Pressemitteilung Symposium „Synergetik von Psyche und Gehirn“ an der Donau-Universität Krems vom 23. bis 26. Juni 2005 Die Donau-Universität Krems war vor kurzem Veranstaltungsort eines außergewöhnlichen wissenschaftlichen Ereignisses, welches sich mit neuesten Erkenntnissen zur Strukturbildung und Dynamik in komplexen Systemen befasste. Speziell ging es um das komplexe System „Gehirn“, aber auch um psychologische und soziale Phänomene, wie sie insbesondere in der Psychotherapie auftreten. Es wurde deutlich, dass die Theorie der Strukturbildung und des Strukturwandels in komplexen Systemen, die Synergetik, einen wesentlichen Beitrag für das Verständnis von Gehirnfunktionen, aber auch für das Zusammenspiel von Gehirn, Verhalten und psychischen Prozessen leisten kann. Zahlreiche neue Forschungsergebnisse machen die Synergetik – d. h. die Wissenschaft der Selbstorganisation – zu einem Bezugssystem für den interdisziplinären Dialog und zu einem verbindenden Band zwischen unterschiedlichen psychotherapeutischen Ansätzen. Die Tagung fand unter der Schirmherrschaft der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Frau Elisabeth Gehrer statt. Die Eröffnung wurde vom Rektor der DonauUniversität Krems, Prof. Dr. Helmut Kramer vorgenommen, der die zahlreichen TeilnehmerInnen herzlich willkommen hieß und sich bei der wissenschaftlichen Leitung, Prof. Dr. Günter Schiepek und dem Leiter des Zentrums für Psychosoziale Medizin, Dr. Anton Leitner, bedankte. Die Organisation wurde von Mitgliedern des Vorstandes der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin (ÖGPPM), Dr. Rudolf Fehrmann, Dr. Manfred Kolar, Dr. Alois Schweighofer in Zusammenarbeit mit der Donau-Universität Krems durchgeführt. Die einzelnen Beiträge des Symposiums befassten sich zum Beispiel mit psychotherapeutischen Prozessen, die als Abfolge von dynamischen Ordnungsübergängen im Erleben und Verhalten von Patienten nicht nur interpretierbar, sondern auch messbar sind. Diese Ordnungsübergänge treten auch in der Kommunikation zwischen Therapeut und Klient und – sofern es sich um stationär durchführte Therapien handelt – in der Kommunikation zwischen Patienten (d. h. in der therapeutischen Gemeinschaft) auf. Die Theorie der Selbstorganisation sagt für solche dynamischen Übergänge das Auftreten von kritischen Fluktuationen voraus, welche nicht nur beobachtbar sind, sondern auch einen Vorhersagewert (im Sinne einer notwendigen Bedingung) für den Therapieerfolg haben. Vorgestellt wurde ein computerbasiertes System (sog. „Synergatischer Navigator“), welches solche wichtigen Erscheinungen auch in der konkreten Praxis messbar und therapeutisch nutzbar macht. 1 Weitere Beitrage befassten sich mit psychotherapeutisch induzierten Veränderungen von Aktivierungsmustern im Gehirn (funktionelle Bildgebung, z.B. fMRI), und mit der neuronalen Basis von Emotionen und ihrer Wirkung auf Wechselwirkungen zwischen Gehirnfunktionen Denken und Handeln. Auch die und Peripherphysiologie (Atmung, Hautdurchblutung, Hautwiderstand) erzeugen (z.B. im Zustand der Entspannung, etwa beim Autogenen Training) selbstorganisierte Synchronisationen (gemeinsame Rhythmen), ebenso die Wechselwirkung Lebensereignisse und zwischen Gehirn Stressoren und Immunsystem. koordinierte Dynamische Hier triggern kritische Veränderungen. Neue Erkenntnisse über die Wirkung von Spiegelneuronen im Gehirn machen nachvollziehbar, wie soziales Lernen und zwischenmenschliche Kommunikation funktionieren, insbesondere wie die in der Psychotherapie so wesentliche Empathie zustande kommt. Zukünftige Forschungen könnten sich auf die Synchronisation neuronaler Prozesse bei der Interaktion von Therapeut und Patient richten – ein selbstorganisierendes System. Thematisiert wurden auf der Konferenz auch die aktuellen Entwicklungen in der Psychotherapielandschaft, die sehr eindeutig auf eine schulenübergreifende Integration abzielen. Integrative Therapie kann dabei als Prozessmanagement bio-psycho-sozialer Systeme und der von ihnen erzeugten synergetischen Muster verstanden werden. In der konkreten intersubjektiven Ko-respondenz zwischen Therapeutin und Patientin erfolgt die Anwendung eines derartigen Verfahrens in einer prozessual, situativ und relational jeweils kreativ neu zu generierenden, reflektierten Kombinatorik von Perspektiven, Optiken und Heuristiken. Zentraler Faktor für die Gestaltung der jeweiligen Kombination ist die metahermeneutische Mehrebenenreflexion. Das Verhältnis von Gehirn und Psyche wirft ebenso spannende wie heikle philosophische Fragen auf, die etwa die menschliche Freiheit und den Status unserer Identität bzw. eines Ich-Bewusstseins betreffen. Somit gab es auch einen eigenen Block zum Thema „Neurophilosophie“. Aufgrund der herausragenden Leistungen für die Weiterentwicklung in Medizin und Psychologie wurde dem Begründer der Synergetik, Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Haken (Universität Stuttgart) im Rahmen dieses Symposiums der Preis der DonauUniversität Krems von Frau Vizerektorin Univ. Prof. Mag. Dr. Ada Pellert überreicht. Prof. Haken eröffnete die Konferenz mit einem Überblicksreferat. Weitere Referenten waren Prof. Dr. Uwe an der Heiden (Witten-Herdecke), Prof. Dr. Joachim Bauer (Freiburg), Prof. Dr. Hartmann Hinterhuber (Innsbruck), Dr. Karl Hoffmann (Wien), Univ.-Doz. Dr. Zbigniew J. Kowalik (Düsseldorf), Dr. Manfred Lambertz (Berlin), Dr. Anton Leitner (Krems), Prof. Dr. Klaus Mainzer (Augsburg), Dr. Andreas Manteufel (Bonn), Prof. Dr. Konrad Maurer (Frankfurt am Main), Dr. Joachim Nöthen (München), Prof. Dr. Michael Pauen (Magdeburg), Dr. Volker Perlitz (Aachen), Dipl.-Soz. Michaela Pichlbauer (München), Dr. Arthur Picht 2 (Aachen), Prof. Dr. Walter Pieringer (Graz), lic. phil. Martin Rufer (Bern), Dr. Isa Sammet (Tübingen), Prof. Dr. Günter Schiepek (München und Krems), Prof. Dr. Peter Sommerfeld (Olten), Prof. Dr. Marianne Springer-Kremser (Wien), Dr. Aglaja Stirn (Frankfurt am Main), Dr. Igor Tominschek (Windach), Prof. Dr. Dieter Vaitl (Gießen) und Dr. Thomas Villmann (Leipzig). Zur großen Freude der Veranstalter besuchte am Sonntag auch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, Frau Rauch-Kallat, als interessierte Teilnehmerin dieses Symposium. 3