Variablen- und personorientierter differentieller Ansatz

Werbung
Differentielle Psychologie
Zusammenfassung: Asendorpf – Psychologie der Persönlichkeit (3.Aufl.)
Kapitel 2: Sechs Paradigmen der Persönlichkeitspsychologie
Paradigma einer Wissenschaft: „Bündel“ von theoretischen Leitsätzen, Fragestellungen und
Methoden zur Beantwortung
2.1 Der Begriff des Wissenschaftsparadigmas
Nicht alle „Persönlichkeitstheorien“ erfüllen die in Kap.1 dargestellten Anforderungen an
empirische Theorien.
Daher wird hier nur von Paradigmen gesprochen.
Der Begriff des Wissenschaftsparadigmas von Kuhn (1967):
Nach Kuhn verändern sich die Paradigmen in bestimmten Abständen, da irgendwann
erwartungswidrige Befunde auftreten, die entweder zu leichten Änderungen oder aber nach dem
Durchlaufen einer Krise zum kompletten Paradigmenwechsel – gesetzt den Falle es gibt eines,
das besser auf die Anomalien passt.
Merke: Ein Wissenschaftsparadigma ist ein in sich einigermaßen kohärentes, von vielen
Wissenschaftlern geteiltes Bündel aus theoretischen Leitsätzen, Fragestellungen und Methoden,
das längere historische Perioden in der Entwicklung einer Wissenschaft überdauert.
Die 6 nun folgenden Paradigmen sind außer dem psychoanalytischen und dem behavioristischen
alle in der heutigen Persönlichkeitspsychologie vertreten.
2.2 Das psychoanalytische Paradigma
Dieses Paradigma geht auf Freuds (1856-1939) Psychoanalyse zurück, wobei zu sagen ist, dass es
innerhalb der Psychoanalyse viele Wandlungen/Strömungen gab, die hier nur in ihrem
gemeinsamen Kern betrachtet werden.
2.2.1 Allgemeines Menschenbild
Mensch = energiemäßig abgeschlossenes System (fast)
Die menschliche Aktivität ist immer auf die Verarbeitung von Energie zurückzuführen; da ein
abgeschlossenes System vorliegt, geht Energie für das eine immer auf Kosten der Energie für
andere Aktivitäten.
Das „Seelenleben“ beruht ebenfalls auf Energiefluss, wobei die Energie aus angeborenen Trieben
„gespeist“ wird, die durch Triebbefriedigung entladen wird.
Wenn der eigentliche Trieb (z.B. spezielles Verhalten) nicht befriedigt wird, nimmt die Energie
einen anderen Weg und wird umgelenkt (z.B. in Träumen)
 „Teekessel-Prinzip“ (mechanistisch)
Ein physiologisches Korrelat dieser Triebe wurde bis heute nicht nachgewiesen.
Instanzen zur Regelung der Energieverarbeitung: Es; Ich; Über-Ich (Strukturmodell)
Es: von Geburt an vorhanden, funktioniert unmittelbar nach dem „Lustprinzip“ (Lust suchen,
Schmerz vermeiden)
Ich: Bildet sich aus „Es“ und Außenwelt; vermittelt zwischen „Es“ und Außenwelt durch
Eindämmung des „Es“ und Änderung des Umwelteinflusses (z.B. Flucht), später auch
Vermittlung zwischen Es und Außenwelt und Über-Ich
Über-Ich: Verinnerliche Normen/Werte, versucht das Ich zu kontrollieren
Ebenen des Bewusstseins: bewusst, vorbewusst, unbewusst (topografisches Modell)
bewusst: Inhalte des momentanen Bewusstseins: z.B. Wahrnehmungen, Empfindungen,
Gedanken...
vorbewusst („auf der Zunge liegen“): Die gleiche Inhalte, allerdings abgeschwächt
unbewusst: nicht zugänglich, das komplette „Es“ ist hier angesiedelt, sowie Teile von „Ich“ und
„Über-Ich“
Unbewusste Prozesse haben eine eigene Qualität (z.B. Verschmelzung von Orten); das „Ich“
kann durch Triebimpulse erzeugte Empfindungen ins Unbewusste drängen, allerdings bleiben sie
hier sowohl affektiv als auch motivational aktiv.
Frage: Wo ist das Selbstbild anzusiedeln? – nicht eindeutig geregelt  „schwammiges“
Konstrukt
Das psychoanalytische Paradigma betont besonders irrationale, motivationale und
affektive Prozesse (wegen d. klinischen Orientierung), rationales Denken wird wenig bis
gar nicht behandelt.
Freud hat sich besonders für sexuelle und aggressive Motive interessiert, was ebenfalls aus der
klinischen Orientierung hervorgeht.
2.2.2 Persönlichkeitskonzept
Individuell variierende „Stärken“ von Es und Ich haben Einfluss auf die gesamte Dynamik des
Systems und sind somit als Ursache der für die Persönlichkeitspsychologie interessanten
Unterschiede/Besonderheiten von Menschen zu sehen.
Da Motive sowohl bewusst als auch unbewusst sein können, ist es wichtig beide Ebenen genauer
zu betrachten.
Freud stellte vor allem die frühkindlichen Erfahrungen als persönlichkeitsprägend heraus.
3 Phasen der Entwicklung: orale, anale, phallische Phase
oral (1.Jahr): Triebbefriedigung durch Mundzone
anal (2.-3. Jahr): Triebbefriedigung über Anus
phallisch (3.-5. Jahr): Triebbefriedigung über Penis/Scheide, Triebe richten sich auf
gegengeschlechtliches Elternteil
 bei Jungs: Ödipuskonflikt (Wunsch nach Mutter, Aggression gegen Vater)  Bewältigung
über Identifikation mit Werten/Moral d. Vaters
 bei Mädchen: Penisneid (Wollen Kind vom Vater)  übernimmt Werte/Moral der Mutter
Der Charakter eines Menschen wird durch die individuelle Verarbeitung der 3
Entwicklungsphasen geprägt. Eine ausgeglichen Triebbefriedigung in allen Phasen führt zu
einem unabhängigen Leben.
Ansonsten kommt es zu Fixierungen, die den Charakter maßgeblich beeinflussen:
z.B. analer Charakter : zwanghaft ordentlich, pedantisch, ...
z.B. Überkompensation des Ödipuskonflikt: „Macho“-Getue
Merke: Freud glaubte, dass die frühkindliche Geschichte der Triebregulation in der oralen,
analen und phallischen Phase den späteren Charakter forme. Ihm liege eine Sequenz elterliches
Verhalten  Fixierung  Charakter zugrunde.
Schwierigkeit: Operationalisierung d. Konzepte (z.B. Penisneid, Kastrationsangst, ...)
Ein zweiter freud’scher Ansatz zur Charakterbildung liegt in der individuellen Ausbildung
bevorzugter Abwehrstrategien, (z.B. Verdrängung, Verschiebung, Projektion, Reaktionsbildung,
Verleugnung, Rationalisierung, Sublimierung, Regression) die das „Ich“ anwendet.
Schwierigkeit: die zentralen Begriffe sind nicht empirisch verankert und so kann z.B.
„Verdrängung“ nicht eindeutig ausgemacht werden (zumindest nicht ohne psychoanalytische
Methoden, die wiederum nicht empirisch sind)
Fazit: Die für die Ausbildung des Charakters wesentliche Triebdynamik wird durch
verschiedene Verläufe der 3 Entwicklungsstadien und durch best. bevorzugte
Abwehrmechanismen beeinflusst.
Neuere psychoanalytische Persönlichkeitskonzepte betonen die Rolle früher Objektbeziehungen
für die Entwicklung der Persönlichkeit und der sozialen Beziehungen.
2.2.3 Methodik
Datenerhebung: Aus freien Assoziationen der Patienten in Therapiesitzungen, schriftliches
Material, faktische Erlebnisse aus dem Leben des Patienten.
Diese wurden von Freud interpretiert und dem Patienten vorgelegt.
Falls die Interpretationen auf Widerstand stießen, war das ein Anzeichen für einen „kritischen“
Punkt, welcher dann weiter „behandelt“ wurde.
Therapieerfolg war ein Zeichen für Theorie, auf der die Interpretation basierte.
Defizite aus Sicht der empirischen Wissenschaften:
Gefahr d. Immunisierung gegenüber empirischen Daten: Sowohl Akzeptanz als auch
Ablehnung der Interpretation kann mit der Theorie erklärt werden; dadurch ist sie nicht
falsifizierbar.
Hier liegt eine selbsterfüllende Prophezeiung vor, denn die Theorie wird aufgrund ihrer
„Erklärungskraft“ immer bestätigt.
 Parallele zur Alltagpsychologie: Erklärungsmacht (nicht immer ein Vorteil)
In diesem Fall sind vor allem die schwammigen Begriffe und die mangelnde empirische
Verankerung Faktoren, welche die Erklärungsmacht fördern.
 Vorhersagen können nicht getroffen werden, denn viele Ausgänge wären innerhalb der
Theorie denkbar; diese sind aber nicht absehbar.
Psychoanalytiker begründen dies mit der Komplexität des Gegenstandes.
Merke: Die klassische psychoanalytische Methodik ist aufgrund ihrer suggestiven Wirkungen auf
Patient und Therapeut in Gefahr, selbsterfüllende Prophezeiungen zu produzieren und ist von
daher nicht akzeptabel als Methodik einer empirischen Wissenschaft.
Freuds Lösung des Problems: Der Erfolg einer Therapie sei der Beweis für die Gültigkeit der
Theorie
 das Phänomen der „Spontanremission“ widerlegt hier diese Argumentation
Weitere Kritik:
Die Kindheit wird aus Erinnerungen Erwachsener rekonstruiert, welche aber durch
Erinnerungsfehler verfälscht sein können (phallische Phase)  zweifelhaft
Stichprobe: Neurotische Patienten sind wahrscheinlich nicht repräsentativ für die Population
Fazit: Die klassische Psychoanalyse ist aus methodischen Gründen keine empirische
Wissenschaft
2.2.4 Empirische Bewährung
Aufgrund schwammiger Begriffe ist dies erschwert.  Operationalisierung nicht möglich
Wurden dennoch Überprüfungen durchgeführt, kam wie z.B. bei der Phasenlehre die
Vorhersagen der Psychoanalyse nicht nachgewiesen (z.B. durch Interviews).
Z.B. konnten aus den Konflikte der phallischen Phase abgeleitete größere Ähnlichkeiten mit
Vater/Mutter nicht nachgewiesen werden.
Merke: Freud Auffassung der Charakterformung als Konsequenz der frühkindlichen
Triebregulation erwies sich entweder als empirisch nicht prüfbar oder kann in den zentralen
Annahmen als widerlegt gelten. Deshalb spielt sie in der heutigen Persönlichkeitspsychologie
keine Rolle mehr.
Das topografische Modell der Bewusstseinsebene hat sich besser bewährt; es gibt z.B.
zweifelsohne eine unbewusste Informationsverarbeitung, die keinesfalls bewusstseinsfähig ist.
Auch lassen sich bei Erwachsenen im wesentlichen die postulierten Abwehrstile gegenüber
äußeren Bedrohungen dokumentieren.
Auch gibt es Hinweise auf die innere Abwehr nach denselben Strategien.
Am Beispiel „Verdrängung“ konnten Weinberg et al. (1979) und Asendorpf et al. (1983) bei
perfektionistischen Menschen (Einstufung über Social Desirability Scale), welche gleichzeitig
auch noch niedrige Werte auf einer Ängstlichkeitsskala angaben (Manifest Anxiety Scale), also bei
sog. „Repressern“ , in bedrohlichen Situationen physiologische Korrelate eines inneren Konflikts
nachweisen, den Freud bei solchen Menschen vorhersagt.
Unklar ist allerdings, ob die Probanden tatsächlich bewusst keine Angst empfanden oder dies nur
fälschlicherweise angaben.
Weitere für die Persönlichkeitspsychologie wertvolle Konzepte des psychoanalytischem
Paradigmas sind z.B. die Unterscheidung zwischen unbewussten und bewussten Motiven oder
z.B. die Bedeutung frühkindlicher Bindungsstile.
Merke: Einige Konzepte des psychoanalytischen Paradigmas erwiesen sich als fruchtbar für die
Persönlichkeitspsychologie – darunter das Konzept unbewusster Motive, der
Abwehrmechanismen und der frühen Objektbeziehungen – nachdem es gelang, diese Konzepte
ausreichend empirisch zu verankern.
2.2.5 Bewertung
Insgesamt lässt sich resümieren, dass das psychoanalytische Paradigma trotz seiner teilweise
fruchtbaren Beiträge zur empirischen Persönlichkeitspsychologie, eher unbrauchbar bleibt wegen
der schwierigen/unmöglichen Operationalisierungen und der teilw. unhaltbaren Theorieelemente
(Phasentheorie).
Außerhalb des empirischen Bewertungsrahmens kann die Bewertung allerdings wieder anders
ausfallen
2.3 Das behavioristische Paradigma
Zeitliche Einordnung: ca. 1920-1970. eingeführt u.a. von Watson (1878-1958)
Blickpunkt d. Interesses: Direkt beobachtbare Verhaltensweise
 keine Introspektion, noch weniger Psychoanalyse
2.3.1 Allgemeines Menschenbild
Mensch kommt als „unbeschriebenes“ Blatt zur Welt und beginnt, angetrieben von
ungerichteter Spontanaktivität + Reflexen auf die Umwelt zu reagieren, was nach und nach dazu
führt, dass das Verhalten unter den Einfluss der Umweltreize gerät.
3 Lernmechanismen: klassische Konditionierung, operante Konditionierung,
Beobachtungslernen (?)
 Umweltreize bestimmten das Erlernen von Verhaltensweisen; Verhalten ist ergo durch
Schaffung best. Bedingungen problemlos zu manipulieren
2.3.2 Persönlichkeitskonzept
Nach den vom Behaviorismus postulierten Lerngesetzen bzw. dem behavioristischen
Menschenbild werden individuelle Besonderheiten durch individuelle Lerngeschichten erzeugt.
Bei genauer Kenntnis der „Vergangenheit“ sollten problemlos Aussagen über die
Persönlichkeitseigenschaften eines Menschen zu treffen sein.
2.3.3 Methodik
Durch die Fokussierung auf direkt beobachtbares Verhalten ist hier die Operationalisierung von
Konzepten – im Gegensatz zum psychoanalytischem Paradigma – äußert problemlos.
Gefahr: Zirkuläre Definitionen von Belohnung (Lernen beruht auf Belohnung, Belohnung hat
stattgefunden, wenn erfolgreich gelernt wurde)
Die persönlichkeitspsychologisch interessierenden überdauernden Lerneffekte, die als
Persönlichkeitsänderung aufgefasst werden können, sind ebenfalls einfach experimentell zu
überprüfen.
1. Problem: Sind die Persönlichkeitsunterschiede nach behavioristischen Lernprinzipien
entstanden?
 Doku aller „Reiz-Reaktions-Situationen“ wäre nötig, dies ist praktisch unmöglich.
Nachträgliche Befragungen, die potentiell helfen könnten, sind – wie in der Psychoanalyse – von
Erinnerungsverzerrungen betroffen und damit unbrauchbar.
2.Problem: Wer konditioniert wen? Rolle des Experimentators kann theoretisch auf beiden
Seiten liegen. (sog. asymmetrische Interpretation)
 A priori Absichten/Planvolle Handlungen sind behavioristisch schwer abbildbar.
Asymmetrische Interpretation ist „fatal“:
Der „Ursache-Wirkungs-Zusammenhang“ wird hier fälschlicherweise unidirektional dargestellt,
was z.B. bei der Mutter-Kind-Interaktion zu schweren Fehlern führen kann
Merke: Im Behaviorismus wird die Lernsituation asymmetrisch angelegt: Lernende sind Opfer
ihrer Umwelt, nicht umgekehrt.
2.3.4 Empirische Bewährung
 Hinsichtlich der Modifikation von Verhalten ist dieser Ansatz verhältnismäßig
mächtig, z.B. in der Verhaltenstherapie und bei der Konditionierung physiologischer
Funktionen.
 Allerdings ist dieser „Erfolg“ – wie beim psychoanalytischen Paradigma – kein Beweis für
das behavioristische Persönlichkeitskonzept.
 Als problematisch erweist sich auch die Annahme des „unbeschriebenen Blattes“ bei
Geburt hinsichtlich empirisch feststellbarer Unterschiede z.B. in der Reizschwelle, der





Aktivität, der Aufmerksamkeitsdauer, ... – dies wäre hier nur durch pränatales Lernen zu
erklären, was wiederum nicht behavioristisch wäre...
Auch unterschiedlich stabile Lerneffekte (instabil: Verhaltenstherapie bei Rauchen vs.
stabil: Nachahmungslernen bei ängstlicher Reaktion) sind behavioristisch nicht zu
erklären. (höchstens über genetische Prädisposition)
Ebenfalls problematisch ist die fehlende bzw. sehr umständliche
Beschreibungsmöglichkeit für Planvolles Handeln
Beispiel: 10 Tage Gefängnis für eine Million Euro  Dies Verhalten zu erklären ist
bedeutend einfacher über die Annahme innerer Prozesse.
 Das Informationsverarbeitungsparadigma löste des behavioristische ab:
Lerngesetze wurden, allerdings mit deutlich weniger „Gewicht“, weiter als gültig
behandelt
die Bereichsunspezifität des Lernens wurde revidiert  artspezifische Prädispositionen
(z.B. Erklärung für häufigere Angst vor Schlangen im Gegensatz zu Autos bei
Mitteleuropäern)
 für solche genetischen Prädispositionen gibt’s auch empirische Belege
Merke: Genetische Prädispositionen widersprechen der behavioristischen Annahme, dass
Lerngesetze universell sind.
Dies wird für die Persönlichkeitspsychologie erst an dem Punkt relevant, wenn dadurch die
Annahme weiterer Prädispositionen, die dann eher individuell sind, gestärkt wird.
Genetisch bedingte Lernbereitschaft: Solche individuellen Prädispositionen lassen sich als
genetisch bedingte Persönlichkeitsunterschiede ausmachen.
Weitere Schwierigkeiten: Persönlichkeitsabhängiges Lernen, z.B. von der Intelligenz,
Lernmotivation, ...  alles müsste behavioristisch über die Lerngeschichte erklärt werden, was
nicht möglich ist.
Merke: Menschliches Lernen ist wesentlich von Persönlichkeitseigenschaften abhängig. Von
daher nimmt die Persönlichkeit Einfluss auf den Lernprozess.
2.3.5 Bewertung
 Vorteile: Gute empirische Überprüfbarkeit durch eindeutige Operationalisierung
 Nachteile:
 biologisch und psychologisch inadäquate Vernachlässigung innerer Prozesse 
Beschränkung auf Wahrnehmbares ist nicht besonders hilfreich; in vielen Disziplinen gibt
es nur indirekt beobachtbare Konstrukte.
 Auch indirekte Konstrukte können über geeignete Operationalisierung empirisch
überprüft werden.
 falsche Annahmen: genetische Prädispositionen können Persönlichkeit vor der Geburt
beeinflussen ( Natur wäre Watson bei seinem „Experiment“ in die Quere gekommen;
Lernen ist bereichsspezifisch (keine universellen Lerngesetze)
o allein teilw. selbstbestimmte Selektivität v. Wahrnehmung und erst recht
aktives Aufsuchen best. Situationen gibt uns „Macht“ über unsere Umwelt
(dies ist wiederum persönlichkeitsabhängig)
ABER: behavioristische Grundannahmen sind immer noch fest in Alltagspsychologie verankert
2.4 Das Eigenschaftsparadigma
Zu verstehen als eine Weiterentwicklung der naiven Persönlichkeitspsychologie der
Alltagspsychologie, die empirischen Kriterien entspricht.
Begründet wurde es von Stern (1871-1938) und Allport (1897-1967) und ist auch noch heute
sehr einflussreich.
2.4.1 Allgemeines Menschenbild
Die Eigenschaften einer Person bestimmten, welche Reaktionen sie in einer bestimmten Situation
zeigt. Verhalten wird als Funktion von Eigenschaft und Situation verstanden, wobei diese
Situationen und Reaktionen komplexer als im Behaviorismus sind.
Eigenschaften werden als Verhaltensdispositionen betrachtet.
Merke: Nach eigenschaftspsychologischer Auffassung erzeugen Eigenschaften stabile
Beziehungen zwischen den Situationen und den Reaktionen einer Person.
Eigenschaften sind nur indirekt beobachtbar, also Konstrukte, obwohl angenommen wird, dass
sie neuronale Korrelate haben, die theoretisch beobachtbar wären.
Die Eigenschaften erzeugen Beziehungen zwischen Reaktionen und Situationen und macht
dadurch best. Situationen ähnlich und andere unähnlich (z.B. lösbare vs. nicht lösbare Aufgaben),
dasselbe gilt für Reaktionen (z.B. erfolgreiche vs. nicht erfolgreiche Strategien).
2.4.2 Persönlichkeitskonzept
Die Persönlichkeit wird als organisierte Gesamtheit der Eigenschaften verstanden; Ziel ist es die
individuelle Besonderheit von Menschen/Gruppen zu beschreiben.
Zwei fundamental unterschiedliche Ansätze lassen sich hier unterscheiden
 der individuumzentrierte Ansatz
 der differentielle Ansatz
Der individuumzentrierte Ansatz
Hier werden die Eigenschaften eines Individuums unabhängig von anderen Menschen
beschrieben.
Die Eigenschaften müssen jedoch, im Gegensatz zur Alltagspsychologie, operationalisiert und auf
Stabilität geprüft werden. (z.B. mit Tagebuchmethodik)
Anhand einer solchen Methodik können Dispositionen identifiziert werden, die
Verhaltenstendenzen relativ differenziert beschreiben.
Bei individuumzentrierten Beschreibungen können auch Zusammenhänge von
Dispositionen ausgemacht werden (z.B. Ärger und Konflikte vs. Unsicherheit und Konflikte).
Das Hauptproblem dieses Ansatzes liegt darin, dass anhand von Dispositionen und nicht
die individuelle Besonderheit eines Menschen ausgemacht werden kann. Dispositionen
können immer auch universelle Dispositionen sein.
„Lösung“: Besonderheiten können anhand des alltagspsychologischen Verständnisses entdeckt
werden.  ABER: Dies ist sehr begrenzt!
Auch wäre eine hermeneutische Methode denkbar, welche die Einzelfalldaten interpretiert.
ABER: Um individuelle Besonderheit zu messen, muss an irgendeiner Stelle ein Vergleich mit
anderen Menschen geführt werden.
Merke: Der individuumzentrierte Ansatz kann Eigenschaften eines Menschen und
ansatzweise auch die individuelle Organisation seines Verhaltens beschreiben, aber
weder seine Persönlichkeitseigenschaften noch seine Persönlichkeit. Dazu muss er um
Vergleich zwischen Menschen ergänzt werden.
Populationsabhängigkeit von Persönlichkeitsaussagen
Aussagen über Persönlichkeitseigenschaften sind immer populationsabhängig. Ob und
in welcher Weise eine bestimmte Eigenschaft die Persönlichkeit eines Menschen
charakterisiert ist abhängig von der Referenzpopulation.
Beispiel: Wenn normalerweise Studenten 5x pro Woche streiten, ist das keine
Persönlichkeitseigenschaft in der Betrachtung von Studenten, wohl aber von Studenten und
Studentinnen  geschlechtsspezifische Eigenschaft
Aussagen der Persönlichkeitspsychologie beziehen sich immer nur auf individuelle
Besonderheiten in der gleichen Altersgruppe und der gleichen Kultur!
Merke: Die Messung der Persönlichkeitseigenschaften einer Person erfordert einen
Vergleich mit entsprechenden Eigenschaften der Mitglieder einer Referenzpopulation,
der diese Person angehört.
Der differentielle Ansatz (Stern 1911)
Dieser Ansatz zielt auf die interindividuellen Unterschieden von Menschen einer bestimmten
Population ab.
Hier werden also die Unterschiede von Personen einer Population auf bestimmten
Persönlichkeitsmerkmalen, hier Variablen, betrachtet.
Jeder Person wird eine bestimmte Merkmalsausprägung auf der Variable zugeordnet.
Variablen- und personorientierter differentieller Ansatz
Variablenorientiert:
- Viele Personen werden in einem Merkmal unterschieden  Beschreibung der
Persönlichkeitsmerkmale (Variationsforschung)
- Viele Personen werden in zwei oder mehr Merkmale unterschieden  Beschreibung von
Kovariationen von Persönlichkeitsmerkmalen  Korrelationsforschung
Personorientiert:
- Betrachtung einer Person in vielen Merkmalen (Psychographie)  Persönlichkeitsprofil
- Betrachtung der Ähnlichkeit zweier Persönlichkeitsprofile  Komparationsforschung 
Klassifikation nach Gestalt des Persönlichkeitsprofils wird möglich
Merke: Im differentiellen Ansatz versteht man unter der Persönlichkeit einer Person die
Gesamtheit ihrer Merkmalsausprägungen in allen Merkmalen, in denen sich die
Mitglieder der betrachteten Population voneinander unterscheiden. Die Persönlichkeit
kann durch ein Persönlichkeitsprofil veranschaulicht werden.
Nochmal Merke: Im personorientierten Ansatz lassen sich Personen nach
Persönlichkeitstypen klassifizieren. Ein solcher Typ besteht aus Personen mit ähnlichem
Persönlichkeitsprofil.
Prüfung der Stabilität von Eigenschaften
Egal welchen Ansatz man wählt; es ist die mittelfristige Stabilität der Merkmale/Merkmalsprofile
zu prüfen  Kovariationen werden berechnet (zwischen 2 Zeitpunkten)
Variablenorientiert: Hier geht es um die Stabilität einer Variable, nicht um die Stabilität
einzelner Personen  Stabilität charakterisiert Populationen
Personorientiert: Hier muss Person für Person überprüft werden  hohe Kovariation spricht
für stabiles Merkmalsprofil; einzelne Merkmale dürfen sich verändern
Merke: Stabilität charakterisiert im personorientierten Ansatz Personen, nicht einzelne
Merkmale. Der Schluss von Merkmalen auf Eigenschaften erfordert immer einen
empirischen Nachweis der Zeitstabilität dieser Merkmale, der Schluss von einem
Merkmalsprofil auf die Persönlichkeit immer einen Nachweis der Zeitstabilität des
Profils.
Kombination individuumzentrierter und differentieller Messungen
Persönlichkeitsprofile beruhen nicht immer auf differentiell gemessenen Merkmalen.
Eine Kombination von individuumzentriertem und differentiellem Ansatz kann hier zur Lösung
führen: Profile können zunächst individuumzentriert aufgestellt und dann kann das „Besondere“
daran durch Kovariationsanalyse mit einer repräsentativen Stichprobe bestimmt werden.
 Kombination der Ansätze kann nützlich sein
Merke: Individuumzentrierter und differentieller Ansatz im Eigenschafts paradigma
sind kein Gegensatz. Im Gegenteil ist es oft sinnvoll, die differentielle Messung erst nach
ausführlicher individuumzentrierter Messung des Einzelfalls durchzuführen.
2.4.3 Methodik
Individuumzentrierte Datenerhebung
Das Spektrum der Methoden liegt in diesem Fall zwischen „weichen“ qualitativen (z.B.
Biografieforschung) und harter quantitativer Messung.
Zwei der „härteren“ Methoden sind der Rep-Test und Q-Sort
Role construct repertory test (Kelly 1955):
Baut auf systematischen Vergleichen zwischen Personen durch die Testperson auf, muss aber
nachher z.B. durch Ähnlichkeitsklassifizierung in Messungen umgewandelt werden.
Man erhält einen Wert, der etwas über die „kognitive Komplexität“ der Testperson aussagt,
welche mit anderen Komplexitäten verglichen werden kann.
Q-Sort-Verfahren (Stephenson 1953)
Eine Person wird durch einen vorgegebenen Satz von Eigenschaftsbezeichnungen charakterisiert,
indem jede der Eigenschaften danach beurteilt wird, wie charakteristisch sie für die Person ist.
 intraindividueller Vergleich  psychografisches Eigenschaftsprofil nur halt nicht differentiell
Dieses Verfahren ist jedoch eine Mischung aus individuumzentrierter und differentieller
Messung, da der Beurteiler bei seiner Einschätzung meist eine Referenzpopulation zu Rate zieht.
Merke: Das Q-Sort-Verfahren ist eine Mischung aus individuumzentrierter und
differentieller Messung
Differentielle Datenerhebung
Hier werden eigenschaftsrelevante Merkmalswerte erhoben.
Man kann 3 Methoden zur Erfassung von Dispositionen unterschieden.
- Persönlichkeitsskalen (direkte Beurteilung aufgrund alltagspsychologischer
Beschreibungen)
- Situations-Reaktions-Inventare (Erfragung der hypothetischen Reaktionsstärke in hyp.
Sit.)
- Verhaltensbeobachtung (Beobachtung tatsächlicher Reaktionen in realen Situationen)
Persönlichkeitsskalen: Sie soll eine bestimmte Eigenschaft erfassen und besteht aus mehreren
Items (12-20;  Aggregation). Beurteilt wird die Ausprägung der Eigenschaft der Person im
Vergleich zu anderen; Referenzpopulationen sind nicht immer genannt; verschiedene
Antwortskalen sind denkbar. Die Antworten der Items werden zu einem Skalenmittelwert
zusammengefasst.
Jede Persönlichkeitsskala misst nur eine Eigenschaft.
Items werden zu einer Skala zusammengefasst, wenn sie über Personen kovariieren.  gute Skala
Persönlichkeitsinventare: Sie bestehen aus mehreren Persönlichkeitsskalen und erfassen z.B.
die Persönlichkeit möglichst breit.
Hier bleibt es den Urteilern überlassen den Bezug von Eigenschaften zu bestimmten Situationen
herzustellen:
Vorteile: Wenig aufwendig; individuelle Besonderheiten können intuitiv berücksichtigt werden
Nachteile:
- viel „unkontrollierte“ Verantwortung bei den Beurteilern  z.B. Grundlage des Urteils,
unvergleichbare Situationen müssen verglichen werden, ...
o viele Unwägbarkeiten
- nur Eigenschaftsbeurteilungen: deren Grundlage ist die Alltagspsychologie  schlecht
(auch bei Q-Sort)
Lösung: Hinzunahme weiterer Datenquellen, z.B. hypothetische Reaktionen in hypothetischen
Situationen erfragen
 Fragebögen:
- Situationsinventar: eine Reaktion (z.B. Angst) wird in vielen Situationen eingeschätzt
(FSS)
- Situations-Reaktions-Inventar: mehrere Reaktionen in mehreren Situationen 
Ermittlung z.B. der allgemeinen Ängstlichkeit, des individuellen Reaktionsprofils
(Mittelwerte von Situationen/Reaktion  z.B. stärkere Reaktion mit Herzklopfen als mit
belegter Stimme auf Angst)
Kritik: Auch dieses Verfahren kann verzerrt werden, z.B. durch verzerrte Wahrnehmung d.
Verhaltens, Erinnerungsprobleme, ...
Merke: Fragen nach Verhalten in hypothetischen Situationen ersetzen nicht die
Untersuchung des tatsächlichen Verhaltens in realen Situationen.
Verhaltensbeobachtung::
Kann im Alltag oder im Labor stattfinden; jede Art von Verhalten kann beobachtet werden.
Wichtig ist hier die Stabilitätsprüfung! (Verhalten fluktuiert in realita sehr stark)
Nachteile: sehr aufwendig, nur beobachtbares Verhalten kann erfasst werden, sie ist im Alltag oft
nicht möglich, intimes Verhalten kann aus ethischen Gründen nicht beobachtet werden
Merke: Verhaltensbeobachtung ist die Methode der Wahl zur Messung der
Persönlichkeit, kann aber nur bestimmte Persönlichkeitsbereiche erfassen.
Beschreibung der Variation von Messwerten
Datenanalyse im Eigenschaftsparadigma bezieht sich stets auf Variationen und Kovariationen.
Eigenschaftsmessungen sind oft normalverteilt, da erfasste Eigenschaften meistens von
vielen unabhängigen Faktoren abhängig sind. (z.B. Gene, ...)
Denkbar sind jedoch auch schiefe Verteilungen, bei denen die Variabilität auf ein bestimmtes
Intervall eingeschränkt ist (z.B. aggressives Verhalten bei Kindern)
 unerwünscht, da Personen nicht gut voneinander unterschieden werden können
Der Mittelwert einer Skala sollte nahe dem Mittelpunkt der Skala liegen, damit sonst eine
schiefe Verteilung resultieren könnte.
Die Streuung sollte möglichst groß sein  gute Unterscheidung möglich
Merke: Bei Eigenschaftsmessungen sollten sich symmetrische Verteilungen mit großer
Streuung ergeben.
2. Merke: Lineare Transformationen der Messskala ändern interindividuelle
Unterschiede proportional und damit nicht wesentlich
Die z-Transformierung erlaubt es Personen durch ihre Situationsprofile und durch ihre
Reaktionsprofile, also ihre individuellen Besonderheiten in mehreren Reaktionen relativ zu einer
Referenzpopulation zu charakterisieren.
Beschreibung der Kovariation von 2 Variablen
Ein geeignetes Maß für die Kovariation zweier Variablen ist die Korrelation r. Diese misst
allerdings nur lineare Zusammenhänge!
Merke: Korrelationen zwischen Profilen messen die Ähnlichkeit der Profilgestalt
unabhängig von Profilniveau und Profilstreuung
Beschreibung der Konsistenz vieler Messungen
Problem: Die meisten Persönlichkeitsskalen enthalten mehr als 2 Items.  viele Korrelationen
sind berechenbar, allerdings ist das Muster dann schwer interpretierbar
Lösung:
2 Verfahren (hauptsächlich):
 Qualität der Einzelitems  Trennschärfe: Korrelation zwischen einem Item und dem
Mittelwert der restlichen Items
 Bei hohen Werten „trennt“ das Item die Personen so gut wie der Rest der Skala!
 Bei Konstruktion einer Skala wird bei der Itemanalyse die Trennschärfe als Kriterium
genutzt.
o Maß für die Qualität der einzelnen Items
-
Qualität der Skala  z.B. über Retestreliabilität, ist allerdings aufwendig
 Alternative: interne Konsistenz  Retestreliabilität wird aus Daten zu
einem Messzeitpunkt geschätzt (über Cronbach-Alpha)
 Cronbach-Alpha: Gibt die Reliabilität des Skalenmittelwertes an
Beide Verfahren lassen sich auf die Urteilerübereinstimmung beziehen  Beurteiler
entsprechen dann den Items!
Merke: Trennschärfen messen die Qualität von Items oder Beurteilern, Retestreliabilität
und interne Konsistenz die Qualität von Skalen oder des mittleren Urteils vieler
Beurteiler.
Validität von Persönlichkeitsmessungen
Misst das Gemessene auch wirklich die Persönlichkeitsunterschiede?
Lösung: Hinzuziehen eines Außenkriteriums (falls vorhanden) und Korrelation berechnen.
Die Validierung von Persönlichkeitsmessungen ist relativ schwierig im Vergleich mit der
Reliabilität.
Merke:
Die Validität einer Variable wird meist durch die Korrelation mit einem Außenkriterium
bestimmt. Je höher die Korrelation ist, umso sicherer kann man sein, dass die Variable
wirklich das misst, was sie messen soll
2.4.4 Empirische Bewährung
Beurteilerübereinstimmung: Merke:
Die Beurteilerübereinstimmung ist für die Verhaltensbeobachtung meist hoch, jedenfalls bei
ausreichendem Beobachtertraining. Bei Persönlichkeitsskalen oder Q-Sorts ist sie jedoch nur
mittelhoch, vor allem, da sich die Urteile auf unterschiedliche Situationen beziehen.
Interne Konsistenz und Validität von Fragebogenskalen:
- Interne Konsistenz kann über Cronbachs-Alpha bestimmt werden (mindestens .80)
Interne Konsistenz kann durch Ersetzen von Items niedriger Trennschärfe gesteigert
werden oder es werden einfach mehr Items aufgenommen
Gründe, warum es trotzdem nicht klappt:
- unzureichende Konstrukterklärung: Keine klare Def. der zu messende
Persönlichkeitsunterschiede
- Erfahrungsferne des Konstrukts: Befragte haben keine/wenig eigene Erfahrung zu dem
gefragten Konstrukt (z.B. Abwehrmechanismen)
- zu breites Konstrukt: „loses Bündel schwacher korrelierender
Persönlichkeitsunterschiede“
- Validität: z.B. durch Korrelation von Selbst- und Bekanntenurteilen, ABER:
systematische Fehler (siehe Kap. 3)
Merke: Für Fragebogenbeurteilungen der Persönlichkeit werden regelmäßig interne
Konsistenzen um .80 und Validitäten von .50-.60 erreicht
Zeitliche Stabilität:
- Lässt sich durch Korrelationen zu verschiedenen Messzeitpunkten bestimmen
- bei Persönlichkeitsfragebögen liegt sie meist bei .80; allerdings ist hier unklar, ob die
Eigenschaft oder das Urteil über die Eigenschaft stabil bleibt
- bei Verhaltensbeobachtung kann die Eigenschaft/das Verhalten direkt gemessen werden
(z.B. IQ-Test)
- im Labor ist Stabilität oft geringer (wegen der inszenierten Szenarien)
 Mittelung über viele Situationen/Reaktionen erhöht die Stabilität
Merke: Die Stabilität ist für Eigenschaftsbeurteilungen meist ausreichend hoch. Bei der
Verhaltensbeobachtung muss meist über viele Situationen gemittelt werden, um eine
vergleichbar hohe Stabilität zu erzielen.
Transsituative Konsistenz
Problem: Stabilität von Eigenschaftsmessungen innerhalb der gleichen Situation ist größer als in
unterschiedlichen Situationen (transsituative Konsistenz)
o spricht gegen Annahme des Eigenschaftsparadigmas, dass Eigenschaften
Situationen in gleicher Weise beeinflussen
o Beziehung zwischen Situationen und Persönlichkeit musste überdacht werden
Lösung: Situationsprofile
- Eigenschaften müssen sich nicht nur in Profilniveau (Mittelwerten aus vielen Sit.),
sondern können sich auch in stabilen Situationsprofilen äußern
- 2 komplementäre Persönlichkeitsaspekte beim Vergleich von Verhalten über Situationen:
individuelle Besonderheiten in der mittleren Tendenz das Verhalten in diesen Sit. zu
zeigen und individuelle Besonderheiten in der Tendenz, Verhalten in best. Situationen
besonders stark/schwach zu zeigen
- individuelle Besonderheiten in Situationsprofilen werden subjektiv als Konsistenz erlebt
 transsituative Inkonsistenz ist also kein Argument gegen den Eigenschaftsbegriff
Personenorientierte Herangehensweise: Über ähnliche Situationsprofile können
Persönlichkeitstypen bestimmt werden
Variablenorientiert: Bildung von Situationsklassen, in denen Konsistenz höher ist als insgesamt.
 Zerlegung von Eigenschaften in spezifischere Teile (z.B verbale Aggression vs. aggr. gegen
Kinder und aggressiv gegen Erwachsene)
Merke: Bei transsituativer Inkonsistenz treten Wechselwirkungen zwischen Personen
und Situationen auf, die sich in einer unterschiedlichen Gestalt der individuellen
Situationsprofile und niedrigen Korrelationen zwischen Situationen äußern. Dieses
Problem kann durch Bildung von Situationsprofiltypen oder durch Bildung von
Situationstypen verringert werden.
Reaktionskohärenz (analog zur transsituativen Konsistenz)
- Korrelation zwischen Reaktionen über Personen, die sich auf die gleiche Eigenschaft
beziehen
- mangelnde Reaktionskohärenz weist auf individuelle Besonderheiten in Reaktionsprofilen
hin
Lösung:
- Bildung von Reaktionsprofiltypen (personenorientiert)
- Definition speziellerer Eigenschaften, die Klassen kohärenter Reaktionen entsprechen
(variablenorientiert)
Merke: Bei Reaktionsinkohärenz treten Wechselwirkungen zwischen Personen und
Reaktionen auf, die sich in einer unterschiedlichen gestalt der individuellen
Reaktionsprofile und niedrigen Korrelationen zwischen Reaktionen äußern. Dieses
Problem kann durch Bildung von Reaktionsprofiltypen oder durch Bildung von
Reaktionstypen verringert werden
2.4.5 Bewertung
- Grundbegriffe sind explizit und operational
- Individuumzentrierte Ansätze beschreiben einzelne Personen gut – hier wird allerdings
nicht die Persönlichkeit beschrieben (fehlende Vergleichspopuation; Abhilfe verschafft
mit Abstrichen Q-Sort)
- Differentielle Ansätze können Personen einer best. Population vergleichen; nutzt man
hier Persönlichkeitsskalen, geht der Bezug zu spezifischen Situationen und Reaktionen
verloren.
- Abhilfe verschaffen Situations-Reaktions-Inventare oder reale Verhaltensbeobachtung
- Wechselwirkungen von Personen und Situationen/Reaktionen können mit Situationsund Reaktionsprofiltypen beschrieben werden
Probleme:
- die vermittelnden Prozesse zwischen Eigenschaft und Situation bleiben offen  mit
Eigenschaften gefüllte black-box
- Eigenschaften sind statische Konzepte; in der Realität verändern sie sich langfristig
- Suche nach Eigenschaften wird stark von alltagspsychologischen Überlegungen
beschränkt (z.B. wenn Fahrtüchtigkeit interessiert sind Sit. und Reakt. erst mal durch
Alltagspsychologie vorgegeben)
Merke: Im Eigenschaftsparadigma können individuelle Besonderheiten im Erleben und
Verhalten gut beschrieben werden, aber es kann nur schlecht erklärt werden, wie
Eigenschaften im aktuellen Erleben und Verhalten wirksam werden und wie sie sich im
Verlauf der Persönlichkeitsentwicklung verändern. Da die Wahl der Situationen und
Reaktionen, auf die sich Eigenschaften beziehen, zunächst alltagpsychologisch
vorgegeben ist, haben Eigenschaftskonzepte eine Tendenz, in der Alltagspsychologie zu
verharren. Das wirkt sich hinderlich auf die persönlichkeitspsychologische Forschung
aus.
2.5 Das Informationsverarbeitungsparadigma
Hier werden im Gegensatz zum Behaviorismus und zum Eigenschaftsparadigma die Prozesse
innerhalb der black-box, die Situations-Reaktions-Beziehungen erzeugen, genauer betrachtet.
2.5.1 Allgemeines Menschenbild
- Erleben und Verhalten beruht auf Verarbeitung von Information,
- Information: Bedeutung eines bestimmten Zustandes von Materie oder Energie für ein
informationsverarbeitendes System
- menschliches Verhalten beruht also auf Informationsverarbeitung im Nervensystem, das
interne und externe Signale empfangen und umwandeln kann. Die
Umwandlungsprozesse nutzen Infos, die die aktuelle Situation überdauern: Das Wissen
Modelle der Informationsverarbeitung
- klassische Modelle
- das ACT*-Modell von Anderson (1983)
- konnektionistische Modelle
Klassische Modelle:
- stark an Infoverarbeitung in Computern orientiert, die Schritt für Schritt von Input zu
Output führen
- Reize aus Umwelt o. eigener Person in sensorisches Register, dort durch Prozesse der
Mustererkennung erster Analyse unterzogen
- durch Aufmerksamkeitsprozesse in KZG, dort mit Wissen aus LZG in Verbindung
gebracht und hinsichtlich Bedeutung bewertet
- Kurz- und Langzeitgedächtnis entsprechen hier Arbeitsspeicher und Festlatte eines
Computers
Das ACT (adaptive control of thoughts) Modell
 lokal aktivierte Inhalte des LZG führen Funktionen des KZG aus
 Inhalte des LZG bestehen aus prozeduralem Wissen (Wie-Wissen) und deklarativem
Wissen (Faktenwissen)
 deklaratives Netzwerk durch propositionales Netzwerk repräsentiert
siehe Abb. 2.20, S.67 und genauer Anderson
 prozedurales Wissen wird durch Produktionsregeln (wenn-dann-Anweisungen) repräsentiert
 Vorgang der Infoverarbeitung:
 bestimmte Knoten durch entsprechende Wahrnehmung aktiviert, Aktivation breitet sich
aus, wird mit zunehmendem Abstand vom Ursprung schwächer. Starke, d.h. oft gebrauchte
Knoten sind leichter zu aktivieren (Analogie zu Erregungsausbreitung bei Nervenzellen)
 Aktivierungsprinzip auch bei Produktionsregeln, Wenn-Teil aktiviert, dann Dann-Teil
aktiviert
- KZG und LZG lassen sich durch Netzwerkeigenschaften beschreiben: KZG
besteht aus momentan aktivierten Knoten, LZG besteht aus allen prinzipiell aktivierbaren
Knoten
- sparsames Modell, aus dem sich aus Annahmen über Netzwerkparameter Vorhersagen
für die Info-Verarbeitung treffen lassen
ACHTUNG: keine direkte Beziehung zwischen Knoten und Neuronen, es gibt z.B. kein
Neuron “Großmutter”
Konnektionistische Modelle
 verteilte Speicherung (ACT = lokal)
 Informationen durch komplexe Knotenmuster repräsentiert (analog zu Zellverbänden)
 Wechselwirkung vieler Knoten in Form von gegenseitiger Aktivierung und Hemmung
erzeugen Bedeutung
 Informationsverarbeitung nicht nur sequentiell, sondern auch viele Prozesse gleichzeitig
(parallel)
Merke: In allen Informationsverarbeitungsmodellen spielt das Wissen im
Langzeitgedächtnis eine zentrale Rolle; es beeinflusst nahezu alle Verarbeitungsprozesse
Die 3 Modelle unterscheiden sich vor allem in Rolle, die dem Bewusstsein zugewiesen
wird
Klassische Modelle: Inhalte im sensorischen Register unbewusst, im KZG und LZG bewusst
 unbewusste Infos können keinen Einfluss auf Bewusstsein ausüben (solange sie unbewusst
sind)
ACT*-Modell: Bewusstsein = hohe Aktivierung von Knoten
, d.h. nur deklaratives Wissen ist bewusst, prozedurales Wissen ist unbewusst.
Bewusst werden kann nur Wenn- und Dann-Anteil, nicht die Produktionsregel, es sei denn, sie
wird zu deklarativem Wissen (z.B. Grammatikregel)
Unbewusste Prozesse können demnach Einfluss auf Verhalten haben!
Konnektionistische Modelle: bewusste Prozesse sequentiell und langsam, nur die Spitze des
Eisbergs ausgedehnter, schnell und parallel ablaufender unbewusster Prozesse
Merke: Je stärker Informationsverarbeitungsmodelle neurowissenschaftlich orientiert
sind, desto größeren Raum geben sie unbewussten Verarbeitungsprozessen und
unbewussten Ergebnissen solcher Prozesse
Impulse und reflektive Informationsverarbeitung
Informationsverarbeitungsmodelle neigen dazu, die vielen Teilsysteme des menschlichen
Nervensystems über „einen Kamm zu scheren“.
Unterscheidung nach Strack & Deutsch: impulsives vs. reflektives InfoVerarbeitungssystem
 beide laufen parallel ab und können Verhalten beeinflussen
 impulsives System nutzt assoziative Strukturen und führt ständig und automatisch zu
Verhaltensimpulsen und Gedächtnisbildung über das Verhalten
 reflektive Prozesse werden phasenweise zugeschaltet; sie verarbeiten propositionale
Strukturen und sind Voraussetzung für rationale Analyse und Reflektion  können zu
willentlichem Verhalten und langanhaltenden Denk- und Handlungsprozessen führen
 beide Systeme können unterschiedliches/widersprüchliches Verhalten anregen
Eigentlich sind sogar 3 Arten der Verhaltensinitiierung auszumachen
- willentlich gesteuert
- automatisiert
- spontan, ohne vorher automatisiert worden zu sein
2.5.2 Persönlichkeitskonzept
Im Rahmen des Infoverarbeitungsparadigma beruhen individuelle Besonderheiten im Erleben
und Verhalten auf 3 verschiedenen möglichen Quellen
a) auf Architektur des infoverarbeitenden Systems
b) auf Parametern infoverarbeitender Prozesse
c) auf Wissen
zu a)
- es werden heute keine qualitativen Unterschiede in der Architektur angenommen (Würde z.B.
bei der Vererbung problematisch sein)
 keine Quelle individueller Besonderheiten?!
- quantitative Unterschiede in der Feinstruktur/der Vernetzung können z.B. zu unterschiedlichen
Intelligenzniveaus führen  Bestätigung für diese Hypothese fehlt bis heute
zu b)
Beispiele für individuelle Besonderheiten in Parametern von Verarbeitungsprozessen, unabhängig
von Wissen
kognitiver Bereich
 Geschwindigkeit, mit der einfachste Aufgaben bearbeitet
 Schwellen für Wahrnehmung, Erinnerung, Einspeicherung
affektiver Bereich
Temperamentseigenschaften und manche Motive werden auf Parameter zurückgeführt, die
Verlaufscharakteristiken von Systemen der Verhaltensregulation bestimmen
 Reiz-Reaktions-Gradienten (wie stark nimmt die Reaktion mit wachsender Reizintensität zu?
 Reizschwellen
Diese Regulationsprozesse werden auf der neurophysiologischen Ebene meist in der
Wechselwirkung zwischen Erregungs- und Hemmungsprozessen in best. Hirnregionen gesucht.
zu c)
Wissen - mittelfristig stabil - Eigenschaft
 individuelle Besonderheiten: Persönlichkeitseigenschaften
einige wissensbezogene Eigenschaften:
Deklaratives Wissen:
o Selbstkonzept: Bild, was man von sich selbst hat
o Einstellungen: Was finde ich wie?
Prozedurales Wissen:
- Problemlösestil
- Bewältigungsstil (bei belastenden Situationen)
- Handlungskontrollstil: Art und Weise, wie Motivation in Handlung umgesetzt
wird (Rubikon-Modell, Lage- vs. Handlungsoriertierung)
Propositionale vs. assoziative Wissensnutzung: Ersteres ist eher bewusstseinsfähig, das
andere eher nicht  beide beeinflussen aber Verhalten
 explizites vs. implizites Wissen ????
Merke: Im Informationsverarbeitungsparadigma wird von einer universellen Architektur
des informationsverarbeitenden Systems ausgegangen. Indivuduelle Besonderheiten
werden in der anatomischen Feinstruktur des Gehirns, Geschwindigkeit und Schwellen
informationsverarbeitender Prozesse und in deklarativem und prozeduralem und in
explizitem und implizitem Wissen gesucht
2.5.3 Methodik
Darauf ausgerichtet Parameter in informationsverarbeitenden Prozessen zu bestimmen und
unterschiedliches Wissen zu testen
 Bestimmung Eigenschaften, primär durch Beobachtung von Situations-ReaktionsBeziehungen, sekundär durch Persönlichkeits- Wissens- oder SituationsReaktions-Inventare
Unterschied zu Eigenschaftsparadigma:
o Definition der Situationen und Reaktionen, auf die sich Eigenschaften beziehen,
beruhen auf Prozessmodell der Infoverarbeitung:
o d.h. im Fall von Persönlichkeitsinventaren sind Situations- und
Reaktionsbeschreibungen durch Prozessmodell vorbestimmt, die erfragten
Eigenschaften müssen keine alltagspsychologische Entsprechung haben.
Vorteile:
-
Eigenschaftskonstrukte, die keine Entsprechung in Alltagspsychologie
(z.B.Handlungskontrolle) können operationalisiert werden
Nachteile:
Fragen von Beurteilern nur dann korrekt beantwortet, wenn sie sich an entsprechendes Verhalten
der Beurteilten erinnern,
 in Praxis basiert Urteil auf Erinnerung an wenige Situationen

alltagspsychologische Eigenschaften, Beurteiler schon längst Urteil gebildet, das nur noch abrufen
 Urteil spiegelt Verhalten besser wider, wenn das Verhalten alltagspsychologisch gut erfassbar
ist
Wissen
Wissen lässt sich nicht nur durch Fragebögen abfragen, sondern auch indirekt durch seinen
Einfluss auf die Infoverarbeitung prüfen.
o durch Fragebögen wird fast nur deklaratives Wissen erhoben (prozedurales
Wissen wird eher ungenau angegeben)
o indirekte Erfassung: Einfluss von Wissen auf Wahrnehmung,
Gedächtnisleistung, etc. kann untersucht werden
Merke: Wissen lässt sich nicht nur durch Fragebögen abfragen, sondern auch indirekt
durch seinen Einfluss auf die Informationsverarbeitung prüfen
-
es können auch individuelle assoziative Strukturen bestimmt werden durch
Bestimmung der quantitativen Assoziationsstärke  auch Einstellungen können
erhoben werden
- Messung impliziter Einstellungen:
- Primingtechnik von Fazio (1995): Untersucht wird, ob Reaktion auf einen Reiz
die Reaktion auf einen nachfolgenden Reiz beeinflusst
 ABER: geringe interne Konsistenz und Retestreliablilität bei Erhebung interindividueller
Unterschiede
- Impliziter Assoziationstest (IAT): Erfasst wird individuelle Assoziationsstärke
zwischen Gegensatzpaaren (z.B. ich – andere) als Teil des impliziten
Persönlichkeits-Selbstkonzepts
 höhere interne Konsistenz  „Methode der Wahl“ zur Erfassung individueller
Assoziationsstärken (noch mal genauer angucken!!!)
Merke: Zur reliablen Erfassung interindividueller Unterschiede in impliziten
Einstellungen und Selbstkonzepten wurden Implizite Assoziationstests (IATs)
entwickelt, die Assoziationsstärken zwischen Objekt- und Attributpaaren erfassen
o Erfassung individueller Besonderheiten in Emotion, Erwartungen, Attributionen:
werden z.B. durch Situations-Reaktions-Fragebögen erfasst oder direkte
Befragung vor oder nach Situation oder videounterstütztes Erinnern oder lautes
Denken
 ABER: evtl. Gedächtniseffekte (videounterstüt. Erinnern), Veränderung der Problemlösung
durch Verbalisierung (lautes Denken)
- allerdings: Messung von Prozessparametern (z.B. Geschwindigkeit, Schwellen)
muss über viele Durchgänge gemittelt werden, im stabile Eigenschaftsmessung zu
bekommen
Merke: Durch videounterstütztes Erinnern oder lautes Denken in nichtsozialen
Situationen können Wissen und Prozessparameter in realen Situationen teilweise erfasst
werden
Methode des Vergleichs des Verhaltens mit dem Verhalten eines komplexen kognitiven
Modells
o im Eigenschaftsparadigma nicht verwendet
o hiermit können im Gegensatz um Eigenschaftsparadigma Ursachen z.B. für
Fehler ausgemacht werden
o durch Rekonstruierung der Regeln, mit denen Verhalten erklärt werden kann
(siehe Entwicklung, Siegler)  z.B. unvollständiges Wissen, falsches Wissen, ...
Merke: Durch den Vergleich des Verhaltens mit dem Verhalten eines
Informationsverarbeitungsmodells, das komplexe Wissensstrukturen oder mehrere
interindividuell variierende Parameter enthält, können im
Informationsverarbeitungsparadigma komplexe Eigenschaftsmuster untersucht werden.
Dazu zählen in der Wissensdiagnostik spezifische Wissenslücken und systematisch
fehlerhaftes Wissen und in der Intelligenzdiagnostik komplexe Problemlösestile
2.5.4 Empirische Bewährung
o durch starke allgemeinpsychologische Orientierung des
Informationsverarbeitungsparadigmas wird Prüfung der zeitlichen Stabilität von
Eigenschaftsmessungen vernachlässigt
o gilt besonders für verhaltensbasierte Eigenschaftsmessungen, dort besonders für
Problemlösen in komplexen Problemlösesituationen
 nur bei starker Aggregation der Daten liefern Verhaltensdaten bei komplexem
Problemlösen persönlichkeitspsychologisch verwertbare Informationen
- mangelnde Konsistenz individueller Informationsverarbeitungsparameter ist
analog zu fehlender transsituativer Konsistenz
Merke: Die Stabilität und Konsistenz von Messungen der Lösungsqualität für komplexe
Probleme sind bei kurzfristigen Messungen oft sehr niedrig. Nur bei Mittelung des
Verhaltens über sehr viele Einzelentscheidungen im Verlauf des Problemlösens wird eine
individualdiagnostisch ausreichend hohe Zuverlässigkeit der Daten erreicht. Allgemein
muss bei Messungen von Prozessparametern oder Wissen eine ausreichend hohe
Stabilität und Konsistenz zwischen strukturell ähnlichen Aufgaben bzw. Situationen
nachgewiesen werden, bevor diese Daten persönlichkeitspsychologisch interpretiert
werden können
2.5.5 Bewertung
- hier werden wie im Eigenschaftsparadigma Eigenschaften bestimmt, die in ein Prozessmodell
der Info-Verarbeitung eingebaut werden  Suche komplexer Eigenschaften ist möglich
- leider wird oft di zeitliche Stabilität vernachlässigt  oft bedenkliche Diagnostik (z.B.
Personalentscheidungen)
- Qualität ist abhängig vom zugrundliegenden Prozessmodell  Besonderheiten von Personen
müssen adäquat abgebildet werden können (nicht unbedingt die Gemeinsamkeiten
differentieller Ansatz)
Merke: Informationsverarbeitungs- und Eigenschaftsparadigma sind keine Gegensätze,
sondern gut miteinander vereinbar, indem Eigenschaften in ein Modell der
Informationsverarbeitung eingebettet werden. Dabei muss in die Eigenschaften und ihre
Beziehungen untereinander ebensoviel Überlegung gesteckt werden, wie in die
allgemeinpsychologischen Aspekte des Modells.
Prinzipielle Beschränkung des Informationsverarbeitungs- und des Eigenschaftsparadigmas:
Sie liefern ein statisches Bild von Eigenschaften und ihrer Vernetzung im System der
Persönlichkeit
Aber: Eigenschaften und die Persönlichkeitsorganisation können sich längerfristig
verändern
2.6 Das dynamisch-interaktionistische Paradigma
Modellvorstellungen, wie sich Eigenschaften langfristig verändern können d.h. Schnittpunkt von
Persönlichkeits- und Entwicklungspsychologie
Modell der Person-Umwelt Wechselwirkung bildet theoretischen Kern des dynamischinteraktionistischen Paradigmas
2.6.1 Allgemeines Menschenbild
3 Grundannahmen:
1.)
o Organisation ihres Verhaltens und Organisation ihrer Umwelt (z.B. soziale
Beziehungen) mittelfristig konstant  Die Voraussetzung für
Persönlichkeitspsychologie überhaupt
o siehe auch Modell der Umwelt von Bronfenbrenner (S.84), Makro- Exo, Meso,
Mikrosystem, Umwelteinflüsse können von allen Schalen indirekt auf Person
wirken, werden durch darunter liegende Schalen vermittelt
2.)
- Person und Umwelt können sich langfristig ändern
- Bei Personen  Voraussetzung der Entwicklungspsychologie
- Bei Umwelt  Wenn sich Mitglieder ändern, ändert sich auch die Umwelt
3.)
o Änderungsprozesse beruhen auf Veränderungsprozessen innerhalb der Person
und der Umwelt und auf Einflüssen der Umwelt auf die Person und umgekehrt
 Entwicklung Person Resultat von 4 Prozessen:
- Veränderungsprozesse in der Person
- Veränderungsprozesse in der Umwelt
- Einflüsse der Umwelt auf die Person
- Einflüsse der Person auf die Umwelt (vor allem hier ist Unterschied zu anderen
Entwicklungsmodellen)
Modelle:
o Umweltdetermination: Umwelt wirkt auf Person – behavioristische Auffassung,
dass Reaktion auf aktuelle Umwelt durch Lerngeschichte determiniert ist (außer
Reflexe)
o Entfaltung: Umwelt wirkt auf Person aber hauptsächlich wirkt genetische
Information, die zeitweise Umwelteinfluss zulässt
o Kodetermination: Umwelt wird auf Person, Gene wirken auf Person – hier kann
Umwelt auch genetische Reifungsprozesse verändern
o Dynamische Interaktion: Kodetermination + Wirkung von Person auf Umwelt
Personen können Umwelt in mehrfacher Hinsicht beeinflussen:
Auswahl: Umwelten auswählen, die regelmäßig in bestimmten Situationen aufsuchen oder
vermeiden, z.B. Parties, Garten
Herstellung: Umwelten herstellen, indem sie dauerhaft bestimmte Situationen schaffen, z.B.
Beziehung zu jemandem knüpfen, Baum pflanzen
Veränderung: Umwelt ändern, indem sie längerfristig Situationen verändern, z.B. eine
Freundschaft beginnen oder aufkündigen, einen Baum verpflanzen
 diese Wirkungen der Person auf die Umwelt verändern zukünftige Umweltwirkungen
auf die Person - echte Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt über Zeit
Das dynamisch-interaktionistisches Paradigma lässt sich auf soziale Entwicklung, aber
auch auf Wissenserwerb anwenden:
Beispiel: Kind sieht Pferd  liest nur noch Pferdebücher  Interesse wird gesteigert 
Reitstunden  neue Freunde  weitere Verstärkung d. Interesses  wird Tierärztin
Merke: Die zentrale Annahme des dynamisch-interaktionistischen Modells ist, dass es
eine kontinuierliche Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt geben kann
Merke2: Im Modell der Kodetermination kann es zu statistischen Interaktionen zwischen
Umwelt und Person kommen, im Modell der dynamischen Interaktion zusätzlich zu
dynamischen Interaktionen zwischen Person und Umwelt
2.6.2 Persönlichkeitskonzept
Sind Wirkungen von Umwelt/Person persönlichkeitspsychologisch relevant?
- dafür müssen sie an Entstehung/Veränderung individueller Besonderheiten beteiligt sein
Beispiel Aggressivität:
Merke:
Individuelle Entwicklungsveränderungen (z.B. Aggressivität steigt im Alter 10-14, nimmt
dann wieder ab) relativ zur Altersgruppe können durch differentielle
Entwicklungsfunktionen (unterscheidet sich diese Form der Aggressivitätsentwicklung von der
bei anderen der Vergleichsgruppe,) auf Basis z-transformierter Werte (damit verschiedene
Personen vergleichbar) innerhalb der Altersgruppe beschrieben werden.
Merke:
Voraussetzungen für Persönlichkeitsentwicklung sind mittelfristige Stabilität und
langfristige Instabilität von Eigenschaften
 gilt auch für Umwelteigenschaften
o Umwelteigenschaften sind differentiell repräsentiert als Variablen, die den
Mitgliedern einer Kohorte eine bestimmte individuelle
Umweltentwicklungsfunktion zuordnen
o durch z-Transformation: differentielle Umweltentwicklungsfunktion
Merke: Die Persönlichkeitsentwicklung findet im Kontext der Umwelt statt. Mit der
Persönlichkeit entwickelt sich auch die individualtypische Umwelt, beschreibbar durch
differentielle Umweltentwicklungsfunktionen.
Merke: Die Modelle der Umweltdetermination, Entfaltung, Kodetermination und
dynamischen Interaktion lassen sich persönlichkeitspsychologisch interpretieren als
Modelle über die Wechselwirkung zwischen Persönlichkeit und Umwelt.
 waagerechte Pfeile sind dann Stabilitäten und diagonale Pfeile sind Einflüsse auf das jeweils
andere
Erweiterung auf Informationsparadigma:
Einflüsse von Umwelteigenschaften auf Persönlichkeitseigenschaften oder umgekehrt, werden als
Resultate von Infoverarbeitungsprozessen aufgefasst
Merke: Im Informationsverarbeitungsparadigma lassen sich nicht nur Hypothesen über
intraindividuelle Prozesse ableiten, sondern auch Hypothesen über Umweltmerkmale,
die relevant für diese Prozesse sind.
2.6.3 Methodik
Fast alle Studien in zur Persönlichkeitsentwicklung differentiell orientiert
 interessiert Auswirkungen einer normalen interindividuellen Umweltvariation auf
Mitglieder einer Kohorte – (Zusammenhang zwischen 2 Variablen: Korrelation)
Differentieller Ansatz: Umweltwirkungen auf die Persönlichkeit werden anhand gezielter
Umweltveränderungen untersicht (mit Kontrollgruppe)
o eher im klinischen Bereich, da im Normalbereich einer Persönlichkeitseigenschaft
niemand Lust hat, seine eigene Persönlichkeit durch Umwelteinflüsse verändern
zu lassen
o teilweise sind natürliche Experimente (z.B. mit Austauschschülern) möglich
Merke: Durch Nutzung natürlicher Experimente lassen sich Effekte der Umwelt auf die
Persönlichkeit und umgekehrt prüfen, auch wenn die Kausalaussagen nicht so stark sind
wie bei echten Experimenten
Im dynamisch-interaktionistischen Paradigma werden Einflüsse zwischen
Persönlichkeits- und Umwelteigenschaften durch Korrelationen beschrieben
Probleme:
o viele Interpretationsmöglichkeiten bieten sich an
Merke: Aus einer Korrelation alleine lässt sich wenig über kausale Wirkungen ableiten,
weil es sieben verschiedene Interpretationsmöglichkeiten gibt
Merke: Aus der zeitlichen Ordnung von 2 korrelierenden Variablen kann nicht auf die
Richtung des Einflusses geschlossen werden, auf der die Korrelation beruht.
Dieser Fehler kann durch Kreuzkorrelationsdesigns vermieden werden, aber auch hier
muss man aufpassen:
o Kreuzkorrelationsdesigns dürfen nur verwendet werden, wenn die Stabilität der
verglichenen Variablen gleich hoch ist
o Zusatz: entsprechen der Logik dieses Paradigmas
Merke: Kreuzkorrelationen dürfen nicht direkt miteinander verglichen werden. Sie
müssen in Pfadkoeffizienten umgerechnet werden; die Koeffizienten der direkten Pfade
liefern eine Schätzung der Einflussstärke im Rahmen des betrachteten Modells
Merke: Einfache Korrelationen zwischen Umwelt und Persönlichkeit, aber auch
komplexe Pfadmodelle über deren Zusammenhang, können kausale Aussagen immer
nur innerhalb des jeweils betrachteten Modells machen. Die Nichtbeachtung wirksamer
Variablen kann zu einer Fehlinterpretation der gefundenen Zusammenhänge führen.
Aussagen über Kausalität in der Persönlichkeitsentwicklung sind immer
modellabhängig.
Merke: Untersuchungen zu Persönlichkeitsentwicklung erfordern Längsschnittstudien.
Dabei treten neben praktischen Schwierigkeiten (dauert lange, wie finde ich jeweils die
Teilnehmer wieder) auch methodische Probleme auf (selektive Schrumpfung;
Untersuchungseffekte: Stichprobe ändert sich  nicht mehr repräsentativ, Interaktionen
zwischen Untersuchungsdauer und Leistung, ...), die sich aber teilweise kontrollieren
lassen.
2.6.4 Empirische Bewährung
Studien zur Persönlichkeitsentwicklung:
 das dynamisch-interaktionistische Paradigma lässt sich empirisch umsetzen,
erfordert aber Längsschnitt-Studien der Persönlichkeit und der Umwelt über
längere Zeit  Komplikationen
 oft kommen reduzierte Formen des Kreuzkorrelationsdesigns vor:
 Kodeterminationsmodell:
 Umwelt und Persönlichkeit wirken auf spätere Persönlichkeit
 selten werden replizierbare statistische Umwelt-Persönlichkeitsinteraktionen
gefunden (z.B. Wechselwirkung Genom-Umwelt; enge pos. Beziehungen und
belastende Umweltbedingungen)
 Probleme: Stichprobengröße, Person-Umwelt-Kovarianz, Altersabhängigkeiten
der Interaktionen)
- Katapultmodell (launch model):
- setzt sensitive Perioden voraus, in denen Umwelteigenschaften die
Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig beeinflussen
- beim ersten Mal nur Umwelt, beim zweiten Mal nur Persönlichkeit erhoben
- z.B. in Sprachentwicklung (Japaner velrelnen in Japan Unterscheidung von r und l)
- kann leicht zu Fehlinterpretationen führen (wenn Modell schlecht ist)
Merke: Empirisch wird das dynamisch-interaktionistische Modell wegen des großen
Aufwandes selten verwendet. Häufiger werden statistische Interaktionen zwischen
Umwelt und Persönlichkeit geprüft; replizierbare Interaktionen wurden dabei nur in
wenigen Fällen gefunden. Das Katapultmodell setzt eine prägende Wirkung der Umwelt
in einer bestimmten sensitiven Periode der Entwicklung voraus, so dass es hier
besonders leicht zu Fehlinterpretationen von Umwelteffekten kommen kann.
2.6.5 Bewertung
Ein geeigneter Rahmen für alle Untersuchungen zur Persönlichkeitsentwicklung:
 dynamisch-interaktionistisches Paradigma schließt keine Einflüsse aus
 es enthält alla anderen hier betrachteten Modelle der Persönlichkeitspsychologie als
Spezialfälle
 Nachteil: sehr aufwendig

wenn bestimmte Pfade als unbedeutend belegt werden, kann man eingeschränkte Modelle
anwenden (Kodetermination, Entfaltung, ...)
Merke: Dynamisch-interaktionistisches Paradigma ist ein weitgehend nicht realisierbares
Ideal der Forschung zur Persönlichkeitsentwicklung
- in diesem Ansatz fehlen die Prozesse, die zwischen Umwelt und Persönlichkeitsentwicklung
vermitteln
 hier kommt Informationsverarbeitungsparadigma zum tragen
Merke: Eine Erklärung der Persönlichkeitsentwicklung muss über die Beschreibung von
Pfadstärken hinausgehen, indem Prozesse identifiziert werden, die Umwelten
personabhängig und Personen umweltabhängig machen. Hierfür ist das
Informationsparadigma hilfreich. Wie weit sich die Persönlichkeitsentwicklung
vollständig durch Prinzipien der aktuellen Informationsverarbeitung erklären lässt, ist
derzeit offen.
2.7 Das evolutionspsychologische Paradigma
Versucht grundlegende Fragen der Persönlichkeit zu beantworten: z.B. Warum gibt es so große
Persönlichkeitsunterschiede?
 Versuch, Persönlichkeitsunterschiede und Persönlichkeitsentwicklung mit
evolutionstheoretischen Annahmen zu erklären
2.7.1 Allgemeines Menschenbild
Menschliches Erleben und Verhalten ist Resultat der Evolution  Anpassung eher an Umwelt
der Vorfahren als an eigene
Genetische Variation:
- je nach Umwelt steigt oder sinkt die Häufigkeit relativ zu anderen (durch natürliche
Selektion)  Einfluss der Fortpflanzungschancen
- natürliche Selektion: Reproduction of the fittest – auch soziale Umweltbedingungen sind
wichtig für Reproduktionserfolg
Merke: Die genetische Variation beruht auf Mutation und sexueller Rekombination, die
natürliche Selektion auf dem Reproduktionserfolg von Genen. Dieser
Reproduktionserfolg hängt bei Menschen wesentlich von der intra- und intersexuellen
Selektion ab.
Merke2: Der Reproduktionserfolg eines Gens eines Individuums beruht auf seinem
Vorkommen in den Nachkommen des Individuums und seiner Verwandten. Von daher
kann es adaptiv sein (d.h es wird sich langfristig im Verlauf der Evolution durchsetzen),
sich für genetisch Verwandte zu opfern.
In der Evolutionsbiologie werden 2 Arten von Erklärungen unterschieden, da genetischer
Einfluss auf Verhalten nicht direkt nachweisbar ist:
Merke: Ultimate Erklärungen von Verhalten begründen es durch Reproduktionsvorteile
in der evolutionären Vergangenheit; proximate Erklärungen geben an, wie das Verhalten
konkret zustande kommt
-
„gute“ evolutionäre Ansätze bieten daher immer biologisch ultimate und psychologisch
proxmiate Erklärungen an
als proximate Mechanismen dienen zum Beispiel psychologische Mechanismen, wie z.B.
„je näher ich mich jemandem fühle, desto eher helfe ich ihm“
Gefühl der emotionalen Nähe korreliert mit ca. .50 mit genetischem Verwandtschaftsgrad
Gefühl der emotionalen Nähe beruht auf Vertrautheit  aktiviert „Nähegefühl“ 
aktiviert Hilfeleistung
 aus ultimaten Erklärungen abgeleitete Prinzipien entsprechen nicht unbedingt proximaten
Mechanismen; aber „Vertrautheit-Nähe-Hilfe-Mechanismus führt zu Korrelation zwischen
Verwandtschaftsgrad und Hilfeleistung
-
Merke: Proximate Mechanismen müssen nicht direkt Prinzipien entsprechen, die aus
ultimaten Erklärungen abgeleitet werde, sie dürfen ihnen aber nicht widersprechen.
Merke2: Ultimate Erklärungen durch natürliche Selektion müssen in
evolutionspsychologischen Erklärungen ergänzt werden durch Angabe proximater
evolvierter psychologischer Mechanismen (EPMs; bereichs- und kontextspezifischer
proximater Mechanismus, der als Anpassung an Umwelt der Vorfahren verständlich ist
und der genetisch fixiert ist).
 Evolutionspsychologie muss universelle Mechanismen der Info-Verarbeitung,
Verhaltensregulation und Individualentwicklung als EPMs identifizieren.
- z.B. durch Überprüfung des Vorhandenseins von EPMs, die in der Vergangenheit
hilfreich zur Lösung adaptiver Probleme gewesen sind
- für bekannte Mechanismen kann versucht werden, bes. Fitness in der Verganghenheit
nachzuweisen. (z.B. Angst vor Schlangen)
2.7.2 Persönlichkeitskonzept
Unterschiede in Persönlichkeiten sind evolutionspsychologisch schwerer zu erklären als
Gemeinsamkeiten
2 Grundaussagen:
1) Persönlichkeitsunterschiede beruhen, wenn sie genetisch mitbedingt sind, auf der
Variation im Verlauf der Evolution
2) und wenn sie durch Umweltunterschiede mitbedingt sind, werden sie durch EMPs
vermittelt
zu 1):
-
kann nicht allzu große Persönlichkeitsunterschiede bedingen, da sonst
Inkompatibilitäten entstehen – bei unterschiedlichen Geschlechtern können noch
die größten Unterschiede auftreten
-
können durchaus große Unterschiede bewirken
wirken über EPMs
zu 2):
Merke: Genetisch bedingte Persönlichkeitsunterschiede sind evolutionär erklärbar u.a.
durch Mutation und sexuelle Rekombination. Diese Variationsquellen erfüllen eine
wichtige Funktion in der Evolution, weil sie ein Sicherheitsreservoir für neue
Umweltbedingungen aufrecht erhalten, insbesondere in evolutionären Wettrennen
zwischen Wirt und Parasit. Umweltbedingte Persönlichkeitsunterschiede werden durch
EPMs vermittelt.
Weitere evolutionspsychologische Prinzipien:
frequenzabhängig Selektion:
o Fitness eines Gens hängt von der Häufigkeit in der Population ab (z.B. beim
Geschlecht: 1:1; wenn wenig Männer  bessere Verbreitung der Gene  besser
nen Jungen zu kriegen  mehr Männer  1:1)
o setzt Koexistenz zweier alternativer Gene/Genkomplexe voraus – muss nicht in
gleiche Proportionen vorliegen
o z.B. kann auch die Koexistenz verschiedener sexueller Strategien durch
frequenzabhängige Selektion erklärt werden
Merke: Unterschiede in Soziosexualität können durch frequenzabhängige Selektion
alternativer sexueller Strategien zustande kommen, die entweder mehr auf elterliche
Investition des Partners oder eher auf dessen „genetische“ Qualität setzen.
Merke2: Frequenzabhängige Selektion führt dazu, dass die Fitness von genetisch
beeinflussten Persönlichkeitsmerkmalen von der Häufigkeit dieser Merkmale in der
Population abhängt, und wirkt sich stabilisierend auf genetische Unterschiede in der
Population aus.
Konditionale Entwicklungsstrategien:
- genetisch determinierte Mechanismen, die in Abhängigkeit typischer Umweltbedingungen
unserer evolut. Vorfahren in die Individualentwicklung in best. Richtungen lenken
- bei Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsunterschieden in Jugend- und
Erwachsenenalter und Umweltunterschieden in der Kindheit könnte dies der Fall sein
 vermittelnder proximater Mechanismus muss gefunden werden
- Beispiel: väterliche Fürsorge im Kindesalter und Persönlichkeitsmerkmale im
Jugendalter
Merke: Nach der Hypothese von Draper und Harpending entwickelt sich das
Reproduktionsverhalten individuell in Form einer konditionalen Entwicklungsstrategie;
Bedingung ist die väterliche Fürsorge
Merke2: Das weibliche Reproduktionsverhalten wird möglicherweise proximat durch
Geruchsstoffe des Vaters und/oder nichtverwandter Männer in der Familie mitbestimmt.
Merke3: Die beobachtete Beziehung zwischen väterlicher Fürsorge und
Reproduktionsverhalten ihrer Töchter könnte auch auf genetischen Unterschieden
zwischen Vätern/Töchtern beruhen, die deren Reproduktionsverhalten beeinflussen.
Dies lässt sich durch Adoptionsstudien entscheiden.
Strategische Spezialisierung
- unterschiedliche Individuen nutzen zur Lösung adaptiver Probleme meist
unterschiedliche Strategien
- da Konkurrenz am größten zwischen „gleichstrategische“ Individuen ist, fördert nat.
Selektion die Suche nach alternativen Strategien
 z.B. Frequenzabhängige Selektion oder konditionale Entwicklungsstrategien (wenn
Umweltbedingungen sich regelhaft unterscheiden) als strategische Spezialisierung
- Beispiel „Geschwister“: da regelhaft unterschiedliche Bedingungen herrschen, könnte
sich hier eine konditionale Entwicklungsstrategie entwickelt haben
Merke: Sulloway nimmt an, dass sich Spätergeborene von Erstgeborenen durch
strategische Spezialisierung in Form konditionaler Entwicklungsstrategien abgrenzen.
Vertiefung
Erstgeborene:
- stärkere Identifizierung mit Autoritätsfiguren
- Nutzen „harter“ Taktiken (Status, ...)
Spätergeborene:
- eher in Frage stellen von Autoritäten
- „weiche“ Taktiken
- moralische Normen
Merke2: Sulloway konnte insbesondere die Hypothese einer größeren Offenheit
gegenüber neuen intellektuellen Erfahrungen bei Spätergeborenen durch historische
Analysen der Akzeptanz wissenschaftlicher Neuerungen und durch Fragebogenstudien
stützen, wobei diese Befunde kontrovers diskutiert werden.
Merke3: Proximat können Geschwisterpositionseffekte auf die Persönlichkeit durch
Bekräftigungslernen und EPMs für Verhalten in Dominanzhierarchien, aber auch durch
hormonelle oder andere Geburtspositionseffekte zustande kommen
 allerdings mit Skepsis zu betrachten, da gefundene Effekte minimal sind
Umgekehrt: Persönlichkeitsunterschiede können auch wieder Einfluss auf die Evolution einer
Art haben
Adaptive Persönlichkeitswahrnehmung:
- EPMs zur Persönlichkeitseinschätzung könnten sich entwickeln, da daraus z.B.
Vorhersagen für „Treue“ gemacht werden können – Vorteil
Adaptive Selbstdarstellung:
- Fähigkeit z.B. zur Irreführung lässt andere Menschen Vorhersagen machen, die für die
Person zum Vorteil werden
 „evolutionäres Wettrennen“ zwischen den beiden Fähigkeiten
Merke: Das evolutionspsychologische Paradigma beansprucht, nicht nur vorhandene
Persönlichkeitsunterschiede oder deren Vortäuschung per Selbstdarstellung evolutionär
zu erklären, sondern auch die alltagspsychologische Wahrnehmung von
Persönlichkeitsunterschieden. Dabei wird angenommen, dass adaptive
Persönlichkeitswahrnehmung und adaptive Selbstdarstellung in einem evolutionären
Wettrennen koevolvieren.
2.7.3 Methodik
- evolutionspsychologische Analyse steht und fällt mir der Qualität der Begründung
für die Zuordnung eines psychologischen Mechanismus zu einem EPM.
- Gefahr von Scheinerklärungen – Umwelt wird so angenommen, dass die den
Mechanismus ergeben
- genetische Steuerung von EPMs nicht nachweisbar bislang
- besser: Ausgehen von adaptivem Problem und dann EPM suchen (als andersrum)
- homologe Mechanismen sind förderlich für den Nachweis von EPMs – schwierig bei
psychologischen Mechanismen, da Homologie nur indirekt (nicht an „Knochen“ oder so)
belegt werden kann
 Suche nach analogen psychologischen Mechanismen bei vielen Arten
 können zu Hypothesen über Homologien führen
- Persönlichkeitsunterschiede bei Tieren können mit genügender Genauigkeit beobachtet
werden
 Argument gegen Anthropomorphisierung
Merke: Persönlichkeitsunterschiede von Tieren lassen sich mit guter Übereinstimmung
zwischen Beobachtern beschreiben und sagen beobachtetes Verhalten gut vorher. Die
Beschreibungen reflektieren durchaus Unterschiede im realen Verhalten, auch wenn sie
nicht frei von Tendenzen zur Anthropomorphisierung sind.
-
-
Ökonomie, Effizenz... eines EPM muss nicht nachgewiesen werden; im Gegenteil: man
will ja darauf hinaus, dass die Fitness in vergangenen Umwelt höher war (z.B. Präferenz
für Süßes und Fettes)
Problem: interindividuelle Unterschiede können adaptiv verständlich sein, aber nicht
adaptiv sein: selektiv neutrale Varianten, nicht adaptive genetische Varianten, nicht
adaptive Ergebnisse seltener oder neuer Umweltbedingungen  hierzu kann die
Evolutionspsychologie nichts beitragen
2.7.4 Empirische Bewährung
- noch zu jung für Bewertung (seit 1990)
- viele neue Konzepte und Fragestellungen  positiv
2.7.5 Bewertung
Chancen:
- Persönlichkeitsunterschiede könnten nicht nur als Produkte der indiv. Lebensgeschichte,
sondern auch als Produkt der Geschichte verstanden werden  insg. besseres
Verständnis
- neue Anforderungen an vorhandene persönlichkeitspsychologische Konstrukte
 Möglichkeit neuer Persönlichkeitskonstrukte
Risiken:
- wegen schlechter empirischer Testbarkeit könnte es zu Scheinerklärungen kommen
- Beschränkung d. EPM-Konzepts auf Mechanismen der Info-Verarbeitung zu eng  gibt
bereichsübergreifende Mechanismen (z.B. Fähigkeit zu reflektivem Denken nach
bereichsunspezifischen Prinzipien; starke Umweltschwankungen in der jüngeren
Geschichte könnten außerdem die Evol. bereichsunabhängiger Mechanismen begünstigt
haben (z.B. Intelligenz).
Fragen:
1. Fünf Paradigmen der Persönlichkeitspsychologie
1.1 Das psychoanalytische Paradigma
2.2.1 Allgemeines Menschenbild
100.
S. 15/2f
Charakterisieren Sie die Freudsche Auffassung vom ES und seine
Funktionsprinzipien. (V)
eigene Antwort:
 Das ES ist eine von 3 psychischen Instanzen (Es, Ich, Über-Ich), die für die
Energieverarbeitung der angeborenen Triebe zuständig sind.
Da bei der Geburt nur das Es vorhanden ist,
repräsentiert es das Gesamtreservoir der Energie, die durch angeborene Instinkte
verarbeitet wird, sowie angeborene Dispositionen.
Das ES ist
dem Lustprinzip unterworfen. Es ist bestrebt, Energie sofort zu entladen, indem es
Lust sucht und Schmerz vermeidet.
-
Das ES umfasst die inneren Triebe und versucht sich durchzusetzen um direkte
Triebbefriedigung zu erreichen
S. 16/1
101.
Charakterisieren Sie die Freudsche Auffassung vom ICH und seine Funktionsprinzipien.
(V)

Im Verlauf der Entwicklung bilde sich aus Teilen des Es durch den Kontakt zur
Außenwelt das ICH heraus. Es ist dem Realitätsprinzip unterworfen: Es vermittle
zwischen den Ansprüchen des Es und der Außenwelt (durch Einfluss auf Außenwelt
und durch Eindämmung der Triebansprüche des Es).
-
das ICH vermittelt zwischen ES, Über-Ich und Außenwelt
will auch Triebbefriedigung erreichen, aber in Übereinstimmung mit den Normen des
Über-Ich und der äußeren Umwelt (Realitätsprinzip)
S. 16/1
102.
Charakterisieren Sie die Freudsche Auffassung vom Über-Ich und seine
Funktionsprinzipien. (V)

Das Über-Ich stellt eine besondere Instanz im Ich dar. Die durch die Eltern und
Vorbilder vermittelten Normen der Kultur würden verinnerlicht. Das Über-Ich
beobachte das Ich und suche es anstelle der Eltern und Vorbilder zu kontrollieren. So
muss das Ich zwischen Es und Außenwelt und Über-Ich vermitteln.
-
Internalisierung der Eltern als Richtlinie, was erlaubt ist und was nicht
Gewissen, sorgt dafür, dass sich das Verhalten an Normen orientiert
2.2.2 Persönlichkeitskonzept
104.

-
103.
-
-
S. 17/2 f
Was ist nach Freud unter dem Ödipus-Komplex zu verstehen und wie soll er bei Jungen,
wie bei Mädchen verlaufen? (V)
Das Kind liebe beide Elterneile und möchte von ihnen geliebt werden, befinde sich
aber gleichzeitig in einer Rivalitätssituation zum gleichgeschlechtlichen Elternteil:
Junge sieht sich als Konkurrent zu seinem Vater um die Gunst der Mutter. Deshalb
Angst vom Vater kastriert zu werden (Kastrationsangst). Dieser Wunsch nach
Besitznahme der Mutter und aggressiver Rivalität mit dem Vater: Ödipuskonflikt.
Konflikt wird bewältigt, indem der Junge sich mit dem Vater identifiziere und seine
Triebimpulse gegenüber der Mutter in Zärtlichkeit umwandle. Insbesondere
übernehme der Junge die Wert- und Moralvorstellungen des Vaters.
Mädchen sieht sich als Konkurrentin zu seiner Mutter um die Gunst des Vaters und
lastet der Mutter an, dass sie keinen Penis habe (Penisneid).
Wunsch nach Übernahme des väterlichen Penis werde später durch den Wunsch
ersetzt, von ihm ein Kind zu bekommen.
Gefördert wird die Zuwendung zum Vater durch Identifikation mit der Mutter &
Angst vor Liebesentzug u. Bestrafung durch die Mutter. Insbesondere übernehme d.
Mädchen dabei die Wert- und Moralvorstellungen der Mutter.
S. 18/1
Welche Bedeutung haben die verschiedenen kindlichen Entwicklungsphasen nach Freud
für die Entstehung von Charaktertypen? (V)
Lassen die Eltern in einer der drei Phasen (oral, anal, phallisch) eine zu große
Triebbefriedigung zu oder schränkten sie diese zu sehr ein, komme es zu einer
Fixierung der vorhanden frühkindlichen Triebimpulse, die den Charakter fortan
bestimmten.
Beispiel: anale Fixierung: überkorrekter Mensch
S. 17 - 20
folgende Frage gehört vielleicht auch irgendwo ins Kap. 6, hab’s dort auch reingestellt
98. Welche Annahmen macht die Psychoanalyse zur Persönlichkeitsentwicklung?
Welche Kritik lässt sich dagegen einwenden? (R)
-
Frühkindliche Geschichte der Triebregulation in der oralen, analen und phallischen
Phase (Kritik: Phasenlehre gilt als überholt)
Am Ende der phallischen Phase weitgehend ist Persönlichkeit weitgehend konstant
Die Rolle früher Objektbeziehungen ist wichtig für die spätere Persönlichkeit
Bevorzugung bestimmter Abwehrmechanismen bestimmt die Persönlichkeit
2.2.3 Methodik
S. 21 f
105.
Warum ist es problematisch, wenn nicht unmöglich, aus den Berichten von Erwachsenen
deren frühe Kindheit rekonstruieren zu wollen? (V)

Erwartungen, was früher wohl passiert war, nachfolgende Erlebnisse und suggestive
Fragen können erwiesenermaßen bewirken, dass Erinnerungen weit v. d. Realität
entfernt sein können (Erinnerungsfehler).
-
Gedächtnisverzerrungen: Die Erinnerungen können bewusst oder unbewusst verfälscht
sein
man kennt die tatsächlichen Gegebenheiten nicht sicher
Dadurch Gefahr der Selbsterfüllenden Prophezeiung
-
2.2.4. Empirische Bewährung
teilw. S. 22/1, S. 22/2 f
94. Welche Einwände können gegen die Psychoanalyse als differentiellpsychologischem Paradigma erhoben werden? (F02)
-
Freuds Auffassung der Charakterformung als Konsequenz der frühkindlichen
Triebregulation (Phasenlehre) erwies sich entweder als empirisch nicht prüfbar oder
kann in den zentralen Annahmen als widerlegt gelten.
Ödipuskomplex konnte empirisch nicht nachgewiesen werden
Erinnerung Erwachsener an ihre Kindheit wegen Gedächtnisverzerrung eine
unzulängliche Methodik
Viele unbeweisbare Behauptungen und selbsterfüllende Prophezeiungen
S. 22/2 ff, S. 25/2
95. Welche Konzepte der Psychoanalyse sind für die heutige
Persönlichkeitspsychologie von Bedeutung und welche sind als überholt zu
betrachten? (R, V, F04)
-
-
von Bedeutung sind Freuds Konzepte unbewusster Prozesse und der
Abwehrmechanismen. Weiter das Konzept, dass mentale Repräsentationen früher
Objektbeziehungen - vor allem zwischen Kind und Eltern - die weitere Entwicklung
der Persönlichkeit u. Beziehungen beeinflussen.
überholt sind: die psychoanalytische Phasenlehre, sexuelle Motive von Kindern,
Penisneid/Kastrationsangst, Ödipuskonflikt (s.a. Frage 94).
S. 22/2 ff, S. 25/2
96. Nennen Sie vier zentrale Konzepte des psychoanalytischen Paradigmas und bewerten Sie deren
empirische Bewährung aus Sicht vieler Nicht-Psychoanalytiker. (V, H03)
-
Abwehrmechanismen: weitgehend empirisch verankert und bestätigt
Phasenlehre: teilweise widerlegt, teilweise nicht prüfbar
Ödipuskomplex: konnte empirisch nicht nachgewiesen werden
Frühe Objektbeziehungen: wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung
Quelle?
99. Welches sind die Möglichkeiten und Probleme einer empirischen Überprüfung
der Psychoanalyse? (V)
-
die Psychoanalyse enthält Widersprüche, sie kann in manchen Bereichen alles erklären
sie enthält selbsterfüllende Prophezeiungen
die Konzepte sind oft schwer bis gar nicht operationalisierbar
Psychoanalytiker halten empirische Überprüfung nicht für notwendig
Quelle ?
1. Psychoanalytiker sind neuerdings zunehmend davon überzeugt, das
psychoanalytische Persönlichkeitsmodell ließe sich etwa anhand
neuropsychologischer oder kognitionswissenschaftlicher Ergebnisse untermauern
oder präzisieren. Welche grundsätzliche Kritik lässt sich an diesem Ansinnen
anbringen? (F03)
-
selbst Freud war nicht der Ansicht, dass es sich z.B. beim Strukturmodell um eine
neurologisch nachweisbare Tatsache handelt
viele Konzepte sind nicht operationalisierbar und deswegen nicht nachweisbar
Quelle ?
Was unterscheidet „Ich-Psychologen“ von traditionellen Psychoanalytikern (im Sinne
Freuds)? (V)
106.
-
Ich-Funktionen besonders betont
Dem Ich wird eine Eigene Energie zugeschrieben
Das Ich als Konfliktfreier Bereich
Es werden mehr rationale Prozesse betont
107.
-
Im AS fand ich nichts zu in diesem Kapitel. Vielleicht C & S ab S. 188
Erläutern Sie die folgenden vier Kennzeichen, die die Psychoanalytische
Theorie charakterisieren sollen: Sie ist deterministisch, dynamisch,
strukturell und entwicklungsbezogen. (V)
deterministisch: der spätere Charakter kann relativ vollständig aus der kindlichen
Entwicklung in den psychosexuellen Phasen vorhergesagt werden
dynamisch: die Triebbefriedigung erfolgt in einem Modell des dynamischen
Gleichgewichtes
strukturell: Definition der Struktur unbewusst, vorbewusst, bewusst
entwicklungsbezogen: alles wird aus der Entwicklung in den psychosexuellen Phasen
heraus erklärt
66. Welches sind die Vor- und Nachteile von Fallstudien als Forschungsansatz der
Persönlichkeitsforschung (am Beispiel der klassischen Psychoanalyse)? (R, H02)
-
Vorteile: Individuum wird in seinen Besonderheiten ganzheitlich erfasst (bei der
Psychoanalyse durch freie Assoziation, Traumdeutung etc.)
Gute allgemeingültige oder vergleichende Aussagen können nur bei genauer Kenntnis
des individuellen gemacht werden
Nachteile: Aufwand ist sehr groß
Kann zu falschen Annahmen führen, da kein standardisiertes Vorgehen
Vergleiche zwischen Personen ist wegen der individuell angepassten Methodik
schwierig
2.4.2
explizit Skript S. 12; AS, ca. S. 40, „Der differentielle Ansatz“;
Stern äußerte in der Abgrenzung von der Allgemeinen Psychologie den Satz:
„… aus der Fehlerquelle wurde selbst ein Problem.“ Was meinte er damit und
was ist Gegenstand seiner Psychologie? (R, H02)
1.
-
2.4
Das Eigenschaftsparadigma
Persönlichkeitskonzept
in der Allgemeinen Psychologie werden die Phänomene untersucht, die bei allen
Menschen (weitestgehend) gleich sind
Dort wird die Varianz zwischen den Personen als Fehler angesehen
(Innergruppenvarianz)
Diese Varianz, d.h. die Unterschiede zwischen Personen machte Stern zum
Gegenstand seine Psychologie
explizit Skript S. 12; AS, ca. S. 40f
7. William Stern gilt als „Begründer“ der Differentiellen Psychologie. Von welcher
psychologischen Disziplin grenzte sich Stern mit welchen Argumenten ab? (F02)
-
Abgrenzung von der allgemeinen Psychologie
Begründung: wenn man nur nach allgemeinen Gesetzmäßigkeiten sucht, kann man nie
das Besondere der Menschen selbst erklären
Deswegen Untersuchung der Interindividuellen Varianz und Bestimmung von deren
Herkunft
Die folgenden Fragen 32 – 36 konnte ich nicht sicher dem AS zuordnen. Sie werden
vielleicht im C&S, Kap. 15, S.410ff besprochen. In Seb. Sommers Fragenliste waren diese
Fragen am Schluss des Fragenblockes zu Bedürfnisse, Motive und Interessen.
AS S. 45/2, C&S Kap. 15, S. 410 ff;
32. Welche Fragestellung behandeln implizite Persönlichkeitstheorien und wie können implizite
Persönlichkeitstheorien empirisch erfasst werden? Bei welcher Persönlichkeitstheorie spielen sie
eine zentrale Rolle? (R, F02, H02, H03)

-
Mit welchen Begriffen beschreiben Individuen die Persönlichkeit von Menschen?
(AS, 45/2)
Klassifizierung des Denkens und Verhaltens anderer Menschen
Denken und Verhalten anderer Menschen in bestimmten Situationen vorhersagen
-
33.
34.
-
Erfassbar durch Rollen-Konstrukt-Repertoire-Test (Rep- Test, Kelly, 1955)
In der Persönlichkeitstheorie von Kelly spielen die impliziten Persönlichkeitstheorien
eine zentrale Rolle
C&S Kap. 15, S. 414-426
Die „persönlichen Konstrukte“ sind in der Theorie von G.A. Kelly von zentraler
Bedeutung. Nennen Sie mindestens vier wesentliche Eigenschaften von Konstrukten. (R,
H03)
bipolar
dichotom, also nicht kontinuierlich (z.B.: „ist ängstlich“: ja/nein, s. S. 48)
Konstrukte entwickeln sich allmählich über viele ähnliche Situationen hinweg (role of
recurrences, C&S S.415)
Konstrukte verändern sich:
durch „Definition“ (Wissen wird jedes Mal präziser, wenn d. Konstrukt angewandt
wird)
durch „Extension“ (Bei erfolgreicher Anwendung auf neue Situation)
Range of Convenience (Bereich ihrer Anwendbarkeit)
Focus of Convenience (bevorzugte Bereich, in dem das Konstrukt angewendet werden
kann, = Bereich der besten Vorhersage)
Permeability (inwieweit & wie leicht neue Ereignisse i. d. Anwendbarkeitsbereich
aufgenommen werden können)
Konstrukte sind hierarchisch organisiert (höhere Konstrukte beinhalten untergeordnete
Konstrukte)
Konstrukte sind individuell, also einzigartig (ihre Bedeutung ist interindividuell nicht
identisch)
Konstrukte sind präverbal
Was verstand G.A. Kelly unter „persönlichen Konstrukten“ und wie können diese
empirisch erfasst und u.U. auch therapeutisch genutzt werden? (F02)
implizite Vorstellungen von Personen, die dazu dienen, Verhalten anderer zu erklären
und vorherzusagen
Erfassung durch Repertory-Grid-Technik
Unsicherheit (anxiety) oder Bedrohung (threat), die durch Probleme bei der
Interpretation und Vorhersage von Verhalten entstehen, können durch
Weiterentwicklung oder Veränderung des Konstruktsystems einer Person eventuell
verringert werden
C&S S. 426 ff; AS S. 46/2; (s.a. #36)
35.
-
Bitte beschreiben Sie kurz den Rollen-Konstrukt-Repertoire-Test von Kelly. Was daran
ist individuumszentrierte Messung und wie lässt sich eventuell eine differentielle Messung
daraus machen? (H02)
Beim Rep- Test von Kelly sind bestimmte Rollen vorgegeben, die i.d.R. eine wichtige
Rolle im Leben einer Person einnehmen (Vater, Mutter, bester Freund). PB stellt sich
dann konkrete Personen in diesen Rollen vor.
Nun folgen unterschiedliche triadische Vergleiche zwischen diesen Personen, wobei
Pb eine Charakteristik nennen soll, in der sich zwei dieser Personen ähneln und sich
gleichzeitig von der Dritten unterscheidet. Diese Eigenschaft (Ähnlichkeitskonstrukt)
wird als emgergenter Pol eingetragen, und der Begriff, worin sich diese beiden
Personen von der dritten Person unterscheiden, wird unter impliziter Pol eingetragen.
Dann werden auch alle anderen vorgegebenen Personen diesen Polen zugeordnet.
-
Somit entsteht individuumszentriert das persönliche Konstruktsystem des
Untersuchten
Um diese Beschreibungen von Konstrukten zu messen, werden sie nach Ähnlichkeit
klassifiziert.
Jetzt kann man die Anzahl verschiedener Konstrukte auszählen und so eine
quantitative Aussage über die kognitive Komplexität der Person machen
Diese rein individuumszentrierte Messung wird anschließend mit verschiedener
Personen verglichen = differentielle Messung.
(s.a. #35); 8zu „idiographisch“ s.a. Kap. 3.1.3, S. 103f)
36.
Beschreiben Sie die Vorgehensweise und Auswertung der Repertory-Grid-Technik nach
Kelly. Erläutern Sie, inwiefern dieser Ansatz als „idiothetische“ (individuumszentrierte)
Forschungsrichtung interpretiert werden kann und warum er sich u.U. therapeutisch
nutzen lässt. Durch welches methodische Vorgehen ließe sich ein interindividueller
Vergleich vornehmen? (R, F03)
-
Wählen eines Konstrukts für drei Personen, wobei sich zwei ähneln und sich von
der dritten unterscheiden sollen
Beurteilen der Personen anhand der Konstrukte
Hier wird idiothetisch vorgegangen, es werden also Gesetzmäßigkeiten in den
persönlichen Konstrukten einer einzelnen Person aufgedeckt
Unsicherheit oder Hilflosigkeit, die durch Probleme bei der Interpretation und
Vorhersage von Verhalten entstehen, können durch Weiterentwicklung oder
Veränderung des Konstruktsystems einer Person eventuell verringert werden
Nun kann eine Matrix (Konstrukte x Personen) erstellt werden, die dann statistisch
ausgewertet werden kann
Interindividueller Vergleich durch Vergleich der Ergebnismatrizen
2.4.3 Methodik
67.
S. 47/2, S. 123f
Erläutern Sie den Begriff Persönlichkeitsinventar. (R)
eigene Antwort:
 Persönlichkeitsinventare bestehen aus mehreren Persönlichkeitsskalen.
 Sie sollen entweder die Persönlichkeit möglichst breit erfassen oder viele unterschiedliche
Eigenschaften eines engeren Persönlichkeitsbereiches (z.B. versch. Formen der Ängstlichkeit) messen.
AW 2:
-
bei einem Persönlichkeitsinventar (Beispiel: FPI) wird die Ausprägung einer Person
auf verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen mit Hilfe mehrerer Persönlichkeitsskalen
durch Fremd- oder Selbstbeurteilung erfasst
2.4.4 Empirische Bewährung
S. 57 - 60
70. Welche Bedeutung hat die transsituative Konsistenz für das
Eigenschaftsparadigma? (R)
-
die niedrige transsituative Konsistenz mancher Eigenschaften (z.B. Ängstlichkeit)
wurde als Gegenargument gegen das Eigenschaftsparadigma ins Feld geführt, das
stabile Situations-Reaktions-Beziehungen postuliert
-
das Problem kann durch Bildung von Situationsprofiltypen oder Situationsprofilen
veringert werden
2.4.5 Bewertung
S. 62
65. Nennen Sie die 4 Kritikpunkte am Eigenschaftsparadigma. (R, F04)
eigene Antwort:
 Eigenschaften sind letztlich immer nur Abstraktionen, ermittelt durch z.B.
Persönlichkeitsfragebögen oder beobachtetes Verhalten. Man erhält keine
Information über die Prozesse, die zwischen Situation und Reaktion vermitteln.
 Eigenschaften sind statische Konzepte. Im Verlauf der P.- Entwicklung können
sich Eigenschaften aber verändern.
 Die Auswahl von Situations- Reaktions- Beziehungen zum Ermitteln der
Eigenschaften geschieht stark beeinflusst durch alltagspsychologische
Überlegungen.
 ?
-
Eigenschaften weisen nicht, wie postuliert, eine langzeitige Stabilität auf
Die transsituative Konsistenz der Eigenschaften ist meist gering
Es wird nicht der Einfluss der Situation auf das Verhalten berücksichtigt
Statisches Konzept der Eigenschaften ist unrealistisch
2.6
Das dynamisch-interaktionistische Paradigma
Die folgende Frage gehört ev. zu Kap 5.1. Dort hab ich’s auch reinkopiert. Auch bei 6.3
44.
-
Nennen Sie die vier Modelle zur Umweltdetermination des Verhaltens.
Worin unterscheiden sie sich? Was versteht man unter
Dispositionismus/Personalismus, Situationismus und dem Terminus
„Interaktion von Person und Situation“? (R, F02, F03)
Umweltdetermination
Entfaltung
Dynamisch-interaktionistisches Modell
Kodetermination
Dispositionismus/Personalismus: Das Verhalten ist nur durch die Eigenschaften
bestimmt (Eigenschaftsparadigma)
Situationismus: Das Verhalten ist nur durch die Umwelt/Situation bestimmt
(Umweltdetermination)
Interaktion von Person und Situation: Das Verhalten ist durch die Umwelt und die
Persönlichkeit bestimmt, und Umwelt und Persönlichkeit wirken gegenseitig
aufeinander ein
... konnte zu 2.4 (Eigenschaftsparadigma) passen, vielleicht aber auch als Abschluss zu
allen Paradigmen:
127.
Gesetz den Fall, Sie möchten für einen komplexen Merkmalsbereich wie
„Persönlichkeit“ oder „Intelligenz“, der viele Teilbereiche umfasst, für
eine einzelne Person ein Profil erstellen, um zum Beispiel etwas über
besonders stark oder schwach akzentuierte Persönlichkeitszüge oder
kognitive Stärken und Schwächen dieser Person zu erfahren. Welche
Informationen benötigen Sie hierfür? (H02)
-
Messungen der betreffenden Merkmalswerte der Person
Information über die Merkmalsverteilung in der zu Grunde liegenden Population
...keine Ahnung, wo die Fragen ab 108 bis Kap. 3 hingehören
108.
-
Nennen Sie vier grundlegende Annahmen des humanistisch-existentiellphänomenologischen Menschenbildes, sowie einen Hauptvertreter dieser Richtung. (R,
F04, H02)
s.a. # 115
Charakter/Persönlichkeit existiert tatsächlich und ist nicht nur ein theoretisches
Konstrukt
Verhalten ist vollständig durch die Persönlichkeit definiert, die Umwelt wird nicht
berücksichtigt
Idiographisch: qualitative Beschreibung der Einzigartigkeit eines Menschen
Kritik an der Wundtschen Elementenpsychologie
Rogers, Allport, Jaensch, Klages, Lersch, Sprangler, Rotacker
109.
Wodurch ist das therapeutische Klima bei der klientenzentrierten
Therapie
nach Rogers gekennzeichnet und welchen Prozess setzt es in Gang? (R)
-
Klient hat die volle Verantwortung für seine Gesundung
Wie eine Bandage wird der Klient vor schädlichen Einflüssen von außen geschützt
und die natürliche Heilung unterstützt
s.a. #2 bei Kap. 1.4
110. Wenden Sie die Kriterien für empirische Wissenschaften auf den
phänomenologischen Ansatz innerhalb der Persönlichkeitsforschung an.
(F04)
-
Sparsamkeit: ?
Empirische Verankerung: eher gering
Produktivität: auch eher gering
Prüfbarkeit: gering, wegen schlechter empirischer Verankerung
Widerspruchsfreiheit
Anwendbarkeit: ?
Vollständigkeit: ?
Explizitheit: vage Deutungen und ungerechtfertigte Interpretationen
111.
112.
-
Welches sind Methoden zur Persönlichkeitserfassung, die im Bereich
phänomenologischer Eigenschaftstheorien häufig eingesetzt werden? (V)
s.a. #125
Selbst- und Fremdbeurteilung
Biographik
Qualitative Beschreibung des Charakters
Nennen Sie vier Autoren, welche phänomenologische Eigenschaftstheorien
vertreten haben. (V)
Rogers, Allport, Jaensch, Klages, Lersch, Sprangler, Rotacker
113.
Welches sind typische Probleme der phänomenologischen
Eigenschaftstheorien? (V)
-
Vernachlässigung der Situation
Überbetonung von Dispositionen
Spekulation, Interpretation und Deutung anstelle von empirischer Prüfung
Anfälligkeit gegen Beobachtungsfehler und Vorurteile des Beobachters
114.
Welche Einwände können gegen die phänomenologische Strategie erhoben
werden? (V)
-
Vernachlässigung der Situation
Überbetonung von Dispositionen
Spekulation, Interpretation und Deutung anstelle von empirischer Prüfung
Anfälligkeit gegen Beobachtungsfehler und Vorurteile des Beobachters
115.
-
Nennen Sie einige Grundlagen und Themen der humanistischen, der
existentiellen und der phänomenologischen Tradition in der
Persönlichkeitspsychologie. (V)
s.a. # 108
Kritik der Wundtschen Elementenpsychologie
Methode der Biographik
Radikal eigenschaftstheoretische Sichtweise
Charakter existiert tatsächlich, ist nicht nur theoretisches Konstrukt
116.
124.
125.
Heiß sprach von „Person als Prozess“. Was ist damit im Unterschied zur
älteren Charakterkunde bzw. Eigenschaftstheorie gemeint? Was ist an
dieser Konzeption auch heute noch aktuell? (F04)
Persönlichkeit nicht statisch betrachtet, sondern als intraindividueller Prozess
Eigenschaften werden langfristig als änderbar angesehen
Beschreibung einer Eigenschaft als individuelles Profil über verschiedene Situationen
Nennen Sie einige Vertreter der historischen Persönlichkeitspsychologie (deutsche
Charakterologie). (V)
Lersch, Jaensch, Klages, Spranger, Rotacker
Welches sind die typischen Methoden der historischen Persönlichkeitspsychologie (der
deutschen Charakterologie) zur Erfassung von Persönlichkeitseigenschaften? (V)
s.a. #111
- Selbstbeurteilung
- Fremdbeurteilung
- Biographik
- Qualitative Beschreibung des Charakters
135. Was versteht man unter einem essentialistischen Persönlichkeitsverständnis?
(V)
-
Charakterologie / Phänomenologischer Ansatz
Die Vorstellung, dass die Persönlichkeit tatsächlich vorhanden und nicht nur ein
theoretisches Konstrukt ist
126.
Nennen Sie mögliche Gründe, weshalb die Beiträge des deutschen
Charakterologen P. Lersch nicht mehr in Lehrbüchern der
Persönlichkeitspsychologie behandelt werden. (V, F02, F03)
- Lersch wurde der Mitläuferschaft während der Naziherrschaft verurteilt
- Charakterologie empirisch schlecht verankert
- Methodisch zweifelhaft
Nicht Berücksichtigung des Situationseinflusses auf das Verhalten
Herunterladen