Rückenschmerzen im Sport - Breitensportler profitieren von den Erkenntnissen aus dem Spitzensport. Eva M. ist 38 Jahre alt, seit ihrer Kindheit stets sportlich aktiv. Nun hat sie sich ein spezielles Ziel gesetzt: Mit 40 Jahren ihr erster Marathonlauf. Dazu braucht sie ein gezieltes Ausdauertraining. Beständig wird sie schneller und ausdauernder. Abrupt gestört wird ihr Trainingsaufbau durch Kreuzschmerzen, die ihr bald jegliches Joggen verunmöglichen. Eine Diskushernie als Ursache kann rasch ausgeschlossen werden. Im MRI der Lendenwirbelsäule findet sich in seiner Struktur ein weitgehend gesunder Rücken. Gesund und trotzdem Schmerzen? Erst die Untersuchung in einem spezialisierten Zentrum bringt es an den Tag. Eva M. hat eine Instabilität im Beckenbereich. Im Bereich des Beckens liegt unser Körperschwerpunkt. Dort ist der zentrale Angriffspunkt für all unsere Bewegungen. Nur wer hier absolut stabil ist, kann gezielte kraftvolle Bewegungen mit Armen und Beinen ausführen und damit (Spitzen) Leistungen erbringen. Eine Instabilität beeinträchtigt einerseits die Leistung und führt anderseits durch kleine Wackelbewegungen zu Schmerzen. Die Förderung der Tiefenstabilität ist Teil der modernen Trainingstheorie. Erst in den letzten Jahren begann man im Rumpfbereich nicht einfach diejenigen zu bewundern, welche über die grössten „Six-packs“ verfügten, sondern erkannte den Wert der tiefen, kleinen stabilisierenden Muskeln wie den M. multifidus oder den M. transversus abdominis. Mit diesen Muskeln werden keine grossen Lasten bewegt, aber sie stabilisieren wirbelsäulennah die einzelnen kleinen Rückengelenke. Nur wer in der Tiefe stabil ist, kann daran herum Kraft aufbauen- sei es, um eine Einkaufstasche heim zu tragen oder um auf einen Marathon zu trainieren. Ergänzend braucht es immer noch die „Six packs“. In der modernen Trainingslehre ist es ein „sowohl als auch“. Tiefe kleine Muskeln zur Stabilisierung, äussere grosse mobilisierende Muskeln zur Erbringung von Leistung. Trägerschaft: Schweizerischer Verein Balgrist Die grossen Muskeln trainiert man mit traditionellem Krafttraining. Die kleinen werden durch Koordinationsübungen aktiviert. Es geht darum, wieder zu erlernen, diese Muskeln vom Hirn aus aufzufinden. Erst wer den Muskel ansteuern kann, kann ihn einsetzen. Während typischerweise im Kraft-Training stets ein vorgegebenes Ziel zu erreichen versucht wird, egal mit welchem Kraftakt, ist bei der Tiefenstabilität der Weg, welcher zum Ziel führt, entscheidend. Es steht die Qualität der Bewegung, nicht die Quantität im Vordergrund. Wie kann Eva M. nun aber von den Erkenntnissen aus dem Spitzensport profitieren? Spezialisierte Ärzte und Physiotherapeuten an sportmedizinischen Zentren können diese Tiefenmuskulatur gezielt austesten. Welche Muskeln kann Eva M. überhaupt anzusteuern? Welche sind in ihrem Hirn bereits ausgelöscht? Aus dieser Feindiagnostik auf Stufe des einzelnen Muskels heraus wird nach modernsten Erkenntnissen ein individuelles Rehabilitationskonzept erstellt. Die Übungen müssen absolut perfekt ausgeführt werden. Fehlerhafte Übung bedeutet Ausführung mit dem falschen Muskel und ist somit sinn- und zwecklos. Eva M. muss nicht häufig in die Physiotherapie, sie muss die Übungen am Morgen und am Abend selbstständig zu Hause durchturnen. Damit sie aus ihrem alten, falschen Bewegungsmuster herausfindet, darf sie während dieser Zeit nicht joggen. Jedoch Velofahren und Schwimmen. Der ganze Rehabilitationsaufbau benötigt rund 2-3 Monate. Danach ist Eva M. nicht „nur“ beschwerdefrei, sondern auch schneller. Aus dem stabilen Becken können die Beine nun optimal ihre Kraft entfalten. Den „Schmerzabstecher“ von Eva M. muss nicht machen, wer präventiv bereits den Aufbau der kleinen tiefen Muskeln in das Gesamttrainingskonzept integriert. Was für Eva M., Didier Cuche und Fränzi Aufdenblatten gilt, hat auch seine Bedeutung für weniger Sportambitionierte. Wer langfristig über einen schmerzfreien, gesunden Rücken verfügen möchte, beginnt bereits vor den ersten Symptomen mit einem modernen den neuesten Forschungserkenntnissen entsprechenden Aufbauprogramm. Heute weiss Eva M., hätte sie vor der Steigerung des Laufpensums zuerst ihre Beckenstabilität aufgebaut, hätte sie wohl nie an Trägerschaft: Schweizerischer Verein Balgrist Rückenschmerzen gelitten. FACTS Auch ein strukturell gesunder Rücken macht Schmerzen, wenn eine Funktionsstörung vorliegt. Die mobilisierende Rumpfmuskulatur hebt die schwere Einkaufstasche. Sie wird durch das „normale“ Krafttraining aufgebaut. Die stabilisierende Rumpfmuskulatur schützt vor Schmerzen. Sie wird durch ein koordinatives Training aufgebaut. Wie das Stretching ist in jedes Training Tiefenstabilität zu integrieren. Trägerschaft: Schweizerischer Verein Balgrist die Aktivierung der