Übung zur HERZENSLOGIK Logik des Denkens, des Fühlens und des Wollens Unser Denken, Fühlen und Wollen hat sich in einer geisteswissenschaftlich erkennbaren Abfolge von Epochen entwickelt, die Rudolf Steiner als Entwicklungszeitalter beschrieben hat. Das Denken, Fühlen und Wollen des Menschen ist in seiner hauptsächlichen Entwicklung den Entwicklungszeitaltern der Menschheit zugeordnet. Das Zeitalter der Verstandesseele (Antike und Mittelalter ) hat die Logik des Denkens so entwickelt, dass diese Logik uns Menschen der heutigen Zeit selbstverständlich erscheint. Im Zeitalter der Bewusstseinsseele (Neuzeit) soll die Menschheit die Logik des Fühlens entwickeln und sich mit ihr ebenso durchdringen, wie es mit der Logik des Denkens bereits der Fall ist. Die Logik des Willens wird die Menschheit im wesentlichen erst im folgenden Entwicklungszeitalter entfalten. Wir können jedoch beginnen, uns deren Voraussetzungen klar zu machen. Die Logik des Fühlens und Willens bedarf der stetigen Übung. Wenn im Zeitalter der Bewusstseinsseele die Menschen die Logik des Fühlens nicht entwickeln, werden sie die weiteren Entwicklungsschritte der übrigen Menschheit nicht mitmachen können, sondern aus dem Gang der Entwicklung herausfallen. Logik des Denkens Bei der Logik des Denkens fragt der Mensch: „Was ist richtig?“ Die Prinzipien der Denklogik sind: 1a) Identität: wenn A=B und B=C, dann gilt auch A=C. FORSCHUNGSGRUPPE HERZENSLOGIK UND SOZIALE KUNST Übung zur Herzenslogik / Armen Tougu & Marion Flemming 1 1b) Neben Richtig und Falsch gilt es kein Drittes: A gleich B oder A ungleich B. Punkt. 1c) Ein Gedanke kann nicht gleichzeitig richtig und falsch sein. 1d) Ein richtiger Gedanke muss richtige Voraussetzungen haben; auf falschen Voraussetzungen kann kein richtiges Resultat gründen. Das Prinzip 1d) bezeichnet schon die Grenze der reinen Logik des Denkens, da die richtigen Voraussetzungen schließlich auf Axiomen gründen, die nicht beweisbar sind. Die Axiome sind zwar einleuchtend, liegen aber schon jenseits des logischen Denkens. Sie entstammen der Erfahrung und damit schon der Gefühlsebene. Logik des Fühlens Bei der Logik des Fühlens fragt der Mensch: „Was ist wahr?“ Hier handelt es sich um Wahrnehmung, Beweisbarkeit scheidet aus, da wir mehr oder weniger subjektiv auf die Frage nach der Wahrheit reagieren. Überhaupt ist das Fühlen unser ureigenes und durch viele, für jeden unterschiedlich geartete Faktoren geprägt. Die Methoden der Logik des Fühlens sind geeignet, den Menschen in seiner Wahrnehmung und in seinen auf die Wahrnehmung antwortenden Gefühlen möglichst frei zu machen. Für die Logik des Fühlens gelten folgende Prinzipien: 2a) Prinzip der erforderlichen Absonderung: Gefühle müssen bewusst werden; jedes Gefühl, das unbewusst bleibt, wird stärker; die unterdrückte Gefühle wirken leiblich. Durchführung: Ich versuche mich möglichst genau an eine Lebenssituation zu erinnern – wie fühlte ich mich damals. Danach setze ich das bewusst beobachtete Gefühl heraus, indem ich mir vorstelle, ich sähe mich wie von außen in dieser Situation. FORSCHUNGSGRUPPE HERZENSLOGIK UND SOZIALE KUNST Übung zur Herzenslogik / Armen Tougu & Marion Flemming 2 Hierbei kann eine künstlerische Form hilfreich sein, wie z.B. ein farbliches Stimmungsbild dieser Lebenssituation zu malen. 2b) Prinzip der Komplementarität: Jetzt entsteht an der Stelle des herausgesetzten Gefühles ein komplementäres Gefühl. Dieses ist allerdings oft schwächer und muss für die weiteren methodischen Schritte willentlich verstärkt werden. 2c) Prinzip des Ausgleichs (Neutralisierung): Das zweite Heraussetzen. Durchführung: Nun wird auch das Komplementärgefühl herausgesetzt – man betrachtet es wie von außen. Dies kann auch durch eine künstlerische Arbeit, wie dem Malen des komplementären Stimmungsbildes umgesetzt werden. Durch das 1. und 2. Heraussetzen der unwillkürlichen und der komplementären Empfindung, entsteht ein Ausgleich, sie neutralisieren sich. Der Menschen erlebt in sich, wenn ihm diese Neutralisierung gelungen ist, die innere Ruhe, die auch als Freiheit wahrgenommen wird. Das kann als Heilung erlebt werden. Dies ist das Christus-Prinzip. 2d) Prinzip der Wahrheit: Die innere Ruhe und Freiheit sind Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Wahrheit. Wahrheit ist prüfbar daran, dass nichts anderes zu ihr komplementär im eigenen Inneren wahrgenommen wird. Durchführung: Prüfbar ist es durch mehrfaches Wiederholen der Schritte 2b und 2c. Empfindung der Wahrheit führt zu einer ersten Stufe FORSCHUNGSGRUPPE HERZENSLOGIK UND SOZIALE KUNST Übung zur Herzenslogik / Armen Tougu & Marion Flemming 3 der Empathie als ein Dämpfen des permanenten Wechsels von Sympathie und Antipathie. Die künstlerische Ebene bei der Arbeit kann je nach der Qualität der Gefühle gewählt werden. Hier kommen die Prosa, Lyrik, Farben, Plastik, Bewegung, Architektur oder Musik in Frage. Wesentlich ist, dass ich meine eigene Gestalt vor mich hinstelle und das so gestaltete Ausgangsgefühl und meine Person von außen anschauen kann. Das jeweils künstlerisch gestaltete Gefühl, die erste spontane Gefühlsreaktion und das Komplementärgefühl, muss ich in diese Gestalt „hineinprojizieren.. Wenn dies stabil gelingt, kann ich spüren, welches Gefühl nun anstelle des bisherigen Gefühls in mir entsteht. Es vermittelt mir eine Empfindung, die der Seligkeit ähneln kann, in der zu verbleiben nun gewünscht wird. Jedoch muss ich mich auch von diesem Gefühl trennen, indem ich es wiederum heraussetze. Nun kann ich bereit sein, unvoreingenommen und ohne Sympathie oder Antipathie mein Gegenüber auf mich wirken zu lassen. Nicht nur zum antipathischen Gefühl muss durch Absonderung und Komplementarität der Ausgleich geleistet werden. Auch beim sympathischen Gefühl ist das nötig; auch wenn dass schwerer fallen mag, denn sympathische Gefühle wärmen. Gefühle schwanken zwischen Sympathie und Antipathie, zwischen dem illusionären Hingezogenfühlen und dem verhärtendem Abgestoßensein. Solange der Mensch zwischen Sympathie und Antipathie hin und her geworfen wird, kann er die Wahrheit nicht erkennen. Erst die Prinzipien der Absonderung und Komplementarität eröffnen einen Ausweg, der zur Empathie führt, zur warmen Anteilnahme mit wachem Blick. Der eigene seelische Schatten wird im Schwanken zwischen Sympathie und Antipathie nicht wahrgenommen und nicht überwunden. FORSCHUNGSGRUPPE HERZENSLOGIK UND SOZIALE KUNST Übung zur Herzenslogik / Armen Tougu & Marion Flemming 4 Erst durch das Prinzip des Ausgleichs und der Wahrheit wird die Bewusstseinsseele entwickelt. Der eigene seelische „Doppelgänger“ kann dann wahrgenommen und verwandelt werden. So wie sich Sympathie und Antipathie polar gegenüberstehen, steht der Empathie die Apathie gegenüber, der Zustand der Gefühllosigkeit. In den Begriffen der Geisteswissenschaft R.Steiners äußern sich in der Sympathie luziferischen Wesen, in der Antipathie arimanische Wesen, in der Apathie asurische Wesen und schließlich in der Empathie michaelische Wesen. Die michaelischen Wesen äußern sich nicht von selbst, sondern erwarten die Mitarbeit des Menschen. Empathie kommt nicht von selbst. In den Prinzipien der Komplemetarität, des Ausgleichs und der Wahrheit ist der Mensch bereits auf die Mitwirkung der Engel und Christus angewiesen. Er kann hier nicht allein von sich aus wirken. Das Prinzip der Komplemetarität wirkt auch unbewusst: jedes starke Gefühl wird mit der Zeit schwächer, da das komplementäre Gefühl zwar sofort entsteht, aber schwächer ist und nur allmählich das Ausgangsgefühl abmildert (z.B. bei Farben: ein Rot wird im ersten Auenblick stark empfunden, dann wirkt die (schwache) Gegenkraft mildernd. Ein ganz roter Raum wird nach einiger Zeit als grau empfunden. Im Zustand der Empathie stehen wir bereits am Übergang zur Logik des Wollens. In der Empathie entwickelt sich der Impuls zum richtigen Handeln. Logik des Wollens: Um gegenüber einem Mitmenschen oder der Natur im Sinne des Karma richtig handeln zu können, muss ich wahrheitsgemäß erleben, was der andere von mir „braucht“. Das erfordert eine höhere Stufe der Empathie, die ich gewinnen kann, wenn ich mich nach erfolgter Übung der Logik des Fühlens innig FORSCHUNGSGRUPPE HERZENSLOGIK UND SOZIALE KUNST Übung zur Herzenslogik / Armen Tougu & Marion Flemming 5 mit meinem Gegenüber verbinde, gleichsam dieses Gegenüber „selbst werde“. Ich kann dann erleben, wie dieses Gegenüber fühlt. Ich kann dieses Gefühl wie geschildert „heraussetzen“ und erfahre das dazu komplementäre Gefühl. Dieses hat genau die Qualität dessen, das „fehlt“. Dieses Empfinden setze ich nun nicht heraus, sondern erarbeite mit ihm mein darauf abgestimmtes, verantwortliches Handeln. Diese innere Arbeit gehört in den Bereich der Logik des Wollens. Bei der Logik des Wollens fragt der Mensch: „Was macht frei und erlöst?“ Deren Prinzipien sind: 3a) Jede Tat, die den Anderen unfrei macht, bindet auch den Täter. 3b) Umgekehrt bewirkt das „Freiheit geben“ eine Ich-Weckung beider. 3c) Auf die Entwicklung des Anderen wirke ich frei lassend, wenn ich nicht direkt auf ihn wirke, sondern seine Umgebung so forme, das der Andere sich daran komplementär und frei entwickeln kann. 3d) Den Endzustand, der durch diese Schritte entsteht, kann man die Freiheit nennen, weil die Prinzipien 3b) und 3c) eine Auflösung der persönlichen Verstrickungen schaffen (karmischer Ausgleich). In der Pädagogik wird z.B. durch die Begegnung gleicher Temperamente und durch den Humor die freilassende Entwicklung gefördert. Da diese Logik zukünftig ist, kann sie nur mit Hilfe der Engel umgesetzt werden. FORSCHUNGSGRUPPE HERZENSLOGIK UND SOZIALE KUNST Übung zur Herzenslogik / Armen Tougu & Marion Flemming 6