JOHANN WOLFGANG VON GOETHE - Deutschlands größter Dichter

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Государственный университет – Высшая школа экономики
КАФЕДРА НЕМЕЦКОГО ЯЗЫКА
ЗНАМЕНИТЫЕ ЛЮДИ ГЕРМАНИИ
(часть 1)
Пособие по домашнему чтению
(Авторы: профессор, к.п.н. Е.А.Успенская,
доцент, к.ф.н. М.С.Чувелева)
Издательский дом ГУ-ВШЭ
2005 год
2
ОГЛАВЛЕНИЕ
1. Оглавление
стр. 2
2. Биография И.Гете
стр. 3-6
3. Словарь к биографии И.Гете
стр. 6-7
4. Задания и упражнения к биографии И.Гете
стр. 7-31
5. Биография Ф.Шиллера
стр. 32-36
6. Словарь к биографии Ф.Шиллера
стр. 37
7. Задания и упражнения к биографии Ф.Шиллера
стр. 37-58
8. Биография Г.Гейне
стр. 58-63
9. Словарь к биографии Г.Гейне
стр. 63
10. Задания и упражнения к биографии Г.Гейне
стр. 64-73
3
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
- Deutschlands größter Dichter
1.
Was ist Ihnen über Johann Wolfgang von Goethe schon bekannt?
2.
Lesen Sie den Lebenslauf von Goethe und markieren Sie wichtige
Lebensdaten und Werke.
Goethe war der berühmteste deutsche
Dichter und einer der bekanntesten
Dichter der Welt. Er hat größte und
schönste
dichterische
Kunstwerke
geschaffen und viele weise und richtige
Erkenntnisse
ausgesprochen.
Goethe
war ein reichbegabter Mensch und
lebenslang vom Glück begünstigt. Er
wurde 1749 in Frankfurt am Main
geboren und wuchs in wohlhabenden
Verhältnissen auf. Sein Vater war ein gebildeter Mann, der sein Leben nach
strengen Grundsätzen führte, ohne daß er einen richtigen Beruf gelernt hätte.
Seine Mutter dagegen war eine frohe, heitere Frau mit viel Wärme, Phantasie und
Humor. Beide Eigenschaften seiner Eltern hatte der Sohn geerbt.
In Leipzig und Straßburg studierte Goethe auf Wunsch seines Vaters
Rechtswissenschaft. In seine Straßburger Zeit fällt seine Liebe zu der jungen
Friederike Brion in Sesenheim im Elsaß. Goethe konnte alle seine Empfindungen
- Liebe, Trauer, Schmerz - mühelos in Worte kleiden. So hat er auch aus seiner
Beziehung zu Friederike die schönsten Liebesgedichte verfaßt.
Nach Abschluß seines Studiums war Goethe Rechtsanwalt in Frankfurt, aber ohne
daß ihm seine Arbeit Spaß gemacht hätte. Er wäre viel lieber ein unabhängiger
Schriftsteller gewesen. Aber dieser Beruf konnte ihn nicht ernähren.
4
Goethe hat in seinem Leben viele Frauen geliebt. Sie gaben ihm immer wieder
Anlaß zu neuen Dichtungen. Aber geheiratet hat er zunächst keine von ihnen. Er
wollte seine Freiheit, seine Unabhängigkeit behalten. Friederike und manche
andere hat er unglücklich gemacht, als er sie verließ.
Sturm- und Drangzeit
Die jetzt folgenden Jahre bezeichnet man als "Sturm- und Drangzeit", in der man
mehr das Gefühl betonte als den Verstand, wie in der vorhergegangenen
Aufklärung. Goethe schrieb jetzt sein erstes Schauspiel, den leidenschaftlichen
"Götz von Berlichingen", und einige Jahre später das Trauerspiel "Egmont". Aus
seiner unglücklichen Liebe zur Verlobten eines Freundes heraus entstand der
Roman "Die Leiden des jungen Werther", der Goethe weltberühmt machte.
Manche jungen Männer mit unglücklicher Liebe nahmen sich aufgrund des
Romans wie Werther das Leben.
1775 berief der junge Herzog Karl-August von Weimar Goethe als Minister an
seine Residenz. Für den Dichter begann jetzt ein Leben strenger Pflichterfüllung
im Dienst des kleinen Herzogtums. An Frau von Stein fand er in Weimar eine
mütterliche Freundin. Es entstanden Erzählgedichte (= Balladen) wie "Der
Erlkönig" und "Der Fischer". Aber erst die spätere Freundschaft mit dem Dichter
Friedrich Schiller regte Goethes dichterische Schaffenskraft wieder neu und stark
an.
Der aufgeklärte Klassiker
Mit Goethes Reise nach Italien (1786-88) begann seine "klassische" Periode. Die
Dramen dieser Jahre wie "Iphigenie" und "Torquato Tasso" betonen nicht mehr
allein das Gefühl. Vielmehr soll das Gefühl vom Verstand gebändigt und veredelt
werden. So soll sich der Mensch zu einem sittlich immer vollkommeneren Wesen
entwickeln.
5
Nach seiner Rückkehr aus Italien nahm Goethe Christiane Vulpius, eine junge
Frau, in sein Haus, die er 1806 schließlich heiratete. Sie gebar ihm mehrere
Kinder, von denen aber nur sein Sohn August am Leben blieb.
Goethe wurde allmählich immer berühmter. Menschen aus vielen Ländern
pilgerten nach Weimar und erwiesen ihm ihre Verehrung. Er aber zog sich immer
mehr von den Menschen und ihren Meinungen zurück. Er baute sich seine eigene
Welt der Schönheit und der idealen Formen auf. Er forschte in der Natur und
beschäftigte sich mit ihren großen Grundgesetzen.
Als sich in Deutschland und Europa die Völker gegen Napoleons Fremdherrschaft
erhoben, verbot er seinem Sohn, sich an dem Freiheitskampf zu beteiligen. Er
verehrte Napoleon als großen Menschen, aber er verabscheute zugleich Krieg und
Blutvergießen. Den neu aufkommenden nationalen und demokratischen Ideen
stand er ablehnend gegenüber.
Lebensende
Auch noch im Alter ergriff Goethe immer
wieder die Leidenschaft für schöne und
geistvolle Frauen. Aus seiner Beziehung zu
Marianne von Willemer entstand der "WestÖstliche Diwan". Bis ins höchste Alter - er
starb 1832 im Alter von fast 83 Jahren - war
Goethe
von
Schaffenskraft.
einer
Seine
erstaunlichen Goethehaus in Weimar
Lebenserinnerungen
schrieb er auf in seinem Werk "Dichtung und Wahrheit". Kurz vor seinem Tod
vollendete er den 2. Teil des Dramas "Faust", das zur Weltliteratur gehört. In der
Person des Faust schildert er den Weg des suchenden Menschen aus der
Verworrenheit des Lebens zur Erkenntnis seiner ewig-göttlichen Bestimmung:
Arbeit für das Wohl der Menschheit, Dienst für die Gemeinschaft. Daraufhin wird
6
Faust der Eingang in den "Himmel" zuteil mit den Worten: "Wer immer strebend
sich bemüht, den können wir erlösen".
Goethe sah überall in der Welt eine göttliche Macht am Werk, besonders in
bedeutsamen Menschen und in den Gesetzen der Natur. Jeder Mensch trägt
Goethes Meinung nach einen göttlichen Funken in sich. Damit kann er sich aus
eigener Kraft zu einem immer vollkommeneren Menschen entwickeln. Deshalb ist
der Mensch in seinem Kern gut. Diese Sicht der Dinge kennzeichnet Goethe als
Humanist.
Aber gerade heute sehen wir an dem vielen Schrecklichen in der Welt, wie
unvollkommen und böse der Mensch ist und bleibt. Und wer ehrlich vor sich
selber ist, muß vor dem vielen Schlechten in sich und seinen Gedanken
erschrecken. Deshalb mußte Jesus als Gottessohn in unsere Welt kommen und für
uns am Kreuz sterben. In ihm begegnen uns Gottes Liebe und sein Wille, uns zu
erlösen. Wenn wir Jesus in unser Leben hineinnehmen, vergibt er uns unsere
Schlechtigkeit, unsere Sünde, und macht uns bis in unser Inneres hinein zu neuen
Menschen.
Wortliste
das Kunstwerk – произведение искусства
die Erkenntnisse – знания
reichbegabt – богатоодаренный
begünstigen – покровительствовать, благоприятствовать
wohlhahend – зажиточный
die Eigenschaft – свойство
erben – унаследовать
7
der Rechtsanwalt – адвокат
Spaβ machen – доставлять удовольствие
der Anlaβ – повод
die Unabhängigkeit – независимость
das Leben nehmen – воспринимать жизнь
berufen – компетентный, авторитетный
als Minister berufen – назначать министром
das Gefühl – чувство
der Verstand – разум
vollkommen – совершенный
die Rückkehr – возвращение
eine Verehrung erweisen – оказать почесть
sich gegen Fremdherrschaft erheben – подняться против чужого господства
vebieten – запрещать
I. Fragen und Aufgaben
1.
Wann und wo wurde Goethe geboren?
2.
In welchen Verhältnissen wuchs Goethe auf?
3.
Welche Eigenschaften hatte er bei seinen Eltern geerbt?
4.
Warum und wo studierte er Rechtwissenschaft?
5.
Zu wem hat er die schönsten Liebesgedichte in Straβburg gewidmet?
6.
Als was war Goethe nach Abschluβ seines Studiums in Frankfurt tätig?
7.
Hat diese Arbeit Ihm Spaβ gemacht?
II. Setzen Sie fort
1.
Goethe hat in sienem Leben viele Frauen _____.
2.
Seine Empfindungen – Liebe, Trauer, Sehmerz – gaben ihm immer wieder
Anlaβ zu neuen _____.
8
3.
Keine von den Frauen hat er
_____, weil er seine Freiheit, seine
Unabhängigkeit _____.
III. Diskutieren Sie bitte!
1.
Warum sollte er den Beruf des Rechtsanwalts studieren?
2.
Warum liebte er viele Frauen und warum heiratete er sie nicht?
IV. Sturm – und Drangzeit
1.
Welche Werke wurden in dieser Zeit geschrieben?
-
Sein erstes Schauspiel “_____”;
-
das Trauerspiel “_____”;
-
der Roman “_____”.
2.
Wo und seit wann war Goethe als Minister tätig?
3.
Welche Balladen sind in Weimar erschienen?
4.
Wissen Sie, wer die Balladen “Erlkönig”, “Der Fischer” ins Russische
übersetzt hat? Vergleichen Sie diese Dichtungen!
V. Der auf abgeklärte Klassiker
1.
Wann began Goethes “Klassische” Periode?
2.
Welche Dramen erschienen in dieser Periode?
3.
Wodurch unterscheiden sie sich von den anderen Dichtungen?
4.
Wann heiratete schlieβlich Goethe? Hatte er viele Kinder?
5.
Wie hieβ sein Sohn?
6.
Warum pilgerten viele Menschen nach Weimar?
7.
Warum zog sich Goethe von den Menschen und ihren Meinungen zurück?
8.
Warum verbot er seinem Sohn sich an dem Freiheitskampf zu beteiligen?
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VI. Lebensende
1.
In welchem Alter starb Goethe?
2.
Wann vollendete er den 2. Teil des Drammas “Faust”?
3.
Was schildert er in der Person des Faust?
4.
Mit welchen Worten wird “Faust” der Eingang in den “Himmel”?
5.
Welche Sicht kennzeichnet Goethe als Humanist?
6.
In welchem Fall werden unsere Schlechtigkeit und unsere Sünde vergeben?
7.
Wer macht uns zu neuen Menchen?
VII. Goethe – Dichterfürst oder Fürstenknecht?
Ein Dichterleben
28. August 1749 Geburt Johann Wolfgang Goethes in Frankfurt am Main als
Sohn des Kaiserlichen Rates Johann Caspar Goethe und seiner Frau Catharina
Elisabeth.
1755 bis 1763 Umfassender Untericht in Sprachen, Zeichnen und Musik.
1765 Jurastudium in Leipzig.
1770 Studium in Staßburg; Besuch medizinischer und historischer Vorlesungen.
1771 Promotion zum Lizenziaten der Rechte und Niederlassung als Rechtsanwalt
in Frankfurt.
1773 Erstes großes Drama: „Götz von Berlichingen“.
1774 Bekanntschaft mit Friedrich Gottlieb Klopstock; „Die Leiden des jungen
Werthers“.
1775 Carl August von Sachsen lädt Goethe nach Weimar ein; erstes Zusammentreffen mit Charlotte von Stein.
1776 Eintritt in den Weimarer Staatsdienst; Ernennung zum geheimen
Legationstar.
1779 Ernennung zum Leiter der Kriegs – und Wegebaukommission und zum
Geheimen Rat.
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1782 Erhebung in den Adelsstand durch Kaiser Joseph II.; Einzug in das
Wohnhaus am Frauenplan in Weimar.
1786 Erste italienreise; Treffen mit Johann Heinrich Wihelm Tischbein und Karl
Philipp Moritz.
1787 „Iphigenie auf Tauris“ (Versfassung).
1788 Rückkehr nach Weimar; Beginn der Beziehung zu Christiane Vulpius;
Begegnung mit Fiedrich Schiller; „Egmont“.
1789 Bekanntschaft mit Wihelm von Humboldt;
25. Dezember Geburt seines Sohnes August aus der Verbindung mit Christiane
Vulpius.
1790 Zweite italienreise; intensive naturwissenschaftliche Studien; „Faust, ein
Fragment“, „Torquato Tasso“.
1791 Leitung des Weimarer Hoftheaters.
1792 Teilnahme am Frankreichfeldzug an der Seite Carl Augusts.
1794 Beginn der Freundschaft mit Schiller; „Reinecke Fuchs“.
1795 Bekanntschaft mit Alexander von Humboldt; „Wiheim Meisters Lehrjahre“
(1. bis 6. Buch).
1796 Bekanntschaft mit August Wilhelm Schlegel und Jean Paul; (7, und 8.
Buch).
1797 Erste Begegnung mit Friedrich Schlrgel; „Der Zauberlehrling“; „Hermann
und Dorothea“.
1804 Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat 9. Mai 1805 Tod Schillers.
1806 Besetzung Weimars durch die Franzosen;
Eheschließung mit Christiane Vulpius.
1808 Zusammentreffen mit Napoleon Bonaparte; „Faust I“.
1809 „Die Wahlverwandtschaften“.
1810 „Zur Farbenlehre“ (Zwei Bände), „Dichtung und Wahrheit“ (bis 1812).
1812 Bekanntschaft mit Beethoven.
1813 Begegnung mit Zar Alexander I. Von Russland und Clemens Fürst von
Metternich.
11
1815 Wiener Kongress;
Goethe wird zum Staatsminister ernannt.
6. Juni 1816 Goethes Frau Christiane stribt.
1819 „Werst-östlicher Divan“.
1821 „Wilhelm Meisters Wanderjahre“.
1823 Erste Begegnung mit Johann Peter Eckermann, seinen treuesten Mitarbeiter.
1831 Abschluss von „Faust II“.
22. März 1832 Goethe stribt; Bestattung in der Weimarer Fürstengruft.
Orden Sie die Ereignisse chronologisch und suchen Sie aus dem Text die
dazu passenden Jahreszahlen heraus.
Jahr
Reihenfolge Ereignis
Leitung des Weimarer Hoftheaters.
Beginn der Freundschaft mit Schiller.
Bekanntschaft mit Wilchelm von Humboldt.
1749
1
Geburt J.W.Goethes in Frankfurt am Main.
Tod Schillers.
Jurastudium in Leipzig.
Bekanntschaft mit Beethoven.
Studium in Straβburg.
Erstes groβe Drama: “Götz von Berlichingen”.
Begegnung mit Zar Alexander I, von Russland
und Clemens Fürst von Metternich.
Abschluss von “Faust II”.
Goethe stirbt; Bestattung in der Weimarer
Fürstengruft.
Fassen Sie zusammen, was Sie über den
Drammatiker,
Dichter
J.W.Goethe erfahren haben.
und
Philosophen
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VIII. Goethes Balladen.
Die Anlehnung Goethes an volkstümliche Dichtung kommt auch vor allem in
den Balladen „Der Fischer“ (1778) und „Erlkönig“ (1782) zum Ausdruck. Beide
Balladen sind angeregt durch alte Volkssagen, in denen die dunklen Naturkräfte in
Naturgeistern verkörpert sind.
Die Ballade „Der Fischer“ ist eine der ersten, die Goethe geschrieben hat. Es ist
ja in dieser Ballade bloß das Gefühl des Wassers ausgedrückt, das Anmutige, was
uns im Sommer lockt, uns zu baden. Die Grundstimmung des Gedichts ist die
unstillbare Sehnsucht nach Verschmelzung mit der Natur. Die Ballade ist voll
dramatischer Sprannung und von einem klaren, folgerichtigen Bau.
Die Ballade „Erlkönig“ ist eines der bekanntesten Gedichte Goethes, das vor
allem auch durch die geniale Vertonung von Franz Schubert in weiteste Kreise
des Volkes gedrungen ist. Goethe wurde zu dieser Ballade angeregt durch die
dänische Ballade „Erlkönigs Tochter“, die Herden ins Deutsche übertragen hatte.
Der Name „Erlkönig“ bedeutet eigentlich „Elfenkönig“.
Ein Vater reitet mit seinem kleinen Sohn in der Nacht über die düstere Heide.
Durch das schauerliche Rauschen der Bäume, den geheimnisvollen Nebel, das
unheimliche Heulen des Windes erhitzt sich die Phantasie des Kindes. Es einmal
die Sage vom Erlkönig gehört. Nun wird ihm ein Nebelstreif zum Erlkönig, in den
Weiden glaubt es Erlkönigs Töchter zu erkennen. Für die natürlichen Erklärungen
des Vaters hat das fiebernde Kind kein Gehör. Schließlich glaubt es, daß es vom
Erlkönig angefaßt wird, seine Erregung steigert sich noch mehr, so daß dem Vater
selbst auch das Grausen kommt. Am Zeil angelangt, sieht der Vater, daß das Kind
in seinen Armen tot ist.
Die Ballade ist voll dramatischer Spannung und auch äußerlich wie ein Drama
gestaltet: sie ist aus Rede und Gegenrede aufgebaut. In Form und Sprache hält
sich das Gedicht eng an die Volksballade.
1.
Was ist typisch für diese Balladen?
13
2.
Können Sie den Hauptinhalt wiedergeben?
IX. Sagen Sie bitte, wer dieses Gedicht ins Russische übertragen hat, lesen
Sie diese Übersetzungen. Sagen Sie, welcher Komponist dieses Lied vertont
hat.
DER FISCHER
Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll,
Ein Fischer saß daran,
Sah nach der Angel ruhevoll,
Kühl bis ans Herz hinam.
Und wie er sitzt und wie er lauscht,
Teilt sich die Flut empor;
Aus dem bewegten Wassern rauscht
Ein feuchtes Weib hervor.
Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
„Was lockst du meine Brut
Mit Menschenwitz und Menschenlist
Hinauf in Todesglut?
Ach wüßtest du, wie’s Fischelein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gesund.
Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
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Nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht,
Das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
Nicht her in ew’gen Tau?
Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll,
Netzt’ ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;
Da war’s um ihn geschehn:
Halb zog sie ihn, halb sank er hin,
Und ward nicht mehr gesehn.
РЫБАК
Бежит волна, шумит волна!
Задумчив над рекой
Сидит рыбак; душа полна
Прохладной тишиной.
Сидит он час, сидит другой;
Вдруг шум в волнах притих…
И влажною всплыла главой
Красавица из них.
Глядит она, поет она:
«Зачем ты мой народ
Манишь, влечешь с родного дна
В кипучий жар из вод?
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Ах! Если б знал, как рыбкой жить
Привольно в глубине,
Не стал бы ты себя томить
На знойной вышине.
Не часто ль солнце образ свой
Купает в лоне вод?
Не свежей ли горит красой
Его из них исход?
Не с ними ли свод неба слит
Прохладно-голубой?
Не лоно ль их тебя манит
И лик твой молодой?»
Бежит волна, шумит волна…
На берег вал плеснул!
В нем вся душа тоски полна,
Как будто друг шепнул!
Она поет, она манит –
Знать час его настал!
К нему она, он к ней бежит…
И след навек пропал.
***
ERLKÖNIG
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind;
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
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Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
„Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?“
„Siehst, Vater, do den Erlkönig nicht?
Den Erlenkönig mit Kron’ und Schweif?“
„Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.“ –
„Du liebes Kind, komm, geh mit mir!
Gar schöne Spiele spiel’ ich mit dir;
Manch bunte Blumen sind an dem Strand;
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.“ –
„Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht?“
„Sei ruhig, bleib ruhig, mein Kind!
In dürren Blättern säuselt der Wind.“ –
„Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?
Meine Töchter sollen dich warten schön;
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.“ –
„Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort?“
„Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau,
Es scheinen die alten Weiden so grau.“
„Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.“ –
„Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
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Erlkönig hat mir ein Leids getan!“ –
Dem Vater grauset’s, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Müh’ und Not;
In seinen Armen das Kind war tot.
ЛЕСНОЙ ЦАРЬ
Кто скачет, кто мчится под хладною мглой?
Ездок запоздалый, с ним сын молодой.
К отцу, весь издрогнув, малютка приник;
Обняв, его держит и греет старик.
«Дитя, что ко мне ты так робко прильнул?» «Родимый, лесной царь в глаза мне сверкнул:
Он в темной короне, с густой бородой».
«О нет, то белеет туман над водой».
«Дитя, оглянися; младенец, ко мне;
Веселого много в моей стороне:
Цветы бирюзовы, жемчужны струи;
Из золота слиты чертоги мои».
«Родимый, лесной царь со мной говорит:
Он золото, перлы и радость сулит». –
«О нет, мой младенец, ослышался ты:
То ветер, проснувшись, колыхнул листы».
«Ко мне, мой младенец; в дуброве моей
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Узнаешь прекрасных моих дочерей:
При месяце будут играть и летать,
Играя, летая, тебя усыплять».
«Родимый, лесной царь созвал дочерей:
Мне, вижу, кивают из темных ветвей». –
«О нет, все спокойно в ночной глубине:
То ветлы седые стоят в стороне».
«Дитя, я пленился твоей красотой:
Неволей иль волей, а будешь ты мой». –
«Родимый, лесной царь нас хочет догнать;
Уж вот он: мне душно, мне тяжко дышать».
Ездок оробелый не скачет, летит;
Младенец тоскует, младенец кричит;
Ездок погоняет, ездок доскакал…
В руках его мертвый младенец лежал.
***
LIED DER MIGNON
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Mzrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht’ ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.
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Kennst du das Haus?Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht’ ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.
Kennst du den Berg und seinen Molkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg;
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut,
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
Geht unser Weg! O Vater, laß uns ziehn!
МИНА
(Романс)
Я знаю край! Там негой дышит лес,
Златой лимон горит во мгле древес,
И ветерок жар неба холодит,
И тихо мирт и гордо лавр стоит…
Там счастье, друг! Туда! Туда
Мечта зовет! Там сердцем я всегда!
Там светлый дом! на мраморных столбах
Поставлен свод; чертог горит в лучах;
И ликов ряд недвижимых стоит;
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И, мнится, их молчанье говорит…
Там счастье, друг! Туда! Туда
Мечта зовет! Там сердцем я всегда!
Гора там есть с заоблачной тропой!
В туманах мул там путь находит свой;
Драконы там мутят ночную мглу;
Летит скала и воды на скалу!..
О друг, пойдем! Туда! Туда
Мечта зовет!.. Но быть ли там когда?
X. АNHANG
KLASSISCHES ERBE
FAUSTS SCHLUßMONOLOG
Ja, diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
Das ist der Weisheit letzter Schluß;
Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
Der täglich sie erobern muß!
Und so verbringt, umrungen von Gefahr,
Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.
Solch ein Gewimmel möcht ich sehn!
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn!
Zum Augenblicke dürft ich sagen:
Verweile doch, du bist so schön!
Es kann die Spur von meinen Erdentagen
Nicht in Äonen untergehn. –
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Im Vorgefühl von solchem hohen Glück
Genieß ich jetzt den höchsten Augenblick.
ЗАКЛЮЧИТЕЛЬНЫЙ МОНОЛОГ ФАУСТА
Я предан этой мысли! Жизни годы
Прошли не даром; ясен предо мной
Конечный вывод мудрости земной:
Лишь тот достоин жизни и свободы,
Кто каждый день идет за них на бой!
Всю жизнь в борьбе суровой, непрерывной
Дитя, и муж, и старец пусть ведет,
Чтоб я увидел в блеске силы дивной
Свободный край, свободный мой народ!
Тогда сказал бы я: мгновенье!
Прекрасно ты, продлись, постой!
И не смело б веков теченье
Следа, оставленного мной!
В предчувствии минуты дивной той
Я высший миг теперь вкушаю свой.
1.
Vergleichen Sie die Übersetzung des Gedichts mit dem Original.
2.
Lesen Sie das Gedicht vor.
***
NUTZE DEINE JUNGEN TAGE
Geh! Gehorche meinen Winken,
Nutze deine jungen Tage,
22
Lerne zeitig klüger sein:
Auf des Glückes großer Waage
Steht die Zunge selten ein.
Du mußt steigen oder sinken,
Du mußt herschen und gewinnen,
Oder dienen und verlieren,
Leiden oder Triumphieren,
Amboß oder Hammer sein.
das Erbe – наследие;
der Wink – указание, знак;
die Waage – весы.
1.
Beantworten Sie die folgenden Fragen.
- Sind Sie einverstanden damit, daß Goethe hier das Leben als einen Kampf
versteht?
- Welche Stophen des Gedichtes zeugen davon?
- Welcher Satz des Gedichtes ist zu einem geflügelten Wort geworden?
2.
Suchen Sie die russische Übersetzung von dem Gedicht.
3.
Lesen Sie das Gedicht ausdrucksvoll vor.
***
HEIDENRÖSLEIN
Sah ein Knab’ ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so jung und morgenschön,
Lief er schnell, es nah zu sehn,
Sah’s mit vielen Freuden.
23
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Knabe sprach: Ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: Ich steche dich,
Daß du ewig denkst an mich,
Und ich will’s nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Und der wilde Knabe brach
’s Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
Half ihm doch kein Weh und Ach.
Mußt es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
steht die Zunge selten ein – стрелка весов редко стоит на точке равновесия;
sinken – опускаться;
leiden – страдать;
Amboß oder Hammer sein – быть наковальней или молотом;
„Heidenröslein“ – «Степная розочка»
stechen – у(колоть);
leiden – (здесь) терпеть;
wild – озорной, дикий;
’s Röslein = das Röslein
sich wehren – защищаться;
kein Weh und Ach – никакие жалобы (сетования).
24
1.
Unter wessen Einfluß erschien das Gedicht?
2.
Lesen Sie und übersetzen Sie das Gedicht!
3.
Beantworten Sie die folgenden Fragen!
- Welche poetischen Mittel verwendet der Dichter in diesem Gedicht?
- Welche Ausdrücke beweisen, daß das Gedicht im Ton eines volksliedes
geschrieben ist?
4.
Hören Sie sich das Gedicht vom Tonbandgerät.
XI. EPIGRAMMATISCHES
DEN ORIGINALEN
Ein Quidam sagt: „Ich bin von keiner Schule!
Kein Meister lebt, mit dem ich buhle;
Auch bin ich weit davon entfernt,
Daß heißt, wenn ich ihn recht verstand:
„Ich bin ein Narr auf eigne Hand.“
САМОРОДКАМ
Он говорит: «Ничем я не обязан
Ни современникам, ни старым мастерам,
Я ни с какими школами не связан:
Учиться у кого-то – стыд и срам!»
Все это можно изложить и так:
«Не чьей-нибудь – своей я милостью дурак!»
***
25
DIE JAHRE
Die Jahre sind aller liebste Leut’:
Sie brachten gestern, sie bringen heut,
Und so verbringen wir Jüngern eben
Das allerliebste Schlaraffenleben.
Und dann fällt’s den Jahren auf einmal ein,
Nicht mehr wie sonst bequem zu sein;
Wollen nicht mehr schenken, wollen nicht mehr borgen,
Sie nehmen heute, sie nehmen morgen.
ГОДЫ
Хороший нрав у юных лет:
Чего ни попросишь – отказа нет,
И в дружбе с ними, без всякой опаски,
Мы можем прожить как в волшебной сказке.
Но вдруг характер меняют года.
Глядишь – сварливейшие господа:
Взаймы не дают, без конца укоряют
И все, что давали, назад отбирают.
1.
Vergleichen Sie die russische Übersetzung der Epigramme mit dem
Original!
2.
Versuchen Sie festzustellen, wo die Übersetzung vom Original abweicht!
***
MEERESSTILLE
26
Tiefe Stille herrscht im Wasser,
Ohne Regung ruht das Meer,
Und bekümmert sieht der Schiffer
Glatte Fläche ringsumher.
Keine Luft von keiner Seite,
Todesstille fürchterlich!
In der ungeheuren Weite
Reget keine Welle sich.
ruhen – покоиться, лежать
bekümmert – озабоченный, опечаленный
keine Luft – никакого ветра
ungeheuer – бесконечный
1.
Hören Sie sich das Gedicht vom Kassettenrekorder an, achten Sie auf die
Pausen und auf die Betonung!
2.
Lernen Sie das Gedicht auswendig!
***
Wandrers Nachtlied
Über allen Gipfeln
Ist Ruh,
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
27
Ruhest du auch.
1.
Wer hat dieses Gedicht ins Russische übersetzt?
2.
Können Sie es russisch vortragen?
3.
Welcher russischer Komponist hat dieses Gedicht vertont?
***
Gefunden
Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.
Ich wollt’ es brechen,
Da sagt’ es fein:
„Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?“
1.
Welches Gedicht über eine Blume haben Sie schon gelesen?
2.
Was Allgemeines gibt es in diesen beiden Gedichten?
3.
Lernen Sie diese Gedichte auswendig.
28
XII. Lesestücke.
1.
Wer leitete die Bildung der Kinder in der Familie?
2.
Welche Sprachen lehrte der Vater seine Kinder?
3.
Warum kann mann sagen, daß Goethe große Fortschritte beim Lernen der
Sprachen hatte?
UNTERRICHT BEIM VATER
(Aus Goethes Kindheit)
Es waren einige Minuten vor 12 Uhr. Wolfgang stand an der Tür zu Vaters
Arbeitszimmer und hielt zwei Hefte in der Hand. Punkt 12 Uhr sollte er mit
seiner Schwester zum Vater kommen. Sie sollten ihm die Arbeiten vorzeigen,
die sie angefertig hatten. Wolfang blickte durch das Schlüsseloch. Er konnte
die Hände des Vaters auf dem blanken Schreibtisch sehen. Sicher schrieb Vater
wieder seine Erinnerungen über die Reise nach Italienin das Heft, das
aufgeschlagen vor ihm lag. Doch für heute schien er fertig zu sein. Er klappte
eben das Heft zu und wischte die Feder sorgfältig an einem Tüchlein ab.
Wolfang blickte sich beunruhigt um. Wo blieb nur die SchwesterCornelia?
War sie mit den Aufgaben nicht fertiggeworden? Endlich kam sie die Treppe
herunter.
Jetzt wurde im Zimmer ein Stuhl hörbar gerückt. Schritte näherten sich, und
schon stand der Vater in der Tür.Er war ein großer, stattlicher Mann, hatte eine
hohe gewölbte Stirn, und unter den dicken Augenbrauen blickten ernste Augen
hervor. „Ach, da seid ihr ja“, sagte der Vater, „kommt nur herein!“ Der Vater
nahm wieder am Schreibtisch Platz, und die Kinder legten ihre Hefte vor ihm hin.
Wolfgang hatte einer Aufsatz in lateinischer Sprache geschrieben. Prüfend begann
der Vater Seite um Seite in Wolfgangs Heft zu lesen. Es war ganz still im
Zimmer. Nur das Umblättern konnte man hören. „Mein Sohn“, sagte der Vater,
„du hast fleißig gearbeitet. Dein Aufsatz ist fehlerlos. Auch die Schrift ist jetzt
29
sauber.“ Er sah Wolfgang freundlich an: „Du bist jetzt zehn Jahre alt. Wenn du
weiter fleßig lernst, wirst du einmal die berühmte Universität Leipzig besuchen
können, an der auch ich studiert habe.“ Mit diesen Worten händigte er seinem
Jungen das Heft aus. „Herr Vater“, sagte Wolfgang, „darf ich Ihnen noch eine
Arbeit vorlegen? An dem lateinischen Aufsatz schrieb ich nur eine Stunde. Weil
ich dann noch viel Zeit hatte, schrieb ich den ganzen Aufsatz noch einmal, aber in
italienischer Sprache. Hier ist er. „Wolfgang öffnete ein Heft und hielt es dem
Vater hin. Seine Wangen hatten sich vor Eifer gerötet. „Wie?“ sagte der Vater
erstaunt, „ich habe doch nur deiner Schwester Unterricht im Italienischen erteilt.
Bist du unter die Zauberkünstler gegangen?“
„Nein“, antwortete Wolfgang, „aber ich saß in dem Zimmer, in dem Sie Cornelia
unterrichteten. Wenn ich nun mit meinen Aufgaben fertig War, hörte ich Ihnen zu
und lernte alles mit.“
das Heft zuklappen – захлопнуть тетрадь;
Nur das Umblättern konnte man hören – Можно было только слышать, как
перелистываются страницы;
aushändigen – вручать;
Unterricht erteilen – заниматься с кем – либо;
Unter die Zauberkünstler gehen – стать фокусником.
XIII. Lesen Sie diese Geschichte und beantworten Sie bitte folgende Fragen:
1.
Warum begannen sich die Studenten über Goethe lustig zu machen?
2.
Wie reagierte Goethe darauf?
GOETHE UND STUDENTEN
Goethe war einst nach einer Wanderung in ein Wirtschaus eingekehrt und
trank eine kleine Flasche Wein, den er in seinem Glas mit Wasser verdünnte. An
30
einem andered Tisch saßen fröhliche Studenten, die zechten. Als sie nun sahen,
daß der Herr am Nebentisch den Wein mit Wasser mischte, begannen sie, sich
über ihn lustig zu machen. Einer fragte sogar spöttisch, warum der Herr das edle
Getränk mit Wasser verdünne. Da erwiderte Goethe schlagfertig:
„Wasser allein macht stumm,
Das beweisen im Teiche die Fische.
Wein allein macht dumm,
Das beweisen die Herren am Tische.
Und da ich keines von beiden will sein,
Trink’ ich das Wasser vermischt mit Wein.“
Die zechten – которые кутили;
Sich über ihn lustig zu machen – насмехаться над ним;
Warum der Herr das edle Getränk mit Wasser verdünne – почему господин
разбавляет благородный напиток водой;
Keines von beiden – ни тем, ни другим.
XIV. Lesen Sie die folgenden Sprüche.
1.
Unterstreichen Sie in zwei verschiedenen Farben Wörter, die eine Kritik
bzw. ein Lob enthalten.
2.
Kreuzen Sie an, welche Sprüche eine positive und welche eine negative
Kritik beinhalten.
3.
Versuchen Sie diese Sprüche zu übersetzen.
4.
Lernen Sie 2-3 Sprüche, die Ihnen am besten gefallen, auswendig.
Sprüche
Die Erde wird durch Liebe frei,
31
Durch Taten wird sie groß.
***
Wenn dir’s in Kopf und Herzen schwirrt,
Was willst du Beßres haben!
Wer nicht mehr liebt und nicht mehr irrt,
Der lasse sich begraben.
***
Noch ist der Tag, da rühre sich der Mann!
Die Nacht tritt ein, wo niemand wirken kann.
***
Des echten Mannes Feier ist die Tat.
***
Die Welt ist nicht aus Brei und Mus geschaffen,
Deswegen haltet euch nicht wie Schlaraffen,
Harte Bissen gibt es zu kauen,
Wir müssen erwürgen oder sie verdauen.
***
Frisch gewagt ist schon gewonnen,
Halb ist schon mein Werk vollbracht,
Sterne leuchten mir wie Sonnen,
Nur dem Feigling ist es Nacht.
***
Komm! Wir wollen dir versprechen
Rettung aus dem tiefsten Schmerz.
Pfeiler, Säulen kann man brechen,
Aber nicht ein freies Herz.
Denn es lebt ein ewig Leben,
Es ist selbst der ganze Mann;
In ihm wirken Lust und Streben,
Die man nicht zermalmen kann.
32
wie Schlaraffen – wie Faulenzer
Friedrich
von
Schiller,
ein
großer
deutscher Dichter
Um das Jahr 1800 war Deutschland in viele
einzelne Staaten aufgeteilt. Diese wurden
außerdem noch von Napoleon beherrscht.
Und doch hat Deutschland niemals mehr so
große Männer in Dichtung, Philosophie und
Kunst
hervorgebracht
Jahrzehnten.
Unter
als
in
diesen
diesen
großen
Persönlichkeiten sind auch die Dichter
Goethe und Schiller.
Friedrich von Schiller wurde 1759 in dem
Städtchen Marbach am Neckar in der Nähe
von Stuttgart geboren. Sein Vater war ein
einfacher Offizier im Dienst des Herzogs Friedrich Schiller (Porträt)
von Württemberg. Schiller hing sehr an seiner Mutter. Sie war eine stille, fromme
Frau. Deshalb wollte er als Kind auch Pfarrer werden.
Auf der Suche nach Freiheit
33
Schon mit 13 Jahren mußte Schiller sein Elternhaus verlassen. Auf Befehl des
Herzogs von Württemberg mußte er von jetzt an eine Militärakademie bei
Stuttgart besuchen, also eine Schule für zukünftige Soldaten. Hier blieb er acht
Jahre. Er kam sich an dieser Schule wie in einem Gefängnis vor. Denn die Schüler
dort hatten wenig Freiheit, sie wurden zum Gehorsam gezwungen.
Aus dieser Zeit stammt Schillers Liebe zur Freiheit. Er schrieb heimlich in diesen
Jahren sein erstes Schauspiel "Die Räuber". In diesem Drama ruft er zum Kampf
gegen alle Tyrannen und Diktatoren auf. Das waren damals manche der deutschen
Fürsten, wobei es allerdings auch gute unter ihnen gab. Napoleon war später ein
besonderer Diktator.
Nach Beendigung der Schulzeit wurde Schiller ein einfacher Militärarzt, denn er
hatte auf der Schule etwas Medizin lernen müssen. Dieser Beruf machte ihm aber
überhaupt keine Freude.
Durch viel Not
Anonym ließ Schiller dann in Mannheim
sein Schauspiel "Die Räuber" aufführen.
Das Drama hatte einen riesigen Erfolg.
Daraufhin
verbot
der
Herzog
von
Württemberg Schiller, Schauspiele zu
schreiben. Aber Schiller mußte einfach
Dramen schreiben, er war ein echter
Dichter. Außerdem wollte er sich vom
Herzog nicht zu etwas zwingen lassen.
Deshalb
floh
Schiller
1782
Schiller
aus
trägt
aus
den
"Räubern" vor
Württemberg in einen anderen deutschen
Staat. Das war für ihn gefährlich und ein großes Wagnis. Denn jetzt verdiente er
nichts mehr. Er war als Dichter noch unbekannt. Wovon sollte er jetzt leben?
34
So wanderte Schiller in den Jahren von 1782 bis 1789 durch Deutschland hin und
her. Er litt viel Not. Manchmal wurde ein Gedicht vom ihm abgedruckt. Auch sein
in diesen Jahren entstandenes Schauspiel "Kabale (= Intrige) und Liebe" wurde
aufgeführt. In ihm schildert Schiller, wie ein junger Adliger und ein einfaches
Bürgermädchen sich lieben und doch wegen ihres verschiedenen Standes nicht
heiraten können. Beide gehen schließlich zugrunde.
Aber durch das alles bekam Schiller nicht viel Geld. Auch war er öfter krank.
Aber immer wieder nahmen Freude und Bewunderer ihn bei sich auf und halfen
ihm eine Zeitlang aus der Not.
Ein neuer Lebensabschnitt
1789 bekam Schiller durch Hilfe von Goethe eine Anstellung als Professor für
Geschichte in Jena in Sachsen. Jetzt hatte er ein sicheres Einkommen. Deshalb
konnte er jetzt seine Verlobte Charlotte von Lengefeld heiraten. Außerdem lag
Jena dicht bei Weimar. Dort in seiner Residenz hatte der Herzog von SachsenWeimar Goethe und zahlreiche andere Dichter, Künstler und Gelehrte
versammelt.
In den folgenden Jahren schrieb Schiller kein Drama und nur wenige Gedichte. Er
beschäftigte sich jetzt viel mit Geschichte und philosophischen Fragen, besonders
mit der Philosophie Kants. Durch Kant lernte er, daß der Mensch ein moralisches,
ethisches Wesen ist. Er hat die Aufgabe, seine schlechten, niedrigen Regungen in
sich zu bekämpfen und ein immer vollkommenerer, besserer Mensch zu werden.
Eine große Freundschaft
1794 lernte Schiller Goethe näher kennen. Beide Männer waren sehr verschieden.
Goethe hatte nie äußere Not gelitten, Schiller dagegen mußte viel Not durch
35
Geldsorgen
und
Krankheit
durchmachen.
Wenn
Goethe
dichtete oder
wissenschaftlich arbeitete, mußte er alles sehen und empfinden können.
Schiller dagegen beschäftigte sich lieber mit
theoretischen Begriffen wie z.B. Schönheit
oder Menschenliebe. Deshalb ist Schillers
Sprache auch nicht so natürlich wie die
Goethes, sondern oft etwas künstlich und
pathetisch. Dennoch kann uns seine Sprache
begeistern und mitreißen. Aber trotz dieser
Gegensätze
Schiller
zusammen
mit
Goethe und den Geschwistern
von Humboldt
Dichtern
entstand
eine
immer
zwischen
enger
beiden
werdende
Freundschaft und große Hochachtung.
1799 zog Schiller nach Weimar. Er kaufte
sich dort ein Haus für sich und seine Familie.
Durch die Freundschaft zwischen Goethe und ihm wurden beide wieder zum
Dichten angeregt. Schon vorher hatte Schiller das Schauspiel "Don Carlos"
geschrieben. Jetzt entstanden die Dramen "Wallenstein", "Die Jungfrau von
Orleans" und "Maria Stuart". In diesem Schauspiel erzählt Schiller, wie die
Königin Maria Stuart von ihrer Gegnerin, der Königin Elisabeth, ungerecht zum
Tode verurteilt wird. Aber sie bejaht ihren Tod, indem sie ihn als Strafe für eine
frühere Schuld in ihrem Leben annimmt. So siegt sie innerlich über Elisabeth,
auch wenn sie äußerlich zugrunde geht.
Die Glocke" beschreibt Schiller den Weg
des Menschen von seiner Geburt bis zu
seinem Tod. Sein letztes vollendetes Drama
ist "Wilhelm Tell". In ihm schildert er den
Freiheitskampf der Schweizer unter ihrem
Anführer Tell.
Szene aus Wilhelm Tell
36
Wie kein anderer Dichter hat Schiller darum gekämpft, ein immer
vollkommenerer Mensch zu werden und andere durch seine Dramen und Schriften
zu bessern. Er jagte dem Ideal nach, dem Höchsten und Größten. Deswegen nennt
man ihn auch einen Idealisten.
Ein früher Tod
Schiller war ein tapferer Mensch, ein mutiger Kämpfer und ein fleißiger Arbeiter.
Er verlangte viel von sich. Deshalb war er oft krank. So ist er schon 1805 mit 46
Jahren in Weimar gestorben. Er hätte noch manches große Werk schaffen können.
Mit ihm verlor Deutschland seinen nach Goethe größten Dichter.
Schiller spricht häufig von Gott. Er sagt z.B. in seinem Gedicht "An die Freude":
"Brüder, überm Sternenzelt muß ein gütiger Vater wohnen" (von Beethoven in
seiner 9. Symphonie vertont). Aber Gott war für Schiller nur ein bloßer Gedanke.
Mit Gott im Gebet reden, auf Gottes' Stimme hören, sich von Gott helfen lassen das konnte Schiller nicht. Alles, was er tat, wollte er aus eigener Kraft tun, ohne
Gott.
Wir Menschen können zwar aus eigener Kraft viel erreichen. Aber wenn wir uns
die Welt mit ihrer vielfachen Not heute ansehen, erkennen wir, wie ohnmächtig
der Mensch im Grunde ist. Auch Schiller konnte seinen Kampf für das Gute nicht
weiterkämpfen, als er in der Mitte seines Lebens sterben mußte. Da war alle
Freude für ihn zu Ende.
Aber wenn wir uns durch Jesus zu Gott bringen lassen, werden wir von Gott für
ewig versorgt und geliebt. Dann kann uns auch der Tod nicht das Leben nehmen.
Dann wissen wir: Nicht wir Menschen, aber Gott wird einmal eine Welt ohne
Leid, ohne Tränen und ohne Tod schaffen.
37
Wortliste
aufteilen – teilte auf – aufgeteilt – поделить;
hervorbringen – доставать
Auf Befehl des Herzogs – по приказу герцога;
das Gefängnis – тюрьма;
gehorsam – послушный;
zwingen – побуждать;
zum Kampf aufrufen – призывать к борьбе;
fliehen – спасаться бегством;
Er litt viel Not – он испытывал большую нужду;
aufführen – ставить, исполнять на сцене;
Ein Schauspiel aufführen – поставить пьесу;
der Adliger –
Zu Ingrunde gehen – погибнуть;
bei sich aufnehmen –
eine Anstellung bekommen – получить место (должность);
das Einkommen – доход;
verlobt sein – быть помолвленным;
das Wesen – существо;
ungerecht – несправедливо;
zum Tode verurteilen – приговорить к смерти.
Fragen und Aufgaben
I. Friedrich von Schiller, ein großer deutscher Dichter.
1.
Wann und wo wurde Friedrich von Schiller geboren?
2.
Wo und als was war sein Valter im Dienst?
38
II. Auf der Suche nach Freiheit.
1.
Warum musste Schiller sein Elternhaus verlassen?
2.
Wie lange blieb er in Stuttgart?
3.
Warum fühlte er sich in dieser Schule wie in einem Gefängnis?
4.
Welches Schauspiel wurde in dieser Zeit heimlich geschrieben?
5.
Wozu ruft er in diesem Drama auf?
6.
Warum wurde Schiller nach Beendigung der Schulzeit ein Militärarzt?
III. Durch viel Not.
1.
Wo wurde das Drama „Die Räuber“ aufgeführt?
2.
Warum verließ Schiller Würtemberg?
3.
Wieviel Jahre wanderte Schiller durch Deutschland hin und her?
4.
Was schildert Schiller im Schauspiel „Kabale und Liebe?
5.
Wie veränderte sich sein Leben in dieser Zeit? Wie stand es ihm
gesundheitlich?
IV. Ein neuer Lebensabschnitt.
1.
Durch wessen Hilfe und wo bekam Schiller eine Ansfellung als Professor
für Geschichte?
2.
Warum konnte er jetzt seine Verlobte Charlotte von Lengefild heiraten?
3.
Womit beschäftigte sich jetzt Schiller?
4.
Was lernte er durch Philosophie Kants?
V. Eine große Freundschaft.
1) Worin besteht die Verschiedenheit zwischen Goethe und Schiller?
39
2) Was entstand trotz dieser Gegensätze zwischen beiden Dichtern?
3) Wann zog Schiller nach Weimar?
4) Welche Werke schrieb Schiller in Weimar?
VI. Ergänzen Sie:
1.
Im Schauspiel „Maria Stuart“ erzählt Schiller, wie die Königin Maria Stuart
von ihrer _____, der Königin Elisabeth, ungerecht zum _____ verurteilt wird.
2.
Aber Maria Stuart nimmt ihren Tod als Strafe für eine frühere _____ in
ihrem Leben an.
3.
Sie geht äußerlich zugrunde, aber sie _____ über Elisabeth innerlich.
4.
In seinem letzten _____ "Wihelm Tell" schildert Schiller den _____ der
Schweizer unter ihrem Auführer Tell.
5.
Durch seine Dramen und Schriften bemühte sich Schiller, ein
vollkommener _____ zu werden und auch andere Leute zu _____.
VII. Ein früher Tod.
1.
Schiller war oft krank, weil er viel von sich _____.
2.
Mit 46 jahren ist er in _____ gestorben.
3.
Mit ihm _____ Deutschland seinen nach Goethe großten Dichter.
AUS „DIE RÄUBER“
Schön wie Engel, voll Walhallas Wonne,
Schön vor allen Jünglingen war er,
Himmlisch mild sein Blick wie Maiensonne,
Rückgestrahlt vom blauen Spiegelmeer.
Sein Umarmen – Wütendes Entzücken! –
40
Mächtig, feurig klopfte Herz an Herz,
Mund und Ohr gefesselt – Nacht vor unsern Blicken –
Und der Geist gewirbelt himmelwärts.
Seine Küsse – paradiesisch Fühlen!
Wie zwo Flammen sich ergreifen, wie
Harfentöne ineinanderspielen
Zu der himmelvollen Harmonie -
Strürzten, flogen, schmolzen Geist und Geist zusammen,
Lippen, Wangen brannten, zitterten,
Seele rann in Seele – Erd und Himmel schwammen
Wie zerronnen um die Liebenden!
Er ist hin – vergebens, ach vergebens
Stöhnet ihm der bange Seufzer nach!
Er ist hin, und alle Lust des Lebens
Wimmert hin in ein verlornes Ach!
ПЛАЧ ЛЮДМИЛЫ
Ангел был он красотою!
Маем кроткий взор блистал!
Все великою душою
Несравненный превышал!
Поцелуи - сладость рая,
Слитых пламеней струя,
Горных арф игра святая!
Небеса вкушала я!
41
Взором взор, душа душою
Распалялись – все цвело!
Мир сиял для нас весною,
Все нам радость в дар несло!
Непостижное слиянье
Восхищенья и тоски,
Нежных ласк очарованье,
Огнь сжимающей руки!
Сердца сладостные муки –
Все прости… его уж нет!
Ах! Прерви ж печаль разлуки,
Смерть, души последний свет!
***
DER HANDSCHUH
Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten,
Saß König Franz,
Und um ihn die Großen der Krone
Und rings auf hohem Balkone
Die Damen in schönem Kranz.
Und wie er winkt mit dem Finger,
Auf tut sich der weite Zwinger,
Und hinein mit bedächtigem Schritt
Ein Löwe tritt,
42
Und sieht sich stumm
Rings um,
Mit langem Gähnen,
Und schüttelt die Mähnen
Und streckt die Glieder
Und legt sich nieder.
Und der König winkt wieder,
Da öffnet sich behend
Ein zweites Tor,
Daraus rennt
Mit wildem Sprunge
Ein Tiger hervor.
Wie der den Löwen erschaut,
Brüllt er laut,
Schlägt mit dem Schweif
Einen furchtbaren Reif
Und recket die Zunge,
Und im Kreise scheu
Umgeht er den Leu
Grimmig schnurrend;
Drauf streckt er sich murrend
Zur Seite nieder.
Und der König winkt wieder,
Da speit das doppelt geöffnete Haus
Zwei Leoparden auf einmal aus.
Die stürzen mit mutiger Kampfbegier
Auf das Tigertier;
Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen,
43
Und der Leu mit Gebrüll
Richtet sich auf – da wird’s still,
Und herum im Kreis,
Von Mordsucht heiß,
Lagern die greulichen Katzen.
Da fällt von des Altans Rand
Ein Handschuh von schöner Hand
Zwischen den Tiger und den Leun
Mitten hinein.
Und zu Ritter Delorges Spottenderweis’
Wendet sich Fräulein Kunigund’:
„Herr Ritter, ist Eure Lieb’ so heiß,
Wie Ihr mir’s schwört zu jeder Stund’,
Ei, so hebt mir den Handschuh auf!“
Und der Ritter in schnellem Lauf
Streight hinab in den furchtbarn Zwinger
Mit festem Schritte,
Und aus der ungeheuer Mitte
Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.
Und mit Erstaunen und mit Grauen
Sehen’s die Ritter und Edelfrauen,
Und gelassen bringt er den Handschuh zurück.
Da schallt ihm sein Lob aus Jeden Munde,
Aber mit zärtlichem Liebesblick –
Er verheißt ihm sein nahes Glück –
Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:
44
„Den Dank, Dame, begehr’ ich nicht!“
Und verläßt sie zur selben Stunde.
ПЕРЧАТКА
Перед своим зверинцем,
С баронами, с наследным принцем,
Король Франциск сидел;
С высокого балкона он глядел
На поприще, сраженья ожидая;
За королем, обворожая
Цветущей прелестию взгляд,
Придворных дам являлся пышный ряд.
Король дал знак рукою –
Со стуком растворилась дверь,
И грозный зверь
С огромною главою,
Косматый лев
Выходит;
Кругом глаза угрюмо водит;
И вот, все оглядев,
Наморщил лоб с осанкой горделивой,
Пошевелил густою гривой,
И потянулся, и зевнул,
И лег. Король опять рукой махнул –
Затвор железной двери грянул,
И смелый тигр из-за решетки прянул;
Но видит льва, робеет и ревет,
Себя хвостом по ребрам бьет,
45
И крадется, косяся взглядом,
И лижет морду языком,
И, обошедши льва кругом,
Рычит и с ним ложится рядом.
И в третий раз король махнул рукой –
Два барса дружною четой
В один прыжок над тигром очутились;
Но он удар им тяжкой лапой дал,
А лев с рыканьем встал…
Они смирились,
Оскалив зубы, отошли,
И зарычали, и легли.
И гости ждут, чтоб битва началась.
Вдруг женская с балкона сорвалась
Перчатка… все глядят за ней…
Она упала меж зверей.
Тогда на рыцаря Делоржа с лицемерной
И колкою улыбкою глядит
Его красавица и говорит:
«Когда меня, мой рыцарь верный,
Ты любишь так, как говоришь,
Ты мне перчатку возвратишь».
Делорж, не отвечав ни слова,
К зверям идет,
Перчатку смело он берет
И возвращается к собранью снова.
46
У рыцарей и дам при дерзости такой
От страха сердце помутилось;
А витязь молодой,
Как будто ничего с ним не случилось,
Спокойно всходит на балкон;
Рукоплесканьем встречен он;
Его приветствуют красавицыны взгляды…
Но, холодно приняв привет ее очей,
В лицо перчатку ей
Он бросил и сказал: «Не требую награды».
***
DAS FISCHERMÄDCHEN
Du schönes Fischermädchen,
Treibe den Kahn ans Land;
Komm zu mir und setze dich nieder,
Wir kosen Hand in Hand.
Leg an mein Herz dein Köpfchen,
Und fürchte dich nicht zu sehr;
Vertraust du dich doch sorglos
Täglich dem wilden Meer!
Mein Herz gleicht ganz dem Meere,
Hat Sturm und Ebb und Flut
Und manche schöne Perle
In seiner Tiefe ruht.
47
РЫБАЧКА
Красавица рыбачка,
Оставь челнок на песке.
Посиди со мной, поболтаем,
Рука в моей руке.
Прижмись головкой к сердцу,
Не бойся ласки моей;
Ведь каждый день ты с морем
Играешь судьбою своей.
И сердце мое как море,
Там бури, прилив и отлив,
В его глубинах много
Жемчужных дремлет див.
1. Lesen Sie das Gedicht. Vergleichen Sie die Übersetzung des Gedichtes mit dem
Original.
2. Hören Sie sich das Lied „Das Fischermädchen“ vom Tonbandgerät (Musik von
Franz Schubert, gesungen von Theo Adam) an.
***
IHR BILD
Ich stand in dunklen Träumen
Und starrt ihr Bildnis an,
Und das geliebte Antlitz
48
Heimlich zu leben begann.
Und ihre Lippen zog sich
Ein Lächeln wunderbar,
Und wie von Wehmutstränen
Erglänzte ihr Augenpaar.
Auch meine Tränen flossen
Mir von den Wangen herab.
Und ach! Ich kann es nicht glauben,
Daß ich dich verloren hab!
ЕЕ ПОРТРЕТ
В ее портрет углубившись,
Я смутным предался мечтам,
И вдруг дыханье жизни
Прошло по любимым чертам.
Улыбкою дрогнули губы,
И странно блеснули глаза,
Как будто на них навернулась
Невидимая слеза.
И слезы мои покатились,
Твои застилая черты.
О боже! Могу ли поверить,
Что мною потеряна ты!
49
1. Lesen sie das Gedicht. Vergleichen Sie dann die Übersetzung des Gedichtes mit
dem Original.
2. Lesen Sie das Gedicht noch einmal ausdrucksvoll vor.
***
AUS DEM ZUKLUS „DIE HEIMKEHR“
Herz mein Herz, sei nicht beklommen
Und ertrage dein Geschick
Neuer Frühling gibt zurück,
Was der Winter dir genommen.
Und wie viel ist dir geblieben!
Und wie schön ist noch die Welt!
Und, mein Herz, was dir gefällt,
Alles, alles darfst du lieben!
Sei nicht beklommen – не сжимайся
Das Geschick – судьба, участь
1. Übersetzen Sie das Gedicht.
2. Lesen Sie es ausdrucksvoll vor.
***
WIR SASSEN AM FISCHERHAUSE
Wir saßen am Fischerhause
Und schauten nach der See;
50
Die Abendnebel kamen
Und stiegen in die Höh.
Im Leuchtturm wurden die Lichter
All mählich angesteckt,
Und in der weiten Ferne
Ward noch ein Schiff etdeckt.
Wir sprechen von Sturm und Schiffbruch,
Vom Seemann, und wie er lebt,
Und zwischen Himmel und Wasser
Und Angst und Freude schwebt.
Wir sprachen von fernen Küsten,
Vom Süden und vom Nord
Und von den seltsamen Völkern
Und seltsamen Sitten dort.
Die Mädchen horchten ernsthaft,
Und endlich sprach niemand mehr;
Das Schiff war nicht mehr sichtbar,
Es dunkelte gar zu sehr.
der Leuchtturm – маяк
anstecken – зажигать
ward entdeckt (устарело) = wurde entdeckt
der Schiffbruch – кораблекрушение
schweben – парить, витать
die Küste – (морской) берег
die Sitte – обычай
ernsthaft horchen – серьезно слушать
51
sichtbar sein – видеться
1. Schreiben Sie das gekürzte Gedicht ab. Setzen Sie die Pausen und
Betonungszeichen ein.
2. Hören Sie sich das Lied vom Kassettenrecorder an. Lesen Sie es dann
ausdrucksvoll vor.
VIII. Lesen Sie anfmerksam dieses Leitfaden vom Leben und Werk Schillers
und versuchen Sie den Lebenslauf von Schiller kurz nachzuerzählen.
Leben und Werk. Ein Leitfaden
1759 10. November: Johann Christoph Friedrich Schiller in Marbach am
Neckar geboren. Eltern: Kaspar Schiller (1723—1796), Leutnant, Hauptmann, Werbeoffizier und später Intendant der herzoglichen Hofgärtnerei
auf der Solitude; Elisabeth Doro-thea, geb. Kodweiß (1732-1802).
Schwester: Christophine, geboren: 1757.
1760 Rückkehr des Vaters aus dem Krieg. Wechselnde Aufenthalte in
den nächsten Jahren.
1764—1766 Die Familie Schiller in Lorch. Elementarunterricht in der
Lorcher Dorfschule.
1766 Umsiedlung nach Ludwigsburg.
1767 Eintritt in die Lateinschule der Stadt.
1772 Erste — nicht erhaltene — Trauerspielversuche: „Die Christen" und
„Absalon".
1773 Plan, Theologie zu studieren. Aber der Herzog Karl Eugen beordert
Schiller — den Sohn seines Hauptmanns — auf die militärische
„Karlsschule" (1771 auf der Solitude, 1773 Verlegung nach Stuttgart).
Innere Auflehnung gegen die Erziehungsmethoden der „Karlsschu-le".
52
Heimliche Beschäftigung mit zeitgenössischer Literatur („Sturm und
Drang“ -Dramatik, Lessing, Klopstock) in kleinem Freundeskreis.
1774 Beginn des Jura-Studiums.
1775 Wechsel zur Medizin.
1776 Intensive Beschäftigung mit Shakespeares Dramen, angeregt durch
den Philosophie-Professor Jakob Friedrich Abel. Lektüre von Rousseau.
1777 Erste Szenen zu den „Räubern" entstehen.
1779 Schillers medizinische Dissertation „Philosophie der Physiologie"
wird abgelehnt. 14. Dezember: erste Begegnung mit Goethe und dem
Herzog Karl August von Weimar auf dem Akademie-Stiftungsfest.
1780 Schillers zweite medizinische Dissertation wird zum Druck
freigegeben. Ausarbeitung der „Räuber".
15. Dezember: Entlassung aus der Militärakademie. Beorderung als
Militärarzt zum Grenadierregiment Auge in Stuttgart.
1781 Die „Räuber" erscheinen im Selbstverlag. Heribertvon Dalberg,
Intendant des Mannheimer Nationalthea-ters, fordert Schiller zu einer
Bühnenbearbeitung auf.
1782 Mannheimer Uraufführung der „Räuber" — ein großer Erfolg. Schiller
ist gegen den Willen des Herzogs Karl Eugen anwesend.
Februar: Schillers Gedichtesammlung „Anthologie auf das Jahr 1782"
erscheint im Selbstverlag. Mitherausgabe des Wirtembergischen
„Repertoriums der Littera-tur"
Juli: 14 Tage Arrest wegen unerlaubter Reise nach Mannheim.
Arbeit am „Fiesco" und erste Konzeption der „Luise Millerin" (später:
„Kabale und Liebe"). 22. September: Flucht nach Mannheim mit dem
Freund Andreas Streicher, später weiter nach Oggersheim. 27 September:
Mißerfolg
des
„Fiesco"
bei
Lesung
im Kreis
von
Mannheimer
Schauspielern. 30. November: aus Furcht vor Verhaftung und Auslieferung
53
Abreise nach Bauerbach (Thüringen), auf das Gut von Henriette von
Wolzogen.
Freundschaft mit dem Bibliothekar Reinwald, dem späteren Mann von
Schillers Schwester Christophine.
1783 "Kabale und Liebe" beendet. Arbeit am „Don Carlos". Unglückliche Liebe
zu Charlotte von Wolzogen, der Tochter des Hauses. 24. Juli: Aufbruch nach
Mannheim.
1783 Ende August: Vertrag mit Dalberg über eine Anstellung als Theaterdichter
am Mannheimer Nationaltheater. Schwere Erkrankung.
1784 Aufnahme in die „Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft" in Mannheim.
Antrittsrede: „Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken" (die
spätere, revidierte Fassung steht unter dem Titel: „Die Schaubühne als moralische
Anstalt betrachtet"). "Fiesco" und „Kabale und Liebe" uraufgeführt. „Kabale und
Liebe" mit großem Erfolg. Keine Verlängerung des Vertrags mit Dalberg.
Finanzielle Sorgen.
Private Verwicklungen durch unglückliche Beziehung zu Charlotte von Kalb.
Dezember: Lesung aus „Don Carlos" am Darmstädter Hof in Gegenwart des
Herzogs Karl August von Weimar. Ernennung zum Weimarischen Rat.
1785 Erstes Heft der Theaterzeitschrift „Rheinische Thalia" erscheint.
Übersiedlung nach Gohlis bei Leipzig. Freundschaft mit Dora und Minna Stock,
Ludwig Ferdinand Huber, dem Maler Reinhart und-dem Verleger Georg Joachim
Göschen. Mai: Erstes Zusammentreffen mit Christian Gottfried Körner.
September/Oktober: zu Gast bei Körner im „Weinberghäuschen" in Loschwitz an
der Elbe.
Entstehung des Gedichts „An die Freude". Intensive Beschäftigung mit „Don
Carlos".
1786 Intensive historische Studien. Beginn der Arbeit an der „Geschichte
des Abfalls der Niederlande". Daneben Arbeit am Drama „Der versöhnte
Menschenfeind".
54
1787 Abschluß des „Don Carlos" und Uraufführung in Hamburg.
Auf Einladung von Charlotte von Kalb Reise nach Weimar. Besuche bei
Christoph Martin Wieland und Gottfried Herder. Bekanntschaft mit Carl
Ludwig von Knebel, Corona Schröter und Frau von Stein. Dezember:
Besuch bei Familie von Lengefeld in Rudol-stadt. Zuneigung zu den
Töchtern Karoline und Charlotte.
1788 Übersiedlung nach Rudolstadt. Fortsetzung historischer Studien.
Beendigung der „Geschichte des Abfalls der Niederlande".
September: Begegnung mit Goethe. Dezember: Berufung nach Jena auf den
Lehrstuhl für Geschichte.
1789 Übersiedlung nach Jena. Antrittsvorlesung: „Was ist
Universalgeschichte?"
"Der Geisterseher" erscheint bei Göschen. Erste Begegnung und
Freundschaft mit Wilhelm von Humboldt.
1790 Verleihung des Hofratstitels. Beginn des Quellenstudiums für die
„Geschichte des Dreißigjährigen Krieges". Heirat mit Charlotte von
Lengefeld.
1791 Ernste Erkrankung/von der sich Schiller nie mehr richtig erholt hat. Nach
vorübergehender Besserung schwerer Rückfall im Mai. Beurlaubung von den
Vorlesungen. Beginn des Kant-Studiums. Plan zum „Wallenstein". Juli: Kur in
Karlsbad.
Auf Anregung des dänischen Schriftstellers Jens Bag-gesen bieten der
Prinzchristian von Augustenburg und Graf Ernst von Schimmelmann Schiller eine
dreijährige Pension an.
1792 Wiederholte Krankheitsanfälle. Durch Vermittlung Körners Bekanntschaft
mit Friedrich Schlegel.
26. August: Die Pariser Nationalversammlung erteilt Schiller das französische
Ehrenbürgerrecht. Abschluß der „Geschichte des Dreißigjährigen Krieges".
1793 Heftige Krankheitsanfälle.
55
Entstehen der ästhetisch-philosophischen Abhandlungen „Über Anmut und
Würde" und „Vom Erhabenen". Arbeit am „Wallenstein".
Erster Dankbrief über „Die Philosophie des Schönen" an den Prinzen von
Augustenburg. Geburt des ersten Sohnes. Begegnung mit Friedrich Hölderlin.
1794 Aufenthalt in Stuttgart und Tübingen. Aufnahme der Verlagsbeziehungen zu
Cotta. Erste Bekanntschaft mit Johann Gottlieb Fichte. Gespräch mit Goethe
über die Urpflanze. Anbahnung der Freundschaft. Beginn des Briefwechsels.
September: Aufenthalt bei Goethe in Weimar. Niederschrift der ersten Briefe
„Über die ästhetische Erziehung des Menschen".
1795 Erstes Erscheinen der „Hören".
Berufung an die Uni Tübingen abgelehnt.
Arbeit an: „Über naive und sentimentalische Dichtung".
Reiche lyrische Produktion.
1796 Januar/Februar: In enger Zusammenarbeit mit Goethe entsteht ein großer
Teil der „Xenien", die im „Musenalmanach auf das Jahr 1797" veröffentlicht
werden. (Der „Musenalmanach" erscheint in der Folge bis 1800.) Geburt des
zweiten Sohnes.
Freundschaftlicher Verkehr mit August Wilhelm Schlegel. Quellenstudien und
erste Entwürfe zum „Wallenstein".
1797 Beginn der Balladendichtung.
Goethe in Jena: Unterhaltungen über Gattungsgesetze von Drama und Epos.
"Wallensteins Lager" beendet. Umdichtung des „Wallenstein" in Versform (bisher
Prosa).
1798 Regelmäßige Zusammenkünfte mit Goethe.
Vorläufiger Abschluß der einteiligen Fassung des „Wallenstein".
Uraufführung von „Wallensteins Lager" zur Eröffnung des umgebauten Weimarer
Theaters. Vollendung der „Piccolomini" (Teil 2 der „Wallenstein"-Trilogie).
56
1799 Uraufführung von „Piccolomini" und „Wallensteins Tod" in Weimar.
Großer Erfolg. Erste Arbeit an „Maria Stuart". Geburt der ersten Tochter.
Dezember: Umzug nach Weimar.
1800 Schiller bearbeitet Shakespeares „Macbeth" für
die Weimarer Bühne.
Abschließende Arbeit an „Maria Stuart" und Uraufführung. Erste Arbeiten zur
„Jungfrau von Orleans".
1801 Vollendung der „Jungfrau von Orleans".
Bühnenbearbeitung von Lessings „Nathan".
1802 Bühnenbearbeitung von Goethes „Iphigenie". Erste Beschäftigung mit
„Wilhelm Teil". Beginn der Arbeit an der „Braut von Messina". Schiller wird
geadelt.
1803 Abschluß der „Braut von Messina" und Uraufführung. Aufführung der
„Jungfrau von Orleans". Intensive Arbeit am „Wilhelm Teil".
1804 Vollendung des Teil und Uraufführung mit großem Erfolg.
Erste Entwürfe zu „Demetrius" April/Mai: Reise nach Berlin.
Schwere Krankheitsanfälle.
1805 Bühnenbearbeitung zu Racines „Phaedra". Fortführung des „Demetrius".
1. Mai: Letzter Theaterbesuch. Erneuter Krankheitsanfall. 9. Mai: Tod.
IX. Sehen Sie sich das Bild an und beantworten Sie bitte folgende Fragen.
1.
Was lesen diese Eheleute?
2.
Was ist denn da los?
3.
Warum hat die Dame ihren Handschuh geworfen?
4.
Was meinen Sie, was geschieht weiter?
57
58
X. Diskutieren Sie bitte!
1. Warum schätzte Schiller so hoch die Freiheit?
2. Worin ist seine Liebe zur Freiheit ausgedrückt?
3. Warum schreibt Schiller in seinen letzen Lebensjahren historische Dramen?
XI. Lesen Sie aufmerksam dieses Leitfaden vom Leben und Werk Schiller
und versuchen Sie den Lebenslanf von Schiller kurz nachzuerzählen.
Heinrich Heine - Dichter
und Kämpfer
1997 gedachten wir des 200. Geburtstags des deutschen
Dichters Heinrich Heine (1797-1856). Heine ist im
Ausland bekannter als in Deutschland; denn es gab
Zeiten, in denen viele Deutsche Heine wegen seiner
politischen Überzeugungen ablehnten, aber auch deshalb,
weil er Jude war.
Ein Romantiker am Bankschalter
Heinrich Heine
59
Heinrich Heine wurde 1797 in Düsseldorf am Rhein geboren. Dort war sein Vater
Kaufmann. Heine liebte seine Eltern sehr.
Nach seiner Schulzeit lernte er bei einem reichen Onkel in Hamburg, der eine
Bank besaß. Aber der Beruf des Bankkaufmanns gefiel ihm nicht. Viel lieber
schrieb er Gedichte.
In Bonn und Göttingen studierte Heine dann Rechtswissenschaft. Er wollte später
einmal einen Beruf im Dienst des Staates ausüben. Während des Studiums trat er
vom jüdischen zum christlichen Glauben über und ließ sich taufen. Er tat das aber
nur, weil er hoffte, als Christ eher eine Anstellung beim Staat zu bekommen, als
wenn er Jude wäre.
Jedoch auch als Christ fand Heine in Deutschland beim Staat keine Anstellung.
Das lag auch daran, weil er an den staatlichen Verhältnissen in Deutschland Kritik
übte.
Ein großer Dichter
Einerseits war Heine ein Dichter. Er schrieb sehr schöne, schlichte Gedichte.
Nicht wenige von ihnen wurden vertont und zu deutschen Volksliedern, z.B. "Ich
weiß nicht, was soll es bedeuten...".
Damals war die Zeit der Romantik. Man betonte das Gefühl, die Phantasie. So
handeln auch Heines Gedichte oft von Liebe und von schönen, edlen Gefühlen.
Man sieht das zum Beispiel an folgendem Gedicht an ein Mädchen:
Du bist wie eine Blume,
so hold und schön und rein.
Ich schau dich an, und Wehmut
schleicht mir ins Herz hinein.
60
Mir ist, als ob ich die Hände
aufs Haupt dir legen sollt,
betend, daß Gott dich erhalte
so rein und schön und hold.
Ein Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit
Andrerseits war Heine jedoch auch ein Kämpfer für Freiheit, Demokratie und
Gerechtigkeit und für Brot für alle Hungernden.
Damals hatten die Fürsten, der Adel und die reichen Fabrikanten viel mehr Besitz
und sehr viel mehr politische Rechte als das gewöhnliche Volk. Heine griff die
Aristokraten
deshalb
in
seinen
Schriften
scharf
an,
z.B.
in
seinen
Reisebeschreibungen. Er forderte gleiches Recht für alle Menschen. Manchmal
übertrieb er auch dabei und wurde verletzend und ungerecht. Er verspottete in
geistvoller und ironischer Weise alles Unnatürliche und Unechte im
Zusammenleben der Menschen.
Die Kirchen unterstützten zu Heines Zeit oft den Adel und die Reichen. Sie
kümmerten sich nicht darum, daß in den Städten Millionen von Fabrikarbeitern
große Not litten. Viele Geistliche predigten so von Gott, als wenn Gott ein Freund
der Reichen wäre; was aber nicht stimmt; denn Jesus war ein Freund der Armen
und nicht der Reichen.
Deshalb griff Heine auch die Kirchen an. Er kritisierte und verspottete sogar Gott,
so wie die Kirchen Gott predigten: als einen Freund der Reichen.
Deutschland wird Heine zu eng
61
Schließlich wurde Heine das Leben in Deutschland zu eng. Seine Schriften
wurden zensiert oder verboten; ihm selbst drohte Verhaftung. Deshalb
übersiedelte er 1831 nach Paris. In Frankreich herrschte damals mehr Freiheit als
in Deutschland.
Hier bemühte sich Heine in seinen Schriften um eine Verständigung zwischen
Frankreich und Deutschland. Auch wenn er Deutschland manchmal fast haßte insgeheim liebte er es zeitlebens. Das zeigt z. B. folgendes Gedicht:
Ich hatte einst ein schönes Vaterland.
Der Eichenbaum
wuchs dort so hoch, die Veilchen nickten sanft es war ein Traum.
Das küßte mich auch deutsch und sprach auf deutsch
(man glaubt es kaum,
wie gut es klang) das Wort: "Ich liebe dich" es war ein Traum.
Ein Leben in Paris
In Paris heiratete der Dichter Mathilde, eine junge Französin. Sie war ein
einfaches Mädchen ohne besondere Bildung. So viele Liebschaften Heine vorher
auch gehabt hatte - von jetzt an hing er treu und mit großer Liebe an seiner Frau.
Heine lernte in Paris auch Karl Marx kennen.
Heinrich Heine liebte und genoß das Leben. Er war selbstbewußt und auch etwas
eitel. Er war nie sehr reich. Er hatte aber durch seine Bücher und seinen Onkel in
Hamburg immer genug Geld zum Leben.
62
Von schwerer Krankheit gezeichnet
Doch etwa von Heines 35. Lebensjahr an zeigte
sich bei ihm eine schwere Krankheit, eine
Rückenmarktuberkulose.
Körper
immer
mehr
Dadurch
gelähmt.
wurde
Seine
sein
letzten
Lebensjahre mußte er völlig bewegungsunfähig im
Bett liegen, in seiner "Matratzengruft". Er war fast
blind und litt oft große Schmerzen. Aber sein Geist
war bis zu seinem Tod wach und lebendig.
Zwar hielt es Heine sein Leben lang für richtig, für
Heine mit seiner Frau
Demokratie und Menschenrechte zu kämpfen. Aber
am Ende seines Lebens zweifelte er häufig an
einem Fortschritt in der Menschheit. Und sehen wir nicht heute, wie recht er
hatte? Durch die große Freiheit, die die Menschen bis heute überall in der Welt
gewonnen haben, werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer.
Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Drogenmißbrauch und Anarchie nehmen immer
mehr zu. Der Mensch kann eben nicht aus eigener Kraft sich und die Menschheit
glücklich machen. Dazu braucht er Gott.
Rückkehr zu Gott
So kehrte auch Heine in seinen letzten Lebensjahren zu Gott zurück. Er sagte:
"Ich bin aus dem Unglauben zu Gott zurückgekommen. Ich glaube jetzt an einen
persönlichen Gott, der gütig, weise und gerecht ist. Ich weiß: wenn ich sterbe,
haben meine Leiden ein Ende. Ich gehe dann zu Gott, der mir viel Freude
schenken wird."
63
Am Ende seines Lebens ließ Heine sich viel aus der Bibel vorlesen und aus den
Büchern eines frommen deutschen Theologen. Von Zeitungen wollte er nichts
mehr wissen. Er starb im Frieden mit Gott. In Paris liegt er begraben.
Wortliste
die - Überzengung – убеждение
ablehnen – отклонить
besitzen – владеть, обладать
Er ließ sich taufen – его окрестили
fordern – требовать
übertreiben – утрировать
verspotten – высмеивать
sich kümmern – заботиться
geistlich – духовный
predigen - проповедовать
angreifen – брать, браться
drohen – угрожать
die Verhaftung – арест
der Rückenmakt – спинной мозг
der Körper – тело, корпус
lähmen – хромать
bewegungsunfähig – без движения
Zweifeln – сомневаться
Die Leiden - страдания
64
Heinrich Heine – Dichtern und Kämpfer
1.
Was wissen Sie über Heinrich Heine?
2.
Warum ist er heute im Auslande bekannter als in Deutschland?
Fragen und Aufgaben
I. Ein Romantiker am Bankschalter.
1.
Wann und wo wurde Heinrich Heine geboren?
2.
Was war sein Vater?
3.
Wo lernte Heinrich nach seiner Schulzeit?
4.
Wo studierte er die Rechtswissenschaft?
5.
Zu welchem Glauben trat er während des Studiums über? Wurde er getauft?
6.
Warum trat er zum christlichen Glauben über?
7.
Warum fand er als Christ in Deutschland beim Staat keine Anstellung?
II. Ein großer Dichter.
Ergänzen Sie.
1.
Heine war ein _____.
2.
Er schrieb sehr _____ Gedichte.
3.
Viele von ihnen wurden _____ und zu deutschen Volksliedern.
4.
Zum Beispiel: „Ich weiß nicht, was soll es bedenten...“
III. Ein Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit.
1.
Wofür kämpfte Heine?
2.
Was hatten die Fürsten, die reichen Fabrikanten, der Adel?
3.
Wen griff Heine scharf in seinen Schriften an?
65
4.
Was forgerte er für alle Menschen?
5.
Was verspottete Heine geistvoll und ironisch im Zusammenleben der
Menschen?
6.
Warum griff Heine die Kirchen an?
7.
Wen kritisierte und verspottete er?
IV. Deutschland wird Heine zu eng.
1.
Warum wurde Heine das Leben in Deutschland zu eng?
2.
Warum übersiedelte er nach Paris?
3.
Wie war die Lage in Frankneich?
4.
Welches Gedicht zeigt, daß er Deutschland liebte?
V. Ein Leben in Paris.
1.
Blieb der Dichter ledig?
2.
Wen lernte er in Paris kennen?
3.
Woher bekam er Geld zum Leben?
VI. Ergänzen Sie.
1.
In Paris _____ der Dichter Mathilde, eine junge Französin.
2.
Sie war ein einfaches _____ ohne besondere Bildung.
3.
Er liebte seine Frau und blieb ihr _____.
4.
Heine liebte und genoß das _____.
5.
Er war nie sehr _____.
6.
Er hatte immer genug Geld zum Leben dank seinen _____ in Hamburg.
VII. Von schwerer Krankheit gezeichnet.
66
1.
Welche sehwere Krankheit ziegte sich bei Heine?
2.
Warum war sein Körper immer mehr gelähmt?
3.
Wie war er in seinen letzten Lebensjahren?
4.
Woran zweifelte er am Ende seines Lebens?
5.
Wie ist das Leben der Reichen und der Armen heute?
6.
Wo ist Heine begraben?
VIII. Zeittafel.
1797 Heinrich Heine (Geburtsname: Harry Heine) wird am 11. Desember in
Düsseldorf geboren.
1803 Eintritt in die israelitische Privatschule Rintelsohns.
1804 Eintritt in die Normalschule des ehemaligen Franziskanerklosters.
1807 Eintritt in die Vorbereitungsklasse des Lyzeums.
1809 Eintritt in das Düsseldorfer Lyzeum.
1811 Im November erlebt Heine den Ritt Napoleons durch den Hofgarten.
1814 Abgang vom Lyzeum ohne Reifezeugnis.
1815 Zweimonatige Lehre im Frankfurter Bankhaus Rindskopf.
1816 Abreise nach Hamburg. Lehre im Bankhaus des Onkels Salomon Heine.
1817 Erste Gedichte in einer Hamburger Zeitschrift veröffentlicht.
1818 Salomon Heine richtet seinem Neffen ein Manufakturwarengeschäft ein.
1819 Schließung des Manufakturwarengeschäfts wegen drohenden Bankrotts.
Rückreise nach Düsseldorf und Vorbereitung auf das von Salomon Heine
finanzierte Studium. Immatrikulation an der Universität Bonn. Aufnahme des
Studiums der Rechts – und Kameralwissenschaften.
1820 Bekanntschaft mit August Wilhelm Schlegel. Im Sommer Arbeit an der
Tragödie Almansor. Im Oktober Immatrikulation an der Universität Göttingen. Im
Dezember Verfahren vor dem Universitätsgericht wegen einer Duellforderung.
1821 Im Januar erhält Heine für ein halbes Jahr das „consilium abeundi“ von der
Universität Göttingen. Er verlässt Göttingen. Im April Immatrikulation an der
67
Universität Berlin. Heine hört Vorlesungen u.a. bei Bopp, Hegel, Savigny,
Raumer und Wolf. Im August/September Reise nach Polen. Dezember: Heines
Buch Gedichte erscheint in Berlin.
1822 Februar: Beginn des Abdrucks der Briefe aus Berlin. Im August tritt Heine
dem „Verein für Kultur und Wissenschaft der Juden“ bei.
Oktober: Begegnung mit Hegel.
1823 Heines Buch Tragödien, nebst einem lzrischen Intermezzo erscheint in
Berlin. Im Mai Abreise von Berlin, Aufenthalte in Lüneburg und Hamburg.
1824 Im Januar nimmt Heine sein Studium in Göttingen wieder auf. Im
September/Oktober tritt er seine Wanderung durch den Harz an; Besuch bei
Goethe in Weimar.
1825 Im Juni tritt Heine zum protestantischen Glauben über; Taufe in
Heiligenstadt. 20. Juli: Promotion zum Dr. Iur. Übersiedlung nach Hamburg.
1826 Im Januar Beginn des Zeitschriftendrucks der Harzreise. Im Mai erscheint
der erste Teil der Reisebilder bei Hoffmann und Campe in Hamburg, später noch
drei weitere Teile.
1827 Von April bis August Englandreise. Im Oktober erscheint das Buch der
Lieder bei Hoffmann und Campe.
Oktober/November: Reise nach München.
1828 In der ersten Hälfte des Jahres arbeitet Heine in München als Herausgeber
bei den Neuen Allgemeinen politischen Annalen. Von August bis Anfang
Dezember Italienreise. 2. Dezember: Tod seines Vaters, von dem Heine erst am
27. Dezember erfährt.
1830 Im Sommer verbringt Heine seine Ferien auf Helgoland, wo er die
Nachrichten von der Juli-Revolution in Paris erhält.
1831 Heine entschließt sich im März, als freier Schriftsteller nach Paris zu gehen.
Am 1. Mai verlässt er seine Korrespondententätigkeit auf.
1830-1832 Heine bekommt Kontakt zu den politisch verfolgten Saint-Simonisten
in Paris. Ab Januar druckt die Augsburger Allgemeine Zeitung Heines Berichte
aus Paris.
68
1833 Der Pariser Europe litteraire druckt literarhistorische Aufsätze Heines.
1834 In den Monaten März, November und Dezember druckt die Revue des Deux
Mondes Heines Essays über deutsche Geistegeschichte. Im Oktober lernt Heine
seine sprätere Frau „Mathilde“ kennen (bürgerlicher Name: Crecence Eugenie
Mirat).
1835 Am 10. Dezember fasst der Bundestag seinen Beschluß gegen das Junge
Deutschland (Heine, Gutzkow, Laube, Mundt, Wienbarg) mit der Folge eines
Publikationsverbots. Am 11. Dezember werden alle unzensierten Schriften Heines
in Preußen verboten.
1840 Im Februar beginnt die Augsburger Allgemeine Zeitung mit dem Abdruck
einer neuen Folge von Korrespondenzartikeln Heines.
1841 Am 31. August heiratet Heine Mathilde. Im September kommt es wegen der
Börne-Denkschrift zum Duell mit Salomon Strauß, dem Ehemann von Ludwig
Börnes Lebensgefährtin Jeannette Wohl.
1843 Im Oktober/Dezember reist Heine zum ersten Mal nach mehr als zwölf
Jahren nach Hamburg. Im Dezember lernt er in Paris Karl Marx kennen.
1844 Ab April werden Grenzhaftbefehle und Ausweiungsanträge gegen die
Pariser Mitarbeiter der Deutsch-Französischen Jahrbücher und des Vormärts!
Erlassen, in denen Heines Zeitgedichte und Deutschland. Ein Wintermärchen
erschienen waren. Von Juli bis Oktober zweite Reise nach Hamburg, zusammen
mit Mathilde. Im September stirbt Salomon Heine. Damit beginnt für Heine ein
Kräftezehrender Erbschaftsstreit.
1848 Im Februar muss Heine wegen zunehmender Lähmungserscheinungen eine
Heilanstalt aufsuchen. Er wird Zeuge der Februarrevolution in Paris. Im Mai
körperlicher Zusammenbruch, den Heine im Nachwort zu Romanzero geschildert
hat.
1851 Im Oktober erscheint Heines dritter großer Lyrikband: Romanzero.
1854 Ab Dezember Arbeit an den ersten Bänden der französischen
Gesamtausgabe von Heines Werken.
69
1855 Ab Juni besucht die „Mouche“ (bürgerlicher Name: Elise Krinitz) den
todkranken Heine.
1856 Heine stirbt am 17. Februar. 20 Februar: Beisetzung auf dem Friedhof
Montmartre.
Ordnen Sie die Ereignisse chronologisch und suchen Sie aus der Zeittafel die
dazu passenden Jahreszahlen heraus.
Jahr
Reihenfalge
Ereignis
Heines Buch Tragödien, nebst einem lzrischen
Intermezzo erscheint in Berlin. Im Mai Abreise von
Berlin, Aufenthalte in Lüneburg und Hamburg.
Bekanntschaft mit August Wilhelm Schlegel. Im
Sommer Arbeit an der Tragödie Almansor. Im
Oktober
Immatrikulation
an
der
Universität
Göttingen. Im Dezember Verfahren vor dem
Universitätsgericht wegen einer Duellforderung.
Eintritt in Vorbereitungsklasse des Lyzeums.
1797
1
Heinrich Heine (Geburtsname: Harry Heine) wird
am 11. Dezember in Düsseldorf geboren.
Eintritt in das Düsseldorfer Lyzeum.
Ambreise nach Hamburg. Lehre im Bankhaus des
Onkels Salomon Heine.
Im Juni tritt Heine zum protestantischen Glauben
über; Taufe in Heiligenstadt. 20. Juli: Promotion
zum Dr. iur. Übersiedlung nach Hamburg.
Im Januar nimmt Heine sein Studium in Göttingen
wieder auf. Im September/Oktober tritt er seine
Wanderung durch den Harz an; Besuch bei Goethe
in Weimar.
70
Heine
stribt
am
17.
Februar.
20.
Februar:
Beisetzung auf dem Friedhof Montmartre.
Am 10. Dezember fasst der Bundestag seinen
Beschluß gegen das Junge Deutschland (Heine,
Gutzkow, Laube, Mundt, Wienbarg) mit der Folge
eines Publikationsverbots. Am 11. Dezember
werden alle unzensierten Schriften Heines in
Preußen verboten.
Im Oktober/Dezember reist Heine zum ersten Mal
nach mehr als zwölf Jahren nach Hamburg. Im
Dezember lernt er in Paris Karl Marx kennen.
Heine entschließt
sich
im März,
als
freier
Schriftsteller nach Paris zu gehen. Am 1. Mai
verlässt er seine Korrespondententätigkeit auf.
Im Februar muss Heine wegen zunehmender
Lähmungserscheinungen eine Heilanstalt aufsuchen.
Er wird Zeuge der Februarrevolution in Paris. Im
Mai körperlicher Zusammenbruch, den Heine im
Nachwort zu Romanzero geschildert hat.
Von April bis August Englandreise. Im Oktober
erscheint das Buch der Lieder bei Hoffmann und
Campe.
In der ersten Hälfte des Jahres arbeitet Heine in
München
als
Herausgeber
bei
den
Neuen
Allgemeinen politischen Annalen. Von August bis
Anfang Dezember Italienreise. 2. Dezember: Tod
seines Vaters, von dem Heine erst am 27. Dezember
erfährt.
71
IX. Welche Art von diesen drei Biographien gefällt Ihnen am besten?
Warum?
Lesen Sie die erste Schaffensperiode und sagen Sie, welche Werke von
H.Heine in disser Periode geschrieben wurden.
1. Heinrich, größter deutacher Dichter und satirischen Publizist des 19. Jh.,geb.
13.12.1797 Düsseldorf, gest. 17.02.1856 Paris. H. war der Sohn eines
unbemittelten Taxtilkaufmanns und Wurde nach Besuch des Lyzeums in
Düsseldorf kaufmännischer Lehrling. 1819 nahm er ein juristisches Studium in
Bonn auf. H. bevorzugte iedoch die Literaturvorlesungen A.W. Schlegels. Er
setzte seine Studien in Göttingen und 1821 in Berlin fort. Hier begann unter dem
Eindruck der Vorlesungen Hegels sowie angeregt durch den Verkehr im Salon der
R. Varnhagen und seine Bekanntschaft mit F. Fouque, A. Chamisso, E.T.A.
Hoffmann,
Chr
Grabbe,
K.
Immermann
seine
eigentliche
literarische
Entwicklung. – 1. Schaffensderiode (1816/31). Die ersten Liebesgedichte waren
bereits um 1816 entstanden. 1821 gesammelt als „Junge Leiden“, fanden sie mit
dem „Lyrischen Intermezzo“ (1822/23), mit „Die Heimkehr“ (1823/24), „Aus der
Harzreise“ (1824) und zwei Nordseezyklen (1825/26) Eingang in das „Buch der
Lieder“ (1827); es begründete H.s beispiellose Popularität als Liederdichter. Altes
neu formend, erreichte er eine fast volkommene Harmonie von Kunst – und
Volkslied.
1826/31 entstanden die „Reisebilder“ (1.Buch: „Harzreise“, 1826; 2. Buch:
„Nordernez“ und „Ideen. Das Buch Legrand“, 1826; 3. Buch: „Reise von
München nach Genua“, 1828; „Die Bäder von Lucca“, 1829; „Die Stadt Lucca“,
1830; 4. Buch: „Englische Fragmente“, 1827; gedruckt 1831).
2. Schaffensperiode (im Exil 1831/46). Allein H., nunmehr die profilierteste
Erscheinung der revolutionären Demokratie, konnte, wie G.Keller, den Anschluß
der deutschen Literatur an die Spitzenleistungen der Weltliteratur der Zeit nach
Goethes Tod herstellen. Eine Voraussetzung hierfür war die Flucht vor dem
deutschen Kleinstaatdespotismus 1831 nach Paris, wo H. Als Korrespondent der
72
„Augsburger Allgemeinen Zeitung“ wirkte. Seit 1833 arbeitete er an der
französischen Presse mit. Ohne sich mit ihnen zu identifizieren, sympathisierte er
mit den Ideen der Anhänger Saint-Simons und trat u.a. in Verbindung mit
L.Börne, P.-J. De Beranger, G.Sand und H. De Balzac. 1835 wurden seine
Schriften vom Deutschen Bundestag verboten. 1841 heiratete H. Crescentia
Eugenie Mirat (Mathilde).
3.
Schaffensperiode
(im
Exil
1846/56).
Seit
1845
hatte
sich
der
Gesundheitszustand H.s zunehmend verschlechtert. Von 1848 bis zu seinem Tode
war er an die „Matratzengruft“ gefesselt. Im letzten Jahrzehnt spiegelt daher das
dichterische Schaffen seinen tragischen, heldenhaften Kampf. Stimmungen, da
ihn Verzweiflung oder Wehmut („Lamentationen“) überkommt, wechseln jäh mit
solchen, die seine große Charakterstärke bezeugen („Enfant perdu“). Glänzende
Satiren und feinsinnig-liebevolle lyrische Passagen im „Romanzero“ (1851) und
in „Gedichte“ (1853 und 1854) erweisen seinen ungebrochenen Geist, sein
Mitleid mit den sozial Unterdrückten trotz des eigenen Gebrechens.
Heinrich-Heine-Preis: ein 1956 von der Regierung der DDR gestifteter
Literaturpreis, der vom Minister für Kultur verliehen wird. Zu den Preisträgern
gehören W.Victor (1957), M.Zimmering, B.Kaiser (1958) u.a.
X.Lesen Sie das Gedicht „Loreley“ und lernen Sie es auswendig.
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
73
Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme,
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Loreley getan.
74
XI. Gedichte.
Ein Fiditcnbaum steht einsam
Im Norden auf kahler Höh'.
Ihn schläfert; mit weißer Decke
Umhüllen ihn Eis und Schnee.
Er träumt von einer Palme,
Die fern im Morgenland
Einsam und schweigend trauert
Auf brennender Felsenwand.
***
Mein Herz, mein Herz ist traurig,
Doch lustig leuchtet der Mai;
Ich stehe, gelehnt an der Linde,
Hoch auf der alten Bastei.
Da drunten fließt der blaue
Stadtgraben in stiller Ruh';
Ein Knabe fährt im Kahne
Und angelt und pfeift dazu.
Jenseits erheben sich freundlich,
In winziger, bunter Gestalt,
Lusthäuser und Gärten und Menschen
Und Ochsen und Wiesen und Wald.
Die Mägde bleichen Wäsche,
Und springen im Gras herum;
Das Mühlrad stäubt Diamanten,
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Ich höre sein fernes Gesumm.
Am alten grauen Turme
Ein Schilderhäuschen steht;
Ein rotgeröckter Bursche
Dort auf und nieder geht.
Er spielt mit seiner Flinte,
Die funkelt im Sonnenrot,
Er präsentiert und schultert –
Ich wollt', er schösse mich tot.
***
Die Jungfrau schläft in der Kammer,
Der Mond schaut zitternd hinein;
Da draußen singt es und klingt es
Wie Walzermelodein.
„Ich will mal schaun aus dem Fenster,
Wer drunten stört meine Ruh’.“
Da steht ein Totengerippe,
Und fiedelt und singt dazu:
„Hast einst mir den Tanz versprochen,
Und hast gebrochen dein Wort,
Und heut ist Ball auf dem Kirchhof,
Komm mit, wir tanzen dort."
Die Jungfrau ergreift es gewaltig,
Es lockt sie hervor aus dem Haus;
Sie folgt dem Gerippe, das singend
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Und fiedelnd schreiter voraus.
Es fiedelt und tänzelt und hüpfet
Und klappert mit seinem Gebein
Und nickt und nickt mit dem Schädel
Unheimlich im Mondenschein.
***
Die Jahre kommen und gehen,
Geschlechter steigen ins Grab,
Doch nimmer vergeht die Liebe,
Die ich im Herzen hab.
Nur einmal noch möcht ich dich sehen
Und sinken vor dir aufs Knie,
Und sterbend zu dir sprechen:
„Madame, ich liebe Sie!"
Was will die einsame Träne?
Sie trübt mir ja den Blick.
Sie blieb aus alten Zeiten
In meinem Auge zurück.
Sie hatte viel leuchtende Schwestern,
Die alle zerflossen sind, Mit meinen
Qualen und Freuden
Zerflossen in Nacht und Wind.
Wie Nebel sind auch zerflossen
Die blauen Sternelein,
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Die mir jene Freuden und Qualen
Gelächelt ins Herz hinein.
Ach, meine Liebe selber
Zerfloß wie eitel Hauch!
Du alte, einsame Träne,
Zerfließe jetzunder auch!
Das ist ein schlechtes Wetter,
Es regnet und stürmt und schneit;
Ich sitze am Fenster und schaue
Hinaus in die Dunkelheit.
Da schimmert ein einsames Lichtchen,
Das wandelt langsam fort;
Ein Mütterchen mit dem Laternchen
Wankt über die Straße dort.
Ich glaube, Mehl und Eier
Und Butter kaufte sie ein;
Sie will einen Kuchen backen
Fürs große Töchterlein.
***
Mein Kind, wir waren Kinder,
Zwei Kinder, klein und froh;
Wir krochen ins Hühnerhäuschen,
Versteckten uns unter das Stroh.
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Wir krähten wie die Hähne,
Und kamen Leute vorbei —
„Kikereküh!" sie glaubten,
Es wäre Hahnengeschrei.
Die Kisten auf unserem Hofe,
Die tapezierten wir aus
Und wohnten drin beisammen
Und machten ein vornehmes Haus.
Des Nachbars alte Katze
Kam öfters zum Besuch;
Wir machten ihr Bückling' und Knickse
Und Komplimente genug.
Wir haben nach ihrem Befinden
Besorglich und freundlich gefragt;
Wir haben seitdem dasselbe
Mancher alten Katze gesagt.
Wir saßen auch oft und sprachen
Vernünftig, wie alte Leut',
Und klagten, wie alles besser
Gewesen zu unserer Zeit;
Wie Lieb' und Treu' und Glauben
Versdiwunden aus der Welt,
Und wie so teuer der Kaffee,
Und wie so rar das Geld!
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Vorbei sind die Kinderspiele,
Und alles rollt vorbei Das Geld und die Welt und die Zeiten
Und Glauben und Lieb' und Treu?".
***
Aus der Harzreise (1824)
PROLOG
Schwarze Röcke, seidne Strümpfe,
Weiße, höfliche Manschetten,
Sanfte Reden, Embrassieren –
Ach, wenn sie nur Herzen hätten!
Herzen in der Brust, und Liebe,
Warme Liebe in dem Herzen –
Ach, mich tötet ihr Gesinge
Von erlognen Liebesschmerzen.
Auf die Berge will ich steigen,
Wo die frommen Hütten stehen,
Wo die Brust sich frei erschließet
Und die freien Lüfte wehen.
Auf die Berge will ich steigen,
Wo die dunkeln Tannen ragen,
Bäche rauschen, Vögel singen,
Und die stolzen Wolken jagen.
Lebet wohl, ihr glatten Säle,
Glatte Herren, glatte Frauen!
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Auf die Berge will ich steigen,
Lachend auf euch niederschauen.
***
BERGIDYLLE
Auf dem Berge steht die Hütte,
Wo der alte Bergmann wohnt;
Dorten rauscht die grüne Tanne
Und erglänzt der goldne Mond.
In der Hütte steht ein Lehnstuhl,
Ausgeschnitzelt wunderlich,
Der darauf sitzt, der ist glücklich,
Und der Glückliche bin ich!
Auf dem Schemel sitzt die Kleine,
Stützt den Arm auf meinen Schoß;
Äuglein wie zwei blaue Sterne,
Mündlein wie die Purpurros'.
Und die Heben blauen Sterne
Schaun mich an so himmelgroß,
Und sie legt den Lilienfinger
Schalkhaft auf die Purpurros'.
„Nein, es sieht uns nicht die Mutter,
Denn sie spinnt mit großem Fleiß,
Und der Vater spielt die Zither,
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Und er singt die alte Weis'."
Und die Kleine flüstert leise,
Leise, mit gedämpftem Laut;
Manches wichtiges Geheimnis
Hat sie mir schon anvertraut.
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