Rechtsgrundlagen Hilfen zur Erziehung

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Rechtsgrundlagen Hilfen zur Erziehung
§ 1 KJHG Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe
(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und
Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen
Persönlichkeit.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die
zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche
Gemeinschaft.
(3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere
1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern
und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,
2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und
unterstützen,
3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen,
4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre
Familie sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder
zu schaffen.
§ 2 KJHG Aufgaben der Jugendhilfe
(1) Die Jugendhilfe umfaßt Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger
Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
1. Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen
Kinder- und Jugendschutzes ( §§ 11 bis 14),
2. Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie ( §§ 16 bis 21),
3. Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in
Tagespflege ( §§ 22 bis 25),
4. Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen ( §§ 27 bis 35,36,37,39,40)
5. Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende
Leistungen ( §§ 35a bis 37,39,40).
6. Hilfe für junge Volljährige ( § 41)
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
1. Die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen ( § 42)
2. .........
3. ........
13. .........
§ 27 KJHG Hilfe zur Erziehung
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines
Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des
Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist
und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt.
Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im
Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen
einbezogen werden. Die Hilfe ist in der Regel im Inland zu erbringen; sie darf nur
dann im Ausland erbracht werden, wenn dies nach Maßgabe der Hilfeplanung zur
Erreichung des Hilfezieles im Einzelfall erforderlich ist.
(2a) ……… eine andere unterhaltspflichtige….
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und
damit verbundener therapeutischer Leistungen. Sie soll bei Bedarf Ausbildungsund Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Abs. 2 einschließen.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthaltes in einer
Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die
Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses
Kindes.
§ 41 KJHG Hilfe für junge Volljährige, Nachbetreuung
(1) Einem jungen Volljährigen soll Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und
zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn
und solange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen
Menschen notwendig ist. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung
des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen
begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden.
(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Abs. 3 sowie die §§ 28 bis 30,
33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, daß an die Stelle des
Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge
Volljährige tritt.
Der junge Volljährige soll auch nach Beendigung der Hilfe bei der
Verselbständigung im notwendigen Umfang beraten und unterstützt werden.
Hilfen zur Erziehung sind insbesondere
§ 28 Erziehungsberatung
§ 29 Soziale Gruppenarbeit
§ 30 Erziehungsbeistandschaft, Betreuungshelfer
§ 31 Sozialpädagogische Familienhilfe
§ 32 Erziehung in einer Tagesgruppe
§ 33 Vollzeitpflege
§ 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform
§ 35 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung
Ferner sind als andere Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe
berücksichtigen
§ 42 Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
§ 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
zu
§ 28 KJHG Erziehungsberatung
Erziehungsberatungstellen und andere Beratungsdienste und –einrichtungen sollen
Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Klärung
und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der
zugrundeliegenden Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei
Trennung und Scheidung unterstützen. Dabei sollen Fachkräfte verschiedener
Fachrichtungen zusammenwirken, die mit unterschiedlichen Ansätzen vertraut
sind.
Als unerläßliche Voraussetzungen werden hierfür angesehen:
- unmittelbarer Zugang für Ratsuchende ohne Kostenbelastung,
- offener Zugang für Ratsuchende unabhängig von ihrer politischen u.
konfessionellen Überzeugung,
- eigene Entscheidung des Ratsuchenden über Annahme des Angebots
sowie Form und Umfang der Zusammenarbeit,
- uneingeschränkter Schutz der persönlichen Angelegenheiten des
Ratsuchenden vor einer Mitteilung an Dritte ( § 203 StGB Verletzung
von Privatgeheimnissen Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder
Geldstrafe)
- Zusammenarbeit eines multidisziplinären Teams.
Fachkräfte in der Erziehungsberatung
Gegen Ende des Jahres 1994 waren 10.070 Fachkräfte in Beratungseinrichtungen der
BRD tätig.
26,1 % ........Sozialpädagogen / Sozialarbeiter
25,8 %.........Diplompsychologen
6,5% .........Diplompädagogen / Erziehungswissenschaftler
4,1 %........ Erzieherinnen
3,8 %........ Lehrer
2,8 % ........Heilpädagogen
1,6 %........ Kinder- u. Jugendlichenpsychotherapeuten
1,5 %........ Ärzte
Abgrenzung gegenüber
§ 16 KJHG Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie
§ 17 KJHG Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und
Scheidung
§ 18 KJHG Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der
Personensorge
Erziehungsberatung im Rahmen der Hilfe zur Erziehung
- Leistungstatbestände nach § 27 KJHG
- Notwendigkeit und Geeignetheit


Ausnahme Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung
Personensorgeberechtigter ist Leistungsemfpänger
- Krisenintervention
- Hilfeplanung § 36 KJHG entfällt (nicht länger als 6 Monate).
Fallbezogene Aufgabenschwerpunkte
-
beratende Intervention
therapeutische Intervention
präventive Multiplikatorenarbeit
präventive Information
Anlässe für die Inanspruchnahme von Erziehungsberatung
- emotionale Probleme ( z.B. Ängste, Einsamkeit, depressive Zustände)
- soziale Verhaltensauffälligkeiten ( z.B. Kontaktschwierigkeiten, Aggressivität,
Geschwisterrivalität)
- Probleme- im Schul- u. Leistungsbereich (z.B. Leistungsversagen,
Schulschwänzen, Teilleistungsstörungen)
- Schwierigkeiten in der familialen Interaktion ( z.B. Gesprächsverweigerung,
körperliche Züchtigung, Ablösung vom Elternhaus),
- psychosomatische Auffälligkeiten ( z.B. Einnässen, Einkoten, Eß- oder
Sprachstörungen),
- Trennung und Scheidung, Arbeitslosigkeit und andere soziale Belastungen
( Auswirkungen auf Erziehungssituation)
Anlässe laut statistischem Bundesamt 1998
( Pro Klienten 2 Anlässe)
Beziehungsprobleme................................................. 38,3 %
Entwicklungsauffälligkeiten .....................................30,1 %
Schul-/ u. Ausbildungsprobleme...............................24,6 %
Trennung/Scheidung Eltern......................................20,0 %
Anzeichen von sexuellen Mißbrauch..........................4,1 %
Straftat des Jugendlichen/jungen Vollj......................2,7 %
Suchtprobleme..............................................................2,5 %
Anzeichen von Kindesmisshandlung......................... 1,0 %
Wohnungsprobleme.....................................................1,7 %
Sonstige Probleme in und mit der Familie...............20, 3%
Eignung
- Beteiligte ( Kinder, Jugendlichen und Eltern) mit den Fachkräften zusammenarbeiten können und wollen (Freiwilligkeit),
- Bewältigung der Probleme ( auch auf einen längeren Zeitraum bezogen) im
Rahmen des gegebenen Umfeldes realisierbar erscheint ( Aktivierung von
Problemlösungsressourcen) und
- im Einzelfall adäquate Beratungs- und Therapieangebote bereitgestellt werden
können.
§ 29 KJHG Soziale Gruppenarbeit
Die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit soll älteren Kindern und Jugendlichen
bei
der
Überwindung
von
Entwicklungsschwierigkeiten
und
Verhaltensproblemen helfen. Soziale Gruppenarbeit soll auf der Grundlage eines
gruppenpädagogischen Konzepts die Entwicklung älterer Kinder und Jugendlicher
durch soziales Lernen in der Gruppe fördern.
Angezeigt wenn
- die Familie ihrer Sozialisationsfunktion nicht hinreichend nachkommt bzw.
nachkommen kann und/oder
- die durch die Kinder/Jugendlichen selbstgewählten Peergroups ihr Sozialverhalten negativ beeinflussen.
Das familiäre Beziehungsnetz muss als noch ausreichend tragfähig eingeschätzt
werden, also den Verbleib des Kindes/ Jugendlichen in der Familie erlauben.
Die Soziale Gruppenarbeit wurde veranlasst bei
(Für jeden jungen Menschen konnten bis zu zwei Anlässe angegeben werden
- Statistisches Bundesamt 1998 -)
Entwicklungsauffälligkeiten
Beziehungsprobleme
Schul-/Ausbildungsprobleme
Straftat
Suchtprobleme
Anzeichen für Kindesmißhandlung
Anzeichen für sexuellen Mißbrauch
Trennung/Scheidung der Eltern
30,1%
19,7%
37,0%
32,9%
2,8%
0,5%
1,4%
5,9%
Wohnungsprobleme
4,3%
Arbeitslosigkeit
1,0%
sonstige Probleme in und mit der Familie 22,2%
§ 30 KJHG Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer
Der Erziehungsbeistand und der Betreuungshelfer sollen das Kind oder den
Jugendlichen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen möglichst unter
Einbeziehung des sozialen Umfelds unterstützen und unter Erhaltung des
Lebensbezugs zur Familie seine Verselbständigung fördern.
Klassische Aufgaben des Erziehungsbeistandschaft:
- die Familie bei der Erziehung zu unterstützen ( aber mit Schwerpunkt Kind /
Jugendlicher nicht wie bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe),
- Kindern oder Jugendlichen mit Hilfe, quasi als institutionalisierter Freund, zur
Seite zu stehen,
- Jugendlichen in seinem Prozess des Selbständigwerden zu unterstützen,
- Hilfestellung bei der Bewältigung von schulischen oder beruflichen Problemen
geben,
- Einwirkung auf die Freizeitgestaltung und
- die sozialen Bezüge des Kindes / Jugendlichen z. B. Freundeskreis vornehmen.
Die Betreuten jungen Menschen hatten :
Für jeden jungen Menschen konnten bis zu zwei Anlässe gegeben werden (Statistisches Bundesamt 1998))
Entwicklungsauff'älligkeiten
45,1%
Schul-/Ausbildungsprobleme
42,3%
Beziehungsprobleme
35,1%
Trennung/,Scheidung der Eltern
11,3%
Straftat
3,0%
Anzeichen für sexuellen Missbrauch
3,0%
Wohnungsprobleme
3,0%
Suchtprobleme
2,6%
Anzeichen für Kindesmißhandlung
1,5%
Arbeitslosigkeit
0,5%
sonstige Probleme in, mit der Familie
31,2%
Als Leitgedanken fachlicher Neubestimmung gelten:
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
(6)
(7)
Lebensweltorientierung,
Integration,
Prävention,
Partizipation,
Alltagsorientierung,
Sich am Jugendlichen orientieren
Akzeptanz und Vertrauen als Basis der sozialpädagogischen Beziehungen
§ 31 KJHG Sozialpädagogische Familienhilfe
Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung
Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von
Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit
Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in
der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.
ADRESSATEN
Ausgeprägte Probleme in verschiedenen Bereichen:
-
Haushalt, Ernährung, Gesundheit,
Finanzen
Alleinerzieherschaft
Erziehung der Kinder
Verhaltensauffälligkeiten der Kinder
Beziehung zum Partner
Familiäre Gesamtstruktur
Arbeit
Beziehung Umwelt (Nachbarn, Verwandtschaft,
Vereine, Behörden)
Veranlasst im Zusammenhang mit
Für jede Familie konnten bis zu drei Anlässe der Hilfe angegeben werden (Statistisches Bundesamt 1998).):
Erziehungsschwierigkeiten
Entwicklungsaufälligkeiten
Beziehungsprobleme
Schul- /Ausbildungsprobleme
Trennung /Scheidung der Eltern
Vernachlässigung des Kindes/Jugendlichen
Überschuldung
Wohnungsprobleme
Krankheit (längere Zeit), Behinderung eines Elternteils
Suchtprobleme
Arbeitslosigkeit
Anzeichen für sexuellen Missbrauch
Anzeichen für Kindesmisshandlung
Inhaftierung eines Elternteils
Straftat des Jugendlichen
64,4 %
37,7 %
34,1%
21,8 %
18,2 %
15,3 %
13,5 %
12,8 %
10,4 %
9,6 %
6,4 %
3,7 %
3,2 %
1,4 %
0,8 %
Gegen Ende des Jahres 1996 erhielten 12484 Familien eine Sozialpädagoische
Familieinhilfe:.
- In 49,4 % der betroffenen Familien lebte ein alleinerziehender Elternteil,
- in 74,4 % waren mindestens zwei,
- in 43,2% mindestens drei Kinder oder Jugendliche.
Eher ungeeignet: Bei Familien, die
- dauerhaft überfordert sind und sich in extremen, sich gegenseitig verstärkenden Lebenskrisen befinden oder
- durch massive Strukturkrisen gekennzeichnet sind
Die betroffenen Familien müssen Bereitschaft zeigen, sich in Konfliktsituationen
beraten zu lassen und Hilfe anzunehmen.
Aufgabenstellungen ergeben sich somit im Hinblick auf:
(1) Erziehungsfragen,
(2) Kindergarten und Schule,
(3) Ehe und Partnerschaft,
(4) wirtschaftlichen und im finanziellen Bereichen
(5) Umgang mit Behörden und Institutionen
Methoden bzw. Vorgehensweisen
- beratende Gespräche,
- modellhaftes Handeln und praktische Hilfe.
- Aufhebung familialer Isolation
Prinzipien bestimmt:
-
-
längerfristige Hilfe
findet in der Umwelt der Familien statt;
der/die Familienhelferln erlebt unmittelbar die Alltagsprobleme
weniger ein therapeutisches Angebot als konkrete, praktische Lebenshilfe.
bestimmte Einzelperson zuständig,
versucht, die Isolation der Familien aufzubrechen und deren Öffnung nach
außen (Institutionen und informelle Gruppen) zu unterstützen.
§ 32 KJHG Erziehung in einer Tagesgruppe
Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder des
Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen
Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes
oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern. Die Hilfe kann auch in geeigneten
Formen der Familienpflege geleistet werden.
Methoden:
-
-
Gruppenarbeit (soziales Verhalten eingeübt und Integration in die Gruppe
gefördert wird);
sozialpädagogische bzw. heilpädagogische und/oder therapeutische Einzelförderung;
Förderung der schulischen Entwicklung,
Elternarbeit.
In der Praxis haben sich unterschiedliche Profile von Tagungsgruppen herausgebildet:
- Es gibt einen Typus von Einrichtungen, die Züge eines Hortes tragen (z.B. auch
durch längere Öffnungszeiten). Sie sind jedoch personell besser ausgestattet und
orientieren sich stärker am Konzept einer Elternarbeit als viele Horte.
- intensive, meist zeitlich begrenzte, häufig in eine familientherapeutische
Richtung gehende Angebotsformen.
11
Fremdunterbringungformen
§ 33 KJHG Vollzeitpflege
Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und
Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen
Bindungen
sowie
den
Möglichkeiten
der
Verbesserung
der
Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in
einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf
Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte
Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen
und auszubauen.
Es sind wenigstens drei, z.T. erheblich miteinander konkurrierende Interessen zu
berücksichtigen:
1. Interessen des Kindes im Hinblick auf:
- verlässliche Beziehungen zu belastbaren Erwachsenen,
- zuverlässige Versorgung und
- entwicklungsförderliche Bedingungen
2. Interessen der Herkunftsfamilie im Hinblick auf:
- ausreichende Unterstützung, Entlastung und Beratung,
* um sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt die Erziehung und Versorgung
des eigenen Kindes wieder selbständig gewährleisten bzw.
* ein positives Verhältnis zu einer Dauerpflege entwickeln zu können.
3. Interessen der zukünftigen Pflegefamilie im Hinblick auf:
- Belastbarkeit,
- Schutz der familiären Intimsphäre
- Beratung und Entlastung in Krisensituationen.
Hinzu kommt, dass alle Beteiligten (Herkunftsfamilie, Kinder, Pflegeeltern )
einen gesetzlichen Anspruch auf eine intensive Beteiligung und Mitwirkung (§
36 und § 37 KJHG) haben.
12
Aufgaben örtliches Jugendamt:
* Werbung, Suche und Auswahl
* Intensive Begleitung und Beratung der Herkunftsfamilie
* Begleitung und Beratung des Kindes in der Übergangszeit und während des
Pflegeverhältnisses.
* Kontinuierliche Begleitung und Beratung der Pflegefamilien,
* Unterstützung und Entlastung der Pflegefamilie in akuten Krisensituationen.
* Überprüfung der möglichen Rückführung
*
Unterstützung und Begleitung der Herkunftsfamilie mit dem Ziel
Rückführung des Kindes in die Herkunftsfamilie.
* Rechtzeitige und langfristige Vorbereitung der Auflösung eines Pflegeverhältnisses bzw. der Überleitung eines Pflegeverhältnisses in eine dauerhafte
Adoption.
Alter der Kinder
zum Zeitpunkt* zum Zeitpunkt
der Aufnahme der Beendigung
abs.
%
abs.
%
1
3
6
9
12
15
-
Total
< 1
< 3
< 6
< 9
<12
<15
<16
>16
Jahr
Jahre
Jahre
Jahre
Jahre
Jahre
Jahre
Jahre
53
50
67
58
45
18
11
11
313
16,9
16,0
21,4
18,5
14,4
5,8
3,5
3,5
100,0
8
30
45
53
41
31
12
2,6
10,0
14,9
17,5
13,6
10,3
3,9
302
100,0
Gründe für die Herausnahme des Kindes aus der Herkunftsfamilie
(Mehrfachnennung)
%
abs.
Mangeldene Versorgung/ Erziehung .............41,0
208
Verhaltensauffälligkeit.....................................16,6
84
Langfristiger Ausfall der Hauptbezugsperson.....................................................10,5
53
Misshandlung in der Herkunftsfamilie............9,5
48
Kurzfristiger Ausfall der Hauptbezugsperson.......................................................3,2
16
Köperliche Behinderung ...................................1,8
9
andere Gründe......................................................16,6
84
Gründe unbekannt/nicht angegeben.......................1,0
5
Total....................................................................100,2
507
fehlende Angaben:4
13
Abbruchbegünstigende Faktoren
*Faktoren Lebensgeschichte des Kindes u.a.:
- Alter zum Zeitpunkt der Vermittlung,
- Zahl und Dauer vorhergehender Heimaufenthalte,
- häufiger Pflegeplatzwechsel,
- ungeklärte, ambivalente Beziehung zu früheren Bezugspersonen,
- misshandelte, stark vernachlässigte, sexuellmissbrauchte,
- Wünsche und Bedürfnisse des Kindes vor und in der Situation der Inpflege –
gabe.
*Verhaltensbesonderheiten des Kindes u.a.:
- auffällige Aggressionen,
- häufiges Weglaufen,
- ausgeprägte Schlafstörungen,
- sexuelle Abweichung,
- starke Gehemmtheit,
- Ängstlichkeit,
- häufiges Stehlen,
- Kontaktstörungen
Merkmale zur Unterscheidung von Unterbringung in
Heimerziehung - Pflegefamilie
-
Über 12 Jahre kaum Chance für Familienpflegevermittlung
Mehrere Geschwister eher Heimerziehung
sozial stigmatisierende (z.B. Straftaten) Problemlagen Heimerziehung.
persönliche Probleme überwiegen gegenüber familialen seltener in Familien
pflege
mehr Probleme Heimerziehung
starke Mutter-Kind-Bindung eher Heimerziehung
Art und Anzahl vorhergehender ambulanter Hilfen hat Einfluß auf Hilfeform.
Familienpflege öfter mit Perspektive 'Adoption'
Unterbringungen unter 1 Jahr Familienpflege
Scheidungsfamilien ehesten Heimerziehung
ledige Eltern eher Familienpflege.
Minderjährige mit Eltern mit geistiger Behinderungen/Erkrankungen
eher Pflegefamilien
Quelle: Biermann,B.; Wälte,D.: Erziehung außerhalb der eigenen Familie. Münster/Hamburg. 1991Paed. 80.80.48 (1)1
14
In Sonderpflegefamilien kommen nach einer Empfehlung des Städteverbandes
Schleswig-Holsteins (1989) in der Regel Minderjährige, die
einer langfristig intensiven und deutlich über der Norm liegenden Förderung
bedürfen und
in pädagogisch entsprechend geeigneten Pflegefamilien aufwachsen sollen,
aus bestimmten Gründen nicht länger in Heimerziehung bleiben sollen.
Um als Sonderpflegestelle anerkannt zu werden, muss mindestens ein Merkmal
bei den untergebrachten Kindern vorliegen.
1. Seelische Störungen, Verhaltensauffälligkeiten
2. Körperliche und geistige Behinderung, schwerwiegende Entwicklungsrisiken
3. Sonstige Kriterien für die Anerkennung als Sonderpflegekind
Es sind auch Fälle denkbar, in denen die Sonderpflegeeigenschaft anerkannt
werden muss, obwohl keines der unter 1. und 2. aufgeführten Kriterien eindeutig gegeben ist, z.B. aufgrund des Alters keine Vermittlung in Dauerpflegestelle
möglich oder Aufnahme von Geschwisterkinder gemeinsam.
15
§ 34 KJHG Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung)
oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch
eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen
Angeboten in ihrer Entwicklung fördern.
Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des
Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der
Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
2. die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
3. eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges
Leben vorbereiten.
Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der
allgemeinen
Lebensführung beraten und unterstützt werden.
Mehrgruppiges Heim mit Schichtbetrieb






- ca. 30 bzw. 40 Kinder und Jugendliche
- „rund um die Uhr“ – also über Tag und Nacht –
- auf einem Gelände oder in einem Haus
- in Gruppen mit 8 bis 10 Gruppenmitgliedern
- Gruppenbetreuung in der Regel durch Team von 3 - 5 Pädagogen
- Gruppenbetreuung in der Regel ein Pädagoge
- Ergänzend zur Gruppenbetreuung gruppenübergreifend
pädagogische,
therapeutische,
psychologische,
schulische und
berufsbildende Maßnahmen und
Freizeitveranstaltungen.
16
Kleinheim
-
Platzkapazität 6 – 12
Ein- bzw. Mehrfamilienhäuser
Träger Privatpersonen oder kleine Vereine
keine hierarchische Struktur
Pädagogen spontan, angstfrei und eigenverantwortlich
Überschaubarkeit
Regeln flexibel angewandt
Verwaltung auf ein Minimum reduziert
Arbeitszeit entsprechend dem Bedarf
konstante soziale Bezüge zwischen Pädagogen und Kinder
dichte Kommunikationsstruktur
Atmosphäre der Intimität und Geborgenheit
Schul-, Ausbildung-, Freizeiteinrichtungen außerhalb
Nutzung örtlicher Beratungsstellen u. psychologischen Praxen
hauswirtschaftliche Versorgung erledigt die Gruppe selbst
(oder Hauswirtschaftskraft).
Verselbständigungsgruppe
-
kleine Gruppe
auf dem Heimgelände in separater Wohnung
nicht „rund um die Uhr“
bald aus dem Heim entlassen
Bewältigung von Alltagsproblemen außerhalb des Heims
Milieunahes Heim
- Einzugsgebiet Radius von 30 Gehminuten
- ca. 12 – 15 Plätze
- „rund um die Uhr“
Verbleib und Einbezug des sozialen Umfelds
17
Wohngruppe bzw. Außenwohngruppe
-
ab 14 Jahren
„über Tag und Nacht“
geschlechtsspezifische oder koedukativ
Gruppenstärke 5 u. 1O
Betreuungsteam 4 - 5 Pädagogen.
Gruppe wohnt in Mehrfamilienhaus "normale" Wohngegend
hauswirtschaftliche Versorgung der Gruppen wird zentral oder
durch die Wohngruppe selbst vorgenommen.
- Heimeigene Zentraleinrichtungen zur Beschulung, Ausbildung, Therapie und Freizeitgestaltung können aber müssen nicht zur Verfügung stehen. (überwiegend
nicht)
Varianten
- intensiv betreute Wohngruppen
- betreutes Innewohnen
- Jugendwohnungen
Erziehungsstelle
* Aufnahme in Lebensgemeinschaft
* Nutzen der Ressourcen der Lebensgemeinschaft wie:
- Konstanz der Beziehungen
- familiale Formen der psychosozialen bzw. sozialemotionalen
Unterstützung
- Normalität des Alltags
- Überschaubarkeit der Erziehungssituation
* Nutzen der Ressourcen der Fachkraft
- Fachlichkeit
- Erziehungserfahrung
- Berufliche Motivation
- Pädagogische Ideale
- Aufhebung von Arbeit- u. Privatzeit (Beziehungskontinuität)
* Nutzen der Ressourcen der Einrichtung
- Zusammenarbeit mit Institutionen
- Rechtswissen
- Beratungsmöglichkeiten
- Spezielles Fachwissen (Psychologe)
- Therapeutische Möglichkeiten
- Materielle Unterstützung (Boote, Autos)
- Erfahrungsaustausch mit Kollegen
- Reflexionsmöglichkeiten
- Arbeitsverhältnis
Kinderdorf
18
Geschlossene Heim (GU) Freiheitsentziehende Maßnahme
Kontinuum von Maßnahmen , die von
- „offen“ über
- „offen mit Freiheitsbeschränkung“,
- „offen, aber mit Time-out-Raum“,
- „geografisch geschlossen,“
- „zu bestimmten Tageszeiten geschlossen“,
- fakultativ (für bestimmte Jugendliche und zu bestimmten Zeiten) ge
schlossen“ bis hin zu
- „teilgeschlossen“ reichen.
Gemeinsames:
- an Verhaltensmodifikation orientierte Konzepte mit Stufenplänen
- unmittelbare Konsequenzen auf (Fehl-)Verhalten
- strukturierter Tagesablauf
- Sozialtrainings
- Elemente von Erlebnispädagogik und Berufspraktika außerhalb der
- Einrichtung
- intensive Betreuungsdichte
Zielgruppe:
- keine eindeutige Indikation, vielmehr Entscheidungsprozeß der Verfahrensbeteiligten
- die beiden Bedingungen „massive Gefährdung und fehlende Erreichbar
keit“ auf jeweiligen Jugendlichen zutreffen
Rechtsgrundlage
§ 1631b BGB
Mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung
Eine Unterbringung des Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur
mit Genehmigung des Familiengerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die
Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die
Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Das Gericht hat die Genehmigung
zurückzunehmen, wenn das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr
erfordert.
19
§ 35 KJHG Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die
einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere
Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung
tragen.
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung
- Individualisierung und Pluralisierung von Lebensläufen
- individuelles Betreuungssetting entsprechend der Lebensform
- Nicht der Jugendliche wird den Strukturen der Institution angepasst,
sondern die Institution passt sich der Einmaligkeit des Jugendlichen an
- Aufhebung der institutionellen Gebundenheit des Pädagogen
- Pädagoge bringt seine Individualität in die Interaktion mit dem Jugendli- chen ein
- Jugendliche bringt seine Individualität in die Interaktion mit dem
Pädagogen ein
- Beide müssen sich auf eine für den Jugendlichen anzustrebende
Lebensform einigen
- Betreuungssetting entsprechend gestalten
Betreuungsform:
- Einzelbetreuung
- Teambetreuung ohne oder mit Nachtbereitschaftsdiensten
- familienähnlicher Lebenszusammenhang
- Netzwerkorientiert
- Erlebnispädagogische Maßnahmen
Wohnform:
- keine bestimmte Wohnform
- Einzelwohnung
- mit einem selbstgesuchten Partner nicht aus öffentlicher Erziehung
- mit einem weiteren Jugendlichen aus öffentlicher Erziehung
- Haushalt eines Betreuers
- Haushalt eines oder beider Elternteile
- ohne Wohnsitz
Zielgruppe:
- Keine bestimmte Klientengruppe
- keine Aufnahme oder Ausschlusskriterien. ( Keine spezielle Indikation)
sondern
- Klienten,
* die noch nicht oder
* nicht mehr in Heimerziehung leben wollen, sollen oder können.
Betreuungsumfang:
- 5 bis 40 Stunden pro Woche. Mittelwert 18 Stunden pro Woche.
- Ein oder auch mehrere Betreuer.
- Normale Arbeitsverträge oder Honorarverträge
- Fachleistungsstunde /Entgeltvereinbarung
20
Hilfen zur Erziehung u. für junge Volljährige wurden gewährt:
Herkunftsfamilien
- 50% alleinerziehendes Elternteil
- 30 % vollständige leibliche Familie
- 20% vollständige Stiefelternfamilie
Sorgerechtsinhaber
- 50% Mutter
- 35 % Eltern gemeinsam
- 5 % Vater
- 5 % Jugendamt
- 5 % sonstige
Sozioökonomische Situation der Herkunftsfamilien
- 56 % Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit
- 44 % Bezug von Arbeitslosengeld I. u. II
- 10 % Bezug von Wohngeld
Anzahl der minderjährigen Kinder in den Familien
- 39 % 2
- 25 % 3
- 25 % 1
7 % 4 und mehr
Problemzuschreibung bei den Eltern/Sorgeberechtigten durch Fachkräfte
(Mehrfachnennungen)
- 72 % mangelnde Erziehungskompetenz
- 30 % problematische Partnerbeziehung
- 19 % Gewalt/Misshandlung/Missbrauch
- 10 % problematische Wohnverhältnisse
- 15 % psychische Probleme
6 % finanzielle Notlage
- 12 % Suchtprobleme
9 % gesundheitliche Probleme
5 % Kriminalität
- 10 % sonstige
Ressourcenzuschreibung bei den Eltern/Sorgeberechtigten durch Fachkräfte
(Mehrfachnennungen)
- 46 % Fähigkeit sich Unterstützung zu holen
- 37 % stabile familiäre Beziehungen
- 31 % ausreichende Grundversorgung
- 36 % Kompetenz zur Alltagsbewältigung
- 20 % materielle Ressourcen
- 16 % Integration ins Umfeld
- 12 % Erziehungskompetenz ausreichend/ausbaufähig
- 11 % kommunikative Kompetenz
7 % gegens. Wertschätzung/Unterstützung
3 % adäquate Reaktion auf Bedürfnisse d. Kindes
21
Alter zum Beginn der Hilfe
2 % 0 unter 3 Jahre
4 % 3 unter 6 Jahre
- 10 % 6 unter 9 Jahre
- 20 % 9 unter 12 Jahre
- 32 % 12 unter 15 Jahre
- 30 % 15 unter 18 Jahre
2%
über 18 Jahre (Hilfe für junge Volljährige)
Geschlecht
- 34 % weiblich
- 66 % männlich
Besuchte Bildungseinrichtung zum Beginn der Hilfe
6 % Kindertagesstätte
- 29 % Sonderschule
- 24 % Hauptschule
- 20 % Grundschule
- 12 % Berufsschule/ Ausbildung
9 % Realschule / Gymnasium
Problemzuschreibung bei den jungen Menschen durch Fachkräfte
(Mehrfachnennungen)
- 43 % schulische Probleme
- 40 % Konflikte mit den Eltern
- 30 % Entwicklungsstörung /-verzögerung
- 32 % aggressives Verhalten
- 28 % psychische/psychiatrische Auffälligkeiten
- 19 % Kriminalität
- 10 % gesundheitliche Beeinträchtigung
4 % Suchtprobleme
- 10 % sonstiges
Ressourcenzuschreibung bei den jungen Menschen durch Fachkräfte
(Mehrfachnennungen)
- 54 % tragfähige Beziehung zu den Eltern
- 32 % Kompetenz zur Alltagsbewältigung
- 34 % stabile Beziehung zu Geschwistern
- 28 % Lern- und Aufnahmebereitschaft
- 25 % Bedürfnisse äußern können
- 26 % Integration ins Umfeld
- 14 % kommunikative Kompetenz
5 % stabiler Freundeskreis
2 % Selbstakzeptanz/Selbstwertgefühl
sonstiges
22
Anlässe zur Gewährung von HzE und Hilfen für junge Volljährige
Entwicklungsauffälligkeiten
Trennung/Scheidung Eltern
Straftaten
Suchtprobleme der Eltern
Anzeichen von Kinesmisshandlung
Anzeichen von sexuellem Missbrauch
Wohnungsprobleme
Probleme in und mit der Familie
Schulversagen
nicht gelingende Integration in Ausbildungs- u.o. Arbeitsstrukturen
psychische / psychiatrische Störungen
Umhertreiben
Gewalttätigkeit
Aggressivität
von gesellschaftlicher Norm abweichende Sexualverhalten eigenes/Eltern
Entweichungen aus dem Elternhaus
Vernachlässigung des Kindes/Jugendlichen
Überschuldung
Krankheit (längere Zeit), Behinderung eines Elternteils
Inhaftierung eines Elternteils
Verhaltensauffälligkeiten
Langfristiger o. kurzfristiger Ausfall der Hauptbezugsperson
Kontaktschwierigkeiten mit Gleichaltrigen
mangelnde Erziehungskompetenz der Sorgeberechtigten
problematische Partnerbeziehung der Sorgeberechtigten
mangelnde Alltagsbewältigung
unstrukturiertes Freizeitverhalten
Entlassung aus dem Jugendstrafvollzug
23
Einrichtungen zur Inobhutnahmen
- mehrgruppiges Heim
- Wohngrruppe
- Bereitschaftspflegefamilie
- Kinder- u. Jugendnotdienst
- Orientierungshaus
- Kriseninterventionstelle
- Sleepin
24
§ 5 KJHG Wunsch- und Wahlrecht
(1) Die Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und
Diensten verschiedenster Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der
Gestaltung der Hilfe zu äußern.
Sie sind auf dieses Recht hinzuweisen.
(2) Der Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit
unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Wünscht der
Leistungsberechtigte die Erbringung einer in 78a genannten Leistung in einer
Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach §78b bestehen,
so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in
dieser Einrichtung im Einzelfall oder nach Maßgabe des Hilfeplanes (§ 36)
geboten ist.
§ 8 KJHG Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
(1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an
allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu
beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im
Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht, dem
Vormundschaftsgericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.
(2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der
Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.
(3) Kinder
und
Jugendliche
können
ohne
Kenntnis
des
Personensorgeberechtigten beraten werden, wenn die Beratung aufgrund
einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die
Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck
vereitelt würde.
§ 9 KJHG Grundrichtung der Erziehung, Gleichberechtigung von Mädchen
und Jungen
Bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der Aufgaben sind
1. die von den Personensorgeberechtigten bestimmte Grundrichtung der
Erziehung sowie die Rechte der Personensorgeberechtigten und des Kindes
oder des Jugendlichen bei der Bestimmung der religiösen Erziehung zu
beachten.
2. die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes oder des
Jugendlichen zu selbständigem, verantwortungsbewußtem Handeln sowie
die jeweiligen besonderen sozialen und kulturellen Bedürfnisse und
Eigenarten junger Menschen und ihrer Familien zu berücksichtigen.
25
3. die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu
berücksichtigen,
Benachteiligungen
abzubauen
und
die
Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen zu fördern.
§ 36 KJHG Mitwirkung, Hilfeplan
(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor
ihrer Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer
notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf
die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des
Jugendlichen hinzuweisen. Vor und während einer langfristig zu leistenden
Hilfe außerhalb der eigenen Familie ist zu prüfen, ob die Annahme als
Kind in Betracht kommt. Ist Hilfe außerhalb der eigenen Familie erforderlich,
so sind die in Satz 1 genannten Personen bei der Auswahl der Einrichtung
oder der Pflegestelle zu beteiligen. Der Wahl und den Wünschen ist zu
entsprechen, sofern sie nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten
verbunden ist.
Wünschen die in Satz 1 genannten Personen die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in einer Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn
die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung nach Maßgabe des Hilfeplanes nach Absatz 2 geboten ist.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe
voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken
mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die
Ausgestaltung
der
Hilfe
sollen
sie
zusammen
mit
den
Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen
Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf , die zu gewährende
Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen
regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und
notwendig ist. Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen,
Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiter an der
Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen.
(3) .......................; vor einer Entscheidung über die Gewährung einer Hilfe zur Erziehung, die ganz oder teilweise im Ausland erbracht werden solle, soll
zum Ausschluss einer seelischen Störung mit Krankheitswert die Stellungnahme einer in § 35a Abs. 1a Satz 1 genannten Person eingeholt werden.
Erscheinen Maßnahmen der beruflichen Eingliederung erforderlich, so sollen auch die Stellen der Bundesagentur für Arbeit beteiligt werden.
26
§ 35a KJHG
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
(1) ……………….
(1a) Hinsichtlich der Abweichung der seelischen Gesundheit nach Absatz 1 Satz 1
Nr. 1 hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme
1. eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,
2. eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder
3. eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über
besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und
Jugendlichen verfügt, einzuholen. Die Stellungnahme ist …..
§ 36a Steuerungsverantwortung, Selbstbeschaffung
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe
grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach
Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht
wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder
Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur
Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die
Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die
niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen,
insbesondere der Erziehungsberatung, zulassen. Dazu schließt er mit den
Leistungserbringern Vereinbarungen, in denen die Voraussetzungen und die
Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt
werden.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom
Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen
Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet,
wenn
1. der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der
Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2. die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3. die Deckung des Bedarfs
a) bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die
Gewährung der Leistung oder
b) bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abge27
lehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen
Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies
unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.
28
Quelle: J. Münder u.a. (2006): Frankfurter Kommentar zum SGB VIII: Kinder- und Jugendhilfe. 5. Auflage. S. 495
29
30
Ein Hilfeplan sollte folgende Grundelemente enthalten:
- Ort und Datum der Hilfeplankonferenz
- Nennung der Beteiligten und der Beteiligungsformen, insbesondere wie die
Personensorgeberechtigten und das Kind oder der/die Jugendliche in den
Beratungsprozess einbezogen worden sind und welche Vorstellungen von ihnenvertreten werden,
- Konkretisierung des erzieherischen Bedarfs, aktuelle Probleme,
- Darstellung der bisher geleisteten Hilfen,
- Überlegungen und Vorschläge für geeignete Hilfen (aus der Sicht des
Kindes/ Jugendlichen, der Eltern/Personensorgeberechtigten, des JA, anderer
Stellen/ Träger),
- Art der Hilfe ( gegebenenfalls Zusatzleistungen)
- Hinweise darauf, ob eine «geeignete und notwendige« Hilfeform deshalb
nicht gewählt wurde, weil diese (noch) nicht bedarfsgerecht zur Verfügung
steht,
- Ziele und konkrete Aufgaben (einschließlich pädagogischer bzw.
therapeutischer Leistungen), die mit den anvisierten Hilfen erreicht werden
sollen,
- Aufgaben der an der Umsetzung der Hilfe Beteiligten,
- Beginn, voraussichtliche Dauer und ggf. zeitliche Intensität (wöchentlicher
oder monatlicher stundenmäßiger Umfang) sowie Anlässe oder Zeitpunkte
für die regelmäßige Überprüfung einer zusätzlich gewährten Hilfen
(Zusatzleistung) ,
- bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie zusätzlich Aussagen über
perspektivische Planungen (Zeit oder Dauer) und ob - wenn ja: durch
welche
Angebote
zur
Beratung
und
Unterstützung
die
Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im
Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren
Zeitraumes soweit verbessert werden, dass sie das Kind oder den
Jugendlichen wieder selbst erziehen kann.
- Zeitpunkt bzw. Anlässe für die Überprüfung bzw. Fortschreibung des
Hilfeplans
31
- Namen der/des Fallverantwortlichen
HILFEPLANUNG AUS BETROFFENENSICHT
Das Jugendamt hat uns ins Jugendzentrum eingeladen und wir haben uns Gedanken über
Hilfeplangespräche gemacht. Wir waren 13 Jugendliche aus verschiedenen Einrichtungen und drei
Erwachsene. Und wir haben ein paar Punkte, die man ändern oder beachten sollte, da man ja im
Hilfeplan Hilfe erwartet. Wichtig ist,
* dass die HPGs lockerer werden,
* dass sie uns bei den HPGs ausreden lassen;
* dass die Gespräche nicht so lange dauern (festgelegte Zeiten);
* dass nur über das Wichtigste gesprochen wird;
* dass es nicht nur um unsere Probleme geht;
* dass das HPG nur im engsten Kreis stattfindet und nicht Fremde (Leiter, Finanzfrau
usw.) dabei sind -, wir wollen nicht jedem auf die Nase binden, was wir haben-,
* dass wir auch Pausen haben im HPG; und wenn wir eine Pause machen, dann alle und
nicht dass, wenn man raus geht, einfach weiter geredet wird,
* dass man auch, von Anfang an dabei ist;
* dass nicht einfach über uns geredet (»ich fühle mich dann wie eine Sache und nicht wie
ein Mensch«), sondern mit uns gesprochen wird,
* dass man auch unsere Meinungen und Tipps akzeptiert;
* dass man auch uns beim HPG ernst nimmt, wenn man was vorschlägt;
* dass die HPGs gut vorbereitet werden; wenn man vorher überlegt was wichtig ist, ist es
im HPG leichter,
* dass wir vorher wissen, was besprochen werden soll und
* dass, wenn es vorher einen Bericht gibt, alle wissen, was darin steht;
* dass man auch eine Unterstützung hat oder eine Vertrauensperson mitnehmen kann;
* dass das HPG auch mal zu Hause stattfindet;
* dass man auch am Ende des HPG das Protokoll bekommt. Und es sollten nur die Sachen im Protokoll stehen, die wir auch wirklich im HPG besprochen haben.
32
§ 37 KJHG Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie
(1) Bei Hilfen nach §§ 32 bis 34 und 35a Abs.1 Satz 2 Nr. 3 und 4 soll darauf
hingewirkt werden, daß die Pflegeperson oder die in der Einrichtung für
die Erziehung verantwortlichen Personen und die Eltern zum Wohl des
Kindes oder des Jugendlichen zusammenarbeiten. Durch Beratung und
Unterstützung
sollen
die
Erziehungsbedingungen
in
der
Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des
Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraums so weit verbessert
werden, daß sie das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen
kann. Während dieser Zeit soll durch begleitende Beratung und
Unterstützung der Familien darauf hingewirkt werden, daß die
Beziehung des Kindes oder Jugendlichen zur Herkunftsfamilie
gefördert wird. Ist eine nachhaltige
Verbesserung der
Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb dieses
Zeitraums nicht erreichbar, so soll mit den beteiligten Personen eine
andere, dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche und
auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet werden.
(2) ..............
(3) ..............
§ 38 KJHG Vermittlung bei der Ausübung der Personensorge
§ 39 KJHG Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen
§ 40 KJHG Krankenhilfe
§ 8 a KJHG
Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
§ 1666
Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein
Vermögen durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch
Vernachlässigung des Kindes, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch
das Verhalten eines Dritten gefährdet, so hat das Familiengericht, wenn die Eltern
nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur
Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
(2) ………
33
(3)
(4)
§ 42 KJHG Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen
Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
1. das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die
Inobhutnahme erfordert und
a) die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b) eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann
oder
3. ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach
Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im
Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer
geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen
Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nr. 2 auch ein Kind oder
einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme die Situation, die zur
Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu
klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind
oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines
Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für
das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen
Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen. Das Jugendamt ist während der
Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des
Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der
Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu
berücksichtigen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 die Personensorgeoder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu
unterrichten und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen.
Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der
Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
1. das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder
Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des
Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorgeoder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung
abzuwenden oder
2. eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen
zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
34
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2
Nr. 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 ist unverzüglich die
Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die
Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein
Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
1. der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder
Erziehungsberechtigten,
2. der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur
zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder
Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben
Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung
spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich,
so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
2006 lnobhutnahmen
Im Jahr 2006 wurden in Deutschland 25.800 Kinder und Jugendliche von
Jugendämtern in Obhut genommen, rund 400 (+ 2 %) mehr als 2005.
Damit nahmen die Jugendämter 2006 pro Tag rein rechnerisch rund 71 Kinder und
Jugendliche in Obhut.
7.100 Kinder und Jugendliche (28%) wurden 2006 auf eigenen Wunsch in Obhut
genommen,
Bei den Übrigen veranlassten andere Personen oder Stellen die Inobhutnahme.
15.400 (59 %) der in Obhut genommenen Kinder und Jugendlichen waren älter als
14 Jahre.
55 % aller in Obhut Genommenen (14.300) waren Mädchen.
An einem jugendgefährdenden Ort, z.B. in Straßen mit Bordellbetrieb oder an
Treffpunkten von Drogenhändlern, wurden rund 10 % (2.600) der in Obhut
Genommenen aufgegriffen.
Anlass für die Inobhutnahme war in 23% der Fälle (6.000) Vernachlässigung bzw.
Anzeichen für Misshandlung oder für sexuellen Missbrauch.
Überforderung der Eltern war in 42 % der Fälle der Grund.
Beziehungsprobleme (26 % aller Fälle),
Integrationsprobleme im Heim oder in der Pflegefamilie (7 %),
Kriminalität (7 %),
Probleme in der Schule (6%)
und Suchtprobleme (3%).
Quelle : Statistisches Bundesamt
35
§ 8a KJHG Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls
eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im
Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die
Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen,
soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in
Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die
Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den
Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten.
(2) In Vereinbarungen mit den Trägem von Einrichtungen und Diensten, die
Leistungen nach diesem Buch erbring, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte
den Schutzauftrag nach Absatz 1 in entsprechender Weise wahrnehmen und bei
der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahre Fachkraft
hinzuziehen. Insbesondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte
bei den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten auf die
Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halt, und
das Jugendamt informieren, falls die angenommen Hilfen nicht ausreichend
erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden.
(3) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich,
so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die
Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in
der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken.
Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht
abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den
Jugendlichen in Obhut zu nehmen.
(4) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer
Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei
notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die
Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist
ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten
oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen
zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.
§ 1631b BGB Mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung
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Eine Unterbringung des Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur
mit Genehmigung des Familiengerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die
Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die
Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Das Gericht hat die Genehmigung
zurückzunehmen, wenn das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr
erfordert.
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