Belma Arslan Baydarakci, Simon Büchler, Manuel Kerzner, Lukas

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GK C1 Politische Theorien – Macht und Herrschaft
Handout – Staatliche vs. globale Organisation von Macht
LV-Leiterin: Marion Löffler, WS 2006/07
Gruppe: Belma Arslan Baydarakci, Simon Büchler, Manuel Kerzner, Lukas Schallek, Daniela Paller,
Iris Wanzenböck und Thomas Wenigwieser
Biographien
Michael Mann: Studierte Geschichte in Oxford und promovierte 1971 in Soziologie mit einer Arbeit über
die General Foods Corporation. Von 1971-1977 lehrte er Soziologie an der Universität von Essex,
unterbrochen von einem Gastaufenthalt in Yale. Anschließend war er bis 1987 Lektor für Soziologie an der
London School of Economics. Seit 1987 ist er Professor für Soziologie an der Universität von Kalifornien in
Los Angeles.
Bis heute war er zu dem Gastprofessor in Madrid, am Birkbeck College in London, an der Queens University
in Belfast und am Institut für amerikanische Geschichte und Institutionen an der Universität von Cambridge.
Mann veröffentlichte zahlreiche Bücher und Texte wofür er unter Anderem 1998 den Ehrendoktortitel für
Literatur von der McGill Universität in Montreal bekam. Zu seinen wichtigsten veröffentlichten Büchern
zählen „Geschichte der Macht Band 1-3“, „die ohnmächtige Supermacht“ und „Die dunkle Seite der
Demokratie (Eine Theorie der ethnischen Säuberung)“.
Mary Kaldor: Ab ihrer wissenschaftlichen Laufbahn, zu beginn der 70er Jahre, forschte sie an international
renommierten Instituten wie dem International Peace Research Institute (SIPRI) in Stockholm, an der
Universität von Sussex am Science Polity Research Unit und am European Institute. Mary Kaldor ist
Mitbegründerin des European Nuclear Disarmament (END), welches eine Bewegung für ein Atomwaffen
freies Europa darstellt sowie der Study group on European Security Capabilities, worin 2004 unter der
Schirmherrschaft von Javier Solana der Barcelona Report entstand. Weiters ist Mary Kaldor Gründungs- und
Präsidiumsmitglied des Citizen's Assembly in Helinsik und
Mitglied der International Independant
Commission to investigate the Kosovo Crisis.
Momentan ist Mary Kaldor Professorin und Direktorin am Center for the Study of Global Governance an der
London School of Economics and Political Science. Zu ihren wichtigsten Publikationen gehören Bücher wie
„Global Civil Society: An Answer to War“ 2004, „New and Old Wars: Organised Violence in a Global Era“
1999 sowie „The imaginary War“ 1990.
Mann, Michael 1998 (1993): Geschichte der Macht. Dritter Band, Teil I: Die Entstehung von
Klassen und Nationalstaaten, Frankfurt/Main, New York, 13-22.
Im Textauszug „Geschichte der Macht“ legt Mann einleitend den Zeitrahmen mit dem „langen neunzehnten
Jahrhundert“ fest, wobei er sich auf die fünf westlichen Länder Frankreich, Großbritannien, Österreich,
Preußen-Deutschland und die USA konzentriert, die nach Mann die „Leitkante der Macht“ in dieser Zeit
darstellten.
Sein dargelegter theoretischer Ansatz besagt, dass vier Hauptquellen von sozialer Macht im Wesentlichen
die Gesellschaftsstrukturen bestimmen: ideologische, ökonomische, militärische und politische Macht. Um
einen Vorrang einer der Machtquellen gegenüber einer anderen auszuführen, schlägt Mann „drei signifikante
Verallgemeinerungen“ vor:
1. Im achtzehnten Jahrhundert prägen vor allem die ökonomische Machtquelle mit dem Aufkommen
des Kapitalismus und der Entstehung einer „diffusen“ Macht, sowie die militärische Machtquelle
durch die „militärische Revolution“ und das Aufkommen von „autoritativer“ Macht die Strukturen
der Gesellschaft, wobei durch ihre gegenseitige Verschlungenheit keiner der Machtquellen der
Primat zukommt.
2. Im neunzehnten Jahrhundert stellen die politische Quelle durch die Integration der militärischen
Macht in den „modernen Staat“ sowie die ökonomische Quelle durch die Entwicklung des
Kapitalismus ein Übergewicht dar, wobei wiederum keine der Beiden den Primat darstellt. Die
Entwicklung von Klassen sowie Staaten und Nationen zu „entscheidenden Machtakteuren der
Moderne“ beginnt.
3. Im selben Zeitraum verlieren ideologische Machtquellen wie das Christentum stark an Bedeutung
und die wichtigsten „modernen Ideologien“ beziehen sich auf Klassen und Nationen. Mann
beschreibt ideologische Macht zu dieser Zeit als „immanente“ Kraft, die eine Herausbildung von
kollektiven Akteuren begünstigt, wie dies Kapitalismus, Militarismus und staatliche Organisation
taten.
Weiters führt Mann fünf Zusatzkomplikationen aus, um die „Durchdringung des strukturellen Wirrwarrs,
den menschliche Gesellschaften darstellen“ sicher zustellen.
1. Phänomene wie die französische Revolution, Nationalismus, Sozialismus etc. setzen nicht eine
singuläre Machtquelle, sondern „in sich verschlungene Konglomerate mehrerer Machtquellen“
voraus.
2. Unterscheidung Parsons zwischen Distributiver (=> Macht von A über B) und Kollektiver (=>
Macht von A und B über C) Macht wird hinzugefügt: Durch Kapitalismusfortschritt, Militarismus
und modernen Staat entsteht die Nation als neuer kollektiver Machtakteur. Weiters bilden sich
Klassen und Nationen als Träger distributiver Macht heraus.
3. Entgegen der Annahme, Klassen und Nationalstaaten als ökonomische bzw. politische Gegensätze
zu betrachten, sind sie „in enger Verschlingung“ entstanden und führen zum „Primatproblem“, ob
das soziale Leben durch „diffuse, transnationale und letztlich kapitalistische Marktprinzipien
einerseits“ (global) oder „autoritative, territoriale, nationale und staatliche Grundsätze andererseits“
(staatlich) zu gestalten ist.
4. Rivalen von Klassen, wie „sektionale“ und „segmentäre“ Machtakteure, als auch von Nationen,
wie transnationale und „lokal-regionale“ Akteure, trugen zum Erscheinungsbild und Charakter von
Klassen und
5. Nationalstaaten bei, da sie deren Macht und Reinheit verminderten.
Kumulationseffekt von allen angeführten Interaktionen und Wechselwirkungen erzeugt schwer verständliche
Gesamtkomplexität, durch die überforderte ZeitgenossInnen Irrtümer, Zufälle oder unbeabsichtigt
Konsequenzen verursachten, die wiederum auf soziale Strukturen wie Klassen, Nationen, Märkte, Religionen
etc. zurückwirkten.
Das IEMP Modell
Die Machtorganisationen haben drei formale vier inhaltliche Merkmale die Gesamtstruktur von
Gesellschaften bestimmen.
Drei formalen Merkmalen:
1. Kollektive (Positivsummenspiel) und Distributive (Null-Summen-Spiel ) Macht.
Machtbeziehungen zwischen Klassen oder zwischen einem Staat und seinen Bürgern
schließen
beide Elemente ein.
2. Extensive ( weiter räumliche Distanzen) und Intensive (kurze räumliche Distanzen) Macht
3. Autoritative (Befehl/Gehorsam) und Diffuse (gemeinsamer Glaube) Macht. Die autoritative Macht
findet in militärischen und politischen Macht Organisationen wenn
die diffuse Macht in
ideologischen und ökonomischen Macht Organisationen findet.
Die vier Formen von Macht:
1. Ideologische: Transzendente Form. Sinngebung, um das Chaos zu ordnen, Namen , Bedeutungen,
Riten, Praktiken mit Form von Autorität, etwa Klassen oder Nationalideologie.
2. Ökonomische: Praxiskreisläufe Form. Basiert auf Klassen, bzw. erfüllt die Subsistenzbedingungen
einer Klasse durch Beherrschung der Sozial organisierten Extraktion, Transformation, Distribution
und Konsumption der Gaben der Natur.
3. Militärische: Konzentrierte Zwangsgewalt. Militärische Macht ist in erste Linie autoritative
„konzentrierte Zwangsgewalt“. In modernen Westen ist die Situation der Ausübung von
Militärischen Macht ist formell auf den Staat beschränkt, er hat das Gewaltmonopol.
4. Politische:
Staatliche
und
zwischenstaatliche,
territorial-geopolitische
bestimmte
Macht.
Reglementiert viele Aspekte des Verhaltens territorial im Staat begrenzt. Trennt das Volk nach
außen, braucht Zentrum und Territorium. Innenpolitik über Autorität, Außenpolitik nur solange es
mehr als einem Hegemon gibt, multistaatliche Gesellschaften.
Mann, Michael 2001 (1993): Geschichte der Macht. Dritter Band, Teil II: Die Entstehung von
Klassen und Nationalstaaten, Frankfurt/Main, New York, 230-234.
Das Thema des zweiten Textes lautet Quellen sozialer Macht. Mann unterscheidet zwischen
zwei
wesentlichen dualistischen Großphasen.
Erste Phase (1760-1815): die erste Phase ist unterteilt in diffus ökonomische und autoritativ militärische
Machtfaktoren die den Dualismus bilden. Es herrschte ein ausgedehnter Handelskapitalismus und alles war
stark von den Auswirkungen der militärischen Revolution geprägt. Der Kapitalismus steigerte das
Kollektivvermögen zur Ausbeutung der Natur. Der Militarismus politisierte die Zivilgesellschaft
Zweite Phase (1815-1914):Der Nationalstaat ersetzte den Militarismus als Faktor, ein weitgehend diffuser
Industrikapitalismus bildete den Gegenpol.
Die beiden Faktoren in beiden Perioden sind jedoch immer ineinander verschränkt. Durch ihre
Verschränkung und Komplexität und das Fehlen einer singulären Logik sind sie nicht gewichtbar. Es gibt
keinen eindeutigen Inhaber des Primats.
Am Ende spricht Mann noch eine Warnung aus um seine dualistische Sicht als Vereinfachung erkannt zu
wissen. Es gibt noch andere Machtakteure, Verschränkungen untereinander, uneinheitliche ökonomische
Akteure, die sich gegenseitig beeinflusst.
Überleitung
Während Mann sich in einem zeitlichen Kontext zischen 1760 und dem Beginn des ersten Weltkriegs bewegt
ist Kaldor eine aktuelle Beobachterin, die sich im spezifischen mit Kriegsformen auseinandersetzt. Wenn
man das IEMP (die 4 Quellen sozialer Macht) anwendet, muss man wohl von einer Stärkung der
militärischen Macht auf Kosten der Nationalstaaten ausgehen. Die Verschränkungen zwischen den sozialen
Machtquellen ist ein Phänomen, das in Kaldor’s neuen Kriegen soweit geht, dass es teilweise
Zusammenarbeit zwischen feindlichen Gruppen gibt. Kaldor spricht auch von Mischformen zwischen
staatlichen und nichtstaatlichen Kampfeinheiten um das ganze noch deutlicher anzuzeigen.
Kaldor, Mary 2000: Neue und alte Kriege, Frankfurt/Main, 144-176
In ihrem Werk führt Mary Kaldor drei Kennzeichen der „Neuen Kriege“ an, durch welche sie sich von den
„alten Kriegen“ unterscheiden: Ziele, Art der Kriegsführung und Finanzierung, In dem behandelten Kapitel
geht sie näher auf die von ihr sogenannte „globalisierte Kriegsökonomie“ und den Modus der Kriegsführung
ein.
Globalisierte Kriegswirtschaft
Als die übliche Definition von „Kriegswirtschaft“ bezeichnet man ein zentral geplantes, alles unter sich
begreifendes, autarkes System – Erhöhung der militärischen Schlagkraft und Maximierung der
Kriegsfinanzierung (so viele Menschen wie möglich werden mobilisiert, als Soldaten oder in der Waffenoder Versorgungsgüterproduktion).
Der neue Typus von Kriegswirtschaft stellt, so Kaldor, praktisch das exakte Gegenteil dar, was mit der
Fragmentierung und Dezentralisierung des Staates durch die Globalisierung einher geht. Die
Kriegsaktivitäten innerhalb dieses neuen Typs ist auf die Plünderungen im Inneren des Kriegsgebietes und
auf Unterstützung von Außen angewiesen. Es kommt selten zu Schlachten, die Gewalt richtet sich
hauptsächlich gegen die Zivilbevölkerung.
Kaldor kritisiert eine Analyse der neuen Kriege Kontext der Theorie Carl von Clausewitz, die behauptet,
Kriege beruhen auf geopolitischen Zielen und lässt sich mit politischen Lösungen beenden, ohne
ökonomische Ursprünge des Krieges zu beobachten und möchte in ihrem Kapitel zeigen, dass die „typische
politische Ökonomie der neuen Kriege“ möglich ist, und durch diese „alternative Vorgehensweisen
abgeleitet werden können“.
Die Privatisierung der Streitkräfte
Eine Abwärtsspirale von Einnahmen- und Legitimitätsverlust, wachsender Unordnung und militärischer
Fragmentierung, erzeugt den Kontext, in dem die neuen Kriege stattfinden. Durch die Auflösung formaler
staatlicher Sicherheitsstrukturen gehen in den zeitgenössischen Kriegen verschiedene Kampfeinheiten
hervor, welche Kaldor in 5 Haupttypen unterteilt:
Reguläre Streitkräfte: Sie finden sich in Krisenregionen durch Kürzungen der Verteidigungshaushalte,
Prestigeverlust und den Mangel an Ausrüstung etc. im Niedergang. Sie büßen ihren Charakter als einzig
legitime Waffenträger ein.
Paramilitärische Gruppen: autonome Gruppen bewaffneter Männer, die sich im allgemeinen um eine
einzelne Führungsgestalt scharen. Sie sind oftmals mit bestimmten extremistischen Parteien oder Fraktionen
verbunden. Rekrutiert werden entlassene oder abtrünnige Soldaten oder Arbeitslose junge Männer,
gelegentlich sogar Häftlinge. Ein besonderes Charakteristikum ist die Rekrutierung von Kindersoldaten.
Selbstverteidigungseinheiten: Sie werden aus Freiwilligen gebildet um ihre eigenen Ortschaften zu
schützen.
Ausländische Söldner: Werden einzeln oder in ganzen Söldnerscharen von bestimmten Truppen vertraglich
angeworben um an den Kriegen teilzunehmen
Reguläre ausländische Streitkräfte: Sie stehen unter der Schirmherrschaft internationaler Organisationen,
wie UN, NATO, OSZE, etc.
Das Gewaltmuster
Revolutionäre Kriege verfolgen das Ziel, territoriale Kontrolle durch die Unterstützung der örtlichen
Bevölkerung zu gewinnen, nicht durch militärische Geländegewinne. Kaldor umschreibt neue Kriege als
eine Mischung aus revolutionären Kriegen und deren gegenübergestellten Anti-Guerillakämpfen.
Das heißt, Akreure der neuen Kriege wollen politische Kontrolle durch die Vermittlung der Treue zu einem
Etikett erlangen. Die Mehrheit der in dem Kriegsgebiet lebenden Menschen müssen sich zu diesem Etikett
bekennen oder bekennen sich. „Alle anderen gilt es beiseite zu schaffen.“
Zu diesen Techniken der Bevölkerungsvertreibungen gehören: Systematische Ermordungen all jener mit
einer anderen Etikett(Genozid); Ethnische Säuberungen; gewaltsame Vertreibung und Vergewaltigung
der ortsansässigen Bevölkerung; Unbewohnbarmachung großer Gebiete, bspw. durch Minen, Anschläge
auf Privatwohnungen und Krankenhäuser; Vergiftung von Wassserquellen; etc.
Die Finanzierung des Krieges – Alternative Finanzquellen
Transfer von Vermögen (Umverteilung von Vermögenswerten zugunsten der kämpfenden Einheit):

Raub, Plünderungen, Erpressungen und Geiselnahmen

Wirtschaftliche Repressalien: über Kontrollpunkte wird die Versorgung der Bevölkerung gesteuert,
Marktpreise werden bestimmt

Kriegssteuern, Schutzgelder, Schmuggelwesen, Drogenhandel und Geldwäsche.
Finanzierung von außen

Auslandsüberweisungen an einzelne Familien (Bsp. Gastarbeiter)

Direkte Unterstützung durch die Diasporagemeinschaften (Bsp. Irische Amerikaner unterstützen die
IRA materiell, mit Waffen oder Geld)

Unterstützung durch ausländische Regierungen

Humanitäre Unterstützung: Hilfslieferungen/-leistungen werden vereinnahmt oder mit hohen Zöllen
belegt
Formen der Ausbreitung von Gewalt




Zusammenbruch der Handelsbeziehungen, durch Sanktionen, Blockaden oder Schließung der
Grenzen
wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Probleme der angrenzenden Aufnahmeländer
durch Flüchtlingsströme
Ausbreitung illegaler Händlerringe
Überschwappen der Politik der Identität
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