Vermittelte Kunst – Vermittelnde Kunst Theaterpädagogische Konzepte an den Allgemeinbildenden Höheren Schulen in Niederösterreich BACHELORARBEIT aus Lehramt Volksschule zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Education (BEd) an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich vorgelegt von Andreas Steiner 1089002 Baden, März 2009 Kurzzusammenfassung [Text max. 15 Zeilen. Die Kurzzusammenfassung informiert in knappen Sätzen über Inhalt, Anliegen, Ziel und Ergebnis bzw. Ergebnisse (Erkenntnisse) der Bachelorarbeit. Hier steht daher nicht nur, was Ziel war und was gemacht wurde, sondern vor allem das Ergebnis bzw. stehen die Ergebnisse Ihrer Arbeit. Das sind die Erkenntnisse bzw. die Antwort(en) auf die Forschungsfrage(en) der Bachelorarbeit.] Summary [Text max. 15 Zeilen Hier steht die englische Übersetzung der Kurzzusammenfassung.] [Kurzzusammenfassung und Abstract dürfen zusammen eine Seite nicht überschreiten.] Vorwort [Hier steht das Vorwort. Als Überschrift kann das Wort „Vorwort“ geschrieben werden, muss aber nicht.] [Im Vorwort (max. ¾ Seite) sind die beiden Studienfächer und die beiden Themensteller der Bachelorarbeit namentlich zu nennen – so sie nicht am Deckblatt angeführt sein müssen. Eine Danksagung an die Betreuer der Bachelorarbeit sollte unterbleiben, da es sich in diesem Fall um eine professionelle Aufgabe handelt, die eine Selbstverständlichkeit darstellt und nicht bedankt werden muss. Hingegen sind Dankesworte an andere Personen sehr wohl angebracht. Möglich sind auch Hinweise, von wem die Anregung zum Thema ausgegangen ist. Der Schreibstil kann persönlich gehalten sein. Die „Ich-Form“ sollte ausschließlich im Vorwort verwendet werden.] Krems, im März 2009 [Vorname FAMILIENNAME] Verzeichnisse 4 Inhalt [Die Einfügemarke (Cursor) in das Inhaltsverzeichnis setzten und mit der Funktionstaste <F9> das Inhaltsverzeichnis aktualisieren. Achtung: Sämtliche Hinweise das Textverarbeitungsprogramm betreffend beziehen sich auf Microsoft Office Word 2003] 1 PROBLEMAUFRISS UND ZIELSTELLUNGEN ............................................. 9 2 THEATERPÄDAGOGIK ALS FACHWISSENSCHAFT................................ 11 2.1 Zwischen Kunst und Erziehung – Grundlagen und Ortsbestimmung der Theaterpädagogik .............................................................................................................. 11 2.2 Historischer Abriss ................................................................................................ 13 2.2.1 Geschichte des pädagogischen Theaters.............................................................. 13 2.2.1.1 „De spectaculis“ und die Auswirkungen ..................................................... 13 2.2.1.2 Geistliche Spiele .......................................................................................... 14 2.2.1.3 Laienspiel und Jugendbewegung ................................................................. 14 2.2.1.4 Lehrstück nach Brecht ................................................................................. 15 2.2.1.5 Episches Theater .......................................................................................... 15 2.2.1.6 Theater der Unterdrückten ........................................................................... 16 2.2.1.7 Moderne Improvisation und Theatersport ................................................... 16 2.2.2 Geschichte des Theaters in der Schule ................................................................ 17 2.2.2.1 Schuldrama .................................................................................................. 17 2.2.2.2 Gegenwart und Ausblick ............................................................................. 17 2.3 Theoretische Legitimation .................................................................................... 18 2.3.1 Paradigmatische Begründung .............................................................................. 19 2.3.2 Anthropologische Begründung ............................................................................ 19 2.3.3 Kulturpädagogische Begründung ........................................................................ 20 2.3.4 Sozialisationstheoretische Begründung ............................................................... 20 2.4 Arbeitsfelder der Theaterpädagogik ................................................................... 20 2.4.1 Institutionelle Bildungseinrichtungen ................................................................. 20 2.4.2 Sozialer Bereich ................................................................................................... 21 2.4.3 Therapie ............................................................................................................... 21 2.4.4 Freizeit ................................................................................................................. 21 2.4.5 Kulturelle Bildungseinrichtungen........................................................................ 22 2.4.6 Theater ................................................................................................................. 22 2.4.7 Hochschule .......................................................................................................... 22 2.4.8 Wirtschaft ............................................................................................................ 22 2.5 Resümee .................................................................................................................. 23 3 THEATERSPIELEN UND THEATER „SPIELEN“ – ERLÄUTERUNG UND DIFFERENZIERUNGEN DES SPIELBEGRIFFS................................................. 24 3.1 Psychologische Sichtweise ..................................................................................... 24 3.1.1 Definition und Merkmale .................................................................................... 24 Verzeichnisse 5 3.1.2 Das Rollenspiel .................................................................................................... 25 3.2 Soziologische Sichtweise ........................................................................................ 26 3.2.1 Spiel-Raum .......................................................................................................... 27 3.2.2 Symbolischer Interaktionismus/Interaktionistische Rollentheorie ...................... 27 3.2.3 Rollentheorie und Rollenspiel ............................................................................. 28 3.3 Zum Begriff des „Als-ob“ ..................................................................................... 28 3.4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Spiel und Theaterspiel .................... 29 3.5 Resümee .................................................................................................................. 31 4 4.1 ZUR BEDEUTUNG DER THEATERPÄDAGOGIK ....................................... 32 Allgemeine Überlegungen zum Lernumfeld „Theater“ .................................... 32 4.2 Theaterpädagogik als ästhetische Bildung .......................................................... 34 4.2.1 Definition ............................................................................................................. 34 4.2.2 Ästhetische Bildung durch Theater ..................................................................... 35 4.2.3 Problem der Messbarkeit ..................................................................................... 38 4.3 Theaterpädagogik als Soziales Lernen ................................................................ 38 4.3.1 Definition ............................................................................................................. 38 4.3.1.1 Personale Kompetenzen .............................................................................. 38 4.3.1.2 Soziale Kompetenzen .................................................................................. 38 4.3.2 In der Schule ........................................................................................................ 38 4.3.3 Soziales Lernen durch Theater ............................................................................ 38 4.4 Theaterpädagogik als Ausbildung ....................................................................... 39 4.4.1 Handwerk Schauspiel – Psychologischer Realismus .......................................... 39 4.4.1.1 Konstantin Sergejewitsch Stanislavskij ....................................................... 39 4.4.1.2 Michail Alexander Cechov .......................................................................... 41 4.4.1.3 Lee Strasberg ............................................................................................... 42 4.4.2 Praktische Umsetzung am Beispiel „Theaterwerkstatt“ ...................................... 44 4.5 5 Resümee .................................................................................................................. 49 THEATERPÄDAGOGIK IN DER SCHULE .................................................. 50 5.1 Darstellendes Spiel................................................................................................. 50 5.1.1 Verankerung des Darstellenden Spiels im österreichischen Lehrplan ................ 51 5.2 Drama Education................................................................................................... 52 5.3 Drama in Education .............................................................................................. 52 5.4 Theatre in Education ............................................................................................. 52 5.5 Jeux Dramatique ................................................................................................... 52 5.6 Szenisches Spiel ...................................................................................................... 53 Verzeichnisse 5.7 6 6 Resümee .................................................................................................................. 53 AUSWERTUNG DES FRAGEBOGENS ....................................................... 55 6.1 Ablauf der Untersuchung ..................................................................................... 55 6.2 Datenauswertung ................................................................................................... 56 7 ZUSAMMENFASSUNG ................................................................................ 66 8 LITERATURVERZEICHNIS .......................................................................... 70 9 ANHANG ...................................................................................................... 71 9.1 Geschlechtergerechtes Formulieren .................................................................... 72 9.2 Das Lehrbuch zur Bachelorarbeit ....................................................................... 74 9.3 Anhang 4................................................................................................................. 75 9.4 Anhang 4................................................................................................................. 76 Verzeichnisse 7 Abbildungsverzeichnis [Wenn keine Abbildungen und Tabellen vorhanden sind, ist diese Seite zu löschen. Nachdem die Abbildungen im Textteil der Bachelorarbeit mit Einfügen/Referenz/ Beschriftung..., Bezeichnungs-Option Abbildung beschriftet worden sind, kann das Programm an obiger Stelle automatisch ein Abbildungsverzeichnis generieren: Einfügen/Referenz/Index und Verzeichnisse... Registerkarte Abbildungsverzeichnis, Titel: Abbildung).] Abbildung 1: Aktivitäten in der UÜ .................................................................................... 59 Abbildung 2: Ausbildung und Qualifikationen ................................................................... 60 Abbildung 3: Bereitschaft zur Fortbildung.......................................................................... 61 Abbildung 4: Theaterbezogene Aktivitäten Gesamtübersicht ............................................. 62 Abbildung 5: Anwendung der Methode Theater ................................................................. 64 Abbildung 6: Gründe für das Nicht-Angebot der UÜ ......................................................... 65 [Wenn Sie erstmalig ein Abbildungsverzeichnis erstellt haben, können Sie dieses jederzeit aktualisieren, indem Sie den Cursor in das Verzeichnis setzen und die Funktionstaste <F9> drücken. Wählen Sie in der erscheinenden Dialogbox Gesamtes Verzeichnis aktualisieren. Sog. Felder, wie beispielsweise die Felder des Abbildungsverzeichnisses, erkennen Sie an der grauen Markierung. Diese schalten Sie ein mit Extras/Optionen Registerkarte Ansicht wählen und im Feld Anzeigen Feldschattierungen: Immer auswählen.] Verzeichnisse 8 Tabellenverzeichnis [Nachdem die Tabellen im Textteil der Bachelorarbeit mit Einfügen/Referenz/ Beschriftung..., Bezeichnungs-Option Tabelle beschriftet worden sind, kann das Programm an obiger Stelle automatisch ein Tabellenverzeichnis generieren: Einfügen/Referenz/Index und Verzeichnisse..., Registerkarte Abbildungsverzeichnis, Titel: Tabelle).] [Wenn Sie erstmal ein Tabellenverzeichnis erstellt haben, können Sie dieses jederzeit aktualisieren, indem Sie den Cursor in das Verzeichnis setzen (es ist dann grau markiert) und die Funktionstaste <F9> drücken. Wählen Sie in der erscheinenden Dialogbox Gesamtes Verzeichnis aktualisieren.] Tabelle 1: Stundenausmaß und Gruppenanzahl .................................................................. 56 Tabelle 2: Anzahl der Teilnehmer/innen und Geschlechteraufteilung ................................ 57 Tabelle 3: Geschlechteraufteilung in Prozenten .................................................................. 57 Tabelle 4: Aufführungsrahmen ............................................................................................ 58 Tabelle 5: Dauer des Angebots ............................................................................................ 61 Tabelle 6: Anzahl der Nennungen ....................................................................................... 62 Tabelle 7: Theaterbezogenen Aktivitäten in Prozent .......................................................... 63 Tabelle 8: Einsatz der Methode Theater .............................................................................. 64 Tabelle 9: Einsatz der Methode Theater in anderer Form ................................................... 65 Tabelle 10: Dauer des Nicht-Angebots ............................................................................... 66 [Wenn Sie erstmalig ein Tabellenverzeichnis erstellt haben, können Sie dieses jederzeit aktualisieren, indem Sie den Cursor in das Verzeichnis setzen und die Funktionstaste <F9> drücken. Wählen Sie in der erscheinenden Dialogbox Gesamtes Verzeichnis aktualisieren. Sog. Felder, wie beispielsweise die Felder des Tabellenverzeichnisses, erkennen Sie an der grauen Markierung. Diese schalten Sie ein mit Extras/Optionen Registerkarte Ansicht wählen und im Feld Anzeigen Feldschattierungen: Immer auswählen.] Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here. 9 1 PROBLEMAUFRISS UND ZIELSTELLUNGEN „Der seligste Schlupfwinkel für diejenigen, die ihre Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt haben und sich damit auf und davon gemacht haben, um bis an ihr Lebensende weiterzuspielen.“1 Mit diesen Worten beschreibt der österreichische Theatermacher Max Reinhardt (1873 – 1943) das Theaterspielen. Bei genauerer Betrachtung fallen durchaus Ähnlichkeiten – aber auch Unterschiede – zwischen dem kindlichen Rollenspiel und der Arbeit des Schauspielers auf. Beides verlangt nach dem Einsatz einer dem Menschen immanente Eigenschaft: Der Phantasie. In einer vermehrt rationalisierten Welt gilt es allerdings, diese bei vielen Menschen, mitunter auch Kindern, zu suchen und (wieder) zu finden (Vgl. Bidlo, 2006, S. 117). Allerdings soll die Beschäftigung mit dem Theater nicht bloß hoffnungsvolle, verspielte Träumer hervorbringen, sondern zu einer ganzheitlichen Bildung des Menschen beitragen. Das bedeutet, das durch den Umgang mit dem Medium „Theater“ ästhetische, soziale wie auch schauspielimmanente Kompetenzen wie Präsentationsfähigkeit und ein klarer Ausdruck verstärkt und erworben werden sollen (Vgl. Hentschel/Ritter, 2009, S. 126). Dennoch spielt das Theater im (niederösterreichischen) Schulsystem eine – das Wortspiel möge an dieser Stelle verziehen werden – untergeordnete Rolle, wie eine Internetsuche nach den Begriffen „Darstellendes Spiel“ und „Theater“ in Verbindung mit „Niederösterreich“, „Gymnasium“ oder „Schule“ auf einen Blick verrät. Der Autor hat im Laufe seiner Zeit als Schüler am Gymnasium selbst an einer Unverbindlichen Übung „Darstellendes Spiel“ teilgenommen und später im Rahmen eines groß angelegten Schüler/innenprojektes die Gruppe selbst geleitet, darüber hinaus bereits Erfahrung im Unterrichten des Darstellenden Spiels gesammelt und ist daher mit der Arbeitsweise, den Strukturen sowie den Problemen der Theaterarbeit mit Jugendlichen vertraut. Außerdem spielt er selbst seit einigen Jahren für Kinder und mit Kindern Theater, woraus auch interessante Erkenntnisse hinsichtlich Produktion und Rezeption erwachsen sind. Auf dieser Grundlage wurde diese Arbeit geschrieben. Einerseits sollen Formen, Möglichkeiten als auch Grenzen theaterpädagogischer Arbeit sowohl erläutert als auch aus verschiedenen Blickwinkeln anhand einer Literaturanalyse betrachtet und untersucht werden, was im theoretischen Teil dieser Arbeit behandelt werden soll. Eine Einführung in den theoretischen Überbau sowie das Handlungsfeld der Theaterpädagogik sollen hierbei 1 http://www.zitate.de/kategorie/Theater/ (12.11.2013) Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.10 den Rahmen bilden. Auch wird der eingangs bereits angedeutete Spielbegriff noch näher diskutiert werden. Hierbei soll immer wieder Bezug zum Lern- und Erlebnisumfeld „Schule“ genommen werden. Andererseits hat es sich der Autor zur Aufgabe gemacht, eine umfangreiche und auf quantitative Vollständigkeit der teilnehmenden Schulen ausgerichtete Untersuchung zum momentanen Stand theaterpädagogischer Konzepte und Umsetzungen durchzuführen, um einen Status Quo festzulegen, auf dessen Basis weitergeforscht werden kann, bzw. etwaige Konsequenzen daraus gezogen werden können. Anhand einer sowohl qualitativen wie auch quantitativen Auswertung des Fragebogens soll die Realität theaterpädagogischer Konzepte (insbesondere am Beispiel der Unverbindlichen Übung „Darstellendes Spiel“) in niederösterreichischen Allgemeinbildenden Höheren Schulen abgebildet werden. Dementsprechend sollen folgende Fragen im Laufe dieser Arbeit untersucht und beantwortet werden (die ersten beiden Fragen entsprechen den durch den Fragebogen ausgewerteten Forschungsdaten, wohingegen die beiden letzten Frage Ergebnis der Literaturrecherche sind): Wie stellt sich die Situation theaterpädagogischer Konzepte am Beispiel der Unverbindlichen Übung „Darstellendes Spiel“ in niederösterreichischen Allgemeinbildenden Höheren Schulen dar? Besteht ein Zusammenhang zwischen Stundenkürzungen und dem Angebot der Unverbindlichen Übung „Darstellendes Spiel“? Welche pädagogische Konsequenz(en) müssen aus den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von „Spiel“ und „Theaterspiel“ gezogen werden? Welche ästhetischen, sozialen sowie schauspieltechnischen Kompetenzen können durch theaterpädagogische Arbeit erworben werden? Der Autor hofft, durch diese Arbeit die eine oder andere Erkenntnis bezüglich der Relevanz einer weiteren Integration theaterpädagogischer Konzepte im Schulsystem zu Tage zu fördern und der Bedeutsamkeit dieser noch jungen Disziplin der Pädagogik ein wenig Aus- und Nachdruck zu verleihen. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.11 2 THEATERPÄDAGOGIK ALS FACHWISSENSCHAFT Im folgenden grundlegenden Kapitel sollen sowohl theoretische wie historische Grundlagen der pädagogischen Theaterarbeit näher erläutert werden. Diese sollen das Fundament weiterer Ausführungen bilden. Insbesondere sollen der Handlungs- und Wirkungsbereich theaterpädagogischer Arbeit anhand des Spannungsfeldes von ästhetischem und pädagogischem Anspruch sowie die pädagogische Bedeutung des Theaters im historischen Kontext dargelegt werden. Es soll ein Verständnis aufgebaut werden, in welchem Bereich der Erziehungswissenschaften die Theaterpädagogik anzusiedeln ist, in welchem theoretischen Feld sie sich bewegt und welche Ansprüche diese noch junge Fachdisziplin der Pädagogik stellen darf und soll. 2.1 Zwischen Kunst und Erziehung – Grundlagen und Ortsbestimmung der Theaterpädagogik Bei der Beschäftigung mit der Suche nach einer Definition der Theaterpädagogik fällt auf, dass stets (mindestens) zwei Perspektiven erwähnt werden: Hoppe (2011, S. 178) beispielsweise unterscheidet: 1.) Die Vermittlung von Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnissen, die zum Ausüben theaterpraktischer Betätigung notwendig sind und 2.) die Entwicklung sozialer, personaler und politischer Kompetenzen der Teilnehmenden. Bidlo (2006, S. 32) schreibt ähnlich, Aufgabe der Theaterpädagogik sei: 1.) das ästhetische Resultat der Kunst der Darstellung und 2.) die Konzentration auf die Darsteller/innen mit ihren Einstellungen, inneren Werten, Möglichkeiten und Schwierigkeiten. Nickel wiederum unterscheidet von einer anderen Perspektive aus, allerdings mit einer ähnlichen Konsequenz. Er differenziert zwei Arten von Spielleitern: 1.) Der „ergotrope“ Spielleiter, dessen vorrangige Fragestellung lautet: Was fehlt dem Theater? Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.12 und 2.) der paidotrope Spielleiter, seine primäre Fragestellung lautet: Was fehlt der Gruppe? (Vgl.: Hentschel/ Ritter, 2009, S. 156) Durch diese Zweiteilung erkennt sich sofort der dichotome Aspekt der Theaterpädagogik. Es geht nicht nur um Ausbildung am Theater (dies wäre der Schauspielpädagogik zuzuordnen), sondern auch um Bildung durch Theater. Es geht also nicht lediglich darum, Kinder (und auch Erwachsene) zu Schauspielern/Schauspielerinnen auszubilden, sondern durch die aktive Beschäftigung mit dem Medium „Theater“ eine Vielzahl an Kompetenzen zu erwerben, die der Arbeit am Kunstwerk immanent sind (Vgl. Bidlo, 2006, S. 16). Theaterpädagogische Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld von pädagogisch-didaktischen, pädagogische-politischen und künstlerisch-ästhetischen Zielsetzungen (Vgl.: Hoffmann / Klose, 2008, S. 81). Der Theaterpädagoge/ die Theaterpädagogin hat (im Gegensatz zum Schauspielpädagogen / zur Schauspielpädagogin) eine Binnensicht zu übernehmen: Es geht ihm/ihr nicht vorrangig um das vollendete Kunstwerk, sondern um die Spielenden, auf den Einfluss des Kunstwerks auf die Spielenden und deren persönliche Entwicklungen (Vgl. Bidlo, 2006, S. 41). Die Theaterpädagogik ist also um eine kompetente (kulturelle) Teilhabe am menschlichen Leben bemüht, da ihr Handlungsfeld trotz des „Als-obs“ des Theaters (auf das im Folgenden noch eingegangen werden wird) dass des realen menschlichen (Zusammen)Lebens darstellt: Erinnerung und Vorstellung, Handlung und Kommunikation, Mitgefühl und Emotion sowie Zusammenarbeit und Selbstkonfrontation sollen als Beispiele genannt werden (Vgl. Bidlo, 2006. S. 19). Allerdings sollten auch das Medium „Theater“ und das Kunstwerk – trotz aller pädagogischen Bemühungen – nicht einfach als didaktisches Werkzeug herhalten, sondern auch das ästhetische Moment der Kunst in den Vordergrund rücken (Vgl. Hentschel, 2010, S. 130). Es gilt also sowohl den Menschen, als auch das Kunstwerk zur Entfaltung kommen zu lassen, um den größten Nutzen aus theaterpädagogischer Arbeit zu ziehen. Trotz seiner sozialen Form ist die Theaterpädagogik somit als zutiefst postmoderne Disziplin zu sehen, da sie die Entwicklung der performativen Kompetenzen des Einzelnen fördern und Grundqualifikation menschlichen Rollenhandelns (z.B.: Empathie, Identitätsdarstellung, Flexibilität,..) leichter zugänglich machen soll (Vgl.: Hentschel, 2010, S. 107). Die Theaterpädagogik bezieht ihr pädagogisches Potential somit stets aus einer beinahe dialektischen Wechselwirkung von Kunst und Künstler/Künstlerin. Wie viele andere Teilpädagogiken (z.B. Medien-, Musik-, Tanzpädagogik) wird die Theaterpädagogik dem Begriff der Kulturpädagogik untergeordnet. Das Ziel der Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.13 Kulturpädagogik ist eine Förderung von Bildung, in der der Individualität und Subjektivität der Lernenden ein hohes Maß an Bedeutung eingeräumt wird. Kulturpädagogik und die damit einhergehende kulturelle Bildung sprechen somit die Persönlichkeit und Befindlichkeit der Menschen an. Dabei geht es nicht allerdings nicht um „richtig“ oder „falsch“, sondern um die Auseinandersetzung mit Kunst/Kultur und der in der angeleiteten Konsequenz folgenden Auseinandersetzung mit sich selbst und den eigenen Ansichten zur Welt (Vgl. Bidlo, 2006, S. 31). 2.2 Historischer Abriss Im nun folgenden Teil dieser Arbeit soll auf die erzieherische Bedeutung des Theaters im historischen Kontext eingegangen werden. Dies soll helfen, den einerseits den ermittelten Status Quo besser nachvollziehen zu können, andererseits soll die Entwicklung der verschiedenen konkreten Ausformungen bereits einen Eindruck über Art und Wirkungsweise theaterpädagogischer Praxis geben. Hierbei wird eher auf die modernen Formen und Theorien eingegangen werden. An dieser Stelle sei gesagt, dass diese eher paraphrasisch zusammengefasst sind, da eine detaillierte Beschreibung der Ideen und Techniken den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und dass dementsprechend kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht. 2.2.1 Geschichte des pädagogischen Theaters Die Idee der modernen Theaterpädagogik, die Wirkung des Theaters von den Zusehenden zu den Spielenden zu verschieben und zu fokussieren, ist relativ neu. Schon Aristoteles (384 v. Chr. – 322 v. Chr.) hat die Frage nach den möglichen und anzustrebenden Auswirkungen auf das Publikum diskutiert. In seiner „Poetik“ beschreibt er den Zweck einer Tragödie als „Katharsis“, also auf reinigende Wirkung auf die Seele. Und auch nach ihm gab es immer wieder verschiedene Ansätze zu einer erzieherischen Wirkung des Theaters. Einige wichtige Punkte im Zuge der Entwicklung des pädagogischen Theaters sollen im Anschluss genannt und erläutert werden. 2.2.1.1 „De spectaculis“ und die Auswirkungen Das Theater, wie wir es kennen, hatte nicht immer den Stand als Ausdruck von Hochkultur. 198 n. Chr. veröffentlicht Quintus Septimus Tertullianus im Namen des Christentums die Schrift „De spectaculis“, in der er sich vehement gegen das Theater ausspricht. Schauspieler seien Opfer der Laster der Zügellosigkeit, der Zurschaustellung Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.14 von Körperlichkeit sowie der sinnenfreudigen Ausschweifung. Außerdem seien sie dafür verantwortlich, in den Menschen heftige Gemütsbewegungen und Erschütterungen des Geistes auszulösen. Die Schriften des Tertullianus wurden bis ins 18. Jahrhundert als Referenz für die Einstellung des Klerus zum Theater herangezogen, weshalb Schauspieler häufig geringschätzend betrachtet und als Strauchdiebe, Quacksalber und Kurpfuscher abgetan wurden (Vgl.: Hoppe, 2011, S. 154). 2.2.1.2 Geistliche Spiele Trotz der Vorbehalte des Christentums gegenüber dem Theaterspielen war es ironischerweise ausgerechnet die katholische Kirche, auf die der Ursprung des Theaters mit pädagogischer Absicht zurückführbar ist. Im Zuge religiöser Zusammenkünfte wurden stoffgebundene Passagen der Bibel aufgeführt, um die Verbreitung der christlichen Lehre aufgrund der damals nicht weit verbreiteten Alphabetisierung zu erleichtern. Anfangs wurden die „Rollen“ noch von Geistlichen verkörpert, allerdings übernahmen später – auch aufgrund von Spielverboten für Geistliche – immer öfter Nicht-Geistliche (=Laien) die Aufführungen. (Vgl. Hentschel, 2010, S. 76). Aus diesen Darstellungen entwickelten sich die noch heute gängigen Passionsspiele. (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 115). 2.2.1.3 Laienspiel und Jugendbewegung Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte im Rahmen der Jugendbewegung eine systematische Diskussion des Laien- und Schulspiels ein. Die sich im Zuge der Reformpädagogik entwickelnde Jugendbewegung (welche Aufgrund vereinheitlichter Zielsetzungen und verschiedener individueller Zugänge nicht als homogene Strömung betrachtet werden darf) kritisierte die einseitige Bildung des Verstandes an der pädagogische Institution Schule und setzte sich für eine Bildung der Jugend zum „ganzen Menschen“ ein, welche in alle gesellschaftlichen Bereiche ausstrahlen sollte. Diese in der als „musische Erziehung bezeichnete Praxis sollte der Jugend zur sozialen und moralischen Erziehung verhelfen. (Vgl. Hentschel, 2010, S. 81 ff.). Zwei theaterpädagogische Ansätze sollen hier näher erläutert werden, deren Differenzierung nach Giffei (1989, S. 23) erneut den eingangs erwähnten bipolaren Charakter theaterpädagogischer Arbeit unterstreichen soll: Rudolf Mirbt, welcher auch als „Laienspielpapst“ der Jugendbewegung bezeichnet wird, betont in seiner Herangehensweise des „Theaters des Gestaltschaffens“ die Unterschiede von Laien- und Berufsschauspiel. Im Gegensatz zum Berufsschauspiel steht im Laienspiel Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.15 nicht die Kunstfertigkeit im Vordergrund, sondern die gemeinschaftsbildende Erfahrung der Spielenden, sowie der volksbildende Charakter des Spiels. Für Mirbt war nicht die künstlerische Vollendung, sondern die Hingabe des Spielers an das Spiel Sinn des Laienspiels. Dies sollte nicht anhand der großen Klassiker (wie es im z.B. im Schuldrama – welches noch erläutert wird) geschehen, und dies war das revolutionäre an seinem Ansatz, sondern durch das Aufgreifen von zeitgenössischen Problemen und Inhalten (Vgl. Hentschel, 2010, S. 81 ff.). Bei Martin Luserkes „Theater der Gestaltung“ wird der Gedanke der stiefmütterlichen Behandlung gegenüber der künstlerischen Gestaltung kritisiert. Für ihn ist die gemeinschaftsfördernde Wirkung der Arbeit zwar ein angenehmes Beiprodukt, welches allerdings nur indirekt über das gemeinsame Produzieren eines Kunstwerks vonstattengeht. Bei Luserke liegt die bildende Kraft des Theaters weniger in von außen herangetragenen bildenden Wirkungen, sondern primär im theatralen Gestalten und seinem Prozess (Vgl. Hentschel, 2010, S. 83 ff.). 2.2.1.4 Lehrstück nach Brecht Bertolt Brecht griff die Überlegungen der Reformpädagogik und des Laienspiels auf und entwickelte diese Ideen mit einer politischen Zielsetzung weiter. Seine Lehrstücke stehen in der Tradition sozialistischer Erziehung, welche das Potential zu gesellschaftlichen Veränderungen verstärken soll. Der Unterschied des Lehrstücks zum klassischen Schaustück besteht darin, dass das Schaustück belehren soll, indem es betrachtet und reflektiert wird, während das Schaustück seinen erzieherischen Charakter aus der szenischen Erfahrung gemeinsamen Verkörperns und Handelns zieht. So sollen durch Einnahme von mit bestimmten Handlungsweisen verbundenen Haltungen gesellschaftliche Werte entdeckt und Missstände aufgedeckt werden (Vgl. Hentschel, 2010, S. 193). Das Lehrstück arbeitet unter anderem mit dem Mittel des „Rollentauschs“, um es den Spielenden zu ermöglichen verschiedene Perspektiven einzunehmen. Ein mehrjähriges Experiment zur Wirkung des Lehrstücks brachte dabei die Erkenntnis, dass die Auseinandersetzung mit dem Text allein dabei noch keine selbstreflektiven Prozesse in den Spielenden auslöst, sondern dass dafür spezielle Aktivitäten und Strukturierungen des Spielprozesses notwendig sind (Vgl.: Koch / Streisand, 2003, S. 182). 2.2.1.5 Episches Theater Das epische Theater nach Bertolt Brecht ist - im Gegensatz zu seinem Lehrstück publikumsorientiert. In seinem Bemühen eine neue Dramatik zum Aufdecken gesellschaftlicher Missstände (in diesem Fall der Kapitalismus) zu entwickeln, entwickelte Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.16 er die Form des epischen Theaters und revolutionierte somit die Theaterwelt. Dem epischen Theater zufolge nehmen die Menschen unter den Zwängen der Gesellschaft unwillentlich verschiedene soziale Rollen ein, deren Handlungen durch die Gesellschaft bestimmt werden. Dafür soll hinter die Fassade der Figur geblickt werden, damit sich das Publikum fragen kann, wie es soweit kommen konnte und welche Lösungsmöglichkeiten es gäbe. Es soll nun nicht mehr wie im klassischen Drama einfach mit der Rolle mitfühlen, soll kritische Distanz zur Rolle übernehmen und ihre Handlungen übernehmen. Dies soll unter anderem durch die Technik der „Verfremdung“ geschehen, in dem der Zuschauer/die Zuschauerin aus der Illusion des Theaters gerissen wird. Klassische Verfremdungstechniken sind beispielsweise erklärende Lieder oder Musikeinsatz, der Einsatz von Projektionen, Masken,… (Vgl. Bidlo, 2006, S. 66 ff.). 2.2.1.6 Theater der Unterdrückten Augusto Boal, der heute noch als Theaterpädagoge aktiv ist, entwickelte im Zuge der sozialen Ungleichheiten in seinem Heimatland Brasilien das „Theater der Unterdrückten“. Wie auch schon bei Brecht sollte es helfen, gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen. Sein Theater richtete sich an die von der Obrigkeit ausgebeutete Unterschicht. Die Ensembles suchten die Leute auf und spielten meist an öffentlichen Plätzen. Das Außergewöhnliche daran war, dass das Publikum aufgefordert wurde mitzuspielen, mitzuentscheiden und bei der Genese des Stückes zu helfen. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass eine Szene mehrmals gespielt werden kann, immer mit verschiedenen Ausgängen. Somit können verschiedene Handlungsweisen gleichsam simuliert werden, „denn Theater ist Wirklichkeitsprobe“ (Bidlo, 2006, S.82). Nach seinem Exil nach Europa entwickelte Boal seine Methoden ständig weiter (Vgl. Bidlo,, 2006, S. 74 ff.). 2.2.1.7 Moderne Improvisation und Theatersport Inspiriert vom enthusiastischen Publikum bei Wrestlingkämpfen übernahm der Engländer Keith Johnstone die Wettkampfsituation von Sportveranstaltungen und integrierte sie in den 1960er Jahren in seine Methode des Theatersports. Hierbei treten je zwei Teams gegeneinander im Rahmen eines Wettkampfes vor Schiedsrichtern an (Koch / Streisand, 2003, S. 325). Diese Wettkämpfe bestehen aus improvisierten, also nicht vorbereiteten oder abgesprochenen, Szenen. Die Schiedsrichter schreiten mittels optischem oder akustischem Signal ein, wenn eine Szene „langweilig“ wird, oder sich keine Entwicklung abzeichnet. Das Publikum ist dabei aufgefordert, direktes Feedback durch Jubeln, Klatschen, Buhen usw. zu geben. Dem Theatersport liegt Johnstones Idee zu Grunde, als Schauspielpädagoge eine Schule der Kreativität und Spontaneität anzubieten. Seine Studierenden wurden zu Ungehorsam gegenüber den auf der Bühne herrschenden starren Verhaltensregeln (z.B. Fokussierung Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.17 auf Wortlaut des Textes) angehalten. Seine pädagogischen Überlegungen hierbei waren, dass die Persönlichkeit des Menschen auf der Bühne wie im Leben entwicklungsfähig und wandelbar bleiben sollte. Hieraus entstanden auch seine Übungen zur Improvisation, welche auch heute noch gängige theaterpädagogische Praxis sind (Vgl. Bidlo, 2006, S. 104 ff.). Improvisation (lat.: improvisus – unvorhergesehen) ist eine Spielform, die die Spontaneität und Freiheit in den Vordergrund stellt und Szenen nicht geplant gespielt werden (Vgl.: Koch / Streisand, 2003, S. 137 ff.). Hierzu soll der Intellekt in den Hintergrund treten und der Intuition und dem spontanen Erleben weichen. Hierbei ist besonders wichtig, Impulse der Mitspieler aufzunehmen und weiterzuverarbeiten (Vgl.: Bidlo, 2006, S. 137). 2.2.2 2.2.2.1 Geschichte des Theaters in der Schule Schuldrama Im zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts entwickelte sich eine im Dienste pädagogischdidaktischer und religiöser Intentionen stehende Form schulischen Theaterspiels: das Schuldrama. Diese nach dem Vorbild antiker Dramen von Studenten und Schülern konzipierten Stücke dienten der moralischen Schulung und der Verbreitung religiöser Lehren. Darüber hinaus wurden die meist lateinischen Schuldramen als Sprach- und Gedächtnisübung verwendet. Das sich daraus entwickelte protestantische Schuldrama verfolgte überdies die Bildung der politischen Handlungskompetenz des Menschen. Bereits damals wurde das Theaterspielen als Vorbereitung für zukünftige gesellschaftlich erwartete Rollen gesehen (Vgl. Hentschel, 2010, S. 77). Im Laufe des 18. Jahrhunderts nahm die Praxis des Schuldramas deutlich ab (auch wenn dies nicht einheitlich geschah – katholische Schulen hielten länger daran fest als protestantische). Außerdem wurden, je nach Mode, verschiedenen Epochen pädagogische Wirkungen zugesprochen. Zunächst wandte man sich von der Antike ab und erhob die Dramen der französischen Klassik in deren Stand, wonach man sich vermehrt den zeitgenössischen Dramatikern widmete (Vgl. Hentschel, S. 78 ff.). 2.2.2.2 Gegenwart und Ausblick Bereits der zeitliche Sprung vom 18. Jahrhundert in die Gegenwart verdeutlicht, wie sehr das Theater in der schulischen Bildung stets außen vorgelassen wurde (von einem in der Tradition des Laienspiels auftretenden reformpädagogischen Intermezzo im ersten Drittel Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.18 des 20. Jahrhunderts abgesehen). Zwar „existierte“ das schulische Theater noch (nach 1945 wurden Begriffe wie Schulspiel, Bühnenspiel und Schulbühnenspiel durch die allgemeinere und heute noch gebräuchliche Bezeichnung „Darstellendes Spiel“ ersetzt“), fand aber wenig bis keine Beachtung im Lehrplan (Vgl.: Hoppe, 2011, S. 14) . Bedenkt man, dass die Musik als eine der septem artes liberales bereits im sophistischen Lehrplan vor mehr als 2500 Jahren einen festen Bestandteil in der Bildung hatte und seit Beginn des 20. Jahrhunderts im Curriculum aufscheint, erscheint das Nichtaufscheinen des Theaters durchaus verwunderlich. Theater in der Schule wird vorwiegend als Methode im Unterricht oder zu verschiedenen Anlässen (z.B. Schulfest) angewandt. In Deutschland ist im Land Hamburg „Darstellendes Spiel“ als einziges Bundesland als eigenständiges Schulfach in alles Schulstufen und Schulformen vertreten (Vgl.: Hoppe, 2011, S. 150 ff.), obwohl bereits 1967 in einem von Theoretikern und Praktikern des Darstellenden Spiels heißt, dass das Darstellende Spiel eine Bereicherung von Unterricht und Erziehung bewirkt, „wenn es dort angewendet wird, wo mit seiner Hilfe ein pädagogisches Ziel leichter und gründlicher verwirklicht werden kann. Es ist geeignet, die schöpferische Eigentätigkeit anzuregen, die Phantasie zu wecken, das Wissen um die eigenen Fähigkeiten und ihre Grenzen zu vertiefen und Erfahrungen über den Menschen und die Umwelt zu vermitteln. Zudem fördert es denn Sinn für das Kunstwerk“ (Hentschel, 2006, S. 102). Insbesondere im muttersprachlichen Unterricht sind Literatur und Dichtung seit jeher fester Bestandteil schulischer Bildungs- und Erziehungsarbeit. Allerdings wird mit Theatertexten immer noch vorwiegend analytisch denn performativ gearbeitet, wodurch ein erheblicher Bestandteil des Gesamtkunstwerks „Theaterstück“ ignoriert wird (Vgl.: Hoppe, 2011, S. 156). Für das weitgehende Fernbleiben der Möglichkeit des Lernens am und durch Theater gibt es viele Gründe. Der historische Kontext, der bereits erläutert wurde, die Schwierigkeit der Beurteilung, die volkstümliche Gleichsetzung von Spiel und Theaterspiel (welche in Kapitel 3 behandelt werden soll) oder Finanzierungsschwierigkeiten (Vgl.: Hoppe, 2011, S. 156 ff.). Auf weitere Gründe eines fehlenden flächendeckenden Angebots des Theaters an der Schule wird bei der Auswertung der Untersuchung eingegangen. 2.3 Theoretische Legitimation Die moderne Theaterpädagogik blickt auf eine kurze Fachgeschichte zurück, da man davon ausgeht, den Beginn derselben in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts mit HansWolfgang Nickel zu verorten (Vgl.: Hentschel/Ritter, 2009, S. 65). Dem theoretischen Rahmen, welcher allerdings nicht als fixiert zu betrachten ist sondern welcher sich – da das Theater als soziales wie kulturelles Produkt zu betrachten ist - sozialen wie kulturellen Paradigmenwechseln unterworfen sieht, soll der folgende Teil dieser Ausführung Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.19 gewidmet sein. Exemplarisch für weitere Begründungen sollen hier vier theoretische Zugänge beschrieben werden. Es sei an dieser Stelle betont, dass es sich um theoretische und diskursive Zugänge handelt, die nicht per se den Anspruch stellen, ihre Ansätze vollends verwirklichen zu können. 2.3.1 Paradigmatische Begründung Der im ausgehenden 20. Jahrhundert stattgefunden habende Paradigmenwechsel des „performative turn“ beschreibt das Verdrängen einer „Kultur als Text“ durch eine „Kultur als Performance“. Erst durch das (soziale) Handeln, also als performativer Akt, werden kulturelle Prozesse hervorgebracht, weshalb es diese auch als Performance zu erforschen und dementsprechend wieder zu erleben gilt. Durch den Performanceschub des performative turns kann Theatralität als kulturwissenschaftliche Grundkategorie betrachtet werden, die auch in methodischer Hinsicht angewendet werden kann. Da sich die zeitgenössische Kultur zunehmend zur „Kultur der Inszenierung“ beziehungsweise der „Inszenierung von Kultur“ verschiebt, ist die Erforschung theatraler Prozesse auch für weit in andere Bereiche des Lebens (welche zunehmend „inszeniert“ werden) hinausgehende Aspekte relevant (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 62 ff.). Dementsprechend kann die Theaterpädagogik, deren Handlungsweise per defnitionem performativ ist, als pädagogische Antwort auf den performative turn betrachtet werden und als Modell für pädagogische Prozesse im Allgemeinen herhalten. Die Rolle des Lehrenden verschiebt sich vom Wissensvermittler zum Erfahrungsgestalter (Vgl.: Hentschel / Ritter: 2009, S. 68). In der schulischen Praxis äußert sich dies bereits zunehmend im handelnden, erforschenden Lernen, wo es um das Anwenden von Kompetenzen geht und nicht um das Anhäufen deklarativen Wissens. Die Implementierung eines flächendeckenden Angebotes des Darstellenden Spiels scheint daher wie eine logische Konsequenz. 2.3.2 Anthropologische Begründung Eine anthropologische Begründung der Theaterpädagogik geht davon aus, dass die Aktivität des Spielens (und damit – nicht analog, aber vergleichbar - das Theaterspielen) zum Wesen des Menschen gehöre und dementsprechend einen wesentlichen Bestandteil bzw. sogar den Inbegriff menschlicher Bildung darstelle (Vgl. Hentschel, 2010, S. 123). Da das Kind heute schneller als junger Erwachsener angesehen wird und das zweckbefreite kindliche Tun weniger wird, verstärkt sich die Bedeutung des Spielens (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 188). Auf den Spielbegriff und seine Zusammenhänge mit dem Theater wird in Kapitel 3 noch näher eingegangen. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.20 2.3.3 Kulturpädagogische Begründung Die kulturpädagogische Begründung der Theaterpädagogik geht von der ganzheitlichen sozialen wie intersubjektiven Bildung durch die Erziehung zur Kunst und durch Kunst (Vgl. Hentschel, 2010, S. 123). Sie steht damit in der Tradition der neuhumanistischen Bildungstheorie, wonach durch ästhetische Bildung der Mensch zu Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit befähigt wird (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 10). 2.3.4 Die Sozialisationstheoretische Begründung sozialisationstheoretische Begründung der Theaterpädagogik sieht theaterpädagogische Methoden als Mittel an, dem Subjekt des Bildungsprozesses die für zukünftiges gesellschaftliches Handeln notwendigen Qualifikationen zu vermitteln (Vgl. Hentschel, 2010, S. 123). Ausgehend von der Interaktionistischen Rollentheorie (auch hier wird zum näheren Verständnis auf Kapitel 3 verwiesen) legitimiert sich diese Begründung in der Wandelbarkeit des sozialen Subjekts. 2.4 Arbeitsfelder der Theaterpädagogik Wie die verschiedenen theoretischen Zugänge gezeigt haben, ist der Wirkungsbereich der Theaterpädagogik bei weitem nicht auf unmittelbare Theaterarbeit beschränkt, sondern strahlt bis in viele andere Bereiche kulturellen und sozialen Handelns aus. Allein die zunehmenden Differenzierungen theaterpädagogischen Wirkens lassen dabei den Schluss zu, dass das Interesse an dieser noch jungen Teildisziplin zunimmt (Vgl. Bidlo, 2006, S. 25). Dabei ist davon auszugehen, dass sich die Arbeits- und Berufsfelder dabei stetig verändern und erweitern werden. Dem momentanen Stand der Dinge nach, werden zurzeit achte Felder theaterpädagogischer Arbeit unterschieden (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 29). 2.4.1 Institutionelle Bildungseinrichtungen Die Arbeit an institutionellen Bildungseirichtungen (also Kindergärten, Schulen, Volkshochschulen) orientiert sich in ihren Inhalten zumeist an den (alters-)spezifischen Bildungsinteressen der Zielgruppe. Im Kindergarten steht vor allem die spielpädagogische Arbeit im Mittelpunkt des erzieherischen Handelns. Die Persönlichkeitsbildung des Kindes sowie die individuelle Ausdrucksfähigkeit sollen besonders gefördert werden. In Schulen vollzieht sich theaterpädagogische Arbeit unter anderem in Unverbindlichen Übungen, Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.21 Projektarbeiten oder als didaktische Methode im Unterricht. In Kapitel 5 werden einige dieser Methoden noch genauer untersucht und diskutiert. Im Bereich der Erwachsenenbildung an Volkshochschulen werden theaterpädagogische Verfahren in der Weiterbildung und Lehre sowie in koordinierenden Tätigkeiten (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 29ff.) angewendet. 2.4.2 Sozialer Bereich Schwerpunktmäßig handelt es sich bei Theaterpädagogik im sozialen Bereich um Präventions-, Integrations-, und Resozialisierungsmaßnahmen in Einrichtungen der Jugendhilfe und der Drogenberatung, aber auch in Jugendzentren und kirchlichen, kommunalen und sozialen Einrichtungen (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 30). Das Ziel sozialpädagogischen Handelns liegt in der Förderung von Verhaltensweisen und Einstellungen, die zum eigenmächtigen und verantwortungsbewussten Lebensvollzug befähigen soll. Daraus folgt, dass die theaterpädagogische Arbeit möglichst lebens- und altersbezogen sein sollte. Die Bühne bietet hierbei die Möglichkeit, mit eigenen und fremden Lebensaspekten - über den Umweg der Auseinandersetzung mit der Kunst konfrontiert zu werden und hieraus Erkenntnisse über sich selbst und die Welt zu ziehen (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 145 ff.). 2.4.3 Therapie Die physische und psychische Gesundung von Patienten ist das Ziel therapeutischer Theaterpädagogik. Primär findet diese Art der Arbeit in Krankenhäuser, Psychiatrien und Rehabilitationszentren statt (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 30). Hierbei wird allerdings diskutiert, inwiefern Theaterpädagogik gleichzeitig Therapie sein kann, da die Zielsetzungen einer Therapie (Heilung) nicht denen der Pädagogik (Erziehung und Bildung) entsprechen. Theaterpädagogisches Handeln hat zwar in der Methodik (z.B. Rollenspiel) Überschneidungen mit therapeutischen Methoden, sie darf allerdings keineswegs a priori als therapeutisch betrachtet werden (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 170 ff.). 2.4.4 Freizeit Im Freizeitbereich arbeitet die Theaterpädagogik an der Durchführung von Theater- und Spielprojekten mit Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen (Koch / Streisand, 2003, S. 30). Es soll allerdings betont sein, dass nicht jede Arbeit am Theater mit theaterpädagogischer Arbeit gleichzustellen ist, da generell das Theater das Kunstwerk in Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.22 den Vordergrund stellt, während die erzieherische Wirkung den Grundpfeiler der Theaterpädagogik bildet, wie bereits eingangs erwähnt wurde. 2.4.5 Kulturelle Bildungseinrichtungen Außerhalb der Schulen gibt es viele weitere Bildungseinrichtungen (z.B. Musikschulen, Museen, theaterpädagogische Zentren,…) in denen theaterpädagogisch gearbeitet wird / werden kann. Die besondere Qualität dieses Aspekts liegt in der Freiwilligkeit der Teilnehmenden (die in diesem Fall anders geartet ist, als im therapeutischen oder sozialen Bereich) und der Vielseitigkeit der Lernorte (Vgl.: Koch / Streisand, 2003, S. 30). 2.4.6 Theater Dass in professionellen Theatern in gewissem Maße theaterpädagogische Arbeit geleistet wird, liegt auf der Hand. Allerdings beschränkt sich diese nicht auf die teilnehmenden Akteure, sondern ist ausgeweitet auf Bereiche wie Spielplangestaltung, dem Erstellen von Begleitmaterial, der Vor- und Nachbereitung von Stücken sowie Werbemaßnahmen wie Führungen (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 30) 2.4.7 Hochschule Die Arbeit der Hochschulen (und anderen wissenschaftlichen Institutionen) liegt in der Erforschung der Theaterpädagogik als Handlungswissenschaft und der Theorieentwicklung einerseits, andererseits auch in der Erstellung und Entwicklung des Curriculums und von Studienangeboten (Vgl.: Hentschel / Ritter, 2003, S. 30). 2.4.8 Wirtschaft Unter theaterpädagogischer Arbeit in der Wirtschaft wird auf der einen Seite das Training und Coaching von Führungskräften verstanden. Auf der anderen Seite ist die Anwendung theaterpädagogischer Methoden gemeint, die auf innerbetriebliche komplexe Veränderungsprozesse vorbereiten oder die Kommunikation am Arbeitsplatz verbessern soll (Vgl.: Koch / Streisand, 2003, S. 30). Hieraus bildete sich der Begriff des „Unternehmenstheaters“. Im Gegensatz zu den anderen Arbeitsfeldern wird die Teilnehmerorientierung durch die Zielsetzungen des Unternehmens (z.B. Pflege der Unternehmensphilosophie) überlagert (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 148). Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.23 2.5 Resümee Wie sich in Kapitel 2 zeigte, hat die Theaterpädagogik (bzw. das Theater im Allgemeinen) viele Gesichter, sowohl in historischer, funktionaler wie operationaler Hinsicht. Die theoretischen Legitimationen (insbesondere die den performative turn betreffende) legen dabei nahe, dass ein Kompetenzaufbau durch Theaterpädagogik in der heutigen Kultur mehr als sinnvoll erscheint. Als noch junge Fachwissenschaft ist es nicht verwunderlich, dass die Theaterpädagogik noch nicht im allgemeinen Kanon pädagogischer Maßnahmen eingegangen ist, auch wenn Ansätze bereits in vielen verschiedenen Bereichen existieren. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.24 3 THEATERSPIELEN UND THEATER „SPIELEN“ – ERLÄUTERUNG UND DIFFERENZIERUNGEN DES SPIELBEGRIFFS Die Bezeichnungen Schauspiel, Darstellendes Spiel, Schulspiel, Bühnenspiel, Theater spielen tragen als Wortkern alle das Wort „Spiel“. Es liegt also nahe, dass es sich beim Schauspielen u.ä. stets um eine spezielle Form des Spiels handelt. Die Beobachtung eines kindlichen Rollenspiels teilt viele Aspekte eines Schauspiels. Hierbei ist zu beachten, dass die Kinder in diesem Zusammenhang sowohl Akteure, Regisseure und Publikum in einem sind (Hentschel / Ritter, 2009, S. 114). Wenn während der „Szene“ besprochen wird, was geschehen soll, wer wann was zu tun hat ist, dies theatraler Inszenierung sehr nahe. Kindern wird mitunter auch eine „naive Dramaturgie“ zugesprochen, mit der sie in verschiedene Rollen schlüpfen um in zwischenmenschlichen Interaktionen bewusst Wirkungen auf das Gegenüber auszuüben (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 112). Dementsprechend wäre es also logisch, an dieser kindlichen Disposition anzuknüpfen und theaterpädagogisch zu wirken. In dem Spannungsfeld von Spiel und Schauspiel bewegt sich das nun folgende Kapitel, das systematisch erörtern soll, welche Überschneidungen es gibt und worin die Unterschiede bestehen. Daraus sollen Konsequenzen für die pädagogische Arbeit gezogen werden. 3.1 Psychologische Sichtweise Bereits der Zugang der Lern- und Entwicklungspsychologie zum Thema „Spiel“ impliziert eine pädagogische Auseinandersetzung mit Selbigem, da die Pädagogik ihre Lehren aus dem Zusammenhang von Entwicklung bzw. Lernen und Spielen ziehen kann und soll. Spielerische Tätigkeitsvollzüge können grundsätzlich wie alle anderen praktischen Lebenstätigkeiten der Aneignung, Ausbildung und Einübung jedweder Fähigkeiten, Kenntnisse oder Kompetenzen dienen (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 31). 3.1.1 Definition und Merkmale Da der Themenbereich „Spiel“ ein sehr komplexes Phänomen darstellt, ist auch nicht von einer einheitlichen Definition ausgehen. Das Spiel kann in verschiedensten Situationen auftreten und ist an teilweise variable Bedingungen geknüpft, wobei auch die Funktion des Spiels (sofern man von einer solchen reden kann) nicht immer dieselbe ist. Allerdings gibt es einige Bedingungen nach Schenk-Danzinger (2006, S. 163 ff.) die als Prämissen des Spiels herangezogen werden können: Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.25 Autonomie des Spiels Spielen ist eine intrinsisch motivierte, spontane Tätigkeit. Die spielenden Individuen setzen sich ohne Fremdbestimmung mit ihrer Umwelt nach selektierten angebotenen Reizen auseinander. Zweckfreiheit des Spiels Im Spiel selbst wird kein außerhalb des Spiels liegender Zweck verfolgt (was allerdings dem Spielen keineswegs seinen Nutzen abspricht). Damit geht einher, dass Erfolg oder Misserfolg im Spiel lediglich von den subjektiv gesteckten Zielen abhängen, da das Spiel nicht von außen herangetragen wird. Verpflichtungen gibt es nur gegenüber sich selbst oder den anderen im Spiel befindlichen (Vgl. Tücke, 2007, S. 134). Lustbetonung des Spiels Im Spiel wird der Wechsel von Spannung und Lösung gesucht („Aktivierungszirkel“), womit der Lustgewinn am Spielen im Mittelpunkt steht. Dieser pendelt zwischen den Polen Spannung und Lösung. Wird zu viel Spannung aufgebaut, kann (im kindlichen Spiel wie auch z.B. bei diversen Computerspielen) Angst entstehen, herrscht zu viel Lösung vor, wird das Spiel langweilig. Der Lustgewinn besteht also besonders im Bewältigen neuer Aufgaben (Vgl. Tücke, 2007, S. 136). Quasi-Realität des Spiels Das Spiel findet in einer eigenen (Quasi-)Realität statt, ist aber gleichzeitig eine aktive Auseinandersetzung mit der realen Umwelt (Vgl. Schenk-Danzinger, 2006, S. 164). So können Kisten, die das Kind in der „echten“ Realität als Kisten erkennt, zu Mauern und Türmen einer Burg werden, die dann in der Quasi-Realität „Spiel“ auch Mauern und Türme sind. So wird die Umwelt nach Belieben umfunktioniert und im Spiel implementiert. Das spielende Individuum ist sich dieser Doppelung der Realität dabei (normalerweise) durchaus bewusst, da es auch zwischen Spiel und Realität abrupt wechseln kann (Vgl. Tücke, 2007, S. 136). 3.1.2 Das Rollenspiel Das Rollenspiel (auch Fiktions- oder Illusionsspiel) tritt beim Kind meist gemeinsam mit der Entwicklung der Sprache auf, wobei davon ausgegangen wird, dass dies mit dem Ausbildung des Vorstellungsvermögens für Symbole und Repräsentanz, die sowohl für die Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.26 Sprache als auch das Rollenspiel Bedingung sind, zu tun hat (Vgl. Schenk-Danzinger, 2006, S. 164). Die folgenden Punkte sind charakteristisch für das Rollenspiel: Als-ob-Einstellung (siehe 3.3) Anthropomorphismus die Verwandlung von Personen und Rollen Nachahmung beobachteter Handlungen und Handlungsabläufe Willkürliche Symbolsetzung bzw. Metamorphose von Gegenständen (Vgl. SchenkDanzinger, 2006, S. 165) Nachdem eigene Verhaltensschemata (Essen, Schlafen) bereits im zweiten Lebensjahr situationsunabhängig wiederholt werden, wird danach vorwiegend bei Erwachsenen beobachtetes Verhalten reproduziert (Autofahren, Rauchen). Hierfür werden bereits Dinge der Realität umgedeutet (ein Stift wird zur Zigarette). In weiterer Folge (im Alter zwischen drei und vier Jahren) übernimmt das Kind selbst verschiedenste Rollen, in denen das Erlebte mimetisch durch symbolische Umdeutungen reproduziert wird (Vgl. SchenkDanzinger, 2006, S. 165). Dabei handelt es sich allerdings nicht um neutrale Ereignisse, sondern meist affektgeladene Situationen. Das Rollenspiel dient somit sowohl der emotionalen Anpassung als auch um das Abbauen seelischer Spannungen. Dies geschieht in vielfacher symbolischer Weise, z.B. durch die Entladung von Aggressionen, die Realisation unerfüllter Wünsche und Ähnlichem. Bevor das kindliche Rollenspiel abklingt, erreicht es noch eine Phase der Sozialisierung. Im Alter von etwa fünf bis sieben Jahren werden vertraute Muster (Vater, Mutter, Kind) in kollektiven Rollenspielen übernommen und häufig mit im Rahmen des Rollenspiels durchgeführten Konstruktionsspielen kombiniert (Vgl. Schenk-Danzinger, 2006, S. 166 ff.). 3.2 Soziologische Sichtweise Wie bereits erläutert ist das Spiel anthropologisch im Menschen verankert und daher als ureigenster Antrieb anzusehen. Dementsprechend ist es von Nöten, auch den gesellschaftlichen Raum „Spiel“ aus soziologischer Sicht zu beleuchten. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.27 3.2.1 Spiel-Raum Die Soziologie des Spiels spricht dem Spiel sehr wohl eigene Zwecke zu, nämlich verschiedene selbst gewählte Spielzwecke (Zeitvertreib, der Wunsch zu gewinnen,…), die lediglich im abgesteckten, intersubjektiven Raum zwischen Kommunikationspartnern zu erreichen sind. Das Spiel ist also ein Kommunikationssystem in einem größeren Kommunikationssystem. Die Art der im Spiel auftretenden Kommunikation symbolisiert eine willkürliche Unterbrechung erwarteter Normen. Die Normalität und Realität ist im Spiel eine andere als außerhalb. Damit findet das Spiel in einem eigenen „Spiel-Raum“ statt, getrennt von einer Art gedachter Grenze zwischen Spiel und Realität (Vgl. Thimm, 2010, S. 18). 3.2.2 Symbolischer Interaktionismus/Interaktionistische Rollentheorie Bezugnehmend auf oben erwähnte Form des Spiels als Kommunikation (und damit soziales Handeln) in Verbindung mit der Spielform „Rollenspiel“ soll an dieser Stelle die Theorie des symbolischen Interaktionismus bzw. deren Weiterentwicklung, der interaktionistischen Rollentheorie diskutiert werden. Erstere wurde vom Sozialpsychologen George Herbert Mead entwickelt und später von Goffmann und Blumer weiter ausgearbeitet. Diese besagt, dass Kommunikationsprozesse zwischen Subjekten (als welche Spieler anzusehen sind, siehe oben) als gesellschaftliche Prozesse, in denen sich Identität entwickelt, anzusehen sind. In der Interaktion, in der das eigene Verhalten durch Erwartungen an den Anderen in einem gemeinsamen Symbolsystem (z.B. Sprache) antizipiert wird, wird gleichsam die Sicht des Anderen auf sich selbst übernommen und das eigene Verhalten somit den Erwartungen angeglichen. Diesen Vorgang des Erkennen und Annehmen der Erwartungen des Anderen nennt Mead „Role-taking“. Dem stellt er den Prozess des „role-making“ gegenüber, worin die angenommene Rolle mit Teilen der eigenen Identität „angereichert“ wird. Das bedeutet, das im Gegensatz zur klassischen Rollentheorie, laut der Rollen festgelegte Verhaltensanforderungen darstellen, den Rollen ein subjektiver Handlungsspielraum eingeräumt wird (Vgl. Roller, 2007, S.26). Der unmittelbare Zusammenhang mit dem Theaterspielen soll mit einem weiteren Zitat von Max Reinhardt untermauert werden: „Der wahre Schauspieler ist von der unbändigen Lust getrieben, sich unaufhörlich in andere Menschen zu verwandeln, um in den anderen am Ende sich selbst zu entdecken.“2 2 http://www.zitate.eu/de/autor/3151/max-reinhardt (21.11.2013) Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.28 3.2.3 Rollentheorie und Rollenspiel Sowohl die klassische als auch die interaktionistische Rollentheorie habe theaterpädagogische Entsprechungen im Rollenspiel. Die klassische Rollentheorie, der zufolge Rollen nicht wandelbar und widerspruchsfrei sind, dementsprechend von den Teilnehmenden exakt übernommen werden, wird in der Form des „geschlossenen Rollenspiels“ widergespiegelt. Hierbei werden vom Spielleiter Rollen und Handlungsweisen relativ strikt vorgegeben. Hierbei werden gesellschaftliche Normen überprüft und angenommen, allerdings nicht hinterfragt. Das geschlossene Rollenspiel eignet sich daher zum Erlernen gesellschaftlicher Normen, die der jeweiligen Rolle innewohnen und damit zur Einübung von Verhalten, dass in gewissen kulturellen Situationen gewünscht ist (Vgl. Roller, 2007, S. 28). Im Gegensatz dazu steht das „offene Rollenspiel“, welches – interaktionistischen Rollentheorien entsprechend – ein flexibles Rollenverständnis hat, laut dem Rollen wechselseitig in der Interaktion hinsichtlich gesellschaftlicher Erwartungen und individueller Bedürfnisse gestaltet wird. Eine derartige Rollenspielkonzeption gesteht den am Rollenspiel Teilnehmenden ein hohes Maß an Individualität und Kreativität in der Rollengestaltung ein. Dabei ist auch das Ausprobieren verschiedener Verhaltensweisen gewünscht, wodurch sich auch die Rollenspiele in verschiedene Richtungen mit mehreren Ausgängen und Lösungen entwickeln können (Vgl. Roller, 2007, S. 28). 3.3 Zum Begriff des „Als-ob“ Das „Als-ob“ wird für zweierlei Bedeutungen herangezogen: Einerseits wird damit der Grundvorgang gemeint, eine „Rolle“ (im soziologischen Kontext, also ein mit gewissen Erwartungen in der Kommunikation und Interaktion verbundener Status) zu übernehmen, womit das „Als-ob“ zu einer Grundkategorie jeglicher erfolgreichen Kommunikation wird (siehe 3.2.3). Anderseits bezeichnet „Als-Ob“ den Grundcharakter spielerischer wie schauspielerischer Tätigkeiten. Der Begriff ist auf Stanislawskij (siehe 4.3.1.1) zurückzuführen und wird auch als „magisches Wenn“ bezeichnet (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 15). Konkret ist damit die Einstellung des Schauspielers (und des Publikums) gemeint, die theatralen Vorgänge so zu betrachten „als ob“ diese echt wären, während man sich der „Als-ob“-Einstellung bewusst ist (aus diesem Grund werden auf der Bühne verübte Schandtaten im Normalfall auch nicht zu verhindern versucht) (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 15). Diese Doppelung müssen Kinder interessanterweise erst lernen, da regelmäßig zu beobachten ist, wie Kinder im Theater versuchen, den Protagonisten zu warnen, wenn der Antagonist eine Falle gestellt hat. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.29 Ohne die „Als-ob“-Einstellung wäre theaterpädagogische Praxis nicht denkbar. Sobald in einer Aktion das „Als-ob“ in Kraft tritt, wird das reale Leben gedanklich in die Ebene der Vorstellung gehoben. Die Möglichkeitsform ist dabei von entscheidender Bedeutung und wird dabei bereits sprachlich reflektiert. Die Forderung an den/ die Schauspieler/in lautet nicht „Öffne die Tür und du weißt nicht, wer dahinter steht!“ (da er das ja im Regelfall tut), sondern „öffne die Tür, als ob du nicht wüsstest, wer dahinter steht.“ Das Als-ob soll daher den/die Schauspieler/in zu einem begründeten Verhalten führen, um die Authentizität aufrecht zu erhalten (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 15 ff.). Diese Einstellung evoziert entweder Handlungen ohne weitere Konsequenzen („Handle, als ob du einen Schlüssel hältst!“), andere , kompliziertere Situationen können eine ganze Reihe von Handlungen oder Emotionen hervorrufen („Handle, als ob du gerade einen schlimmen Unfall gesehen hättest!“) (Vgl.: Bidlo, 2006, S. 46). Das „Als-ob“, welches bereits als Teil des (Rollen-)Spiels identifiziert wurde, trägt ungeachtet seiner theoretischen Bedeutung einen enormen pädagogischen Mehrwert des Theaters in sich. Diese Einstellung hat – ähnlich dem Spiel-Raum (siehe 3.2.1) – eine schützende Wirkung. Ich (als Spielender) werde durch das „Als-ob“ insofern geschützt als, als „ich“ im Rahmen des theatralen Vorgangs nicht „ich“ und gleichzeitig nicht „nicht ich“ bin (Vgl. Hentschel, 2010, S. 188). Das bedeutet, im geschützten Raum des „Als-ob“ lässt sich mit der eigenen Identität besser experimentieren, als in anderen Spiel-Räumen (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 46). 3.4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Spiel und Theaterspiel Wie Hoppe (2011, S. 136) bemerkt, „steht […] es außer Frage: Spiel und Theater sind nicht ein und dasselbe. Dennoch wird von beiden immer wieder in einem Atemzug gesprochen, geradezu wie von siamesischen Zwillingen.“ Dennoch gibt mitunter genauso deutliche Überschneidungen wie Unterschiede zwischen beiden Handlungsformen. So ist es eindeutig, dass das oben beschriebene „Als-ob“ eine Grundkomponente von sowohl theatralen Vorgängen wie auch Rollenspielen darstellt (Vgl. Hoppe, 2011, S. 14). Außerdem ist die Installation eines Spiel-Raumes im institutionalisierten Theater dergestalt ausgebildet, dass dieser Spiel-Raum zuzüglich zum gedachten Raum sogar als tatsächlich vorhandener Raum („Bühne“) existiert. Allerdings sind sich nicht nur die Spielenden der darin vorherrschenden kommunikativen Strukturen bewusst, sondern auch das Publikum. Bei genauerer Betrachtung der in Punkt 3.1.1 beschriebenen Charakteristika des Spiels (die auch für das Rollenspiel herangezogen werden) fallen allerdings teilweise gravierende Unterschiede auf. Die Quasi-Realität des Spiels ist zwar noch auf theatrale Vorgänge („Als-ob“) übertragbar, allerdings kann einen bereits die Lustbetonung des Spiels vor das Problem stellen, diese Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.30 exakt in das Modell theatraler Vorgänge zu implementieren. Der Wechsel von Spannung und Lösung wird zwar im Idealfall auch von den Schauspielenden (vor allem im improvisatorischen Theater) gesucht, allerdings wird diese im Normalfall von außen (Spielleiter, Autor, Regisseur, Schiedsrichter und Publikum im Theatersport,…) an die Spielenden herangetragen. Dabei ist das Bemühen der Schauspielenden primär auch nicht auf den eigenen Lustgewinn durch den Wechsel von Spannung und Lösung (welcher dankend angenommen wird) gerichtet, sondern eher am gelungen Darstellen und dem Hervorbringen eines Produktes, das als Resultat der produktiven Tätigkeit auch von Anderen und nicht nur dem produktiven Subjekt wahrgenommen werden kann (Vgl. Hoppe, 2010, S. 15). Man könnte jetzt einwerfen, dass genau darin der Wechsel von Spannung (Aufregung) und Lösung (Erleichterung) liegen könnte, allerdings wird dabei übersehen, dass dieser Wechsel dabei nicht von den Akteuren gesucht wird (wie per definitionem verlangt wird), sondern eher der Aktivität implizit ist. Oben erwähnter Einfluss von außen ist es auch, der eine Autonomie des Theaterspiels (in Anlehnung auf die Autonomie des Spiels) von Vornherein eingrenzt, und zwar auf das eher kleine Feld offener Darstellungen (wie der Improvisation oder dem offenen Rollenspiel), da die intrinsische Motivation sich damit darauf beschränkt, dass gespielt wird und nicht wie was wann wie lange gespielt wird (Vgl. Hoppe, 2010, S. 15). Vor eine ähnlich geartete Schwierigkeit wird man bei der Auseinandersetzung mit der Zweckfreiheit des Spiels gestellt. Weder die künstlerisch-ästhetische noch die pädagogisch-didaktische Komponente des Theaterspiels können für sich Zweckfreiheit beanspruchen. Zwar ist das performative Element des Vollzugs sowohl dem Spiel als auch dem Theaterspiel eigen, allerdings kann in dem Augenblick, in dem eine besondere Absicht außer dem intersubjektiven Vollzug der Handlung vorliegt, nicht mehr von Zweckfreiheit gesprochen werden. Der Zweck des künstlerisch-ästhetischen Anspruchs liegt nicht im reinen Vollzug, sondern im Vollzug vor Publikum und der in jedweder Art und Weise gehaltenen Wirkung auf das Publikum (Vgl. Hoppe, 2011, S. 13). Der pädagogisch-didaktische Zweck des Theaterspielens liegt im Erwerb kultureller Schlüsselqualifikationen, wodurch in der Konsequenz darüber gestritten werden kann, ob irgendeine Form des pädagogischen Spiels als solches bezeichnet werden kann, da es seiner Zweckfreiheit entbunden ist. Hier ist die Differenzierung von „spontanem Spiel (intrinsisch motiviert, zweckentbunden)“ und „didaktisch-angeleitetem Spiel“ (extrinsisch motiviert, zweckgebunden) erforderlich. (Vgl. Hentschel / Ritter, 2009, S. 209). Insofern könnte man „Theaterspielen“ im Blickwinkel der oben beschriebenen Ansätze als eine extrinsisch motivierte und gesteuerte Form des Rollenspiels, deren Ziel in der performativen Hervorbringung eines konkreten Produktes liegt, deren Zwecke von der jeweiligen Zielsetzung abhängen und deren Ausmaß des Lustgewinns auch von äußeren Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.31 Einflüssen abhängt, bezeichnen, wobei der Spiel-Raum (mitsamt den jeweiligen Regeln) im Gegensatz zum Rollenspiel für alle Beteiligten ersichtlich ist. 3.5 Resümee Kapitel 3 hat nun gezeigt, dass eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Spielbegriff zu Überschneidungen genauso wie zu Unterschieden mit dem Theaterspiel führt. Die Gemeinsamkeiten (vor allem mit dem Rollenspiel) legen dabei einen Erkenntnisgewinn aus der Spielpädagogik nahe, allerdings in mindestens ebenso großem Ausmaß, wie uns die Unterschiede diesen verwehren. Konkret sollte dies in der pädagogischen Praxis bedeuten, dass ein unreflektiertes Dahinspielen (wie es im spontanen Rollenspiel geschieht) den Lernenden einen erheblich Erkenntnisbereich (Theater) vorenthält. Durch Reflexion und Ästhetisierung spielerischer Vorgänge wird das Spiel auf eine andere Ebene gebracht, in der sich die bildende Wirkung des Theaters (siehe Kapitel 4) entfalten kann. Das Bedeutet, dass die Lernenden sich auch stets des Mediums und seiner eigenen Regeln (die im Gegensatz zum Spiel/Rollenspiel stehen) bewusst sein sollten, um beiden Lernbereichen – Spiel und Theater – gerecht zu werden. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.32 4 ZUR BEDEUTUNG DER THEATERPÄDAGOGIK „Theatrale Bildung hat fundamentale Bedeutung für die Allgemeinbildung: 1. eröffnet das Spiel mit den Fiktionen und den Möglichkeiten auf inszenatorischer, performativer und semiotischer Ebene höchst komplexe Erfahrungs- und Bildungsmöglichkeiten. 2. eröffnet dieses Spiel auf einer Meta-Ebene Erfahrungen mit dem Bildungsprozess selbst, also die Erfahrung der Möglichkeit von Bildung als Bildung, und da heißt zugleich: der Möglichkeit der Gestaltung von Ich und Welt und ihrer gerade nicht kalkulierbaren, kontingenten und genau dadurch bildenden Wechselwirkung. 3. integriert Theater als „unreine“ Kunstform Sprache, Musik, bildende Kunst, Video, Medien, Sport, Tanz etc. Die damit verbundene inhaltliche und kulturelle Komplexität und genuine Interdisziplinarität bietet kein anderes Schulfach. 4. erfordert die Kunstform Theater für ihre Gelingen eine strikte Aufgabenorientierung und damit eine Fülle unterschiedlichster Fähigkeiten und Fertigkeiten, die hier gleichsam nebenbei erworben werden müssen, personale, soziale, praktische, kulturelle und künstlerische Kompetenzen. Und 5. eröffnet die Kunstform Theater Erfahrungsmöglichkeiten mit dem Spiel einer anthropologisch und kulturell fundamentalen Dimension menschlicher Existenz. Damit kommt ihm zentrale Bedeutung für ästhetische Bildung insgesamt zu (Hoffmann / Klose, 2008, S. 88 ff.).“ Wie obiges Zitat eindrucksvoll belegt, sind die mit der theaterpädagogischen Arbeit zu erwerbenden Fähigkeiten und Kompetenzen mannigfaltig. Wie deren Bildung von Statten geht und auf welchen Wegen sie erreicht werden kann, soll im folgenden Kapitel den Mittelpunkt der Ausführungen darstellen. Hierbei soll der Fokus auf die eingangs erwähnten ästhetischen, sozialen und schauspieltechnischen Kompetenzen gerichtet sein. Dabei soll aber auch auf die Grenzen der (Messbarkeit der) Theaterpädagogik eingegangen werden, um diese nicht im allgemeinen Überschwang als „Antwort auf die ,Not der Welt‘ (Hentschel, 2010, S. 244)“ anzusehen. Bevor aber diese Aspekte spezifisch besprochen werden, sollen noch allgemeine Lernvoraussetzungen und Rahmenbedingungen erläutert werden. 4.1 Allgemeine Überlegungen zum Lernumfeld „Theater“ Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass, was den Erziehungs- und Bildungswert von theatraler Arbeit betrifft, dadurch grundsätzlich alle sozialen, ästhetischen, politischen, emotionalen, körperlichen und intellektuellen Kompetenzen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Dispositionen erworben, ausgebildet und gefestigt werden können, die notwendig sind, um theatral zu wirken (was auch Planungs- und Organisationsarbeit sowie Rezeptionskompetenz miteinschließt) (Vgl. Hentschel / Ritter, Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.33 2009, S. 33). Auch aus der Sicht des/der Zusehenden kann theoretisch alles, was im Rahmen eines Darstellungsvorganges wahrnehmbar wird, Lernvorgänge auslösen kann. Dies ist allerdings im besonderen Maße vom persönlichen Zugang des/der Zusehenden abhängig, da üblicherweise Lernprozesse meist erst durch längerfristige Aktivitäten verstärkt oder eingeleitet werden (Vgl. Hoppe, 2011, S. 163 ff.). Aus diesem Grunde ist die produktive, performative Ausführung theatraler Aktivitäten für den pädagogischen Bereich wesentlich erträglicher als die Rezeption (welche wiederum von der Reflexion abhängig ist). Theaterpädagogische Arbeit (bzw. Theaterarbeit im Allgemeinen) ist, sofern ein Produkt angestrebt wird, gekennzeichnet durch zahlreiche Wiederholungen im Rahmen der Arbeit. Aufgrund der Wiederholungen und der damit einhergehenden Vertiefung der verbundenen Erfahrungen erhöht sich dabei auch die Wahrscheinlichkeit, Lernprozesse einzuleiten (Vgl. Hoppe, 2011, S. 117). Hoppe (2011, S. 117 ff.) nennt drei Gründe für die besondere Eignung von aktiver Theaterarbeit für das Ermöglichen von Lernerfahrungen: 1.) Alle nur denkbaren Bereiche, Vorgänge und Themen des menschlichen Lebens, welche durch szenische Aktion und Interaktion von Aktionsträgern darstellbar sind, können Gegenstand theatraler Darstellungen werden. 2.) Den Mitwirkenden werden auch Sachverhalte zugänglich gemacht, die sich der unmittelbar sprachlichen Kommunikation entziehen (z.B. Körperhaltung, Intonation, Gestik,…) 3.) Im Rahmen der Erarbeitung und des Vollzugs des Darstellungsvorgangs kann nicht nur rationale Erfassung des Dargestellten, sondern auch eine verhaltens- und einstellungsmäßige Aneignung bewirkt werden. Das Lernen am fiktiven Modell ist in diesem Fall durch die Erlebnisnähe zum Modell wesentlich stärker ausgeprägt. Es ist zu bedenken, dass die Wirksamkeit des theatralen Prozesses (also das Ausmaß der Erfahrungen oder der möglichen Lernprozesse) wesentlich von der formalen und inhaltlichen Beschaffenheit der Darstellungen sowie den konkreten Bedingungen des Arbeitsprozesses abhängig ist (Vgl. Hoppe, 2011 S. 113). Darüber hinaus ist anzumerken, dass beim Theater als „genuin soziale Kunstform“ (Hoffmann / Klose, 2008, S. 81) stets der pädagogisch-didaktische Mehrwert einer „Gruppenarbeit“ mitschwingt. Lösungen werden ausprobiert und diskutiert, Erfahrungen untereinander ausgetauscht und Ideen gemeinsam umgesetzt. Von diesem Blickwinkel aus sollen nun konkrete Lernbereiche der Theaterpädagogik besprochen werden. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.34 4.2 Theaterpädagogik als ästhetische Bildung Die Diskussion um die bildungspolitische Bedeutung des Einflusses von Kunst bzw. dem künstlerischen Prozess auf den Menschen geht auf Schillers „Briefe zur ästhetischen Erziehung des Menschen“ (1795) zurück und flackerte seither immer wieder auf. Schiller verzichtete damals strikt auf eine inhaltliche Festlegung der Wirkung von ästhetischer Bildung. Und gerade durch diese Verweigerung der allgemeinen Wirkung, wird der Mensch dabei zu Freiheit und Selbstbestimmung erzogen, was für ihn letztendlich ein utopischer – also in letzter Konsequenz nicht erreichbarer - Zustand ist (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 9 ff.). Für Schiller war die ästhetische Erziehung eine Grundbedingung des menschlichen Seins und der Inbegriff von Erziehung im Allgemeinen, da sie das Wesen des Menschen hervorbringen könnte (Vgl. Hentschel, 2010, S. 37). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Schillers Diskursfigur der ästhetischen Bildung in Folge der Jugendbewegung wieder aufgenommen und mit überwiegend sozialen wie moralischen Zielsetzungen versehen und unter dem Überbegriff „musische Erziehung“ zusammengefasst. In den 1960er Jahren fand innerhalb der Fachdidaktik der Bildenden Kunst eine Ausweitung der Inhalte auf Alltagsphänomene (Gebrauchsgegenstände, Medien,…) statt, womit das Feld der ästhetischen Bildung auf eine allgemeine Wahrnehmungserziehung ausgedehnt wurde (Vgl. Koch / Streisand, S. 10). Seit Mitte der 1980er Jahre wächst das Interesse an Fragen der Ästhetik und der ästhetischen Bildung in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion wieder stetig, was vor allem in Zeiten zunehmend fehlender Primärerfahrungen und dem damit verbundeneren Defizit sinnlicher Wahrnehmung nicht verwunderlich scheint (Vgl. Hentschel, 2010, S. 30). Die Theaterpädagogik, die sich als eine Schule des differenzierter, neu und anders Sehens versteht, ist als ästhetische Praxis ein soziales, thematisches, subjektives und gestalterisches Bewusstwerden, in der die Theaterarbeit neben dem Ausdrucksvermögen den Blick der Beteiligten (auf das Thema, das Material, die Welt und sich selbst) schult und inszeniert (Vgl. Hoffmann / Klose, 2008, S. 108). Dieser „Blick“, der geschult werden soll, soll nun näher betrachtet werden. 4.2.1 Definition Ästhetik leitet sich aus dem griechischen Wort aisthesis ab, was so viel bedeutet wie „Wahrnehmung“ und „Sinnesempfindung“ und wurde im 18. Jahrhundert zum Teilgebiet der Philosophie, das sich auf das Schöne und auf sinnliche Erkenntnisse bezieht, wodurch die Kunst und das Kunstwerk zum Inhalt der Ästhetik wurden. Ästhetische Bildung bedeutet einerseits Wahrnehmungserziehung und Sinnesbildung im Allgemeinen, andererseits auch Bildung durch die Wahrnehmung und die gestaltende Auseinandersetzung mit Kunst (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 10). Die Grundlage der Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.35 ästhetischen Bildung bildet der Prozess, der zwischen dem gestaltenden und dabei wahrnehmenden Subjekt und dem künstlerischen Objekt bzw. Ereignis, mit denen sich das Subjekt auseinandersetzt, stattfindet (Vgl. Hentschel, 2010, S. 132). Dabei orientiert sich die ästhetische Bildung weder an materialen Bildungstheorien, noch versteht sie die damit verbundene Kunst (in diesem Fall das Theaterspielen) als Übungsstoff für anzustrebende konkrete Fähigkeiten. Der bildende Mehrwert der Arbeit am Kunstwerk liegt vielmehr immanent in der performativen Funktion, also der Art und Weise der Gestaltung sowie den Erfahrungen, die im Gestaltungsprozess gemacht werden (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 10). Möchte man die ästhetische Bildung in das Korsett formaler Bildungstheorien stecken (was im Zuge zunehmender Kompetenzorientierung im Bildungsbereich legitim erscheint), so lässt sich „ästhetische Kompetenz“ als Ziel der ästhetischen Bildung ansehen. Diese ist ein Teilbereich der Medienkompetenz und sieht sich als „Schlüsselqualifikation, ästhetische Inszenierungsverfahren, Symbole und Codes unserer ästhetisch verfassten Kultur und Mediengesellschaft lesen und mitgestalten zu können.“ (Koch / Streisand, 2003, S. 12) Rezeption, Produktion und Reflexion werden dabei als die drei Aneignungsmöglichkeiten von Kultur angesehen, was zur Folge haben soll, dass das Subjekt fähig ist, sich im Bereich ästhetischer Kommunikation (Medien, Kunst, auch Alltag) mit ästhetischen Phänomenen sowohl rezeptiv wie auch produktiv und reflektiv auseinandersetzen zu können, also diese zu lesen, zu verstehen, zu nutzen und zu gestalten (Vgl. Koch / Streisand, S. 12). 4.2.2 Ästhetische Bildung durch Theater Wie also definiert wurde, erfolgt ästhetische Bildung auf Grundlage des Prozesses, der zwischen Subjekt und Objekt (Gestalter und zu Gestaltendes) im Rahmen der künstlerischen Auseinandersetzung stattfindet. Im Gegensatz zu anderen „bildenden Künsten“ (in der zweifachen Bedeutung des Wortes) ist die leibliche Anwesenheit der Produzenten (und Leiblichkeit im Allgemeinen) ein konstituierendes Element theatraler Gestaltung, was wiederum bedeutet, dass das gestaltende Subjekt nicht nur gestaltet, sondern gleichsam Teil des zu gestaltenden Objekts ist/wird (Vgl. Hentschel, 2010, S. 209). Bildlich gesprochen ist das Subjekt theatraler Arbeit also, wäre es ein Maler, nicht nur der Maler, sondern auch der Pinsel und die Farbe, wobei die Bühne von der Leinwand repräsentiert wird. Aus dieser Leiblichkeit heraus, welche ja die Grundvoraussetzung für sinnliche Wahrnehmung ist, erhält das Theater seinen ästhetisch bildenden Wert. Das schauspielende Subjekt ist stets an den eigenen Körper und die eigene Wahrnehmung gebunden und erfährt sich selbst als Teil des Kunstwerks, nimmt sich als solches wahr (Vgl. Hentschel, Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.36 2010, S. 238). Hentschel (2010, S. 238 ff.) segmentiert in ihren Überlegungen fünf sich teilweise überschneidende ästhetische Erfahrungen, die im theatralen Prozess gemacht werden (können): Ambiguitätserfahrung/Erfahrung des „Dazwischenstehens“ Die Tätigkeit des Theaterspielens ist stets verbunden mit dem Konstituieren und – um in weiterer Folge „glaubhaft“ zu spielen (nicht nur für das Publikum, sondern um die ästhetische Erfahrung zu machen) – dem Akzeptieren verschiedener, nebeneinander stehender Wirklichkeiten. Das Einverständnis des Erschaffens einer im Spiel erzeugten, eigenständigen theatralen Wirklichkeit führt zu der Erfahrung des „Dazwischenstehens“, die dem bewussten Verhältnis von Spieler und Figur (nicht „ich“ und nicht „nicht ich“) entspringt. Diese Erfahrung ist insofern als Ambiguität zu bezeichnen, als es sich dabei um das gleichzeitige Erfahren nicht zu vereinbarender Zustände und Situationen handelt. Erfahrung des Doppels von Gestaltung und Erleben Schauspielerische Gestaltung bewegt sich im Spannungsfeld vierer Pole. Auf der einen Seite befindet sich das schauspielende Subjekt zwischen dem „Erleben in der Figur“ (was nur bis zu einem gewissen Grad möglich ist, da das Subjekt seine eigene Körperlichkeit und damit seine Wahrnehmung nicht ablegen kann) und dem Präsentieren einer Figur, was der Voraussetzung des Akzeptierens der theatralen Wirklichkeit widerspräche, da in der theatralen Wirklichkeit die Figur keine Figur, sondern eine Person ist. Auf der anderen Seite des Spannungsfeldes stehen die subjektive Expressivität, also die bloße Selbstdarstellung, was der Definition von „Schauspielen“ nicht entsprechen würde und rein objektives, distanziertes Darstellen im Zuge des Anwendens einer theatralen Formensprache. In der theatralen Gestaltung geht es also niemals um rein objektive oder subjektive Zugänge, sondern um das Bemühen um Objektivierung eines subjektiven Ausdrucks. Das bedeutet auch, dass sich der Schauspieler/ die Schauspielerin auch immer von außen betrachten muss, um die Wirkung des subjektiven Ausdrucks zu kontrollieren. Aus diesem schöpft er/sie seine künstlerische Wirkung, da die Subjektivität niemals aus dem Prozess ausgeschlossen werden kann. Darstellung des „Nicht-Darstellbaren“ Dem Theaterspielen wohnt eine in ihrer Struktur einzigartige Form der Kommunikation inne, da auf der einen Seite das künstlerisch gestaltete Zeichen aus der Wechselwirkung zwischen Bezeichnendem (Spieler/in) und Bezeichnetem Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.37 (Figur) entspringt und somit nicht ablösbar von den Zeichenproduzenten ist, während auf der anderen Seite die zeitliche und räumliche Gegenwart aller am Kommunikationsprozess Beteiligten (sowohl auf Produzenten- wie auch auf Rezipientenseite) voraussetzt. Diese Form der Kommunikation ermöglicht – oder besser: erfordert – die Erfahrung, dass Wirklichkeit niemals darstellbar ist. Schmerz, Leiden, Tod und Trauer, aber auch Liebe, Glück und Fröhlichkeit finden nicht tatsächlich auf der Bühne statt, sondern müssen zu Zeichen gemacht werden. Diese Einsicht, dass das künstlerische Zeichen niemals identisch mit dem Bezeichneten ist, ist von höchstem Wert für die ästhetische Bildung. Damit geht auch ein grundsätzliches Verständnis der Zwei- oder Mehrwertigkeit jeglicher Zeichen einher. Erfahrungsfähigkeit und Selbstvergessenheit Eine wesentliche Voraussetzung des schauspielerischen Gestaltens stellt neben der Bereitschaft, Neues zu lernen, auch die Bereitschaft dar, Bekanntes neu zu lernen bzw. sich im Laufe des künstlerischen Prozesses auf bereits gemachte Erfahrungen immer wieder einzulassen. Der Schauspieler/die Schauspielerin muss sich also einerseits auf das Erleben des Augenblicks einlassen und andererseits gleichzeitig die Erfahrungen des bereits Gewesenen und das Wissen um das noch nicht Seiende bewahren. Dadurch wird dem schauspielenden Subjekt auch die Unmittelbarkeit, aber auch die Wandelbarkeit von Wirklichkeit bewusst, da die theatrale Wirklichkeit im Moment des Spielens ja erst – auch im Falle einer Wiederholung konstituiert wird. Selbstreflexivität Der bewusste Umgang mit dem eigenen Körper und der eigenen Aufmerksamkeit ist eine Notwendigkeit schauspielerischen Gestaltens, dies erfordert wiederum einen exzentrische Betrachtung des eigenen künstlerischen Selbst. Dieser Blick von außen ermöglicht es, sich selbst als das Objekt des anderen zu sehen. Diese „objektivierende“ Wahrnehmung relativiert das eigene Empfinden und die subjektive Wahrnehmung vor dem Hintergrund möglicher objektiver Wahrnehmungen. Diese komplexen Anforderungen setzen ein hohes Maß an Differenzierungsfähigkeit und Selbstdistanz voraus, während diese Fähigkeiten dabei auch geschult werden. Wie also gezeigt wurde, ist ein wesentlicher Bestandteil der ästhetischen Bildung durch das Theaterspielen das Erleben des eigenen Selbst als Teil des Kunstwerks. Durch den künstlerischen Ausdruck wird dieses Erleben zum Erlebnis. Dieses wiederum kann Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.38 ästhetische Erfahrungen schaffen, die es ermöglichen, das eigene Leben intensiver zu spüren und diese Erfahrungen in das „reale“ Leben zu integrieren (Vgl. Bidlo, 2006, S. 157 ff.). 4.2.3 Problem der Messbarkeit Trotz aller noch so verheißungsvollen Versprechungen des Anspruchs der ästhetischen Bildung an die theaterpädagogische Praxis darf hier nicht zu früh in pädagogischen Freudenjubel verfallen werden. Empirische Nachweise von Lernwirkungen bei der Produktion, Rezeption und Reflexion theatraler Darstellungen sind kaum zu erbringen (Vgl. Hoppe, 2011, S. 112), zumal die für ästhetische Lernerfahrungen im theatralen Bereich angestrebte Grenzerfahrung des Sicheinlassens auf Imaginationen, des Zwischenden-Realitäten-Stehens immer ein dezidiert subjektiver Prozess sein wird, welcher von der Einstellung des individuellen Subjekts abhängt und sich nicht pädagogisch herstellen lässt (Vgl. Hentschel, 2010, S. 244). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass eine Wirkung und damit die Möglichkeit dezidiert ästhetischer Bildung, die ja das Wesen des Menschen hervorbringen soll, was wiederum bedeutet, dass sie sich bei jedem Individuum anders äußert, bis heute nicht belegt wurde (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 11). 4.3 Theaterpädagogik als Soziales Lernen [Formatvorlage: Textkörper] 4.3.1 Definition 4.3.1.1 Personale Kompetenzen 4.3.1.2 Soziale Kompetenzen [Formatvorlage: Textkörper] 4.3.2 In der Schule [Formatvorlage: Textkörper] 4.3.3 Soziales Lernen durch Theater [Formatvorlage: Textkörper] Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.39 4.4 Theaterpädagogik als Ausbildung Den dritten Eckpfeiler der in dieser Arbeit beschriebenen Lernfelder theaterpädagogischen Arbeitens stellt das Erlernen von für das Schauspielen bedeutsamen Techniken und Kompetenzen dar. Im Gegensatz zu den beiden oben beschriebenen Punkten handelt es sich hierbei weniger um dem theatralen Wirken inhärente Lernmöglichkeiten, sondern um gezielt anzustrebende Techniken und Kompetenzen. Im folgenden Kapitel werden Klassiker des schauspielpädagogischen Zugangs der Theaterpädagogik erläutert und Umsetzungsmöglichkeiten beschrieben. An dieser Stelle soll erwähnt sein, dass die beschriebenen Zugänge denkbar paraphrasisch gehalten sind, um einen generellen Einblick in das Gedankengebäude zu gewähren. 4.4.1 Handwerk Schauspiel – Psychologischer Realismus Der psychologische Realismus ist ein Darstellungsstil, der auf die perfekte Illusion der Darstellung der Wirklichkeit mit Hilfe psychologischer Techniken ausgerichtet ist. Erstmals entwickelt am Moskauer Künstlertheater zu Beginn des 20. Jahrhunderts, versteht sich der psychologische Realismus als Technik, in der die Darstellung der Figur nicht durch distanzierte Beobachtung (wie es vor allem von Brecht gefordert wurde), sondern durch die totale Einfühlung und Identifikation mit der Figur gelingt. Der psychologische Realismus wurde stetig weiterentwickelt und stellt auch heute noch eine häufig angewandte Technik dar (Vgl. Bidlo, 2006, S. 42 ff.). Drei bekannte Zugänge sollen hier anhand ihrer geistigen Väter näher besprochen werden. 4.4.1.1 Konstantin Sergejewitsch Stanislavskij Stanislavskij (1863 – 1938) war ein russischer Schauspieler, Regisseur und Schauspielpädagoge. Als Mitbegründer des Moskauer Künstlertheater entwickelte er den psychologischen Realismus. Für ihn sollte sich die Schauspielkunst stets der Wahrheit verpflichtet fühlen und daher als „Kunst des Erlebens“ betrachtet werden. Das Ziel seiner Lehre war also das Erkennen und Anwenden von Ursachen und Bedingungen für authentisches Theaterspielen. Ihm ging es primär um das „Nachvollziehen innerer Prozesse der darzustellenden Figur, die vom Schauspieler erfahren werden müssen, um eine authentische Illusion der sozialen Wirklichkeit zu erhalten“ (Bidlo, 2006, S. 44). Um dies zu gewährleisten, muss die Handlung und das damit verbundene Handeln des Schauspielers stets möglich und logisch begründbar sein. Die größte Herausforderung des Schauspielers besteht in der authentischen Darstellung seelischer Zustände, die vom Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.40 Darsteller von innen nach außen gekehrt werden müssen. Diese Zustände schöpft der Schauspieler / die Schauspielerin aus seinem/ihrem individuellen Emotions- und Erfahrungsschatz. Gleichzeitig werden durch die logische Begründbarkeit der Handlungen gleichsam automatisch sowohl bewusst wie auch unbewusst Emotionen bewirkt (Vgl. Bidlo, 2006, S. 45). Dem Unbewussten (bzw. dem Aktivieren des Unterbewusstseins) räumt Stanislavskij große Bedeutung ein, da dieses auch im Verhalten des realen Lebens eine wichtige Rolle spielt. Um das Erleben der Figur (also die inneren Vorgänge) nach außen zu kehren, stellt er dem Erleben das Verkörpern gegenüber, das dem Publikum erst ermöglicht, die Handlungen der Rolle wahrzunehmen und in weiterer Folge nachzuvollziehen. Aus diesem Grund ist die Einheit von Seele und Körper für das schauspielerische Handeln unerlässlich. Verschiedene Zugänge, um dies zu erreichen, sollen nun kurz besprochen werden: Handeln „als ob“ Das bereits beschriebene „Als ob“ (auch „magisches Wenn genannt)“ ist für Stanislavskij ein Grundpfeiler authentischen Schauspielens. Die Schauspieler/innen sind angehalten, zu handeln, „als ob“ eine Handlung stattfinden würde. Dabei geht es nicht darum, zu glauben, dass es wirklich so ist, sondern so zu handeln, wie man es täte, wen es real wäre (Vgl. Bidlo, S. 45 ff.). Für weitere Informationen zum Handeln „als ob“ sei an dieser Stelle auf Kapitel 3.3 verwiesen. Phantasie Schauspieler/innen dürfen sich nicht nur einer „landläufigen“ Phantasie, die sich das vorstellt, was existiert, bedienen, sondern muss eine „schöpferische Vorstellungskraft“ benutzen, die auch Gegebenheiten miteinschließt, die nicht in der Realität vorkommen (müssen). Das bedeutet, dass im Akt des Schauspielens auch Handlungen erdacht werden müssen, die nicht dem Entsprechen, was das Publikum zu sehen bekommt. (Was hat die Rolle gemacht, bevor sie die Szene betreten hat? Welche außerszenischen Erfahrungen, die das Beziehungsgeflecht der Rollen beeinflussen, hat der Charakter mit den anderen Charakteren bereits gemacht?) (Vgl. Bidlo, 2006, S. 47) Folgerichtigkeit und Logik Nach Stanislavskij darf Schauspielen nie allgemein sein (da auch die Realität nicht allgemein ist), sondern bedarf immer eines indivduell begründeten, logischen Hintergrunds. Für ihn baut jede Handlung auf einer weiteren Handlung auf und muss dementsprechend folgerichtig und logisch begründbar sein. Hierzu werden die sogenannten W-Fragen herangezogen (Wer ist die Figur? Wann/Wo spielt die Szene? Warum handelt die Figur so und nicht anders?,…) (Vgl. Bidlo, 2006, S. 48 Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.41 ff.) Somit erhält die Figur ein individuelles Profil, das die Handlungen nachvollziehbar erscheinen lässt. Emotionales Gedächtnis Die eigene Erinnerung und Erfahrung ist sozusagen der Pool, aus dem der Schauspieler sein Material bezieht. Stanislavskij differenziert hierbei zwischen einem „emotionalen“ (oder auch „affektiven“) Gedächtnis, in welchem die mit Erinnerungen verbundenen Emotionen gespeichert sind und einem „sensorischen Gedächtnis“, also dem Sitz des mit sinnlichen Erfahrungen verbundenen Gedächtnisses. Die Arbeit des Schauspielers/ der Schauspielerin besteht nicht im Abrufen von Gefühlen durch Erinnerung, sondern im Herstellen und Suggerieren von Situationen, in denen sich das im emotionalen Gedächtnis gespeicherte Gefühl von selbst einstellt (Vgl. Bidlo, 2006, S. 49). Wahrheitsgefühl Im Akt des Schauspielens, muss die Geschichte, auch wenn diese fiktiv ist, wahr erscheinen, indem der Darsteller/ die Darstellerin wahre Emotionen empfindet und dadurch verkörpert. Daraus folgt, dass er/sie (da die Handlungen logisch und folgerichtig sind) „gespeist von seiner [/ihrer, Anm.] realen Empfindung an die Wahrheit der gespielten Szene [im Moment des Vollzugs, Anm.] glauben [muss] (Bidlo, 2006, S. 50).“ Hierfür muss er/sie sich völlig vom Publikum abwenden und sich gänzlich auf die Handlungen, Figuren und Gegenstände konzentrieren und diese als „wahr“ anerkennen. 4.4.1.2 Michail Alexander Cechov Cechov (1891 – 1955), ein Neffe des russischen Dramatikers Anton Cechov, war wie auch Stanislavskij am Moskauer Künstlertheater tätig und entwickelte dessen Lehren weiter. Natürlich überschneiden sich die Lehren beider, jedoch gibt es auch mehr oder minder klare Abgrenzungen. Mitgefühl Einer der größten Unterschiede der Lehren Stanislawskijs und Cechovs ist die Trennung von Einfühlung und Mitgefühl. Cechov kritisiert, dass durch die Einfühlung nicht die Rolle authentisch dargestellt wird, sondern vielmehr nur der Schauspieler/die Schauspielerin Seiten seiner selbst zeigt, wenn er/sie persönliche Gefühle zeigt. Viel mehr ist es notwendig, Distanz zur eigenen Person herzustellen, um schauspielen zu können. Vereinfacht gesagt, schöpft der Schauspieler/die Schauspielerin sein Material (die Emotionen) aus seinem persönlichen Erfahrungen Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.42 (Alltags-Ich), dieser muss er allerdings an die Anforderungen der Figur anpassen und sie dementsprechend verfremden (Schöpferisches Ich), um eine Figur zu gestalten (Figuren-Ich) (Vgl. Bidlo, 2006, S. 60 ff.). Psychologische Gebärde Der psychologischen Gebärde geht die Idee voran, dass die Gebärde des Menschen nicht nur Resultat seiner inneren Befindlichkeit sind, sondern auch umgekehrt. Das bedeutet, die Schauspielenden können sich durch ihre Gebärde gleichsam auf ein Gefühl vorbereiten, dass sich dann wie eine logische Reaktion von selbst einstellt (Vgl. Bidlo, 2006, S. 62). Leib des Schauspielers Cechov bestreitet, dass die Kenntnis des eigenen Körpers der Darstellung der Rolle besonders zuträglich ist. Im Gegenteil ist er der Meinung, dass nur über das Vorstellen einen imaginären Leibs (nämlich dem der Rolle) eine sinnvolle motorische Annäherung an die Rolle stattfinden kann. Die Schauspielenden sollen sich sozusagen ihren eigenen Körper wegdenken und an dessen Stelle den möglichen Körper der Rolle treten lassen. Da der Mensch natürlich nicht aus seiner eigenen Körperlichkeit treten kann, muss er seinen Körper nutzen und ihn als fremden Körper wahrnehmen, wodurch authentische Bewegungen entstehen sollen. Hat sich der Schauspieler/die Schauspielerin an den „neuen Körper“ gewöhnt, stellen sich die Bewegungen von alleine ein, wodurch der imaginäre Leib an Bedeutung verliert und die Bewegungen (da ja nun mit dem „echten Körper“ ausgeführt) wahrhaft authentisch werden (Vgl. Bidlo, 2006, S. 63 ff.). 4.4.1.3 Lee Strasberg Lee Strasberg (1901 – 1987), amerikanischer Theaterpädagoge und Theatermacher, war hauptverantwortlich dafür, dass die Schauspieltechniken des psychologischen Realismus auch im transatlantischen Raum verbreitet wurden. Als Mitbegründer des „Actors Studio“ unterrichtete er Schauspielgrößen wie Marlon Brando oder Robert DeNiro. Ziel seines Zuganges ist es, die Sensibilität der Schüler/innen so weit zu fördern, mit den fiktionalen Aspekten der Bühne so umzugehen, als hätten sie es mit realen Gegebenheiten zu tun (Vgl,. Bidlo, 2006, S. 51 ff.). Durch die „Method“ sollen Schauspieler/innen also „mit wahren Gefühlen auf imaginäre Situationen antworten.“ (Henschel, 2010, S. 177) Die auch „method acting“ genannte Technik, die auf eine Verbindung der Gefühlswelt von Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.43 Figur und Person abzielt, ist noch heute (v.a. im Filmbereich) eine der anerkanntesten Schauspielmethoden (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 301). Wahrnehmungsgedächtnis/Emotionales Gedächtnis Strasberg unterteilt das affektive Gedächtnis in einen analytischen Teil (Wahrnehmungsgedächtnis), das das Vorstellungsvermögen für die Gegenständlichkeit der äußeren Welt anspricht (dieses wird beispielsweise durch Übungen mit imaginären Gegenständen geschult) und einen emotionalen Teil, der die Emotionen und damit die menschliche Introspektion beinhaltet (Vgl. Bidlo, 2006, S. 52 ff.). Durch das Zusammenspiel beider Teile, soll der Schauspieler/die Schauspielerin zu wahrhaftigen Gefühlen angeregt werden. Nicht ein „So-tun-alsob“ soll erreicht werden, sondern die sinnliche Wahrnehmung fiktiver Situationen über die Erinnerung an Wahrgenommenes (Vgl. Hentschel, 2010, S. 178). Spannung/Entspannung Diese Technik erfordert (mehr noch als „gewöhnliches Schauspielen“) ein Höchstmaß an Konzentration. Aus diesem Grund ist es nach Strasberg unerlässlich, ein Maximum an körperlicher und psychischer Entspannung zu erreichen, bevor die schauspielerische Tätigkeit ausgeführt werden kann. Er vergleicht diesen Vorgang mit dem Stimmen eines Musikinstruments, dass nicht richtig klingen kann, bevor es gestimmt wurde (Vgl. Bidlo, 2006, S. 53). Genauso muss der Schauspieler/die Schauspielerin alle Verspannungen ablegen, damit Körper und Geist das tun, was er/sie will. Konzentration Strasberg sieht Konzentration (der die Entspannung vorausgeht), als den Schlüssel von Phantasie und Vorstellungskraft. Da das (erfolgreiche) Schauspielen in hohem Maße davon abhängt, inwieweit die fiktive Situationen als „real“ akzeptiert wird, müssen Schauspielende ihre Konzentration völlig auf die Geschehnisse auf der Bühne richten, um auf Eindrücke und Impulse authentisch ein- und in der Rolle aufzugehen (Vgl. Bidlo, 2006, S. 56 ff.). Improvisation Die Aufgabe eines Schauspielers/einer Schauspielerin liegt unter anderem darin, für das Publikum (und auch sich selbst) die Illusion zu erschaffen, die Handlung auf der Bühne im Moment zu erleben und nicht zu wissen, was als nächstes passieren wird. Für Strasberg sind Improvisationsübungen eine wichtige Hilfe hierfür, da sie Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.44 die Spontaneität, die hierfür notwendig ist, fördern. Ganz allgemein meint er sogar, dass jeder Akt des Schauspielens improvisiert klingen muss, da dieser, wenn er es nicht ist, auswendig gelernt wirkt und somit nicht mehr authentisch. Aus diesem Grunde haben alle Übungen Strasbergs Improvisationscharakter (Vgl. Bidlo, S. 58 ff.) 4.4.2 Praktische Umsetzung am Beispiel „Theaterwerkstatt“ Abschließend soll neben dem Zugang der oben beschriebenen Künstlertheorien noch eine Auseinandersetzung mit einer beispielhaft ausgewählten Möglichkeit, schauspieltechnische Kompetenzen zu erwerben, stattfinden. Am Beispiel „Theaterwerkstatt“ werden didaktisch aufbereitete Übungssequenzen vorgestellt und besprochen. Die Theaterwerkstatt ist eine aus fünf Sequenzen bestehende Übungsreihe, deren Ziel die Vermittlung grundlegender auf dem Gebiet des Theaterspielens notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse ist. Hierbei soll eine umfassende theaterpraktische Kompetenz im Hinblick auf Darstellungs-, Gestaltungs-, Ausdrucks- und Urteilsvermögen der Beteiligten angestrebt werden (Vgl. Hoppe, 2010, S. 161). Die einzelnen Teilziele hierbei sind: Die Entwicklung und Förderung - der körperlichen Bewegungs- und Handlungsfähigkeit im Rahmen des individuellen Ausdrucks. - der individuellen Ausdrucksfähigkeit in Bezug auf mimisch-gestische, körperliche, sprachliche und stimmliche Möglichkeiten. - des spielerischen Handelns in fiktiven Situationen. - des Darstellens von Rollen in fiktiven Situationen. - der Fähigkeit und Bereitschaft, vor Publikum szenisch-darstellend zu handeln. - der Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit szenisch-ästhetischer Komponenten. - die Fähigkeit, Darstellungsvorlagen und –ideen selbstständig zu erarbeiten und umzusetzen (Vgl. Hoppe, 2010, S. 161). Der Ausgangspunkt der Arbeit in der Theaterwerkstatt ist das einfache Handeln als Realperson, von welcher aus die Erarbeitung fiktiver Rollen ermöglicht werden soll (man beachte die Parallele zum psychologischen Realismus). Dabei wird vor allem darauf geachtet, dass die Beteiligten nicht überfordert werden (vor allem Anfänger) und dass sich Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.45 die Gruppenmitglieder nicht genötigt fühlen, möglichst kreativ und originell zu handeln, sondern möglichst natürlich (Vgl. Hoppe, S. 162). 1. Sequenz – Körperbewegungen im Raum Den Auftakt der Werkstattarbeit liefern Gruppenaktionen, deren Zweck es primär ist, die Teilnehmer körperlich, kommunikativ und gruppenbezogen zu aktivieren. Hierbei sind unzählige Aktionen und Spiele möglich, wie sie im Bereich des sozialen Lernens vor allem zu finden sind (Kennenlernspiele, Vertrauensspiele,…). Nachdem die Gruppe miteinander einigermaßen vertraut ist, soll der Raum genutzt werden, um gleichsam als „Spiel-Raum“ (Vgl. Kapitel 3.2.1) konstituiert zu werden. Um ein Bild dafür zu schaffen, sollen exemplarisch zwei Möglichkeiten genannt werden: - Die Gruppe bildet eine Schlange, wobei der „Kopf“ versucht, seinen eigenen „Schwanz“ zu fangen. - Die Gruppe bewegt sich frei im Raum. Ein Teilnehmer ruft klar und deutlich was von allen getan werden muss („Wir springen wie Kängurus durch den Raum!“). Dies wird so lange gemacht, bis ein/e andere/r Teilnehmer/in ein anderes Kommando gibt. Dabei darf von derselben Person nicht zweimal hintereinander ein Kommando gegeben werden. Danach soll mit Gangarten und Bewegungen experimentiert werden. Zunächst soll auf möglichst verschiedene Arten gegangen werden (allerdings noch natürlich) wobei die Gruppe gleichzeitig sozusagen ein Gangarten-Repertoire erstellt. Im Anschluss daran wird mit dem eigenen Körper experimentiert, indem man sich möglichst unnatürlich, verrückt, phantastisch usw. bewegt. Danach wird die erste Sequenz mit einer wiederholenden Übung abgeschlossen: Die Gruppe bildet einen Kreis und die Gruppenmitglieder gehen nacheinander in verschiedenen vorher ausprobierten Fortbewegungsmöglichkeiten an eine andere Position im Kreis. Die Person, deren Platz nun eingenommen wurde, kann die Bewegung übernehmen oder eine andere einführen und sucht sich wiederum einen neuen Platz. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die Kreisform trotzdem beibehalten wird (Vgl. Hoppe, 2010, S. 162 ff.). 2. Sequenz - Vormachen-Wahrnehmen-Nachmachen In der zweiten Sequenz sollen die Teilnehmer/innen mit für das darstellerische Handeln konstitutiven Verhaltensanforderungen spielerisch vertraut gemacht werden (Vgl. Hoppe, Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.46 2010, S. 166). Das bedeutet, dass der eigene Körper bewusst eingesetzt wurden soll und mit Möglichkeiten des (stimmlichen und körperlichen) Ausdrucks experimentiert werden soll. Mögliche Übungen sind: Gruppenfoto Die Gruppe wird in zwei Hälften eingeteilt. Gruppe A soll sich auf der einen Seite des Raums positionieren, und zwar so, dass sich die einzelnen Mitglieder möglichst wohl fühlen. Haben alle ihre Position eingenommen, versucht Gruppe B, das Bild wie gespiegelt nachzustellen. Ist dies gelungen liegt es an Gruppe B, ein Bild zu erstellen (eventuell nach Vorgaben wie: „böse und wütend“, „möglichst bizarr“,…) (Vgl. Hoppe, 2010, S. 167). Doppelgänger Gruppe A stellt Gangarten-Originale dar, während sich die Mitglieder von Gruppe B einen Teilnehmer aussuchen und versuchen, so realitätsgetreu wie möglich zu kopieren. Danach werden die Aufgaben gewechselt (B wird zu A) und auch andere Teilnehmer können bei einem Wechsel nachgemacht werden. Als Variation ist es her möglich, beispielsweise das Original so übertrieben wie möglich darzustellen (Vgl. Hoppe, 2010, S. 168). Laut-Kreis Die Gruppe stellt sich im Kreis auf, der Spielleiter spricht Vokale oder Konsonanten mit bestimmter emotionaler Bedeutung aus (z.B: A, O, I,, Z,…), die Gruppe wiederholt diese. Danach können die Mitglieder nacheinander Laute von sich geben (z.B: auch tierisch), die dann wiederum von der Gruppe wiederholt werden (Vgl. Hoppe, S. 168 ff.). Alle unter einen Hut! Diese Übung ist gleichermaßen Abschluss dieser wie Übergang zur nächsten Sequenz, da hier bereits ein „Als ob“-Verhalten angebahnt wird. Ein Gruppenmitglied wird optisch kenntlich gemacht (z.B. durch eine Narrenkappe), gibt Bewegungen oder Handlungen vor, die die restlichen Mitglieder nachmachen müssen. Nach kurzer Zeit wird die Kennzeichnung weitergegeben. Hierbei ist, wie oben erwähnt, nicht erforderlich, möglichst kompliziert oder originell, sondern spontan und lustbetont zu agieren (Vgl. Hoppe, 2010, S. 170). 3. Sequenz – Spielerisches Rollenhandeln Sowohl das soziale wie auch das spielerische und theatrale Rollenhandeln sind, um erfolgreich vollzogen zu werden, abhängig von der Klarheit der Vorstellungen und Zielsetzungen der handelnden Personen gegenüber den darzustellenden Rollen. Aus diesem Grund ist es ratsam, die so genannten W-Fragen im Sinne der Rolle so genau und detailliert wie möglich zu beantworten. Diese sind dergestalt formuliert: Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.47 Wer ist die zu verkörpernde Rolle? Was empfindet, denkt und tut sie? Warum und wozu handelt sie so und nicht anders? Wie ist die Beziehung zu anderen Rollen? … (Vgl. Hoppe, 2010, S. 170 ff.) Folgende Übungen eignen sich, sich dem spielerischen Rollenhandeln didaktisch sinnvoll anzunähern: Wir tun so, als ob… Unter größtmöglicher Berücksichtigung der W-Fragen gibt der/die Gruppenleiter/in den Mitgliedern Aufgaben, die dann handelnd individuell gleichzeitig umgesetzt werden. Aus didaktischen Gründen ist es ratsam, mit einfachen und bekannten Tätigkeiten und Verhaltensweisen zu beginnen und dann erst die W-Fragen zu präzisieren und deren Anzahl sukzessive zu erhöhen (Vgl. Hoppe, 2010, S. 171). Eine Möglichkeit dieses Stufenaufbaus könnte so aussehen: „Wir tun so, als ob wir bei der Gartenarbeit sind.“ „Wir tun so, als ob wir bei der Gartenarbeit an einem sehr heißen Tag sind.“ „Wir tun so, als ob wir vierzehnjährige Burschen und Mädchen bei der Gartenarbeit an einem sehr heißen Tag im Schulgarten sind.“ „Wir tun so, als ob wir vierzehnjährige Burschen und Mädchen bei der Gartenarbeit an einem sehr heißen Tag im Schulgarten sind und wir mehr an kleinen Flirts untereinander interessiert sind.“ … (Vgl. Hoppe, 2010, S. 172) Improvisationsspiele Möglichkeiten spielerisches Rollenhandeln durch Improvisationsübungen zu initiieren, gibt es in großer Anzahl. Strukturell werden dabei stets spontan Spielsituationen erzeugt, deren Erfolg (wie oben erwähnt) vom Grad der Situationskenntnis der Teilnehmenden abhängt. Hierbei können vom Spielleiter/der Spielleiterin beispielsweise in eine Grundsituation neue Kommandos gerufen werden, oder aber die Situation kann grundlegend umgestellt werden. Hierbei sollte aus Gründen der Übersichtlichkeit darauf geachtet werden, die Teilnehmeranzahl pro Übung zu beschränken (2 – 4) (Vgl. Hoppe, 2010, S. 173). Für verschiedenste Improvisationsspiele sei auf Literatur wie Johnstone (2011) oder Spolin (2010) verwiesen. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.48 4. Sequenz – Darstellerisches Rollenhandeln Das darstellerische Rollenhandeln unterscheidet sich vom spielerischen Rollenhandeln insofern, als sich ersteres aus auf inneren Vorstellungen basierenden, im subjektiven Erleben vollzogenen „Als ob“-Handlungen konstituiert, wohingegen das darstellerische Rollenhandeln viel mehr auf äußere Vorstellungen der zu verkörpernden Rolle von und für andere Personen aufbaut (Vgl. Hoppe, 2010, S. 174). Hier wird wieder die Brücke zu Stanislawskij geschlagen, da der/die Schauspieler/in hierfür authentisch agieren muss, um die Handlung für Außenstehende nachvollziehbar zu machen. Hier tritt wieder das „magische Wenn“ in Kraft, das das Agieren vom reinen „So tun als ob“ abgelöst wird (Ich tue also nicht nur so, als ob etwas geschähe, sondern ich verhalte mich dementsprechend, als ob die Handlung real wäre. Der semantische Unterschied wirkt marginal, ist aber in der Schauspielpraxis von größter Bedeutung). Im Gegensatz zum spielerischen Rollenhandeln, deren Hauptaugenmerk darauf liegt, dass man eine Rolle übernimmt, steht in der Phase des Darstellerischen Rollenhandelns das Wie im Vordergrund. Wie muss ich sprechen, handeln, mich bewegen, damit die Intentionen der Rolle für das Publikum und die anderen beteiligten Schauspieler/innen ersichtlich und nachvollziehbar sind (Vgl. Hoppe, 2010, S. 174 ff.)? Damit verbundene Übungen haben also zum Ziel, das Innere nach außen sichtbar zu machen. Dabei wird wieder von den W-Fragen ausgegangen. Stimmungen und Gefühle/Gangarten und Positionen im Raum Im Gegensatz zur 4. Sequenz wird hier nicht klar und einfach angegeben (Ich tue so, als ob…), sondern die Anweisungen erfolgen immer im Hinblick auf konkrete Situationen, die dann durch das magische Wenn „mit Leben gefüllt“ werden sollen. D. h. die Angaben wären dann nicht „ich tue so, als ob ich wütend wäre“, sondern „wenn die Person X wütend wäre, würde sie sich so und nicht anders aus diesem und jenen Grund verhalten“, oder „wenn die Person Y müde wäre, würde sie sich dergestalt bewegen, an den Ort A gehen,…“ (Vgl. Hoppe, 2010. S. 176). Überschneidungen mit Sequenz 4 sind zwar ersichtlich, allerdings muss die veränderte Zielsetzung dabei vor Augen gehalten werden. 5. Sequenz – Theatrale Darstellungen Im Idealfall werden die im Rahmen eines so oder ähnlich gestalteten Workshops erworbenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse auch zur Aufführung gebracht und vor Publikum gespielt, um den handlungsmotivierenden und Feedback gebenden Aspekt einer Aufführung auszunutzen (Vgl. Hoppe, 2010, S. 122). Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.49 4.5 Resümee Wie also gezeigt wurde, sind drei Eckpfeiler theaterpädagogischen Handelns also: Ästhetische Bildung Soziales Lernen Schauspielpädagogische Ausbildung Die Schwierigkeit von Erfolgsnachweisen der ästhetischen Bildung bedeutet nicht, dass diese nicht stattfindet, sondern, dass sich diese auf individuelle Art und Weise vollzeiht und deshalb empirisch nicht nachweisbar ist. Gerade dass Schauspielen, bei dem so viele verschiedene ästhetische Komponenten zum Ausdruck kommen (Bild, Raum, Text,…), bietet hier die Möglichkeit durch die Unmittelbarkeit für die Beteiligten förmlich selbst zum Kunstwerk zu werden. Außerdem bietet der soziale Aspekt des Theaterspielens (welches alleine nicht stattfinden kann), einen weiteren Grund, das Theater weiter als Lernform zu etablieren, da hier vom klaren Ausdruck eigener und dem Interperetieren fremder Emotionen bis zum Gruppenprojekt, in dem jeder Teil gleich wichtig ist, eine Vielzahl an Lernmöglichkeiten für soziales Miteinander gegeben sind. Darüber hinaus, liegen die Aufgaben theaterpädagogischen Handelns nicht nur im ästhetischen und sozialen Bereich. Ähnlich der Bildnerischen Erziehung (um wieder die Brücke zum schulischen Bereich herzustellen), sollen auch Techniken, Fähigkeiten und Fertigkeiten des Darstellens vermittelt werden. Mit entsprechenden Ausbildungen ist dies womöglich sogar der Bereich, in dem am effektivsten, weil am einfachsten zu steuern, gearbeitet werden kann. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.50 5 THEATERPÄDAGOGIK IN DER SCHULE In diesem letzten Teil der theoretischen Ausführungen dieser Arbeit soll noch auf die Bedeutung der Theaterpädagogik im schulischen Kontext eingegangen werden. Hierbei sollen sowohl Aspekte des österreichischen Lehrplans, wie auch mögliche Umsetzungsmöglichkeiten theaterpädagogischer Konzepte beleuchtet werden, bevor in Kapitel 6 die schulische Realität dargelegt wird. Eingangs soll erwähnt sein, dass sich die angegebenen Quellen mangels einschlägiger Literatur über das österreichische Schulsystem vorwiegend auf das deutsche Schulsystem beziehen, wobei aber weitestgehend von grundsätzlichen Übereinstimmungen ausgegangen werden kann. Im schulischen Kontext übernimmt das Theater stets mehrere Funktionen. So kann es (je nach pädagogischer und individueller Gewichtung) zugleich Methode, Fach, Sozial- und Kunstform sein (Vgl. Klepacki, 2006, S. 59). Hierbei gibt es verschiedenste Herangehensweisen, wie Theater in Theorie und vor allem Praxis im schulischen Bereich implementiert werden kann. Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass im schulischen Kontext der pädagoische Zugang der Theaterpädagogik fokussiert wird und die Methode Drama – abgesehen vom kompetenzorientierten Aufbau des Darstellenden Spiels - primär eine nach innen gerichtete Wirkungsabsicht hat. Es geht also weniger um das Erproben und Erwerben von Handlungsmöglichkeiten, sondern um das Sammeln unmittelbarer Erfahrungen und dem daraus zu ziehenden Erkenntnisgewinn (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 80). Einige Möglichkeiten sollen im nun Folgenden besprochen werden. 5.1 Darstellendes Spiel „Darstellendes Spiel“ ist eine in den 1970er Jahre entstandene Bezeichnung für das Schulfach Theater (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 67). Das Theater ist somit nicht nur Unterrichtsform, sondern gleichzeitig auch der dezidierte Inhalt. Das Darstellende Spiel soll durch die Zusammenführung fachwissenschaftlicher (Textanalyse, Kodierung/Dekodierung theatraler Zeichen,…) sowie künstlerischer (Rollenarbeit, dramaturgische Bearbeitung,…) Herangehensweisen mit dem Fokus auf spielpraktische Tätigkeit zur ästhetischen Bildung, sozialen Kompetenz und Fachkompetenz beitragen (Vgl. Klepacki, 2006, S. 61 ; Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 68 ). Hierbei kann eher spielorientiert (also beispielsweise mit Improvisationsspielen, wie sie Johnstone gelehrt hat), oder aber produktorientiert (zum Beispiel durch die Einstudierung eines Musicals, das dann auch aufgeführt wird) gearbeitet werden (Vgl. Klepacki, 2006, S. 67).In Deutschland wird das Darstellende Spiel teilweise, wenn auch bei weitem nicht flächendeckend, sogar als Fach, in dem die Abitur bestritten werden kann, angeboten (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 69), während in Österreich meist nur eine Unverbindliche Übung, bestenfalls ein Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.51 Fach im Rahmen eines Schulversuchs angeboten wird. Wie sich niederösterreichischen Schulen realisiert, wird noch explizit dargestellt werden. 5.1.1 dies in Verankerung des Darstellenden Spiels im österreichischen Lehrplan Das Darstellende Spiel ist seit 1976 im Lehrplan des österreichischen Schulsystems verankert, es wurde damals allerdings noch „Schulspiel“ genannt und fand seinen Ursprung bei der Landesschulinspektorenkonferenz von 10. bis 13. April 1973 in Dornbirn, als die Integrierung des Schulspiels in den Fächerkanon in Aussicht gestellt wurde (Vgl. ???). Der Lehrplan für die Volksschule knüpft am „Lernen am Spiel“ an, welches bereits in den allgemeinen Bestimmungen des Lehrplans gefordert wird. Im Vordergrund soll die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes stehen. Ziele sind unterem das Erhalten der Spielfreude, die Auseinandersetzung mit den eigenen Wünschen, Gefühlen und Ideen sowie die Entwicklung von Empathiefähigkeit und kooperativen Verhaltensweisen. Der Lehrstoff selbst gliedert sich in vier Punkte: Interaktionsspiele zum Aufbau von Kontakt- und Spielbereitschaft, Ausdrucksübungen zur Förderung der Spielfähigkeit und –fertigkeit, Improvisationsspiele zum Einstieg ins Rollenspiel, Auseinandersetzung mit verschiedenen technischen Hilfsmitteln und Requisiten (Vgl. Lehrplan). Bei näherer Betrachtung fällt hier auf, dass der Lehrplan alle drei in dieser Arbeit beschriebenen Grundpfeiler theaterpädagogischen Handelns abdeckt. Unter besonderer Berücksichtigung des integrativen Charakters des Volksschulunterrichts kann und soll das Darstellende Spiel als Unterrichtsmethode in verschiedenen Bereichen des Unterrichts zur Geltung kommen (Vgl. Wolf, 2006, S. 774). Der Lehrplan der NMS bzw. der AHS-Unterstufe räumt der Unverbindlichen Übung „Darstellendes Spiel“ von der ersten bis zur vierten Klasse ein Wochenstundenausmaß von 2 – 8 Wochenstunden eingeräumt mit der Möglichkeit, in Block- oder Projektform auf aktuelle Anlässe zu reagieren. Im Rahmen der didaktischen Grundsätze sollen die Schüler/innen in die Entscheidungsfindungen bei Themenwahl, Organisationsformen, etc. weitestgehend miteinbezogen werden. Der Lehrstoff (dessen inhaltliche Ausprägung in der Schule stattzufinden hat) meint im Wortlaut: „Die Darstellung ist ein kreativer Prozess, der alle Schülerinnen und Schüler zu erfassen hat. Die Kooperation erstreckt sich dabei auch auf die Vorbereitungsarbeiten, wie etwa Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.52 Beschaffung und Herstellung von Requisiten, Bühnenbildern, Plakaten oder Einladungen.“ (Lehrplan) 5.2 Drama Education Drama Education (auch „Dramapädagogik“) versteht sich als Lernen durch und im Drama. Hierbei soll mit dramatischen Texten kreativ umgegangen werden, sowohl produktiv wie auch rezeptiv am Stück gearbeitet werden und auch an der Kunstform „Drama“ selbst gearbeitet werden, also sollen die Regeln des Genres anhand schöpferischen Tuns sich angeeignet werden (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 81). Aufgrund ihrer Fokussierung auf die Gestaltung und Ausgestaltung des Textes liegt der Einsatz der Dramapädagogik im Erst- und Fremdsprachenunterricht nahe. 5.3 Drama in Education Das Drama in Education ist eine soziale Unterrichtsform, welche vorrangig darauf abzielt, sich die eigene soziale Rolle bewusst zu machen und diese zu reflektieren. Durch das Spiel mit verschiedenen gesellschaftlichen Rollen, soll ein subjektiver Erkenntnisgewinn evoziert werden. Dieser Zugang des „Rollenspiels“ – als ein bewusstes Spiel mit Rollen – geht auf die Kommunikationstheorie Paul Watzlawicks zurück, der zufolge man nicht nicht kommunizieren könne, was verbunden mit der interaktionistischen Rollentheorie auch heißt, dass man nicht nicht in der Rolle sein kann. Das Drama in Education soll durch das Einnehmen verschiedener Rollen damit zum bewussten Perspektivenwechsel anregen (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 81). 5.4 Theatre in Education Das Theatre in Education versteht sich als kooperative Arbeit von Schule und Theater, im Rahmen derer professionelles Theater an den Bildungsstätten angeboten wird. Oftmals orientiert sich das Angebot am Lehrplan der jeweiligen Schulen. Die Ziele des Theatre in Education ist das Ermöglichen ästhetischer Erfahrungen für die Schüler/innen sowie ein Lerneffekt anhand des dargestellten Inhalts (Vgl. Koch / Streisand, 2003, S. 81). 5.5 Jeux Dramatique Die Jeux dramatiques („dramatisches Spiel“), ein Ausdrucksspiel aus dem Erleben, legt wert auf eine komplett subjektive Ausrichtung. Durch das Sammeln neuer Körper- und Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.53 Sinneswahrnehmungen und deren expressive Äußerungen im Spiel sollen Selbsterfahrungen gemacht werden. Vor allem Bewegung und Körpersprache sollen inneres Erleben im Spiel nach außen kehren und somit das (eigene) Erleben des Augenblicks verstärken. Im Rahmen des Ausdrucksspiels soll der/die Spielende die Möglichkeiten der Rolle – und des geschützten Raums des Als-obs – für sich nutzen, und so eigene Vorstellungen und Ängste ausleben. Hierbei soll allerdings nicht die Gefühlswelt der Rolle übernommen werden – sondern die eigene verstärkt werden. Die Rollen bleiben dabei frei wählbar und können auch abgelegt, verändert und getauscht werden (Vgl. Bidlo, 2006, S. 87 ff.). Bei der Arbeit mit Kindern empfiehlt es sich, dass sich die Kinder überhaupt selbst spielen sollen und der theatrale Rahmen nur die Situation vorgibt (Vgl. Bidlo, 2006, S. 92). 5.6 Szenisches Spiel Im Szenischen Spiel nach Ingo Scheller stoßen zwei wesentliche Aspekte des Schauspielens aufeinander. Einerseits die Auseinandersetzung des/der Spielenden mit sich selbst, andererseits die Auseinandersetzung mit der fiktionalen Rolle, wodurch ein Lernstoffzuwachs ermöglicht werden soll. Durch einen subjektiven – weil unmittelbar wahrgenommenen – Zugang des szenischen Spiels zum Lernstoff soll dieser mit der Erfahrungs-, Gefühls- und Erinnerungswelt der Spielenden verknüpft werden (Vgl. Bidlo, 2006, S. 94). Das Unbekannte des Lehrstoffs – wie auch immer medial aufbereitet – soll zunächst mit der eigenen Lebenswelt verglichen werden, wodurch die Lernenden bereits indirekt in Kontakt mit dem zu Lernenden treten, wodurch auch Selbsterfahrungsprozesse gemacht werden sollen (Vgl. Bidlo, 2006, S. 96). Durch das „Eintauchen“ in eine dem Lernenden fremde Welt wird diese mit allen Sinnen wahrnehmbar und damit „lebendig“ (Vgl. Bidlo, 2006, S. 102). 5.7 Resümee Kapitel 5 demonstriert, dass theaterpädagogische Methoden im pädagogischen Kanon durchaus bereits einen – wenn auch noch – kleinen Platz eingenommen haben. Bei näherer Betrachtung stechen dem pädagogischen Blick die Umsetzungsmöglichkeiten einzelner Methoden sofort ins Auge: Die bereits erwähnte Nähe von Sprachunterricht und Drama Education, die Förderung personaler und sozialer Kompetenzen im Rahmen von Darstellendem Spiel und Jeux Dramatiques, sowie das Verdeutlichen historischer Inhalte und Kontexte im Szenischen Spiel. Im Weiteren gilt es nun noch zu überprüfen, ob derartige Möglichkeiten lediglich im pädagogischen Methodenkanon oder vielleicht sogar bereits in den Schulen angekommen sind. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.54 Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.55 6 AUSWERTUNG DES FRAGEBOGENS Im folgenden zweiten großen Block der vorliegenden Arbeit soll eine Auswertung der mittels Fragebogen im Februar 2014 durchgeführten Untersuchung vorgenommen werden. Die so ermittelten Erkenntnisse werden interpretiert und in Zusammenhang mit dem theoretischen Überbau der Theaterpädagogik gebracht. So soll ein Einblick in die schulische Realität theaterpädagogischer Konzeptionen ermöglicht werden. 6.1 Ablauf der Untersuchung Der für die Durchführung der Untersuchung verwendete Fragebogen besteht aus insgesamt 13 Fragen, wobei die zu beantwortenden Fragen abhängig von der Tatsache, ob an der befragten Schule eine Unverbindliche Übung „Darstellendes Spiel“ (oder ähnlich) angeboten wird, sind. Wird eine Unverbindliche Übung angeboten, sind elf Items auszufüllen, anderenfalls sind es deren sechs. Vier Fragen sind in beiden Fällen zu beantworten. Es wird sich hier auch zeigen, dass die Auswertung eben dieser vier Fragen interessante Erkenntnisse bringt. Die Fragebögen wurden elektronisch an alle AHS in Niederösterreich verschickt mit der Anweisung, im Falle eines Angebots der Unverbindlichen Übung die zuständige Lehrperson mit dem Ausfüllen zu beauftragen, anderenfalls war der Fragebogen von der Direktion auszufüllen. Trotz der Anmerkung, es mit einer auf Vollständigkeit abzielenden Untersuchung zu tun zu haben, war die Beteiligung daran leider relativ gering, da von 47 befragten Schulen lediglich 12 den Fragebogen ausfüllten, was einem Prozentsatz von 25,53%, also rund einem Viertel, entspricht. Aus diesem Grund wäre eine Folgeuntersuchung mit den restlichen Schulen zu Vergleichszwecken von großem Interesse. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.56 6.2 Datenauswertung Frage 1: „Wird an Ihrer Schule eine Unverbindliche Übung „Darstellendes Spiel“ (o.ä.: Bühnenspiel, Schulspiel,…) angeboten?“ (n=12, alle Schulen) In den 12 befragten Schulen ist eine 50/50-Aufteilung zu sehen, also haben jeweils 6 Schulen angegeben, dass in ihrer Schule eine unverbindliche Übung angeboten wird. Frage 2: „In welchem Ausmaß wird die UÜ angeboten?“ (n = 6, Schulen mit UÜ) Frage 2 beinhaltet weiters auch die Information über die Anzahl der geführten Gruppen an den jeweiligen Schulen, daraus wurde ein Durchschnittswochenausmaß der Unverbindlichen Übung ermittelt. Hier zeigte sich, dass lediglich zwei der sechs Schulen nur eine Gruppe, drei Schulen zwei Gruppen führen und eine Schule sogar drei Gruppen führt. Gesamtstundenausmaß Gruppenanzahl Stunden pro Gruppe 2 1 2 4 3 1,33* 1 1 1 4 2 2 2 2 1,5 3 2 1,5 Tabelle 1: Stundenausmaß und Gruppenanzahl * Der Wert ergibt sich aus der geblockten, wöchentlich abwechselnden Abhaltung der Unverbindlichen Übung. Nach dem Zusammenrechnen der durchschnittlichen Stunden per Gruppe ergibt sich also ein Gesamtausmaß von 8,83 Stunden was einem durchschnittlichen Wochenwert von rund 1,5 Stunden pro Gruppe ergibt. Dieser Wert klingt insofern relativ gering, als, wie sich Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.57 zeigen wird, die Gruppen sowohl äußerst produktorientiert als auch auf den Erwerb schauspielerischer Fähigkeiten abzielend arbeiten. Und wer jemals an einer Theaterproduktion mitgearbeitet hat, wird sich hier fragen, wie das alles unter einen Hut zu bekommen ist. Frage 3: „Wie viele Schüler/innen nehmen teil? Bitte auch die Geschlechteraufteilung eintragen!“ (n=6, Schulen mit UÜ) Teilnehmer/innen Gruppen Teilnehmer/innen/Gruppe m w 24 1 24 3 21 60 3 20 12 48 15 1 15 5 10 40 2 20 10 30 30 2 15 8 22 42 2 21 18 24 Tabelle 2: Anzahl der Teilnehmer/innen und Geschlechteraufteilung Aus diesen Zahlen ergibt sich eine durchschnittliche Teilnehmer/innenanzahl von rund 19 (19,17) Schülerinnen und Schülern pro Gruppe, bestehend aus 5 Burschen und 14 Mädchen. Das heißt, dass fast dreimal so viele Mädchen wie Burschen sich für das schulische Theaterspiel engagieren. Allerdings zeigt Tabelle 3, wie stark der Prozentsatz an Burschen von Schule zu Schule variiert. Maximal- und Minimalwert sind dabei fett unterlegt. m% w% 12,5 87,5 20 80 25 75 26,7 73,3 33,3 66,7 42,9 57,1 Tabelle 3: Geschlechteraufteilung in Prozenten Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.58 Dies entspricht auch den Erfahrungswerten des Autors, dass das Theaterspielen für Kinder und Jugendliche tendenziell eher etwas „für Mädchen sei“ sei. Diese Tendenz könnte daher rühren, dass Emotionen, also die Gefühlswelt des Menschen, gleichsam die Werkzeugkiste des Schauspielers / der Schauspielerin ist, und überschwängliche Gefühle etwas sind, das heute immer noch eher der „weiblichen Welt“ zugeordnet ist (Vgl Schilling/Tigges, 2000, S. ???). Interessant wären hier Vergleichswerte aus Hauptschulen/Neuen Mittelschulen, da hier das sogenannte „Bildungsbürgertum“ nicht so stark vertreten ist wie an Allgemeinbildenden Höheren Schulen und dementsprechend mit einem noch höheren weiblichen Anteil gerechnet werden könnte. Frage 4: „Wird in der UÜ auf die Aufführung eines Stückes hingearbeitet? Wenn ja, hat diese Öffentlichkeitscharakter oder wird sie im kleinen Rahmen (z.B. für Familien) abgehalten?“ (Mehrfachnennungen möglich, n = 6, Schulen mit UÜ) Diese Frage – und hier kommt die oben erwähnte Produktorientierung theaterpädagogischen Handelns – wurde von allen beteilligten Schulen, welche eine Unverbindliche Übung anbieten, mit „Ja“ beantwortet, auch die Frage nach dem Rahmen der Aufführung zeigt eine sehr regelmäßige Verteilung. Vier der sechs Schulen gaben an, Aufführungen mit Öffentlichkeitscharakter zu veranstalten, wobei zwei davon nur öffentlich auftreten. Zwei Schulen wiederum treten sowohl öffentlich, als auch im kleinen Rahmen (also für Freunde, Familie,…) auf, zwei meinten, nur im kleinen Rahmen aufzutreten. Einfachnennung „öffentlich“ Einfachnennung „kleiner Rahmen“ Doppelnennung 2 2 2 Tabelle 4: Aufführungsrahmen Im freien Antwortfeld (das auszufüllen fakultativ war), welches Raum für Informationen über Anzahl, Ort und Besucheranzahl der Aufführungen bot, wurden sowohl (wenig überraschend) Aufführungsorte innerhalb des Schulgebäudes (Festsaal, Turnsaal), als auch an anderen Orten (Stadtsaal, Straße, Kulturhaus, o.ä.) angegeben. Die Anzahl der Aufführungen schwankt zwischen einer und drei. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.59 Frage 5: 5.) Welche weiteren Aktivitäten werden in der UÜ ausgeführt? (Mehrfachnennungen möglich) (n=6, Schulen mit UÜ). Abbildung 1: Aktivitäten in der UÜ Wie Abbildung 1 zeigt, werden alle Aktivitäten mindestens dreimal genannt, was umso verwunderlicher ist, wenn man bedenkt, dass die Antwort nur dann gewählt werden sollte, wenn man gezielt Übungen in diese Richtung macht. In den Schulen wird also eine Vielfalt an Übungen angeboten, welche neben der Einstudierung eines Theaterstücks (was ja von allen Schulen angegeben wurde) noch gemacht werden. Ebenfalls ist der Abbildung zu entnehmen, dass die Hälfte der befragten Schulen ein Musical einstudiert und die andere Hälfte mit Prosa arbeitet. Als weitere in der Unverbindlichen Übung angebotene Aktivitäten werden im freien Antwortfeld angegeben: - Gestalten von Kulissen, Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.60 - Selbständige Erarbeitung kurzer Texte, - Rahmenprogramm für andere Schulveranstaltungen (wobei diese Nennung eher Frage 4 zuzuordnen ist). Frage 6: Welche Qualifikationen oder theaterpädagogische Ausbildung haben Sie? (Mehrfachnennungen möglich) (n=6, Schulen mit UÜ) Frage 6 setzt sich mit dem Ausbildungsstand der zuständigen Lehrperson auseinander. Hierbei zeigt sich (wie Abbildung 2 zeigt), ein relativ deutliches Bild: Abbildung 2: Ausbildung und Qualifikationen Die für die Unverbindlichen Übungen zuständigen Lehrpersonen entstammen also nicht dem akademisch-theoretischen Zugang theaterpädagogischen Wirkens, sondern sind in erster Linie „gewöhnliche“ Lehrpersonen, welche sich zusätzlich theaterpädagogisch engagieren (diese Ausführung soll in keinster Weise wertend verstanden werden). Interessanterweise ist es offensichtlich eher der private Hintergrund (Private Fortbildung, Mitwirken in Theatergruppen), der den Grundstein für das Durchführen der Unverbindlichen Übung legt, da diese zwei Antwortmöglichkeiten am öftesten genannt wurden, sogar jedes Mal zusammen. Eine Lehrperson gab im freien Antwortfeld an, Dozent einer (aus Datenschutzgründen nicht näher genannten) Schauspielakademie zu sein. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.61 Frage 7: Würden oder werden Sie Fortbildungen zur Theaterpädagogik im Rahmen der Lehrerfortbildung nutzen? (n=6, Schulen mit UÜ) Diese Frage, die sich ebenfalls auf die Ausbildung der Lehrer bezieht, wurde tendenziell deutlich dahingehend beantwortet, dass die Lehrpersonen weitere Ausbildungen nutzen würden, wie Abbildung 3 zu entnehmen ist. Abbildung 3: Bereitschaft zur Fortbildung Frage 8: Seit wann wird an Ihrer Schule die Unverbindliche Übung angeboten? (n=6, Schulen mit UÜ) Hier zeigt sich, dass die meisten Schulen, die die Unverbindliche Übung anbieten, eine mehr oder weniger lange Tradition im Bereich des Darstellenden Spiels haben. So haben gleich vier der sechs Schulen angegeben, die Unverbindliche Übung seit mehr als 10 Jahren anzubieten. Seit diesem bzw. letztem Jahr wurde von keiner Schule als Antwort genannt. seit diesem letztem Jahr 0 bzw. seit 2 bis 5 Jahren 1 Tabelle 5: Dauer des Angebots seit 6 bis 10 Jahren Seit mehr als 10 Jahren 1 4 Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.62 Frage 9: Nimmt Ihre Schule an sonstigen theaterbezogenen Aktivitäten teil? (Mehrfachnennungen möglich, n = 12, alle Schulen) Diese Frage ist die erste, die sich (abgesehen von der einleitenden Frage 1) an alle Schulen, also auch jene, in denen keine Unverbindliche Übung angeboten wird, richtet. Bei genauerer Betrachtung der Daten zeichnet sich ein interessantes Bild des Zugangs zum Theater in der Schule ab. Abbildung 4 zeigt zunächst die Gesamtübersicht über die Nennungen für weitere theaterbezogene Aktivitäten. Abbildung 4: Theaterbezogene Aktivitäten Gesamtübersicht Wie man hier sieht, sind alle Möglichkeiten mindestens 9 Mal angegeben, man also von einer grundlegend positiven Einstellung zu theaterbezogenen Aktivitäten sprechen kann. Interessant wird es dann, wenn man sich die Aufteilung der Anzahl der Nennungen ansieht, und mit dem Angebot der Unverbindlichen Übung vergleicht: Eine/keine Nennung Zwei Nennungen Drei Nennungen Vier Nennungen 0 4 2 6 Tabelle 6: Anzahl der Nennungen Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.63 Schulen mit UÜ Schulen ohne UÜ Abweichung % Theaterabonnement 83,3 % 66,7 % 16,6 Exkursionen 83,3 % 83,3 % 0 Externe Künstler in der 100 % Schule 50 % 50 Veranstaltungen mit Aufführungscharakter 66,7% 33,3 100 % in Alle vier Schulen, die lediglich zwei Nennungen gaben, bieten auch keine Unverbindliche Übung an, umgekehrt machen dies vier der sechs Schulen, welche angaben, an allen genannten Aktivitäten teilzunehmen. Eine ähnliche Erkenntnis bietet sich, wenn man die Daten aus Abbildung 4 nach dem Angebot der Unverbindlichen Übung staffelt. Tabelle 7: Theaterbezogenen Aktivitäten in Prozent Hier ist schön zu erkennen, dass Schulen, die eine Unverbindliche Übung anbieten, grundsätzlich häufiger oder genau so oft (im Fall „Exkursionen“) angeben, eine bestimmte theaterbezogene Aktivität durchzuführen. Dies lässt den Schluss zu, dass in Schulen mit „Darstellendem Spiel“ eine eher theateraffine Einstellung vorherrscht. Hier würde es im Weiteren zu untersuchen gelten, ob das Darstellende Spiel für diese Einstellung Ausdruck oder Ursache ist. Im freien Antwortfeld, wurde auf „Theaterfahrten [in eine Landeshauptstadt]“, ein „englisches Theaterprojekt“ in Kooperation mit dem Vienna English Theatre (1-wöchig) und auf die Teilnahme von Wettbewerben (Schiller-Gespräche) und Jugendtheatertreffen aufmerksam gemacht. Frage 10: Wird an Ihrer Schule die Methode Theater als Unterrichtsmethode eingesetzt? Wenn ja, in welchen Gegenständen? (n=12, alle Schulen) Bei dieser Frage lässt sich erneut eine ausgeglichene Aufteilung erkennen, da sechs Schulen (also 50%) angeben, die Methode Theater als Unterrichtsmethode einzusetzen. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.64 Jeweils eine Schule der beiden „Lager“ meinte, die Methode anzuwenden, bzw. nicht anzuwenden (siehe Tabelle 8). Einsatz der Methode Theater Kein Einsatz der Methode Theater 6 6 Schulen mit UÜ Schulen ohne UÜ 5 1 Schulen mit UÜ 1 Schulen ohne UÜ 5 Tabelle 8: Einsatz der Methode Theater Bei den Angaben betreffend die Form der Methode wird (wie in Kapitel 5 erwähnt) der Sprachunterricht (Deutsch – 6 Nennungen; Englisch – 3, Französisch – 2, Latein - 1) am häufigsten genannt. Weitere Antworten waren „Geschichte und politische Bildung“ (2) sowie Religion katholisch (1). Abbildung 5: Anwendung der Methode Theater Die vorhin erwähnte Theateraffinität zeigt sich also auch bei der Gestaltung des Unterrichts, was aber (wie auch in einem Fragebogen angemerkt) natürlich von der unterrichtenden Lehrperson abhängt. Es darf hier also nicht angenommen werden, dass die Methode Theater zu jeder Zeit in jeder Situation Anwendung findet. Frage 11: Wird an Ihrer Schule die Methode Theater in anderer Unterrichtsform (z.B. als schulautonomer Gegenstand) angeboten? Wenn ja, in welcher Form? (n = 12, alle Schulen) Die Auswertung von Frage 11 spricht (trotz der geringen Teilnehmer an der Untersuchung) eine relativ deutliche Sprache, da 11 von 12 Schulen angaben, keine andere Unterrichtsform der Methode Theater anzuwenden. Leider gab es zu der einen positiven Nennung keine weiteren Angaben. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.65 Einsatz der Methode Theater in anderer Form Kein Einsatz der Methode Theater in anderer Form 1 11 Schulen mit UÜ Schulen ohne UÜ 1 0 Schulen mit UÜ 5 Schulen ohne UÜ 6 Tabelle 9: Einsatz der Methode Theater in anderer Form Frage 12: Warum wird die UÜ nicht angeboten? (Mehrfachnennungen möglich) (n=6, Schulen ohne UÜ) Bei der Frage, nach dem Grund für das Nicht-Angebot einer Unverbindlichen Übung, werden „Zu geringes Stundenkontingent“ und „Zu geringes Schüler/inneninteresse“ mit Abstand am Häufigsten genannt (4). Die fehlende Ausbildung des Lehrkörpers wird einmal genannt. Abbildung 6: Gründe für das Nicht-Angebot der UÜ Interessanterweise gab es gleich drei Doppelnennungen des Paares der meist Genannten. Dies ließe sich einerseits so interpretieren, dass das Schüler/inneninteresse von Vornherein zu gering ist und deswegen das ohnehin knappe Stundenkontingent für andere, den Interessen der Schüler/innen entsprechende Unverbindliche Übungen verwendet wird. Oder aber auch, dass, da die Unverbindliche Übung meist schon länger nicht mehr (wegen des zu geringen Stundenkontingents) angeboten wird (wie Frage 13 zeigen wird), sich die Nachfrage der Schüler/innen dem Angebot anpasst und dementsprechend wahrgenommen wird. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.66 Frage 13: Wurde in Ihrer Schule die UÜ angeboten? Wenn ja, seit wann wird sie nicht mehr angeboten? (n = 6, Schulen ohne UÜ) Gleich fünf von sechs Schulen gaben an, eine Unverbindliche Übung „Darstellendes Spiel“ früher einmal angeboten zu haben, was heißt, dass lediglich eine Schule keine Vergangenheit mit dem Darstellenden Spiel hat. Bei der Frage, seit wann dieses nicht mehr angeboten wird, ist die Verteilung relativ gleichmäßig. Seit diesem bzw. letztem Jahr 1 Seit 2 - 5 Jahren Seit 6 - 10 Jahren 1 2 Seit mehr als 10 Jahren 1 Tabelle 10: Dauer des Nicht-Angebots Werden die beiden letzten Antwortmöglichkeiten, welche mehr oder weniger unmittelbar von den 2003 durchgeführten Stundenkürzungen betroffen waren, zusammengezählt, findet sich hier mehr als die Hälfte der Schulen. Ein Zusammenhang von Stundenkürzungen und dem Angebot des Darstellenden Spiels könnte vermutet werden, kann aber bei der geringen Datenmenge nicht sicher bestätigt werden. 6.3 Resümee Die Auswertung der gesammelten Daten ergab, dass die Unverbindliche Übung in jeder zweiten (teilnehmenden) Allgemeinbildenden Höheren Schule in Niederösterreich angeboten wird. Jede dieser Gruppen arbeitet auf mindestens eine Aufführung hin, welche sowohl öffentlich als auch im kleinen Rahmen stattfinden. Zusätzlich dazu werden verschiedene Übungen (z.B: Stimmbildung, Soziales Lernen,…) durchgeführt. Die Gruppen selbst setzen sich im Schnitt zu rund drei Viertel Mädchen und einem Viertel Burschen zusammen, wobei der Wert von Schule zu Schule stark variiert. Im Schnitt werden pro Schule rund zwei Gruppen geführt. Die Tatsache, ob eine Unverbindliche Übung angeboten wird, korreliert auch damit, in welchem Ausmaß andere theaterbezogene Aktivitäten bzw. Lernmethoden angeboten oder durchgeführt werden. Die Qualifikationen der Lehrpersonen entstammen eher dem persönlich motivierten Bereich als der beruflichen Ausbildung. Alle befragten Schulen (bis auf eine) gaben an, die Unverbindliche Übung einmal angeboten zu haben, dies ist allerdings bei mehr als der Hälfte (drei von fünf) schon mehr als 6 Jahre her. Die Unverbindliche Übung wird meist aus Gründen des mangelnden Stundenkontingents und zu geringen Schüler/inneninteresses nicht mehr angeboten. Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.67 7 ZUSAMMENFASSUNG Diese Arbeit befasste sich mit theoretischen wie auch praktischen Aspekten theaterpädagogischen Wirkens. Die Theaterpädagogik an sich ist eine noch junge Wissenschaft, welche sich als solche erst in den letzten Jahrzehnten etabliert hat. Dabei hat sich gezeigt, dass die Implementierung spielpädagogischer Zugänge einen pädagogischen und didaktischen Mehrwert ermöglicht. Dieser Mehrwert entsteht aus dem bewussten und reflektierten Umgang mit dem Medium Theater, welcher erst erlernt werden muss. Die möglichen Lerninhalte können hierbei (unter anderem) ästhetischer, sozialer wie schauspieltechnischer Natur sein. Literaturanalytisch wurde erfasst, dass Spiel und Theaterspiel sowohl Gemeinsamkeiten (z.B. Rollenspiel, Spiel-Raum), wie auch Unterschiede (Motivationsaspekt, Zweck des Spiels) aufweisen. [Im letzten Kapitel sollten Sie eine Antwort (= Ergebnis, Erkenntnis) auf Ihre im Problemaufriss gestellte(n) Forschungsfrage(n) geben. Das Problem sollte hier gelöst sein, die Antwort(en) von Ihnen gegeben werden.] Hinweise zu den einzelnen Bausteinen der Bachelorarbeit stehen in: SAMAC, Klaus, PRENNER, Monika, SCHWETZ, Herbert (2008): Die Bachelorarbeit an der Pädagogischen Hochschule. Ein Lehr- und Lernbuch zur Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Wien: Facultas [Hier präsentieren Sie eine Zusammenschau ihrer Bachelorarbeit. Die Lösung bzw. Antwort(en) auf Ihre im Problemaufriss gestellten Forschungsfrage(n) wird den Leserinnen und Lesern in knappen Sätzen dargestellt. Schreiben Sie nicht, was sie in den verschiedenen Kapiteln gemacht haben, sondern was in den einzelnen Kapiteln als (Zwischen-) Ergebnisse rausgekommen ist, was Ihre (Zwischen-) Erkenntnisse sind und was die zentrale Erkenntnis (= Antwort auf Ihre Forschungsfrage) Ihrer Bachelorarbeit ist. Ferner empfehle ich eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte Ihrer Arbeit. Persönliche Bemerkungen in Form von begründeten Bewertungen haben hier ebenfalls Platz. Mit dem Lesen Ihres Problemaufrisses und Ihrer Zusammenfassung muss Ihr behandeltes Problem samt Lösung klar erkennbar sein.] Weitere Bemerkungen zur zusammenfassenden Darstellung finden Sie in: Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.68 SAMAC, Klaus, PRENNER, Monika, SCHWETZ, Herbert (2008): Die Bachelorarbeit an der Pädagogischen Hochschule. Ein Lehr- und Lernbuch zur Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Wien: Facultas [Der quantitative Umfang einer Bachelorarbeit (Text ohne Anhang) liegt bei 150.000 Zeichen. Das entspricht etwa 80 Zeichen pro Zeile, 30 Zeilen pro Seite und 60 Seiten. Als Mindestumfang gelten 120.000 Zeichen (ca. 50 Seiten), als Maximalumfang 200.000 Zeichen (ca. 80 Seiten). Sowohl eine Unterschreitung als auch eine Überschreitung dieser Angaben vermindern die Qualität Ihrer Bachelorarbeit. Ein Unterschreiten des Mindestumfangs lässt u.U. den Schluss ungenügender Literaturrecherche etc. zu. Ein Überschreiten kann als Unfähigkeit zur Konzentration auf das Wesentliche gedeutet werden. Die Anzahl der Zeichen und weitere Dateistatistiken können Sie sich anzeigen lassen mit: Datei/Eigenschaften, Registerblatt Statistik] Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.69 Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.70 8 LITERATURVERZEICHNIS [Im Literaturverzeichnis wird lückenlos jene Literatur angegeben, die Sie tatsächlich zur Erstellung Ihrer Bachelorarbeit verwendet haben. Jede Quellenangabe im Text muss im Literaturverzeichnis aufgeführt sein. Literatur, die sie nicht zitiert haben (direkt oder indirekt) hat im Literaturverzeichnis nichts verloren. Das Literaturverzeichnis ist ausschließlich alphabetisch (und dann chronologisch) zu ordnen. Wenn von gleichen Autoren Literaturen aus demselben Jahr vorliegen, werden der Jahresangabe Kleinbuchstaben angehängt: 2005a, 2005b, 2005c.] Eine Einführung zur Literaturrecherche in elektronischen Bibliothekskatalogen sowie eine genaue Anleitung zur Literaturangabe, sowohl in Papierform als auch in elektronischer Form, finden Sie in: SAMAC, Klaus, PRENNER, Monika, SCHWETZ, Herbert (2008): Die Bachelorarbeit an der Pädagogischen Hochschule. Ein Lehr- und Lernbuch zur Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Wien: Facultas Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.71 9 ANHANG [In den Anhang gehören all jene Darstellungen, die für ein direktes Verständnis der in der Bachelorarbeit behandelten Problematik nicht notwendig sind, sondern nur ergänzenden Charakter haben. Beispielsweise können dies sein: sonstige Quellen (z.B. Internetseiten. Jene Websites, aus denen Zitate (direkte, indirekte) entnommen wurden, müssen als Ausdruck im Anhang enthalten sein.) ergänzende Materialien transkribierte Interviews Fragebögen (unausgefüllte Muster) Tests (unausgefüllte Muster) eventuell Rohdaten (bei Fragebogenerhebungen oder bei Tests – Excel-Tabelle) Protokolle Tabellenblätter Bildmaterial Unterrichtsplanungen Stundenbilder etc.] Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.72 9.1 Geschlechtergerechtes Formulieren Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.73 Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.74 9.2 Das Lehrbuch zur Bachelorarbeit [Textkörper] SAMAC, Klaus, PRENNER, Monika, SCHWETZ, Herbert (2008): Die Bachelorarbeit an der Pädagogischen Hochschule. Ein Lehr- und Lernbuch zur Gestaltung wissenschaftlicher Arbeiten in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Wien: Facultas Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.75 9.3 Anhang 4 Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.76 9.4 Anhang 4 Eigenhändig unterfertigte Erklärung „Ich erkläre, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbst verfasst habe und dass ich dazu keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet habe. Außerdem habe ich die Reinschrift der Bachelorarbeit einer Korrektur unterzogen und ein Belegexemplar verwahrt.“ [Unterschrift] Lebenslauf Name: Vorname Familienname Geburtstag und -ort: Staatsbürgerschaft: Schulbildung: Jahr - Jahr Schule Ort Jahr - Jahr Schule Ort Jahr - Jahr Schule Ort Jahr - dato Pädagogische Hochschule Zusatzqualifikationen: Jahr - Jahr Berufliche Tätigkeit: Jahr - Jahr Berufliche Tätigkeit