Japan und die friedliche Wiedervereinigung Koreas

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Veröffentlichungen der Forschungsstelle Japan # 14
Japan und die friedliche Wiedervereinigung Koreas
von
Narihiko Ito
ISSN 1437-5117
Inhaltsverzeichnis
I. Was können wir von der friedlichen Wiedervereinigung Koreas erwarten? ..................... 4
II. Japan und Korea - Eine historische Betrachtung .............................................................. 5
1. Altertum (1.Jh. v. Chr. - 7.Jh.) .............................................................................................................. 5
2. Die Invasion vom Großfürst Hideyoshi ................................................................................................ 6
3. Die Zeit des friedlichen Austauschs zwischen Japan und Korea (1607-1868) .................................. 8
4. Die Invasion und der Krieg in der Meiji-Ära (1894-1910) ............................................................... 10
5. Die Zeit der Kolonialherrschaft (1910-1945) ..................................................................................... 11
III. Die Besonderheiten in der Beziehung zwischen Japan und Korea ............................... 12
IV. Nachkriegsgeschichte Koreas- Hintergrund der friedlichen Wiedervereinigung Koreas
................................................................................................................................................. 14
V. Die heutige Situation ......................................................................................................... 21
VI. Schluss .............................................................................................................................. 22
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Japan und die friedliche Wiedervereinigung Koreas
Narihiko ITO
Bevor ich meinen Vortrag über das Thema „Japan und die friedliche Wiedervereinigung
Koreas“ beginne, möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. György Széll und Herrn Johannes Eidt,
dem Präsidenten der Gesellschaft der deutsch-japanischen Freundschaft Osnabrück e.V. dafür
bedanken, dass sie mir die Gelegenheit gegeben haben, heute vor Ihnen zu sprechen.
In meinem Vortrag werde ich die heutige Situation Koreas und die Beziehung zwischen Japan
und Korea betrachten. Da die Beziehung zwischen Japan und Korea schon fast 2000 Jahre
andauert, muss ich meine Ausführungen jedoch weit in der Vergangenheit beginnen, um die
Hintergründe dieser Beziehung genau erklären zu können.
Seit dem 4.Juli 1972 wurde die friedliche Wiedervereinigung der beiden Koreas immer wieder
von beiden Regierungen versprochen. Vor diesem Hintergrund war das Gipfeltreffen von Nordund Südkorea im Juni des Jahres 2000 wirklich ein historisches Treffen. Warum wurde dieser
Wunsch nach nationaler Einheit bis zu diesem Tag nicht verwirklicht? Meine Antwort darauf
lautet: „... [W]eil die militärische Regierung Südkoreas - und auch die USA und Japan - die
friedliche Wiedervereinigung Koreas nicht wünschte. Sie hatte dieses Versprechen nur benutzt
und manipuliert, um ihre Macht zu erhalten“.
Im Mai 1987 habe ich Panmunjom, den 38. Breitengrad, von Nordkorea besucht und danach
im August 1987 von Südkorea aus. Auf dieser Seite besuchte ich auch einen unterirdischen Weg,
an dessen tiefsten Punkt es einen Quell gab, der "Quell für die Wiedervereinigung durch die
Zerschlagung
des
Kommunismus"
genannt
wurde.
In
Seoul
habe
ich
bei
dem
Wiedervereinigungsministerium dessen Generalsekretär nach dieser Quelle gefragt. Er hat mir
geantwortet: "Eine Wiedervereinigung ist nur mit militärischen Mitteln möglich, weil wir den
Nordkoreanern nicht vertrauen."
Präsident Kim Dae-Jung aber, der seit der Präsidentenwahl 1971 dreißig Jahre lang immer
wieder konsequent das Gespräch mit Nordkorea gesucht und eine dreistufige Wiedervereinigung
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gefordert hat, wünscht herzlichst die nationale Wiedervereinigung und Friede zwischen beiden
Koreas. Darum hat Nordkorea zum ersten Mal die Tür zum Gipfeltreffen geöffnet.
I. Was können wir von der friedlichen Wiedervereinigung Koreas erwarten?
Diese Frage möchte ich unter drei Gesichtspunkten beantworten:
1. Für Ostasien bedeutet die friedliche Wiedervereinigung Koreas das Ende des Kalten Krieges,
militärische und politische Entspannung, d.h. die Förderung der allgemeinen Abrüstung und
Friede.
In Europa ist der kalte Krieg schon vor zehn Jahren beendet worden. Auf der koreanischen
Halbinsel aber dauert immer noch die heftige Auseinandersetzung zwischen Nord- und Südkorea
an. Das Waffenstillstandsabkommen des Koreakriegs im Juli 1953 bestimmte, dass der
Friedensvertrag binnen eines halben Jahres nach diesem Abkommen geschlossen werden soll.
Aber ein halbes Jahrhundert verging und der Friedensvertrag war immer noch nicht geschlossen
worden. Aus diesem Grund ist der Kalte Krieg nur noch auf der koreanischen Halbinsel in der
Welt präsent.
2. Für Nord- und Südkorea bedeutet die friedliche Wiedervereinigung Koreas vor allem der
Friede, und gleichzeitig das Ende der nationalen Spaltung und die Wiederherstellung der
nationalen Identität, die die Koreaner nach dem Verlust der nationalen Unabhängigkeit (1910
Ende der Yi-Dynastie) durch den japanischen Imperialismus bis heute nicht wiedergewonnen
haben.
3. Für die benachbarten Nationen Koreas schafft sie die Basis für eine friedliche Beziehung
zwischen den Nationen mit Egalität, Kooperation und gemeinsamer Entwicklung. Besonders für
Japan vergrößert sie die Möglichkeit, Artikel 9 der japanischen Verfassung zu verwirklichen, da
die Spannung in Korea und die "Bedrohung aus Nordkorea" immer als ein Vorwand benutzt
wurde, Artikel 9 der Verfassung zu ignorieren.
An diesem Punkt wird wahrscheinlich die Frage gestellt: "Es ist schon ganz klar, dass die
friedliche Wiedervereinigung Koreas sehr bedeutsam ist, aber ist sie wirklich möglich?"
Ich würde darauf antworten: " Es ist zweifellos möglich! Aber es sind viele Schwierigkeiten
zu überwinden. Besonders schwierig ist es aufgrund der negativen Haltung von Japan (LDPRegierung und die Rechten) und der USA (Militär-Industriekomplex und die Rechten).
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Um den Hintergrund dieser Schwierigkeiten zu verstehen und um das Koreaproblem richtig
zu lösen, müssen wir die besondere historische Beziehung zwischen Japan und Korea
berücksichtigen.
II. Japan und Korea - Eine historische Betrachtung
Da die Beziehung zwischen Japan und Korea schon seit unmittelbar vor Christus
dokumentiert ist, ist davon auszugehen, dass die Beziehung zwischen Japan und Korea seit fast
2000 Jahren besteht. Da ich in diesem Rahmen jedoch nicht die ganze Geschichte bis ins Detail
erzählen kann, werde ich den Zeitraum in fünf Perioden teilen und zu jeder die ihr eigene
Besonderheit darstellen.
1. Altertum (1.Jh. v. Chr. - 7.Jh.)
Im Altertum gab es keine Grenze zwischen "Japan" und "Korea". Nach den Dokumenten aus
der Zeit scheint mir, dass der menschliche Reiseverkehr zwischen beiden sehr intensiv war. Nach
der Entstehung der drei Reiche (Koguryo 37 v.Chr., Silla und Paekche 313 n.Chr.) nahm der
Verkehr zwischen "Japan" und "Korea" zu. Ein Beweis für die engen Beziehungen ist, dass die
Gräber der Mächtigen in beiden Gebieten eine ähnliche Form und ein ähnliches Fresko
aufweisen (die Gräber in Nordkorea und Takamatsu-Grab in Nara).
"Japan" wurde in den alten chinesischen Büchern vom 3.Jh. bis 6.Jh. "Wa" genannt. "Wa"
bedeutet auf Chinesisch "klein". Es ist aber nicht eindeutig erkennbar, ob die Chinesen mit dem
Wort "Wa" die "Japaner" als kleine Menschen bezeichneten, oder ob sie gemäß dem
Chinazentralismus die Leute in der Peripherie von China mit dem Namen "Wa" verachteten.
"Wa" wurde auf der japanischen Seite "Yamato" genannt.
Seit Mitte des 4.Jh. wurden die Kriege zwischen den drei koreanischen Reichen (Koguryo,
Silla und Paekche) heftiger.
"Wa (Yamato)" hatte damals ein politisches und militärisches Bündnis mit Paekche in
Südkorea und besaß dort ein Büro "Minama", das oft von den nördlichen Reichen Silla und
Koguryo angegriffen, besetzt und zerstört wurde. "Wa (Yamato)" unterstützte immer wieder die
militärische Aktivität von Paekche und strebte danach, sein Büro "Minama" zu erhalten und
wiederherzustellen. Im Jahr 663 schickte "Wa (Yamato)" 27.000 Soldaten auf die Halbinsel, um
gemeinsam mit der Armee von Paekche die Armee der Koalition aus Silla und Tang (China) zu
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schlagen. Sie wurden aber bei der Schlacht von Hakusukinoe vernichtend geschlagen, so dass
"Wa (Yamato)" nie wieder seine Truppen auf die Halbinsel sandte. Stattdessen suchte "Wa
(Yamato)" einen Südweg nach China (Tang).
Es ist zu vermuten, dass die Bewohner des niedergeschlagenen Reiches Paekche nach "Wa
(Yamato)" emigrierten und gemeinsam mit den Eingeborenen von "Wa (Yamato)" einen Staat
gründeten. Vermutlich war das die Entstehung des altertümlichen vereinigten Staates "Yamato".
"Nara" bedeutet auf Koreanisch "Land" oder "Heimat". Die Menschen von "Nara" in "Yamato"
nannten das Reich Paekche "Kudara". Man sagt, "Kudara" bedeutet auf Koreanisch "Große
Nara", also die "Große Heimat". Hatten diejenigen, die aus dem geschlagenen Reich Paekche
nach "Wa (Yamato)" kamen und ein Kaiserreich "Yamato" gründeten, eine starke Sehnsucht
nach ihrer "Großen Heimat"?
Nachdem der Staat "Yamato" gegründet wurde, wurden zwei Bücher, die die Geschichte des
Reiches NIHON (Japan) zum Ersten Mal offiziell beschrieben, editiert und herausgegeben. Sie
heißen "Kojiki" (die alte Chronik, 712) und "Nihon-Shoki" (die Geschichte von Nihon, 720).
In diesen zwei Büchern wurde die Legende verbreitet, dass im Jahr 200 eine Kaiserin "Jinnô"
vom Yamato-Reich die drei Länder in Korea beherrschte. Da diese Geschichte weder in
koreanischen noch in chinesischen Dokumenten nachweisbar ist, ist es wahrscheinlich, dass sie
sich solch eine Legende wegen der schweren Niederlage der alliierten Armee von Paekche und
"Wa (Yamato)" ausdachten.
Diese Legende wirkte aber später als Ideologie, um die Superiorität Japans über Korea zu zeigen
und zu rechtfertigen.
2. Die Invasion vom Großfürst Hideyoshi
1592-98. - In Japan "Bunroku-Keicho-Krieg" genannt. In Korea "Große Invasion von Wa"
genannt.
Hideyoshis Ziel war die Eroberung Koreas und Mings (China), um die Hauptstadt Japans in
Peking zu errichten und Indien zu erobern. Das war der Anfang der Illusion von der Schaffung
eines großen Asiens unter der Führung Japans. Für deren Verwirklichung hatte Hideyoshi sein
Heer von 160.000 Soldaten in 9 Divisionen unter der Führung von den Generalen KATô
Kiyomasa, KONISHI Yukinaga, SHIMAZU, KOBAYAKAWA usw. nach Korea geschickt.
Die folgenden Tatsachen sind sehr bemerkenswert:
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(1) Im März 1586 fordert Hideyoshi den spanischen Missionar auf, ihm Kriegsschiffe mit
Besatzung zu geben. Er wußte, dass die spanischen Christen die Invasion der spanischen
Regierung in der Welt außerhalb Europas unterstützen und so Profit erzielten. Aus diesem Grund
wollte er die militärischen Kräfte der europäischen Mächte für die Eroberung Koreas und Chinas
benutzen. Der spanische Missionar hatte der Forderung Hideyoshis zugestimmt. Es gibt aber
keine Schrift, welches die Teilnahme der spanischen Kriegsschiffe an Hideyoshis Korea-Krieg
dokumentiert. Im Mai 1587 befiehlt Hideyoshi den christlichen Missionaren Japan zu verlassen.
Dies zeigt, dass die christlichen Missionare Hideyoshis Krieg nicht unterstützt hatten. Im August
1596, als Hideyoshi den zweiten Korea-Krieg entschied, befahl er die Hinrichtung von 26
Christen in Nagasaki, weil die Portugiesen in Nagasaki Hideyoshis Forderung ablehnten, ihn mit
portugiesischen Kriegsschiffen zu unterstützen. Damit begann die heftige Unterdrückung der
Christen in Japan.
(2) Hideyoshis militärische Strategie im Korea-Krieg: Er strebte nach einer schnellen
Eroberung Koreas durch die Infanterie, um dann Peking zu besetzen.
Aus diesem Grund hatten Konishis Truppen, die Mitte April 1592 auf Pusan gelandet waren,
bereits im Mai Seoul und im Juni Pjongyang besetzt. Hideyoshi hatte aber nicht mit dem
Guerillakrieg der koreanischen Bauern, dem militärischen Eingriff der Ming-Dynastie und dazu
der Kälte im Winter Koreas gerechnet. Der Sieg der Truppen Hideyoshis dauerte nur bis Ende
1592.
Im Januar 1593 mußte sich die Truppe Konishis aus Pjongyang und im April 1593 die
gesamten japanischen Truppen aus Seoul zurückziehen. Diese Rückzüge wurden immer durch
Verhandlungen zwischen den japanischen und den chinesischen Generalen vorbereitet. Die
japanischen Generale bestachen die chinesischen Generale, um nicht gegeneinander kämpfen zu
müssen.
(3) Hideyoshis politische Forderung und Wahn: Mai 1593 stellte Hideyoshi dem Ming-Kaiser
als Friedensbedingung die Übergabe der Südhälfte Koreas an Japan und die Heirat einer Tochter
des chinesischen Kaisers mit dem japanischen Kaiser. Die Ming-Dynastie wollte diese
Bedingungen nicht annehmen.
Im Juli 1597 schickte Hideyoshi sein großes Heer erneut nach Korea. Diesmal aber wollten die
japanischen Generale nicht in den Norden nach Seoul und Pjongyang marschieren. Sie bauten
ihre Schlösser in Südkorea und beuteten die koreanischen Bauern aus. Im August 1597 schnitten
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die japanischen Soldaten die Nasen tausender Koreaner ab, um sie in Fässern einzusalzen und als
Beweis ihrer Kriegsverdienste zu Hideyoshi zu schicken. Im September 1597 ließ er dafür einen
buddhistischen Tempel "Hô-Kô-Ji" in Kyoto errichten. Die militärische Operation Hideyoshis in
Korea hatte ihr Ziel verloren. Im August 1598 starb Hideyoshi. Sein Nachfolger Fürst Tokugawa
und die anderen Fürsten entschieden den Rückzug der japanischen Truppen aus Korea. Die
Soldaten aber, die sich bis Ende 1598 vollständig aus Korea zurückzogen, waren nur noch
ungefähr halb so viele wie die Zahl derer, die nach Korea gingen.
(4) Nachwirkung der Invasion in Korea: Die Invasion in Korea dauerte sieben Jahre. Sie
verwüstete nicht nur ganz Korea, besonders Südkorea, sondern brachte auch politische und
wirtschaftliche Schwierigkeiten für Japan. Besonders im Westen Japans waren die Nachwirkung
des Krieges groß, da diese Region Soldaten und Nahrung nach Korea schicken musste.
 Die Unterdrückung der Christen wurde noch stärker unter dem Tokugawa-Regime.
 Der Fürst Shimazu in Süd-Kyûshû forderte während des Koreakriegs unter dem Befehl
Hideyoshis vom Königreich Ryûkyû (heute Okinawa) Soldaten und Nahrung. Da das Königreich
Ryûkyû mit der Ming-Dynastie jedoch eine starke Handelsbeziehung pflegte und aus diesem
Grund nur einige Nahrung anbot, drang der Fürst 1609 in das unbewaffnete Königreich Ryûkyû
ein und beherrschte es.
 50.000 Christen in Shimabara-Gebiet (Nord-Kyûshû), die meisten davon waren Bauern und
Fischer, lehnten sich 1630 gegen die wirtschaftliche und geistige Unterdrückung unter dem
Tokugawa-Regime auf.
3. Die Zeit des friedlichen Austauschs zwischen Japan und Korea (1607-1868)
Der Nachfolger Hideyoshis, TOKUGAWA Ieyasu (1642-1616), der Hideyoshis
Koreainvasion kritisch betrachtete, betrieb eine "Abschottungspolitik": Er hatte alle Häfen außer
Nagasaki geschlossen und den Außenhandel verboten.
Er strebte danach, die Beziehungen zu Korea zu verbessern und empfing nur offizielle
Delegationen aus Korea.
Die erste koreanische Delegation mit ca. 400 Delegierten kam 1607, um die wichtigen
koreanischen Kriegsgefangenen mitzunehmen und die diplomatische Beziehung zu Japan zu
verbessern. Danach kam jedes Mal beim Wechsel des Shôguns (General) eine Delegation aus
Korea – das geschah zwölf Mal bis 1811.
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Dieser Zeitraum war die friedlichste Zeit der diplomatischen Beziehungen zwischen Korea
und Japan in der 2000jährigen Geschichte.
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4. Die Invasion und der Krieg in der Meiji-Ära (1894-1910)
Die neue japanische Regierung hatte schon 1876 die koreanische Regierung in einen
"Freundschaftsvertrag zwischen Japan und Korea" gezwungen, dessen Titel freundlich klang,
aber dessen Inhalt ganz ungleich war.
Seither suchte Japan die Gelegenheit, Korea zu erobern. Als die Regierung Koreas China um
Hilfe bat, um den Bauernaufstand zu unterdrücken, schickte Japan sofort Truppen nach Korea
unter dem Vorwand, Korea zu schützen. Die japanische Armee "schützte" den Kaiserpalast und
attackierte gleichzeitig die chinesische Armee und Marine in Korea. Das war der Anfang des
chinesisch-japanischen Krieges (1894-95). Nach dem Sieg Japans hatte China seinen Einflusss
auf Korea verloren.
Danach suchte die Kaiserin Koreas Min-pi Hilfe in Russland. Trotz deren Ermordung im
Oktober 1895 durch Japan suchte der folgende Kaiser und seine Regierung weiterhin Hilfe bei
Russland. Um den russischen Einfluss auf Korea auszuschließen, griff Japan die russische Armee
an. Japans Sieg im russisch-japanischen Krieg bedeutete gleichzeitig dessen Hegemonie über
Korea.
Nach dem Sieg des russisch-japanischen Krieges hatte Japan drei internationale Verträge über
Korea mit drei Ländern geschlossen:
(1) Juli 1905: Der amerikanisch-japanische Geheimvertrag, der die Kolonialherrschaft
Amerikas über die Philippinen und Japans über Korea gegenseitig anerkannte. (2) Der englischjapanische Vertrag, der die englische Kolonialherrschaft über Indien und die japanische über
Korea gegenseitig anerkannte. (3) Der Friedensvertrag zwischen Japan und Russland, der die
Hegemonie Japans in Korea anerkannte.
Nach Abschluss der drei internationalen Verträge im Oktober 1905 hatte ITO Hirobumi mit
ca. 50.000 japanischen Soldaten Seoul besucht, um dem koreanischen Kaiser einen
"Schutzvertrag" aufzuzwingen. Dadurch hatte Japan Korea seiner diplomatischen, finanziellen
und militärischen Souveränität beraubt. Die nationale Unabhängigkeit Koreas war damit beendet.
Im Oktober 1909 wurde ITO Hirobumi am Bahnhof von Harbin in Mandschurei von einem
koreanischen Nationalisten erschossen. Daraufhin annektierte Japan Korea und zwang es im
August 1910 zu einem Annexionsvertrag gegen den Widerstand des Kaisers. Seither wurde
Korea als Kolonie von Japan annektiert.
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5. Die Zeit der Kolonialherrschaft (1910-1945)
Das Generalgouvernement Japans in Korea hatte am Tag der Annexion das "Gesetz für die
Untersuchung des Landes und Bodens" erlassen. Das Gesetz war ein juristisches Mittel,
Koreaner ihres
Bodens
zu berauben. Die koreanischen Landbesitzer wollten dem
Generalgouvernement ihr Bodeneigentum nicht melden, weil sie Angst davor hatten, dass
dadurch
ihr
Boden
von
Japan
in
Beschlag
genommen
wird.
Das
japanische
Generalgouvernement beschlagnahmte alle unangemeldeten Böden als "Boden ohne Besitzer".
Die Koreaner wurden dadurch ihrer großen Ländereien von Japan beraubt.
Am 1. März 1919, ein Tag vor der Beerdigung des letzten Kaisers der Yi-Dynastie Ko-Jong,
der gegen die japanische Invasion und Kolonisierung Koreas vehement Widerstand leistete,
entstand und verbreitete sich eine nationale Bewegung mit der "Erklärung für die
Unabhängigkeit Koreas" über ganz Korea. Der Zorn der Koreaner gegen die japanische
Kolonialherrschaft brach unter dem Einfluss der russischen Revolution (1917) und der Erklärung
vom "Selbstbestimmungsrecht der Nationen" Wilsons (1919) aus.
Die japanische Regierung hatte diese nationale Bewegung unbarmherzig militärisch
niedergeschlagen. Danach aber mußte Japan seine Kolonialpolitik in Korea von einer
"Gewaltpolitik" zur "Kulturpolitik" ändern.
Was war denn die "Kulturpolitik"? Das war eine Integrationspolitik wie folgt:
(1) "Japan und Korea haben die selben Ahnen", "Korea und Japan sind eins", trotzdem war die
starke juristische, politische und gesellschaftliche Diskriminierung der Koreaner allgegenwärtig.
(2) Das Aufzwingen der japanischen Sprache, der Verehrung des Tennôs und des ShintoSchreins und das Verbot der koreanischen Sprache, des Gebrauchs von koreanischen Namen und
der koreanischen Kultur.
Beim großen Erdbeben im Kanto-Gebiet im September 1923 hatten die japanischen Polizisten
und Milizsoldaten ca. 6000 Koreaner ohne gesetzliche Verurteilung ermordet. Die Staatspolizei
Japans verdächtigte die Koreaner im Kanto-Gebiet, dass diese als Revanche gegen die blutige
Unterdrückung der nationalen Bewegung vom 1. März 1919 im Wirrsal des großen Erdbebens
Japaner vergiften könnten.
Gegen die Kolonialherrschaft Japans hatten sich unter der Führung Kim Il-Sungs eine
bewaffnete Widerstandsbewegung organisiert und 1936 die "10 Schwerpunkte der nationalen
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Einheitsfront gegen Japan" erklärt. Der Guerillakrieg der Koreaner gegen Japan dauerte bis
August 1945. Die japanische Regierung aber will diese historische Tatsache in Gesprächen mit
Nordkorea über die diplomatische Normalisierung nicht anerkennen und lehnt eine
Kriegsentschädigung ab, „da es zwischen Japan und Korea keinen Krieg gegeben hatte“.
Seit 1939 hatte die japanische Regierung wegen Mangels an Arbeitskräften in Japan
koreanische Jungen zur Zwangsarbeit in den Kohlebergwerken und zum Aufbau der
militärischen Basen verschleppt. Sie zählten von 1939 bis zum Ende des Kriegs im August 1945
ca. eine Million. Auch mehrere zehntausend kleine Mädchen wurden als "Trostfrauen" in die
Kriegsgebiete geschickt. Sie klagen jetzt ihre Menschenrechtsverletzung von der alten
japanischen Regierung vor dem japanischen Gericht ein, weil die Japanische Regierung die
Opfer offiziell nicht entschädigen will.
Die Besonderheiten in der Beziehung zwischen Japan und Korea
Die japanische Regierung behauptet heute noch, dass die Kolonialherrschaft damals ganz
allgemein und die japanische Herrschaft nicht besonders schlecht war. Meiner Meinung nach,
gab es aber eine japanische Besonderheit, die ich historisch in fünf Punkte unterteilen würde.
1. Einseitige Invasion aus Japan (seit dem Altertum bis zur modernen Zeit).
Wie ich bereits gesagt habe, hatte Japan bereits im Altertum Militär nach Korea gesandt. Im
Mittelalter hatte Hideyoshi Korea sieben Jahre besetzt. Und in der modernen Zeit hat Japan
Korea wieder besetzt und 36 Jahre lang kolonisiert. Japan fiel immer wieder in Korea ein. Das
koreanische Militär war aber niemals nach Japan gekommen.
2. Die Kontinuität der Invasionsmentalität.
(1) Hideyoshi sagte 1592: „Wir realisieren die Idee der Kaiserin Jinnô von der Eroberung der
drei koreanischen Länder im Altertum“. Hideyoshi wollte ganz Korea erobern, um Peking zu
erreichen.
(2) General Terauchi, der die Annexion Koreas durchführte und deren Vertrag unterschrieb,
schrieb ein Gedicht am Abend des Annexionsvertrags (am 22. August 1910): "Wenn die
Generäle Kobayakawa, Katô und Konishi jetzt in dieser Welt gelebt hätten, wie hätten sie den
Mond des heutigen Abends gesehen".
(3) Shïna Etsusaburô, der als Außenminister Japans den Grundvertrag zwischen Japan und
Korea, der keine Entschädigung für die Vergangenheit enthielt, im Juni 1965 unterschrieb, sagte:
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"Wenn wir japanischen Imperialismus in der Vergangenheit gehabt hätten, wäre das ein
’glorreicher Imperialismus’ gewesen".
3. Die Kontinuität der Verachtung Koreas.
(1) Hideyoshi hatte immer mit dem chinesischen Kaiser verhandelt, aber niemals mit dem
koreanischen Kaiser. Ebenso verhandelten die japanischen Generale nur mit chinesischen
Generalen und bestachen diese.
(2) Die Meiji-Regierung verhandelte immer mit den europäischen Mächten über Korea, aber
niemals mit Korea selbst.
(3) Nach dem Zweiten Weltkrieg entschied die japanische Regierung ihre Koreapolitik immer
mit der Zustimmung der USA, nicht mit der von Korea selbst.
4. Die Ignorierung der nationalen und kulturellen Eigenständigkeit Koreas.
Japan hatte z.B. während der Kolonialherrschaft die koreanische Sprache, die Tradition und auch
den koreanischen Namen verboten und die Koreaner gezwungen, den japanischen Tenno (Kaiser)
und Schintoismus zu ehren, die japanische Sprache in der Schule zu lernen und einen
japanischen Namen zu tragen.
5. Die Angst vor einem unabhängigen Korea und der Drang zur Eroberung.
Schon 1778 hatte ein bekannter japanischer Kulturwissenschaftler und Dichter, MOTOORI
Norinaga (1730-1801) geschrieben: "Das war sehr schade, dass Japan wegen Hideyoshis Tod
nicht ganz Korea erobern konnte". 1856 schrieb ein bekannter Nationalist, YOSHIDA Shôin
(1830-59): "Wir müssen Korea angreifen und es Japan gehorchen lassen.“
In der modernen Zeit 1885 behauptete ein bekannter Publizist und Gründer der Universität
Keiô, HUKUZAWA Yukichis (1835-1901): "Korea soll ein Schutzwall für Japan sein".
Die japanische Regierung entschied 1905 seine grundlegende Politik über Korea mit der
Zustimmung des Tennôs: "Da die Sicherheit Japans von Korea abhängt, können wir nie den
Zustand ertragen, dass Korea von einem anderen Land beherrscht wird".
Nach 64 Jahren äußerte 1969 die japanische Regierung die gleichen Argumente in der
gemeinsame Erklärung von Nixon und Satô: "Die Sicherheit Koreas ist stark mit der Sicherheit
Japans verbunden".
Die japanische Regierung unterstützte die militärischen Regierungen in Südkorea, weil sie
gegen Nordkorea und gegen die nationale Einheit Koreas waren.
Im Gespräch über die diplomatische Normalisierung zwischen Japan und Nordkorea (1.1992.-11.1993) wollte die japanische Regierung die Beziehung nicht verbessern, aus diesem Grund
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verweigerte sie auch ihre Entschuldigung und die Entschädigungszahlungen für die vergangene
Kolonialherrschaft und forderte sowohl die "Zweifel über die nukleare Waffe" aufzuklären und
als auch die Zweifel über die Entführung der japanischen Frau Lee Un-E zu erklären. Lee Un-E
ist die Frau, die nach dem Geständnis Kim Hyon-His, als die Täterin der Sprengung des
Flugzeugs KAL im Dezember 1987 von der Geheimpolizei Koreas (KCIA) unmittelbar vor der
Präsidentenwahl verhaftet wurde, aus Japan entführt wurde und Kim Hyon-Hi in Pjongyang die
japanische Sprache unterrichtet hatte.
Im neuen Gespräch über die Normalisierung der diplomatischen Beziehung zwischen Japan
und Nordkorea (seit April 2000) hat die japanische Regierung ein neues Hindernis gefunden:
"Entführungszweifel von 10 JapanerInnen" ohne Beweis. Die japanische LDP-Regierung wartet
nur auf den Zusammenbruch Nordkoreas.
Nachkriegsgeschichte Koreas: Hintergrund der friedlichen Wiedervereinigung
Koreas
Ich möchte die Nachkriegsgeschichte chronologisch nach folgenden Punkten erläutern:
1. Von der Befreiung Koreas aus der Kolonialherrschaft zur Spaltung Koreas.
1.
Die Kairo-Erklärung wurde im November 1943 in Kairo von den USA, Großbritannien
und China unterschrieben und danach in Teheran von Stalin (UdSSR) unterstützt. Sie stellte eine
wichtige Basis des Koreaproblems nach dem Zweiten Weltkrieg dar, weil sie folgendes
beinhaltete: "Wir, die USA, Großbritannien und China, haben vor dem Hintergrund des
sklavenähnlichen Zustandes der Koreaner den Entschluß gefaßt, zukünftig ein freies und
unabhängiges Korea zu gründen."
2.
Die Entscheidung des 38. Breitengrades (10.8.1945): Der 38. Breitengrad war eigentlich
die Verteilungsgrenze der Entwaffnung der japanischen Armee zwischen den USA und der
UdSSR.
3.
Die amerikanische Besatzung des Südkoreas (8.9.1945 – 15.8.1948):Wegen des großen
Verbrauchs der militärischen Kräfte in der Okinawaschlacht konnte die USA ihre Truppe nicht
nach Südkorea schicken. Darum hatte General McArthur (USA) den japanischen
Generalgouverneur General Abe in Korea benutzt, um die öffentliche Ordnung in Südkorea
aufrechtzuerhalten (15.8. - 8.9.1945). Der japanische Generalgouverneur unterdrückte alle
nationalen Bewegungen in Südkorea als "kommunistisch".
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4.
Die USA hatte während dem Außenministerkongress (USA. GB. und UdSSR) in Moskau
im Dezember 1945 vorgeschlagen, Korea zu einem Mandatsgebiet der UNO für ca. 20 Jahre zu
machen. Die UdSSR war mit dem Argument dagegen, dass der Vorschlag der USA zu lang sei.
Sie einigten sich darauf, die Mandatszeit der UNO in Korea auf 5 Jahre zu begrenzen. 1947
thematisierten die USA das Koreaproblem in der UNO, um Südkorea unter dem Einfluss der
USA die Unabhängigkeit zu geben, was praktisch die Spaltung Koreas bedeutete. Vor diesem
Hintergrund entstand und verbreitete sich die Massenbewegung gegen die Teilung in ganz Korea.
5.
Die USA erklärte ohne Berücksichtigung der Koreaner den 10. Mai 1948 als Wahltag des
südkoreanischen Parlaments. Die Massenprotestbewegung gegen die einseitige Wahl verstärkte
sich. Die rechten Kräfte Koreas unterdrückten unter der Führung der USA die Massenbewegung
unbarmherzig. Diese gipfelte im Massaker auf der Cheju-Insel, auf der sich die Bürger gegen die
blutige Unterdrückung bewaffnet zur Wehr setzten. Trotz allem wurde die Wahl durchgeführt.
6.
Am 15.8.1948 hatte der Präsident Rhee Syng-Man, der während der japanischen
Herrschaft in Hawaii Exil suchte und mit den amerikanischen Truppen nach dem Krieg nach
Korea zurückkam, die Gründung der koreanischen Republik ausgerufen. Am 9.9.1948 erklärte
Nordkorea die Gründung der demokratischen Volksrepublik Korea.
Damit spaltete sich Korea in zwei Teile.
2.
1.
Der Koreakrieg (25. 6. 1950 -- 23. 7. 1953).
Was für ein Krieg war der Koreakrieg? Der Koreakrieg war eigentlich ein Bürgerkrieg
innerhalb einer Nation. Der Krieg entwickelte sich aber wegen des Eingreifens der USA vom
Bürgerkrieg zum internationalen Krieg.
2.
Zum Hintergrund des Kriegs muss man bemerken, dass am 1.10.1949 die Gründung der
Volksrepublik China in Beijing von der KPC erklärt wurde, und dass die Partei Rhees, des
Präsidenten Südkoreas, bei der Parlamentswahl im Mai 1950 eine Niederlage erlitt und die
Mehrheit im Parlament verlor. Es ist zu vermuten, dass die Arbeiterpartei Korea diese Ereignisse
für eine gute Chance zur nationalen Vereinigung gehalten haben.
3.
Am 10.12.1948 wurde der Sicherheitsvertrag zwischen den USA und Südkorea
geschlossen, der den Rückzug der amerikanischen Armee bestimmte. Hintergrund war das
Abkommen der Sowjetunion mit Nordkorea, die sowjetische Truppe bis Ende 1948
zurückzuziehen. Präsident Lees hatte Angst davor, dass der Rückzug der amerikanischen Armee
aus Südkorea den Verzicht der USA auf Korea bedeuten könnte.
15
4.
Der Bürgerkrieg wurde zum totalen Krieg. Das Schlachtfeld verbreitete sich auf ganz
Korea. Die Fronten bewegten sich zwei Mal vom Nord- bis zum Südende und vom Süd- bis zum
Nordende Koreas. Nachdem die Front auf dem 38. Breitengrad zum Stillstand kommt,
bombardierte die USA Nordkorea zwei Jahre und verwüstete dadurch ganz Nordkorea. Die
Kriegsopfer beider Seiten wurden auf insgesamt 3 Millionen Menschen geschätzt.
5.
Am 27.7.1953 entstand das Waffenstillstandsabkommen zwischen der UN (USA),
Nordkorea und China. Sie hatten im Abkommen versprochen, innerhalb eines halben Jahres den
Friedensvertrag zu schließen. Aber bis heute wurde kein Friedensvertrag umgesetzt. Der
Koreakrieg ist noch nicht beendet.
3.
1.
Die Studentenrevolution (19.4.1960) und der Militärputsch (16.5.1961)
Am 19.4.1960 wurde die Rhee Syng-Mans Regierung von den Studenten gestürzt. Die
Studenten forderten die Demokratisierung Südkoreas und die nationale Wiedervereinigung
Koreas.
2.
Am 16.5.1961 erschienen plötzlich Soldaten auf der Straße von Seoul, besetzten die
Regierungsgebäude und General Pak Chong-Hi erklärte, dass er Südkorea beherrschte. General
Pak stammte aus der japanischen kaiserlichen Armee und hieß Leutnant Okamoto während des
Zweiten Weltkriegs. Die japanischen rechten Politiker und Unternehmer, die früher in Korea
herrschten, begrüßten ihn.
3.
Am 22.6.1965 entstand der Grundvertrag zwischen Japan und Südkorea über die
diplomatische
Normalisierung.
Im
Vertrag
stand
kein
Wort
über
die
japanische
Kolonialherrschaft in der Vergangenheit. Statt dessen unterstützte die japanische Regierung das
militärische Regime Paks wirtschaftlich. Dadurch entstand die "schwarze Verbindung" zwischen
Pak und der japanischen LDP-Regierung, mit der Korruption auf beiden Seiten einherging.
4.
1.
Die Präsidentenwahl (4.1971) und die gemeinsame Nord-Süd Erklärung (4.7.1972).
Im April 1971 fand die Präsidentenwahl in Südkorea statt. Die Kandidaten waren Pak
Chong-Hi und Kim Dae-Jung. Trotz des heftigen Eingreifens der militärischen Regierung in die
Wahl war der Stimmenunterschied nur 0.9 Millionen. Der praktische Sieger war Kim Dae-Jung,
weil Kim für die nationale Versöhnung und Wiedervereinigung mit Nordkorea in drei Stufen
appellierte. Das war der Anfang seiner Sonnenscheinpolitik. Deswegen aber wurde Kim von Pak
gehasst und immer wieder unterdrückt.
16
2.
Die Nixon-Regierung der USA versuchte 1971 eine Kurswende. Nixon besuchte Beijing
und suchte die Versöhnung mit China. In Südkorea war Pak ebenfalls gezwungen, seine Politik
zu ändern, um politisch zu überleben, da er bereits die letzte Präsidentenwahl wegen der
nationalen Wiedervereinigungspolitik von Kim Dae-Jung praktisch verlor. Aus diesem Grund
hatte er seinen Botschafter, Chef von KCIA, im Geheimen nach Nordkorea geschickt und am
4.Juli 1972 eine gemeinsame Erklärung von Nord- und Südkorea bekannt gegeben. Danach hatte
er die nationale Wiedervereinigungspolitik monopolisiert und die Wiedervereinigungsbewegung
der Bürger unbarmherzig unterdrückt.
5.
Kim Dae-Jungs Entführungsaffäre (8.8.1973) und die Demokratisierungsbewegung in
Südkorea.
1.
Am 8.8.1973 entführte der KCIA Kim Dae-Jung aus einem Zimmer eines japanischen
Hotels (Hotel Grand Palace) in Tokio, um seine Aktivität für die nationale Wiedervereinigung
und Demokratisierung Südkoreas zu verhindern. Nach verschiedenen Beweisen war das
eigentlich ein Attentatsplan. Aber wegen der starken internationalen Protestbewegung gegen die
Pak Regierung und für die Rettung Kim Dae-Jungs konnte der KCIA Kim Dae-Jung nicht töten.
Drei Tage später kam er zu seinem Haus in Seoul zurück.
2.
Die Kim Dae-Jung Affäre zeigte deutlich den diktatorischen Charakter der Pak
Regierung. Dagegen breitete sich die Demokratisierungsbewegung in Südkorea aus und es
entstand die solidarische Bürgerinitiative für die Demokratisierung Südkoreas und gegen die
“schwarze Verbindung“ zwischen den japanischen und koreanischen Regierungen.
6.
Die Erschießung Paks (26.10.1979), "Frühling in Seoul" und die blutige Unterdrückung
in Kwangju (17.-27.5.1980).
1.
Am 26.10.1979 wurde Pak von einem seiner Untertanen, dem Chef der KCIA erschossen.
Der Zusammenbruch des militärischen Regimes Paks war das Ergebnis der Ausbreitung der
Demokratisierungsbewegung. Bereits kurz nach dem „Frühling in Soul“ im Frühjahr 1980
unterdrückte
General
Chun
Doo-Hwans,
der
als
Nachfolger
Paks
auftrat,
die
Demokratisierungsbewegung und deren Symbol Kim Dae-Jung.
2.
Am 17.5.1980 wurde Kim Dae-Jung plötzlich von Soldaten verhaftet. Dagegen standen
die Studenten und Bürger in der Stadt Kwangju, der Heimatstadt Kim Dae-Jungs, auf und
forderten die Befreiung von Kim Dae-Jung und anderen Inhaftierten. Das Militär hatte die
17
Bewohner Kwangjus, unter ihnen befanden sich auch Frauen und Babys, blutig niedergeschlagen
und ermordet.
3.
Im September 1980 begann der militärische Prozeß gegen Kim Dae-Jung und seinen
Anhängern. Kim Dae-Jung wurde zweimal zum Tode verurteilt. Dann entstand eine große
internationale Bewegung für die Rettung Kim Dae-Jungs in Japan und anderen Teilen der Welt.
Ich hatte vom Ende Oktober bis Anfang November mit Millionen von Unterschriften für die
Rettung Kim Dae-Jungs die UNO in New York besucht. Auf Grund der internationalen
Protestbewegung mußte die koreanische Regierung Paks Kims Strafe von der Todesstrafe zum
lebenslangen Zuchthaus herabsetzen.
4.
Im Dezember 1982 wurde Kim Dae-Jung in die USA entlassen. Ich war damals der
Generalsekretär eines Komitees für die Untersuchung der Entführungsaffäre Kim Dae-Jungs.
Darum hatte ich Herrn Kim in Amerika besucht und nach seinen Erlebnissen gefragt. Das war
meine erste Begegnung mit Kim Dae-Jung.
7. Die Olympischen Spiele in Seoul 1988 und Ro Tei-Uhs "Nordpolitik".
1. Die Aufgabe des neuen Präsidenten Ro Tei-Uh war, die Olympischen Spiele in Seoul 1988
erfolgreich zu veranstalten. Vor diesem Hintergrund hatte die USA eine gekreuzte
Anerkennungspolitik vorgeschlagen, d.h. die Sowjetunion und China sollten auf der einen Seite
Südkorea anerkennen und auf der anderen Seite erkannten Japan und die USA dafür Nordkorea
an. In diesem Rahmen hatte Ro Tei-Uh seine "Nordpolitik" fixiert, die die diplomatische
Beziehung Südkoreas mit der Sowjetunion und China beinhaltete. Die Sowjetunion und China
nahmen an den Olympischen Spielen in Seoul teil. Am 17.9.1991 wurden Nord- und Südkorea
Mitglieder der UNO.
Am 19.4.1991 besuchte Gorbatschow als Präsident der Sowjetunion Südkorea. Am 13.8.1992
erkannte China Südkorea an.
Trotzdem haben die USA und Japan bis heute noch nicht Nordkorea anerkannt. Sie haben ihre
eigene gekreuzte Anerkennungspolitik verraten.
18
8. Willy Brandts Ostpolitik und Kim Dae-Jungs Sonnenscheinpolitik seit 1971.
1. Kim Dae-Jung glaubte, dass Willy Brandts Ostpolitik die Wiedervereinigung Deutschlands
brachte und seine Sonnenscheinpolitik die Wiedervereinigung Koreas bringt, aber nur langsam
durch die drei Stufen-Politik: (1) Annäherung, Abrüstung und Austausch zwischen den beiden
Regierungen. (2) Zwei Regierungen in einem Staat. (3) Eine Regierung in einem Staat.
2. Kim Dae-Jung lernte aus dem Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands sowohl die
positive als auch negative Seite kennen.
9. Die Nordkorea-Politik der USA: Von "Zweifel an der nuklearen Waffe" (1993-94) über den
zweiten Koreakriegsplan (1994) zu Perrys Bericht (1999).
1. Am 12.3.1993 antwortete Nordkorea auf die Forderung nach einer speziellen Inspektion der
unterirdischen nuklearen Fabriken Nordkoreas durch die USA (IAEA) mit dem "Austritt aus dem
NPT (Nuclear Proliferation Treaty)". Das war der Anfang des Problems vom "Zweifel an der
nuklearen Waffe Nordkoreas".
2. Im Mai 1993 hat Nordkorea "Nodon-1. Raketen" (Schusweite:500-1300km) getestet.
3. Vom 2. bis zum 11.Juni 1993 haben die USA und Nordkorea über den "Zweifel an der
nuklearen Waffe Nordkoreas" in Genf gesprochen und eine gemeinsame Erklärung bekannt
gegeben. Die USA erklärte keine militärische Bedrohung ihrerseits, die Abschaffung der
nuklearen Waffen auf der Korea-Halbinsel, keinen Eingriff in die inneren Angelegenheiten
Nordkoreas und die Unterstützung der friedlichen Wiedervereinigung Koreas. Nordkorea erklärte
den Stopp des Austritts aus dem NPT.
4. Am 25.Februar 1994 kam es zur folgenden Einigung zwischen Nordkorea und den USA: (1)
Stopp des Manövers Teamspirit 94 gegen Nordkorea. (2) Durchführung einer speziellen
Inspektion von IAEA. (3) Beginn eines Gesprächs zwischen Nord- und Südkorea für den
Austausch einer speziellen Mission.
5. Im März 1994 entstanden heftige Gegensätze beim Gespräch zwischen Nord- und Südkorea.
6. Im April 1994 forderte die japanische Liberaldemokratische Partei der Regierung plötzlich
die "Kriegsvorbereitung" gegen Nordkorea und die japanische Polizei griff auf pronordkoreanische Organisationen über, ohne einen Grund anzugeben.
19
7. Am 18. Mai 1994 versammelten sich in Washington die Generale der USA im Pentagon für
die Diskussion über den Kriegsplan des Zweiten Koreakriegs und zur Berechnung der
Kriegskosten. Sie schätzten, dass die USA 500.000 Soldaten einsetzen müssten. Der Verlust der
Soldaten betrug nach dieser Rechnung in den ersten 3 Monaten 52.000 US-Amerikaner,
Südkorea verlöre 500.000 Soldaten. Eine Million Bürger in beiden Ländern würde Opfer des
Krieges. Die USA forderten von der japanischen Regierung die 1500-Punkte-Kriegshilfe. Japan
konnte jedoch wegen seiner Friedensverfassung den amerikanischen Forderungen nicht
nachkommen. Deswegen forderte die USA Japan auf, das Kriegshilfsgesetz einzuführen, das im
Mai 1999 im japanischen Parlament verabschiedet wurde.
8. Am 13.Juni 1994 kam der Ex-Präsidenten der USA Carter in Seoul an, der nicht von der
Clinton Regierung geschickt wurde, sondern von Kim Dae-Jung gebeten wurde, in Pjongyang
mit Kim Il-Song über eine Lösung der Auseinandersetzung zwischen den USA und Nordkorea
und des nuklearen Problems zu sprechen. Kim Dae-Jung schreibt darüber in seinem Buch, dass
er selbst Carter gebeten hatte, in Pjongyang direkt mit Kim Il-Song zu reden. Am 16.Juni 1994
versammelten sich Clinton, Goa, Perry. usw. im Weißen Haus, um über die endgültige
Entscheidung über den Zweiten Koreakrieg zu diskutieren. Dorthin hatte Carter folgende
Nachricht aus Pjongyang telephonisch mitgeteilt: "Kim Il-Song hat dem Stopp des AKW-Plans
und dem Nord-Süd-Gipfeltreffen zugestimmt". Damit wurde die Krise des Zweiten Koreakriegs
aufgelöst. Aber kurz darauf am 7. Juli 1994 starb Kim Il-Song plötzlich.
9. Trotz des Tods Kim Il-Songs und des verstärkten Gegensatzes zwischen Süd- und Nordkorea
entstand am 21.Oktober 1994 die grundlegende Übereinstimmung zwischen Nordkorea und den
USA über: (1) Die Umwandlung des alten AKW-Plans zum amerikanischen AKW-Plan. KEDO
(Korean Energy Development Organisation) wird dafür von den USA, Südkorea, Japan usw.
gegründet werden. (2) Die Normalisierung der politischen, wirtschaftlichen und diplomatischen
Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA. (3) Die offizielle Garantie, dass die USA keine
militärische oder atomare Bedrohung für Nordkorea ausüben. (4) Nordkorea verbleibt im NPT.
Diese Erklärung sollte eigentlich die endgültige Lösung aller Probleme zwischen Nordkorea und
den USA darstellen, d.h. wenn die amerikanische Regierung sie wirklich durchgeführt hätte.
Aber mit der Bekanntmachung des Pentagon Berichts über die Situation in Ostasien durch die
USA im Februar 1995, der die ständige Stationierung von 100.000 US-Soldaten in Ostasien
(Japan und Südkorea) gegen Nordkorea erklärt, wurde deutlich, dass die USA auf den
Zusammenbruch Nordkoreas durch ihre militärische Bedrohung warten.
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10. Durch die Präsidentenwahl von Südkorea im Dezember 1997 tritt Kim Dae-Jung als
Präsident der "Sonnenscheinpolitik" auf. Er erklärte, dass er Nordkorea nicht als Feind, sondern
als Partner für die nationale Wiedervereinigung respektiert. Gleichzeitig empfahl er den USA
und Japan die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen mit Nordkorea.
Im September 1998 bewies Nordkorea mit dem Abschuss eines Satelliten durch eine
Langstreckenrakete, dass es die Möglichkeit besitzt, die USA unmittelbar zu bombardieren. Aus
diesem Grund waren die USA gezwungen, mit Nordkorea direkt ins Gespräch über die
diplomatische Normalisierung ihrer Beziehung zu treten.
Im Mai 1999 hat Perry als Sonderbotschafter Clintons Pjongyang besucht. Danach im Oktober
1999 hat er den "Perry Bericht" bekannt gegeben. In ihm hat er die Zustimmung von den USA
zur Sonnenscheinpolitik Kim Dae-Jungs und zur Normalisierung der Beziehungen mit
Nordkorea vorgeschlagen.
11. Das Gipfeltreffen von Süd- und Nordkorea, Kim Dae-Jungs und Kim Jong-Ils vom 13.15.Juni 2000 in Pjongyang war wirklich eine historische Tat. Dahinter verbirgt sich aber ein
langer und schwieriger Prozess. Nach dem Gipfeltreffen vollzog sich der Friedensprozess sowohl
zwischen Süd und Nord als auch zwischen Nordkorea und den USA sehr schnell. Am 9.12.Oktober 2000 hat ein nordkoreanischer General Clinton in Washington besucht und das
gemeinsame Kommuniqué zwischen Nordkorea und den USA bekannt gemacht. Daraufhin hat
am 20. Oktober 2000 die amerikanische Außenministerin Albright Kim Jong-Il in Pjongyang
besucht. Aber mit dem Auftritt George Bushs als Präsident im Dezember 2000 fand der
Friedensprozess ein jähes Ende.
Die heutige Situation
Ein Artikel aus der "Frankfurter Rundschau" vom 27. März 2001, dessen Überschrift lautet:
"Südkoreas
Präsident
bildet
Kabinett
radikal
um/Kim
Dae-Jung
entlässt
neun
Minister/Raketenabwehr-Programm der USA sorgt für Streit", berichtet: "Außenminister Lee
mußte gehen, weil er am vergangenen Freitag öffentlich geäußert hatte, die USA hatten Südkorea
vor einem gemeinsamen Gipfel im März gedrängt, das NMD-Projekt offiziell zu unterstützen."
Neben diesem Artikel befindet sich noch ein kleinerer Artikel mit der Überschrift:
"Zwangsarbeit--Gericht in Japan weist Klage von Koreanern ab". Der Artikel berichtet: "Ein
Tokioter Bezirksgericht hat eine Entschädigungsklage von Südkoreanern abgewiesen, die im
21
Zweiten Weltkrieg von der japanischen Armee als Sex-Sklavinnen mißbraucht oder als
Zwangsrekruten eingezogen wurden." In dem Artikel liest man noch weiter über die Kläger:
"Unter den 40 Südkoreanischen Klägern befanden sich acht frühere Sex-Sklavinnen, 16
Zwangsrekruten und 16 Angehörige von Zwangsarbeitern der japanischen Armee während deren
Besetzung der koreanischen Halbinsel von 1910 bis 1945. Sie hatten geklagt, die Gräueltaten der
japanischen Armee in Korea mußten als Verbrechen gegen Menschlichkeit verurteilt werden. Die
japanische Justiz hatte in ähnlichen Fällen wiederholt Klagen auf direkte Entschädigung
abgelehnt." Warum? Mit dem Argument, dass über Entschädigung der geforderten Art bilaterale
Verträge zwischen den ehemals verfeindeten Staaten abgeschlossen werden müssten.
Diese zwei Artikel zeigen sehr deutlich den Unterschied zwischen Japan und Korea.
Japan kann bzw. will noch nicht mit seiner Vergangenheit abrechnen. Südkorea, Kim Dae-Jung
steht mit dem Auftritt George Bushs als Präsident einem neuen Problem gegenüber. Der
entlassene ehemalige Außenminister Lee Joung Binn formulierte es in seiner Rücktrittsrede
folgendermaßen: "Wie der Stolz für die Individuen wichtig ist, braucht der Staat auch den Stolz
für sich. Was am wichtigsten ist, sind der Stolz und das Interesse unseres Staates. Wir können
nicht mit einem anderen Staat verkehren, wenn der Stolz unseres Staates verletzt wird. Die
Beziehung zwischen den USA und Südkorea geht nur gut, wenn der Stolz Südkoreas erhalten
bleibt." Seit der Entstehung Südkoreas hat sich kein Minister so klar gegen die USA kritisch
geäußert, wie er. Das bedeutet, dass Korea heute eine neue Tür in Ostasien öffnet.
Schluss
Ich möchte nochmals zur ersten Frage zurückkommen: "Ist die friedliche Wiedervereinigung
Koreas wirklich möglich? Und wie?"
Meine Antwort darauf ist: Wichtig ist ein richtiges Verständnis des Koreaproblems seit dem
Ende des Zweiten Weltkriegs und die internationale Unterstützung, besonders von der
japanischen öffentlichen Meinung. Darum habe ich im Oktober 2000 in Japan ein Buch
herausgegeben, das "Das die Dunkelheit durchbrechende Licht" heißt. Die Dunkelheit bedeutet
die japanische Kolonialherrschaft, der kalte Krieg und das militär-diktatorische Regime nach
dem Zweiten Weltkrieg. Das Licht bedeutet die Demokratisierung, die nationale Einheit und der
Friede in Ostasien.
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1990, vor zehn Jahren habe ich ein Buch herausgegeben, das "das in der Dunkelheit wachsende
Licht" hieß. Das Licht hat endlich die Dunkelheit Koreas durchbrochen. Korea ist jetzt im Licht,
auch wenn Korea vor vielen Schwierigkeiten steht. Japan ist jetzt in der Dunkelheit, obwohl die
meisten Japaner sich dessen nicht bewußt sind.
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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