Ovulationsinduktion mit Gonadotropinen und Gonadotropin

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Ovarielle Stimulation mit Clomifen und „low dose“ Gonadotropinen
Dr. Georg Griesinger, MSc
Klinikum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Ratzeburger Allee 160
23538 Luebeck
tel.: +49 451 500 2134
fax.: +49 451 500 2139
E-mail: [email protected]
1. Einleitung
Das Spektrum therapeutischer Maßnahmen bei unerfülltem Kinderwunsch besteht aus
folgenden Maßnahmen:
1. Optimierung von Lebensführung und Körpergewicht
2. Normalisierung gestörter endokriner Regelkreise
3. Orale ovarielle Stimulation mit Antiöstrogenen oder Aromatasehemmern
4. Stimulation mit Gonadotropinen („low-dose“) zur monofollikulären Eizellreifung
5. Assistierte Reproduktion (IVF, ICSI)
Im Folgenden werden die unter Punkt 3 und 4 genannten Maßnahmen behandelt. Die
unmittelbare (direkte) Stimulation der follikulären Reifung gelingt in Stufe 4 mit
parenteral applizierbaren Gonadotropinpräparationen oder in der Stufe 3 indirekt mit
Antiöstrogenen wie Clomifen, Tamoxifen oder Aromatasehemmern. Als Alternative
bietet sich in der speziellen Situation des hypogonadotrapen Hypogonadismus die
pulsatile GnRH-Behandlung an.
2. Ovulationsinduktion mit Clomifencitrat
2.1 Wirkungsweise
Clomifencitrat (CC) ist nach wie vor ein häufig eingesetztes Medikament zur
Ovulationsinduktion. Gegenüber der Behandlung mit Gonadotropinen hat es einige
Vorteile:

Es kann oral verabreicht werden kann,

benötigt in der Regel kein aufwendiges Monitoring,

wirkt sehr effektiv und

ist sicher und billig in der Anwendung.
Der Erstsynthese 1956 folgte 1961 die Entdeckung, dass durch CC eine Stimulation des
Ovars bei Frauen mit Anovulation erreicht werden kann. Das Medikament ist seit 1967
von der amerikanischen FDA zur Kinderwunschbehandlung zugelassen.
Es
handelt
sich
um
ein
nicht-steroidales
und
antiestrogen
wirkendes
Triphenyläthylenderivat. Handelsübliche Präperate enthalten ein Gemisch der beiden
Isomere Cis-Clomiphen und Trans-Clomiphen, wobei letzteres eine deutlich höhere
phamakologische Potenz besitzt. Die Wirkungsweise und Nebenwirkungen bei der
Behandlung von CC sind gut dokumentiert. Nichtsdestotrotz ist der genaue
Wirkungsmechanismus nicht geklärt. Es ist soweit bekannt, dass CC insbesondere mit
Estrogenrezeptoren des Hypothalamus und der Hypophyse interagiert. Dies führt dort zu
einer Verarmung der Estrogenrezeptorbindungsstellen und damit zu einer Verminderung
des negativen Feedbacks durch endogene Estrogene. Der Behandlung mit CC folgt
daher eine erhöhte Ausschüttung von hypophysiären Gonadotropinen (FSH und LH),
die zur Follikelreifung am Ovar führt. Auch in der Peripherie wirkt CC am
Estrogenrezeptor als kompetetiver Estrogen-Antagonist und wirkt daher auf viele
Erfolgorgane antiestrogen.
2.2 Indikation
Hauptanwendung findet CC in der Behandlung der normogonadotropen Amenorrhö und
Oligomenorrhö (WHO Gruppe II, anovulatorisches PCOS). Bei Patientinnen mit
ovulatorischen Zyklen wird das Zyklusgeschehen meistens konserviert oder es kommt
zu einer milden Polyovulation. Üblicherweise kommt es bei Patientinnen mit
anovulatorischen Zyklen unter CC zu einer monofollikulären Entwicklung. In Einzelfällen
kann eine milde Polyovulation mit CC erreicht werden und dann mit einer IVFBehandlung kombiniert werden. In der Praxis spielt dieses Protokoll jedoch nur noch
eine untergeordnete Rolle, da hier die Behandlung mit Gonadotropinen wesendlich
erfolgreicher ist.
2.3 Praktische Anwendung
CC erhöht die Ausschüttung von FSH und LH und wird üblicherweise über 5 Tage von
Zyklustag 2-5 an in einer Dosierung von zunächst 50 mg/d verschrieben. Die Dosis kann
in Einzelfällen bis 150 mg/d gesteigert werden. Die Anwendung kann nach spontaner
oder induzierter Blutung erfolgen. Der Therapiezyklus sollte dann durch serielle
Messungen von LH, FSH, E2 und Progesteron sowie Follikulometrie und Messung der
Endometriumdicke ab dem 10. Zyklustag überwacht werden. Der dominante Follikel
erreicht oft eine Größe bis 22-25 mm und ist deutlich größer als unter Behandlung mit
gonadotropen Hormonen. Die Ovulation ist nicht selten über den 14. Zyklustag hinaus
verzögert. hCG zur terimalen Eizellreifung ist nicht notwendig, ebenso wenig wie eine
Lutealphasenunterstützung. Generell ist die Serumkonzentration von Progesteron in der
Lutealphase sind gegenüber denen im Spontanzyklus erhöht.
Eine Dosissteigerung auf über 150 mg/d oder eine Verlängerung der CC-Gabe führt in
der Regel nicht zu einer Erhöhung der Schwangerschaftsrate und hat sich nicht
durchgesetzt. Sollte es unter CC zu einem anovulatorischen Zyklus kommen, sollte eine
andere Form der Stimulation zum Beispiel mit Gonadotropinen erwogen werden.
Generell sollte nach sechs erfolglosen Versuchen auf eine alternative Stimulationsart
gewechselt werden.
Obwohl CC-gestützte Zyklen in weit über 50% der Frauen zu einer Ovulation führen,
sind die Schwangerschaftsraten in CC-Zyklen deutlich niedriger. Dies mag mit den
dosisabhängigen aniöstrogenen Effekten von CC insbesondere auf das Endometrium
und den Zervikalschleim zusammenhängen. Die Schwangerschaftsrate nach CC-Zyklen
kombiniert mit einer Insemination liegt in Sammelstudien bei 5-10%. Die meisten
Schwangerschaften unter CC-Behandlung treten in den ersten drei bis sechs Zyklen auf.
Eine Verlängerung der Therapie über mehr als 4-6 Zyklen macht insofern wenig Sinn.
2.4 Kontraindikationen, Nebenwirkungen und Risiken
Die
Behandlung
mit
CC
ist
bei
hypogonadotroper
(WHO
Gruppe
I)
und
hypergonadotroper Amenorrhö (WHO Gruppe III) in der Regel wirkungslos. Auch
Zyklusdefekte mit niedrigen peripheren Östrogenspiegeln oder negativen Gestagentest
eignen sich nicht zur CC-Behandlung.
Häufige Nebenwirkung nach der Einnahme von CC lassen sich durch dessen periphere
antiestrogene Wirkung erklären. Häufig sind dabei Kopfschmerzen, Hitzewallungen,
Schlaflosigkeit und depressive Verstimmung (ca. 10%). Diese Symptome verschwinden
meist sofort nach Beendigung der Therapie. Selten sind Sehstörungen und
Augenflimmern. Im weiteren Verlauf können nach CC-Stimulation estrogenbedingte
Symptome wie Brustspannen, Übelkeit und Ödeme auftreten. Die Regelblutung ist
häufig verstärkt.
Die Häufigkeit von Mehrlingsschwangerschaften nach CC-Zyklen beträgt etwa 5-15%
und ist abhängig von Indikationsstellung, Konzeptionsweg und Überwachung des
Zyklus. Die Rate fetaler Fehlbildungen oder Chromosomenanomalien nach CCEinnahme ist nicht erhöht. Ebenso erhöht die versehentliche Einnahme von CC während
der Schwangerschaft das fetale Risiko nicht. Die Gefahr einer ovariellen Überstimulation
(OHSS) tritt bei CC-Zyklen im Vergleich zur Gonadotrophinbehandlung nur sehr selten
auf und ist nur anekdotisch in der Literatur beschrieben.
Die langfristige Einnahme von CC über mehr als 12 Zyklen wurde mit einem erhöhten
Risiko für die Entwicklung eines Ovarialkarzinoms assoziiert. Allerdings fehlen bisher
überzeugende Daten zur Belegung eines solchen Zusammenhangs.
3 Ovulationsinduktion mit Gonadotropinen
3.1 Indikationen
Eine Gonadotropintherapie ist ausschließlich zur Induktion einer Schwangerschaft
indiziert.
Grundsätzlich
unterschieden
wird
die
Therapie
zur
Erzielung
einer
monofollikulären oder polyfollikulären ovariellen Reaktion (Response). Polyfollikuläre
Reaktionen sind erwünscht bei Maßnahmen der assistierten Reproduktion, die die
Entnahme mehrerer Eizellen erforderlich machen. Gonadotropine sollten grundsätzlich
nur unter Kontrolle erfahrener Ärzte mit der Möglichkeit ultrasonographischer
Follikelmessung und ggf. Estradiol- und LH-Bestimmungen (Monitoring) durchgeführt
werden.
Klassische
normogonadotrope
Indikation
Zyklusstörung,
für
im
eine
Gonadotropinbehandlung
Besonderen
bei Clomifen
ist
Resistenz.
die
In
zunehmendem Maße werden Gonadotropinstimulationen aber auch primär verabreicht,
bei normogonadotropen Zyklusdefekten ohne klassisches sonomorphologisches Bild der
polyzystischen Ovarien.
3.1.1 Clomifenresistente Anovulation
Anovulatorische Frauen, die auf Clomiphencitrat nicht ansprechen, bei denen eine
Clomifenstimulation erfolglos verlief oder unter Nebenwirkungen der Antiöstrogengabe
leiden, können einer Gonadotropintherapie zugeführt werden. Im Allgemeinen kann man
hierbei von folgenden altersabhängigen Resultaten ausgehen: Ovulationsgrad mehr als
60 – 80%, Schwangerschaftsrate 20 – 25%, Abortrate 15 – 25%.
3.1.2 Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS)
Bei dem PCO-Syndrom kommt es aufgrund der hohen Zahl antraler Follikel eher zu
einer polyfollikulären Reifung. Hierbei erscheint ein sogenanntes „Low dose – Step upProtokoll“ am erfolgversprechendsten, um eine Mono- oder Biovulation zu erzielen.
Dabei wird nach niedrig dosierter Initialtherapie (z. B. 37,5 – 50 Einheiten FSH) über
ca.10-14 Tage bei bis dahin reaktionslosen 0varien eine vorsichtige stufenweise
Dosiserhöhung im wöchentlichen Abstand durchgeführt. Patienten mit PCO-Syndrom
sprechen unter Umständen sehr stark auf eine FSH-Therapie an. Bei Patienten, die
unter einer derartigen FSH-Therapie keine gute Follikelreifung zeigen, kann eine
vorherige „Downregulation“ der hypophysären Gonadotropinsekretion mit einem GnRH-
Analogon kombiniert werden.
3.1.3 Hypogonadotroper Hypogonadismus
Frauen
mit
hypothalamisch-hypophysärem
Hypogonadismus
benötigen
exogen
zugeführte Gonadotropine zur Eizellreifung und Ovulation. Bei Stimulation mit reinem
FSH muss zusätzlich LH verabreicht werden. Alternativ kann humanes menopausales
Gonadotropin verwendet werden. Auch die pulsatile Verabreichung von GnRH mittels
eines speziellen Pumpengerätes ist eine Option.
3.2 Kontraindikation: hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz, Ovarialzysten oder unklare
uterinen Blutungsanomalien
Patienten mit deutlich erhöhten FSH-Werten (>25 mIU/ml) oder auch einer bereits
bestehenden primären Ovarialinsuffizienz sind nicht für eine FSH-Therapie geeignet.
Patienten
mit
funktionellen
Zysten
oder
vergrößerten
0varien,
die
nicht
im
Zusammenhang mit einem PCO-Syndrom stehen, sollten vor Abklärung solcher Zysten
nicht therapiert werden. Auch Patientinnen mit abnormen uterinen Blutungen unklarer
Ursache sollten zunächst abgeklärt werden.
3.3 Kombination mit GnRH-Antagonisten
Bei Patientinnen mit Tendenz zur Entwicklung eines vorzeitigen LH Anstiegs unter
ovarieller Stimulation kann ein beginnender LH Anstieg kurzfristig durch Verabreichung
eines GnRH-Antagonisten unterbunden werden, bzw. primär ein GnRH-Antagonist
verabreicht werden, sobald der Leitfollikel eine Größe von 13-14 mm erreicht hat.
3.4 Ovulationsinduktion
Zur weiteren Zyklusoptimierung wird eine ovarielle Stimulation mit Gonadotropinen meist
mit einer zeitgerechten Ovulationsinduktion verbunden. Hierbei wird bei einer
Leitfollikelgröße von durchschnittlich ≥18 mm 5000 – 10.000 Einheiten HCG appliziert.
Zur Verhinderung höhergradiger Mehrlinge sollte eine Ovulationsinduktion nur bei
maximal 2 präovulatorischen Follikeln erfolgen, wobei zu beachten ist, dass Follikel
bereits ab einer Größe von ~14 mm eine befruchtungsfähige Eizelle enthalten können.
3.5 Nebenwirkungen
Im Wesentlichen ist die Gonadotropinbehanldung bis auf lokale Reaktionen im Bereich
der Injektionsstelle gut verträglich und Nebenwirkungen erst bei starkem Ansprechen
der Eierstöcke zu beobachten: Vergrößerung der 0varien und damit gastrointestinale
Symptome (Übelkeit, Blähungen, Durchfälle u. ä.), ggfs. Kopfschmerzen. Die
Nebenwirkungen sind vorrangig vom Ausmaß der ovariellen Stimulation abhängig. Die
Hauptkomplikation
einer
Gonadotropinbehandlung
ist
die
Entstehung
einer
Mehrlingsgravidität. Eine ernsthafte, aber seltene Nebenwirkung stellt das ovarielle
Überstimulationssyndrom dar. Hierbei zeigt sich eine starke ovarielle Reaktion mit
Vergrößerung der Ovarien und einer gesteigerten vaskulären Permeabilität. Hierdurch
kann es zur Ausbildung von Aszites, Hämokonzentration, verminderter Nierenperfusion,
Gewichtszunahme und ggf. Pleuraergüssen kommen. Neben der Hämokonzentration
kann eine Hyperkoagulabilitlät das Thromboserisiko steigern.
3.6 Protokolle zur Gonadotropin-Applikation
Das low-dose Protokoll ist die Therapie der Wahl für die terminierte Ovulation und die
Eierstockunterstützung als Vorbereitung für die intra-uterine Insemination. Bei
unzureichendem Ansprechen der Eierstöcke oder bei Vorliegen eines PCOS ist das lowdose „step-up“ Protokoll Methode der Wahl.
Abbildung 1: Beispielhaft Darstellung eines „Low dose Step-up“ Protokolls.
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