Skript Praktikum (Prof. Clemens)

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Modul Ökophysiologie
WS 2011/12
Praktikumsteil: Pflanzenphysiologie (Prof. Clemens)
1. Einleitung
Pflanzen sind im Laufe ihres Daseins einer Vielzahl von Stressfaktoren ausgesetzt. Dies sind
auf der einen Seite biotische Stressfaktoren, wie zum Beispiel Insekten oder pathogene
Mikroorganismen, auf der anderen Seite aber auch eine ganze Palette von abiotischen
Stressfaktoren. Die wichtigsten dieser abiotischen Stressfaktoren sind Licht-, Temperatur-,
Überflutungs- bzw. Trockenstress. Da Pflanzen im Gegensatz zu Tieren den Stressoren nicht
durch einen Ortswechsel entgehen können, benötigen sie einen sehr plastischen
Metabolismus, der es Ihnen ermöglicht, Zeiten widriger Umweltbedingungen (mehr oder
wenig) unbeschadet zu überstehen.
Exemplarisch soll in diesem Praktikum die „Antwort“ von Pflanzen auf Trockenstress
untersucht werden. Die Anpassung der Pflanzen auf Austrocknung erfolgt auf
morphologischer, biochemischer oder molekularer Ebene. Durch verstärktes Wurzelwachstum
zum Beispiel versucht die Pflanze neue Wasserquellen zu erschließen. Des Weiteren
verändert sich der Stoffwechsel grundlegend. Zum einen werden vermehrt osmotisch
wirksame Substanzen synthetisiert, um den negativen Folgen des Wasserverlustes
entgegenzuwirken (= Aufrechterhaltung der osmotischen Balance im Zytosol). Zum anderen
werden andere Stoffwechselwege, die in dieser Situation nicht zwingend nötig sind,
herunterreguliert. Diese Veränderungen spiegeln sich natürlich auch auf molekularer Ebene
wider. Zum einen können bereits gebildete Proteine durch posttranslationale Modifikationen
aktiviert oder inaktiviert werden, zum anderen ändert sich das Muster der transkribierten Gene
erheblich. Enzyme, die für die Synthese von osmotisch wirksamen Substanzen nötig sind,
werden zum Beispiel vermehrt transkribiert. Diese osmotisch wirksamen Substanzen werden
unter der Gruppe der so genannten „compatible solutes“ zusammengefasst. Diese Gruppe
beinhaltet verschiedene Stoffklassen wie Zucker, Aminosäuren und Polyolen. Eine wichtige
Eigenschaft dieser Stoffe ist, dass sie selbst in hohen Konzentrationen keinen negativen
Einfluss auf den Stoffwechsel der Zelle haben.
In höheren Pflanzen nehmen neben Prolin vor allem Polyole eine wichtige Stellung ein.
.
Abb. 1: Biosyntheseweg von Raffinose.
Untersuchungen an Coffea arabica konnten zeigen, dass bei auftretendem Wassermangel vor
allem Mannitol, Raffinose und Stachyose in den Blättern dieser Pflanze angereichert werden
(dos Santos et al. 2011). Aus zeitlichen Gründen soll im Rahmen dieses Praktikums nur die
Bildung von Raffinose näher untersucht werden. Raffinose wird in zwei Schritten aus den
beiden Ausgangsmetaboliten myo-Inositol und UDP-Galactose synthetisiert (siehe Abb. 1).
Beim ersten Schritt kommt es zur Bildung von Galactinol. Diese Reaktion wird von der
Galactinol-Synthase katalysiert (GolS), von der es nach heutigem Wissensstand drei
verschiedene Isoformen in Coffea arabica gibt (GolS 1-3). Im zweiten Schritt wird Galactinol
durch die Raffinose-Synthase in Raffinose umgesetzt. Die Menge der gebildeten Raffinose
wird über die Erhöhung bzw. Verminderung der Galactinol-Synthase Aktivität gesteuert.
Diese Regulation erfolgt auf Transkriptebene, was bedeutet, dass die Menge an GalactinolSynthase m-RNA je nach Umweltbedingung unterschiedlich ist.
Ziel dieses Praktikums ist es, die verschiedenen molekularen Antworten (Veränderung in
Genexpression, Proteinaktivität und Metabolitgehalt) in Coffea arabica auf Trockenstress zu
untersuchen. Zur Detektion der Transkriptunterschiede wird eine Reverse Transkriptase PCR
(RT-PCR) durchgeführt. Des Weiteren wird die Enzymaktivität der Galactinol-Synthase
sowie die Akkumulation von Raffinose mittels Gas-Chromatographie mit gekoppelter
Massenspektrometrie (GC-MS) gemessen. Bei dieser Methode werden extrahierte Substanzen
über eine Chromatographiesäule aufgetrennt und anschließend in die Gasphase überführt. Bei
der Massenspektrometrie werden nun das Flugverhalten sowie der Zerfall der Metabolite in
kleine Fragmente gemessen. Aufgrund des Flugverhaltens und der Fragmentmuster können
die meisten Substanzen eindeutig identifiziert und auch quantifiziert werden.
2. Material und Methoden
Versuchsobjekt sind verschiedene Coffea arabica Pflanzen die unterschiedlich lange
Trockenstress ausgesetzt wurden (2-5 Tage). Als Kontrolle dienen Pflanzen, die normal
gegossen wurden. Pro Gruppe wird eine Pflanze untersucht (Einteilung: Betreuer fragen).
Vor dem Beginn der Versuche sollen die Pflanzen basierend auf optischen Charakteristika
einem der folgenden Welkestadien (Engelbrecht & Kursar, 2003) zugeordnet werden.
Stadium
1
2
3
4
optische Charakteristika
keine Anzeichen von Welken oder Trockenstress
leichte Blattwinkeländerungen, kein Falten oder Rollen der Blätter
starke Blattwinkeländerungen oder Veränderung der Blattoberflächenstruktur
sehr starke Blattwinkeländerungen oder Veränderung der Oberflächenstruktur
mit beginnender Nekrose
Versuchsteile:
1) Transkriptanalyse
2) Bestimmung der Enzymaktivität
3) Quantifizierung des Raffinosegehaltes mittel GC-MS
2.1 Transkriptanalyse
Je zwei Blätter einer Pflanze werden in flüssigem Stickstoff gemörsert und in eine 15 ml
Greinergefäß überführt (immer im Stickstoff lassen !!!). Dieses Material dient für alle drei
Versuchsteile.
2.1.1 Isolation der RNA:
Jede Gruppe isoliert zwei RNA Proben eines Austrocknungsstadiums (Einteilung Betreuer
fragen).
Achtung:
RNasen SIND ÜBERALL !!!. Daher immer Handschuhe tragen und auf größte Sauberkeit
achten. Immer Spitzen wechseln, nichts, was direkt in Kontakt mit RNA kommt, mit bloßen
Fingern anfassen.
- 2 ml Eppi bis zur unteren Rille befüllen (Alles vorher in Stickstoff kühlen!!!)
- Eppi mit abgefülltem Pflanzenmaterial aus dem Stickstoff nehmen und nach dem
Anwärmen der Scharniere der Eppis diese öffnen
- in jedes Eppi 1 ml TRIzol-Reagenz pipettieren und 1 min vortexen (Achtung Eppi gut
verschließen, da TRIzol Phenol enthält !!!)
- Eppi 5 min bei RT stehen lassen und danach erneut für 1 min vortexen
- Zugabe von 200 µl Chloroform
- 20 Sekunden vortexen
- 5 min bei RT inkubieren
- 15 min bei 4 °C und 12 000 rpm zentrifugieren
- wässrige Phase (obere) vorsichtig abnehmen und in ein neues Reaktionsgefäß (1,5 ml
Eppi) überführen
- Abgenommenen Überstand mit 500 µl Isopropanol versetzen, Phasen durch umdrehen
der Gefäße (6-8 mal) mischen
- 10 min bei RT inkubieren
- 10 min bei 4 °C und 12 000 rpm zentrifugieren
- Überstand vorsichtig abnehmen
- Pellet mit 1 ml 70 % EtOH überschichten
- 5 min bei 4 °C und 12 000 rpm zentrifugieren
- Überstand abnehmen und Pellet an der Luft trocknen lassen (10-20 min)
- Pellet mit 20 µl H2O (RNase-frei !!!) überschichten und 5 min bei 50 °C inkubieren
- anschließend 1 Minuten auf Eis abkühlen und für 1 min bei max rpm zentrifugieren
- Überstand mit RNA vorsichtig abnehmen und in ein neues Gefäß überführen
- Bestimmung der RNA Konzentration bzw. Reinheit am Nano-Photometer.
2.1.2 RNA-Gel (analytisches Gel)
Alle Teile der Gießapparatur müssen zuvor mit RNase-Killer für 20 Minuten behandelt und
anschließend mit Wasser (RNase frei) gespült werden.
Entsprechend dem Kammervolumen werden 1,0 % (w/v) Agarose abgewogen und mit 1x
TAE-Puffer aufgekocht, bis die Lösung klar ist. Dann wird sie auf ca. 50 °C abgekühlt und in
die Kammer gegossen.
Von jeder RNA-Probe wird 1 µg Gesamt-RNA auf ein Volumen von 8 µl mit Wasser
aufgefüllt (Rest der RNA bei -20 °C lagern), anschließend werden 2 µl 10x RNA-Ladepuffer
zugegeben und die gesamte Menge in die Geltaschen pipettiert. Die erste Tasche soll 5 µl
Marker (1 kb DNA-Ladder) enthalten. Der Lauf wird bei 5-10 V/cm durchgeführt und ist
beendet, sobald das Bromphenolblau die Hälfte der Gesamtstrecke erreicht hat. Danach wird
das Gel im Ethidiumbromid-Bad angefärbt und unter UV-Licht fotografiert.
2.1.3 DNAse Behandlung
Von den zwei isolierten RNA Proben wird die bessere (größere Reinheit) für die
Weiterbehandlung verwendet.
-
1µg RNA mit RNAse freiem H2O auf ein Volumen von 8µl auffüllen
1µl 10x Reaktionspuffer mit MgCl2 von Fermentas zugeben
1µl DNAse I zugeben
15 min bei RT inkubieren
1µl EDTA (25mM) zum Abstoppen der Reaktion zugeben
10min bei 65°C inkubieren (direkt fortfahren mit 2.1.4.)
2.1.4 c-DNA Synthese
-
-
Zu dem 11µl Ansatz der DNAse Behandlung 1µl Oligo(dT) geben
5 min bei 70°C inkubieren, 2 min auf Eis
Pro Ansatz 7µl Mastermix zugeben, Zusammensetzung:
o 4µl 5x RT Puffer
o 2µl 10mM dNTP mix
o 1µl Ribo Lock Ribonuclease inhibitor
5 min bei 37°C inkubieren
1µl Revert Aid Reverse Transkriptase zugeben
60 min bei 42°C inkubieren
10 min bei 70°C
cDNA sofort auf Eis oder bei 4°C lagern
2.1.5 RT PCR
Die c-DNA’s der unterschiedlichen Austrocknungsstadien werden nun zwischen den Gruppen
ausgetauscht. Des Weiteren erhält jede Gruppe c-DNA als positiv Kontrolle. In einer der PCR
Reaktionen wird die Template c-DNA durch H2O (Negativkontrolle) ersetzt. (insges. 5)
Es werden zwei verschiedenen PCR’s pipettiert, jede Gruppe führt die Kontrollreaktion zur
Amplifikation eins 18s RNA Fragmentes (III) durch, Gruppen A bis C außerdem die PCR zur
Amplifikation eines Gol1 Fragmentes (I) und die Gruppen D bis E die PCR zur Amplifikation
eines Gol2 Fragmentes (II).
Für jede gibt es ein spezielles Primerpaar !!!! (Gol1 fw, Gol1 rev; Gol2 fw, Gol2 rev; 18s
fw, 18s rev)
Die Amplifikation der Gol Fragmente wird bei drei unterschiedlichen Zyklenzahlen
durchgeführt.
- 1µl cDNA + 24µl MM (Mastermix)
- MM : 2,5 µl 10x Puffer
0,5 µl Primer fw (20µM)
0,5 µl Primer rev (20µM)
0,5 µl dNTP’s (25mM)
0,5 µl Taq
20,5 µl H2O (Millipore)
-PCR Programme (Zyklenzahl variiert!!!):
96°C 2 min
---96°C
I / II:63°C III: 58°C
72°C
---72°C 5 min
14°C ∞
30 sec
1 min 30 sec
1 min
I / II: 25x; 30x; 35x
III: 25x
Die PCR Reaktion erfolgt über Nacht.
Zur Analyse der Ergebnisse werden 1% TAE-Agarosegele vorbereitet (siehe RNA Gele) und
gleiche Mengen des PCR Reaktionsansatzen aufgetragen.
Die Bandenintensitäten werden verglichen.
2.2 Bestimmung der Enzymaktivität
2.2.1 Proteinextraktion
- 100 mg gemörsertes Pflanzenmaterial (pro Gruppe eine Probe) werden in ein 2ml
Eppendorfreaktionsgefäß überführt
- Zugabe von 1ml Extraktionspuffer
- Inkubation auf Eis für ca. 2 Minuten
- Proben zentrifugieren (max rpm, 4° C, 2 min)
- Überstand über Miracloth®-Membran filtrieren
- Probe zentrifugieren (max rpm, 4° C, 15 min)
- Überstand in ein neues Eppi überführen und für die weiteren Untersuchungen verwenden
(immer auf Eis lagern !!!)
# Extraktionspuffer (10 ml)
- 50 mM HEPES pH 7,0
- 1 mM DTT
- 1 mM PMSF
2.2.2 Aktivitätsassay (GolS)
Abbildung 1: Reaktionsweg der Produktion von Raffinose (Verändert nach Handley et al., 1983)
- 50 µl der Substrat-Lösung in einem Eppi vorlegen (pro Gruppe 2 Reaktionen)
- 50 µl Extrakt (gekocht und nativ) zugeben, kurz (2 sec.) vortexen und für 30 min bei 32 °C
inkubieren
- Termination der Reaktion durch kochen der Reaktionsansätze für 2 min
# Aktivitätspuffer (10 ml)
- 50 mM HEPES pH 7,0
- 2 mM DTT
- 60 mM myo-inositol
- 4 mM MnCl2
- 0,4µg/µl of bovine serum albumin (BSA)
- 4 mM UDP-gal
 Derivatisierung und Messung des Reaktionsproduktes mittels GC
- zum Reaktionsansatz werden 100 µl Extraktionspuffer* (Methanol – Ribizol –
Gemisch) gegeben und der gesamte Ansatz in einer Vakuumzentrifuge getrocknet
- Derivatisierung und Messung erfolgt über Nacht
2.2.3 Bestimmung der Proteinkonzentration
- Proteinextrakt 1:20 und 1:40 mit Wasser verdünnen (pro Verdünnung 100 µl herstellen)
- Extraktionspuffer ebenfalls 1:20 und 1:40 verdünnen (= Blank)
- BSA-Standard verdünnen (0,04 µg/µl; 0,08 µg/µl; 0,12 µg/µl; 0,16 µg/µl; 0,2 µg/µl)
- Roti-Quant verdünnen (1Teil Roti-Quant zu 4 Teilen Wasser) (975 µl pro Reaktion)
- 975 µl der verdünnten Roti-Quant-Lösung vorlegen
- je 25 µl der BSA-Standards, Blank bzw. verdünnten Extrakte zugeben (es werden Triplikate
vermessen
- Proben 5 Minuten bei RT inkubieren
- Absorption bei 595 nm messen.
2.3 Messung des Raffinosegehaltes mittels GC-MS
 Extraktion
- 100 mg des gemörserten Pflanzenmaterial abwiegen
- mit 600 µl Extraktionspuffer* versetzen
- Suspension für 15 Minuten bei 70 °C und 1000 rpm im Thermomixer inkubieren
- Zugabe von 300 µl Chloroform
- Suspension für 5 Minuten bei 37 °C und 1000 rpm im Thermomixer inkubieren
- Zugabe von 600 µl Millipore-Wasser
- Zentrifugieren (max rpm, 7 Minuten, 16 °C)
- obere Phase abnehmen und in ein neues Eppi überführen
 Derivatisierung und Messung
- Je 100 µl des Extraktes (und eines Extraktionspufferblanks) werden in ein
Reaktiongefäß gegeben und anschließend in einer Vakuumzentrifuge getrocknet
- Derivatisierung und Messung erfolgt über Nacht
- Zusätzlich zu den Proben werden noch verschieden Standards vermessen
 Auswertung
- Nach Beendigung der Läufe werden die Chromatogramme ausgewertet und anhand
der Standards die Menge an Raffinose in den Proben bestimmt.
2.4 Literatur
- Braun, M. (2010) „Compatible solutes in tropical seedlings under drought stress.”
Bachelorarbeit am Lehrstuhl Pflanzenökologie und Lehrstuhl Pflanzenphysiologie,
Universität Bayreuth
- Engelbrecht & Kursar, (2003) “Comparative drought-resistance of seedlings of 28 species
of co-occurring tropical woody plants.” Oecologia 136, no. 3, 383-393
- Marluci R., Carols R. F. and Silene de Paulino L. (2000) “Soybean Seed Galactinol
Synthase activity as dertermined by a novel colorimetric assay” R. Bras. Fisiol. Veg.,
12(3):203-212
-Tiago B. dos Santos , Ilara G.F. Budzinski , Celso J. Marur , Carmen L.O. Petkowicz , Luiz
F.P. Pereira , Luiz G.E. Vieira (2011) “Expression of three galactinol synthase isoforms in
Coffea arabica L. and accumulation of raffinose and stachyose in response to abiotic
stresses” Plant Physiology and Biochemistry 49 441e448
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