LWL -Jugendheim Tecklenburg Tagesgruppe für Jugendliche Teutoburgerstrasse 2 49525 Lengerich Tel.: 05481/95918 Fax:05481/9979022 e-mail: [email protected] 1. Formale Beschreibung Durch die Verbindung von Gruppenleben und individueller flexibler Arbeit mit den Jugendlichen unterstützt die Tagesgruppe für Jugendliche bei der Bewältigung von Defiziten und psychischen Störungen. Es handelt sich um Jugendliche aus Familien, bei denen ambulante Maßnahmen als Unterstützung nicht oder nicht mehr ausreichen. Das Hilfeangebot soll grundsätzlich geeignet sein, eine stationäre Hilfe zu vermeiden. Zielgruppe Jungen und Mädchen Aufnahmealter Ab 11 Jahre Platzzahl 8 Personalschlüssel 1: 3,3 Qualifikation des Personals 1,00Stelle: Gruppenleitung: Jugend- und Heimerzieherin, systemische Familientherapie und Bioenergie 1,00 Stelle: Erzieherin, Kinesiologie 1,00 Stelle: Dipl. Sozialpädagoge / - arbeiter, Erzieher, Bäcker, Kampfesspieltrainer in Ausbildung 0,64 Stelle: Dipl. Sozialpädagogin, Erzieherin, Zusatzausbildung in klientenzentrierter Gesprächsführung (GwG) 0,74 Stelle: Jahrespraktikant 0,13 Stelle: Reinigungskraft Pflegesatz Tagesabhängig 32,20 € - 69,38 € Rechtsgrundlage §§ 27 ff, § 32 , § 36 SGB VIII 1.1 Theoretische Grundlagen „Wenn mehr Leute die Möglichkeit fühlen können, was es bedeuten würde, wahrhaft und voll Mensch zu sein und lernen, wie sie Wege entwickeln können, damit dies geschieht, sieht die Zukunft der Familie freundlich aus.“ (Virginia Satir, 1975) Die Tagesgruppe arbeitet auf der Grundlage eines humanistischen Menschenbildes, nachdem jeder Mensch auf Wachstum, Selbstverwirklichung und dem Wunsch nach Anerkennung angelegt ist. Wir gehen davon aus, dass jeder Mensch im Kern seiner Persönlichkeit danach strebt, geliebt zu werden und auftretende Störungen in der Biographie auf einen Mangel an diesen Erfahrungen zurückzuführen sind. Wir betrachten den Menschen nicht als isolierte Person, sondern im Gesamtsystem eines Bezugsfeldes in ständiger Interaktion mit seiner Umwelt. Durch individuelle Hilfepläne, die auf den Bedürfnissen, Fähigkeiten und Veränderungswünschen der Eltern und des Jugendlichen basieren, bietet die Tagesgruppe ein durch Fachlichkeit und Partizipation getragenes Arbeitsbündnis mit den Familien an. Die Tagesgruppe stellt nicht nur den Jugendlichen mit seinem symptomatischen Verhalten in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, sondern sieht auch die Sozialisationsinstanzen der Gesellschaft, Familie, Schule, Praktikumsstelle, Lebensumfeld und deren Bedeutung. Somit ist unsere Arbeit durch eine systemische Grundhaltung geprägt, die nach Fähigkeiten, Kompetenzen und Lösungsmöglichkeiten innerhalb der Familie und des Lebensumfeldes sucht. Eine tragfähige Beziehung ist die Voraussetzung für Vertrauen, die erst eine Veränderung des Verhaltens oder eine Beeinflussung möglich macht. Diese Beziehung und die wertschätzende Wahrnehmung des Gegenübers ist die Grundlage der Arbeit mit den Jugendlichen. Die Leitlinien unseres pädagogischen Handelns sind für uns - Ressourcenorientierte Förderung - Wahrnehmung und Annahme des Jugendlichen und der Familie - Einbeziehung der Familie in den erzieherischen Prozess - Konsequentes und transparentes erzieherisches Verhalten - Klare, überschaubare und verständliche Regeln als Orientierung - Eigenverantwortungsprinzip bei PädagogInnen, Jugendlichen und Familie 2 - Vermittlung von Geborgenheit und Schutz, damit sich Initiative und Selbständigkeit entwickeln können - Herstellen von Nähe, um Beziehungsebenen eingehen und Freundschaften schließen zu können - Alltagserfahrungen und die sich daraus ableitenden Bedürfnisse, Fragen oder Nöte annehmen und aufarbeiten, damit Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten entsteht - Konflikte mit Jugendlichen oder Erwachsenen in einem gewaltfreien Rahmen ermöglichen, Grenzen erkennen, Frustrationstoleranzen erweitern sowie Widerspruchsgeist und Selbstbejahung fördern 1.2 - Neugierde wecken, die Umwelt zu erfahren und zu erforschen - Lebensfeldorientierte Begleitung - Offenes, vertrauensvolles, herzliches und klares soziales Miteinander So leben wir Die Tagesgruppe für Jugendliche ist in einem geräumig angelegten Einfamilienhaus in der Nähe der Fußgängerzone angesiedelt. Die Gestaltung des Hauses wurde unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Jugendlichen und den Notwendigkeiten zur optimalen Arbeit vorgenommen. Im Eingangsbereich gibt es eine großzügige Sitzgruppe. Von diesem Platz aus verteilen sich die anderen Räume. Die Gemeinschaftsküche, ein großes Esszimmer mit angrenzender Terrasse und Garten, ebenso ein Arbeits- und Mädchenzimmer wie ein freundliches Bad befinden sich im Erdgeschoss. Im ersten Stock findet man das Büro wie auch einen Computerraum und ein Musikzimmer mit einem Schlagzeug, Keyboard, Gitarre und weiteren Instrumenten. Jedem/r MitarbeiterInnen steht ein Zimmer zur Verfügung, welches individuell einrichtet ist. Hier werden mit den Jugendlichen Schulaufgaben erledigt und die Freizeit gestaltet. Auf dem Dachboden gibt es weitere ansprechend gestaltete Rückzugsmöglichkeiten für Kleingruppen- und Einzelarbeit. Der große Garten ermöglicht reichlich Spielraum sich draußen auszutoben und sportlich zu betätigen. Er verfügt über gemütliche Plätze für zahlreiche Aktivitäten wie z.B. Grillfeste mit den Familien. 3 Die große Terrasse bietet uns bei gutem Wetter die Möglichkeit gemeinsam Mahlzeiten im Freien einzunehmen. Die ansprechenden und gepflegten Räumlichkeiten vermitteln uns und den Familien ein Wohlgefühl, was die tägliche Arbeit positiv beeinflusst. Die Sozialraumorientierung ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. So bemühen wir uns interessierte Jugendliche in einen ortsnahen Verein einzugliedern (bspw. Handball-, Fußball-, Schwimmverein, Feuerwehr, THW oder Angeln). Wir begleiten die Kontakte zu den TrainerInnen und GruppenleiterInnen und unterstützen die Jugendlichen bei Bedarf. Die Integration des gewohnten Lebensumfeldes der Jugendlichen in die Tagesgruppe ist uns ebenfalls sehr wichtig. Es werden flexible Absprachen getroffen, damit diese auch weiterhin Kontakte mit Freunden wahrnehmen können, zum Beispiel als Einladung hin und wieder am Tagesgruppengeschehen teilzunehmen. Dies verstärkt die Motivation des Jugendlichen in der Tagesgruppe zu sein und die hier bestehenden Möglichkeiten positiv zu nutzen. 1.3 Das sind wir/ Das macht uns aus Ein wichtiger Aspekt unserer täglichen Arbeit ist die Stärkung der Autonomie des Jugendlichen und die Förderung der Erziehungskompetenz der Eltern. Voraussetzung hierfür ist die Einbeziehung möglichst der gesamten Familie. Wir sehen diese als ein Netzwerk von Beziehungen und Interessen, in dem es für jedes Mitglied wichtig ist, seinen Platz und auch seine Verantwortlichkeit zu finden. Diesen Prozess regen wir an, begleiten und unterstützen ihn individuell und flexibel. Ziel ist dabei, dass die Familie immer mehr ihre erzieherischen Aufgaben eigenverantwortlich übernehmen lernt und die Jugendlichen in den familiären Verband zu integrieren. In diesem Alter ist eine Ablösung und Verselbständigung in vermehrtem Maße entwicklungsbedingt vorgesehen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Kontakte und die Kommunikation mit der Familie erhalten bleiben beziehungsweise erst zustande kommen können. Für die positive Bewältigung von Krisen und Problemen ist eine tragfähige familiäre Beziehung notwendig. Mit den verschiedenen Qualifikationen unserer Teammitglieder ist es uns möglich im Einzelfall lösungsorientiert in der täglichen Arbeit unterstützend vorzugehen. 4 Die Gruppenleiterin verfügt wie alle anderen Teammitglieder über eine qualifizierte pädagogische Ausbildung. Durch ihre langen Auslandsaufenthalte in der Türkei und der persönlichen Auseinandesetzung mit unterschiedlichen Kulturen, ist sie insbesondere Ansprechpartnerin bei Familien mit Migrantenhintergrund. Durch ihre annehmende und fürsorgliche Art bietet sie allen Jugendlichen eine gute Basis Beziehungen aufzubauen und Vertrauen zu erlernen bzw. zu vertiefen. Die langjährig aufgebauten Kontakte einer Mitarbeiterin in und um Lengerich erleichtert uns die Vernetzung und ermöglicht durch ihre Erfahrungswerte diesbezüglich die Arbeit in einem transparenten effektiven Kontext zu gestalten. Zusätzlich bearbeitet sie gruppendynamische Prozesse. Durch den verstärkten Einfluss gruppendynamischen Wissens und dessen Anwendung werden Prozesse angeregt und es kommt zu einer gesteigerten Sensibilisierung. Das trägt dazu bei, dass das Geschehen insgesamt verständlicher wird, beispielsweise in Bezug auf die Bedeutung von unterschiedlichen Rollen innerhalb der Gruppe oder auch in Bezug auf die Wichtigkeit von Phasen, in denen es zu Auseinandersetzungen um Rollen, Normen oder Meinungen kommt. Eine weitere Zusatzqualifikation einer anderen Mitarbeiterin bietet die Kinesiologie, die von der Annahme ausgeht, dass der menschliche Organismus selbst am besten erkennt, was ihm gut tut, was ihm hilft, was ihm fehlt oder ihn stört. Sie betrachtet den Menschen ganzheitlich, im Hinblick auf alle Aspekte seines Wesens, also strukturelle, biochemische und psychische (emotionale, mentale) Komponenten der Gesundheit. Die Jugendlichen und ihre Eltern nehmen dieses Angebot gerne wahr, um ihre eigenen Ressourcen klarer erkennen zu können und umsetzen zu lernen. Eine der vielen Methoden der Gewaltprävention stellen die Kampfesspiele dar. Wir haben die Möglichkeit diese durch einen Mitarbeiter, der sich darin in Ausbildung befindet einzusetzen. Es macht Spaß und unterstützt die Jugendlichen in ihrer persönlichen Entwicklung. Wichtige Entwicklungsanregungen sind insbesondere: Einen positiven Umgang mit körperlicher Kraft zu erfahren. 5 - Lernen mit Fairness, ganzer Kraft und ohne die Kategorie Sieg und Niederlage zu kämpfen. Eine Stärkung des Selbstvertrauens und der Handlungsfähigkeit zu erlangen. - Lernen, sich bei Bedrohung und Anspannung wach und der Herausforderung angemessen zu verhalten. Die Auseinandersetzung mit eigenen Gefühlen erleben. - Mit den Kampfesspielen können Themen wie „Selbstachtung“, „drohende Beschämung“, „Gesichtsverlust“ und „Ehre“, die speziell für Jungen eine zentrale Rolle spielen, bearbeitet werden. Die Erfahrung von bisher wenig beachteten Werten kennen lernen. - Erkennen, dass es schön ist, respektiert und geachtet zu werden ohne anderen Angst zu machen. Die Auseinandersetzung mit den Gefühlen anderer erfahren. - Lernen, was es heißt jemand anderen zu spüren. Ein Mitarbeiter der Tagesgruppe besucht in regelmäßigen Abständen die Sitzungen des Arbeitskreises Sport des LWL. In diesen Sitzungen werden Sportveranstaltungen für Kinder der stationären Jugendhilfe verschiedenster Art organisiert, angeboten und reflektiert. Die Jugendlichen der Tagesgruppe können sich so bei Bedarf für die verschiedenen Turniere und Aktionen entscheiden. Jugendliche haben das Bedürfnis, sich mit anderen zu messen. Motorisches Handeln vollzieht sich im Sport sehr häufig in sozialen Zusammenhängen (z.B. Mannschaftssport). Sport findet in Prozessen statt, die auf Kooperation, Kommunikation, Miteinander und Gemeinsamkeit ausgerichtet sind und sich in Situationen des Mit-, Gegen-, Für- und Nebeneinanders ereignen. 6 So lernen sie spielerisch zu kooperieren, Fairplay, Aushandeln von Regeln, Einhalten von Regeln und mit Sieg oder Niederlage angemessen umzugehen. 1.4 Das sind unsere Schwerpunkte Die Gruppe ist für Jungen und Mädchen ab 11 Jahren vorgesehen. Sie kann flexibel 1 bis 4,5 Tage pro Woche belegt werden. Die Pädagogik wird mit einem Betreuungsschlüssel von 1 zu 3,3 geleistet. Die Betreuungszeiten der Tagesgruppe sind flexibel, wobei wir aber überwiegend von Montag bis Freitag in der Zeit von 10.00 – 17.30 Uhr in der Gruppe sind. Insgesamt ist die Tagesgruppe an mindestens 220 Tagen im Jahr geöffnet. Die regulären Betreuungszeiten sind eng mit den Schulzeiten verknüpft. In den Sommerferien findet regelmäßig eine einwöchige Ferienfreizeit statt. Außerdem bieten wir verschiedene individuelle Ferienaktivitäten an, unter anderem auch Übernachtungen. Es besteht die Möglichkeit, dass MitarbeiterInnen in Form einer Vor- oder Nachbetreuung Fachleistungsstunden in Familien durchführen. So kann es in bestimmten Fallgestaltungen sinnvoll sein, zunächst über eine Kontaktanbahnung in der Familie eine sich daraus ergebende Aufnahme in die Tagesgruppe zu realisieren. Elternarbeit Die Elternarbeit umfasst ein flexibles Hilfeangebot sozialpädagogischer und therapeutischer Maßnahmen der Elternberatung. Mögliche Formen sind zum Beispiel: Einzelgespräche und Gesprächskreise, Teilnahme am Gruppenalltag und themenzentrierte Elternabende. Im Rahmen der Elternarbeit geht es vor allem darum, Eltern in ihrer Verantwortung und ihrer Erziehungskompetenz zu begleiten und zu stärken, um durch einen ressourcenorientierten Ansatz zur Mitarbeit zu motivieren zur Erreichung der vereinbarten Ziele. Die Eltern erfahren durch die tagesstrukturierende Betreuung und annehmende Hilfe Unterstützung und gleichzeitig werden sie gefordert durch intensive Mitarbeit am Erziehungsprozess ihres Kindes. 7 Hierzu zählen insbesondere die Bereitschaft, den regelmäßigen Besuch von Schule und Tagesgruppe zu unterstützen. Außerdem wird die Teilnahme an Elterngesprächen vorausgesetzt und die Auseinandersetzung und Bearbeitung mit eigenen Einstellungen und Verhaltensweisen befürwortet. Netzwerkarbeit Die effektive Tagesgruppenarbeit erfordert eine enge Zusammenarbeit mit anderen beteiligten Institutionen und Personen wie Schulen, Beratungsstellen oder Therapeuten. Bei der Zusammenarbeit sind die Klärung der unterschiedlichen Erwartungen, die Benennung erreichbarer Ziele und das Aufzeigen konkreter Wege zur Erreichung dieser, sowie ihre regelmäßige Überprüfung wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit in der Tagesgruppe. 1.5 Das sollte man noch wissen Jede Aufnahmeanfrage wird individuell geprüft und insbesondere bei komplizierten Fallgestaltungen wird nach kreativen und angemessenen Lösungswegen gesucht. Freiwilligkeit Jeder pädagogische Ansatz bei Jugendlichen hat nur eine Chance, wenn der betreffende Jugendliche ein Mindestmaß an Einsicht hat und mitarbeitet. Dies setzt absolute Freiwilligkeit zu uns in die Tagesgruppe zu kommen voraus. Unter Zwang geht nichts Dauerhaftes und dies führt lediglich zu kontraproduktiven Prozessen. Die Verantwortung des Jugendlichen für seine persönliche Entwicklung wird bewusst zum größten Teil konsequent bei ihm belassen. Unabhängig des jeweiligen Reifestands ist jeder Jugendliche generell in der Lage, einen Teil an Verantwortung für sich zu übernehmen. Ihm diese abzunehmen hieße, seine Entwicklung zu hemmen. Verantwortung der Eltern "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht". Dieser Gedanke der Elternverantwortung wird in der Tagesgruppe in besonderer Weise praktiziert. Die Eltern werden nicht aus ihrer Verantwortung entlassen, sondern in der individuellen Elternarbeit 8 erfahren sie Hilfestellungen und neue oder veränderte Handlungsweisen. Somit sind sie wieder vermehrt in der Lage ihre Elternverantwortung wahrzunehmen und ihre Erziehungskompetenz zu verbessern oder wiederherzustellen. 9