Bakterien zur Pistenreinigung Das Schivergnügen oberhalb der Baumgrenze wird immer mehr zum Umweltproblem. Die empfindlichen Böden in hochalpinen Lagen leiden unter intensiver Nutzung und hohen Schadstoffeinträgen. Mittels Bakterien wollen Wissenschaftler jetzt die leidenden Böden in hochalpinen Regionen wieder sanieren. Vor allem Abgase, Diesel- und Schmierölrückstände von Pistengeräten, Schneekanonen und Liften machen Probleme. Eine Bodensanierung könnte schon bald notwendig werden. Konventionellen Methoden stehen die großen Flächen, das schwierige Gelände und die Kälte entgegen. Mikrobiologen der Universität Innsbruck haben dafür eine Lösung parat: Kältefeste Bakterien sollen dafür sorgen, dass der Schnee auch künftig schneeweiß bleibt. Nützliche Mikroorganismen Boden- und Gewässerbakterien sorgen für einen biologischen Abbau der abgestorbenen tierischen und pflanzlichen Substanzen durch Fäulnis und Gärung zu anorganischen Substanzen - also für die Re-Mineralisierung organischen Materials. Durch Bakterien werden Kohlenstoff-, Stickstoff-, Schwefel- und Phosphorkreisläufe innerhalb der Natur in Funktion gehalten. Die Verdauung von Mineralölen, Diesel und Schmierstoffen ist geradezu ein "Kinderspiel" für bestimmte Bakterien, wenn nur ausreichend Sauerstoff vorhanden ist. Bei der Vielzahl an "Ölfressern" im Erdreich ist es meist nicht einmal nötig, die Böden zu impfen. Es reicht ein Nährstoffcocktail als Stimulans. Problem Betriebstemperatur Bisher bestand die Ansicht, dass Bakterien eine bestimmte Temperatur benötigen, wenn sie Schadstoffe verdauen sollen. Die besten Ergebnisse gab es im Bereich von 20 bis 40 Grad Celsius. Eine biologische Bodensanierung käme also für hochalpine Lagen kaum in Frage - die Durchschnittswerte liegen weit darunter. Bakterienstämme, die selbst Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt überstehen, wurden zwar in den Polgebieten entdeckt, doch abgesehen von ihrer Kälteresistenz haben diese Mikroorganismen keine besonderen mikrobiologischen Talente. Kältefeste "Dieselfresser" Die Entdeckung kältefester Bakterienstämme, die auch bei niedrigen Temperaturen Schadstoffe abbauen, ist das Verdienst der Innsbrucker Mikrobiologen. Diese Mikroorganismen sind in ihrer natürlichen Umgebung mit permanent kalten Temperaturen sowie mit wiederholtem Frieren und Tauen konfrontiert und haben dafür eigene Überlebensstrategien entwickelt. Ihre Enzyme arbeiten am besten bei niedrigen Temperaturen. Diese Biokatalysatoren könnte man zum Beispiel auch für Kaltwaschmittel verwenden. Dass der biologische Abbau von Kohlenwasserstoffen wie Diesel durch diese Bakterien kein Problem darstellt, wurde erst im Labor, dann in Freilandversuchen getestet. Mit durchwegs zufriedenstellenden Ergebnissen. Bodensanierung im Kühlschrank In den Klimakammern des Instituts für Mikrobiologie der Universität Innsbruck wurden Altlasten und frisch mit Diesel verseuchte Böden mit Bakterien geimpft und dann gedüngt. Schon nach 20 Tagen war die Dieselbelastung auf die Hälfte zurückgegangen. Und das bei einer Temperatur von nur 10 Grad Celsius. Beim zweiten Experiment im Laborkühlschrank wurden keine Bakterien zugesetzt. Die Erdproben wurde ausgiebig mit Diesel getränkt und dann nur noch etwas gedüngt. Nach einem halben Jahr waren bis zu 90 Prozent der Schadstoffe abgebaut. Bewährungsprobe am Gletscher In einer dreijährigen Feldstudie in einem Gletscherschigebiet in 3.000 Meter Seehöhe konnte der hohe Schadstoffgehalt von drei Gramm Diesel/kg Boden, der von den Pistenpflegegeräten verursacht worden war, um 70 Prozent reduziert werden. Die Arbeit haben bodeneigene Bakterien geleistet, denen nur mit einem Nährstoffcocktail auf die Sprünge geholfen wurde. Fast die Hälfte der Dekontamination des Bodens war bereits im ersten Jahr erfolgt. Ohne den Zusatz von Nährstoffen lief die Sanierung wesentlich langsamer und weniger effizient ab. Nach drei Jahren hatten die Bakterien noch nicht einmal die Hälfte der Verschmutzung beseitigt. Verzicht auf Gentechnik Auf die Verwendung von gentechnisch optimierten Bakterien verzichten die Tiroler Mikrobiologen. Ihr Einsatz sei wenig zielführend, meint der Institutsleiter Franz Schinner. Die genmanipulierten Bakterien hätten in freier Wildbahn wenig Chance zu bestehen. Die Vorteile der Biosanierung Die Vorteile der biologischen Bodensanierung liegen vor allem in der Umweltverträglichkeit und in den relativ niedrigen Kosten. Große Eingriffe sind nicht nötig, die ohnehin sensiblen hochalpinen Biotope werden nicht weiter gestört. Ein Nachteil ist freilich die lange Dauer der Boden-Behandlung. Der Schadstoffgehalt lässt sich allerdings allein durch biologische Dekontaminationsverfahren nicht auf Null reduzieren. Die Abbauleistung sinkt mit der Schadstoffkonzentration. Außerdem entstehen aus den Mineralölrückständen im Lauf der Zeit chemische Verbindungen, die selbst von den "hungrigsten" Bakterien nicht mehr zu bewältigen sind. Biologische Reinigung Die biologische Reinigung setzt sich aus drei Verfahrensschritten zusammen: 1. anaerob, Phosphatelimination 2. anoxisch, Denitrifikation 3. aerob, Nitrifikation Phosphatelimination: In der ersten biologischen Reinigung werden vor allem Phosphate unter anaeroben Bedingungen abgebaut. Volumen: 1450m³ Belebungsbecken I zur biologischen Phosphatelimination Denitrifikation: Die zweite Stufe der biologischen Reinigung findet unter anoxischen Bedingungen statt. Da hier nur gebundener Sauerstoff vorhanden ist, nehmen sich die Mikroorganismen den für sie nötigen Sauerstoff aus der Verbindung der Nitratmoleküle (NO3). Letztlich bleibt Stickstoff (N) übrig, der in die Atmosphäre Denitrifikationsbecken entweicht. Volumen: 1450m³ Nitrifikation: In der dritten biologischen Reinigungsstufe werden unter aeroben Bedingungen Ammoniumverbinungen durch Oxidation abgebaut. Hier werden Mikroorganismen in hoher Konzentration mit Luft gezüchtet und am Leben erhalten. Sie ernähren sich von Schmutzstoffen und bilden dabei einen biologischen Schlamm. Volumen: 2 x 3630m³ Nachklärung: £Den letzten Schritt der Abwasserreinigung bildet die Nachklärung. Hier werden Schlammflocken vom Abwasser durch Absetzvorgänge getrennt und als Rücklaufschlamm wieder in die Biologie zurückgeführt. Gleichzeitig wird Überschussschlamm mit Zentrifugen eingedickt und in die Faulbehälter gepumpt. Bioremediation von Schadstoffen oder wie das Gift zu Luft wurde. Wir können sie nicht sehen, und erst wenn wir krank werden, spüren wir sie: Bakterien. Allerdings verdanken wir ihnen auch unser Leben: die Natur würde in ihrem eigenen Unrat zugrunde gehen, wenn die kleinen Mikroben nicht gründlich ihrer Arbeit nachgehen würden: abgestorbene Organismen in ihre Grundstoffe zu zerlegen und somit den Humus für neues Leben zu bilden. Bakterien sind der Motor im natürlichen Kreislauf der Stoffe. Verhältnismäßig neu im globalen Stoffkreislauf ist das menschliche Wirken: wir entnehmen Stoffe aus unserer Umwelt, wandeln sie für verschiedenste Anwendungen um und geben sie nach Gebrauch verändert in die Umwelt zurück. So wird zum Beispiel normales Kochsalz elektrolytisch in Salzsäure und Natronlauge umgewandelt. Zusammen mit Kohlenwasserstoffen, die u.a. aus Öl isoliert werden, entstehen Kunststoffe. Diese Kunst-Stoffe sind stabil gegen natürliche Zersetzung, sodass sie auf lange Zeit dem globalen Stoffkreislauf entzogen sind und, sofern toxisch, zu gesundheitlichen und ökologischen Problemen führen. Abhilfe kann hier die Bioremediation schaffen: sie ist der Einsatz von Biotechnologie zur Entgiftung und zum Abbau von Schadstoffen. Sie ist eine attraktive, preiswerte Alternative zu physikalisch-chemischen Abbauverfahren oder der Lagerung auf Sondermülldeponien. Bioremediation kann die vollständige Zersetzung organischer Schadstoffe in ihre natürlichen Ausgangsprodukte erreichen und sie somit in den Stoffkreislauf zurückführen. Grundlage hierfür ist die schier unerschöpfliche Vielfalt biologischer Reaktionen. In Jahrmilliarden haben sich Bakterien an die vielfältigsten Umwelten anpassen müssen. Die Fähigkeit, in einer unwirtlichen Welt zurechtkommen zu können, haben sie in den Erbanlagen archiviert und, falls die Umwelt sich wieder verändert, abrufbereit vorliegen. Die kleinen Helfer lösen lebensnotwendige Mineralien aus Gestein, entgiften toxische Schwermetalle, zersetzen organische Materie zu Wasser und Luft und sie können sogar viele Xenobiotika chemische Verbindungen, die der Mensch erschaffen hat und die während der 3,5 Milliarden Jahren Evolution in der Natur nicht vorkamen - abbauen. Alle Reaktionen werden dabei von Biokatalysatoren, den Enzymen durchgeführt. Der Abbau erfolgt schrittweise bis auf die Grundbausteine: vor allem Wasser und das Gas Kohlendioxid. Bioremediation kann vielfältig eingesetzt werden, die Haupteinsatzfelder sind dabei a) der Abbau von Nährstoffen, b) der Abbau von organischen Giftstoffen, c) der Abbau von biologisch neutralen Kunststoffen und d) die Entgiftung und/oder Entfernung von toxischen Schwermetallen. Bioremediation von Nährstoffen Nährstoffe sind die für das Wachstum von Organsimen notwendigen Stoffe, z.B. Kohlenhydrate, Proteine, Phosphor- und Stickstoff-verbindungen. Sie sind für das einzelne Lebewesen essentiell und ungiftig, können in großen Mengen jedoch ökologisch schädlich sein. Ein Beispiel hierfür sind die kommunalen Abwässer: für uns zwar eine stinkende Brühe, die den Appetit dämpft statt anregt, doch für die gefräßigen kleinen Helferlein ist es lecker Eintopf ! Sie fressen, atmen und wachsen, fressen, atmen und wachsen, und wenn sie brav ihren Teller aufgegessen haben, ist der meiste Sauerstoff verbraucht. In Flüssen oder Seen würde dies nun zum massenhaften Fischsterben führen und die ehedem große Artenfülle würde sich drastisch verringern. Der See oder Fluß wäre zwar noch voller Leben, aber vom gleichen Reiz wie eine Monokultur. Um dies zu vermeiden, wird das Abwasser in Kläranlagen gesammelt. Dort werden die Nährstoffen von den Bakterien verwertet und abgebaut, das von den Nährstoffen geklärte Abwasser kann nun in die Umwelt entlassen werden. Unter den optimalen Bedingungen einer kommunalen Kläranlage wachsen die Mikroben großartig und werden nach Erfüllung ihrer Pflicht als Brennstoff oder Dünger weiterverwertet. Vom Feld auf den Teller, ins Abwasser, in die Kläranlage und auf das Feld zurück: der Kreis schließt sich. Bioremediation von organischen Giftstoffen Die große Gefahr unseres technischen Zeitalters ist die Produktion großer Mengen hochgiftiger und chemisch stabiler Verbindungen und ihre Verbreitung in der Umwelt. Beispiele hierfür sind chlorierte aromatische Verbindungen wie chlorierte Dioxine (u.a. Seveso-Toxin) und PCBs (polychlorierte Biphenyle), die sich im Fettgewebe von Mensch und Tier anreichern können. Mineralöle sind Umweltgifte, die immer wieder zu Umweltkatastrophen führen. Über Tankerunglücke, Pipelinebrüche und kleine Unvorsichtigkeiten beim Tanken wird das Umweltgift freigesetzt und verunreingt insbesondere das Grundwasser, wodurch es die Trinkwasserversorgung gefährdet. Konventionelle chemisch-physikalische Prozesse müssen die Giftsstoffe erst aus dem Boden isolieren, um sie dann zu verbrennen, wodurch wiederum Giftstoffe freigesetzt werden. Bioremediations-Verfahren hingegen können an Ort und Stelle stattfinden: das Abbau-Potential der dort heimischen Arten kann durch Nährstoff-Zugabe stimuliert werden, gegebenfalls können auch speziell angepaßte Bakterien eingesetzt werden. Die Vorteile sind der geringe technische Aufwand und niedrigen Kosten, da keine komplexe apparatur benötigt wird. Ebenso von Vorteil ist die Umweltfreundlichkeit des Verfahrens, da keine neuen Giftstoffe freigesetzt werden. Demgegenüber steht jedoch die längere Prozessdauer.Ebenso von Nachteil ist es, dass an den meisten Altlasten-Standorten Gemische von vielen verschieden Gitstoffen vorkommen, die in ihrer Gesamtheit von Bakterien nur schwer zu knacken sind. Über die Optimierung der Mikroorganismen ist es jedoch möglich, dieses Problem zu lösen. Doch nicht nur Böden und Gewässer können biologisch gereinigt werden, sondern auch organisch belastete – und somit stinkende – Luft, z.B. in Kläranlagen, Intensivtierhaltung u.a. Die Mikrorganismen werden dazu auf einem Träger mit großer Oberfläche angesiedelt, z.B. Holzspäne. Durch diesen Filter wird die verschmutzte Luft geleitet, die „Duftstoffe“ werden vornehmlich zu Wasser und CO 2 umgewandelt und gereinigt verläßt die Luft den Filter. Ähnliche Filter können auch zur Reinigung von Autotunnel-Abluft von Kohlenwasserstoffen und Stickoxiden eingesetzt werden. Bioremediation von bioabbaubaren Kunststoffen Kunststoffe, die zur Verpackung dienen, sind in der Regel ungiftig und nicht bioabbaubar. Daher schädigen sie zwar nicht direkt die Umwelt, vergrößern aber enorm die Müllmenge und führen indirekt zur Schadstoff-Freisetzung, falls sie verbrannt werden. Eine Alternative ist der Einsatz von bioabbaubaren Kunststoffen mit anschließender Kompostierung. Die bioabbaubaren Kunststoffe können aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und je nach Anwendung maßgeschneidert werden, sodass sie ihre Kompostierbarkeit mit guten mechanischen und thermischen Eigenschaften kombinieren. Nach Gebrauch können sie durch Bakterien oder Pilze wieder zu ihren Grundbausteinen Wasser und CO2 umgewandelt werden. Bioremediation von toxischen Schwermetallen Schwermetalle wie Blei, Cadmium oder Quecksilber finden in vielen industriellen Prozessen Verwendung. Über Industrieabwässer und die Abluft von Müllverbrennungsanlagen gelangen sie in die Umwelt und schädigen alle Lebewesen. Im Gegensatz zu organischen Schadstoffen, die in ihre ungiftigen Bausteine zerlegt werden können, sind Schwermetalle Elemente, deren Menge nicht verändert werden kann. Allerdings kann die Giftigkeit und die Bioverfügbarkeit der Schwermetalle verändert werden. Dazu haben Bakterien, Pilze und Pflanzen viele verschiedene Selbstschutzmechanismen entwickelt: Manche Arten sondern Polymere ab, die selektiv Schwermetalle binden, damit sie nicht in den Organismus gelangen und Schaden anrichten können. Andere Arten bilden aus den gut löslichen und daher sehr toxischen Schwermetallen schlecht lösliche Verbindungen, die nicht mehr in den Organismus gelangen und daher unschädlich sind. Der Vorteil von Bioremediation in diesem Gebiet ist die hohe Selektivität biologischer Reaktionen: die Schwermetalle können auch schon in geringsten Mengen gebunden oder entgiftet werden. Von Nachteil ist, dass selbst angepaßte Organismen bei zu hohen Schwermetall-Konzentrationen absterben. Zur Zeit ist die Bioremediation von Schwermetallen noch keine echte Konkurrenz zu etablierten physiko-chemischen Verfahren. Bioremediation ist eine Technik mit großem Entwicklungspotential, das auf der enormen Vielfalt biologischer Reaktionen beruht. Im Abbau überschüssiger Nährstoffe (kommunale Kläranlagen, Luftfilter u.ä.) ist Bioremediation erfolgreich etabliert. Der biologische Abbau organischer Giftstoffe ist bereits bei Mineralöl-Verseuchungen großtechnisch etabliert, der Abbau der hochgiftigen Dioxine, PAKs und PCBs hingegen erfolgt erst im Labormaßstab und muß noch weiter verbessert werden. Die Remediation bioabbaubarer Kunststoffe ist machbar, jetzt müssen diese umweltfreundlichen Kunststoffe nur noch die Märkte erobern. Die Bioremediation von Schwermetallen steckt noch in den Kinderschuhen, hat jedoch ein großes Wachstumspotential. Einzelne Prozesse stehen kurz vor der industriellen Anwendung. 2.1 Enzyme als Biokatalysatoren Biochemische Reaktionen wie z.B. die Verbrennung von Glucose laufen bei Zimmertemperatur recht langsam ab. Glucose kann z.B. tagelang an der Luft liegen, ohne daß es zu einer nennenswerten Oxidation kommt. Zellen lebender Organismen haben nicht soviel Zeit. Sie müssen solche wichtigen Prozesse irgendwie beschleunigen. Zunächst informieren wir uns über das Thema "Geschwindigkeit chemischer Reaktionen". Danach haben wir eine Idee: Entweder man erhöht die Konzentration der Ausgangsstoffe, oder die Temperatur, oder man senkt die Aktivierungsenergie der Reaktion. Die Ausgangsstoffe einer chemischen Reaktion, die Edukte, haben eine bestimmte innere Energie, die nicht direkt gemessen werden kann. Die Reaktionsprodukte haben ebenfalls eine gewisse innere Energie, die ebenfalls nicht gemessen werden kann. Was man dagegen leicht messen kann, ist der Energieunterschied zwischen der Energie der Produkte und der Energie der Edukte, die sogenannte Reaktionsenergie oder besser Reaktionsenthalpie. Die ersten beiden Varianten werden von den Zellen tatsächlich angewandt, sind jedoch stark begrenzt. So kann die Temperatur in den Zellen nicht beliebig erhöht werden, denn bei über 45°C fangen die Proteine an zu denaturieren, die Zelle stirbt. Es bleibt also nur der andere Weg: die Aktivierungsenergie der ablaufenden Prozesse muß drastisch herabgesetzt werden. In der Technik setzen die Menschen dazu sogenannte Katalysatoren ein. Die Katalysatoren der Natur heißen Enzyme. Enzyme sind also Bio-Katalysatoren. Ein einzelnes Enzym-Molekül kann Tausende von Reaktionsschritten katalysieren. lle bisher bekannten Enzyme gehören zur chemischen Stoffklasse der Proteine . Erst in den letzten Jahren hat man einige wenige enzymatisch aktive Substanzen entdeckt, die nicht zu den Proteinen, sondern zu den Nucleinsäuren gehören. Proteine sind hochmolekulare organische Verbindungen, die aus vielen (manchmal über 1000) Aminosäuren zusammengesetzt sind. Alle heute bekannten, in lebenden Organismen vorkommenden Proteine sind aus lediglich 20 verschiedenen Aminosäuren zusammengesetzt. Hier ist ein einfaches Protein abgebildet, das aus 13 Aminosäuren zusammengesetzt ist. Die schwachen chemischen Bindungen zwischen den Aminosäuren bewirken eine räumliche Faltung der Aminosäurekette. Die Primärstruktur (Reihenfolge der Aminosäuren) faltet sich zu einer Sekundärstruktur (räumliche Ausrichtung der Aminosäurekette). Die biochemischen Eigenschaften eines Proteins hängen letzten Endes jedoch nur von der Tertiärstruktur ab, von der tatsächlichen Raumstruktur des Proteins. Wird diese Tertiärstruktur verändert, so kann sich bei einem Enzym auch die Struktur des aktiven Zentrums ändern. Damit ändern sich aber auch die katalytischen Eigenschaften des Enzyms; im Extremfall sinkt die Enzymaktivität auf Null. Endprodukthemmung Endprodukthemmung und Substratinduktion sind nur zwei einfache Beispiele der Enzymregulation durch Effektoren . Im Stoffwechsel der Zelle treten wesentlich komplexere Beziehungen auf. Ein Stoff X kann z.B. mehrere verschiedene Enzyme gleichzeitig hemmen bzw. aktivieren, während umgekehrt ein Enzym Y durch mehrere verschiedene Effektoren gehemmt bzw. aktiviert werden kann. Auf der folgenden Karte werden wir sehen, wie diese Enzymregulation durch Effektoren eigentlich genau funktioniert. Bei vielen zellulären Stoffwechselketten kann man beobachten, daß eine Endprodukthemmung auftritt: Die Aktivität eines Schlüsselenzyms (oft das erste Enzym einer Stoffwechselkette) wird mit zunehmender EndproduktKonzentration geringer. Das ist ökonomisch sinnvoll, die Stoffwechselkette läuft nur ab, solange das Endprodukt in niedriger Konzentration vorliegt. Substratinduktion Hier liegt eine sogenannte Substratinduktion vor: Das erste Glied einer Stoffwechselkette, der Ausgangsstoff bzw. das Substrat, aktiviert ein Schlüsselenzym der Stoffwechselkette - i.d.R. das erste Enzym. Auch das ist ökonomisch sinnvoll: wenn kein Substrat vorliegt, weshalb soll dann die ganze Stoffwechselkette ablaufen? Im Genetik-Kurs in der Jahrgangsstufe 13 werden wir noch eine andere Art der Enzymregulation kennenlernen, die wesentlich effizienter arbeitet. Es gibt weitere Mechanismen, die die Aktivität eines Enzymes beeinflussen können - meistens negativ. Von einer echten "Regelung" kann hier allerdings eine Rede sein. Hemmung durch Schwermetalle Schwermetallionen (Blei, Cadmium, Quecksilber etc.) lagern sich gern in das aktive Zentrum von Enzymen und blockieren dasselbe, so dass die Umsatzrate auf Null sinkt. Die Ionen gehen eine feste Bindung mit dem aktiven Zentrum ein, die nicht reversibel ist. Das Schwermetallion verbleibt im aktiven Zentrum, das Enzymmolekül ist damit sozusagen für immer ausgeschaltet. Daher spricht man auch nicht von einer "Schwermetallhemmung", sondern von einer "Schwermetallvergiftung". Kompetitive Hemmung Enzyme sind bekanntlich substratspezifisch. Sie interagieren mit dem Substrat nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Nun gibt es aber Stoffe, die fast genauso aufgebaut sind wie das jeweilige Substrat und daher in das aktive Zentrum des Enyums eingelagert werden. Oft ist es dann aber so, dass dieser substratähnliche Stoff vom Enzym nicht umgesetzt werden kann. Nach kurzer Zeit löst sich der substratähnliche Stoff vom Enzym, und ein neuer Reaktionszyklus kann stattfinden. Wenn sich in der Lösung sehr viele "echte" und nur sehr wenige "falsche" Substratmoleküle befinden, macht sich diese kompetitive Hemmung nur wenig bemerkbar. Enthält die Lösung aber anteilsmäßig recht viele "falsche" Substrate, so sinkt die Enzymaktivität merklich, weil ja weniger Produktmoleküle entstehen. Moleküle und Mechanismen des Lebens Den unterschiedlichen Ausdrucksformen des Lebens unterliegen gemeinsame molekulare Muster und Prinzipien. Bakterien, Würmer oder der Mensch benutzen dieselben Bausteine, um Makromoleküle herzustellen. Der Fluß der genetischen Information von der DNA zur RNA und weiter zum Protein ist im wesentlichen in allen Organismen derselbe, und ATP ist die universelle "Energiewährung" in biologischen Systemen. Es gibt vier Basis-Elemente, welche 96 Prozent der lebenden Materie aufbauen: Kohlenstoff (C), Sauerstoff (O), Wasserstoff (H) und Stickstoff (N). Die restlichen vier Prozent werden durch Phosphor (P), Schwefel (S), Calcium (Ca), Kalium (K) und einigen weiteren Elementen gebildet. Atome setzen sich zu Molekülen zusammen. Lebende Organismen sind aus einem begrenzten Satz kleiner organischer Moleküle aufgebaut. Die Hauptklassen sind Zucker, Fettsäuren, Aminosäuren und Nukleotide. Zucker sind die wichtigste Quelle chemischer Energie für die Zelle und sind dienen in Form der Polysaccharide als Energie-Speicher. Fettsäuren sind ebenfalls als Energiespeicher wichtig; ihre wesentliche Funktion liegt aber in der Bildung zellulärer Membranen. Aminosäuren bilden die Proteine, vielseitige Makromoleküle. Nukleotide sind in die intrazellulären Signalsysteme verwickelt und haben eine zentrale Funktion in der Energieübertragung. Hauptsächlich dienen sie jedoch als Bausteine der Informations-Makromoleküle DNA und RNA. Reversible Wechselwirkungen von Molekülen stehen im Mittelpunkt des Lebens, wobei schwache chemische Bindungen eine wichtige Rolle spielen. Nichtkovalente Kräfte spielen eine Schlüsselrolle bei der exakten DNAReplikation, bei der Faltung von Proteinen zu komplexen dreidimensionalen Strukturen, bei der spezifischen Erkennung von Substraten durch Enzyme und bei der Bindung von Signalmolekülen. Die drei wichtigsten nichtkovalenten Bindungstypen sind elektrostatische Bindungen, Wasserstoffbrücken und van-der-WaalsBindungen. Wasser beeinflußt diese Bindungstypen in unterschiedlicher Weise, wobei zwei seiner Eigenschaften von besonderer Bedeutung sind: Wasser ist ein polares Molekül, und Wassermoleküle haben eine große Affinität zueinander. Aufgrund seiner Polarität und seiner Fähigkeit zur Ausbildung von Wasserstoffbrücken kann sich Wasser an vielen Wechselwirkungen beteiligen. Es ist ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für polare Moleküle und schwächt Ionenbindungen und Wasserstoffbrücken. Die Suche nach Wasser auf dem Mond, dem Mars und dem Jupiter hat eine Ursache darin, daß dieses Molekül die wichtige Voraussetzung für die Existenz von Leben auf anderen Welten ist. Obwohl eine Zelle zu 70 bis 95 Prozent aus Wasser besteht, ist sie ansonsten zum größten Teil aus Verbindungen aufgebaut, die als Basis Kohlenstoff haben. DNA, Proteine, Kohlenhydrate und andere Moleküle, durch die sich belebte von unbelebter Materie unterscheidet, sind alle aus Kohlenstoffatomen aufgebaut, die untereinander und mit den Atomen anderer Elemente verknüpft sind. Kohlenstoff kann vier kovalente Bindungen eingehen, sich zu komplizierten molekularen Gerüsten verbinden und mit verschiedenen anderen Elementen verknüpft werden. Die Vielseitigkeit des Kohlenstoffs ermöglicht die große Vielfalt organischer Moleküle. Sie alle weisen besondere Eigenschaften auf, die aus der speziellen Anordnung ihrer Kohlenstoffgerüste und der daran gebundenen funktionellen Gruppen hervorgehen. Die Variation dieses Gerüsts ist eine wichtige Quelle für die molekulare Komplexität und Vielfalt lebender Materie. Die gesamte biologische Vielfalt basiert auf dieser molekularen Variabilität. Die Eigenschaften eines organischen Moleküls hängen nicht nur vom Aufbau des Kohlenstoffgerüsts ab, sondern auch von den molekularen Komponenten, die daran geknüpft sind. Solche Atomgruppierungen werden funktionelle Gruppen genannt. Die sechs für die Chemie des Lebens wichtigsten Gruppen sind: die Hydroxylgruppe (-OH), die Carbonylgruppe (-CO), die Carboxylgruppe (-COOH), die Aminogruppe (-NH2), die Sulfhydrylgruppe (-SH) und die Phosphatgruppe. Die zentralen Moleküle des Lebens sind die DNA, die RNA und die Proteine. Die Nukleinsäuren sind für den genetischen Steuerungsmechanismus verantwortlich, während die Eiweiße die entscheidenden Stoffwechselmoleküle darstellen. Proteine haben verschiedenartigste Funktionen. Sie katalysieren als Enzyme fast alle chemischen Reaktionen in biologischen Systemen. Sie dienen als Transport- und Speichersubstanz für viele kleine Moleküle und Ionen: Eisen wird im Blutplasma durch Transferrin transportiert und in der Leber als Komplex mit einem anderen Protein, dem Ferritin, gespeichert. Hämoglobin dient als Träger des Sauerstoff in den roten Blutkörperchen. Weiterhin sind Proteine Hauptbestandteil von Muskelgewebe, dessen Kontraktion durch die Bewegung zweier Arten von Eiweißfilamenten, Actin und Myosin, zustandekommt. Wanderungen der Chromosomen während der Mitose oder die Fortbewegung von Samenzellen mit Hilfe ihrer Geißeln beruhen ebenfalls auf kontraktilen Systemen aus Proteinen. Die hohe Zugfestigkeit von Haut und Knochen wird durch das Faserprotein Kollagen gewährleistet. Antikörper sind hochspezifische Proteine, die Fremdsubstanzen wie Viren, Bakterien und Zellen erkennen und binden können. Die Antwort von Nervenzellen auf spezifische Reize wird durch Rezeptorproteine vermittelt. Rhodopsin ist der Photorezeptor in den Stäbchen der Netzhaut, und in den Synapsen werden durch Rezeptoren Nervensignale von einer Nervenzelle auf die andere übertragen. In höheren Organismen werden Wachstum und Differenzierung von Wachstumsfaktorproteinen kontrolliert. So steuert der Nervenwachstumsfaktor die Ausbildung neuronaler Netzwerke. Die Aktivität verschiedener Zellen in vielzelligen Organismen wird von Hormonen koordiniert. Viele dieser Substanzen sind Proteine, wie das Insulin. Generell dienen Proteine in allen Zellen als Sensoren, die den Fluß von Energie und Materie lenken. Die elementaren Strukturuntereinheiten der Proteine sind die Aminosäuren. Alle Eiweiße werden aus einem Satz von 20 Aminosäuren aufgebaut, die sich in Größe, Gestalt, Ladung, Wasserstoffbindungsfähigkeit und chemischer Reaktivität unterscheiden. Ein Protein besitzt eine präzise definierte Aminosäuresequenz. Die Aminosäuresequenz ist das Bindeglied zwischen der genetischen Botschaft der DNA und der dreidimensionalen Struktur, die die biologische Funktion des jeweiligen Proteins gewährleistet. Aminosäuren werden durch Peptidbindungen zu Polypeptidketten verknüpft. Polypeptidketten können sich zu regelmäßigen Strukturen falten: -Helix und -Faltblatt. Die Faltung von Proteinen erfolgt durch Assoziation von -helikalen und -Faltblattstrukturen. Spiralisiserte -Helices treten im Keratin der Haare, im Myosin des Muskels und im Fibrin von Blutgerinnseln auf. Wenn man bedenkt, daß sich diese Stoffe alle von der gleichen Molekülgestalt ableiten und wahrscheinlich allesamt Ausprägungen einer einzigen Grundidee sind, so stellt sich hier wohl eines der großen Koordinationsprinzipien im Stammbaum der biologischen Moleküle dar. Proteine sind Makromoleküle mit der einzigartigen Eigenschaft, unterschiedlichste Moleküle zu erkennen und mit ihnen zu reagieren. Dies liegt daran, daß sie komplementäre Oberflächen und Vertiefungen ausbilden können. Die große Vielfalt von Seitenketten an diesen Oberflächen und Höhlungen ermöglicht Wasserstoffbrücken, elektrostatische Bindungen und van-der-Waals-Bindungen mit anderen Molekülen. Darüber hinaus können die Stärke dieser Wechselwirkungen und ihre Dauer genau kontrolliert werden. Die katalytischen Fähigkeiten der Proteine beruhen darauf, daß sie Substratmoleküle in genau definierter Orientierung binden und beim Knüpfen und Lösen chemischer Bindungen Übergangszustände stabilisieren können. Konformationsänderungen, die zwischen voneinander entfernten Orten eines Proteinmoleküls übertragen werden, sind von entscheidender Bedeutung bei der Energie- und Informationsübertragung durch Proteine. Proteine können also aufgrund ihres Bauplans als molekulare Schalter dienen und Signale empfangen, integrieren und weiterleiten. Die DNA ist ein langes, fadenförmiges Molekül aus Desoxyribonukleotiden, die jeweils aus einer Base, einem Zucker und einer Phosphatgruppe bestehen. Die Basen der DNA tragen die genetische Information, während die Zucker- und Phosphatgruppen eine strukturelle Aufgabe erfüllen. Als die Doppelhelixstruktur der DNA entdeckt wurde, legte die komplementäre Natur der beiden Stränge sofort die Vermutung nahe, daß bei der DNA-Replikation jede Kette als Matrize für die andere dient. Das Zucker-Phosphat-Rückgrat jedes Stranges liegt in der Doppelhelix außen, während die Purin- und Pyrimidin-Basen nach innen gekehrt sind. Die beiden Ketten werden von Wasserstoffbrücken zwischen Basenpaaren zusammengehalten. Adenin (A) paart immer mit Thymin (T), Guanin (G) immer mit Cytosin (C). Die Replikation der DNA wird von DNA-Polymerasen bewerkstelligt - Enzymen, die ihre Anweisungen von der DNA-Matrize erhalten. Diese Enzyme sind außerordentlich spezifisch: sie replizieren DNAMoleküle mit einer Fehlerquote von weniger als 1 pro einer Million Nukleotide. Die Gene aller Zellen und vieler Viren bestehen aus DNA. Die DNA ist nicht die direkte Matrize für die Proteinsynthese; diese Aufgabe erfüllen RNA-Moleküle. Eine spezielle Klasse von RNA-Molekülen, die messenger-RNA, dient als Informationsüberträger in der Proteinbiosynthese. Andere RNA-Moleküle sind Teile der Proteinsynthesemaschinerie; dazu gehören die transfer-RNA und die ribosomale RNA. Alle Formen zellulärer RNA werden von RNA-Polymerasen synthetisiert, die ihre Anweisungen von DNA-Matrizen erhalten. Diesem Prozeß der Transkription schließt sich die Translation an, die Synthese von Proteinen nach Instruktionen, die von einer mRNA-Matrize stammen. Der genetische Code ist manifestiert in der Beziehung zwischen der Basensequenz in der DNA und der Aminosäuresequenz in einem Protein. Jeweils drei DNA-Basen codieren für eine Aminosäure. Die Proteinsynthese findet an Ribosomen statt. Neugebildete Proteine enthalten Signalsequenzen, damit sie ihrem spezifischen Bestimmungsort zugeleitet werden können. Die meisten Gene höherer Eukaryoten sind diskontinuierlich. Bei solchen unterbrochenen Genen sind codierende Sequenzen (Exons) durch nichtcodierende Zwischensequenzen (Introns) getrennt. Eine bemerkenswerte Eigenschaft vieler Exons liegt darin, daß sie funktionelle Domänen in Proteinen codieren. Die Existenz von Introns und Exons hat weitreichende Konsequenzen für die Evolution. Neue Proteine entstanden in der Evolution wahrscheinlich durch Mischung von Exons; diese Exons codierten für Proteindomänen wie strukturelle Elemente, Bindungsstellen und katalytische Regionen. Introns waren vielleicht schon in den Urgenen vorhanden, gingen aber während der Evolution schnell wachsender Organismen wie Bakterien und Hefen verloren