Universität Trier Sommersemester 2009 Fachbereich I – Philosophie PS: Kant – Von der Wahrnehmung zur Erfahrung Leitung: Thomas Hoffmann, M.A. Protokollant: Benjamin Gleißner 28.06.09 Protokoll der Sitzung vom 23.06.09: Übersicht I. Beschluss der transzendentalen Ästhetik II. Die transzendentale Logik I. Beschluss der transzendentalen Ästhetik Zu Beginn der Sitzung haben wir uns rekapitulierend folgende Fragen gestellt: Warum haben wir uns mit den Anschauungen auseinandergesetzt? Und wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich? In diesem Zusammenhang haben wir den Beschluss der transzendentalen Ästhetik der Kritik der reinen Vernunft untersucht. Die oben erwähnten Fragen hängen mit der Möglichkeit synthetischer Urteile a priori zusammen. Gibt es solche Urteile und wie sind sie möglich? Kant geht davon aus, dass es solche Urteile gibt, z.B. in der Mathematik oder der Naturwissenschaft. Solche Urteile sind aber nur in Bezug auf die Sinnlichkeit möglich (wir beziehen uns a priori auf die Anschauungsformen Raum und Zeit). Die ganze Mathematik ist in ihrer Notwendigkeit nur durch die apriorischen Anschauungsformen Raum und Zeit möglich. Im weiteren Verlauf stellte sich die Frage nach wahrer, metaphysischer Erkenntnis und wie diese möglich ist. Hierzu wurde festgehalten, dass Erkennen heißt, sich urteilend auf Erscheinungen zu beziehen (bzw. auf die Anschauungsstrukturen Raum und Zeit, in denen uns Erscheinungen jederzeit gegeben sind), damit die Erkenntnis Inhalt gewinnt. Die apriorischen Strukturen der Sinnlichkeit ermöglichen uns apriorische Erkenntnis. Die Erkenntnis z.B., dass bei einem Dreieck zwei Seiten zusammen länger sind als die dritte, liegt nicht in den Begriffen selbst, sondern ist a priori vom Verstand mit Bezug auf die Anschauung konstituiert (s.118, KrV). Synthetische Urteile a priori gehen laut Kant (wie wir noch sehen werden) nie weiter als auf Gegenstände möglicher Erfahrung (S.118). Raum und Zeit nehmen wir als apriorische Strukturen wahr und dann kommen die Dinge in die Welt. Wie uns die Dinge erscheinen ist immer schon apriorisch durch die reinen Anschauungsformen Raum und Zeit bestimmt. Die Dinge als Erscheinungen sind uns also raum-zeitlich gegeben. Synthetische Urteile sind wegen des apriorischen Charakters von Raum und Zeit möglich. II. Die transzendentale Logik Im weiteren Verlauf der Sitzung haben wir uns mit dem zweiten Teil der transzendentalen Elementarlehre beschäftigt, welcher die transzendentale Logik behandelt. Unsere Erkenntnis entspringt aus zwei Grundquellen: aus der Rezeptivität der Sinnlichkeit und der Spontaneität der Begriffe bzw. des Verstandes (S.119). Spontaneität bedeutet, das Vermögen, Vorstellungen selbst hervorzubringen (im Falle der Rezeptivität empfange ich Vorstellungen). Es gilt näher zu erörtern, was Kant unter Gegenstand versteht. Ein „Gegen-stand“ weist auf eine objektive Welt hin, die nicht ich bin, die außerhalb von mir ist und die ich wahrnehme. Mir ist zunächst über die Sinnlichkeit eine bloße subjektive Vorstellung gegeben und im Verhältnis zu dieser denke ich mir den Gegenstand. Was uns als Anschauung gegeben ist, uns affiziert, ist eine subjektive Wahrnehmung. Kant meint offenbar, im Verhältnis hierzu soll man sich etwas denken bzw. vorstellen. Dadurch erkennen wir erst einen Gegenstand im eigentlichen Sinne. Das Gegenstands-Denken scheint für Kant also nicht unabhängig von unserem Erkenntnisvermögen zu sein. Zuerst nehmen wir subjektiv wahr und in Bezug auf diese subjektive Erfahrung müssen wir uns einen „Gegen-stand“ denken, um zu einer objektiven zu „gelangen“ (S.119). Der Begriff “Baum“ z. B. ist die Regel des Denkens von einem Baum. Dieser Begriff ist empirisch (S.120). Reine Begriffe hingegen, die Kant offenbar annimmt, ermöglichen jeden Bezug auf Konkretheit erst. Wann immer wir einen Gegenstand denken wollen, brauchen wir einen solchen reinen Begriff. Diese reinen Begriffe bringen uns von unserer subjektiven Wahrnehmung zur objektiven Welt. In diesem Sinne kann man die Spontaneität als Verstand und die Rezeptivität als Sinnlichkeit (als Vermögen unseres Bewusstseins, das affiziert wird) auffassen. Beides gehört also zusammen, wenn man Erkenntnis erlangen will. Anschauungen alleine „blind“ und sagen nichts über die Welt aus (S.120). So stehen auch alle Begriffe, sollen sie zu Erkenntnissen dienen, in Bezug zur Sinnlichkeit; selbst die reinen Begriffe, die alle Konkretheit eines Gegenstandes erst ermöglichen (wie wir noch sehen werden), stehen immer in Bezug zur Sinnlichkeit. Es ist noch anzumerken, dass die Sinne alleine nicht irren, nur das Urteil kann in die Irre gehen. Zuletzt haben wir die Wissenschaft der Spontaneität der Begriffe, die Logik behandelt. Laut Kant kann die Logik vierfach unterteilt werden: - Logik des allgemeinen Verstandesgebrauch - Logik des besonderen Verstandesgebrauch - reine Logik - angewandte Logik Insgesamt kommt man so zu folgenden vier Unterteilungs-Begriffspaaren: - allgemeine, reine Logik - reine Logik des besonderen Verstandesgebrauch - allgemeine, angewandte Logik - angewandte Logik des besonderen Verstandesgebrauch Hierzu sei auch auf das Schaubild zur Unterteilung der Logik bei Kant von Herrn Hoffmann verwiesen.