Dialog „Über wahren Willen“ In diesem Dialog geht es um den Willen. Unser Wille ist eines der interessantesten Phänomene menschlichen Seins. Und obwohl wir ständig etwas wollen, sind wir doch nur recht wenig vertraut mit dieser Qualität unseres Wesens. Worum geht es beim „Willen” überhaupt? Man könnte es zunächst einleitend so formulieren, dass sowohl von einer inneren, psychischen Qualität als auch von einem Bezug auf ein Objekt, etwa auf ein Ziel die Rede ist. Ich bin in meinem Wollen oft hin- und her gerissen. Ja. In Wahrheit geht es dabei auch viel um Stimmungen. Und es kämpfen die verschiedensten Wünsche untereinander um Vorherrschaft. Und gemeinsam agieren sie gegen den wahren Willen. Das alles spaltet dich auf, zerreißt dich und reibt dich auf. Obwohl wir ständig irgendetwas wollen, sind wir zugleich ständig im Clinch mit unserem wirklichen Wollen. Wir wollen oft nicht das, was wir in Wahrheit wollen. Es ist schon verrückt. Du sprichst vom „wahren Willen”. Warum? Ja, weil ein Verständnis vorherrscht, das nicht den wahren Willen beschreibt. Der „gewöhnliche Wille” ist meist gemeint, wenn vom Willen die Rede ist. Was ist der „gewöhnliche Wille”? Der menschliche Wille ist gewöhnlich ein Pseudo-Wille. Er ist eine Reaktion beziehungsweise ein Resultat - erzeugt und genährt von unseren Verletzungen und Traumata, Prägungen und Nachahmungsversuchen, Bezugsrahmen und Glaubenssätzen, Wahrnehmungsgewohnheiten und Gewohnheitsmustern. Konditioniertes Bewusstsein eben. Und er ist meist ein subtiler Gegenwille gegen den wirklichen Willen unseres wahren Selbst. Der normale Wille ist meist nur eine unstete Bewegung in unserem Geist. Wohl kann sie punktuell sehr heftig sein. Man kann etwas leidenschaftlich und hartnäckig wollen - haben wollen oder weghaben wollen. Meist jedoch vergeht das Wollen mit der Zeit wieder - sowohl sein Ziel als auch seine Energie. Oder es geht im nächsten Wunsch auf. In diesem Dialog geht es wenig um gewöhnliches Wollen - in seinen Erscheinungsformen von Wünschen, Haben-Wollen, Werden-Wollen, Begehren oder auch Nicht-Wollen und Ablehnen. Natürlich wird das alles oft in einen Topf geworfen. Das wollen wir hier aber gerade nicht tun. Eigene Erfahrung ist da aufschlussreich. Wenn du beide Modi wirklich kennst, wirst du bestätigen, dass es sehr verschiedene Willens-Qualitäten gibt. Du meinst einen schwachen und einen starken Willen? Die Intensität stelle ich nicht besonders in den Vordergrund. Intensität entsteht ganz natürlich, wenn du deinen wahren Willen in dein Bewusstsein und in dein Leben einlädst. Wahrer Wille ist übrigens weit entfernt von jeglicher Tendenz zur Verbohrtheit. Er ist nicht einmal notwendigerweise gekennzeichnet durch besondere Hartnäckigkeit. Da muss kein Kopf durch die Wand. Aber „Wille” hat in unseren Ohren oft diesen Klang. © Friedhelm Zühlke | Dialog „Über wahren Willen“ | Version 1 | Seite 1 Der wahre Wille ist dadurch so stark und beständig, dass er unser höchster und wirklicher Wille ist. Und keine zweitklassige Motivation von irgendwo her und auch nicht auf ein sekundäres Ziel gerichtet ist. Von daher besitzt er jene wunderbare Dynamik, nach der wir uns alle so sehnen. Was ist wahrer Wille? Wahrer Wille ist keine Kraft innerhalb der großen dualen Bedürfnis-Bewegung des menschlichen Geistes, die in der östlichen Spiritualität „Samsara” genannt wird. Die Samsara-Perspektive beschreibt treffend die zentrale menschliche Doppel-Motivation, das Gewünschte nach Kräften zu erstreben und das Unerwünschte möglichst zu verhindern. Oder psychologisch ausgedrückt: Lust möglichst zu mehren und Unlust möglichst zu vermeiden. Aber darum geht es beim wahren Willen nicht! Beim wahren Willen geht es darum, dem eigenen DaSein und Leben bewusst und willentlich die Richtung zu geben, dass es im Einklang mit dem wahren Selbst steht. Wahrer Wille ist charakterisiert durch EinWilligkeit mit dem „Höchsten Willen” und zugleich durch Einvernehmlichkeit mit seinem wahren Selbst. Der wahre Wille ist die Triebkraft, die hinter allem steht und aus der alles kommt. Er ist die höchste LeitInstanz, derer wir fähig sind. Es ist die Absicht unserer Seele, unseres wahren Seins. Was sind die Qualitäten wahren Wollens? 1. Wahres Wollen kommt aus der „Großen Quelle”. Wahres Wollen wird nicht von deiner Persönlichkeit entwickelt. Was dein wahrer Wille ist, kannst du letztlich nur erkennen. Du kannst ihm weder ein Ziel geben noch ihn beeinflussen oder steuern. Wohl jedoch kannst du dich deinem wahren Willen gegenüber blind stellen, kannst ihn ignorieren und dich gegen ihn sträuben. Du kannst ihn auch übertönen. Du kannst gegen ihn arbeiten und ihn sabotieren. Wahres Wollen ist letztlich stets identisch mit dem Ur-Willen deines Selbst, deiner Seele - deinem wahren Wesen also. Der wahre Wille kommt aus diesem Ur-Willen, der Blaupause deiner Ur-Bestimmung. Deshalb gibt es in diesem Wollen auch keine essenziellen Richtungsstreitigkeiten oder Differenzen weder in der Absicht, noch im Ziel, noch im Weg, noch in der Geisteshaltung. 2. Nur wenige Wünsche. Wünsche haben wir vielleicht viele. Der wahre Wille jedoch ist nur auf weniges fokussiert. Manchmal meine ich sogar, dass es im Leben letztlich immer nur um einen einzigen Herzenswunsch geht. 3. Oft wird zunächst nur die generelle Richtung klar. Du musst nicht sofort das „Was” wissen. In unserer Kultur sind wir fixiert auf benennbare Dinge. Auf Projekte, die einen Namen bekommen können, einen Arbeitstitel, über den man sprechen kann. Und aus denen Maßnahmen und Schritte abgeleitet werden können. Ich selbst habe einige Jahre nicht konkret das „Was” und das „Wie” meines wahren Willens gewusst. Also weder meine spezielle Aufgabe noch den Weg dahin. Jedoch erkannte ich irgendwann sehr klar dieses gebieterische „Das” meines wahren Selbst. Wozu ich also in diesem Leben hier bin. Ich habe den Ruf gehört, ihn voll bejaht und mich ganz auf ihn eingestellt. Und dann begann zunächst ein Reifen über mehrere Jahre, ohne dass im Außen Nennenswertes geschah. Und dann war es ganz unvermittelt so weit, dass sich mir meine Arbeit als spiritueller Lehrer zeigte und mich empfing. 4. Stabilität. © Friedhelm Zühlke | Dialog „Über wahren Willen“ | Version 1 | Seite 2 Der wahre Wille ist nicht mal so und mal so. Er ist sehr beständig. Was sich zuweilen zu ändern scheint, ist dein zunehmendes Verständnis von ihm. 5. Ein-Willigkeit. Wahrer Wille zeigt sich dir durch seine eindeutige Richtung und Ein-Willigkeit. Durch innere Stimmigkeit. Ist mein Wille dann also nicht frei? Dieses Thema ist in der Geistesgeschichte seit tausenden von Jahren eine zentrale und stets kontrovers gebliebene Frage. Allein daran kann man schon erkennen, dass es sich um ein Mysterium handelt. Die „Persönlichkeit”, jene eher oberflächliche und konditionierte Seite unseres Seins, ist aus meiner Sicht in der Tat nicht wirklich frei, unser Leben zu bestimmen. Denn dazu ist sie weder ausreichend befugt noch kompetent. Es ist einfach nicht ihr Feld. Echtes Wollen ist letztlich Seelensache, also eine Qualität des Authentischen Selbst. Das „Selbst” als essenzielle Instanz unseres Seins ist zum Wollen voll befähigt. Es kann aus der Quelle grenzenlosen und zeitfreien Wissens schöpfen. Klarheit und Eindeutigkeit gehören deshalb ganz natürlich zu ihm. Unser Sein ist daher auch nie hin- und her gerissen. Es will stets das eine und gleiche, nämlich was zum Allerbesten dient - von uns selbst und ebenso vom Ganzen. Der Pseudo-Persönlichkeit erscheint der wahre Wille jedoch oft wie eine Fremdbestimmung von außerhalb seiner selbst. Und wenn wir uns nach ihm richten erkennen wir oft erst spät, dass wir in Wahrheit nur unserem ureigensten Willen gefolgt sind. Was ist mit all meinen verschiedenen anderen Wünschen? Gut, dass du von „Wünschen” sprichst. Meine Erfahrung ist die, dass Wünsche dann Hochkonjunktur haben, wenn man nicht nach seinem wahren Willen lebt. Sie sollen dann den Mangel an Selbstheit ausgleichen. Ich bin zwar nicht wunschlos glücklich, wie es der Volksmund sagt. Aber ich lebe in Übereinstimmung mit meinem wahren Wollen. Das ist ein sehr anderes und ein sehr schönes, weil selbst-einiges Leben. Wie ist deine Sicht über eine Visionssuche? Ich bin kein Spielverderber. Jedoch leiden dieserlei Projekte oft an geringem Tiefenblick. Es ist nämlich mitnichten so, dass du und dein Leben zunächst ein unbeschriebenes Blatt sind. Und dann setzt du dich hin und denkst nach, womit du am besten dieses Blatt beschreiben solltest. Und dann findest du etwas, was dir attraktiv und lohnend erscheint. Und das ist dann deine Vision. Nein, Weg und Ziel deines wahren Wollens wirst du nicht erfinden können. Willenserforschung ist eine Frage der Erkenntnis und der Bereitschaft und weniger der Kreativität. Kreativität kann dann sehr gebraucht werden, wenn du damit beginnst, deinem wahren Willen in der Welt Gestalt zu geben. Wie klar muss das Wollen sein? Wenn ich Menschen ganz konkret nach ihren wahren Wünschen frage, können sie nur sehr selten klar sagen, was sie wirklich wollen. Viele holen mehr Luft als sonst, kommen kommunikativ umgehend ins Schwimmen und kollabieren energetisch. Dabei sprachen viele kurz zuvor noch über ihre Hoffnungen, über Notwendigkeiten, Vorhaben, Pläne und Ziele. Und darüber, wie sie ihre Wünsche am besten realisieren. Es ist schon erstaunlich, wie wenige Wünsche das Prädikat „tatsächlich” oder „tief” verdienen! Offensichtlich haben wir Menschen so lange die verschiedensten Wünsche und Ziele, solange wir nicht untersuchen, inwieweit sie wirklich aus unserer eigenen Tiefe kommen. Wenn wir jedoch genau danach © Friedhelm Zühlke | Dialog „Über wahren Willen“ | Version 1 | Seite 3 fragen, ob wir wirklich eins mit den benannten Wünschen und Zielen sind, ereignet sich oft eine hochinteressante Veränderung unserer Positionen. Dann wird offenkundig, was tatsächlich Herzenswünsche und was lediglich Wunschvorstellungen sind. Was meinst du mit Wunschvorstellung oder Herzenswunsch? Im Reich der Wünsche, des Wollens und der Ziele gibt es höchst unterschiedliche Qualitäten. Und nur die wenigsten kommen aus unserer eigenen innersten Mitte. Wahres Wollen und wahre Wünsche kommen stets von tief innen heraus. Immer sind sie Herzenswünsche. Der Rest sind Wunschvorstellungen. Sie werden durch irgendwelche äußeren Anreize aufgeladen. Wunschvorstellungen scheinen auf und verblassen wieder. Was eben noch erstrebenswert schien, ist oft schnell wieder verworfen. Auch die größten Wunschvorstellungen bleiben letztlich nur Kleingeld. Der Unterschied zwischen einer Wunschvorstellung und einem echten Herzenswunsch ist gewaltig. Nur wenige kennen ihn aus eigener Erfahrung. Vor einem wahren Herzenswunsch musst du dich in acht nehmen. Denn dem kannst du nicht so einfach wieder entwischen. Warum „Achtung Herzenswunsch”? Wenn du in dir einem wirklichen Herzenswunsch nahe kommst, dann spricht e r zu dir. Er berührt, elektrisiert und vereinnahmt dich. Er zeigt sich dir ultimativ und nicht fakultativ - du hast also im Grunde keine zwei Optionen frei, deinem Herzen entweder nachzukommen oder nicht. Querstellen, das ist jedoch möglich und geschieht häufig. Wenn du deinem wahren Herzenswunsch erlaubst, sich zu zeigen, spielt er sich dauerhaft ganz nach vorn in dein Bewusstsein, sobald du ihn als solchen erkannt hast. Er wird richtungsweisend und Takt gebend. Und er macht einiges mit dir. Er zieht dich weg von Untätigkeit, Unentschlossenheit, Skepsis, Pessimismus und Resignation. Zugleich weist er dir einen Weg jenseits von Ungeduld, Hektik und Verbissenheit. Phantasie-Tendenzen weichen einem feinen Gespür für Realität, wie sie ist. Und - du kannst nicht mehr lange mit alle dem fremdgehen, was nicht wirklich in dein Leben gehört. Du kannst dein Leben auch nicht länger faktisch absitzen. Und vor allem räumt er auf mit deinem versteckten Selbsthass. Gute, gefährliche Nachrichten also! Wie realistisch soll ich bleiben? Wenn du nach deinen wahren Wünschen zu forschen beginnst, dann verknüpfe die Ebenen „wünschbar” und „machbar” nicht zur gleichen Zeit miteinander. Erkenne deine wahren Wünsche ohne Rücksicht auf Machbarkeit! Sonst wird es wieder nur den gleichen alten Eintopf geben, den du so gut kennst. Außerdem kannst du dann kaum entdecken, dass wahre Wünsche immer die Kraft des Löwen in sich haben. Was wird gebraucht, damit mein wahrer Wille tatsächlich auch zu m e i n e m Willen wird? Zunächst eine Selbst-Mitteilung der Quelle deines Willens. Ein Ruf also. Der Ruf deines Herzens, deines wahren Selbst, des GEISTES. Und dann deine Bereitheit. Bereit und willig zu hören, zu tun und zu sein - im Einklang mit deinem wahren Willen. © Friedhelm Zühlke | Dialog „Über wahren Willen“ | Version 1 | Seite 4 Dabei wirst du sehr unterstützt. Von deiner Seele, deinem Selbst, von DEM. Um Hilfe brauchst du dich wirklich nicht sorgen. Dennoch wird nichts gegen deinen Willen geschehen. Das ist eine Art kosmisches Gesetz. Deine Freiheit zu wollen und zu wählen ist für Gott heilig und geradezu unantastbar. Was kann ich dazu tun? Wenig. Und zugleich sehr viel. Dein Wille ist deine ur-eigene Domäne. Den kannst du nicht delegieren. Da bist du gefordert. Da erfährst du dich in deiner Freiheit, Größe und Würde. Deine Souveränität ist eine Gabe Gottes. Es geht hierbei jedoch nicht um Umsetzungs-Vermögen des Wollens. Zumindest nicht in dem Sinn, wie wir das immer wieder von uns verlangen. Im Dialog „Über Wahl” wird das noch intensiver ausgeführt. Ich werde nicht müde, das immer wieder zu betonen. Klar ist jedoch - wie soll sich ein kraftvolles Umsetzungs-Vermögen überhaupt entfalten, wenn das Wollen nicht klar und eindeutig ausgerichtet ist? Der Engpass ist immer beim Wollen und bei der Wahl zu finden - nicht beim Tun. Hier stimmt die Gewichtung vieler Menschen nicht, wenn sie meinen, es läge vor allem an ihrem Tun. Das Gegenteil ist sogar oft der Fall. Wir stürzen uns gern ins Tun, wenn wir nicht klar wollen und wählen. Dann suchen wir einen Ausgleich in Aktivitäten und scheitern dann dabei zwangsläufig. Was unterstützt mich, meinen wahren Willen zu erkennen? Weil es ein Mysterium ist und bleibt, kann es keinen systematischen Plan geben, den du realisieren könntest. Dennoch kann dir die Erfahrung anderer sehr helfen, in eigene Erfahrung hinein zu gleiten. Also: 1. Werde aufmerksam für DAS. Werde wach und spürend, wo „es” dich ruft - dein Herz, deine Seele, dein Selbst, der GEIST. Denn das ist viel öfter der Fall, als du denkst. 2. Erforsche deinen Willen. Erforsche die Qualitäten deines Wollens. Seine umspannende Weite und seine Grenzen. Seine Unveränderlichkeit und seine Zeitbedingtheit. Seine Stabilität und seine Einbrüche. Die einfache Frage „Was will ich wirklich?” kann dich zu deinem Ur-Wollen hinführen. Ramana Maharshi war der Ansicht, dass bereits die Frage „Wer bin ich?” völlig ausreichend sei. Beide Fragen zielen letztlich auf das Gleiche. 3. Erforsche dein „System”. Beachte dein „Geist-Körper-System”, bei welchen Absichten sich dein Herz merklich öffnet und jubelt. Erforsche, womit du ganz von innen her voll einverstanden bist. Wo sich deine wahre Sehnsucht zu Wort meldet. Denn beim wahren Wollen bist du - deine unwillkürlichen Reaktionen - merklich anders. Dann geht etwas Besonderes durch deinen Geist, deine Gefühle, deinen Körper. Dann atmest du anders, dann ist deine Muskelspannung eine andere, dann wohnst du auf eine merklich andere Weise in deinem Körper und in deinem Bewusstsein. Dann zieht wahre Ichheit durch dein System. Es ist köstlich, das zu spüren. Werde also sensibel dafür. Nimm wahr, wie du reagierst, wenn dich dein Herz ruft und lockt. Was deine Gewohnheiten und Muster hierbei sind. Etwa ob du hören willst oder nicht. Ob du skeptisch oder offen bist. Ob du dich freust oder eher abwehrend bist. Ob du es ernst nimmst, annimmst oder aber veränderst, umformst, entleerst oder verleugnest. Ob du bereit bist, konkret zu werden oder lieber weiterhin phantasierst und in die Zukunft verschiebst. © Friedhelm Zühlke | Dialog „Über wahren Willen“ | Version 1 | Seite 5 Durchschaue, welche Antriebskräfte in dir n i c h t dein Wollen sind. Erforsche ihre Quellen, ihre Dynamik, ihre Wechselwirkungen. Woher kommen sie, woher erhalten sie Nahrung und worauf zielen sie? Sieh also genau hin! 4. Lerne zu unterscheiden! Erkenne so klar wie möglich, welche Wünsche und Ziele in Wahrheit ni c h t zu dir gehören. Die du dir hast einreden lassen. Oder die nur eine Kopie der Wünsche anderer Menschen sind. Oder nur ErsatzWünsche für dein eigentliches wahres Wollen. Oder Fixpunkt deiner Begierden aus irgendwelchen Abhängigkeiten. 5. Bete um Erkenntnis deines wahren Willens. Letztlich ist es einfach Gnade, die Kraft und die Richtung des eigenen wahren Wollens klar zu erkennen. Was ist mit meinen Zweifeln? Zweifel werden stark abnehmen, wenn dein Wille und deine Wahl klar sind. Viele Zweifel sind ein direktes Resultat davon, dass man in Sachen „Wille” und „Wahl” so schrecklich herumeiert. Und kein Ende davon abzusehen ist. Ganz subtil bin ich oft so negativ und resigniert. Ich verstehe aus langer eigener Erfahrung gut. Sehr viele Unwert-Gefühle, die uns oft heimsuchen und dann so schwächen, haben ihren letzten Ursprung im Wissen um unsere innerste Gespaltenheit - in einer soliden „Neinheit” gegen unseren wahren Willen. Es sind n i c h t n u r die zweifellos vielen schlimmen Erfahrungen unseres Lebens, die uns so bremsen! Dass dies wahr ist, lässt sich erleben, wenn man sieht, wie das Leben von Menschen in Bewegung kommt, wenn sie sich mit ihrem wahren Willen versöhnen. Und dann scheint es fast wie gleichgültig, wie schwierig es war, was sie zuvor durchgemacht haben. Meine Erkenntnis wächst, dass die Resigniertheit sehr vieler Menschen aus einer durchaus zutreffenden subtilen Selbstbetrachtung herrührt, dass sie sich wahrscheinlich niemals entschließen können, sich wirklich auf ihr wahres Selbst und ihr wahres Wollen einzulassen. Und so gesehen liegt ihre überall gegenwärtige Negativität in der Natur dieser grundlegenden und stabilen „Antiheit” gegenüber ihrem Selbst. Kann mein wahrer Wille wachsen? Wachsen kann deine Bereitschaft, ihn zu hören und für dich anzunehmen. Und irgendwie kann man schon sagen, dass man das Wollen wollen lernen kann. Du kannst etwa erkunden, wie auch in deinem inneren System echte Entschlossenheit möglich wird. Letztlich kommst du jedoch nicht um ein beherztes Wollen herum. Und dabei wirst du dem Anders-Wollen, dem Wenig-Wollen und dem Nicht-Wollen einfach ein Ende bereiten müssen. Wenn ich wirklich will, werde ich dann endlich ausdauernd werden? Wo sollte denn dann noch ein Loch sein können, wo dein Wollen noch entweichen und verpuffen könnte? Wie hängen Wollen und Tun zusammen? Wahrer Wille enthält eine sehr klare Absicht. Er ist eindeutig in der Intention. Da ist keine Wackelei, keine Unentschlossenheit. Und nicht ständig neue Ziel-Varianten. Reifungen und Präzisierungen, die jedoch gibt es sehr wohl. © Friedhelm Zühlke | Dialog „Über wahren Willen“ | Version 1 | Seite 6 Bei klarer Absicht und Wahl werden sich tiefe Bereitschaft, Hingabe und Totalität in uns ausbreiten. Für mich war es unendlich köstlich, die elende Gespaltenheit nicht mehr als ständige Begleiterin neben mir zu haben. Führt wahrer Wille immer auch zu Tat -Vermögen? Der Wahre Wille führt dich zunächst zu einer eindeutigen Wahl. Zu einer klaren und eindeutigen Ausrichtung. Und deine Wahl bringt er dann auch konkret in dein inneres und äußeres Leben. Tat-Vermögen ist dennoch nicht unbedingt jederzeit und in jedem Bereich gleich gegeben. Eine solche bescheidene Bilanz muss jedoch keineswegs darauf hindeuten, dass man weder richtig gewählt hat noch wirkliches Wollen in sich trägt. In meinem Leben war es immer wieder so: ich hatte gewählt und auch ehrlich gewollt - und dennoch war die Realisierung davon über längere Zeit bestenfalls durchwachsen. Solche ernüchternden Erfahrungen kann ich aus einem gewichtigen Grund beinahe sogar sehr empfehlen. Denn sie öffnen dich für das Mysterium der Gnade, für das Wirken Gottes an dir. Sie zeigen dir, dass du „es” nicht realisieren kannst. Und sie öffnen dich für die Einsicht, dass du dich dabei DEM übergeben musst. Mit einer eigenmächtigen Regie schneiden wir uns von der Quelle ab und übernehmen uns. Holpriges TatVermögen hingegen ist nie ein wirklicher Engpass auf unserem Weg. Wer mit DEM wirklich verbunden lebt, wird Transformation und Realisierung seines Wahren Selbst dennoch allmählich erfahren dürfen. SEINE Gnade ist wirklich eine Gabe und ein erstaunliches Mysterium. Doch dieses Geheimnis hier konkreter in Sprache zu bringen, würde nur unnötig Stoff für jene Phantasien liefern, die unser Denken so gern produziert, ohne die Wahrheit selbst erfahren zu haben. Wie hängen Wollen und Hingabe zusammen? Es ist schon ein Mysterium, dass wahres Wollen und wahre Hingabe das gleiche meinen und auf das Gleiche hinauslaufen. ...Immer? Ich meine: Ja. Wie wirkt sich echtes Wollen aus? Der Wahre Wille ist eine alles durchdringende Kraft. Die Dynamik echten Wollens geleitet dich in ein einiges, ungespaltenes Leben. Sie formt aus Wollen und Leben einen Gleichklang. Wenn das nicht allmählich geschieht, ist das Wollen nicht einhellig oder nicht vollständig echt. Oder etwas anderes dominiert noch über dem Wollen. Inwieweit folgt dem Wahren Wollen die Fähigkeit zum Manifestieren? Mein spiritueller Lehrer sagte einmal zu einem Fragenden: „I leave all the manifesting to God.” Danach handle ich auch. Ich nehme es mir einfach nicht heraus, mein separates Ding zu wollen und zu machen. Außerdem fordert mich die Innere Führung quantitativ wie qualitativ derart intensiv zu den verschiedensten Dingen, dass ich gewissermaßen nebenher auch keinen Extraraum mehr frei hätte, an dem ich „meine” Absichten und Wünsche in die Manifestation überführen könnte. Für mich klingt dieses ganze Gerede in der spirituellen Welt übers „Manifestieren” meist arg nach dem Geist von „Prometheus”. Nach jener Figur Goethes, die es selber machen will und auch macht. Anstelle von Gott. Ich meine, rund ums Manifestieren ist meist viel Unkenntnis oder Ablehnung des GEISTES im © Friedhelm Zühlke | Dialog „Über wahren Willen“ | Version 1 | Seite 7 Spiel. Und auch gehörig Selbst-Überschätzung, wenn wir meinen, wir wären allein aus uns heraus weise und fähig genug dazu. Natürlich weiß ich, dass mich wegen dieser Sicht einige als sehr konservativ einstufen werden. Übrigens war meiner Ansicht nach auch in einigen schamanischen Traditionen an diesem Punkt einiges oft nicht klar im Lot. Was ist, wenn der göttliche Wille etwas anderes will als mein Wille? Falls sich hier eine Differenz zeigen sollte, so handelt es sich nicht um deinen wahren Willen. Die Forschungsreise nach innen ins Zentrum unserer wahren Wünsche und unserer Willensbildung wartet nämlich mit einer unerwarteten Entdeckung auf. Wer tief genug geht, wird am Ende keinen Unterschied feststellen zwischen den Perspektiven „Eigener Wille” • „Seelenwille” • „Kosmischer Wille” • „Göttlicher Wille”. Wer mit der Frage „Was will ich wirklich?” in der Tiefe seines Seins ankommt, für den werden alle diese Perspektiven eins, weil sie das auch in Wahrheit sind. Alle anderen Wünsche und Bedürfnisse, die nicht wirklich dazugehören, haben sich auf der inneren Erkundung energetisch weit abgelöst und ihre Anziehungskraft verloren. Was bleibt, sind Klarheit, Eindeutigkeit, Einigkeit und Fokussiertheit. Kein Widerstreit mehr und auch kein hin-und-her-gerissen-Sein mehr in uns! Essenzielle Ziel-Konflikte gibt es nur, solange wir nicht ganz mit unseren wahren Wollen, mit unserem Herzen einig sind. Im Herzen jedoch ist eine uneingeschränkte Hingabe an unseren wahren Willen natürlich und leicht. Es ist unendlich beeindruckend und angenehm, diese Erfahrung mit seinem ganzen System selbst zu machen. Denn Selbst-Einigkeit wird auch im Körper als größte Wohltat erfahren. Check it out - wenn du willig dazu bist. © Friedhelm Zühlke | Dialog „Über wahren Willen“ | Version 1 | Seite 8