Vorlesung Bioethik WS 2009/2010 Gliederung A. Einführung: Sinn und Zweck von Bioethik B. Geschichte der Medizin- und Bioethik C. Wissenschaftsphilosophie der Medizin und der „life sciences“ D. Bioethik (Ethik der „life sciences“) E. Gesundheitspolitik Bioethik: Eine erste Annäherung Weite, enge und mittlere Bereichsdefinitionen Bioethik als Teilbereich der angewandten Ethik ("applied ethics") Literatur zur Einführung: A. Leist (Hg): Um Leben und Tod. 1990 M. Düwell, K. Steigleder (Hg.): Bioethik. Eine Einführung. 2003 S. Schulz, K. Steigleder, H. Fangerau, N. Paul (Hg.): Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin. 2006 Unvermittelte (isolierte) und vermittelte (konkrete) Ethik Geschichte: Historie und Tradition Theorie: Arbeit an Begriffen Ethik: Grundkonzeptionen von Bioethik, Themen Politik: Gesundheitssysteme Lernziele der Vorlesung: Verständnis, Reflexion, Orientierung, Mündigkeit Drei Aspekte praktischer Vernunft Zweckmäßigkeitsüberlegungen und Klugheit "Gutes" Leben und Authentizität Moralität und Autonomie (Gespür für das Sortieren von Aspekten) Jürgen Habermas 2009, Bd. 3 Anthropologie und Medizin Lebensweltliche Erfahrung: Geburt, Krankheit, Genesung, Alter, Sterben und Tod Anthropologie: Natalität, Prekarität, Resistenz, Hinfälligkeit, Vergänglichkeit Biologie: Menschen als intelligente Organismen, der Selbsterhaltungstrieb Gesundheit als "gut", Krankheit als "schlecht/übel" Religion: biblische Weisheit (Kohelet, Psalter), platonisch-christlicher Dualismus von Körper und Seele. Medizin: Kampf gegen Krankheit und Tod. Medizinischer Fortschritt: Erfolgsgeschichten Grenzerfahrungen Memorandum: Das optimierte Gehirn (Galert, Merkel, Schöne-Seifert et al. 2009) "Wir vertreten die Ansicht, dass es keine überzeugenden grundsätzlichen Einwände gegen eine pharmazeutische Verbesserung des Gehirns oder der Psyche gibt. Vielmehr sehen wir im pharmazeutischen Neuro-Enhancement die Fortsetzung eines zum Menschen gehörenden geistigen Optimierungsstrebens mit anderen Mitteln." NEP für Gesunde: Ritalin, Vigil, Prozac ….. Bedenken und Kontexte: Abhängigkeit und Sucht Konkurrenzdruck, Leistungsdruck, MitmachZwang? Risiko Wachsende Ungleichheit Ärzterolle Vom suggestiven Gebrauch des "wir". Medizin in der Antike Medizin: Episteme, phronesis, praxis, techne Techne therapeutike, „eupragie“ bzw. „eupraxia“ Elemente, Säfte und Temperamente Gesundheit: harmonia, eukrasis, mesothes Private Leibespflege und öffentlicher Gesundheitsdienst Medizin als Kultur und Bildung Der Eid des Hippokrates Galen und die Grade der Gesundheit Epimeleia seauto bzw. „cura sui“: sorgfältige Aufmerksamkeit auf sich selbst Diätetik, Hygiene, Sexualität, Arbeit/Muße sex res non naturales: Licht/Luft, Speise/Trank, Arbeit/Ruhe, Schlaf/Wachen, Affekte, Ausscheidung/Absonderung, Platonisch-christliches Leibschema (Körper-Seele) als eines von vielen kulturellen Leibschemata Neuzeit Descartes: Der Körper als Maschine, ähnlich wie "Uhren, kunstvolle Wasserspiele und Mühlen". Modernes Wissenschaftsverständnis: Ursachen, Gesetzmäßigkeiten, Experimente, Daten, Wirkstoffe. Aus Ursachen kurieren statt an Symptomen herumzudoktern. Kant (1798): Dem Naturinstinkt nach ist dem Menschen der Arzt der wichtigste Mann Ausbildung des ärztlichen Standesethos ("Hippokratische Tradition") Paracelsus: "Sein Amt ist nichts, als den anderen Barmherzigkeit zu schenken." „Ob man vor der Pest fliehen darf?“ (Luther) Behandlung der Armen Wahrheitsbindung und "gnädige Lüge" Kampf gegen „Quacksalber“, Ausgrenzung der Para- und Pseudo-Medizin Forschung an Gefangenen Mitwirkung bei Hinrichtungen Militärmedizin und das „Triage“-Problem Selbstversuche Sozialmedizin bzw. Sozialhygiene (Virchow) Lebensbewertung „von außen“ (Hufeland) Einwilligungsproblematik (Stoos, von Bar) Konsequenzen des ärztlichen Tötungsverbotes 1. Mitwirkung bei Hinrichtungen ? 2. Ärzte im Krieg und Ärzte für den Frieden ? 3. Abtreibung ? 4. Beihilfe zum Suizid ? 5. Aktive Sterbehilfe ? "Der Arzt soll und darf nichts anderes tun als Leben erhalten, ob es ein Glück oder Unglück sei, ob es Wert habe oder nicht, das geht ihn nichts an, und maßt er sich einmal an, diese Rücksicht in sein Geschäft mit aufzunehmen, so sind die Folgen unabsehbar, und der Arzt wird der gefährlichste Mensch im Staate; denn ist einmal die Linie überschritten, glaubt sich der Arzt einmal berechtigt, über die Notwendigkeit eines Lebens zu entscheiden, so braucht es nur noch stufenweise Progressionen, um den Unwert und folglich die Unmöglichkeit eines Menschenlebens auch auf andere Fälle anzuwenden." C. W. Hufeland "Die Verhältnisse des Arztes" 1806 Carl Stooss "Operativer Eingriff und Körperverletzung (1893): In Bezug auf Operationen mit ungewissem Ausgang "wird der Patient das entscheidende Wort zu sprechen haben. Um sein Wohl handelt es sich." Ludwig von Bar "Medizinische Forschung und Strafrecht" (1901) "Es setzt sich daher jeder Mediziner, der an Menschen ohne deren Zustimmung Versuche vornimmt, einer sehr weitgehenden und schweren strafrechtlichen Verantwortlichkeit aus, und die etwaige nachträgliche Zustimmung oder Verzeihung des Verletzten ändert hier nichts." Sozialdarwinismus als Paradigma der Medizin Vogt 1997 Charles Darwin Herbert Spencer Staat als Organismus, Völker als Individuen, äußere Politik als Kampf Drei Varianten des Sozialdarwinismus: 1. Imperialismus 2. Liberalismus 3. Rassismus Rassenlehre und Deszendenztheorem Rassenhygiene (Tille, Ploetz, Schallmayr) "Wir zivilisierten Menschen dagegen tun alles mögliche, um diese Ausscheidung zu verhindern. Wir erlassen Armengesetze und unsere Ärzte bieten alle Geschicklichkeit auf, um das Leben der Kranken so lange als möglich zu erhalten. (…) Infolge dessen können auch die schwachen Individuen der zivilisierten Völker ihre Art fortpflanzen. Niemand, der etwas von der Zucht von Haustieren kennt, wird daran zweifeln, dass dies äußerst nachteilig für die Rasse ("race") ist. (….) Die Hilfe, die wir dem Hilflosen schuldig zu sein glauben, entspringt hauptsächlich dem Instinkt der Sympathie (…). Jetzt können wir diese Sympathie nicht mehr unterdrücken, selbst wenn unsere Überlegung es verlangte, ohne dass dadurch unsere edelste Natur an Wert verlöre. Charles Darwin, Die Abstammung des Menschen, Kap. 5 "Aus der Lehre, dass alle Menschen eines Gottes Kinder und vor ihm gleich sind, ist in erster Linie das Ideal des Humanismus und des Sozialismus erwachsen, dass alle Menschen das gleiche Daseinsrecht, den gleichen Daseinswert haben. (…) Mit der Entwicklungslehre ist dieses Ideal unvereinbar. Sie muss mit ihm brechen, sobald sie sich ihrer unmittelbaren Folgen bewusst wird. Sie kennt Tüchtige und Untüchtige, Gesunde und Kranke, Genies und Atavisten. An die Stelle des Wohls aller Menschen (…) muss ihr eine glänzenden Zukunft der am höchsten entwickelten Rasse treten. (…) Eine Ethik, die völlig auf dem Boden der Entwicklungslehre steht, wird das gleiche mit ihrem Ideal der Rassezukunft zu tun versuchen. Alexander Tille, Charles Darwin und die Ethik, 1894 "Das soziale Interesse der Gesellschaft ist heute mehr als je ein ganz anderes; es geht auf Gesundung und Stärkung hin, es hat von der Erhaltung wirklich wertlos gewordener Leben gar nichts." Alexander Elster: Euthanasie (Sterbehilfe) 1915 "Daß es lebende Menschen gibt, deren Tod für sie eine Erlösung ist und zugleich für den Staat und die Gesellschaft insbesondere eine Befreiung von einer Last ist, deren Tragung (...) nicht den kleinsten Nutzen stiftet, lässt sich in keiner Weise bezweifeln. Ist dem aber so - gibt es in der Tat menschliche Leben an deren weitere Erhaltung jedes vernünftige Interesse dauernd geschwunden ist - dann steht die Rechtsordnung vor der verhängnisvollen Frage, ob sie den Beruf hat, für deren unsoziale Fortdauer tätig einzutreten oder unter bestimmten Voraussetzungen ihre Vernichtung freizugeben." Karl Binding und Alfred Hoche "Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens" 1920 Medizin im Nationalsozialismus Rassenlehre Gesundheit des „Volkskörpers“ Gesundheit als politische Pflicht Körperkult, Ernährungslehre, Sexualpolitik Abhärtung, Ertüchtigung, Selektion Reform der Psychiatrie Vernichtung „lebensunwerten“ Lebens Forschung an Gefangenen Folge: Die Nürnberger Ärzteprozesse und der Nürnberger Code "Aktion T4" Eugenik und Euthanasie Karl Binding, Alfred Hoche (1920): "Die Freigabe der Vernichtung unwerten Lebens" H.F.R. Günther (1933): "Rassenkunde des deutschen Volkes" Situation der Anstaltspsychiatrie um 1933 (340.000 Insassen) Ab 1933 rigorose Einweisung durch Behörden Senkung der Aufnahmehürden, Anhebung der Entlassungshürden Anstalten der Segregation; Expansion der Anstaltspsychiatrie Kürzung der Mittel; Sparzwänge Glaube an innovative Therapeutiken, Psychiatriereform Heilen und Vernichten Kinder-Euthanasie ab 1939 (ca. 5000 Tote) "Aktion T4": Vergasung mit Kohlenmonoxyd (19401941: 70273 Tote) Protest und Widerstand (Graf von Galen) 1941: Abbruch der "Aktion T4", aber Fortsetzung der Euthanasiepraxis (Hunger, Medikamente) "Aktion Brandt" (1942) Spätphase der Euthanasie Ergebnis: ca. 250.000 getötete Menschen (180.000 in Deutschland, 80.000 in Polen, Frankreich, UdSSR) Humanexperimente in Konzentrations- und Vernichtungslagern Höhenversuche (1942, Dachau) Unterkühlungsversuche (1942-1943, Dachau) Malaria-Experimente (1942-1945, Dachau) Senfgas (Lost)-Experimente (1940-1945, Sachsenhausen, Natzweiler) Sulfonamid-Experimente (1942-1943, Ravensbrück) Versuche zu Knochentransplantationen (Ravensbrück) Meerwasser-Experimente (1944, Dachau) Experimente mit epidemischer Gelbsucht (1943-1945, Sachsenhausen, Natzweiler) Sterilisationsexperimente (1941-1945, Ravensbrück, Auschwitz) Fleckfieber-Experimente (1941-1945, Buchenwald, Natzweiler) Phosphorbomben-Experimente (1943-1944, Buchenwald) Skelett-Sammlung (Auschwitz) Geschichte und Ethik der Medizin 1. Position: Hippokratische Tradition mit normativen Gehalten wie: "salus aegroti suprema lex", Schweigepflicht, Abgrenzungsproblem, Verbot der Lebensbewertung "von außen" (Hufeland), Zuwendung zu den Armen (Virchow) usw. (Problem des Paternalismus) 2. Erweiterung durch die juristisch begründete Zustimmungspflicht (Stooss, v. Bar) 3. Negation: Sozialdarwinismus, Eugenik mit normativen Gehalten wie: Individuen als Teil eines größeren Ganzen ("Volkskörper"), Degenerationstheorem und eugenische Ziele, Lebensbewertung anhand bestimmter Kriterien, Suspendierung des Zustimmungsprinzips. 4. Neuer Ausgangspunkt: "the voluntary consent of the human subject is absolutely essential" (Nürnberger Code 1947) 5. Heutige Situation: Kritische Aneignung der Hippokratischen Tradition Interpretation des "informed consent"-Prinzips Individuen und Populationen Kontrakte statt Konsens? Medizin und moderne Gesellschaft Lebenserwartung Gesundheit als Grundwert Jugendkult und demographischer Wandel Veränderung des Reproduktionsverhaltens Pluralismus der Lebensstile und Wertvorstellungen Autonomie und Selbstbestimmung Kritik der "Schulmedizin" "Enhancement" und Anthropotechniken Teilhaberecht und Kosten Erwartungen an die Medizin der Dissensfaktoren in der Bioethik Neue Möglichkeiten durch neue Technologien und die Frage nach den Grenzen des Machbaren Gefälle moralischer Sicherheit, konfligierende moralische Intuitionen „essentially Normalität, contested concepts“ Behinderung, (Gesundheit, Unzumutbarkeit, „hochrangiges Forschungsziel“ usw.) Neue medizinische Konzepte: "individualized medicine" Risiken, Ungewissheiten, „Dammbrüche“ Konkurrierende bioethische Grundkonzeptionen Ökonomische Faktoren und Interessen „Polare“ Spannungsverhältnisse (s. Folie) Themenfelder der Bioethik Verhältnis zur eigenen Leiblichkeit: Beispiel des Suizids Moralischer Status menschlicher Feten und Embryonen Ethische Probleme der Neonatalogie Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik, Problemfeld der prädiktiven Diagnostik Schwerstbehinderte Neugeborene HIV/AIDS Tierversuche, Heilversuche, Humanexperimente Transplantationsmedizin, Organspende, Xenotransplantation Sterbehilfe („Euthanasie“), Todeskriterien ("Hirntod") Humanökologie und Umweltmedizin, Gesundheit und Natur „enhancement“, "doping" „converging technologies“ Gesundheitsökonomie und –politik: Rationierung medizinischer Dienstleistungen Konzept „Individualisierte Medizin“ (IM) Erwartungen an IM bei Patienten (individuelle Zuwendung, bessere Versorgung, präzisere Therapien) bei Forschern (neue Erkenntnisse zur Ätiologie und Assoziation von nosologischen Entitäten) bei Ärzten (prädiktive Diagnostik, Früh(st)erkennung) bei Versicherungen (exakte Kalkulationen von Gesundheitspolicen durch Zuordnung von Personen zu Risikokollektiven („Risikotarife“)) in der biomedizinischen Industrie (neue Produkte und Geschäftsmodelle insbesondere im Bereich der Diagnostika i.w.S., Pharmakogenetik) IM ist aufgrund dieser (heterogenen) Erwartungen überdeterminiert („hype“). Welche Erwartungen lassen sich (eher) erfüllen? Welche Erwartungen sollte man (nicht) wecken? Ein Beispiel hierfür: „Von Kranken wird häufig eine Medizin als ‚individuell‘ empfunden, in der das Leben mit der Krankheit und die psychosoziale Dimension der Erkrankung im Arzt-Patient-Verhältnis thematisiert und Handlungsoptionen entwickelt werden. Eine biomarkerbasierte individualisierte Medizin leistet hierzu jedoch keine unmittelbaren Beiträge“ (TAB 2008, S. 30) 5 Individualisierungskonzepte in IM Biomarkerbasierte Stratifizierung Genombasierte Merkmale Information über gesundheitsbezogene Ermittlung individueller Erkrankungsrisiken Differenzielle Interventionsangebote Ermittlung der Wirksamkeit und Verträglichkeit Medikamenten (Fernziel: Therapeutische Unikate) von „Individualisierung“ bedeutet in diesen Konzepten eine „über den Status quo hinausgehende Unterteilung der Patientenpopulation in klinisch relevante Untergruppen (sog. Stratifizierung (…)). Leitend ist dabei die Annahme, dass Diagnose, Risikospezifizierungen und Interventionen umso zielgenauer sein können, je mehr bzw. je spezifischere Kriterien zur Gruppeneinteilung herangezogen werden können. Für diese Unterteilung werden in der individualisierten Medizin neue und spezifische Biomarker herangezogen, die aus der Genom- und Postgenomforschung hervorgehen.“ (TAB 2008, S. 9) Begriffliche Investitionen in dieses Definiens: Patientenpopulation Stratifizierung bzw. Gruppenbildung Biomarker Diagnose Risikospezifizierung Intervention. Patientenpopulation Als Patienten gelten üblicherweise Personen, die an Krankheiten (oder Folgen von Unfällen) leiden und deshalb in medizinischer Behandlung sind. Die Populationen der IM setzen sich nicht (nur) aus Patienten in diesem „klassischen“ Sinne zusammen, sondern auch aus Personen ohne klinische Befunde („gesunde Kranke“). Werden hier ganze Populationen zu virtuellen Patientenkollektiven? Wie also verändert sich durch IM der Begriff eines Patienten? Stratifizierung Eine Gruppenbildung wäre stricto sensu dann „individualisierend“, wenn am Ende jede Gruppe idealiter aus genau einem Individuum bestünde. Dies wird realiter nicht möglich sein, „so dass eine besser zutreffende Begriffswahl eine ‚stratifizierende‘ Medizin wäre“ (TAB 2008, S. 10.) Unter dem Terminus „individualisierte Medizin“ wäre demnach sachlich eine stratifizierende Medizin zu begreifen, die einzelne Personen bestimmten Gruppen zuordnet. Entscheidend für IM ist demnach die Klassifikation von derartigen Gruppen. Wie also werden solche Gruppen identifiziert, gegeneinander abgegrenzt, miteinander korreliert usw.? Wie groß ist der Unterschied zu bestehenden Stratifikationen (Geschlecht, Alter, Unverträglichkeiten)? Vorerkrankungen, Allergien, Biomarker Biomarker sind „objektive Messgrößen“ zur Bewertung von normalen und pathologischen Prozessen sowie von Reaktionen auf therapeutische und präventive Interventionen. Problem: Was nicht alles kann ein Biomarker sein? Werden wir in den nächsten Jahren mit einer Flut von Publikationen zu Biomarkern und SNP's überschüttet? Was fangen wir damit an? Was heißt dann „valide“ (verlässlich)? Fallen Individuen dann aufgrund unterschiedlicher Biomarker in unterschiedliche Gruppen? In wie viele Gruppen kann eine Person fallen? Diagnose Unter einer Diagnose wird üblicherweise eine Feststellung verstanden, dass etwas "vorliegt". Im Kontext von IM verschiebt sich der Begriff der Diagnose in den Bereich der Prädiktion und der Probabilistik (Statistik). Im Kontext von IM wird daher zu Recht von „prädikiv-probabilistischer Diagnostik“ gesprochen. In diese Art der Diagnostik gehen notwendigerweise Dispositionsbegriffe ein („virtuelle“ Krankheiten, Tendenz, Latenz, erhöhte Wahrscheinlichkeit, mögliche Assoziation, möglicher Verlauf usw.). Was geschieht, wenn die Medizin verstärkt auf einer Interpretation von Dispositionsbegriffen beruht (s. Intervention). Was folgt daraus für das Arzt-Patient-Verhältnis und für das Verständnis von „informed consent“? Dispositionsbegriffe sind „tricky“! Sie verleiten zu falschen oder problematischen Gleichsetzungen: Sind virtuelle Krankheiten jetzt schon reale Krankheiten in statu nascendi? (Ist eine virtuelle Krankheit jetzt schon (irgendwie) „da“? Gibt es hier Analogien zu Inkubationszeiten? Ist ein „auffälliger“ genetischer Befund eine Diagnose? Ist eine prädiktive Diagnose eine Prognose? Ist eine Disposition (Veranlagung) eine Art der Ursächlichkeit? Wie ist das Verhältnis zwischen einer kausal wirksamen Basis (im Genom), einer daraus folgenden Disposition, Einflüssen im Bereich von Umweltfaktoren, auslösenden Ursachen zu bestimmen? Sind Werte außerhalb festgelegter Normbereiche eo ipso pathologisch oder pathogen? "Um den (potentiellen) Patienten besser helfen zu können, müssen wir unter den Gesunden nach bestimmten Prädispositionen suchen" (Golubnitschaja 2009) Wann und bei wem sollen diese Untersuchungen, Typisierungen und Diagnostiken (nicht) stattfinden? Kommen obligatorische Massenscreenings (TAB: „Bevölkerungsscreenings“) in Betracht? Sollen postnatale genetische Diagnosen zur Routine werden? Wer darf Tests anbieten? Braucht es eine Qualitätssicherung und eine staatliche Aufsicht? Risiko IM identifiziert individuelle Risikoprofile. Ein Risiko ist eine Kombination (Produkt) aus einer Eintrittswahrscheinlichkeit (EW) und einem Schadensausmaß (SA). EW lässt sich beeinflussen (reduzieren, verzögern usw.), das SA muss bewertet werden. Gesundheitliche Risiken stehen im Horizont allgemeiner Lebensrisiken. „Durch Genotypisierung und Multiparameterdiagnostik sollen bereits vor individuelle klinisch erkennbaren Risikoprofile Wahrscheinlichkeitsaussagen Krankheitssymptomen erstellt über und die damit künftige gesundheitliche Entwicklung des Individuums getroffen werden“ (TAB 2008, S. 11, ähnlich auch S. 20) Wahrscheinlichkeitsaussagen streuen über Bandbreiten und beziehen sich auf unterschiedliche zukünftige Zeitpunkte. Bei Assoziationen von Krankheiten werden unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten zusammengefasst. Lässt sich eine Wahrscheinlichkeit nicht quantifizieren, spricht man von Ungewissheit. Handelt es sich bei IM eher um Risiken oder eher um Ungewissheiten? Viele Krankheiten haben unterschiedliche Verlaufsvarianten (mild, schwer). Was besagen Informationen über diese möglichen Varianten? Jeder Mensch ist wohl in mehreren Hinsichten ein (potentieller) Risiko“patient“. Droht hier eine umfassende Pathologisierung der Bevölkerung? Taucht hier die Problematik der WHO-Definition von Gesundheit wieder auf? Wie grenzt man Risikogruppen ab? Gilt hier das „right to know and not to know“? Sollte eine vorgängige Beratung erfolgen, worauf man sich mit IM einlässt? In jedem Fall öffnet sich hier das weite Feld der Risikoethik. Gahl (2009): „Ein neues Krankheitskonzept, das dem probabilistischen Charakter der Disposition Rechnung trägt, muss von dem deontologischen, den Arzt zum ‚Eingreifen‘ verpflichtenden Appell befreit werden.“ Sollte man dieser Wertung zustimmen oder sie ablehnen? Intervention Der Begriff der Intervention umfasst Therapien im klassischen Sinn, aber auch Formen von Prävention, Tests, Überwachung und Früherkennung. Der therapeutische Impuls der Medizin verschiebt und verlagert sich auf Formen von Prävention, Tests und „Monitoring“ und „Checks“. Probleme: Wie verändern sich die medizinischen Indikationsregeln durch diesen weiten Begriff der Intervention? Wie „engmaschig“ soll das Monitoring für welche Gruppen werden? Welche Tests gelten als sinnvoll? Soll ein Labortest darüber befinden, ob ein bildgebender Test angezeigt ist? Wie sollen unterschiedliche Tests aufeinander aufbauen? Wie valide sind diese Test jeweils (false positive-false negative)? „Die erhofften positiven individuellen und kollektiven Gesundheitseffekte durch eine individualisierte Medizin (werden) sich nur erreichen lassen, wenn Bürgerinnen und Bürger nicht nur bereit sind, Untersuchungen zur Ermittlung ihres individuellen Erkrankungsrisikos durchführen zu lassen, sondern auch in der Lage sind, das Testergebnis in ein – aus medizinischer und gesundheitspolitischer Perspektive – ‚sinnvolles‘ und angemessenes gesundheitsbezogenes Handeln umzusetzen“ (TAB, 2008, S. 21) Diese zwei Bereitschaften müssen also geweckt und gefördert werden. Auf welchen Wegen will man entsprechende Einstellungen befördern? Welche Anreize erscheinen hierzu vertretbar? Darf man Gesundheitsleistungen von der Teilnahme an Tests abhängig machen? Was wäre, wenn diese Bereitschaft zunächst anwüchse, dann aber im Lauf der Zeit zurückginge? Werden durch den Aufbau von IMInfrastrukturen Sachzwänge erzeugt, denen Personen sich fügen müssen? Ändert sich durch IM die ärztliche Einstellung zum bekannten Phänomen von "non compliance"? Gilt man als „verantwortungslos“, wenn man sich Screenings entzieht? Was ist, wenn man keine Präferenz für diese „MonitoringMühle“ hat? Wie könnte die erhoffte Stärkung der Patientenautonomie auf diesem Gebiet erfolgen? „Eine breite Nutzung von biomarkerbasierten prädiktivprobabilistischen Gesundheitsinformationen für das Gewähren bzw. Versagen von Krankenkassenleistungen bzw. für das Einfordern bestimmter gesundheitsbezogener Verhaltensweisen würde eine Einschränkung der Selbstbestimmung des Einzelnen darstellen, das gegen das Interesse der Solidargemeinschaft abgewogen werden muss.“ (TAB 2008, S. 26) Die Begriffe der Abwägung und der Angemessenheit zählen zu den schwierigsten Begriffen der philosophischen Ethik. Wer bestimmt dieses Interesse, wer darf abwägen? Was überhaupt bedeutet es, (sorgsam) (gründlich) (mit Augenmaß) (verantwortlich) (im Einzelfall) abzuwägen? Was ist ein sinnvolles und angemessenes Handeln angesichts einer prädiktiv-probabilistischen Information über ein Risiko oder eine Ungewissheit? "Angemessen" woran? Konzeptionelle Grundlagen der Bioethik: Ein multipolares Spannungsgefüge Recht und Moral Art 5. Abs. 3 GG Grenzen des Erlaubten Patientenautonomie “Individualrechte” + Forschungsfreiheit ärztliches Ethos “Hippokratische Tradition” Questions about Moral Border Lines 1) Why draw a line? 2) How to draw a line? 3) Which lines should be drawn? 4) Which entities deserve what kind of protection? Claim: Moral borderlines are essentially contested in bioethics. The other three principles (FIR, IC, EM) are widely accepted in bioethics and in general ethical theory. Hypothesis: In cases of conflict, widely accepted principles will (in the end) “trump” essentially contested ones. Prediction: It is to be expected with some confidence that FIR, EM, IC will in the longer run “trump” the quest for borderlines all the way down. Problem: If the search for non-contested borderlines is in vain and if the prediction is regarded as bad news one needs a different approach to borderlines. Grundpositionen in der Bioethik 1. Hans Jonas‘ Verantwortungsethik („Heuristik der Furcht“, „Idee wahren Menschsein“) 2. Neo-Kantianismus („Menschenwürde“ als Grenze) 3. Individualrechte („Menschenrechte“, „right claiming“) 4. Utilitarismus („Nutzenmaximierung“) 5. Liberalismus-Kontraktualismus („Vereinbarung“, „Vertrag“) 6. Trans-Humanismus (Steigerung Menschen-„Züchtung“, „enhancement“) und ggf. Hans Jonas Hintergrund: Die Tradition der Prophetie Diagnose: Selbstgefährdung durch Machtzuwachs; das Unheilspotential des technologischen Fortschritts Heuristik der Furcht; Primat der Unheilsprognose „in Dingen einer gewissen Größenordnung“ Retrospektive und prospektive Verantwortung „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens.“ (Theologie der Selbstkontraktion Gottes? Peter Singers Position in „Animal Liberation“ und „Praktische Ethik“ Allgemeine Gründe gegen das Töten 1. direkte Gründe 2. indirekte Gründe Unterscheidungen: 1. human animals - nonhuman animals (Menschen - Tiere) (biologische Bedeutung) 2. Personen - Nicht-Personen („Person“ als rationales und selbstbewusstes Wesen) (normative Bedeutung) 3. „aktual“ versus „potentiell“ a. Töten von menschlichen Personen b. Töten von nicht-menschlichen Personen (Menschenaffen) c. Töten von menschlichen Nicht-Personen („human marginal cases“, Problem der Potentialität) d. Töten von nicht-menschlichen Nicht-Personen (Ersetzbarkeitsargument) Im Utilitarismus ist das schmerzlose Töten von Nicht-Personen kein Unrecht, wenn es der Nutzenmaximierung dient. Peter Singer lehnt Potentialitätsargumente ab. Trans-Humanismus: Die Extropischen Grundsätze Max More 1998 „dogmenfreie“ rationale Weltanschauung Aktiver Optimismus Überwindung „natürlicher“ menschlicher Grenzen - Vitalität - Hirnleistung bzw. Intelligenz - Alter - Tod Beschleunigung des Übergangs vom menschlichen zum post/transhumanen Zustand („posthumane Synthesen mit künstlicher Intelligenz) Besiedlung des Weltalls Wirtschaftswachstum, Mobilisierung aller natürlichen Ressourcen Radikale Forschungsfreiheit Selbstbestimmte Experimente, „Selbstversuche“ Die extropischen Grundsätze (Auszüge) „Für uns stellt die Menschheit nur ein Übergangsstadium im Prozess der Evolution von Intelligenz dar. (…) Wir wollen die traditionellen, biologischen, genetischen und intellektuellen Grenzen, die unseren Fortschritt einschränken, überschreiten. (…) Wir sind überzeugt, dass das Leben sich von der Bindung an die Erde (…) lösen wird. (…) Was andere als Schwierigkeiten bezeichnen, sind für uns Herausforderungen. Wo es anderen zu viel wird, sagen wir: Vorwärts! Aufwärts! Hinaus ins Unbekannte!“ Technologische Einsatzvarianten 1. Neurochemie, Neurobiologie 2. Arteficial Intelligence (AI) 3. Mensch-Maschine-Synthesen 4. Gentechnologie 5. Bio-Medizin 6. molekulare Nanotechnologie 7. Informatik, Robotik 8. „virtual reality“ (VR) 9. bemannte Weltraumfahrt 10. („converging technologies“ (CT), NBIC-Initiative: Nano, Bio, Info, Cogno. Kommentar zu „Converging Technologies“ „Der ingenieurshafte Gestaltungsanspruch (wird) auf den menschlichen Leib und die Psyche ausgeweitet. Durch die stark visionäre CTDebatte eröffnen sich demnach neue diskursive Räume der Technikgestaltung. (…) Dass in diesem Zusammenhang spezifische Herausforderungen bestehen, zeigen auch die visionären Vorstellungen und quasi-religiösen Motive ‚trans’- und ‚posthumanistischer’ CT- Enthusiasten, deren Einfluss auf die US-NBICInitiative (…) in letzter Zeit verstärkt thematisiert werden.“ Christopher Coenen 2006 Integratives Modell der Bioethik 1. Prozeduraler Rahmen (Diskursethik) 2. Mehrpoliges Spannungsfeld als Grundstruktur des bioethischen Argumentationsraumes (s. o.) 3. Bioethische Grundkonzepte 4. Prinzipien "mittlerer Reichweite" (Beauchamp/Childress) 5. Themenfelder: Sachstandserhebung, Fallstudien 6. Konflikt- und Dissensanalysen 7. Analyse und Beurteilung von politischen und rechtlichen Regulierungsoptionen 8. Positionierung, Urteil Diskursethische Transformation bioethischer Grundkonzepte in Argumentationstypen R. Ueberhorst: diskursives statt positionelles Verhalten Argumentative und reflexive „Aufhebung“ von Positionen 1. Hans Jonas → Warnungen, Risiko-Argumente, Dammbruch-Argumente 2. Immanuel Kant → Menschenwürde-Argumente, „Gebote der Moralität“, Universalisierbarkeits- morality“ → Argumente 3. „right based Menschenrechts- Argumente, „right claiming“ 4. Utilitarismus → Konsequenzenbasierte Argumente und gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt 5. Liberalismus-Kontraktualismus → „volenti-non-fiatiniuria“-Argumente, Präferenzenerfüllung, Effizienz 6. Transhumanismus → Steigerung, Verbesserung, „enhancement“-Argumente, „Why-not?“-Argumente Argumente für das „informed consent“-Prinzip bei der Therapiewahl 1. Juristische Perspektive 2. Eingriff in die Sphäre der Personalität 3. Spektrum der Therapieformen 4. Abschätzung von Risiken und Nebenfolgen 5. Werte und Lebensentwurf des Patienten 6. Recht auf „eigenen Tod“ (s. Sterbehilfe) Kritik am „informed consent“-Prinzip 1. Auflösung des ärztlichen Ethos 2. Arzt als Dienstleister, Patient als „Konsument“ 3. Prinzipielle Inkompetenz des Patienten 4. Überredungskünste des Arztes 5. Problem nichteinwilligungsfähiger Patienten (Stellvertreterlösungen) 6. Festlegung der Summe der Informationen The conditions for valid „informed consent“ (Brock 1993) 1. Competence Ability to express a preference (consumer model) Standards evaluating the content of the patient’s decision (danger: drawback into paternalism) Standards evaluating the process of decision making (balancing self-determination and protection of patients) 2. Voluntariness Coercion Manipulation Framing effects 3. Informed understanding Situation and prediction (diagnosis) Treatment alternatives including gains and risks Recommendation, „non directive counselling“ Debate about different courses of action (Costs of treatment) 4. Ideal of shared decision making ideal agreement non-ideal agreement ideal disagreement non-ideal disagreement („failure“) Medizinethische Grundnormen nach Beauchamp & Childress A. „primary virtues“ 1. respect for autonomy 2. nonmalevolence 3. benevolence 4. justice/fairness B. „secundary virtues“ 1. truthfulness 2. confidentialness 3. respect for privacy 4. faithfulness C. „ideal virtues“ 1. mercy 2. foregiveness 3. generosity Struktur eines kausalen Dammbruch-Argumentes (Zoglauer 2004) 1. Aus x folgt (über eine Kette von Zwischenschritten) zwangsläufig y. 2. Wer x bejaht, akzeptiert daher implizit y. 3. y ist nachweislich moralisch unakzeptabel. 4. Also darf x nicht zugelassen werden. Struktur eines argumentativen Dammbruchs 1. X führt über eine Reihe von Zwischenschritten Zn zwangsläufig zu y. 2. Y ist nachweislich moralisch unakzeptabel. 3. Es finden sich immer plausible Gründe G, um Z1, Z2, Z3.... (im Einzelfall) zuzulassen. 4. Also argumentieren wir mit G faktisch zugunsten von Y. 5. (Die G-Gründe sind „trügerisch“.) „Ganz ausnahmsweise…..“ Das Problem der bedingten Erlaubnis in der Bioethik: Dammbruchtendenzen oder nicht? 1. F(x) in t1 2. P(x) gdw. R (r1, r2, r3…..rn) in t2 3. (1 → 2) = ΔN (normlogische Differenz) 4. Musterbeispiele für ΔN in der Bioethik ΔN1 = PID ΔN2 = biomedizinische Forschung an nichteinwilligungsfähigen Personen ΔN3 = aktive Sterbehilfe durch Ärzte ΔN4 = Keimbahntherapie (ΔN5 = Analogie: Erlaubnis zur Folter) 5. Begründungen (G) für ΔN: Notlagen, Interessen, Nutzen, Gemeinwohl. 6. interne Dammbruchrisiken für ΔNx: Reduzierung der Menge der Restriktionen „R“. Allmählicher Übergang zur unbedingten Erlaubnis. 7. externe Dammbruchrisiken: Menge „ΔN“. Erweiterung der 8. Übergang zur „permissiven Abwägungsethik“ Verhältnis von Ausnahmen von Verboten und bedingten Erlaubnissen Alle Normen gelten nur prima facie und haben eine Ausnahmeklausel: 1. F(x), es sei denn A: (a1, a2, a3, a4……an) 2. F(x) gdw. ax 3. F(x) → P(x). 4. P(x) gdw. ax Es besteht eine Strukturhomologie zwischen Norm-Ausnahme und bedingter Erlaubnis. Mögliche Dammbrüche in der Medizin 1. Von bedingten Erlaubnissen zur völligen Freigabe. 2. Von normativen Schranken zur Abwägung. 3. Übergang von Früheuthanasie, Abtreibung auf Ausweitung von Selektionspraktiken und Infantizid. 4. Von Pränataldiagnostik auf positive Eugenik . 5. Von aktiver Sterbehilfe ohne Zustimmung auf generelle Lockerung des Tötungsverbots. 6. Schleichender Übergang zur ökonomisch motivierten Rationierung medizinischer Dienstleistungen. 7. Beseitigung seniler und geistig retardierter Personen (Wiederkehr der NS-Praktiken). 8. Vom Autonomie-Argument zur Rückkehr der Lebensbewertung „von außen“. 9. Vom Hirntodkriterium Teilhirntodkriterium. zum Bioethische Probleme am Lebensbeginn Abtreibung In Vitro Fertilization Status von Feten und Embryonen In utero - ex utero "Erlanger Fetus" Neonatalogie Schwer(st)behinderte Neugeborene ("Fall Singer") Präimplantationsdiagnostik Kriterien der Zuschreibung der Menschenwürde oder eines Rechts auf Leben Anerkennung durch Eltern oder die Gesellschaft Aktualer Personenstatus Geburt als „Zur-Welt-Kommen“ Lebensfähigkeit ex utero selbständige Körperbewegungen Schmerzempfindlichkeit, Bewusstsein Nidation Individuierung (Ausschluss der Mehrlingsgeburt) Moment der Befruchtung Drei Arten der Möglichkeit (Reichlin 1994) Possibility = logische Möglichkeit Probability = statistische Wahrscheinlichkeit Potency = intrinsisches Entwicklungspotential Zum Status menschlicher Embryonen – Das SKIP-Spektrum (Damschen & Schönecker 2003) Spezieszugehörigkeit Ist die Spezieszugehörigkeit hinreichend für die Zuerkennung von Würde? Oder kommt nur Menschen als Personen (als Vernunftwesen) Würde zu? Speziesismusvorwurf (P. Singer) versus Gattungssolidarität. Verwendung des Terminus „Mensch“ als deskriptiver Term („ein Exemplar von homo sapiens“) oder als wertbesetzten Sortalbegriff („Das ist doch ein Mensch!“)? Kontinuität Keine willkürlichen Schnitte in einem kontinuierlichen Ablauf der Embryonalentwicklung zum Neugeborenen machen dürfen. Spricht die Kontinuität für oder gegen die Gradierung von „Würde“ gemäß verschiedener „Stadien“? Was, wenn man Infantizid für erlaubt erklärt (Michael Tooley)? Identität Embryo als Adressat einer moralischen Verpflichtung wie der mit ihm „identische“ Erwachsene. Ich heute, ich gestern, ich als Kind, ich als Embryo? Numerische Identität, ontogenetische Identität, sortale Identität. Identitätsargument und Kontinuitätsargument als eigenständige Begründung oder als notwendige Bedingung für das Potentialitätsargument? Potentialität Haben Embryonen als potentielle Personen bereits Würde? Begründungsstrategie des NIP-Arguments. Ablehnung oder Einklammerung Identität (und des Spezies-Argumentes, Kontinuität) Potentialitäts-Argument eigentliche Begründung. (im als Sinne numerische Randbedingungen, von „potency“) als Sog. NIP-Argument (Damschen & Schönecker 2003) 1. Jeder lebendige menschliche Körper, der Träger potentieller ф-Eigenschaften ist (oder diese selbst hat), hat WürdeM. 2. Jeder entwicklungsfähige menschliche Embryo ist ein lebendiger menschlicher Körper, der Träger potentieller ф-Eigenschaften ist (oder diese selbst hat). 3. Also gilt: Jeder entwicklungsfähige menschliche Embryo hat Würde. Begründung des NIP-Argument Überzeugung 1: Aktual ф zu haben, ist hinreichend für WürdeM. Überzeugung 2: Reversibel Komatöse (sowie Neugeborene und Schlafende) haben WürdeM, ohne dass sie aktual ф sind. Überzeugung 3: Reversibel Komatöse (sowie Neugeborene und Schlafende) sind potentiell ф. These: Jeder Versuch, zwischen reversibel Komatösen und Embryonen einen moralischen Unterschied zu machen, wäre willkürlich. Ergebnis: Reversibel Komatöse (sowie Neugeborene und Schlafende) haben WürdeM, weil sie potentiell ф sind. "Wenn es die fortpflanzungsmedizinischen gegenwärtigen Möglichkeiten erlauben, menschliches Leben außerhalb des Mutterleibes zu erzeugen, darf dies in moralischer Hinsicht nicht dazu führen, dass wir den von uns erzeugten Embryonen eine geringere Achtung entgegenbringen als sie im natürlichen Zeugungsvorgang gefordert ist." Eberhard Schockenhoff 2007 Frage: Dürfen die technischen Möglichkeiten dazu führen, dass wir Labor-Embryonen stärker schützen? Abtreibung: Offene Fragen Was haben Abtreibung und Zukunftsverantwortung miteinander zu tun? Embryonen befinden sich in einer Zwischenstellung zwischen heutigen Kindern und zukünftigen Generationen. Status und Kontext: Soll der Status des Embryos je nach Kontext (Schwangerschaft, Laborembryonen) variieren dürfen? Soll der Kontext den Status definieren dürfen? Ist die rechtliche Konstruktion „straflosen Unrechts“ befriedigend? Ist die Abschaffung der embryopathischen Indikation im § 218 eine befriedigende Lösung? Was soll in Fällen postmortaler Schwangerschaft geschehen? (Fall des „Erlanger Fetus“) Sollen die Krankenkassen Abtreibungen übernehmen? die Kosten für Hintergründe der Fertilitätsmedizin Ungewollte Schwangerschaft und ungewollte Kinderlosigkeit Schwangerschaft als Risiko ("guter Hoffnung sein"): Risikoreduktion in der Geburtsmedizin Right claiming: Das Recht, eine Familie zu gründen, das Recht auf "reproduktive Autonomie", das Recht auf ein (gesundes) Kind Aspekte des "Kinderwunsches": das richtige Kind zur richtigen Zeit Der "rechte Zeitpunkt" für das/die Kind(er) oder: "Baby-Pause" und die "Vereinbarkeiten" Adoption als Alternative oder das "eigene" Kind Infertilitätsgründe bei Männern und Frauen "ärztliches Ethos": Heilen und Helfen Technische Optionen: Hormontherapie, IVF, Kryokonservierung von Sperma und Ovarien, Pränatalund Präimplantationsdiagnostik, Geschlechtswahl usw. Kinderwunsch, ärztliches Ethos und technische Optionen vs. "Grenzen" Ziele der Präimplantationsdiagnostik Haker 2002 Negative Selektion von Embryonen mit einer schlechten Entwicklungschance Steigerung der Erfolgschance bei assistierter Fortpflanzung durch positive Selektion; Reduzierung von frühen Spontanaborten Geschlechtsselektion im Falle von geschlechtsbezogenen Krankheiten oder zur Geschlechtswahl Sog. medizinische Selektion eines Embryo z.B. als Spender von Zellen und Gewebe Verhinderung späterer Schwangerschaftsabbrüche; Vermeidung eines größeren Übels Hilfe für Paare mit kranken oder behinderten Kindern Handlungsmöglichkeiten 1. Befruchtung in utero – PND – Feststellung einer Behinderung des Embryo – Entscheidung pro oder contra Austragung – Abortus (via medizinisch-psychologische Indikation) oder (wahrscheinliche) Geburt des Kindes 2. IVF – Implantation eines oder mehrerer Embryonen – PND – Entscheidung – wie 1. 3. IVF – PID – Entscheidung pro oder contra Implantation – Implantation oder Verwerfung – (wahrscheinliche) Geburt Aus welchem Grund soll Möglichkeit 2 moralisch gegenüber Möglichkeit 3 vorzugswürdig sein? Probleme der assistierten Fortpflanzung Gesundheitliche Belastung durch Hormonstimulation "Risiko" von Mehrlingsschwangerschaften Ethische Probleme der Präimplantationsdiagnostik Selektion Verbrauch von totipotenten Embryonalzellen (Verbot gemäß EmbSchG) Genetische Diskriminierung? "Türöffner" für verbrauchende Embryonenforschung (Dammbruch?) Folgeprobleme bedingter Erlaubnis: Indikation, Qualitätskontrolle, Beratung etc. Enge Indikation ("hohes Risiko für eine schwerwiegende genetisch bedingte Erkrankung") auf Dauer durchzuhalten? Recht auf "Wunschkinder"? Stadien der Behandlung von Spina Bifida 1. keine Behandlungsmöglichkeiten (vor 1950) 2. verbesserte Operationsmöglichkeiten 3. sofortige operative Schließung des Rückens bei allen Spina Bifida Neugeborenen (Praxis der sog. Sheffield-Schule 1963-1978) 4. Selektion nach Auswahlkriterien: Größe und Sitz der Öffnung der Wirbelsäule Schwere Lähmung Verformung der Wirbelsäule Ausgeprägter Hydrozephalus Hirnschädigungen 5. Wenn O, dann K(1); wenn S, dann K(2). 6. Element von K(2): seligierte, d.h. nicht behandelte Kinder sollen sterben. 7. Folgeproblem: sterben lassen oder töten? (sog. Lorber/Harris-Debatte) „Es ist nicht vornehmlichstes Ziel der Auswahl, diejenigen unbehandelt zu lassen, die auch mit Behandlung bald sterben, sondern diejenigen nicht zu behandeln, auf die ein Leben mit schweren Behinderungen wartet.“ John Lorber Optionen nach der Entscheidung für die Selektionspraxis, die unbehandelten Kinder betreffend Unbehandelten Kindern weiterhin beim Leben helfen (therapeutische Maßnahmen). Einwand: Inkonsequenz! Unbehandelte Kinder sterben lassen bzw. „der Natur ihren Lauf Versorgung). lassen“ Einwand: (mit pflegerischer Dauer des Sterbeprozesses! Unbehandelten Kindern beim Sterben aktiv helfen (Sedierung durch Pharmaka). Einwand: Schritt zur Euthanasie. Unbehandelte Kinder aktiv töten (Euthanasie). Einwand: Mit dem ärztlichen Ethos und der allgemeinen Moral unvereinbar. Dammbruch in Richtung auf Infantizid. Grundzüge der Lorber-Harris-Debatte Lorber: Verrohung droht! – Harris: Trifft psychologisch nicht zu. Lorber: Nazi-Euthanasie! - Harris: Schreckgespenst! Lorber: Kein „informed consent“ – Harris: IC hat man bei Behandlung oder Entscheidung zur Nichtbehandlung auch nicht eingeholt. Lorber: Tötungsverbot im medizinischen Ethos! - Harris: Neudefinierung der Arztrolle ist zulässig. Lorber: Tötungspraxis ist rechtlich untersagt! Harris: Rechtliches Verbot sagt nichts über moralische Richtigkeit und Falschheit. Lorber: Argument der „letzten Tür“ - Harris: Das Argument trifft Sedierungspraxis zu. faktisch auch auf Ethische Probleme der Organtransplantation Mangel(diskurs) Wartelisten und Kriterien Kompatibilität Dringlichkeit Alter Lebensstil Familienstand Organspende bzw. -gabe ("donorship") Organe Verstorbener (Hirntodproblematik) Tierische Organe (Xenotransplantation) Organe Lebender Ansprüche auf den Körper der anderen (Düwell 2009)? Mögliche rechtliche Lösungen der OrganspendeProblematik bei Verstorbenen (Deutschland) enge Zustimmungslösung: Organentnahme ist ohne ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen verboten. (Organspenderausweis) weite Zustimmungslösung: Organentnahme ist bei Einwilligung der engsten Angehörigen erlaubt. Die Einwilligung wird im Kontext der Klinik eingeholt. (Problem der Situation, Hirntodproblematik) weite Widerspruchslösung: Organentnahme ist erlaubt, es sei denn, der Betroffene selbst hat ausdrücklich widersprochen. enge Widerspruchslösung: Organentnahme ist erlaubt, es sei denn, der Betroffene selbst oder die engsten Angehörigen widersprochen haben ausdrücklich Organhandel (Sheper-Hughes 2009) Organe als Eigentum und Waren Entnahme der Organe Verstorbener Anreize für Lebende Globaler Organmarkt Organmarkt als "micro-financing"? Indien: Der große Organbasar China: Der verstaatlichte Körper Brasilien: Agieren in Grauzonen Südafrika: Körper der Apartheid Vorschlag des Nationalen Ethikrates zur Organspende (2007) Ethisches Gebot, Mangel an Spenderorganen zu lindern 1) Medizinisches Ethos des Heilens und Helfens 2) Individuelle Beistandspflicht, Solidarität Annahme: Hohe passive Bereitschaft zur Organspende Ablehnung der Kommerzialisierung Ablehnung einer Sozialpflichtigkeit der Organspende Wahrung der Pietätspflichten gegenüber Toten Wahrung des "informed consent"-Prinzips Vorschlag: Staatliche Verpflichtung, die Bürger zu einer Erklärung zur Organspende aufzufordern ("Erklärungspflicht") mit Widerspruchslösung "Angesichts des legitimen Ziels (….) ist es jedoch legitim, wenn der Gesetzgeber das (…) unschlüssige Verhalten als Hintanstellen von Bedenken gegen die Organspende wertet." (S. 41) Bioethische Problemfelder der Xenotransplantation Medizinisches Problem: Abstoßungsreaktionen, dauerhafte Immunsuppression Technische Probleme: Passung und Funktionsfähigkeit der Organe, Lebensdauer von Xenotransplaten gegenüber Allotransplantaten, Problem der Mehrfachoperation bei "Überbrückung". Hohes letales Risiko bei den Heilversuchen Lebensqualität der Patienten und das Problem der Verhaltenseinschränkung Quarantäne. Ist das Ziel einer Verbesserung der Lebensqualität erreichbar? Tierethische Problematik: Tierversuche, Erzeugung von transgenen Tieren Risiken: Übertragung von Krankheitserregern, Bakterien, porcine endogene Retroviren, hohes Maß an Ungewissheit Immunologische Reaktionen bei XT Hyperakute Abstoßung nach wenigen Minuten Verzögerte (akut vaskuläre) Abstoßung nach Stunden/Tagen Akute zelluläre Abstoßung nach Tagen/Wochen Chronische Abstoßung nach Jahren. Patientenmonitoring bei XT "Contract" versus "consent Regelmäßige Überwachung Gebrauch von Verhütungsmitteln Verzicht auf Schwangerschaft Identifikation von Kontaktpersonen Verzicht auf Blutspende Einwilligung in Autopsie im Todesfall Evt. Einschränkungen in der Berufswahl Bekanntgabe von Wohnortwechsel Infektionsrisiken ("Xenozoonosen") Verstärkte Immunsuppression Übertragung bekannter tierischer Erreger Übertragung unbekannter tierischer Erreger Entstehung neuer Erreger im Empfängerorganismus Übertragung von Erregern auf andere Personen Einschätzung des Risikos von endogenen porcinen Retroviren anhand von "Hürden" 1. Infektiöse endogene Retroviren müssen existieren. 2. Endogene Retroviren müssen in den jeweiligen Schweinerassen vorkommen. 3. Sie müssen expirimiert werden. 4. Sie müssen den XT-Patienten infizieren können (Infektionen menschlicher Zellen durch PERV in vitro nachgewiesen, nicht in vivo. Offene Fragen. Analogie AIDS, BSE zur Plausibilisierung. 5. Sie müssen sich im XT-Patienten verbreiten können. 6. Die Infektion muß zur Erkrankung führen. 7. Übertragung auf andere Menschen muß stattfinden können. Ethische Probleme am Lebensende 1. Kultureller Hintergrund (P. Ariés: "Geschichte des Todes im Abendland") 2. Die Patientenmorde der Nationalsozialisten (sog. "Aktion T") 3. Orte des Sterbens 4. Terminologie 5. Moralische Probleme der passiven und der aktiven Sterbehilfe 6. Die Empfehlungen des Nationalen EthikRates 7. Fazit: "Humanes" Sterben ? Zur Selbstbestimmung und damit zur Würde des Menschen gehört es, auch in seinem Lebensende und einer Situation der Hilflosigkeit nicht einfach zum Objekt des Handelns anderer zu werden.“ Marcus Düwell 1996 Anforderungen an Todeskonzepte 1. Wer ist Subjekt des Todes? 2. Welcher Begriff des Todes wird zugrunde gelegt? 3. Welche Sachverhalte gelten als Kriterien, die den Eintritt des Todes markieren? 4. Welche Test-Verfahren und kommen zur Anwendung? Drei Todeskonzepte 1. Traditionelles Konzept 2. Hirntodkonzept 3. Teilhirntodkonzept Indikatoren Stebehilfe Ein Akt der Euthanasie muss zugunsten dessen ausgeführt werden, der aufgrund dieses Aktes sterben wird. (P. Foot) Kann der Tod ein gutes und glückliches Ereignis für den/diejenige sein, der/die stirbt? Ist das Leben an sich oder nur das Leben einer bestimmten Qualität ein Gut? Können einzelne Akte aktiver Sterbehilfe an sich ethisch erlaubt oder geboten sein? Ist eine "liberale" Praxis aktiver Sterbehilfe aufgrund ihrer möglichen Gefahren ethisch wünschenswert? Gründe für die mögliche Zulässigkeit aktiver Sterbehilfe 1. Mitleid mit den Qualen nicht urteilsfähiger Personen (Mitleids-Argument, sog. „mercy killing“). 2. Empfindungsunfähigkeit der betreffenden Personen über einen längeren Zeitraum hinweg ohne bzw. bei sehr geringer Aussicht der Reversibilität dieses Zustandes (Argument des „permanent-vegetative-state“). 3. Analogie der Beihilfe zum Suizid. 4. Respekt vor dem ausdrücklichen Willen eines schwer Leidenden oder eines Sterbenden (Autonomie-Argument). „ „Rather than starting out from the assumption that voluntary active euthanasia is wrong in itself, they (opponents -ko) concede (...) that voluntary active euthanasia is not intrinsically wrong. But it is then argued that there are empirical facts that makes it likely that if society allows voluntary active euthanasia then it will go on to allow euthanasia in cases were it is intrinsically wrong - such as the involuntary killing of the senile, and of deformed or mentally defective infants“ (Tooley, 1995, S. 312f.). Tötungsverbot (a fortiori) im ärztlichen Ethos Suizid (aktive Selbsttötung) Beihilfe zum Suizid Ärztliche Beihilfe zum Suizid Tötung auf Verlangen Tötung auf Verlangen durch Ärzte „mercy killing“ Definitionen zur Suizid-Problematik (Paterson 2003) „Suicide means an act or omission whose proximate effect results in the person’s own bodily death, voluntarily and knowingly undertaken, with the intended objective (…) that one’s own bodily life be to terminated.“ „Assisted suicide means an act or omission by a person, voluntarily and knowingly undertaken, whose intent is to furnish a potential suicide with the lethal means necessary to commit suicide.” “Voluntary euthanasia is an act or omission voluntarily and knowingly performed by a third party, whose intended proximate effect is the suicide’s bodily death, undertaken with the motive of relieving acute pain and/or suffering, and expressly consented to by the suicide.” Begründung von aktiver Sterbehilfe bei Sterbenden ohne deren Zustimmung in den Niederlanden starke Schmerzen niedrige Lebensqualität keine Aussicht auf Besserung nur geringer Verlust an Lebenszeit (Tage) weil der Tod „nicht länger hinausgezögert werden sollte“ weil die Angehörigen das Leiden nicht mehr mit ansehen konnten. Kriterien für die Erlaubnis aktiver Sterbehilfe Peter Singer (1994) 1. Sterbehilfe wird von einem Arzt geleistet. 2. Der Patient hat über einen längeren Zeitraum hinweg mehrfach ausdrücklich und unmissverständlich um Sterbehilfe nachgesucht. Das Adjektiv „ausdrücklich“ ist dabei anhand folgender ernsthaft, Kriterien bei Konsequenzen, zu definieren: vollem ohne mehrfach, Bewusstsein Anzeichen der starker Depressionen. 3. Die Entscheidung beruht auf gründlicher Information. 4. Der Patient ist in einem unrettbaren Zustand (terminale Erkrankung), der für ihn unerträglich ist (oder zu werden droht). 5. Vom Standpunkt des Patienten aus ist keine vernünftige Alternative verfügbar, schweres Leiden zu lindern. 6. Der Arzt hat einen unabhängigen hinzugezogen, der seinem Urteil zustimmt. Kollegen Beim Bestehen einer tödlichen Krankheit dürfen (oder dürfen nicht) 1) alle oder bestimmte Maßnahmen erst im Sterbeprozeß unterlassen werden, 2) nur deren tödliche Hauptsymptome unbehandelt bleiben (bspw. Metastasen), 3) auch deren unspezifische Nebenerscheinungen unbehandelt bleiben (bspw. sekundäre Auszehrung) 4) auch zusätzliche unbehandelt Komplikationen bleiben (bspw. Lungenentzündung) 5) bestimmte Maßnahmen niemals unterlassen werden (bspw. pflegerische Maßnahmen, Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr) 6) einmal begonnene Maßnahmen nicht untätig abgebrochen werden. Schöne-Seifert, 1996 Gehen von einzelnen Akten bzw. einer geduldeten Praxis bzw. einer Legalisierung der aktiven Sterbehilfe Gefahren aus, die von passiver Sterbehilfe nicht ausgehen? Mögliche Gefahren 1. Veränderungen im Selbstverständnis des ärztlichen Standes 2. schwindendes Vertrauen zwischen Patienten und Ärzten 3. Missbrauchsrisiken 4. allmähliche Ausweitung von Tötungshandlungen (Dammbruch) Dieter Birnbacher 1996 Medizin als soziales System 1. allgemeine Systemtheorie der Gesellschaft (N. Luhmann), Geld als "sekundärer Code" 2. Sphären der Gerechtigkeit (M. Walzer) 3. Vom Arzt-Honorar zur Kranken-Versicherung 4. Ebenen der Allokation Makro-Allokation Meso-Allokation Mikro-Allokation 5. Idealtypus A: Solidarsystem 6. Idealtypus B: Marktsystem 7. "Back to the real world": Reformen im Gesundheitswesen Institutionen des modernen Gesundheitswesens Praxen und Kliniken Biomedizinische Forschung und Ausbildung Ärztekammern und -verbände ("Stand") Krankenversicherungssysteme Gesundheitspolitik Gesundheitsindustrie Idealtypus A: Solidarsystem Alle Personen mit Einkommen zahlen einen bestimmten Prozentsatz in das Gesundheitssystem ein (Details: alle Einkommensarten? Staffelungen?) Es wird eine umfängliche Grundversorgung für alle gewährleistet (Details: Abgrenzungen zur Kosmetik, Prävention, Naturheilkunde usw.) Alle Bürgerinnen werden vom Gesundheitssystem gleich behandelt (Details: Asylbewerber, Kriegsflüchtlingen, Touristen). Die Spreizung bei den Einkünften der Mediziner ist gering (Ärzte als "Stand"); die Rollen und die Einkünfte der Allgemeinmediziner, des Pflegepersonals, der häuslichen PflegerInnen usw. werden aufgewertet. Makroallokation: Verschiebung zur "Prävention ohne Prohibition" Die Arzt-Patienten-Beziehung wird als dialogische Konsultation aufgefasst. Reduktion der Kosten am Lebensende durch Unterlassungen. Verkürzung der Patentlaufzeiten für Medikamente, Verbot des "evergreening" Probleme eines Solidarsystems Kostensteigerungen "Free Rider"-Problem "Fremdkörper"-Problem Demographischer Wandel Monopol-Problem Mikro-Allokation Idealtypus B Individuelle Präferenzen nach medizinischen Dienstleistungen Gegebene Ausgangsverteilung Versicherung als Angebot und Nachfrage Kein Kontraktionszwang Unterschiedliche Anbieter, hohe Suchkosten Differenzierung der Leistungen Viele private Zuzahlungen, Zusatzversicherungen Anreize für Versicherte zur Organspende u. dergl. "high-end-"Systeme mit umfassender Versorgung "informed consent" als Vertragsbeziehung Ärzte als Dienstleister Ergänzungen zur Vorlesung: (Für Klausur nicht relevant!) Patente auf/am Leben? Methode des „advocatus diaboli“ 1. Patent als Institution: Zeitweiliges Recht auf Nutzungsausschluss. 2. Keine Erlaubnis, kein Eigentum, Öffentlichkeit 3. Bedingungen der Patentwürdigkeit: Neuheit, erfinderischen Tätigkeit, Anwendbarkeit. 4. Ausnahmen:Theorien, Heilverfahren, Verstoss gegen „Moral“, Tierarten und Pflanzensorten. 5. Entdecken und Erfinden: Isolation von Genen in ihrer Funktion als „erfinderische“ Tätigkeit. 6. Gene als biochemische Makromoleküle, d.h. als chemische Verbindungen. 7. Prinzip des chemischen Stoffschutzes: Alle zukünftigen Anwendungen sind patentiert. 8. Anwendung des Prinzips des „absoluten“ chemischen Stoffschutzes auf Gene. 9. Umsetzung der EU Richtlinie 98/44 EG Forderungen der Kritiker 1. Beendigung der „Überbelohnung“ 2. Angabe der Herkunft des Materials 3. Anerkennung traditionellen Wissens als Eigentum 4. Differenzierung des Stoffschutzprinzips On Biofacts Konrad Ott 1. Songlines of bioethical reasoning 2. Norms and values in bioethics 3. Moral statusses of non-persons 4. Possibility, probability, potency 5. Brave new entities: bio-facts 6. Reflections about biofacts 7. Final remarks Imitation: plastic trees, dead stuffed animals Automation: mechanic toys, animal robots, Tamagoshi Simulation: artifical life Fusion: living beings (metabolism) combined from living material (cells) and „deep“ technological interference Claim: Only fusion constitutes „bio-facts“. (Nicole Karafyllis 2005) Types of biofacts GMO (microorganisms, plants, animals) GM-animals designed for xenotransplantation Synthetic bacteria Man-animal-hybrids Stem cell embryos Scenario IV-Embryo ↓ Stem cell line ↓ Single stem cells ↓ ↓ Egg cell Sperm IVF ↓ „artifical“ embryo: being human, being alive, being a product of biotechnology How to baptize homunculus? Final remarks Type-1: „well identified“ entities → moral status (contested demarcation problem) Type-2: biofacts → moral status Claims: If the type-1-relation ist essentially contested in ethics, type-2relation will be contested a fortiori. If so, biofacts are a new challenge in the search for moral borderlines. If we (who is „we“?) won’t find a new approach, a new emerging cluster of transhumanism, biofact-engineering, human enhancement, and converging technologies (nano, info, neuro, genetic) will win the game. HIV, AIDS und Ethik Unschuld 2000 Entstehung und Geschichte von HIV/AIDS Die Angst vor einer Pandemie Infektionswege Anzahl infizierter Personen in unterschiedlichen Weltregionen Therapiemöglichkeiten Ethische Aspekte Competing Hypotheses on the Origins of HIV/AIDS Closeness between SIM and HIV virus 1. Oral Polio Vaccine (OPV) Hypothesis 2. "Escape from Laboratory"-Hypothesis 3. "Bushmeat"-Hypothesis Bushmeat hypothesis as default option. Pro and Con OPV-Hypothesis (Martin 2007) A. Initial Support of OPV-Hypothesis 1. First mass polio vaccine campaign in Africa 1957-1960 2. Coincidence between vacation locations and earliest known cases of HIV 3. Polio vaccines have been cultivated on monkey kidneys: a route for SIM contamination 4. Precedent: Another simian virus contaminated polio vaccines B. Reasons against OPV- Hypothesis 1. The case of David Carr in 1959 2. "Molecular clock" calculations 3. No evidence that chimp kidneys were used to produce vaccines by the Wistar Institute 4. Impossibility to produce vaccines in Stanleyville at that time" C. Refinement of the OPV-Hypothesis 1. Vaccines, initially produced at the Wistar Insttute might have been "prepared"/"amplified" in Stanleyville 2. Contested Testimony 3. Criteria to Judge Contested Testimony Result? HIV-Infektionswege homosexuelle Kontakte bei Männern (50%) Drogengebrauch (14%) heterosexuelle Kontakte (17%) Personen aus außereuropäischen Pandemiegebieten (18%) Muter-Kind-Übertragung (< 1%) Infektion von Hämophiliekranken durch Blutkonserven (< 1%) Anzahl HIV-infizierter Personen (Schätzwerte mit hoher Unsicherheit 2006) Nordamerika: 1,4 Mio Karibik: 250.000 Lateinamerika: 1,7 Mio Mittel- und Südeuropa: 740.000 Osteuropa und Zentralasien: 1,7 Mio Ostasien: 750.000 Südostasien: 7,8 Mio Nordafrika: 460.000 Übriges Afrika: 25 Mio Ethische Aspekte der HIV-Infektion Religiöse Deutungen: "Gottes Strafe" für Homosexuelle, Prostituierte und Drogensüchtige Der Ausdruck "risk group" "Quarantäne"-Lösungen Diskriminierungsverbot Freiheit der Betroffenen vs. Schutz der Gesunden Gefährdung von Ärzten und Pflegern Verbreitung in der "Normalbevölkerung" verhindern "Safe Sex" und erfreuliche Nebenwirkungen (Rückgang von Hepatitis B-Infektionen) Massenscreening, Zwangstest, bspw. für Asylbewerber und Immigranten aus Risikogebieten? HIV-Infektion und Kinderwunsch Die "neue Lust am Risiko" (Dannecker) "Zweiteilung der Welt" Zugang zu Medikamenten und Patentschutz auf antiretrovirale Arzneimittel HIV und ethische Fragen I. Besonderheiten der HIV-Problematik „virus and behavior“ „moralisierbare“ (Hoch-)Risiko-Gruppen Risiko-Minimierung und staatliches Handeln Repression und Diskriminierung ?! HIV → AIDS Therapiefortschritt und Verhalten II. Fallstudien Verantwortung für den Schutz der Gesunden Doppelblindversuche (Methode und Moral) Neue „Lust am Risiko“ („barebacking“) ? Krankenversicherung AIDS in der 3. Welt Forschungsstrategien (Vakzine?) Forschung an nicht einwilligungsfähigen Personen Chapter V – Scientific research Article 15 – General rule Scientific research in the field of biology and medicine shall be carried out freely, subject to the provisions of this Convention and the other legal provisions ensuring the protection of the human being. Article 16 – Protection of persons undergoing research Research on a person may only be undertaken if all the following conditions are met: ii. there is no alternative of comparable effectiveness to research on humans; iii. the risks which may be incurred by that person are not disproportionate to the potential benefits of the research; iv. the research project has been approved by the competent body after independent examination of its scientific merit, including assessment of the importance of the aim of the research, and multidisciplinary review of its ethical acceptability; v. the persons undergoing research have been informed of their rights and the safeguards prescribed by law for their protection; vi. the necessary consent as provided for under Article 5 has been given expressly, specifically and is documented. Such consent may be freely withdrawn at any time. Article 17 – Protection of persons not able to consent to research 1. Research on a person without the capacity to consent as stipulated in Article 5 may be undertaken only if all the following conditions are met: i. the conditions laid down in Article 16, subparagraphs i to iv, are fulfilled; ii. the results of the research have the potential to produce real and direct benefit to his or her health; iii. research of comparable effectiveness cannot be carried out on individuals capable of giving consent; iv. the necessary authorisation provided for under Article 6 has been given specifically and in writing; and v. the person concerned does not object. 2. Exceptionally and under the protective conditions prescribed by law, where the research has not the potential to produce results of direct benefit to the health of the person concerned, such research may be authorised subject to the conditions laid down in paragraph 1, sub-paragraphs i, iii, iv and v above, and to the following additional conditions: i. the research has the aim of contributing, through significant improvement in the scientific understanding of the individual's condition, disease or disorder, to the ultimate attainment of results capable of conferring benefit to the person concerned or to other persons in the same age category or afflicted with the same disease or disorder or having the same condition; ii. the research entails only minimal risk and minimal burden for the individual concerned. Convention on Human Rights and Biomedicine Article 16 Research on a person may only be undertaken if all the following conditions are met: 1. there is no alternative of comparable effectiveness to research on humans; 2. the risks which may be incurred by that person are not disproportionate to the potential benefits of the research; 3. the research project has been approved by the competent body after independent examination (...); 4. the necessary consent as provided under Article 5 has been given expressly, specifically and is documented. Such consent may be freely withdrawn at any time. Article 17 1. Research on a person without the capacity to consent as stipulated in Article 5 may be undertaken only if all the following conditions are met 1. the conditions laid down in Article 16, sub-paragraph 1. to 4. are fulfilled; 2. the results of the research have the potential to produce real and direct benefit to his or her health; 3. research of comparable effectiveness cannot be carried out on individuals capable of giving consent; 4. the necessary authorisation provided for under Article 6 has been given specifically and in writing, and 5. the person concerned does not object. 2. Exceptionally, and under the protective conditions prescribed by law, where the research has not the potential to produce results of direct benefit to the health of the person concerned, such research may be authorised subject to the conditions laid down in paragraph 1, sub-paragraphs 1, 3, 4 and 5 above, and to the following additional conditions 1. the research has the aim of contributing, through significant improvement in the scientific understanding of the individual’s condition, disease or disorder, to the ultimate attainment of results capable of conferring benefit to the person concerned or to other persons in the same age category or afflicted with the same disease or disorder or having the same condition; 2. the research entails only minimal risk and minimal burden for the individual concerned. Problem der Gruppenbildung “…to the ultimate attainment of results capable of conferring benefit (…) to other persons in the same age category or afflicted with the same disease or disorder or having the same condition. Fremdnützige Forschung nichteinwilligungsfähigen an Person einer X ist zulässig gdw. „benefit“ für Personengruppe A v D v O v C möglich ist. Gefahr: Ausweitung der Erlaubnisse. Das kategorische Argument gegen Forschung an nichteinwilligungsfähigen Patienten 1. "Informed consent" ist eine notwendige Legitimationsbedingung für die Durchführung von Humanexperimenten (Nürnberg-Code). 2. Nichteinwilligungsfähige Patienten können nicht informiert zustimmen. 3. Die Legitimationsbedingung kann nicht erfüllt werden. 4. Also dürfen an nichteinwilligungsfähigen Patienten keine Humanexperimente durchgeführt werden. 5. "Punktum!" oder "Es sei denn…": Problem der Ausnahmeklausel. Alternative: Übergang zur bedingten Erlaubnis mit Dammbruchrisiko Heilbehandlung: a) einwilligungsfähig, b) nichteinwilligungsfähig Heilversuch: a) einwilligungsfähig, b) nicht- einwilligungsfähig Humanexperiment: a) einwilligungsfähig, b) nichteinwilligungsfähig Tierversuche: nur: nicht-einwilligungsfähig GLIEDERUNG A. Geschichte der Medizin- und Bioethik I. Antike 1. Eid des Hippokrates 2. Die Idee der „eupragie“ bzw. „eupraxia“ 3. „cura sui“ Diätetik Hygiene Sexualität 4. Platonisch-christliches Leibschema (KörperSeele) II. Neuzeit und Moderne 1. Ausbildung des ärztlichen Standesethos a) Behandlung der Armen b) „Ob man vor der Pest fliehen darf?“ (Luther) c) Forschung an Gefangenen d) Wahrheitsbindung und "gnädige Lüge" e) Kampf gegen „Quacksalber“ f) Militärmedizin und das „Triage“-Problem g) Lebensbewertung „von außen“ h) Selbstversuche i) Sozialmedizin bzw. Sozialhygiene j) Einwilligungsproblematik 2. Konzepte, Leitbilder, Paradigmata, , „framings“ a) Sozialdarwinismus b) Humangenetik c) Rassenhygiene d) NS-Medizin Rassenlehre Gesundheit des „Volkskörpers“ Gesundheit als politische Pflicht Körperkult, Ernährungslehre, Sexualpolitik Abhärtung, Ertüchtigung, Selektion Reform der Psychiatrie Vernichtung „lebensunwerten“ Lebens Forschung an Gefangenen e) Die Nürnberger Ärzteprozesse und der Nürnberger Code B. Wissenschaftsphilosophie der Medizin und der „life sciences“ I. Gesundheit und Krankheit 1. Krankheits- und Gesundheitsvorstellungen 2. Gesundheitsvorstellungen a) WHO-Definition b) „Leben im Schweigen der Organe“ c) Nietzsche und die „große Gesundheit“ d) Das Konzept der Salutogenese 3. Heutige Konzeptionen von Krankheit und Gesundheit a) lebensweltlich b) traditionell c) genetisch orientiert („individualized medicine“) d) „alternativ“ e) konstruktivistisch 4. B. Gerts "malady"-Konzept 5. Sprachspiel und Diskurs II. Medizin als Heilkunde – eine Präsuppositionsanalyse 1. Das Grundschema a) Anamnese, Ätiologie (Geschichten und Ursachen) Äußerliche Ursachen (Krankheit als Widerfahrnis) Intrinsische Ursachen (Lebensstile) Genetische Dispositionen b) Diagnose (nosologische Entitäten und ihre Klassifikation) Normierungen Alte und neue Krankheiten Fallstudien: i) ADS ii) Metabolisches Syndrom iii) Multi-Chemikalien-Sensitivität (MCS) c) Prädiktiv-probabilistische Diagnosen d) Therapieoptionen (Entscheidung, Risiko, Beratung) 2. Ärzte und Patienten – ein moralische Beziehung a) Die Rolle des Arztes (Idee eines „guten“ Arztes) b) Die Rolle des Patienten (Idee des „mündigen“ Patienten) c) Situationsschemata d) Gegenseitige Erwartungen e) Rechte und Pflichten f) Aktualität der Idee von „eupraxia“ 3. Paradigmata der Medizinethik a) Paternalismus Hippokratische Tradition „im besten Interesse des Patienten“ Problem des Patientenwillens Problem der Pluralität der Lebensentwürfe Problem der Vielzahl der Therapieoptionen Beratung b) Patientenautonomie Einwilligung „informed consent“ Problem nicht-einwilligungsfähiger Personen Problem seltener Therapierisiken Problem „irrationaler“ Entscheidungen Problem des Kontraktualismus Patienten und Probanden ( 4) c) Vermittlung von Fürsorge und Freiheit Der Ansatz von Beauchamp & Childress „Soft paternalism“ Dialogisch-konsultarische Ansätze Anerkennung von Grenzen 4. Medizinische Forschung a) Das Grundschema Etablierte Heilverfahren Forschung an Tieren Heilversuche an Menschen Humanexperimente b) Patienten und/oder Probanden c) Aufklärung und Einwilligung d) Die Rolle der Ethikkommissionen e) Forschungsziele und ihre Beurteilung Projekte Programme Paradigmata Technologien (Biobanken) f) Forschungs-Kontexte Gesundheitsindustrie Bewertung von Forschungsleistungen Karrieren g) Moralische Grenzen der Forschung? Fallbeispiele: Stammzellenforschung, Keimbahntherapie, „human cloning“ Warum Grenzen, welche Grenzen, welche Gründe? Bioethik als Legitimationswissenschaft? C. Bioethik I. Grundunterscheidungen und Argumentationsschemata 1. Schema bioethischer Konfliktlinie 2. Grundkonzeptionen der Bioethik 3. Moral, Kulturen und gutes Leben 4. Kategorische und konsequentialistische Argumente 5. „Slippery-slope“-Argumente 6. Risiken, Bedenken und Besorgnisse 7. Handlungs- und Verantwortungskonzepte III. Themenfelder der Bioethik „Klassische“ Themen 1. Der Beginn des Lebens a) Status von Feten und Embryonen § 218 und seine Novellierungen Status von Labor-Embryonen b) PND, IVF, PID c) Neonatalogie d) Schwer(st)behinderte Neugeborene Der „Fall“ Peter Singer Beispiel Spina Bifida 2. Das Ende des Lebens a) P.Aries „Der Tod im Abendland“ b) Altern, Sterben und demographischer Wandel c) Pflege-Stufen d) Sterbehilfe („Euthanasie“) e) Todeskriterium f) Verwertung von Organen g) Medizin und Pietät 3. Infektionskrankheiten a) Das Musterbeispiel HIV/AIDS 4. Transplantationsmedizin a) Organ-Gewinnung b) Xenotransplantation Neuartige Themen 1. „human cloning“ 2. Informationssysteme, Biobanken 3. Biofakte 4. (Neuro)Enhancement 5. Converging Technologies Exkurs: Bioethische Politikberatung. Das Beispiel des Nationalen Ethikrates D. Politische Ökonomie der „life sciences“ 1. Theorien der Gerechtigkeit a) John Rawls und der Schleier der Unwissenheit b) Michael Walzer und die Sphären der Gerechtigkeit c) Teilhaberechte und ihre Interpretation d) Gleichheit und Gerechtigkeit e) Gesellschaftlicher Reichtum und Gesundheitspolitik 2. Gesundheits-Ökonomie a) Axiome ökonomischen Denkens b) Rechte, Ansprüche und Kosten c) Wieviel ist Gesundheit wert? d) Mikro-Ebene: Arztkosten e) Meso-Ebene: Praxis und Klinik als Betriebe f) Makro-Ebene: Gesundheitssystem g) Geld als „sekundärer Code“ und „dominantes Gut“ 3. Gesundheits-Systeme a) Gerechtigkeitsvorstellungen b) Kriterien einer vergleichenden Bewertung c) Rationierung medizinischer Dienstleistungen d) Was wird und was soll „übernommen“ werden? e) Versorgung und Vertrag f) Demographischer Wandel g) Nord und Süd 4. Gesundheitsindustrie und Bioethik Ausblick und (viele) offene Fragen