Technische Universität München Zentrum Mathematik PD Dr. Ch. Karpfinger SS 2012 Blatt 4 Repetitorium zur Algebra Frühjahr 2005, Thema Nr. 1 Aufgabe 1 Beweisen Sie oder widerlegen Sie: Eine natürliche Zahl der Gestalt 4 n + 3 mit n ∈ N besitzt keine Darstellung als Summe von zwei Quadraten ganzer Zahlen. Lösung: Wir zeigen: Es gibt keine natürliche Zahl der Gestalt 4 n + 3 mit n ∈ N, die Summe zweier Quadrate ganzer Zahlen ist. Angenommen, eine Zahl der Form 4 n + 3 mit n ∈ N ist Summe zweier Quadrate: 4 n + 3 = x2 + y2 mit x, y ∈ Z . Dann gilt modulo 4 eine Gleichheit der Form 3 ≡ x2 + y2 mod 4 mit x, y ∈ Z . Es gilt aber 02 ≡ 0 mod 4 , 12 ≡ 1 mod 4 , 22 ≡ 0 mod 4 , 32 ≡ 1 mod 4 . Die Summe zweier Quadrate ist somit niemals kongruent 3 modulo 4. Die Behauptung ist damit widerlegt. Aufgabe 2 Es sei R ein Integritätsring. Für Ideale a, b in R definiert man a ∼ b :⇔ Es gibt α, β ∈ R \ {0} mit α · a = β · b . Zeigen Sie: (a) Die Relation ∼ ist eine Äquivalenzrelation, und es gilt a1 ∼ b1 , a2 ∼ b2 ⇒ a1 a2 ∼ b1 b2 . (b) Genau dann gilt a ∼ b, wenn a und b als R-Moduln isomorph sind. Lösung: (a) Reflexivität: a ∼ a gilt für alle Ideale a ⊆ R, da in R ein Einselement existiert. Symmetrie: Aus a ∼ b folgt offenbar b ∼ a. Transitivität: Es gelte a ∼ b und b ∼ c für Ideale a, b, c ⊆ R. Es gibt also α, β, γ, δ ∈ R \ {0} mit α · a = β · b und γ · b = δ · c . Es folgt α·γ·a = β·γ·b = β·δ·c. Wegen der Nullteilerfreiheit von R gilt a ∼ c. Damit ist gezeigt, daß ∼ eine Äquivalenzrelation ist. Nun zum Zusatz: Es gelte a1 ∼ b1 und a2 ∼ b2 . Damit existieren α1 , α2 und β1 , β2 in R mit α1 · a1 = β1 · b1 und α2 · a2 = β2 · b2 . 1 Es folgt α1 a1 α2 a2 = β1 b1 β2 b2 . Da R nullteilerfrei ist, gilt a1 · a2 ∼ b1 · b2 . (b) Es gelte a ∼ b für zwei Ideale von R, also für zwei R-Untermoduln von R R. Es gibt α, β ∈ R \ {0} mit α · a = β · b. Somit gibt es zu jedem x ∈ a ein y = φ(x) ∈ b mit α x = βy. Wir begründen, daß φ : a → b ein Modulisomorphismus ist: φ ist natürlich eine Abbildung von a nach b. φ ist additiv und homogen: φ(λ x + x′ ) = λ y + y′ . φ ist bijektiv: Gilt φ(x) = φ(x′ ), so folgt Wegen α x = β φ(x) und α x′ = β φ(x′ ) sogleich x = x′ , so daß φ injektiv ist. Natürlich ist φ auch surjektiv: Zu y ∈ b existiert nach Voraussetzung ein x ∈ a mit α x = β y, so daß φ(x) = y. Nun sei φ : a → b ein Isomorphismus für Ideale a und b. O.E. gelte a ̸= (0) ̸= b. Setze β := φ(α) für ein 0 ̸= α ∈ a; dann gilt auch β ̸= 0. Wir begründen nun β·a = α·b, hieraus folgt die Behauptung. Für jedes x ∈ a gilt φ(α x) = xφ(α) = β x und φ(α x) = α φ(x) . Somit gilt β x = α φ(x) für alle x ∈ a; es folgt β · a = α · φ(a) = α · b. Aufgabe 3 Bestimmen Sie einen größten gemeinsamen Teiler von 26 + 13i und 14 − 5i im Ring Z[i] der Gaußschen ganzen Zahlen. Lösung: Zur Bestimmung des ggT benutzen wir den euklidischen Algorithmus: Mit α = 26 + 13i und 1 1 (26 + 13i)(14 + 5i) = 221 (299 + 312i). Mit δ = 1 + i gilt β = 14 − 5i gilt α · β−1 = 221 26 + 13i = (14 − 5i)(1 + i) + (7 + 4i) ; beachte, daß N(7 + 4i) < N(14 − 5i). Wir führen eine weitere Division mit Rest durch: Mit α = 14 − 5i 1 1 und β = 7 + 4i gilt α · β−1 = 65 (14 − 5i)(7 − 4i) = 65 (78 − 91i). Mit δ = 1 − i gilt 14 − 5i = (7 + 4i)(1 − i) + (3 − 2i) ; beachte, daß N(3 − 2i) < N(7 + 4i). Wir führen eine weitere Division mit Rest durch: Mit α = 7 + 4i und 1 β = 3 − 2i gilt α · β−1 = 13 (7 + 4i)(3 + 2i) = 1 + 2i). Mit δ = 0 gilt 7 + 4i = (2 − 3i)(1 + 2i) + 0 ; Damit ist 3 − 2i der ggT der angegebenen Zahlen. Aufgabe 4 Untersuchen Sie (mit Beweis) auf Irreduzibilität: (a) f (X) = X 4 − X 3 − 9 X 2 + 4 X + 2 und g(X) = X 4 + 2 X 3 + X 2 + 2 X + 1 in Q[X]. (b) f (X,Y ) = Y 6 + X Y 5 + 2 X Y 3 + 2 X 2Y 2 − X 3Y + X 2 + X in Q[X,Y ]. Lösung: (a) Wegen f (±2) ̸= 0 ̸= g(±1) haben f und g keine rationalen Wurzeln. Wir machen den Ansatz: (X 2 + a X + b) (X 2 + c X + d) = X 4 + (a + c) X 3 + (a c + b + d) X 2 + (a d + b c) X + b d . 2 Für f erhalten wir durch einen Koeffizientenvergleich: a + c = −1 a c + b + d = −9 ad +bc = 4 bd = 2. Der erste Versuch b = 1 und d = 2 führt zu einem nichtlösbaren System. Der zweite Versuch b = −2 und d = −1 liefert das lösbare System: a + c = −1 a c = −6 −a − 2 c = 4 . Damit erhalten wir f = (X 2 − 3 X − 1) (X 2 + 2 X − 2) . Das Polynom f ist damit reduzibel. Für g erhalten wir durch einen Koeffizientenvergleich: a+c = 2 ac+b+d = 1 ad +bc = 2 bd = 1. Der erste Versuch b = 1 und d = 1 führt zu einem nichtlösbaren System. Der zweite Versuch b = −1 und d = −1 ebenso. Das Polynom g ist damit irreduzibel. (b) Das Element X ∈ Q[X] ist ein Primelement, da es irreduzibel ist; Q[X] ist ein Hauptidealring. Somit ist f nach Eisenstein mit p = X irreduzibel über dem Quotientenkörper von Q[X] und wegen der Teilerfremdheit der Koeffizienten somit auch über Q[X]. Aufgabe 5 Es sei k ein Körper mit char(k) ̸= 2, es sei f ∈ k[X] ein Polynom vom Grade n ≥ 2, es sei K ein Zerfällungskörper von f über k, und f habe n verschiedene Nullstellen α1 , . . . , αn in K. Das Element ∆ ∈ K sei definiert durch ∆ := ∏ (α j − αi ) . 1≤i< j≤n Dann heißt D := ∆2 die Diskriminante von f . (a) Zeigen Sie: K ist galoissch über k und es ist D ∈ k. (b) Es sei G := Gal(K/k) die Galoisgruppe von K über k. Zeigen Sie: ∆ ∈ k ⇔ Jedes σ ∈ G definiert eine gerade Permutation der α1 , . . . , αn . (c) Es sei f := X 4 + 2 a X 2 + b ∈ Q[X] irreduzibel. Bestimmen Sie die Diskriminante von f und zeigen Sie: √ b∈Q ⇔ G∼ = Z/2Z × Z/2Z . 3 Lösung: (a) Das Polynom f ist separabel, da sämtliche Wurzeln von f im Zerfällungskörper verschieden sind, somit ist K/k separabel. Da K Zerfällungskörper von f über k ist, ist K/k normal. Folglich ist K/k galoissch. Für alle σ ∈ Gal(K/k) gilt ∏ σ(D) = (σ(α j ) − σ(αi ))2 = 1≤i< j≤n ∏ (α j − αi )2 , 1≤i< j≤n so daß σ(D) = D und damit D ∈ k gilt. (b) Jedes σ ∈ G permutiert die Wurzeln α1 , . . . , αn . Es sei τσ ∈ Sn die dazugehörige Permutation der Indizes. Wir erhalten für ein σ ∈ G: σ(∆) = ∆ ⇔ ∏ (σ(α j ) − σ(αi )) = 1≤i< j≤n ∏ (α j − αi ) 1≤i< j≤n ⇔ σ(α j ) − σ(αi ) =1 α − α j i 1≤i< j≤n ⇔ τσ ( j) − τσ (i) = 1. j−i 1≤i< j≤n ∏ ∏ Damit ist gezeigt, daß σ(∆) = ∆ gleichwertig ist mit τσ ist gerade. Es folgt die Behauptung. (c) Die vier verschiedenen Wurzeln von f sind √ √ √ √ √ √ √ √ 2 2 2 α1 = −a + a − b , α2 = − −a + a − b , α3 = −a − a − b , α4 = − −a − a2 − b . Damit erhalten wir D = ∆2 = (α2 − α1 )2 (α3 − α1 )2 (α4 − α1 )2 (α3 − α2 )2 (α4 − α2 )2 (α4 − α3 )2 = ··· = = 162 b (a2 − b)2 . Wir begründen die letzte Behauptung: √ Es gelte b ∈ Q. Nach (b) gilt G ⊆ A4 . Wenn wir begründen können, daß |G| = 4 gilt, so folgt hieraus, daß G isomorph zur Kleinschen Vierergruppe ist, da A4 kein Element der Ordnung 4 enthält. Es gilt |G| = 4 ⇔ [K : Q] = 4; √ dabei ist K = Q(α1 , α3 ) und [Q(α1 ) : Q] = 4. Zu zeigen bleibt also α3 ∈ Q(α1 ). Das folgt aus α1 α3 = b ∈ Q. Nun sei G isomorph zur Kleinschen Vierergruppe. Wegen α2 = −α1 und α4 = −α3 gilt G∼ = {(1), (12) (34), (13) (24), (14) (23)} . √ Nach (b) gilt also ∆ ∈ Q, so daß b ∈ Q. 4