und sich selbst in einem günstigen Licht zu präsentieren. Im Vergleich dazu sind Lernsituationen in der Regel entspannter, offener, sach-, informations- und problemzentrierter. Der Lernende möchte etwas wissen, entdecken, erfassen. Fehler brauchen nicht vermieden zu werden, wenn man aus ihnen im Sinne der Selbstkorrektur lernen kann. In prüfungsfreien Phasen sind die Mitschüler in erster Linie Lernpartner. Der Lehrer verändert seine Rolle der Prüfinstanz hin zum pädagogischpsychologischen Berater und unterstützt den Schüler in der produktiven Auswertung des jeweiligen Lernprozesses. Aufgabe eines guten Unterrichts ist es, Lern- und Leistungssituationen im Bewusstsein der Schüler so zu separieren, dass eine produktive Lernsituation entstehen kann. Möglicherweise ist es sinnvoll, Prüfungswochen einzuführen, in denen Schulaufgaben bei gezielter Vor- und Nachbereitung gebündelt werden (vgl. Schulversuch MODUS 21). Weiterführende Quelle: Weinert, Franz E.: Neue Unterrichtskonzepte zwischen gesellschaftlichen Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten. In: Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum Bildungskongress des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst am 29./30. April 1998 in der Ludwig-Maximilians-Universität, München, hrsg. vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst. München: Auer 1998, S. 101-125. Fehlerkultur, Lerntagebücher, Portfolio. Mitarbeit Die Mitarbeit stellt eine wesentliche Grundlage für die Leistungsbeurteilung dar, die sich nicht allein auf schriftliche Prüfungen stützen darf. Die Mitarbeit gehört zu den wichtigsten Pflichten des Schülers, welche im Unterricht zu erbringen sind; dabei steht die Eigenverantwortlichkeit im Vordergrund. Nicht unumstritten ist deshalb, inwieweit von einer Verpflichtung des Lehrers auszugehen ist, zu beurteilungsrelevanten mündlichen Beiträgen des Schülers zu gelangen, oder inwieweit der Schüler selbst angehalten ist, sich selbstständig immer wieder am Unterricht zu beteiligen. Die Mitarbeit umfasst dabei nicht nur die Beantwortung von Fragen oder Stoffwiederholungen, sondern beispielsweise auch das Lesen, Übersetzen oder die schriftliche Wiedergabe eines Textes, die Lösung einer Aufgabe im Rahmen von Gruppenarbeit, das Rechnen eines mathematischen Beispiels. In der Feststellung der Mitarbeit sind also nicht nur die mündlichen, sondern auch die schriftlichen und praktischen Leistungen einzubeziehen. 39 Nähere Hinweise finden sich in BayEUG § 52 (2) und BayEUG § 53 (2), FOBOSO §§ 31-38, RSO § 52 (3), VSO § 27, WSO § 49. Unterrichtsbeiträge. Mittlerer Schulabschluss / Mittlere Reife Im Rahmen einer Abschlussprüfung am Ende der Jahrgangsstufe 10 der Realschule kann der Schüler den mittleren Schulabschluss erwerben. Ebenso schließen die Erlaubnis zum Vorrücken in die Jahrgangsstufe 11 des Gymnasiums und die Fachschulreife den Nachweis eines mittleren Schulabschlusses ein. Der mittlere Schulabschluss wird ferner im Rahmen bestimmter Einschränkungen nachgewiesen durch das Abschlusszeugnis der 10. Klasse der Hauptschule (M-Zug), das Zeugnis über den qualifizierten beruflichen Bildungsabschluss, das Abschlusszeugnis der Berufsschule, das Abschlusszeugnis der Berufsfachschule, das Abschlusszeugnis der Wirtschaftsschule, das Zeugnis über den erfolgreichen Besuch der Vorstufe der Berufsoberschule oder die Besondere Prüfung. Für den Mittleren Schulabschluss gibt es zwischenzeitlich Bildungsstandards der KMK. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art 25, VSO §§ 37-38. Weiterführende Quelle: Mittlerer Schulabschluss in sonstigen Schulen im Netz unter http://www.km.bayern.de/km/schule/abschluesse/arten/01149/index.shtml. Mündliche Leistungen Kommunikationsfähigkeit hat eine hohe Bedeutung für Schullaufbahn, Studium, Beruf und Alltag. Deshalb muss es ein Ziel modernen Unterrichts sein, diese zu stärken. Mündlichkeit spielt in vielen innovativen Unterrichtsformen wie Gruppen- und Projektarbeit eine zentrale Rolle und sollte auch durch adäquate Formen der Leistungserhebung angemessen abgebildet werden. Bei mündlichen Leistungserhebungen kann auf eine große Variationsbreite von Prüfungsformen wie z. B. Referat, Präsentation, Interview, Colloquium oder mündliche Gruppenprüfung zurückgegriffen werden. Diese mündliche Form der Leistungserhebung vermag situationsgerecht auf individuelle Stärken und Schwächen des Schülers einzugehen, indem der Lehrer – im Unterschied zu schriftlichen Prüfungen – zeitnah reagiert. Sie hat jedoch zugleich eine Schwäche in der gegenüber schriftlichen Prüfungen schwierigeren Vergleichbarkeit der Schülerleistungen. Die Bewertung mündlicher Leistungen im Verlauf von Unterrichtsprozessen, im Rahmen eines Interviews oder bei der Präsentation von Ergebnissen muss also differenziert und systematisch erfolgen. Hierzu helfen gut strukturierte Beobachtungs- und Beurteilungsbögen mit transparenten, klar formulierten und praxisnahen Kriterien. Die transparente Dokumentation von Schülerleistungen ermöglicht damit einen hohen Grad an Objektivität 40 und Vergleichbarkeit. Deshalb ist es notwendig – vor allem in den allgemein bildenden Schulen –, die Beobachtungs-, Diagnose- und Beratungskompetenz der Lehrkräfte zu stärken. In den Schulordnungen subsumieren sich unter dem Terminus „mündliche Leistungen“ neben den „echten“ mündlichen Leistungen – wie Unterrichtsbeiträgen oder Rechenschaftsablagen – eine Vielzahl weiterer Leistungsformen wie schriftliche Stegreifaufgaben oder praktische Leistungen. Letztere können beispielsweise in den Unterrichtsfächern Kunst, Musik, Sport, Textilarbeit mit Werken sowie Hauswirtschaft im Rahmen der mündlichen Leistungen erbracht werden bzw. können diese ersetzen. Mündliche Prüfung Jeder Schüler am Gymnasium kann am Ende seiner Ausbildungszeit auf Antrag in den drei schriftlichen Abiturprüfungsfächern auch mündlich geprüft werden. Die mündlichen Prüfungen und die Colloquiumsprüfung sind Einzelprüfungen. Sie dauern in der Regel 20, mindestens jedoch 15 Minuten. Die Aufgaben werden in der mündlichen Prüfung schriftlich gestellt. Je nach Aufgabenstellung können ihm auch Materialien zur Verfügung gestellt werden. Der Schüler darf sich etwa 20 Minuten unter Aufsicht vorbereiten und dabei Aufzeichnungen als Grundlage für seine Ausführungen machen. Zur Sicherung der Beurteilung können auch Fragen gestellt werden, die zuvor nicht schriftlich vorgelegt worden sind. In den modernen Fremdsprachen finden sowohl die mündliche Prüfung als auch die Colloquiumsprüfung in der jeweiligen Fremdsprache statt, der Schüler erhält hier eine Textvorlage und/oder einen Hörtext. Die mündliche Prüfung in den Fremdsprachen ist Teil der Abschlussprüfung an Real-, Berufs- und Fachoberschulen. Im Bereich des Gymnasiums kann eine mündliche Prüfung im Bereich der Fremdsprachen auch zur Substitution einer Schulaufgabe genutzt werden. Nähere Hinweise zur mündlichen Prüfung finden sich in GSO § 71, zu mündlichen Leistungsnachweisen im Allgemeinen BSO § 17, FOBOSO § 45, GSO § 46, RSO § 36, VSO 26. Noten Zensur. Objektivität Test. Orientierungsarbeiten Seit dem Schuljahr 2001/2002 werden an allen bayerischen Grundschulen in den Jahrgangsstufen 2 und 3 zentral gestellte Vergleichsarbeiten, die sog. Orientierungsarbeiten, in Deutsch und Mathematik durchgeführt. Sie werden bayernweit zum gleichen Zeitpunkt bearbeitet und nicht benotet. Die bayerischen Orientierungsarbeiten sind Tests im wissenschaftlichen Sinne und haben primär eine diagnostische Zielrichtung zur Bereitstellung entsprechender Hinweise, können aber aufgrund ihres Designs auch Daten für ein Bildungsmonitoring liefern. Dies gilt vor allem dann, wenn die Orientierungsarbeiten in einer repräsentativen Stichprobe unter 41 Bedingungen von Durchführungs- und Auswertungsobjektivität durchgeführt werden. Die Aufgaben orientieren sich an Kompetenzmodellen und sind lehrplanbezogen. Ein Vergleich von einzelnen Lehrkräften oder Schulen im Sinne eines Rankings ist ausdrücklich nicht vorgesehen und auch nicht sinnvoll, da einzelne Klassen und Schulen ohne die Berücksichtigung von Hintergrundvariablen nicht miteinander verglichen werden können. Im Gegensatz zu den sog. Jahrgangsstufentests ermöglicht bei den Orientierungsarbeiten die Eichung der Aufgaben in Pretests Vergleiche über die Schuljahre hinweg, da die Aufgabenstellungen im Anforderungsniveau keinen Schwankungen unterworfen sind. Weiterführende Quelle: www.km.bayern.de/km/schule/schularten/allgemein/grundschule/orientierungsarbeiten/index.shtml. Outcome Der Begriff „Outcome“ (engl. für Ergebnis) beschreibt die Wirkung des Output. So besteht im schulischen Kontext die Wirkung erworbener Kompetenzen darin, dass diese später in Beruf, Studium und Alltag tatsächlich angewendet und weiterentwickelt werden können. Der schulische Outcome zielt also auf den gesellschaftlich nutzbaren Erfolg von Schule. Output Der Begriff „Output“ (engl. für Ausgabe, Leistung) wird in vielen Kontexten verwendet. So versteht man z. B. in der Produktionswirtschaft unter „Output“ den mengenmäßigen Ertrag, also die Ausbringung bzw. den Ausstoß. Im schulischen Kontext wird der Begriff seit einigen Jahren im Zusammenhang mit der Steuerung des Bildungssystems, z. B. mittels Standards, Vergleichsarbeiten, Evaluation, verwendet. Derzeit gewinnt diese Art der Steuerung an Bedeutung, da vermutet wird, dass sie Prozesse der Qualitätsverbesserung effektiver unterstützt. Im Unterschied zur Input-Steuerung, z. B. durch Lehrpläne, geht man hier vom Ergebnis aus und legt deshalb das intendierte Leistungsvermögen des Schülers zu einem bestimmten Zeitpunkt fest, z. B. durch Standards. Pädagogischer Leistungsbegriff Beim Verständnis von Leistung ist davon auszugehen, dass die Berücksichtigung der Individuallage der Kinder die notwendige Bedingung für erfolgreiches Lernen und damit auch für die Leistungserziehung ist. Schule soll bei allen Kindern die Bereitschaft und Fähigkeit entwickeln, Leistungen zu erbringen. Der pädagogische Leistungsbegriff orientiert sich demzufolge am individuellen Lern- und Entwicklungsprozess des Kindes, an der sozio-emotionalen Dimension des Lernens und am Grundsatz der Ermutigung zum Lernen. Der Bezug auf ein pädagogisches Leistungsverständnis hat zur Folge, dass der Schüler Bestätigung und Anerkennung der Individualleistung erfährt, Lernen und Leisten ihre Begründung in sich selbst bzw. in der Freude am Tun und Können haben, das soziale Lernen durch Kommunikation, Kooperation und Hilfestellung gefördert wird und eine Prognose für den weiteren Lernprozess bzw. für gezielte Förderung möglich ist. Diese Auswirkungen sollen zur Ermutigung des Kindes führen; sie sind abhängig von der individuellen Lernausgangslage und dem jeweiligen Entwicklungsstand. Kriterien für die 42 Bewertung einer Leistung sind z. B. Anstrengungsbereitschaft, Erreichen des Ziels, Ausdauer, Selbstständigkeit und Kooperationsfähigkeit. Eine Vereinheitlichung des umstrittenen pädagogischen Leistungsbegriffs vor dem Hintergrund der vielfältigen Definitionen, welche sich in der pädagogisch-didaktischen Literatur finden, erscheint deshalb wünschenswert. PISA Abkürzung für: Programme for International Student Assessment. PISA ist eine Large-Scale-Assessment-Studie (LSA-Studie) der OECD, an der 32 Staaten teilnehmen. Sie testet Basiskompetenzen 15-jähriger Schüler aller Schularten in den Kompetenzbereichen Lesefähigkeit (reading literacy), mathematische Grundbildung (mathematical literacy) und naturwissenschaftliche Grundbildung (scientific literacy) sowie in der Fähigkeit fächerübergreifenden Problemlösens. Die Untersuchung erfolgt in drei Projektzyklen, die in den Jahren 2000, 2003 und 2006 durchgeführt wurden bzw. werden. International lag der Schwerpunkt der Untersuchungen im ersten Zyklus auf dem Leseverständnis, Mathematik wurde hier nur in geringerem Umfang getestet. Im Jahr 2003 lag der Schwerpunkt dagegen auf Mathematik und im Jahr 2006 wird er auf naturwissenschaftlicher Grundbildung liegen. Die Auswertung erfolgt jeweils unter Beachtung der sozialen Lern- und Lebensbedingungen von Schülern. Berücksichtigung finden dabei u. a. Hintergrundmerkmale wie sozioökonomischer Status, Größe bzw. Ausstattung der Schule, Lehrstrategien und schülerbezogene Aspekte wie Engagement im Mathematikunterricht oder Vertrautheit mit Informationstechnologien. Da die Art der Aufgabenstellung in allen drei Bereichen des internationalen Teils von PISA 2000 sehr kontextbezogen war, wurde in Deutschland jeweils ein nationaler Teil ergänzt (PISA-E), der sich stärker an der Unterrichtspraxis und den Lehrplänen in Deutschland orientierte. Gleichzeitig wurde die Stichprobe vergrößert, um einen Vergleich zwischen den 16 Bundesländern zu ermöglichen. Auswahl zentraler Ergebnisse aus PISA 2000: In allen drei Bereichen sind die deutschen Ergebnisse als nicht befriedigend einzustufen und liegen unter dem OECD-Durchschnitt; der internationale Vergleich zeigt, dass Deutschland in Mathematik an 20., im Leseverständnis an 21. und in den Naturwissenschaften an 20. Stelle der 31 gewerteten Staaten steht. Deutschland gehört zu den Spitzenreitern bezüglich der Varianz der Schülerleistungen, d. h. die Spanne zwischen guten und schlechten Schülern ist auffallend groß. Die Ergebnisse der Bundesländer sind sehr unterschiedlich und über die drei Domänen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften hinweg relativ konsistent. Einige Bundesländer liegen mit ihren Testergebnissen zwar über dem internationalen Mittelwert bzw. erreichen das internationale Durchschnittsniveau, bleiben aber trotzdem von der internationalen Spitzengruppe (z. B. Japan, Finnland, Großbritannien) noch deutlich entfernt. Im nationalen Vergleich erreichten Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen die vorderen Rangplätze. Jugendliche mit Migrationshintergrund zeigen in Deutschland in allen drei untersuchten Kompetenzbereichen geringere Leistungen und schwächere Beteiligung an höheren Bil- 43 dungsgängen. Auch besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Leistung. Zwischen den Bundesländern bestehen erhebliche Unterschiede in der Notengebung bei gleicher Schülerleistung. Für jeden der drei Kompetenzbereiche wurde eine Skala für die Erfassung von Schülerleistungen im Test erstellt und darauf fünf (PISA 2003: sechs Stufen) gleich breite Abschnitte – Kompetenzstufen – definiert. Sie ermöglichen Aussagen über die Verteilung der Schüler in Bezug auf ihre Fähigkeiten. Beispielsweise erreichen in PISA 2003 22,6 % der Schüler Kompetenzstufe III. Mit Hilfe der Rasch-Skalierung konnte außerdem die Schwierigkeit der einzelnen Aufgaben (gemessen an ihrer empirischen Lösungshäufigkeit) auf der gleichen Skala wie die Schülerleistungen abgebildet, also ebenfalls den fünf Kompetenzstufen zugeordnet werden. Durch die inhaltliche Untersuchung der Test-Items der jeweiligen Stufe daraufhin, welche Anforderungen sie beinhalten, konnten die fünf unterschiedlichen Niveaus hinsichtlich der erforderlichen Personenfähigkeiten interpretiert werden, z. B. Kompetenzstufe I (Skalenwerte 329-420): Rechnen auf Grundschulniveau, Kompetenzstufe II (Skalenwerte 421-511): Elementare Modellierungen. Eine Betrachtung der Anforderungen der einzelnen Stufen unter dem Blickwinkel normativer Erwartungen führt zu einer Beurteilung des erreichten Grundbildungsniveaus – ein wesentlicher Schritt dahin, die Ergebnisse solcher Studien nicht auf die Rangfolge von Staaten bzw. Bundesländern zu reduzieren, sondern die tatsächlich vorhandenen Kompetenzen der Schüler in den Fokus der Diskussion um Maßnahmen und Standortbestimmung zu stellen. Auswahl zentraler Ergebnisse aus PISA 2003: In allen drei Kompetenzbereichen liegen die Leistungen der Schüler 2003 im internationalen Durchschnittsbereich der OECD-Staaten. Im Vergleich zur Erhebung 2000 lassen sich im Teilbereich „Veränderung und Beziehungen“ der Mathematik und in den Naturwissenschaften statistisch signifikante Zuwächse feststellen, im Bereich der Lesekompetenz ergibt sich ein stabiles Bild. Die Streuung der Leistungen in allen drei Bereichen ist im internationalen Vergleich relativ hoch. In der fächerübergreifenden Kompetenz Problemlösen liegen die Leistungen deutscher Schüler signifikant über dem OECD-Durchschnitt. Dies lässt ein kognitives Potenzial der Jugendlichen in Deutschland erkennen, das bisher nur zum Teil in Fachleistungen umgesetzt wird. Der soziokulturelle Hintergrund der Schüler korreliert stark mit den vorhandenen Kompetenzen. Dieser Zusammenhang spiegelt sich in Deutschland auch in der Verteilung der Schüler auf die verschiedenen Schularten wider. Die Ergebnisse des nationalen Vergleichs aus PISA 2003 werden für September 2005 erwartet. Weiterführende Quellen: Baumert, J. et al.: PISA 2000 - Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich, Zusammenfassung zentraler Befunde, Berlin: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung 2002. Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA 2000, Ein differenzierter Blick auf die Länder der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 2003. Helmke, A./Hosenfeld, I.: Vergleichsarbeiten – Standards – Kompetenzstufen: Begriffliche Klärung und Perspektiven, in Jäger, R.S. et al. (Hrsg.): Wissenschaftliche Beiträge zum Lernen im 21. Jahrhundert, Landau 2004. 44 Klieme, E./Steinert, B.: PISA 2000: Sicherung von Mindeststandards, Chancengleichheit und verständnisorientiertes Lernen sind unerfüllte Ziele des deutschen Bildungssystems (http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/pisa_klieme_steinert_200112.pdf). PISA-Konsortium Deutschland (Hrsg.): PISA 2003, Der Bildungsstand der Jugendlichen in Deutschland – Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleichs, Münster 2004. PISA-Konsortium Deutschland (Hrsg.): PISA 2003, Ergebnisse des zweiten internationalen Vergleichs – Zusammenfassung (http://pisa.ipn.uni-kiel.de/Ergebnisse_PISA_2003.pdf). PISA-Konsortium Deutschland (Hrsg.): PISA 2003: Kurzzusammenfassung der Ergebnisse (http://pisa.ipn.uni-kiel.de/Kurzfassung_PISA_2003.pdf). http://www.ipn.uni-kiel.de/projekte/pisa/. Bildungsmonitoring. Portfolio Das Portfolio ist eine gängige Präsentationsform der Leistung von Künstlern und Journalisten. In einer Mappe (dem Portfolio) präsentieren diese einem potenziellen Auftrag- oder Arbeitgeber außer den von ihnen geschaffenen Produkten auch Rezensionen, Fotografien, Videoaufnahmen und andere Belege, die ihren Werdegang, die Vielfalt ihrer Talente und ihre gesellschaftliche Anerkennung dokumentieren. Die bloße Vorlage von Schulzeugnissen mit den üblichen Ziffernnoten wurde in diesen Berufsfeldern immer als unzulänglich empfunden, da das individuelle Profil eines kreativ Schaffenden den Ziffernnoten nicht ausreichend entnommen werden kann. Das Portfolio, auch Leistungsmappe oder Sammelmappe genannt, ist auch eine Möglichkeit der Leistungsdokumentation in Unterricht und Studium. Die Schüler werden durch die Erstellung eines Portfolios angeregt, repräsentative Dokumente ihrer Arbeit auszuwählen, die ihre besten Leistungen und vor allem auch ihre Lernentwicklung veranschaulichen, und zu sammeln. Dadurch kann ein persönliches Profil bzw. eine individuelle Lernbiographie abgebildet werden. Es handelt sich hierbei vor allem um Arbeitsergebnisse, die auf Initiative des Lehrers oder der Schüler und eventuell auch außerhalb des Unterrichts entstanden sind, aber auch um Rezensionen, Kommentare und Bewertungen, welche der Schüler selbst erstellt oder reflektiert sammelt und ordnet. Portfolios dienen nicht nur der Erfassung von Leistungen, sondern fördern in didaktischer Hinsicht die Selbstevaluation, die Selbststeuerung und Eigenverantwortung der Schüler. Denn diese entscheiden, unter Berücksichtigung des Feedbacks aus dem schulischen Bereich, welche Dokumente als Nachweise ihrer erfolgreichen Arbeit in die Mappe aufgenommen werden, um das angestrebte Profil aussagekräftig zu skizzieren. Eine wesentliche Voraussetzung für die Verwendung von Portfolios ist die klare Formulierung der Zielsetzung. Wichtig ist, dass die Unterrichtsziele zu persönlichen Lernzielen der Schüler werden, sodass ihnen klar wird, worauf sie ihren Schwerpunkt legen möchten und selbstständig die Produkte für ihr Portfolio auswählen können. Portfolios stellen in jedem offenen, differenzierten Unterricht eine angemessene Form der Leistungsfeststellung dar und eignen sich vor allem für einen Unterricht, der zur Kreativität anregt. Dabei ermöglichen Portfolios eine sehr individuelle und sachbezogene Beurteilung der Schülerleistung, wenngleich ihr Einsatz im Zusammenhang mit Benotungen aus pädagogischen Erwägungen häufig abgelehnt wird. Für die Förderdiagnostik eröffnet das Portfolio nach Winter aus folgenden Gründen interessante Perspektiven: 45 In Portfolios können auch längere Schülerarbeiten abgelegt werden, die mehr von den Schülern und ihren Arbeitsweisen zeigen als herkömmliche Leistungsnachweise. Das Portfolio bietet die Möglichkeit, Leistungsnachweise vor ihrer endgültigen Abgabe zu verbessern. Es lohnt sich daher für die Schüler, Fördermaßnahmen anzunehmen beziehungsweise selbst zu ergreifen. Die Schüler werden in Zusammenhang mit der Portfolioarbeit zur Reflexion angehalten. Sie werden als Partner für gemeinsame Förderbemühungen geschult. Anhand von Portfolios können mehrere Lehrer (fächerübergreifend) die Leistungen von Schülern gemeinsam betrachten und analysieren. Im Portfolio können Leistungsentwicklungen, aber auch Stagnationsphasen sichtbar werden. Weiterführende Quellen: Adamski, Peter: Portfolio für den Anfangsunterricht Geschichte. In: Geschichte lernen Heft 96 (November 2003), S. 29-33. Brunner, Ilse / Schmidinger Elfriede: Leistungsbeurteilung in der Praxis. Der Einsatz von Portfolios im Unterricht der Sekundarstufe I. Linz: Verlag Veritas 2001. Lissmann, Urban: Beurteilung und Beurteilungsprobleme bei Portfolios. In: R. S. Jäger: Von der Beobachtung zur Notengebung. Ein Lehrbuch. Landau 42001 (wesentlich überarbeitete Auflage), S. 299-346. Winter, Felix: Ein Instrument mit vielen Möglichkeiten – Leistungsbewertung anhand von Portfolios. In: F. Winter / A. von der Groeben / K.-D. Lenzen (Hrsg.): Leistung sehen, fördern, werten. Neue Wege für die Schule. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2002, S. 175-183. Selbstevaluation, Sprachenportfolio. Praktische Leistung Praktische Leistungen sind je nach Schulart in den Unterrichtsfächern Kunst, Musik, Sport, Textilarbeit mit Werken sowie Hauswirtschaft, Technisches Zeichnen, Textiles Gestalten, Haushalt und Ernährung, Textverarbeitung und Textverarbeitung mit Kurzschrift zu erbringen. Sie ergänzen schriftliche und mündliche Leistungsnachweise dergestalt, dass sie den besonderen Anforderungen des jeweiligen Faches gerecht werden. Im Fach Kunst werden vorwiegend die aus dem Unterricht hervorgegangenen bildnerischpraktischen Arbeiten zur Leistungsbewertung herangezogen. In den Fächern Musik und Kunst können in allen Jahrgangsstufen mündliche Leistungen durch praktische ersetzt werden; an den Musischen Gymnasien werden im Fach Musik in den Jahrgangsstufen 5 mit 12 praktische, schriftliche und mündliche Leistungsnachweise gefordert. Im Fach Sport werden vorwiegend praktische Leistungen gefordert. Nähere Hinweise finden sich in BSO § 17, GSO § 46 (3), RSO §38 (5), VSO § 26, WSO § 36. Probe(-arbeit) Schriftliche Leistungsnachweise werden in der Grund- und Hauptschule als Probearbeiten bezeichnet. In der Grundschule müssen sie sich aus der unmittelbaren Unterrichtsarbeit ergeben und dürfen nicht angekündigt werden. In der Hauptschule können Probearbeiten je nach Art und Umfang angekündigt werden; sie müssen angekündigt werden, wenn größere Lernabschnitte geprüft werden sollen. Nähere Hinweise finden sich in VSO § 17. 46 Probeunterricht Für Schüler, bei denen die formalen Voraussetzungen zum Übertritt an eine weiterführende Schule nicht gegeben sind, führt die aufnehmende Schule einen Probeunterricht durch. Der Probeunterricht besteht aus Unterricht und schriftlichen, zentral gestellten Aufgaben in den Fächern Deutsch und Mathematik; in beiden Fächern werden zudem mündliche Noten gebildet. Inhaltlich und methodisch werden dabei die Anforderungen der zuletzt besuchten Jahrgangsstufe unter Berücksichtigung der Zielsetzung der aufnehmenden Schule zugrunde gelegt. Die Schüler werden im Rahmen des Probeunterrichts in kleineren Unterrichtsgruppen zusammengefasst; für jede Gruppe sind mindesten zwei Mitglieder des Aufnahmeausschusses verantwortlich, die abwechselnd unterrichten und beobachten. Der Probeunterricht findet im letzten Drittel des Schuljahres statt; er dauert zwei bzw. drei Tage. Nähere Hinweise finden sich in GSO §§ 6-10, RSO §§ 7-11, WSO §§ 6-10. Aufnahmeprüfung. Projekt(-arbeit) Der Begriff des Projektes ist in der pädagogischen Praxis ebenso umstritten wie vielfältig. Folgende Spezifika werden im Allgemeinen mit Projektarbeit in Verbindung gebracht, können jedoch auch durch weitere ergänzt werden oder in anderer Kombination auftreten: zeitliche Begrenztheit der Arbeit, Ausrichtung auf ein bestimmtes Ziel, Neuartigkeit der Aufgabe, welche einen neuen Ablauf eingespielter Strukturen erforderlich macht, sowie Einmaligkeit der Aufgabe. Auch die Zusammenstellung der Ressourcen erfolgt üblicherweise projektbezogen, d. h. es werden im Regelfall Gruppen gebildet. Bei der Projektarbeit geht es vor allem um die Nutzung des Gelernten in verschiedenen Situationen und um den Erwerb relevanten Wissens für lebenspraktische Kontexte, seltener auch um systematisches, aufeinander aufbauendes und den vertikalen Transfer optimierendes Lernen. Problematisch gestaltet sich häufig die exakte Festlegung der zu erbringenden Leistung. Bei längerfristigen Projekten ist für Schüler manchmal die Einhaltung von Terminen schwer abzuschätzen. Um die Mitarbeit aller am Projekt Beteiligten sicherzustellen, ist es von Vorteil, positive Folgen bzw. Sanktionsmechanismen von Beginn an festzulegen. Weiterführende Quelle: Weinert, Franz E.: Neue Unterrichtskonzepte zwischen gesellschaftlichen Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten. In: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst (Hrsg.): Wissen und Werte für die Welt von morgen. München 1998, S. 101-125. Prozessorientierung Unabhängig von den verschiedenen Vorstellungen, wie Lernprozesse ablaufen, kann man nach Prenzel zwei Phasen des Lernprozesses identifizieren: die Lern-, Aneignungs- oder Konstruktionsphase und die Ausführungs-, Anwendungs- oder Rekonstruktionsphase 47 In manchen Unterrichtskonzepten nach dem Muster: „Ich mache es vor, mach du es nach“ wird das Lernen nicht als aktiver Prozess, sondern als erfolgreiche Rezeption von Lerninhalten verstanden. Entsprechend haben die bisher vorgesehenen Instrumente der Leistungserhebung (einschließlich Tests) ihren Schwerpunkt bei der Bewertung von Produkten und bilden somit Ergebnisse der zweiten Phase des Lernprozesses ab. Fehler führen zur Abwertung von Leistung und positive Ansätze auf dem Weg zur Lösung können bei der Notengebung nur bedingt berücksichtigt werden; im Unterschied dazu wird z. B. bei Prüfungen im Fach Mathematik auch der Lösungsweg bei der Beurteilung mit in Betracht gezogen. Primär findet jedoch eine „defizitorientierte“ Bewertung statt im Unterschied zu den can-do-Statements, wie sie neuerdings der „Gemeinsame europäische Referenzrahmen“ im Bereich der Sprachen vorsieht. Im weit verbreiteten konstruktivistischen Lernmodell wird jedoch die Bedeutung der Lern-, Aneignungs- und Konstruktionsphase für den Lernzuwachs – im Sinne von kumulativem Lernen – hervorgehoben. In dieser Phase werden eine Vielfalt von Kompetenzen (Fach-, Human- und Sozialkompetenzen einschließlich der hierzu gehörenden Methoden-, Lernund Sprachkompetenzen) sichtbar und so kann die individuelle Kompetenzentwicklung insbesondere bei der Beobachtung von Lernprozessen über einen längeren Zeitraum unterstützt und beurteilt werden. Die Fähigkeit zur Eigensteuerung des Lernprozesses wird durch situationsadäquates Feedback gefördert. Stärkere Prozessorientierung im Sinn eines konstruktiven Wissensaufbaus trägt dem aktuellen Stand der Lehr-/Lernforschung Rechnung und erfordert neue Formen der Bewertung. Will man Lernprozesse beurteilen und dabei kreative Lösungsansätze nicht behindern, müssen defizitorientierte Bewertungen und die ausschließliche Analyse der Ergebnisse in den Hintergrund treten. Vielmehr muss nach Erfolg versprechenden Ansätzen in der Schülerleistung, nach interessanten Ideen oder eigenständigen Einschätzungen gesucht werden. Insofern sind „kompetenzorientierte“ Modelle der Leistungsbewertung erforderlich, bei denen die Leistungserhebung als Diagnoseinstrument fungiert und der Schüler konstruktives, dem Lernfortschritt förderliches Feedback erhält. Interessante Ansätze in dieser Richtung sind Portfolios und Lerntagebücher. Weiterführende Quellen: Prenzel, Manfred: Stärkung der mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenz / Technikakzeptanz. In: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst (Hrsg.): Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum Bildungskongress. München: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst 1998, S. 233-249. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.): Leistungsbeurteilung im modernen Unterricht. München 2004, S. 8. Winter, Felix: Leistungsbeurteilung: ein kritischer Punkt aller Förderbemühungen. Auch die Lernprozesse müssen in den Blick genommen werden. In: A. Speck-Hamdan (Hrsg.): Individuelle Förderung. Alte und neue Herausforderung. SchulVerwaltung spezial 2/2004, S. 37-39. Fehlerkultur, Lern- und Leistungsphasen. Qualifizierender Hauptschulabschluss Für den Erwerb des Qualifizierenden Hauptschulabschlusses (landläufig auch „Quali“) muss der Schüler sich am Ende der Jahrgangsstufe 9 der Hauptschule einer Prüfung (schriftlich, praktisch und mündlich) unterziehen. Wer bei der Gesamtbewertung mindes- 48 tens die Note 3,0 erreicht, erhält das Zeugnis über den qualifizierenden Hauptschulabschluss. Die Teilnahme ist freiwillig. Die Hauptschule stellt auf Antrag das Zeugnis über den qualifizierten beruflichen Bildungsabschluss aus, wenn der qualifizierende Hauptschulabschluss, befriedigende Kenntnisse in Englisch, die dem Leistungsstand eines fünfjährigen Unterrichts entsprechen, sowie ein überdurchschnittlicher Berufsabschluss nachgewiesen werden. Örtlich zuständig ist die Hauptschule, an welcher der qualifizierende Hauptschulabschluss erworben worden ist. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 7 und VSO §§ 31-35. Besondere Leistungsfeststellung. Ranking Unter „Ranking“ versteht man eine Hierarchisierung von Ergebnissen unter bestimmten Gesichtspunkten. Neue Ansätze im Bereich der (inneren) Schulentwicklung sowie die aus Evaluationen gewonnene Daten des Bildungsmonitorings ermöglichen beispielsweise ein Ranking von Schulen. Dieses Verfahren ist aber umstritten, da es den Leistungs- bzw. Konkurrenzgedanken auch auf Bereiche der Pädagogik und des Unterrichts ausdehnt, die nicht unbedingt davon profitieren. In Großbritannien hat sich die Veröffentlichung von einzelschulischen Ergebnissen im Sinne eines „Rankings“ oder in „Liga-Tabellen“ bereits als kontraproduktiv erwiesen. Weiterführende Quelle: Klieme, Eckhard et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards, Eine Expertise, http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf, v. a. S. 13, 87 f., 105, 109 und 146. Realschulabschluss Besondere Prüfung, Mittlerer Schulabschluss. Rechenschaftsablage Unter „Rechenschaftsablage“ versteht man zumeist eine mündliche Leistungsfeststellung, in deren Rahmen der Schüler den Nachweis über seinen aktuellen Wissensstand bzw. seine Methodenkompetenz erbringt. Im landläufigen Sprachgebrauch versteht man unter „Rechenschaftsablage“ in erster Linie das so genannte Ab- oder Ausfragen. Nähere Hinweise finden sich in FOBOSO §§ 24-27, GSO § 46, RSO § 38. Reform der Notengebung in der Grundschule Mit dem Schuljahr 2004/2005 wurde an allen bayerischen Grundschulen eine Reform der Notengebung eingeleitet. Die Reformmaßnahmen antworten auf den Bedarf einer frühen, gezielten Förderung der Kinder als ein Ergebnis der internationalen Vergleichstudie PISA. Sie berücksichtigen stärker die fachübergreifenden Kompetenzen (Sozial-, Lern- und Arbeitsverhalten), die als Schlüsselkompetenzen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Des Weiteren wird dem Wunsch vieler Eltern entsprochen, aussagekräftigere Informationen über das Lernverhalten und den Leistungsstand ihres Kindes zu bekommen. 49 Eine aus Lehrkräften, Elternvertretern, Erziehungswissenschaftlern, Schulpsychologen, Beratungslehrern sowie Vertretern des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus bestehende Arbeitsgruppe formulierte konkrete Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Leistungsbewertung in der Grundschule. Dieses Reformkonzept wird von 2003 bis 2005 an 30 Schulen in ganz Bayern erprobt. Nach Ausgabe der Zwischenzeugnisse im Februar 2004 wurden ca. 400 Lehrerfragebögen sowie ca. 6000 Elternfragebögen ausgewertet. Ausgehend von den Ergebnissen wurde die Konzeption weiterentwickelt. Im Schuljahr 2004/05 werden nach dieser Erprobungsphase flächendeckend neue Zeugnisse in den Jahrgangsstufen 1 und 2 und ein Beobachtungsbogen zum Sozial-, Lernund Arbeitsverhalten eingeführt. Die Einführung wurde durch entsprechende Fortbildungen und schriftliche Praxishilfen begleitet. Im Schuljahr 2005/06 wird es neue Zeugnisse für alle Schüler der Grundschule geben (das Übertrittszeugnis ist davon noch ausgenommen). Konzeption: Intensivere Betrachtung der gesamten Persönlichkeitsentwicklung: In allen Jahrgangsstufen finden sich im Zeugnis Aussagen zu Sozialverhalten (aufgeschlüsselt in die Unterpunkte Soziale Verantwortung, Kooperation, Kommunikation, Konfliktverhalten), Lern- und Arbeitsverhalten (mit den Bereichen Interesse und Motivation, Konzentration und Ausdauer, Lern- und Arbeitsweise). Ab dem Jahreszeugnis der Jahrgangsstufe 2 erhalten die Schüler über einen verbalen Kommentar hinaus Buchstabenbewertungen nach folgenden Kategorien: A: hervorragend ausgeprägt; B: deutlich ausgeprägt; C: teilweise ausgeprägt; D: zu wenig ausgeprägt. Grundlage der Bewertung bildet ein Beobachtungsbogen, den die Lehrkräfte führen und dessen Kriterien den Eltern zu Schuljahresbeginn mitgeteilt werden. In der Jahrgangsstufe 2 beginnt die Lehrkraft mit behutsamen, bewertenden Rückmeldungen, die zunehmend in eine Benotung übergehen. Erst im Jahreszeugnis der 2. Klasse finden sich Buchstabenbewertungen und Noten zu allen unterrichtenden Fächern. Die Noten in den übertrittsrelevanten Fächern Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachunterricht werden durch präzise Aussagen in Stichworten ergänzt. Zu den Teilbereichen, die der Lehrplan in den Fächern Deutsch und Mathematik vorgibt, werden separate Bemerkungen abgegeben. So werden z. B. in Deutsch Aussagen zum Verfassen von Texten, zum Rechtschreiben oder zum Lesen getroffen. In allen Jahrgangsstufen thematisiert das Zeugnis in einem eigenen Abschnitt am Schluss den individuellen Lernfortschritt bzw. Förderbedarf. Darin kann beispielsweise ausgeführt sein, dass der Schüler im Richtigschreiben große Fortschritte macht, obwohl die Deutschnote in ihrer Gesamtheit immer noch nicht zufrieden stellend ist. Sind die Leistungen schlechter als Note 3, muss aufgeführt werden, mit welchen Förderansätzen die Leistung verbessert werden kann. Nähere Hinweise finden sich in http://www.km.bayern.de/km/schule/schularten/allgemein/grundschule/notengebung/index.shtml. Weiterführende Quelle: Blank, Anne: Neue Zeugnisse in der Grundschule. In: SchulVerwaltung BY Nr. 4/2005, S. 142 ff. Beobachtungsbogen, Verbale Beurteilung, Zeugnis, Zeugnisgespräch. 50 Reifeprüfung Abitur. Reliabilität Test. Schriftliche Prüfungen Leistungsnachweise können neben mündlichen und praktischen auch durch schriftliche Prüfungen erbracht werden. Diese dienen der Feststellung des aktuellen Kenntnisstandes bzw. der Abprüfung von Methodenkompetenz und werden teilweise unangekündigt (z. B. Stegreifaufgaben), teilweise angekündigt (z. B. Schulaufgaben) geschrieben. Schriftliche Prüfungen sind transparent zu bewerten und geben z. B. im Rahmen von Abschlussbemerkungen Hinweise auf notwendige Nacharbeiten, aber auch auf positive Erkenntnisse. Sie werden über einen festgelegten Zeitraum hin aufbewahrt. Versäumte Prüfungen müssen zum Teil nachgeschrieben werden. Bei Unterschleif (landläufig: abschreiben, spicken) kann die Arbeit mit der Note sechs bewertet werden. Im Bereich der Wirtschaftsschulen stellt die sog. schriftliche Prüfung die Abschlussprüfung dar, der sich alle Schüler zu unterziehen haben. Sie erstreckt sich auf den Lehrstoff bestimmter Fächer (z. B. Deutsch, Englisch, Betriebswirtschaft, teilweise Betriebswirtschaft und Rechnungswesen bzw. Mathematik) und wird zentral gestellt. Ergänzt wird sie durch eine verpflichtende mündliche Prüfung im Fach Englisch. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 52, BSO § 17, FOBOSO § 31, GSO §§ 43-48, RSO §§ 36-42, VSO § 17, WSO § 54. Schülerbogen Im Schülerbogen werden durch die Lehrer die für den schulischen Bildungsweg wesentlichen Beobachtungen und Empfehlungen aufgenommen; sie sind für jeden Schüler an jeder Schulart anzulegen und werden beim Schulwechsel an die aufnehmende öffentliche oder staatlich anerkannte Schule weitergeleitet. Der Schülerbogen verbleibt mindestens zwanzig Jahre bei der Schule und kann dort durch die Erziehungsberechtigten eingesehen werden. Nähere Hinweise finden sich in BSO § 16, FOBOSO § 37, GSO § 13, GSO § 18, GSO 59, RSO § 51, VSO § 16. Schulaufgabe Schulaufgaben bilden zusammen mit weiteren Prüfungsformen den Gesamtkomplex der schriftlichen Prüfungen. Sie werden angekündigt und prüfen den Unterrichtsstoff eines längeren, zurückliegenden Zeitraums ab. Schulaufgaben sind möglichst gleichmäßig über das Schuljahr zu verteilen, wobei an einem Tag nicht mehr als eine Schulaufgabe geschrieben werden darf. In den Jahrgangsstufen 5 bis 11 dürfen an Tagen, an denen die Klasse eine Schulaufgabe schreibt, Stegreifaufgaben nicht durchgeführt werden. Kernbe- 51 reiche auch von Schulaufgaben sollen Elemente des Grundwissens sein, welche hier in Zusammenhängen abgeprüft werden können. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 52, BSO § 17, FOBOSO §§ 24-25, GSO § 44, RSO § 37. Seminararbeit Die Seminararbeit soll nach einer Reform der Oberstufe des Gymnasiums die bisherige Facharbeit ablösen und im Seminarfach Bewährtes weiterführen, aber zugleich neue pädagogische und didaktische Ansätze, die durch den Lehrplan des achtjährigen Gymnasiums intendiert sind, einfordern. Konkrete Hinweise sind aufgrund des frühen Planungsstadiums noch nicht möglich. Sprachenportfolio Im Bereich der Sprachen versteht man unter einem Portfolio (eigentlich: Mappe) ein Dokumentationsinstrument und zugleich einen Lernbegleiter. Ein Fremdsprachenportfolio ermöglicht die Beschreibung von sprachlichen Kompetenzen auf der Grundlage des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Dokumentiert werden sprachliche und interkulturelle Lernerfahrungen. Die Lernenden werden bei der systematischen Reflexion über ihr sprachliches Lernen unterstützt. Anregungen und Hinweise, die das Sprachenlernen – insbesondere das selbst gesteuerte – fördern, werden gegeben. Bei der Anbahnung und Schulung von Methodenkompetenz kann die Portfolioarbeit einen wesentlichen Beitrag leisten. Mit dem europäischen Sprachenportfolio kann man – unabhängig von nationalen Bewertungs- und Benotungstraditionen – den aktuellen Stand, den man beim Erlernen einer oder mehrerer europäischer Fremdsprachen erreicht hat, abschätzen. Man kann das Sprachenportfolio z. B. sinnvoll einsetzen, wenn bei einem Schulwechsel, zu Beginn eines Sprachkurses oder beim Antritt einer neuen Stelle andere Personen über die eignen Sprachkenntnisse informiert werden sollen. Außerdem kann man mit diesem Instrument den eigenen Lernprozess rückblickend reflektieren und auf dieser Grundlage bewusster steuern und planen. Allen Portfoliofassungen der verschiedenen Länder gemeinsam sind die drei Bestandteile: Sprachenpass (Überblick über den aktuellen Lernstand), Sprachenbiographie (Instrument zur Selbsteinschätzung) und Dossier (Sammlung von Arbeiten, die den Leistungsstand veranschaulichen). Um bei der Vielzahl von existierenden Portfoliomodellen dennoch zu garantieren, dass die Basiselemente, die die europäische Vergleichbarkeit sichern, vorhanden sind, kann beim Validierungsausschuss des Europarats die Akkreditierung des eigenen Portfoliomodells beantragt werden. Weiterführende Quelle: European Language Portfolio des Europarates unter http://www.coe.int/portfolio. Portfolio. 52 Standards Der Begriff „Standards“ wird derzeit in verschiedenen Kontexten und Bedeutungen gebraucht. In der Regel wird er für normative Setzungen bzw. konkrete Zielvereinbarungen verwendet, die einer Vereinheitlichung dienen, beispielsweise bei technischen Normen zur Sicherung der Produktqualität (z. B. DIN, ISO). Häufig wird auch davon gesprochen, „Standards zu setzen“, also ein bestimmtes Qualitätsniveau für eine Tätigkeit oder ein Produkt zu etablieren. In Bezug auf Schule und Bildung werden Standards z. B. über Lehrpläne, über das Niveau und das Format zentraler Prüfungen oder die Qualität von Lehrerausbildung gesetzt. Im engeren Sinne findet man den Begriff international in unterschiedlicher Bedeutung. Im englischen Schulwesen beispielsweise versteht man unter „standards“ den tatsächlich erreichten Leistungsstand an einer Bildungseinrichtung (educational standards achieved in the school), nicht aber normativ vorgegebenen Leistungserwartungen (expected attainment levels) wie in den meisten anderen Ländern. Versuche zur systematischen Klärung des Sprachgebrauchs hängen davon ab, unter welchem Blickwinkel verschiedene Arten von Standards betrachtet werden. Im Hinblick auf Curricula können – wie die amerikanische Historikerin Diane Ravitch vorschlägt – die folgenden drei unterschieden werden: Content standards beschreiben klar und präzise die Inhalte und Fertigkeiten, die den Schülern zu vermitteln sind bzw. welche die Schüler erlernen sollen. Performance standards definieren verschiedene Grade der Beherrschung bzw. unterschiedliche Niveaustufen. Sie geben eine Antwort auf die Frage: „Wie gut ist gut genug?“ und beschreiben, welche Art von Leistung unzureichend, akzeptabel und welche herausragend ist. Opportunity-to-learn standards definieren die notwendigen Mittel, z. B. Verfügbarkeit von Programmen, Personal und anderen Ressourcen, so dass Schüler anspruchsvollen content und performance standards gerecht werden können. Mit Blick auf bildungspolitische Zielvorgaben und deren Überprüfung kann außerdem zwischen Mindest-, Regel- und Maximalstandards unterschieden werden. Während sich Mindeststandards auf ein definiertes Minimum an Kompetenzen beziehen, das alle Schüler zu einem festgelegten Zeitpunkt erreicht haben müssen, beschreiben Regelstandards ein durchschnittliches Erwartungsniveau an Schüler einer Altersgruppe. Maximalstandards beziehen sich dagegen auf das oberste Leistungsniveau einer Altersstufe, d. h. sie beschreiben, was Schüler bestenfalls können sollen. Seit PISA spielen Standards v. a. im Zusammenhang mit der Qualitätsentwicklung von Schule eine wachsende Rolle. So beschloss die KMK am 25.06.2002, nationale Standards verbindlich einzuführen. Die Konzeption dieser sog. KMK-Bildungsstandards berücksichtigt die Empfehlungen einer im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erstellten Expertise (Klieme-Gutachten). Bei den seit dem Schuljahr 2004/2005 eingeführten KMK-Bildungsstandards handelt es sich im Wesentlichen um content standards; sie verstehen sich als Regelstandards. Weiterführende Quellen: Artelt, Cordula / Ricke-Baulecke, Thomas: Bildungsstandards, Fakten, Hintergründe, Praxistipps. In: Schulmanagement-Handbuch, Band 111, München 2004, S. 18 ff. 53 Klieme, Eckhard et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Eine Expertise, http://www.dipf.de/publikationen/volltexte/zur_entwicklung_nationaler_bildungsstandards.pdf, S. 24 f. Ravitch, Diane: National Standards in American Education. Washington D. C: Brookings Institution Press 1995, S. 12 f. Stegreifaufgabe Stegreifaufgaben sind neben Rechenschaftsablagen und Unterrichtsbeiträgen den mündlichen Leistungsnachweisen in einigen Schularten zuzuordnen. Stegreifaufgaben werden nicht angekündigt und in der Form gehalten, dass der Lehrer gelegentlich eine Aufgabe oder einige Fragen zum Inhalt der vorhergegangenen Unterrichtsstunde schriftlich bearbeiten lässt. Stegreifaufgaben dürfen sich dabei auch auf Grundwissen erstrecken. Die Bearbeitungszeit soll sich nicht mehr über 20 Minuten hinaus erstrecken. Nähere Hinweise finden sich in BSO § 17, FOBOSO § 24-27, GSO §46, RSO § 38-39, WSO §36. Extemporale. Test Der Begriff „Test“ wird in vielen verschiedenen Zusammenhängen gebraucht. Im Allgemeinen versteht man darunter einen Versuch bzw. einen Vorgang, mit dem größere Sicherheit darüber gewonnen werden soll, ob ein Apparat oder ein Ablauf innerhalb der geplanten Rahmenbedingungen funktioniert bzw. ob ein bestimmter Sachverhalt gegeben ist oder nicht. Ein Test ist einerseits zu unterscheiden von einem Experiment, bei dem strengere formale Kriterien wie Wiederholbarkeit gegeben sein müssen, andererseits vom Beweis, den ein Test nicht leisten kann. Beispiele für Tests im obigen Sinne finden sich etwa in der Technik, der Informatik, der Mathematik aber auch Medizin. In der pädagogisch-psychologischen Diagnostik wird ein Test definiert als wissenschaftliches Verfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch abgrenzbarer Merkmale einer Person (z. B. Schulleistung, Intelligenz, Persönlichkeitseigenschaften) mit dem Ziel einer möglichst quantitativen Aussage über den relativen Grad der individuellen Merkmalsausprägung. Charakteristisch für Tests ist die Standardisierung von Durchführung, Auswertung und Interpretation mit Hilfe genauer Vorschriften und empirisch begründeter Normen. Im schulischen Alltag werden vom Lehrer oft kleinere Prüfungen, die aus mehreren kurzen Fragen bestehen, als „Test“ bezeichnet. Diese sind allerdings ebenso wenig Tests in obigem Sinne wie die als Jahrgangsstufentests bezeichneten zentralen Leistungserhebungen an den allgemein bildenden Schulen sowie der Wirtschaftsschule in Bayern. Zutreffend ist dies dagegen für die bayerischen Orientierungsarbeiten und für internationale Large-Scale-Assessment-Studien wie TIMSS, PISA oder IGLU. Im schulischen Kontext können Tests zu ganz unterschiedlichen Zwecken entwickelt und eingesetzt werden, beispielsweise auf der Theorieebene zur Überprüfung von Kompetenzmodellen, auf der Systemebene zum Vergleich von Bildungssystemen (Bildungsmonitoring), auf der Ebene der Einzelschule zur Evaluation oder auf der individuellen Ebene für Individualdiagnostik und -förderung. Jeder Test muss den folgenden Gütekriterien entsprechen: 54 Objektivität – Unabhängigkeit der Untersuchungsergebnisse von den Personen, die die Untersuchung durchführen (man unterscheidet Durchführungsobjektivität, Auswertungsobjektivität und Interpretationsobjektivität) Reliabilität – Genauigkeit und Zuverlässigkeit, mit der der Test das misst, was er misst (z. B. Wiederholungsreliabilität) Validität – Gültigkeit, d. h. Ausmaß, in dem ein Instrument das erfasst, was erfasst werden soll (man unterscheidet inhaltliche Validität, Kriteriums- und Konstruktvalidität) Normierung – Erheben einer repräsentativen Eichstichprobe, um Testergebnisse vergleichen zu können Zur Testkonstruktion werden verschiedene Skalen- und Rechenmodelle herangezogen, z. B. die klassischen parametrischen Modelle oder sog. parameterfreie Modelle (z. B. Rasch-Modell). Jahrgangsstufentest, Orientierungsarbeiten, Vergleichsarbeiten. Test-Item Jeder Test besteht aus kleineren Einheiten. Die kleinste Einheit eines Tests, eine Einzelaufgabe oder Einzelfrage, heißt Test-Item. Mittels einer Item-Analyse werden Aufgabenkennwerte festgestellt, um bei der Testkonstruktion die Items auszuwählen, die die Reliabilität und die Validität des Gesamttests verbessern. Hierzu benötigt man eine spezielle, für die zu testende Zielgruppe repräsentative Analysestichprobe. TIMSS Abkürzung für: Third International Mathematics and Science Study TIMSS ist eine Large-Scale-Assessment-Studie der internationalen Forschungsorganisation IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement), die in den Jahren 1994 bis 1996 durchgeführt wurde und aus der Untersuchung von drei verschiedenen Altersgruppen bestand: Grundschule: ohne deutsche Beteiligung Sekundarstufe I: Es beteiligten sich weltweit etwa 40 Länder, darunter auch Deutschland, wo etwa 7.000 Schüler aller Schulformen in den Jahrgangsstufen 7 und 8 getestet wurden. Begleitend wurde in Deutschland, Japan und den USA eine Videostudie zum Mathematikunterricht durchgeführt. Sekundarstufe II: Es beteiligten sich weltweit etwa 20 Länder, darunter auch Deutschland. Getestet wurden mathematisch-naturwissenschaftliche Grundkenntnisse, voruniversitäre Mathematik sowie voruniversitäre Physik. Dabei waren die Leistungstests in Deutschland weitgehend lehrplan- und unterrichtsvalide. Daneben erhob TIMSS durch Befragung von Schülern, Lehrern, Schulleitern und Eltern auch Hintergrundinformationen über den Unterricht sowie Aspekte der außerschulischen Lebensumwelt der Schüler. Auswahl zentraler Ergebnisse: Die Leistungen deutscher Schüler der Sekundarstufe I liegen sowohl in Mathematik 55 als auch in den Naturwissenschaften weitgehend im internationalen Mittelfeld, wobei sie in den Naturwissenschaften insgesamt etwas günstiger ausfallen. Die Mehrzahl der nord-, ost- und westeuropäischen Staaten sowie der meisten asiatischen Staaten weist deutliche Leistungsvorsprünge aus. Der Lernzuwachs von Jahrgangsstufe 7 nach 8 ist in Deutschland in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern im internationalen Vergleich eher gering. In der Sekundarstufe II liegen die Testleistungen deutscher Schüler im Bereich mathematisch-naturwissenschaftlicher Grundbildung in der Gruppe vergleichbarer Länder im unteren Bereich. Im nationalen Vergleich der Länder schneiden bayerische Schüler sehr erfolgreich ab, dennoch erreichen sie nicht die Leistungen der internationalen Spitzengruppe. TIMSS zeigt Lücken deutscher Schüler sowohl im Grundwissen als auch in der Problemlösefähigkeit auf. Als Konsequenz aus dem unbefriedigenden Abschneiden bei TIMSS wurde im Rahmen der Bildungsoffensive Bayern ein besonderer Schwerpunkt im Fach Mathematik gelegt. Dabei wurden diejenigen Prinzipien in den Blick genommen, die für einen erfolgreichen Mathematikunterricht als grundlegend betrachtet werden. Hierzu gehören insbesondere das kumulative Lernen, das systematische Wiederholen, die sinnvolle Methodenwahl sowie das anspruchsvolle Üben und das Lernen aus Fehlern. Teil der Maßnahmen der Bildungsoffensive Mathematik Bayern waren beispielsweise spezielle Fortbildungen für Fachbetreuer, die Einrichtung des Bayerischen Mathematiktests (vgl. Jahrgangsstufentests) und des Landeswettbewerbs Mathematik sowie die Erarbeitung von didaktischen Materialien und Handreichungen zur Veränderung der Aufgabenkultur und zur sinnvollen Wahl von Unterrichtsmethoden. Auf Bundesebene wurde außerdem der Modellversuch SINUS ins Leben gerufen, in dessen Rahmen konkrete Ansätze für Verbesserungen im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht entwickelt wurden. Weiterführende Quellen: Expertise „Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“, verfasst für die BLK-Projektgruppe „Innovationen im Bildungswesen“ im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, November 1997 unter http://www.ipn.uni-kiel.de/projekte/blk_prog/gutacht/index.htm. MPIB Berlin, IPN Kiel, Humboldt-Universität Berlin: TIMSS, Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht im internationalen Vergleich, Zusammenfassung deskriptiver Ergebnisse. Berlin 1997. Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.: Informationen zu TIMSS unter http://www.timss.mpg.de/. Transparenz Für die Akzeptanz von Leistungsbewertungen sind Transparenz und Nachvollziehbarkeit sehr wichtig, nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Eltern. Dies kann z. B. durch Bekanntgabe von Notenschlüssel und Notenverteilung erreicht werden. Sorgfalt und Transparenz der Korrektur sowie Angemessenheit der Bewertung sind grundlegende Bestandteile einer hohen Lehrkompetenz und damit beurteilungsrelevant. Leistungsnachweis, Test. 56 Übertritt Das bayerische Schulsystem ist gekennzeichnet durch seine Dreigliedrigkeit. Nach vier Jahren Grundschule folgt der Besuch des Gymnasiums, der Real- oder Hauptschule. Innerhalb dieser Struktur weist das System jedoch eine hohe Durchlässigkeit und eine Vielzahl von Übertrittsmöglichkeiten in höhere Niveaustufen auf, die im Überblick auf der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zu finden sind. In der Regel erfolgt der Übertritt an die weiterführenden Schulen Gymnasium und Realschule mit dem Übertrittszeugnis oder an die Hauptschule nach der Jahrgangsstufe 4 der Grundschule. Im Folgenden werden die Übertrittsbedingungen von der Grundschule in die drei Schularten aufgezeigt: Übertritt von der Grundschule an das Gymnasium: Der Übertritt an das Gymnasium ist uneingeschränkt möglich, wenn die Durchschnittsnote aus Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachunterricht (maßgeblich ist das Übertrittszeugnis) bis 2,33 und der Durchschnitt aus Deutsch und Mathematik bis 2,0 beträgt. Die Entscheidung über den Übertritt ans Gymnasium obliegt nach einem Beratungsgespräch den Eltern, wenn bei einem Durchschnitt bis 2,33 die Durchschnittsnote aus den Fächern Deutsch und Mathematik schlechter als 2,0 ist. In allen anderen Fällen ist ein Übertritt nach bestandenem Probeunterricht möglich. Übertritt von der Grundschule an die Realschule: Der Übertritt ist uneingeschränkt möglich, wenn die Durchschnittsnote aus Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachunterricht (im Übertrittszeugnis) bis 2,33 beträgt und ein Gutachten die Eignung für die Realschule bestätigt. Der Übertritt ist eingeschränkt möglich und die Entscheidung obliegt nach einem Beratungsgespräch den Eltern, wenn bei einem Durchschnitt bis 2,66 die Noten in Deutsch und Mathematik nicht schlechter als 2 und 3 bzw. umgekehrt sind. Ansonsten ist der Übertritt nur nach bestandenem Probeunterricht möglich. Übertritt von der Grundschule an die Hauptschule: Alle Schüler, die nicht auf das Gymnasium oder die Realschule wechseln, treten an die Hauptschule über, soweit sie die Vorrückungserlaubnis besitzen. Unterrichtsbeiträge Mit „Unterrichtsbeiträgen“ werden neben Rechenschaftsablagen und Fachreferaten mündliche Leistungen der Schüler bezeichnet. Sie ergeben sich zumeist spontan aus der Unterrichtssituation, greifen beispielsweise das Gespräch auf, beantworten Fragen oder geben weiterführende Impulse. Die Bewertung von Unterrichtsbeiträgen liegt im pädagogischen Ermessen des Lehrers, muss aber den üblicherweise an Leistungserhebungen gestellten Ansprüchen bezüglich Transparenz etc. entsprechen. An der Qualität der Unterrichtsbeiträge bemisst sich die Beurteilung der Unterrichtsbeteiligung eines Schülers. Nähere Hinweise finden sich in BSO § 17, FOBOSO § 34-37, GSO § 46, RSO § 38. Mitarbeit. Validität Test. 57 Verbale Beurteilung Das neue Bewertungssystem an der Grundschule sieht neben der Bewertung der fachlichen Leistung eine Bewertung des Sozial-, Lern- und Arbeitsverhaltens vor. Darüber hinaus wird jede Note durch individuelle verbale Aussagen ergänzt. Die verbale Beurteilung spielt auch im Bereich der Legasthenie eine entscheidende Rolle: Schüler mit einer gutachterlich festgestellten Legasthenie sind von der Teilnahme an schriftlichen Leistungserhebungen, die ausschließlich der Feststellung der Rechtschreibkenntnisse dienen, zu befreien. Nehmen sie freiwillig teil, so erfolgt keine ziffernmäßige Leistungsbewertung, sondern eine verbale Beurteilung, die insbesondere feststellbare Lernfortschritte betont und Anregungen für weiterführende Übungen gibt. Weiterführende Quelle: Ulbricht, Helga: Wortgutachten auf dem Prüfstand. Eine empirische Untersuchung zur verbalen Beurteilung in der 1. und 2. Klasse der Grundschule mittels Elternbefragung und Zeugnisanalyse. Münster u. a.: Waxmann 1993. Reform der Notengebung in der Grundschule. Vergleichsarbeiten Vergleichsarbeiten im schulischen Kontext sind lehrplan- und kompetenzorientierte Leistungserhebungen, mit denen Daten gewonnen werden können, die Vergleiche, z. B. zwischen Individuen, Klassen, Schulen oder Systemen, zulassen. Sollen die Ergebnisse von Vergleichsarbeiten objektiv gültige Aussagen liefern, z. B. für ein Bildungsmonitoring, müssen sie testtheoretischen Maßstäben genügen. Vergleichsarbeiten sollen keineswegs die schulische Leistungsbewertung in der bestehenden Form ersetzen oder in Konkurrenz zu dieser stehen, sie können jedoch die Beobachtung und Bewertung des Lernerfolgs durch die Lehrkräfte ergänzen und schulinterne Evaluation unterstützen. In Bayern werden derzeit Vergleichsarbeiten in verschiedenen Formen und mit unterschiedlichen Zielsetzungen durchgeführt. Dies sind zum einen die Orientierungsarbeiten in bayerischen Grundschulen, zum anderen die Jahrgangsstufentests, die an Hauptschulen, Realschulen, Wirtschaftsschulen und Gymnasien durchgeführt werden. Vorrücken In die nächst höhere Jahrgangsstufe rücken Schüler vor, die während des laufenden Schuljahres oder eines Ausbildungsabschnitts die erforderlichen Leistungsnachweise erbracht und dabei den Anforderungen genügt haben. Schüler, die die Erlaubnis zum Vorrücken nicht erhalten haben, können unter Beachtung spezifischer Einschränkungen die bisher besuchte Jahrgangsstufe derselben Schulart wiederholen. Zuständig für die Entscheidung über Vorrücken oder Wiederholen ist in der Regel die Klassenkonferenz. Für einzelne Schularten kann in der Schulordnung ein anderes aus Lehrkräften der Schule gebildetes Gremium oder der Klassenleiter bestimmt werden. Schülern, die die Erlaubnis zum Vorrücken nicht erhalten haben, kann in einzelnen Schularten und Jahrgangsstufen nach Maßgabe näherer Regelungen in den Schulordnungen das Vorrücken noch gestattet werden, wenn sie sich einer Nachprüfung zu Beginn des folgenden Schuljahres erfolgreich unterzogen haben. Schülern, die infolge nachgewiesener erheblicher Beeinträchtigungen ohne eigenes Verschulden wegen Leistungsminde- 58 rungen die Voraussetzungen zum Vorrücken nicht erfüllen (z. B. wegen Krankheit), kann das Vorrücken auf Probe gestattet werden, wenn zu erwarten ist, dass die entstandenen Lücken geschlossen werden können und das angestrebte Bildungsziel erreicht werden kann. Zensuren Die Ziffernzensur (censere [lat.]: zählen, schätzen) ist die quantifizierende Reduktion einer Leistungsbewertung am Ende eines Beurteilungsprozesses auf eine Zahl (Graul [1996]). Den Noten sind die im Folgenden beschriebenen Wortbedeutungen zugrunde zu legen. Der Begriff „Anforderungen" bezieht sich dabei auf den Umfang sowie auf die selbstständige und richtige Anwendung der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie auf die Art der Darstellung. Sehr gut (1) Die Note „sehr gut“ soll erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen in besonderem Maße entspricht. Gut (2) Die Note „gut“ soll erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen voll entspricht. Befriedigend (3) Die Note „befriedigend“ soll erteilt werden, wenn die Leistung im Allgemeinen den Anforderungen entspricht. Ausreichend (4) Die Note „ausreichend“ soll erteilt werden, wenn die Leistung zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht. Mangelhaft (5) Die Note „mangelhaft“ soll erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen nicht entspricht, jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden können. Ungenügend (6) Die Note „ungenügend“ soll erteilt werden, wenn die Leistung den Anforderungen nicht entspricht und selbst die Grundkenntnisse so lückenhaft sind, dass die Mängel in absehbarer Zeit nicht behoben werden können. Wichtige, teils konträre Funktionen der Note sind u. a. Rückmeldungsfunktion für Schüler und Eltern, Sozialisierungsfunktion (vgl. die aktuelle Debatte um Bildungsstandards), Funktion innerhalb einer Initiation (Mittlere Reife, Abiturprüfung), Funktion der Hinführung zur Standardisierung von Unterrichts- und Lerninhalten, Anreizfunktion: pädagogische Maßnahme zur Förderung der Lernentwicklung (zugleich aber auch Demotivation) und gesellschaftliche Funktion der Selektion, Klassifikation und Steuerung im Bildungssystem. 59 Manchmal wird Zensuren auch vorgeworfen, sie hätten eine gewisse Disziplinierungsfunktion inne; diese wird ihnen jedoch von Seiten der Schulordnungen eindeutig nicht zugewiesen. Schularten, die stärker dem Fördergedanken als der Idee von Karriereentscheidungen verpflichtet sind (Grundschulen, Sonderschulen), haben bereits Erfahrungen mit der verbalen Beurteilung gesammelt („Worte statt Zensuren“). Weiterführende Quellen: Bahr, Eberhard / Poschul, Diethard / Zeinert, Peter: Bewertung im Kunstunterricht. Fragen - Untersuchungen – Ergebnisse auf fachspezifischer und allgemeiner Grundlage. Frankfurt a. M.: Peter Lang 1985, S.18. Graul, Margret: Leistungsnachweis statt Standesprivileg. In: Friedrich Jahresheft „Prüfen und Beurteilen. Zwischen Fördern und Zensieren" 1996, S. 128-129. Kade, Jochen: Wissen – Umgang mit Wissen – Nichtwissen. Über die Zukunft pädagogischer Kommunikation. In: Gogolin, Ingrid / Tippelt, Rudolf (Hrsg.): Innovation durch Bildung. Opladen: Leske + Budrich 2003, S. 89-108. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 52, BSO § 18, FOBOSO § 30, GSO § 49, RSO § 41, VSO § 18. Leistungsnachweis, Noten, Reform der Notengebung der Grundschule, Verbale Beurteilung, Zensuren, Zeugnis. Zeugnis Unter Berücksichtigung der einzelnen schriftlichen, mündlichen und praktischen Leistungen werden Zeugnisse erteilt. Hierbei werden die gesamten Leistungen eines Schülers unter Wahrung der Gleichbehandlung aller Schüler in pädagogischer Verantwortung der Lehrkräfte bewertet. Daneben müssen Bemerkungen über Anlagen, Mitarbeit und Verhalten des Schülers in das Zeugnis aufgenommen werden. Mit der Reformpädagogik und wieder in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts formierte sich vielfältige Kritik an den Ziffernzeugnissen. Gerade im Grundschulbereich wurden mit „Berichtszeugnissen“ und „Diagnosebögen“ auch Alternativen entwickelt. Bei diesen Bemühungen und Varianten geht es immer auch um einen Kompromiss zwischen Aussagekraft und Leistbarkeit innerhalb der schulischen Alltagsarbeit. Mehrere Zeugnistypen sind derzeit verbreitet: Rasterzeugnis: Um die inhaltsleere Note durch eine inhaltliche Aussage zu ersetzen, werden Lernziele oder Kriterien angegeben und angekreuzt, manchmal ergänzt um qualifizierende Zusätze wie selten – in der Regel – häufig – immer oder Niveaustufen. Bausteinzeugnis: Ebenfalls unter ökonomischen Gesichtspunkten bestechend sind große Sammlungen möglicher Beurteilungssätze oder Textbausteine in gedruckter oder digitaler Form, aus denen für den Schüler die passend erscheinenden Formulierungen ausgewählt werden. Beispiel: Lesen, Klasse 2 ○ Er/Sie ist fähig, auch vorher nicht geübte Texte Sinn gestaltend zu lesen und inhaltlich zu erfassen. ○ Er/Sie kann bekannte Texte fast fehlerfrei vorlesen, neue Texte fallen ihm/ihr noch schwer. ○ Er/Sie kann auch bekannte und geübte Texte noch kaum erlesen. 60 Berichtszeugnis: Der Lehrer verzichtet auf vorgegebene Raster oder Bausteine und formuliert selbst einen Bericht über die Lernentwicklung (Lernentwicklungsberichte) und den Lernstand des Kindes. Dabei herrscht ein sachlich berichtender Ton vor. Beispiel: Mathematik, Klasse 3: Den Anforderungen des Mathematikunterrichts ist Christian auch mit Erweiterung des Zahlenraums bis 1000 problemlos gewachsen. Mithilfe des Tausenderbuchs und des Zahlenstrahls konnte er in kurzer Zeit Einsicht in den Aufbau des Tausenders gewinnen. Auch schwierige Aufgaben der mündlichen Addition und Subtraktion mit großen Zahlen löste Christian weitgehend fehlerfrei und ohne Hilfen, musste aber manchmal zu Lösungsversuchen erst ermuntert werden. Briefzeugnis: Dieses Zeugnis ist direkt an das Kind adressiert. Durch eine persönliche Anrede spiegelt dieses Zeugnisformat den pädagogischen Bezug wieder und korrespondiert mit einem Lernklima der Ermutigung, der individuellen Ansprache und Förderung. Es wird weniger distanziert über das Kind, sondern hinwendend auf das Kind hin formuliert. Das Briefzeugnis wird in den ersten Schuljahren häufiger herkömmlichen Zeugnissen hinzugefügt, um nicht nur den Eltern, sondern auch dem Kind eine Rückmeldung zu geben. Beispiel: HSU, Klasse 4: Liebe Tina, du hast uns im Unterricht oft Interessantes mitgeteilt. Vieles davon hast du aus Zeitschriften und Sachbüchern erfahren, die du auch mitgebracht hast. Deine schriftlichen Arbeitsergebnisse, z. B. die Wettertabelle, waren meist noch nicht sorgfältig genug ausgeführt. Sehr viel Zeit hast du dir für den Bau deines Tipis genommen. Du hast dabei sehr konzentriert gearbeitet. Dreigliedrige Lern-Reflexion (Lernsachen – Lernentwicklung – Lernperspektive): Als Weiterentwicklung der schon erheblich ausgearbeiteten Lernentwicklungsberichte und auf dem Boden jahrzehntelanger reformpädagogischer Praxis und zensurenfreier Arbeit ist ein dreiteiliger Aufbau denkbar (Bartnitzky [2004], S. 245 ff.): Lernsachen (Anforderungen, Vorhaben und Projekte, Arbeitsschwerpunkte und Absprachen) Lernentwicklung (Beschreibung und Bewertung durch die Lehrkraft) Lernperspektive (Gemeinsame Vereinbarungen, Unterstützung für das weitere Lernen) Besonders wenn Lerngespräche mit den Schülern vorausgehen und eventuell sogar Selbstzeugnisse der Schüler darin Platz finden, werden Zeugnisse zu einem wichtigen Bestandteil des gemeinsamen Lernprozesses und des Nachdenkens darüber. Den letzten Aspekt „Lernperspektive“ haben die neuen bayerischen Grundschulzeugnisse mit dem Feld „Individuelle Lernfortschritte/Förderansätze" ansatzweise aufgenommen: Als Abschluss eines Berichts über die fachübergreifenden und fachlichen Leistungen des Schülers – in den Zeugnissen der Jahrgangsstufe 1 und im Zwischenzeugnis der Jahrgangsstufe 2 – sowie im Anschluss an die Buchstaben- und Ziffernbewertungen mit kurzen Verbalbeurteilungen in den weiteren Zeugnissen der Grundschule. 61 Im Rahmen der Erprobung der Reform der Notengebung in Bayern wird auch die Frage diskutiert, ob zwei Zeugnisse pro Schuljahr erforderlich sind. Stattdessen könnte einmal pro Schuljahr ein ausführlicher Lernentwicklungsbericht verfasst und mit den Erziehungsberechtigten verbindliche gemeinsame Beratungen durchgeführt werden, in denen dialogisch auf der Grundlage der Beobachtungen über die Lernentwicklung resümierend und einschätzend gesprochen wird und in denen auch Vereinbarungen und Hilfen für das weitere Lernen überlegt werden. In diese Gespräche könnten auch Schüler mit ihren Lernergebnissen und Lerntagebücher mit einbezogen werden. Am Ende werden die Überlegungen in einem Beratungsprotokoll niedergelegt, das von allen Beteiligten unterschrieben wird. Verbindlichere und zum Teil protokollierte Elterngespräche – nicht anstatt, sondern zeitnah zum Zwischenzeugnis – werden derzeit von 30 bayerischen Grundschulen erprobt. Nähere Hinweise finden sich in BayEUG Art. 52, BSO § 23-36, FOBOSO § 38, GSO § 60-63, RSO § 52-54, VSO § 26-27. Weiterführende Quellen: Bartnitzky, Horst: Zeugnisse als Lernreflexion – mit einem Vorschlag für Schulen. In: H. Bartnitzky / A. Speck-Hamdan (Hrsg.): Leistungen der Kinder wahrnehmen – würdigen – fördern. Arbeitskreis Grundschule. Frankfurt a. M. 2004, S. 238 – 248. Breitschuh, Gernot: Zur Geschichte des Schulzeugnisses. In: D. Bolscho / K. H. Burk / D. Haarmann (Hrsg.): Grundschule ohne Noten. Arbeitskreis Grundschule. Frankfurt a. M. 1979, S. 35 ff. Leistungsnachweis, Noten, Reform der Notengebung der Grundschule, Zensuren. Zeugnisgespräch Im zweiten Erprobungsjahr des Schulversuchs „Reform der Notengebung an der Grundschule“ wurden in zeitlichem Zusammenhang mit dem Zwischenzeugnis sog. Zeugnisoder Elterngespräche erprobt. Die Auswertung der Ergebnisse liegt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. 62 Verzeichnis der Abkürzungen und Fundstellen BayEUG: Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl S. 414, ber. S. 632, BayRS 2230-11-UK), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juli 2004 (GVBl S. 282). http://www.km.bayern.de/km/recht/bayeug/index.html BesASO: Schulordnung für die Schulen besonderer Art vom 29. Juli 1994. Fundstelle: GVBl 1994, S. 893, zuletzt geändert am 16.9.1999, GVBl 1999, S. 444. Aufgrund der besonderen Spezifik und des begrenzten Gültigkeitsbereichs wurde darauf verzichtet, diese Schulordnung mit aufzunehmen. http://www.km.bayern.de/imperia/md/content/pdf/schulen/51.pdf BSO: Schulordnung für die Berufsschulen in Bayern (Berufsschulordnung – BSO) vom 19. Juli 1983, Fundstelle: GVBl 1983, S. 759, zuletzt geändert am 28.8.2000, GVBl 2000. http://www.km.bayern.de/km/recht/bso/bso.html FOBOSO: Schulordnung für die Fachoberschulen und Berufsoberschulen in Bayern (Fachober- und Berufsoberschulordnung), Stand: 01.08.2000. Diese Verordnung tritt am 1. August 2000 in Kraft. Abweichende Termine betreffen § 7 Abs. 2, § 15 Abs. 2, § 26 Abs. 1 bis 3, 5 und 6 (1. Februar 2000), § 4 Abs. 1 und 4, § 5 Abs. 1, 4 und 6, § 9 Abs. 2 (1. Oktober 2000) und Anlage I für die Jahrgangsstufe 12 (1. August 2001). http://www.mbnord.de/foboso/files/foboso-N-web.html GSO: Schulordnung für die Gymnasien in Bayern. Vom 16. Juni 1983 (GVBl S. 681, KMBl I S. 377), geändert durch Verordnung vom 6. 3. 1986 (GVBl S. 29, KMBl I S. 166), vom 14. 8. 1987 (GVBl S. 293, KMBl I S. 222), vom 25. 7. 1988 (GVBl S. 260, KWMBl I S. 402), vom 30. 6. 1989 (GVBl S. 350, KWMBl I S. 138), vom 18. 10. 1989 (GVBl S. 574, KWMBl I S. 314), vom 30. Juli 1990 (GVBl S. 363, KWMBl I S. 334), vom 30. Juli 1992 (GVBl S. 324, KWMBl I S. 439), vom 11. Juli 1994 (GVBl S. 665, KWMBl I S. 406), vom 2. Juli 1996 (GVBl S. 275, KWMBl I S. 282), vom 3. Juli 1996 (GVBl S. 277, KWMBl I S. 314), vom 3. Juli 1997 (GVBl S. 222, KWMBl I S. 229), vom 24. August 1998 (GVBl S. 645), vom 2. August 2001 (GVBl S. 432), vom 20. August 2002 (GVBl S. 415) und vom 11. August 2003 (GVBl S. 632, ber. S. 673), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27. Juli 2004. http://www.km.bayern.de/km/recht/gso/index.html RSO: Schulordnung für die Realschulen in Bayern vom 5. September 2001 (GVBl Nr. 19/2001). http://www.realschule.bayern.de/bestimmungen/bestimm/rso/index.htm VSO: Schulordnung für die Volksschulen in Bayern (Volksschulordnung), gültig ab 1. Januar 2003. http://www.km.bayern.de/km/recht/vso/index.html WSO: Schulordnung für die Wirtschaftsschulen in Bayern (Wirtschaftsschulordnung) vom 25. August 1983, zuletzt geändert am 20.2.2004, GVBl 2004, S. 40. http://www.km.bayern.de/km/recht/wso/index.html