Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument FENG Xiaohu (Chinesisch-Deutsches Institut an University of International Business and Economics Beijing) I.0. Konzeptuelle Metapher Metapher gehört zu den am meisten diskutierten Themen in der kognitiven Linguistik heute. Bevor wir uns an die Metapher begeben, muss auf die Metaphernforschungsgeschichte zurückgeführt werden, um klarzustellen, was unter dem Begriff „Metapher“ überhaupt verstanden wurde und wird. Die 2.000jährige Metaphernforschungsgeschichte ist gekennzeichnet durch zwei Hauptmerkmale, die ARISTOTELES festgelegt und von anderen namhaften Wissenschaftlern weitergetragen wurden und werden, nämlich: 1. Metapher ist ein sprachliches Phänomen, eine Dekoration der Sprache, eine Stilfigur. 2. Metapher baut auf einer semantischen Anomalie auf. Diese Theorie hielt bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts die Metaphernforschung unter ihre Kontrolle. Auch heute gehen viele Menschen, darunter sogar viele gute Wissenschaftler, von dieser Meinung aus, weil es einfach stereotyp und zeitsparend ist. Doch wenn man sich ein bisschen mehr und genauer über die Metapher nachdenkt, ist eigentlich zwingend, dass man sich mit dieser Theorie nicht zufriedenstellen kann. In 30er Jahren dieses Jahrhunderts haben IVOR ARMSTRONG RICHARDS und MAX BLACK getan und führten Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 181 die Metaphernforschung somit in eine völlig neue Richtung, nämlich die Richtung der Interaktionstheorie. Aufgrund der Interaktionstheorie sind GEORGE LAKOFF und MARK JOHNSON dann weiter vorangegangen und entwickelten die Theorie der konzeptuellen Metapher, die sie in ihrem inzwischen klassisch gewordenen Buch Metaphors we live by (1980) detailliert präsentieren. I.1. Metaphern und Philosophie Metapher ist, anders als übliche Stilfiguren, seit ARISTOTELES ein interessantes Ziel der Philosophie gewesen, obwohl sie bei ARISTOTELES lediglich als Stilfigur zu finden ist. Nicht nur ARISTOTELES, sondern auch andere namhafte Philosophen wie PLATO, DESCARTES, LOCKE, KANT, CONDILLAC, HUSSERL, BLUMENBERG, DE MAN, RICOEUR, LACAN, FATHER BOYLE usw. haben sich auf die Diskussion über Metapher eingelassen, was zeigt, dass es schwer ist, Metapher nur als ein sprachliches Phänomen zu erklären. Man muss es daher stets im Auge behalten, dass LOKOFF und JOHNSON die Metapher nicht gerade aus der Sicht der Rhetorik untersuchen. Sie nehmen die konzeptuelle Metaphern eher als ein Instrument, womit sie den philosophischen Streit zwischen Objektivisten und Subjektivisten beizulegen versuchten. Ich will mich aber in dieser Arbeit auf linguistische Darstellung der Metapherntheorie beschränken, deshalb werde ich die Fronten von Objektivismus und Subjektivismus nicht ausführlich vorstellen. Die interessierten Leser können sich einen Überblick in Metaphors we live by (LAKOFF/JOHNSON 1980) gewinnen. Vereinfacht gesagt glauben die Objektivisten, dass alles in der Welt - die Sprache natürlich eingeschlossen - Objekte sind. Sie sind unabhängig von den Menschen vorhanden, die sie mit eigenem Leib erfahren. Die Objektivisten gehen davon aus, dass wir die Welt nur dann verstehen können, wenn wir die Eigenschaften der Objekte in der Welt und die Beziehungen unter ihnen ken- 182 nengelernt haben. Ihrer Meinung nach gibt es in der Welt eine unabhängige Wahrheit und Unwahrheit, unabhängig von den Menschen. Da die Objekte von den Menschen unabhängig sind, hat die Sprache eine Festbedeutung, genauso wie wir „Kugelschreiber“ sagen und den Kugelschreiber, der auf unserem Tisch liegt, meinen. Anhand dieser These gibt es in der Welt für jedes Ding einen Namen, oder umgekehrt, für jeden Namen ein Ding. Da wir die Welt richtig beschreiben wollen, müssen wir die Sprache, die der Wahrheit entspricht, präzis und klar verwenden. Hier wird die Wahrheit als Objektivität definiert. Daher können die Menschen nur dann objektiv (richtig) sein und objektiv (richtig) sprechen, wenn wir präzis und den Objekten der Welt entsprechend sprechen. Wenn man objektiv sein will, muss man sich bemühen, rational zu sein. Von der Perspektive der Objektivisten aus gesehen sind die Subjektivisten auf dem falschen Weg zur Wahrheit, denn ein Subjektivist übersieht die Eigenschaften der Objekte und deren Beziehungen. Und ein Subjektivist kann auch schnell durch seine Emotionen verführt werden (KRINGS/BAUMGARTNER/ WILD 1973:1547 ff. vgl. auch LAKOFF/JOHNSON 1980:195-209). In der europäischen Tradition herrscht allgemein der Objektivismus seit ARISTOTELES vor. Die traditionellen Vertreter der Metaphernforschung seit ARISTOTELES können in dieser Hinsicht alle zu den Objektivisten gezählt werden. Bei ihnen ist die Metapher eine Stilfigur, eine uneigentliche Benennung der Dinge. Die Metapher ist eine Fiktion der Menschen, eine von den Menschen abhängige Realität. Weil es für jedes Ding einen eigentlichen Namen gibt und die Metapher immer die eigentliche Benennung der Dinge ersetzt, ist sie allgemein nicht objektiv, deshalb kann sie auch nicht eigentlich und richtig. Die Subjektivisten nehmen dagegen die menschlichen Intuitionen und Wahrnehmungen als unseren Wegweiser für die menschlichen Handlungen im Alltagsleben. Sie glauben, dass die subjektiven Gefühle das wichtigste für uns Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 183 sind. Kein Mensch ist im Weltleben wirklich neutral. Man entscheidet sich bei jeder Auseinandersetzung für diese oder jene Seite, nach seinem subjektiven Gefühl, seinen Emotionen. Die Subjektivisten sehen die Kunst und Dichtung als etwas rein Subjektives. Mensch erwerben sich diese Subjektivitäten mehr durch die Imagination und Rationalität. Die Subjektivisten sehen die Sprache der Imagination - die Metapher ist das wichtigste Element dieser Sprache - als Voraussetzung zum Ausdruck unserer persönlichen Intuitionen und Emotionen. Eine wörtliche Bedeutung kann eine Sprache der Imagination nicht schaffen, weil die Bedeutung objetivistisch ist (LAKOFF/JOHNSON 1980:185-194 und 223-225). Die Subjektivisten verurteilen den objektivistischen Aspekt, denn er blockiert den wichtigsten und besten Weg zum Ausdruck der Erfahrungen und der Emotionen der Individuen. Er betrachtet die Erfahrung des Menschen unabhängig von den Gefühlen der Mensch, was eben für Subjektivisten gesehen ein Widerspruch ist. (KRINGS ET AL. 1973:1369 ff. vgl. auch den Grundbegriff „Ideal“ ibid:701 ff.) I.2. Der dritte Weg von LAKOFF und JOHNSON: Synthese durch Erfahrung LAKOFF und JOHNSON sind einen dritten Weg gegangen. Sie kritisieren den Objektivismus, weil eine absolute Wahrheit in unserer Welt nach ihrer Meinung nicht zu finden ist, während sie aber auch den Subjektivismus verneinen, weil er alles von der individuellen Erfahrung abhängig macht, so dass Bedeutung nur eine Bedeutung für Individuum sein kann. Der Fehler des Subjektivisten liegt genau so offenbar auf der Hand wie der des Objektivisten, denn wenn es nur individuelle Erfahrungen und individuelle Bedeutungen gibt, dann kann es keine gemeinsame Bedeutung geben. Aber ohne gemeinsame Bedeutung ist gar keine Kommunikation möglich. LAKOFF und JOHNSON ha- 184 ben nach der Verneinung der Objektivisten und Subjektivisten auf einen dritten Weg hingewiesen, welchen sie „Synthese durch Erfahrung“ („experientialist synthesis“) (L/J 1980:192) nennen. Der Objektivismus beruht auf Rationalität und übersieht die Imagination, der Subjektivismus schlägt sich dagegen auf die Seite der Imagination und nimmt die Rationalität nicht wahr. Genau hier schaltet sich die Metapher ein. Die Synthese durch Erfahrung kann durch Metaphorisierung erreicht werden (L/J 1980:192 ff.). Mit der Metaphorisierung ist metaphorisierendes Denken gemeint. Es ist in der Lage, die Rationalität und Imagination zu verbinden. Die Verbindung der Rationalität und Imagination, so LAKOFF und JOHNSON, kommt in folgender Weise zustande: „The reason we have focused so much on metaphor is that it unites reason and imagination. Reason, at the very least, involves categorization, entailment, and inference. Imagination, in one of its many aspects, involves seeing one kind of thing in terms of another kind of thing - what we have called metaphorical thought. Metaphor is thus imaginative rationality. Since the categories of our everyday thought are largely metaphorical and our everyday reasoning involves metaphorical entailments and inferences, ordinary rationality is therefore imaginative by ist very nature.“ (L/J 1980:192-193) Die Relevanz des metaphorisierenden Denkens für die Philosophie und Sprache liegt in der Überbrückung zwischen Objektivismus und Subjektivismus herstellt. Im folgenden werde ich darauf zu sprechen kommen, was für eine Metapher es ist, die eine solche Überbrückung ermöglichen kann1. 1 Über die Subjektivisten, Objektivisten und den dritten Weg von LAKOFF/JOHNSON vgl. auch YE FEISHENG (1982) Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 185 I.2.1. Die Welt ist ein System von Konzepten Es ist allgemein bekannt, dass die Konzepte die entscheidende Rolle im Denken spielen. Auch in einer fiktiven Welt, z.B. in der Welt der Drachen, spielen die Konzepte die wichtigste Rolle. Ohne entsprechende Konzepte können wir uns auch keine fiktive Welt vorstellen. Nach LAKOFF und JOHNSON ist ein Denken ohne Konzepte kaum möglich: „The concepts that govern our thought are not just matters of the intellect. They also govern our everyday functioning, down to the most mundane details. Our concepts structure what we perceive, how we get around in the world, and how we relate to other people. Our conceptual system thus plays a central role in defining our everyday realities.“ (L/J 1980:3) LAKOFF und JOHNSON untersuchen die Metapher dann weniger aus der sprachlichen Perspektive, wie es ARISTOTELES und seine Anhänger getan haben, sondern mehr aus der Perspektive des Konzepts, des Denkens, des Verstehens und der Kognition. Dies haben sie von Anfang an klargemacht: „The most important claim we have made so far is that metaphor is not just a matter of language, that is, of mere words.“ (L/J 1980:6) Diese paar Worte konstituieren eine Wende in der Geschichte der Metaphernforschung. Die meisten Wissenschaftler betrachten die Metaphernforschung als eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft. Mit einem Beispiel, der konzeptuellen Metapher ARGUMENT IS WAR, stellen LAKOFF und JOHNSON den Fehler dieser These bloss (L/J 1980:4 f.). Die Metaphorisierung ist nicht nur eine dekorierende Stilfigur, also ein Derivat der Sprache, sie ist mehr die Grundlage unserer Sprache, mit anderen Worten, unsere Sprache ist metaphorisch: 186 „The metaphor is not merely in the words we use - it is in our very concept of an argument. The language of argument is not poetic, fanciful, or rhetorical; it is literal. We talk about arguments that way because we conceive of them that way and we act according to the way we conceive of things. “ (L/J 1980:5) Die Sprache ist die Quelle der Beweise, wie unser Denken systematisiert wird: „Since communication is based on the same conceptual system that we use in thinking and acting, language is an important source of evidence for what that system is like“ (L/J 1980:3). LAKOFF und JOHNSON sind der Meinung, dass Metaphorisierung unser wichtigstes Instrument ist, zu unserem Denksystem zu gelangen. Wir merken schon, dass LAKOFF und JOHNSON die Metapher anders definieren als die traditionellen Forscher. Deshalb muss man sich ganz klar machen, von welcher Metapher hier die Rede ist. Es ist keine Metapher, die wir in unserem Alltagsleben als eine Ausschmückung der Sprache, also eine Stilfigur, gebrauchen. Es ist daher keine Metapher, wie sie ARISTOTELES, QUINTILIAN, ja sogar auch nicht RICHARDS, BLACK und WEINRICH verstanden. Wenn LAKOFF und JOHNSON über Metaphern reden, reden sie nicht über die konkreten Metaphern in der Sprache als Stilfigur. Sie reden von der Abstraktion aufgrund der konkreten Metaphern. Wie dies funktioniert, werde ich fortwährend darstellen. Es soll hier nur klargestellt werden, dass die konzeptuelle Metapher von LAKOFF und JOHNSON Konzepte stehen im Gegensatz zur sprachlichen Stilfigur, die sprachlich realisiert wird: „Therefore, whenever in this book we speak of metaphors, such as ARGUMENT IS WAR, it should be understood that metaphor means metaphorical concept.“ (L/J 1980:6) Ein Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 187 chinesischer Wissenschaftler hat deshalb diesen Begriff von L/J als übersetzt, also „metaphorische Konzepte“ (ZHU Xiaoan 1994a:12 ff.). Durch diese Übersetzung kommt die Emphase auf die Konzeptualität bei konzeptuellen Metaphern deutlich zum Tragen 2 . Mit einigen Beispielen will ich den Unterschied der Metaphern auf der token-Ebene und der konzeptuellen Metaphern auf der type-Ebene hervorheben. Im alltäglichen Leben sehen (hören) wir überall die Äusserungen wie: Beispiel 1 konkrete Metaphern 1 Ich rede nicht mehr mit dir. Du verschwendest nur meine Zeit. 2 Die kostbaren Gespräche, die ich mit ihm geführt habe, sind in meinem Gedächtnis geblieben. 3 Du handhabst deine Zeit nicht so effektiv. 4 Dieser Aufsatz hat mich 2 Stunden gekostet. 5 Ich kann Ihnen leider nur 10 Minuten geben. 6 Er hat so viel Zeit in mich investiert. 7 Mit diesem Werkzeug sparen Sie mindestens zwei Stunden. 8 Ich habe viel Zeit verloren, als ich 10 Wochen krank war. 9 Ich danke Ihnen, dass Sie sich Zeit genommen und uns besucht haben. 10 Diese paar Minuten schenken wir den Studenten. Alle diese Metaphern, die wir im Alltag ständig rezipieren, sind konkrete Metaphern auf der token-Ebene. Daraus können aber wir eine Abstraktion auf der type-Ebene ableiten: ZEIT ALS GELD3. ZEIT ist hier nicht eine Mes2 3 Ein Vorschlag, „metaphorical concept“ als „metaphorische Vorstellung“ zu übersetzen. Genauer dazu vgl. ZHANG PEICHENG 1998. Bei Lakoff/Johnson heisst es prototyp „TIME IS MONEY“. Ich finde aber den Ausdruck „ZEIT ALS GELD“ vernünftiger, weil das „ALS“ hier den met- 188 seinheit der linearen Entwicklung der Welt, es wird vielmehr als eine Ware mit Wert interpretiert. Denn eine Sache ohne Wert kann man nicht „schenken“. Nur wenn wir dieses Konzept ZEIT ALS GELD verinnerlichen, können wir von „sparen“, „kosten“, „investieren“, „geben“, „verlieren“, „nehmen“, „schenken“, „handhaben“, „investieren“, „verschwenden“, „Kostbarkeit“ reden, wenn wir über ZEIT 4 sprechen. Wir verstehen und erfahren die Zeit als eine Art von Geld, erst dann sind die Äusserungen im Beispiel 1 möglich: „Thus we understand and experience time as the kind of thing that can be spent, wasted, budgeted, invested wisely or poorly, saved, or squandered“ (L/J 1980:8) Diese Abstraktion ZEIT ALS GELD ist eine konzeptuelle Metapher. Mit den Beispiel 1 können wir folgendes Schema erstellen: Schema 1 Schema „ZEIT ALS GELD“ aphorischen Charakter besser visualisiert. In 1.2.6 wird genauer darauf eingegangen. Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument ZEIT ALS GELD 189 konzeptuelle Metaphern auf der type-Ebene konkrete Metaphern auf token-Ebene 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Mit diesem Schema wird ersichtlich, dass konzeptuelle Metaphern nicht mit den im Alltagsleben sprachlich realisierten Metaphern gleichzusetzen sind. Eine konzeptuelle Metapher ist daher nicht in unserem Sprachgebrauch zu finden, sondern sie ist eine abstrakte Grösse, die theoretisch zusammenzufassen und zu definieren ist. Eine konzeptuelle Metapher werde ich später Metapher nennen, während die im Alltagsleben sprachlich realisierten Metaphern metaphorische Äusserungen genannt werden. Da unsere Welt hauptsächlich in Konzepten systematisiert ist, kann die konzeptuellen Metaphern uns vorerst helfen, das System unserer Welt kennenzulernen und zu verstehen. Der wichtigere Beitrag von LAKOFF und JOHNSON besteht nämlich darin, dass das menschliche Denken zumeist metaphorisch ist: „We shall argue that, on the contrary, human thought processes are largely metaphorical. This is what we mean when we say that the human conceptual system is metaphorically structured and defined.“ (L/J 1980:6) 4 Ein mit Grossbuchstaben geschriebenes Wort vertritt ein Konzept. 190 Später weisen sie in demselben Buch noch einmal darauf hin, dass: „ [...] most of our conceptual system is metaphorically structured [...]“ (L/J 1980:106) Bekräftigungen dieser These sind wie die folgende häufig im Buch zu finden: „The meaning of a sentence is given in terms of a conceptual structure. [...], most of the conceptual structure of a natural language is metaphorical in nature. The conceptual structure is grounded in physical and cultural experience, as are the conventional metaphors. Meaning, therefore, is always grounded in the acquisition and use of a conceptual system.“ (L/J 1980:196 f.) I.2.2. Basiskonzepte Die Welt ist in Konzepten systematisiert. Aber da entsteht die Frage: Woher stammen die ersten Konzepte? LAKOFF und JOHNSON gehen davon aus, dass diese Konzepte als erste von der „räumlichen Orientierung“ („spatial orientation“) (L/J, 1980, S.14 ff.) stammen. Als Beispiel nehme ich hier das Basiskonzept-Paar „OBEN/UNTEN“. Die räumliche Orientierung hat wesentlich mit unseren körperlichen Erfahrungen zu tun. LAKOFF und JOHNSON nennen das „physische Basis“ („physical basis“). Über OBEN/UNTEN schreibt MICHAEL BAMBERG folgendes: „Unsere physische wie kulturelle Erfahrung im Umgang mit der Welt in der Begrifflichkeit von ‘oben’ und ‘unten’ dient beispielsweise als Grundlage, um andere Begriffe wie ‘Glück’, ‘Gesundheit’, ‘Leben’, ‘Kontrolle’ und ‘gesellschaftlicher Status’, ja sogar ‘Rationalität’ sinnvoll zu strukturieren und damit einzuordnen. Die metaphorische Zuordnung der folgenden Beispielsätze mag diese These verdeutlichen: Sie war total niedergeschlagen [TRAUER IST UNTEN]/langsam Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 191 kam sie wieder hoch [GESUNDHEIT IST OBEN]/die Macht des Kanzlers ist erheblich angestiegen [KONTROLLE UND MACHT SIND OBEN]/die Diskussion sank von einer hoch-intellektuellen Stufe auf ein niedriges emotionales Geplänkel [RATIO IST OBEN; EMOTIO IST UNTEN]“ (MICHAEL BAMBERG 1983:145) Diese Metaphern nennen LAKOFF und JOHNSON „Orientierungsmetaphern“(„orientational metaphors“), über die sie folgendes schreiben: „[...] But there is another kind of metaphorical concept, one that does not structure one concept in terms of another but instead organizes a whole system of concepts with respect to one another. We will call these orientational metaphors, since most of them have to do with spatial orientation: up-down, in-out, frontback, on-off, deep-shallow, central-peripheral. These spatial orientations arise from the fact that we have bodies of the sort we have and that they function as they do in our physical environment. Orientational metaphors give a concept a spatial orientation; for example, HAPPY IS UP. The fact that the concept HAPPY is oriented UP leads to English expressions like „I’m feeling up today.“ Such metaphorical orientations are not arbitrary. They have a basis in our physical and cultural experience. Though the polar oppositions up-down, in-out, etc., are physical in nature, the orientational metaphors based on them can vary from culture to culture. “ (L/J 1980:14) Die polaren Gegenüberstellungen OBEN-UNTEN sind im mentalen Reservoir festgelegten mentale Modelle, die ich Basiskonzepte nennen will. Sie sind in dem Sinne auch eine Stufe tiefer verankert als andere konzeptuelle Metaphern. Andere konzeptuelle Metaphern, etwa die Behältermetapher, die 192 Kanal/Leitung-Metapher können Ergebnis der Projektion der Basiskonzepte auf ein anderes Konzept sein. Beispiele haben LAKOFF und JOHNSON in ihrem Buch reichlich genannt, von denen ich hier nur einige wenige zitieren will: „‘More is better’ is coherent with MORE IS UP and GOOD IS UP. ‘Less is better’ is not coherent with them. ‘Bigger is better’ is coherent with MORE IS UP and GOOD IS UP. ‘Smaller is better’ is not coherent with them. ‘The future will be better’ is coherent with THE FUTURE IS UP and GOOD IS UP. ‘The future will be worse’ is not. ‘There will be more in the future’ is coherent with MORE IS UP and THE FUTURE IS UP. ‘Your status should be higher in the future’ is coherent with HIGH STATUS IS UP and THE FUTURE IS UP.“ (L/J 1980:22) In den von L/J festgestellten polaren Gegenüberstellungen ist eine Hierarchie zu beobachten: Schema 2: Gleichwertigkeit von „WICHTIG“ und „GUT“ polare Gegen- polare Gegen- polare Gegen- Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument überstellung 1 überstellung 2 überstellung 3 WICHTIG OBEN GUT UNWICHTIG UNTEN SCHLECHT 193 Gerade weil das Konzept „WICHTIG“ eine gleichwertige Stellung in der polaren Gegenüberstellung OBEN/UNTEN einnimmt, ist „WICHTIG“ gleichwertig mit „OBEN“, und weiter „OBEN“ mit „GUT“. Dementsprechend ist „UNWICHTIG“ mit „UNTEN“ und „SCHLECHT“ gleichwertig. Durch diese Folgerung kommt man zu der konzeptuellen Metapher „WICHTIG ALS GUT“. Es gibt natürlich auch andere Metaphorisierungen, die diesem System nicht entsprechen. In konzeptuellen Metaphern wie „MEHR ALS OBEN“, „GLÜCK ALS OBEN“ oder „RATIONAL ALS OBEN“ gibt es dreimal „OBEN“, die verschiedene Bedeutungen haben. „MEHR“, „GLÜCK“ und „RATIONAL“ gehören aber nicht zu einer gleichen Kategorie, z.B. gehört „GLÜCK“ in der polaren Gegenüberstellung „EMOTIONAL/RATIONAL“ klar zu „EMOTIONAL“, es kann so gesehen gar nicht gleichwertig mit RATIONAL sein. Dieses Beispiel bedeutet aber nicht, dass es hier ein Widerspruch zwischen der konzeptuellen Metapher „GLÜCK ALS OBEN“ und „RATIONAL ALS OBEN“ gibt. Es heisst auch nicht, dass es in unserer Sprache drei verschiedene „OBEN“ gibt, die zu verschiedenen Metaphern führen. Im Gegenteil, bei unserer menschlichen Orientierung gibt es nur ein „OBEN“. Dass aufgrund eines einzigen Konzept „OBEN“ unterschiedliche (manchmal von der Gleichwertigkeit her gesehen widersprüchliche) Metaphern produziert werden können, liegt an der „unterschiedlichen Erfahrungsbasis“ (different experiential basis) des Menschen. LAKOFF und JOHNSON schreiben dazu folgendes: 194 „For example, MORE IS UP has a very different kind of experiential basis than HAPPY IS UP or RATIONAL IS UP. Though the concept UP is the same in all these metaphors, the experiences on which these UP metaphors are based are very different. It is not that there are many different Ups; rather, verticality enters our experience in many different ways and so gives rise to many different metaphors. MORE UP Experiential basis 1 LESS DOWN RATIONAL UP Experiential basis 2 EMOTIONAL DOWN [...] The role of the experiential basis is important in understanding the workings of metaphors that do not fit together because they are based on different kinds of experience. Take, for example, a metaphor like UNKNOWN IS UP; KNOWN IS DOWN. Examples are ‘That’s up in the air.’ and ‘The matter is settled’. This Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 195 metaphor has an experiential basis very much like that of UNDERSTANDING IS GRASPING, as in ‘I couldn’t grasp his explanation’. With physical objects, if you can grasp something and hold it in your hands, you can look it over carefully and get a reasonably good understanding of it. It’s easier to grasp something and look at it carefully if it’s on the ground in a fixed location than if it’s flying through the air (like a leaf or a piece of paper). Thus UNKNOWN IS UP; KNOWN IS DOWN is coherent with UNDERSTANDING IS GRASPING.“ (L/J 1980:19 f.) Das Konzept „OBEN“ ist dasselbe geblieben, nur die „Erfahrungsbasis“ ist verschiedener Art. Daraus können wir zusammenfassen, dass die kohärenten Metaphern eine gemeinsame Erfahrungsbasis haben. I.2.3. Grundlegende Erfahrungen (basic experience) Im letzten Teil wurden die Basiskonzepte vorgestellt. Hier in diesem Teil will ich ausführlich darauf eingehen, worauf diese Basiskonzepte aufgebaut werden und wie es zu Basiskonzepten kommt. Die Grundlage der Basiskonzepte ist die grundlegenden Erfahrungen des Menschen. Grundlegende Erfahrungen (basic experience) sind die Erfahrungen, die die Menschen als Menschen von Anfang ihres Daseins mit ihren eigenen Körpern im Umgang mit der Umwelt gemacht haben (L/J 1980:61). Die grundlegendste Erfahrung, die wir als Menschen mit unserem Dasein machen, sind wie oben präsentiert die (räumliche) Orientierungen. Wir sind als Menschen geboren und haben alle einen menschlichen Körper. Gerade mit diesem menschlichen Körper fangen wir an, die Welt kennenzulernen. Das beginnt mit der räumlicher Orientierung, aus der sich die Orientierungsmetaphern ergeben. Basiskonzepte sind die Konzepte, die wir ohne jede Metaphorisierung bereits besitzen, und wir besitzen diese Konzepte nicht aus irgendwelcher Lern- oder Metapho- 196 risierungsintention, sondern gerade weil wir als Menschen geboren sind. Aus diesem Grund kann man auch sagen, dass Basiskonzepte den Menschen angeboren sind. Aber angeboren bedeutet hier nicht, dass eine abstrakte höhere Wahrheit (eine Art von Gott oder Logos oder eine universelle Grammatik) über unserer täglichen Welt hängt, dass alles hier in unserer Welt seine Herkunft in dieser Wahrheit zu finden hat, dass alles hier in unserer Welt eine Kopie von dieser Wahrheit ist, dass der Sinn unserer Welt ausserhalb unserer Welt zu finden ist. Angeboren heisst hier lediglich, dass wir Menschen als solche die Basiskonzepte kennen, weil wir eben Menschen sind. Die Metaphorisierung ist ein Prozess aufgrund dieser Basiskonzepte. Die Basiskonzepte reichen nicht aus, um die Erscheinungen unserer Welt zu benennen, zu definieren, zu erklären und zu systematisieren. Um die Lernund Kommunikationsprobleme unserer Welt zu meistern, muss man ein Instrument haben. Und das Instrument hier heisst Metaphorisierung. Die Menschen nehmen dann die Basiskonzepte und projizieren sie aufeinander oder auf ein neues Konzept, womit man neue Konzepte erschaffen kann. Nehmen wir das Konzept GLÜCKLICH als Beispiel. „Glücklichsein“ ist etwas Abstraktes. Um das „Glücklichsein“ auszudrücken, ist man gezwungen zu metaphorisieren. Das Ergebnis der Metaphorisierung ist: GLÜCKLICH ALS OBEN. OBEN ist ein Basiskonzept des Menschen. Da Hochsein im menschlichen Leben (besonders in der Zeit, wo die Sprache konstruiert wurde) meistens „Gut“ bedeutet (Der Affe, der oben auf dem Baum sitzt, ist in Sicherheit; die Wohnhöhle, die oben ist, ist trocken, also gut, usw.), wird „Gut“ als eine Präferenz-Implikation (wird unten noch erklärt) des Konzepts „HOCH“ etabliert. Da die Haupteigenschaft des Konzepts GLÜCKLICH „Gut“ ist, überträgt man diese Präferenz-Implikation vom Konzept OBEN auf das abstrakte Konzept GLÜCKLICH. Die Teilübertragung des Konzepts Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 197 OBEN auf das Konzept GLÜCKLICH ist die Metaphorisierung. Das Ergebnis dieser Metaphorisierung ist GLÜCKLICH ALS OBEN. Die metaphorischen Äusserungen dieser konzeptuellen Metapher sind nicht schwer in der englischen und deutschen Sprache zu finden, wenn man an Ausdruck wie „I’m feeling up today“, oder „Ich bin heute in Hochstimmung“ denkt. Weitere Beispiele für Orientierungsmetaphern sind auch bei LAKOFF und JOHNSON zu finden: GLÜCKLICH ALS OBEN - TRAURIG ALS UNTEN BEWUSST ALS OBEN - UNBEWUSST ALS UNTEN GESUNDHEIT UND LEBEN ALS OBEN - KRANKHEIT UND TOD ALS UNTEN KONTROLLIEREN ALS OBEN - KONTROLLIERT WERDEN ALS UNTEN MEHR ALS OBEN - WENIGER ALS UNTEN HOHE POSITION ALS OBEN - NIEDRIGE POSITION ALS UNTEN GUT ALS OBEN - SCHLECHT ALS UNTEN MORALISCH ALS OBEN - UNMORALISCH ALS UNTEN VERNUNFT ALS OBEN - EMOTION ALS UNTEN (L/J 1980:15 ff.) Aus diesen Beispielen ist zu ersehen, dass das eine Basiskonzept-Paar „OBEN-UNTEN“ auf so viele Konzepte übertragen werden kann, womit so viele unterschiedliche metaphorische Äusserungen konstruiert werden können. Genau wie die Orientierungsmetaphern stellen uns LAKOFF und JOHNSON ontologische Metaphern vor. Die Orientierungsmetapher ist sehr wichtig für die Menschen, aber nur mit der Orientierungsmetapher kann man auch nicht viel anfangen. Für das Verstehen unserer Erfahrungen sind die ontologischen Metaphern unentbehrlich. Eine ontologische Metapher bedeutet, dass wir 198 unsere Erfahrungen in der Welt als Objekte oder Substanzen verstehen. Indem wir unsere Erfahrungen als ein Objekt oder eine Substanz betrachten, sind wir in der Lage, die Erfahrungen zu charakterisieren, zu referieren, zu systematisieren und zu organisieren. LAKOFF und JOHNSON erklären die Wichtigkeit der ontologischen Metaphern wie folgt: „Our experience of physical objects and substances provides a further basis for understanding - one that goes beyond mere orientation. Understanding our experiences in terms of objects and substances allows us to pick out parts of our experience and treat them as discrete entities or substances of a uniform kind. Once we can identify our experiences as entities or substances, we can refer to them, categorize them, group them, and quantify them - and, by this means, reason about them. “ (L/J 1980:25) Durch die ontologischen Metaphern ist uns unsere Erfahrung erst erfassbar. Die ontologische Metapher bietet uns somit ein Instrument an, die Konkretisierung der mehr oder weniger abstrakten Vorstellungen zu ermöglichen. Die wichtigste Quelle der ontologischen Metaphern ist unser eigener Körper. Eine ontologische Metapher kann bedeuten, dass wir Ereignisse, Handlungen, Emotionen, Ideen usw. als einen Teil unseres eigenen Körpers verstehen: „Just as the basic experiences of human spatial orientations give rise to orientational metaphors, so our experiences with physical objects (especially our own bodies) provide the basis for an extraordinarily wide variety of ontological metaphors, that ist, ways of viewing events, activities, emotions, ideas, etc., as entities and substances. “ (L/J 1980:25) Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 199 Eine weit verbreitete, in unserem Sprachgebrauch von uns fast nicht mehr wahrgenommene ontologische Metapher ist beispielsweise die „Behältermetapher“ (container-metaphor) (L/J 1980:29). Die stereotypischen Präpositionen wie „in“, „aus“ sind typische konkrete Realisierungen der „Behältermetapher“. Ohne unsere eigenen Körper könnten wir höchstwahrscheinlich nie auf diese Ausdrücke kommen. LAKOFF und JOHNSON sehen das so: „We are physical beings, bounded and set off from the rest of the world by the surface of our skins, and we experience the rest of the world as outside us. Each of us is a container, with a bounding surface and an in-out orientation. We project our own in-out orientation onto other physical objects that are bounded by surface. Thus we also view them as containers with an inside and an outside.“ (L/J 1980:29) Wenn wir also z.B. von einem Zimmer in ein anderes gehen, bewegen wir uns infolge der Behältermetapher von einem Behälter in einen anderen, deshalb sagen wir „Wir gehen a u s diesem Zimmer und i n das andere.“ Warum nehmen wir hier die Präposition in und aus, warum sagen wir nicht „Wir gehen auf (x) dem Zimmer und unter(x) ein anderes“? Gerade weil wir in dieser Relation die „Behältermetapher“ als Basis nehmen und sie in der Darstellung unserer Bewegung eingesetzt haben, sind wir zu dieser Äusserung fähig. Weil wir das Basiskonzept „drinnen-draussen“ aufgrund der Behältermetapher auf unsere Umwelt projizieren, haben wir z.B. sogar eine „Haut“ für die Stadt eingerichtet. Jeder, der innerhalb dieser „Haut“ lebt, lebt „i n der Stadt“, während die, die ausserhalb dieser „Haut“ leben, „a u s s e r h a l b der Stadt“ leben. Ein Land hat eine Grenze, was aber eigentlich eine Umrandung ist, die auch aus der Behältermetapher her abgeleitet wird. Die Leute können „i n dem Land“ leben, oder „a u s dem Land“ herausgehen. Darüber hinaus 200 sehen wir auch die reichlichen Spuren der Behältermetapher in Ausdrücken für abstrakte Ereignisse. Wir sagen z.B. gerne „Die Angst geht mir unter die Haut.“ Dass die Angst „gehen“ kann, kommt bereits von einer anderen konzeptuellen Metapher „EMOTION ALS LEBEWESEN“. Dass die Angst aber gerade unter die Haut geht, stellt die Behältermetapher gut unter Beweis. Die ontologische Metapher hat eine viel weitere Skala als nur die Behältermetapher. LAKOFF und JOHNSON haben einige als Beispiele zusammengefasst: INFLATION ALS ENTITÄT GEHIRN ALS MASCHINE GEHIRN ALS EIN ZERBRECHLICHE SUBSTANZ VISUELLES FELD ALS BEHÄLTER EREIGNIS ALS BEHÄLTER HANDLUNG ALS BEHÄLTER AKTIVITÄT ALS SUBSTANZ ZUSTAND ALS SUBSTANZ usw. (L/J 1980:27-32) Neben diesen zwei Grundtypen der Metaphorisierung haben LAKOFF/ JOHNSON noch eine weitere, nämlich die strukturelle Metapher, die stark mit der Kultur verbunden sind und auch eine starke Rückwirkung auf unsere Erfahrungen ausübt, vorgestellt. Strukturelle Metaphern beschäftigen sich hauptsächlich mit systematischen Korrelationen innerhalb unserer Erfahrungen. Sie helfen uns, mit einem bereits gut strukturierten und definierten Konzept ein anderes Konzept zu strukturieren: Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 201 „Structural metaphors allow us to do much more than just orient concepts, refer to them, quantify them, etc., as we do with simple orientational and ontological metaphors; they allow us, in addition, to use one highly structured and clearly delineated concept to structure another.“ (L/J, 1980:61) Dem menschlichen Denken, besonders dem abstrakten Denken, helfen die strukturellen Metaphern mehr 5 . Mit dem Beispiel „RATIONALES ARGUMENT ALS KRIEG“ zeigen LAKOFF und JOHNSON dies ausführlich (L/J 1980:61-69). Mit dem folgenden Schema will ich die Entwicklungslinie von grundlegenden Erfahrungen zu Orientierungsmetaphern, zu den ontologischen und möglicherweise auch zu den strukturellen Metaphern visualisieren: Schema 3 5 6 Relation der Metaphern6 Über die Beziehung zwischen Metaphern (Vergleich) und Denken vgl. auf chinesisch auch WANG ZHONGHE (1996) Die besondere Pfeil von ontologischen Metaphern zu den strukturellen Metaphern bedeutet, dass es eine Folgerung von mir ist. LAKOFF und JOHNSON haben sich 202 Grundlegende Erfahrungen Basiskonzepte OrientierungsMetaphern ontologische Metaphern strukturelle Metaphern Weil LAKOFF und JOHNSON die Basiskonzepte aus den grundlegenden Erfahrungen als die Quelle und Grundlage der Theorie der konzeptuellen Metapher ansehen, nennen sie sich „experialist“, und ihre Theorie nennen sie entsprechend „experialism“(L/J 1980:226 ff.), die dann den Objektivismus mit dem Subjektivismus kombiniert und den „dritten Weg“ beschreitet. I.2.4. Die Implikationen einer konzeptuellen Metapher Um weiter zur Metaphorisierung der Konzepte zu kommen, muss zuerst der oben schon erwähnte Begriff „Implikation“ genauer geklärt werden. Unter Implikation versteht man eine dazu nicht so konkret geaüssert. Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 203 „Folgebeziehung, Verknüpfung von Aussagen, die umgangssprachlich mit Sätzen vom Typ „Wenn ..., dann ...“ bzw. „Wenn ..., so ...“ ausgedrückt wird. Man sagt auch, A impliziert B, und man verwendet die wenn-dann-Verbindung, wenn man an inhaltliche (temporale, konditionale, kausale u.a.) Zusammenhänge denkt. Alltagssprachlich wird unter „Implikation“ auch eine notwendige bzw. offensichtliche (Schluss)Folgerung aus einer gegebenen Äusserung verstanden; es handelt sich dann um die Konsequenz oder das vom Sprecher implizit Mitgesagte (vgl. Er ist diesmal mit dem Taxi zur Feier gefahren). Für die Linguistik ist der Implikationsbegriff semantisch und pragmatisch wichtig geworden.“ (LEWANDOWSKI 1985:410)7 Implikation ist das, was man üblicherweise aus einem Satz (oder einem Text) schliessen kann. Wenn wir den Satz „Ich sehe einen Weg.“ vor uns haben, haben wir folgende Implikationen: Implikation 1: Der Weg hat eine „Breite“; Implikation 2: Der Weg hat eine „Länge“; Implikation 3: Der Weg „besteht aus Substanzen“; Der Weg hat eine „Oberfläche“; usw. Die Implikationen sind Inferenzeinheiten, die man aus dem Satz schliessen kann. Wenn wir das Nomen „Löwe“ hören, stellen sich bei den meisten folgende Eigenschaften als Implikationen dar: 7 Die Implikation hilft, logische Folgerung aufzubauen (vgl. XU SHENGHENG 1998). XU CHENGHENG sagt sogar, dass „alle Folgerungen durch Implikationformen [also „wenn..., dann...“, FENG] ausgedrückt werden können(XU SHENGHENG 1998:35). Durch Folgerung wird die Metapher auch mit Logik verbunden. Dass durch Vergleich und Metapher gefolgert werden kann, darüber wurde schon viel geschrieben. Es ist zwar kein Thema dieser Arbeit, doch Einlesen hier lohnt sich. Auf chinesisch vgl. ZHOU BINWU/ZHANG GUOLIANG (1996) und LIU YONGGENG (1997) 204 Tabelle 1 Implikationen des Konzepts „LÖWE“ Wenn das Tier ein Löwe ist, dann ist es stark. -, tapfer. -, aggressiv. -, schmutzig. -, faul. -, langweilig. -, allein. usw. Das Konzept „LÖWE“ hat die gesamten Implikationen, und die Liste liesse sich noch weiterführen, bis alle Implikationen eines „LÖWEN“ aufgeführt sind. Es muss aber zu erst festgestellt werden, dass die Implikationen erstens individuell sind, weil die Implikationen vom Wissensbestand des jeweiligen Produzenten und Rezipienten abhängig sind. Ein Zoologe kann beispielsweise sicher viel mehr Implikationen unter „LÖWE“ auflisten als ein Linguistikstudent oder ein Mathematiker, auch wenn sie ausserordentlich tierfreundlich wären. Im folgenden werde ich mir bei der Auflistung der Implikationen die „wenn-dann“ Phrasse sparen und lediglich die Merkmale nennen. Zweitens sind die Implikationen auch stark kulturabhängig 8 . Die Chinesen nennen sich gerne „Nachfahren des Drachen“, während die Deutschen sofort an das hässliche, Feuer und Tod sprühende Tier, das im „Nibelungen- 8 Über konstrative Forschung des kulturellen Hintergrunds im chinesischen und englisch Vergleich vgl. WU DAOPING (1984) und LI YINGKAI (1996). Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 205 lied“ gegen den germanischen Helden kämpft, denken. Diese Interpretationsverschiedenheit drückt sich in den Implikationen dieses fiktiven Tiers in der deutschen und chinesischen Kultur aus, die in den alten Sagen und Legenden verwurzelt sind und sich in der folgenden Gegenüberstellung zusammenfassend darstellen lassen: Tabelle 2 Kulturabhängige Interpretationen des Konzepts „DRACHEN“9 DRACHEN( in Deutschland) DRACHEN (in China) Unheil bringend Heil bringend Wächter eines grossen Schatzes Vorfahren des Kaisers Feuer speiend zuständig für Regen (Seedrachen) Symbol der bösen Frau (Hausdra- Symbol des Männlichen chen) hässlich elegant stark stark usw. usw. Aus dieser Tabelle ist erkennbar, dass die deutsche und chinesische Kultur ganz unterschiedliche Implikationen aus dem Tierkonzept ableiten. Die Implikationen überschneiden sich zwar an einigen wenigen Stellen wie „stark“, aber die Diskrepanz ist dennoch deutlich10. 9 10 Über den kulturabhängigen Hintergrund des Konzepts „DRACHEN“ in China vgl. auch SHAO LILI (1995); ZHOU YANYUN (1993). Über den Kulturhintergrund in konzeptuellen Metaphern vgl. ZHU XIAOAN (1995) Über Kulturhintergrund in Meisterschriften vgl. auch LIU BENCHEN (1996) 206 Drittens sind Implikationen auch geschichtsabhängig. Im Jahr 1990 ist eine der Hauptimplikationen von „Helmut Kohl“ „Einheitskanzler“, im Jahr 1998 schon „der Dicke, der nie gehen will“. Diese Beispiele zeigen, dass Implikationen für die Bedeutung der Texte und Wörter sehr wichtig sind. Die Implikationen sind keine statische Grösse, ganz im Gegenteil, sie sind flexibel und befinden sich ständig in dynamischer Verschiebung. Die Implikationen sind sehr wichtig für die konzeptuelle Metapher. Erstens ist die konzeptuelle Metapher ein (neues) Konzept. Zweitens ist sie das Ergebnis einer Projektion des einen Konzepts auf ein anderes, wobei die Implikationen eines Konzepts auf ein anderes übertragen werden. I.2.5. Die Präferenz-Implikation Die Welt ist in Konzepten systematisiert. Danach kommt man zu der Frage, wie sie die Welt systematisieren? Hier kommt der Begriff „PräferenzImplikation“ ins Spiel. Die konzeptuelle Metapher systematisiert die Welt, indem sie „das Konzept B als Konzept A“ zur Wahrnehmung anbietet und einen Teil der Implikationen eines Konzepts A auf das Konzept B überträgt. Diesen Prozess beschreiben LAKOFF und JOHNSON wie folgt: „The very systematicity that allows us to comprehend one aspect of a concept in terms of another (e.g., comprehending an aspect of arguing in terms of battle) will necessarily hide other aspects of the concept. In allowing us to focus on one aspect of a concept (e.g., the battling aspects of arguing), a metaphorical concept can keep us from focusing on other aspects of the concept that are inconsistent with that metaphor. “ (L/J 1980:10) Allerdings kann die Übertragung nur teilweise erfolgen. Eine Pausch- Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 207 alübertragung aller Implikationen des Konzepts A auf Konzept B ist erstens kaum möglich, da die Implikationen individuell-, kultur- und geschichtsabhängig sind, zweitens läuft man dann die Gefahr, Konzept B einfach als Konzept A zu sehen. Werden alle Implikationen des Konzepts „MENSCH“ auf das Konzept „STEIN“ übertragen, dann ist der Mensch ein Stein, was sicherlich trotz jeder Magie nur falsch sein kann. Dazu schreiben LAKOFF und JOHNSON: „It is important to see that the metaphorical structuring involved here is partial, not total. If it were total, one concept would actually be the other, not merely be understood in terms of it. For example, time isn’t really money.“ (L/J 1980:12 f.) Das heisst, wenn wir die metaphorische Systematisierung nicht als eine „Teilübertragung der Implikationen“ verstehen, nehmen wir einfach Zeit als Geld, und Geld ist Wasser, Wasser ist Frau, Frau ist Stern, Stern ist Welt und Welt ist Universum. Am Ende ist ein Wort die Sprache. Das ist offensichtlich nicht richtig, denn Zeit ist doch keine Frau, und eine Sprache besteht eben aus mehr als einem Wort. Man kann höchstens behaupten, dass Zeit als Frau verstanden werden kann (ob diese Äusserung eine erfolgreiche Metapher ist, muss natürlich nachgewiesen werden). Die Frage jetzt ist, wie man entscheidet, wenn nicht alle Implikationen übertragen werden können, welche Implikationen übertragen werden sollen und welche nicht? Die Implikationen, die übertragen werden, nenne ich Präferenz-Implikationen. Präferenz-Implikationen sind die Implikationen, die in einer Kultur (oder Subkultur, wie z.B. einer Wissenschaftssprache, einer Studentensprache usw.) als Präferenz eines Konzepts gelten. Sie sind die Implikationen, die in der Kultur von den Produzenten und Rezipienten an dem gleichen Zeitpunkt 208 in der sprachlichen Praxis hervorgehoben werden, falls man das Konzept durch seinen Sprachgebrauch aktiviert. Die Implikationen, die dabei verborgen werden, nenne ich Hintergrund-Implikationen. Um diese Hervorhebung und Verborgenheit der Implikationen durch Metaphorisierung zu konkretisieren, nehme ich den klassischen Satz „Herkules war ein Löwe“ als Beispiel. Das Konzept A ist „Herkules“, das Konzept B ist „LÖWE“: Tabelle 3 Präferenz-Implikationen Konzept A Konzept B HERKULES LÖWE I. - 1 „lebt“ I. - 2 „hat Kopf“ I. - 1 „tapfer“ Sektion A I. - 2 „stark“ I. - 3 „hat Beine“ I. - 3 „aggressiv“ I. - 4 „hat Arme“ I. - 4 „schmutzig“ I. - 5 „hat Augen“ I. - 5 „stinkend“ usw. Sektion B I. - 6 „im Rudel“ I. - 7 „faul usw. (I. = Implikation) Die Implikationen, die zur Sektion A beim Konzept B gehören, sind Präferenz-Implikationen. Sie sind allgemein akzeptiert und werden von einer Sprachgemeinschaft in einer bestimmten Zeitperiode präferiert, falls von dem Konzept die Rede ist. Bei dem o.g. Beispiel sind sie im schriftlichen und mündlichen Sprachgebrauch in der deutschen und chinesischen Kultur im 20. Jahrhundert hervorgehoben, während die Implikationen, die der Sektion B Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 209 gehören, normalerweise verborgen bleiben. „Hervorgehoben“ heisst hier, dass einem zuerst diese Implikationen einfallen, wenn man das Konzept „LÖWE“ realisiert. „Verborgen“ heisst hier, dass man lange darüber nachdenken und sogar andere Hilfsmittel (im Lexikon nachschlagen oder die Experten nachfragen usw.) heranziehen muss, bevor man zu diejenigen Implikationen kommt. Der Produzent verbirgt die Hintergrund-Implikationen, indem er die Präferenz-Implikationen hervorhebt. Die Auswahl der Präferenz-Implikation impliziert das Systematisieren und das Organisieren der Ansichten der Menschen. Indem wir gerade diese, und nicht jene Implikationen als Präferenz-Implikationen nehmen, entscheiden wir uns, die Welt in dieser Perspektive zu sehen und nicht in jener. Das heisst, indem wir uns für diese Metapher entscheiden, entscheidet diese Metapher die Perspektive, wie wir die Welt sehen. Das ist auch der Grund, warum LAKOFF und JOHNSON sagen, dass die Metapher nicht nur unsere Sprache, sondern auch unsere Weltsicht systematisiert und organisiert. Da wir hier „Herkules war ein Löwe“ als Beispiel nehmen, werden dann die Implikationen des Konzepts B („LÖWE“) auf Konzept A („HERKULES“) übertragen. Dabei sind die Implikationen des Konzepts A vorerst nicht wichtig. Man konzentriert sich hier nur auf die Implikationen des Konzepts B („LÖWE“). Wenn wir (in China und Deutschland) jetzt über „Löwen“ sprechen, kommen die Implikationen in Sektion A vor. Obwohl die Hintergrund-Implikationen verborgen werden, bleiben sie Implikationen des Konzepts „LÖWE“. Die PräferenzImplikationen, die in einer Sprache relativ lang konstant geblieben sind, bilden dann die Basis für den Prototyp desselben Konzepts. Wenn man z.B. „Vogel“ sagt, dann denkt man zuerst gleich an kleine, fliegende, singende Vögel wie Spatzen, Schwalben, Adler usw. Diese Vögel sind also prototypische Vögel. Doch wieso denken wir direkt an diese Vögel und nicht an die anderen 210 Vögel wie Hähnchen, Pinguin und Strauss, die eben auch Vögel sind? Darüber entscheiden die Präferenz-Implikationen. Nur die Vögel, welche die typischen Präferenz-Implikationen aufweisen, werden als prototypische Vögel identifiziert. Diejenigen Implikationen unter den Präferenz- Implikationen, die die prototypischen Vögel herstellen helfen, sind prototypische Implikationen. Die Vögel (z.B. Strauss), die keine prototypische Implikationen aufweisen, werden dann vielleicht gar nicht der Klasse der Vögel zugeordnet. Die meisten Menschen werden, so hoch der Bildungsgrad heute auch ist, ad hoc die Wale nicht den Säugetieren zuordnen, sondern eher als einen Fisch ansehen. Der Grund ist einfach: Die prototypische Implikation, die die „WALE“ aufweist, ist „kann im Wasser schwimmen“. Und sie ist eben keine prototypische Implikation eines „SÄUGETIERS“, sondern eines „FISCHES“. Nach dieser prototypische Implikation gehören die „WALE“ nicht zu den prototypischen Säugetieren. Die Implikationen, die bei einer erfolgreichen Metaphorisierung übertragen werden, sind zumeist Präferenz-Implikationen. Z.B. wird bei der Äusserung „Herkules war ein Löwe“ normalerweise die Implikationen wie „tapfer“, „stark“, „aggressiv“ auf Herkules übertragen, und man kommt zu dem Ergebnis, dass Herkules „tapfer“ war. Man setzt eben nur „Löwe“ für die Äusserung „Herkules ist tapfer“ ein, weil die Präferenz-Implikation des Konzepts „LÖWE“ prototypisch für die Äusserung ist. Für die Äusserung „Herkules ist schmutzig“ wird man z.B. nicht mehr den Prototyp LÖWE, sondern möglicherweise SCHWEIN nehmen. Die Leute, die etwas mehr über Schweine gelesen haben, wissen, dass sie sich nicht unbedingt so gern im Dreck suhlen, dass sie sehr klug sind, dass sie sogar besser als Hunde riechen können. Aber ein schmutziger Mann wird in Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 211 China prototypisch als „Schwein“ beschimpft, während ein Mann, der überall riecht und Informationen für den Chef sammelt, nicht als Schwein, sondern als „Hund“ gepriesen wird. So tief sind die Präferenz-Implikationen kulturabhängig. In China wird er sogar als bezeichnet, was ungefähr so etwas wie „das Beinlein des Hundes“ bedeutet. Man merkt, dass darüber, welche Konzepte in die Sprache aufgenommen werden, die PräferenzImplikationen einer Sprachgemeinschaft entscheiden, denn die PräferenzImplikationen für „SCHWEIN“ sind in China eben „schmutzig“, „sich im Dreck suhlen“, für „HUND“ sind sie dann „überall riechend“, „dem Rudelführer bedingungslos gehorchen“, „dem Rudelführer dienen“ usw11. I.2.6. Die Projektion und die Interaktion Nach der Vorstellung der Präferenz-Implikationen soll gezeigt werden, wie die Teilübertragung der Präferenz-Implikation bei einer Metaphorisierung funktioniert. Wie bereits oben gezeigt wurde, funktioniert eine Pauschalübertragung nicht. Wir können im sprachlichen Gebrauch die Äusserung „Herkules war ein Löwe“ wiederholt realisieren, Herkules wird aber trotzdem nicht zum Löwen. Denn wenn es ein Löwe ist, der einfach „Herkules“ heisst, dann stellt sich unsere Frage gar nicht. Dann handelt es sich bei der Äusserung auch nicht mehr um eine Metapher, sondern um eine wörtliche Aussage. Bei unserer Diskussion muss Herkules ein Mensch sein, der aber als „Löwe“ bezeichnet wird. Oben wird erklärt, warum „Herkules“ gerade als „Löwe“, und nicht als „Schwein“ oder „Hund“ bezeichnet werden muss. Das ist eine Teilübertragung der Präferenz-Implikationen des Konzepts „LÖWE“ auf das Konzept „HERKULES“. Reden LAKOFF und JOHNSON von einer Metapher, die ein Konzept 11 Neulich gibt es auch Literatur auf chinesisch über Prototyp-Theorie und ihre Bezi- 212 strukturiert, reden sie von einer „Teilsystematisierung“: „So when we say that concept is structured by a metaphor, we mean that it is partially structured and that it can be extended in some ways but not others.“ (L/J 1980:13) Wie funktioniert aber diese Teilübertragung? Die Teilübertragung funktioniert nicht so, wie oben erklärt, dass das Wort „Löwe“ das Wort „tapfer“ ersetzt. Es kann auch kein Vergleich sein, denn indem man die beiden Konzepte vergleicht, erhält man höchstens einen Vergleich, aber keine Metapher. Die Teilübertragung wird erfolgreich vollzogen, wie man weisse Wolken durch eine rosa Brille sieht. Dann sieht man nicht mehr weisse Wolken, sondern rosa Wolken. Die Farbe rosa ist von Natur aus aber keine Eigenschaften (Implikation) der (weissen) Wolken, doch nach der Teilübertragung der Implikationen (dem Sehen durch die rosa Brille) wird es eine Eigenschaft (Implikation) der (weissen) Wolken. Die Wolken sind jetzt nicht mehr weiss, sie sind rosa. Die Wolken bleiben nach der Teilübertragung Wolken, die Brille eine Brille. Hier wird also Wolke nicht zur Brille und Brille auch nicht zur Wolke. Nur eine Eigenschaft (Rosa) eines Objektes (Brille) wird eine Eigenschaft (Rosa) eines anderen Objektes (Wolke). Hier findet also keine physikalische Veränderung statt, sondern eine Implikationsübertragung mit kognitiven Folgen. Nimmt man Teilübertragung (hier die rosa Brille) weg, dann hat man wie vorher nur weisse Wolken und rosa Brille. An dieser Stelle will ich vorschlagen, bei der konzeptuellen Metaphorisierung statt von „Konzept A i s t Konzept B“ von „Konzept A a l s Konzept B“ (PIELENZ, 1993:68 ff. und BLACK 1977:400) zu reden. „Konzept A a l s Konzept B“ scheint mir die Teilübertragung der Implikationen bei der Met- ehung zu Metaphern. Genauer vgl. YANG ZHONG/ZHANG SHAOJIE (1998) Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 213 aphorisierung besser und präziser ausdrücken zu können. „Konzept A a l s Konzept B“ bedeutet in meiner Arbeit einfach, dass eine Teilübertragung von Präferenz-Implikationen des Konzepts A auf das Konzept B erfolgt. Um dies zu erklären, will ich die Metapher „Er verteidigte seine Argumentation mit allen Mitteln“ (PIELENZ 1993:69) als Beispiel nehmen. Die zwei Konzepte, die in dieser Metapher vorkommen, sind „ARGUMENTATION“ und „KRIEG“. Das Konzept „ARGUMENTATION“ ist klar, das Konzept „KRIEG“ kommt als Abstraktion des Ausdrucks „verteidigen“ zustande. Die PräferenzImplikationen des Konzeptes „KRIEG“ sind die folgenden: Tabelle 4 Präferenz-Implikationen vom „KRIEG“ KRIEG Kampf Standpunkt Gegner besiegen gewinnen verlieren niederschlagen attackieren losschiessen Rückzug antreten Verteidigen usw. Betrachtet wird beispielsweise eine der Präferenz-Implikationen, nämlich 214 „verteidigen“. Sie wird durch die Teilübertragung der Implikationen des Konzepts „KRIEG“ auf das Konzept „ARGUMENTATION“ übertragen. Das Konzept „ARGUMENTATION“ erhält nach der Teilübertragung die neue Implikation „verteidigen“ - das ist dann der Prozess der Metaphorisierung. Nach dieser erfolgreichen Metaphorisierung kann man nicht nur sagen: „In diesem Krieg haben wir unser Territorium verteidigt“, sondern auch „In der heutigen Diskussion habe ich meine Argumentation mit allen Mitteln verteidigt.“ Die Implikationen des Konzepts A („KRIEG“) bleiben nach der Teilübertragung in vollem Umfang erhalten, und dem Konzept B („ARGUMENTATION“) wird durch die Teilübertragung eine neue Implikation hinzugefügt. Es handelt sich dabei um eine Teilübertragung, da „verteidigen“ zwar zu den PräferenzImplikationen des Konzepts „KRIEG“ gehört, aber immerhin ist sie auch nur e i n e der Präferenz-Implikationen des Konzepts „KRIEG“. Sie auf das Konzept „ARGUMENTATION“ zu übertragen ist keiner Pauschalübertragung aller Implikationen von „KRIEG“ auf „ARGUMENTATION“ gleichzusetzen. Eine Teilübertragung kann fast arbiträr vom Textproduzenten entschieden werden. Darin liegt die kognitive Kreativität unseres Denkens. Nehmen wir ein Beispiel von einem deutschen Dichter: Beispiel 2 „Und dein Schweigen, ein Stein.“ - JOHANNES BOBROWSKI In diesem Satz tauchen zwei Konzepte auf, nämlich: „SCHWEIGEN“ und „STEIN“. Sie haben an sich nichts Gemeinsames. „SCHWEIGEN“ ist ein Gegenkonzept zum „SPRECHEN“. „STEIN“ ist ein Subkonzept des Konzepts „SUBSTANZ“. Doch der Dichter schafft mit der Übertragung einige Implika- Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 215 tionen vom Konzept „STEIN“ auf das Konzept „SCHWEIGEN“, und er zwingt dann den Textrezipienten dazu auf, selber beim Lesen die Übertragung aufzufinden. Die Präferenz-Implikationen, die beim Konzept „STEIN“ hervortreten können, sind z.B. „kalt“, „hart“ und „weh tun“, die dann auf „SCHWEIGEN“ übertragen werden. Der Text impliziert dann, dass „dein Schweigen“ „kalt“ ist, dass es so „hart“ war, dass es mir oder jemandem anderen „weh tut“ usw. Indem der Textrezipient eine solche Implikationsübertragung identifiziert, akzeptiert er die übertragenen Implikationen als neue Implikationen des zweiten Konzepts (hier „SCHWEIGEN“). Die Metapher ist erst dann gelungen, wenn solche neuen Implikationen vom Rezipienten identifiziert und akzeptiert werden. Die Teilübertragung der Implikationen, die nicht vom Textrezipienten akzeptiert werden können, führt zu einer missglückten metaphorischen Äusserung. Daran liegt auch die Gefahr der Metaphorisierung: Ein Textproduzent kann zwar fast arbiträr metaphorischen Äusserungen produzieren, indem er seiner Intention nach eine Teilübertragung zwischen zwei Konzepten durchführt. Doch dies heisst noch lange nicht, dass der Textrezipient unbegrenzt alle vom Textproduzenten produzierten Metaphern verstehen kann. Metaphern basieren auf unserer grundlegenden Erfahrungen als Menschen und entstehen durch eine Teilübertragung. Jetzt ist die Frage zu stellen, wie diese Teilübertragung vollzogen wird. Zustande kommt sie, wie der Urheber dieser These BLACK vorgelegt hat, durch die Projektion, die BLACK auch Interaktion nennt. Interaktion bedeutet hier, dass beide Konzepte miteinander interagieren, indem sie in ein drittes Konzept zusammenfliessen. Um dies zu erklären können wir das klassische Beispiel „Herkules war ein Löwe“ auffrischen. Hier kommen zwei Konzepte vor, und zwar „MENSCH“ und „TIER“, deren Realisierungen „Herkules“ und „Löwe“ sind: 216 Schema 4 Realisierung „Löwe“ und „Herkules“ Löwe Herkules Konzept A „TIER“ Konzept B „MENSCH“ Das Konzept A wird auf das Konzept B projiziert. Dann erfolgt, wie zuvor bereits erklärt, eine Teilübertragung der Implikationen des Konzepts A auf das Konzept B. Durch die Projektion gelangen wir zu der Äusserung „Herkules war ein Löwe“. Auf der Konzept-Ebene kommt eine Interaktion zweier Konzepte zustande, die dann in ein drittes Konzept zusammenfliessen: Schema 5 Projektion auf der Konzept-Ebene MENSCH TIER Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 217 MENSCH ALS TIER Das Schema zeigt genau den Vorgang der Interaktion dieser zwei Konzepte, eben die Projektion. Die Tatsache dabei ist nicht, dass das Konzept MENSCH das Konzept TIER vollständig deckt, oder TIER völlig MENSCH. Sie schmelzen aber in diesem dritten neuen Konzept „MENSCH ALS TIER“ zusammen, woraus eine neue Bedeutung entsteht12. Ein weiteres Beispiel von BLACK soll dies belegen. Bei diesem Beispiel handelt es sich um die Äusserung „Die Armen sind die Neger Europas“, die er wiederum von RICHARDS übernommen hat. Mit diesem Beispiel kritisiert er die Vergleichs- und Substitutionstheorie und weist auf die Notwendigkeit einer neuen Theorie, nämlich die Interaktionstheorie, ein: „In ihrer gröbsten Form belehrt die Substitutionstheorie darüber, dass indirekt etwas über die Armen Europas ausgesagt wird. [...] Die Vergleichstheorie behauptet, das Epigramm mache einen Vergleich zwischen Armen und Negern. Im Gegensatz zu beiden Auffassungen sagt RICHARDS, dass unsere ‘Vorstellungen’ (Konzept bei L/J, FENG) von den Armen Europas und von amerikanischen Negern ‘in einem gegenseitigen aktiven Zusammenhang stehen’ und ‘zusammenwirken’ [interact], um eine Bedeutung hervorzubringen, die ein Resultat dieser Interaktion darstellt. Meiner Ansicht nach bedeutet dies, dass das fokale Wort ‘Neger’ (das Konzept B bei L/J, FENG) eine neue Bedeutung gewinnt, die weder genau seiner Bedeutung im wörtlichen Gebrauch noch genau der Bedeutung eines wörtlichen Substituts entspricht. Der neue Kontext [...] bewirkt beim foka- 12 Über die Zusammenschmelzung der zwei Konzepte in ein drittes wird auch aus der Perspektive der Logik diskutiert, was kein Thema dieser Arbeit, aber trotzdem lesenwert ist. vgl. NIE YAN (1998) 218 len Wort eine Erweiterung des Bedeutungsumfangs [extension of meaning]. Deshalb verstehe ich RICHARDS so, dass für ein Gelingen der Metapher der Leser sich dieser Bedeutungserweiterung bewusst bleibt (in HAVERKAMP fälschlicherweise als „bleiben“ gedruckt, FENG), dass er beides, die alte und die neue Bedeutung zusammen wahrnehmen muss. “ (BLACK 1954:69 ff.) Man sieht, dass in einer metaphorischen Äusserung wie „Die Armen sind die Neger Europas“, in der es um zwei Konzepte unterschiedlicher Gruppen geht, „Neger“ auf „Armen“ projiziert wird. Die Projektion funktioniert so: Schema 6 Projektion von „Neger“ auf „Arme“ NEGER ARME Schaut man das obige Schema an, sieht man nicht mehr zwei getrennte Konzepte „ARME“ und „NEGER“, sondern ein zusammengeschmolzenes Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 219 Gebilde „ARME ALS NEGER“. Dieses neue Konzept bereichert nicht nur unser Vokabular und damit unsere Sprache, es bereichert in erster Linie unser mentales Reservoir, weil wir dadurch ein neues Konzept schaffen13. II.0. Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument Konzeptuelle Metaphern lassen sich auch wie Rahmen (frame) und Skripts (scripts) (HEINEMANN/VIEHWEGER 1991:71 f.) als ein mentales Modell verstehen, das in dem menschlichen Gehirn ein individuell gespeicherter Fundus ist. Jedes Modell, das auch ein Konzept ist, kann mit einer Reihe von „wenn ..., dann...“ Relationen, die Implikationen heissen, beschrieben werden. Die Implikationen, die beim Einsatz eines Konzeptes prototypisch hervorgerufen werden, sind dann Präferenz-Implikationen. Die Präferenz-Implikationen einer konzeptuellen Metapher bilden den potentiellen Implikationshof. Eine Aktivierung einer Implikation des potentiellen Implikationshofs hat die Mitaktivierung anderer Präferenz-Implikationen zur Folge. Die mitaktivierten Implikationen bilden dann den aktualisierten Implikationshof. Ein solcher aktualisierter Implikationshof trägt dann dazu bei, die Kohärenz in einem Text zu stiften. II.1.1. Der aktualisierte Implikationshof Der aktualisierte Implikationshof eines Konzepts kann im allgemeinen dazu beitragen, Textkohärenz zu stiften. Nehmen wir zunächst einen kurzen 13 Als ein gutes Beispiel der konzeptuellen Metapher können konzeptuelle Metaphern über Wut dienen. Zu diesem Punkt vgl. LIN SHU WU (1998) und NING 220 Text: Beispiel 3 Mein Klassenkamerad Peter ist nicht sehr gesellig. Seine Eltern trennten sich, als er gerade mal 5 Jahre alt war. Dass der erste Satz im Präsens steht und der zweite im Präteritum, stellt eine Kausalität zwischen den beiden Sätzen her. Damit wird das Tempus ein Kohäsionsmittel des Textes (vgl. LINKE/NUSSBAUMER/PORTMANN 1996:215 ff.). Doch allein mit diesem Kohäsionsmittel ist der Text aber nicht vollständig zu verstehen. Um die Kohärenz dieses Textes vollständig herzustellen, muss man über ein mentales Modell verfügen, welches man als den Rahmen „Kinder getrennter Eltern“ bezeichnen könnte, der alltägliche Informationen über die Probleme solcher Kinder enthält. Die Implikationen in diesem Rahmen bewirken die Textkohärenz. Nach alltäglichen Erfahrungen (abgesehen vom Fachwissen der Wissenschaftler) umfasst der Rahmen „Kinder getrennter Eltern“ stereotyp folgende Implikationen: Tabelle 5 Aktualisierter Implikationshof des Rahmens „Kinder getrennter Eltern“ a) Wenn sich die Eltern trennen, dann leiden die Kinder, weil sich die Eltern in der Regel weniger um sie kümmern; b) -, dann werden die Kinder meistens nicht so gut erzogen wie in einer glücklichen Ehe; c) -, dann wird die Selbstachtung der Kinder verletzt; d) -, dann werden die Kinder traumatisiert; QUANXIN (1998) Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 221 e) Wenn die Kinder traumatisiert sind, dann wachsen sie mit seelischen Problemen auf; f) Wenn man mit seelischen Problemen aufgewachsen ist, dann ist man (häufig) nicht gesellig. g) usw. Die Implikationen a) bis f) bilden den nicht vollständig aufgeführten potentiellen Implikationshof des Rahmens „Kinder getrennter Eltern“, unter denen d) bis f) im Beispiel 1 aktualisiert werden, die dann den aktualisierten Implikationshof ausmachen. Dieser potentielle Implikationshof ist in der chinesischen und deutschen Kultur ungefähr gleich. Wenn ein kompetenter Chinese oder Deutscher unseren Minitext liest, wird er neben der Berücksichtigung des Kohäsionsmittels (Präsens - Präteritum zur Kausalität) den Rahmen „Kinder getrennter Eltern“ aufrufen. Daraus werden dann die Implikationen a) bis f) herangezogen, um die Textkohärenz herzustellen. Tatsächlich wird auch im Beispiel 3 die Kohärenz aufgrund der Implikationen hergestellt, d.h. die beiden Sätze sind durch die Implikationen d) bis f) des Rahmens „Kinder getrennter Eltern“ kohärent, womit der Text verständlich gemacht wird. Liest der Leser das Beispiel 3, wird er im zweiten Satz die Ursache für den ersten Satz suchen. Doch im zweiten Satz wird die Ursache nicht expliziert. Der Leser muss daher den Rahmen „Kinder getrennter Eltern“ aktivieren. In diesem Rahmen findet er dann die Implikationen d) bis f), die den roten Faden „getrennte Eltern Traumatisierung seelische Probleme Ungeselligkeit“ für das Textverständnis ermöglichen. D.h., um die Ursache für Peters Ungeselligkeit zu erklären, hat man alle Implikationen in Tabelle 5 zu aktivieren. Weil der Rahmen „Kinder getrennter Eltern“ so stereotyp ist, wird der mittlere Teil des Faden ausgespart und impliziert. Um diesen Text zu verstehen, muss der Leser aber diesen Rahmen kennen und kom- 222 petent sein, die fehlenden Implikationen (die Leerstellen) anhand des Rahmens zu ergänzen. Kennt er diesen Rahmen nicht, kann er keine der fehlenden Implikationen ergänzen, und die Kohärenz dieser beiden Sätze bleibt unklar. Wird am Ende der Suche kein geeignetes mentales Modell gefunden, oder die Implikationen im gefundenen mentalen Modell stellen keine Textkohärenz her, dann ist der Text nicht verständlich. Oder der Leser/Hörer wird gezwungen, die Intention des Schreibers/Sprechers, die Situation, den Kontext usw. anders zu rekonstruieren, bis eine Kohärenz möglich ist. II.1.2. Der aktualisierte Implikationshof einer Konzeptuellen Metapher Der Implikationshof einer konzeptuellen Metapher spielt wie die des mentalen Modells im 2.1 auch eine entscheidende Rolle zur Stiftung der Kohärenz eines Textes, in dem sich die konzeptuelle Metapher befindet. Ich nehme den folgenden Text als Beispiel: Beispiel 4: Wir sind am Ende unserer gemeinsamen Reise angekommen. Morgen lassen wir uns scheiden. In diesem Beispiel ist das Verstehen des ersten Satzes vom zweiten Satz abhängig. Der Rezipient weiss noch gar nicht, von welcher „Reise“ hier die Rede ist, bevor er den zweiten Satz zum Hören/Lesen bekommt. Doch mit dem Aufnehmen des zweiten Satzes ist die Textkohärenz noch längst nicht gestiftet. Um die textuelle Kohärenz herzustellen, muss er ein mentales Modell in seinem kognitiven Reservoir finden und dessen Implikationen aktualisieren. Erst die Implikationen ermöglichen die Textkohärenz. Dieses men- Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 223 tale Modell ist die konzeptuelle Metapher „LIEBE ALS REISE“. Die Implikationen dieser konzeptuellen Metapher können wie folgt dargestellt werden: Tabelle 6 Aktualisierter Implikationshof der konzeptuellen Metapher „LIEBE ALS REISE“ a) Wenn Liebe eine Reise ist, dann hat sie einen Anfang. b) -, dann hat sie einen Weg. c) -, dann hat sie einen Verlauf. d) -, dann hat sie ein Ende. e) -, usw. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werde ich mir die Tabelle sparen und direkt von „Implikationen des Konzepts“ oder auch „des mentalen Modells“ sprechen. Mit „Implikationen“ meine ich dann immer genau die „wenn..., dann...“ Relationen wie in der obigen Tabelle aufgeführt. Wie gesagt, um die Textkohärenz des Beispiels 4 herzustellen, muss der Rezipient über die konzeptuelle Metapher „LIEBE ALS REISE“ verfügen. In den unzähligen mentalen Modellen im kognitiven Reservoir findet er dieses mentale Modell, in dem sodann die Implikation d) aufgerufen wird. Mit dieser Implikation wird dem Rezipienten eine Kohärenz zwischen den beiden Sätzen ermöglicht. Die Inferenz 14 wird also durch das mentale Modell „LIEBE ALS REI14 Nach BUSSMANN ist eine Inferenz ein „[...] kognitiver Prozess bei der Textverarbeitung: Ergänzung oder Erweiterung der semantischen Repräsentation eines Textes durch dessen Implikationen und Präsuppositionen, also durch unausgesprochene, aber zum Textverständnis notwendige Inhalte („intendierte Inferenz“) sowie durch eigenes, in einem Schema (z.B. Skript und Rahmen, FENG) gespeichertes, zum Textinhalt passendes Wissen des Lesers/Hörers (‘elaborative Inferenz’). Textinhalt und inferentiell hinzugef?tes Wissen verschmelzen im Gedächtnis und sind bei einer späteren Textrekonstruktion nicht mehr unter- 224 SE“ herbeigeführt. Stellen wir uns vor, in irgendeiner Kultur wäre die konzeptuelle Metapher „LIEBE ALS REISE“ nicht zu finden, statt dessen nur „LIEBE ALS APFEL“, „LIEBE ALS SCHLANGE“, „LIEBE ALS KATASTROPHE“ usw., so könnten die Teilhaber dieser Kultur das Beispiel 4 nicht verstehen. Sie würden zwar an eine „Weltreise“, eine „Fahrradreise“, eine „Schiffsreise“ denken können, wenn sie den ersten Satz rezipierten. Aber der zweite Satz würde dann für sie überhaupt nicht verständlich, und sie würden die zwei Sätze als voneinander getrennt sehen. II.2. Textkohärenz durch konzeptuelle Metapher Wie bereits oben gezeigt wurde, spielt die konzeptuelle Metapher als ein mentales Modell bei der Textkohärenz eine wichtige Rolle. Nicht nur bei Zwei-Satz-Texten ist die Textkohärenz durch konzeptuelle Metapher möglich. Auch bei längeren Texten, genauer gesagt, bei allen Texten, ist es möglich. Mit einem komplexen Beispiel aus dem Chinesischen will ich dies zu belegen versuchen. Beispiel 5: Meine Übersetzung lautet: scheidbar.“ (BUSSMANN 1990:335) Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 225 Der Vergleich vom Ehrenmann und Lump [Satz 1] Ein Ehrenmann ist Wasser (1), ein Lump Öl (2). [Satz 2] Nach jahrelanger Praxis in der Küche habe ich diese Erfahrung als Lehre gewonnen. [Satz 3] Das Wasser ist klar (3) und durchsichtig (4); [Satz 4] berührt (5) man das Wasser, so erfrischt (6) es und trocknet dann an der Luft (7); [Satz 5] trinkt man das Wasser(8), bekommt man ein Aroma ohne Beigeschmack (9) und einen glatten Schluck (10). [Satz 6] Verwendet (11) man das Wasser, kann aus Schmutz (12) Reinheit (13) hergestellt werden, [Satz 7] und die gesäuberten Stellen (14) zeigen ein völlig neues Gesicht (15). [Satz 8] Das Wasser kann naturgemäss das Öl aufnehmen (16). [Satz 9] Wird eine Flasche Öl in eine Kanne (17) kochendes Wasser gegossen (18), wird es kein Sprühen (19) geben; [Satz 10] doch Wasser und Öl bleiben trotzdem für sich getrennt (20) und werden sich nicht mischen (21). [Satz 11] Das Wasser ist wirklich ein Ehrenmann. („Abendzeitung des Neuen Volks“, S.28, 12. Juli 1998, Autor: LIU Shahe) Diesem Text liegt eine tragende konzeptuelle Metapher zugrunde, nämlich „EHRENMANN ALS WASSER“. Ein Konzept wie „EHRENMANN“ hier wird von LAKOFF „target domain“ (LAKOFF 1994) genannt. Ich werde es Zielkonzept nennen. Ein Konzept wie „WASSER“ hier ist bei LAKOFF (LAKOFF 1994) das „resource domain“, das ich Herkunftskonzept nennen will. In Beispiel 5 wird das Herkunftskonzept „WASSER“ auf das Zielkonzept „EHRENMANN“ projiziert, wodurch man die konzeptuelle Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ erhält. Die Implikationen, die im potentiellen Implikationshof des Herkunftskonzepts „WASSER“ hervorgerufen werden können, können wie folgt visualisiert werden: Schema 7 226 Potentieller Implikationshof des Herkunftskonzepts „WASSER“ 15 WASSER klar erfrischend bleibt nicht hängen keinen starken Schmutz Beigeschmack beseitigend nicht mischbar mit Öl usw. Diese Implikationen werden in der konzeptuellen Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ auf das Zielkonzept „EHRENMANN“ projiziert und dann durch die Metapher im Text aktualisiert. Da der erste Satz „Der Ehrenmann ist Wasser“ und der letzte Satz „Das Wasser ist wirklich ein Ehrenmann“ zusammen die konzeptuelle Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ explizieren, wissen wir, dass alle Äusserungen „Wasser“ im Text als „Ehrenmann“ zu verstehen sind. „EHRENMANN“ ist in der deutschen und chinesischen Kultur als einen „guten“ Mann mit „Ehre“ zu verstehen. Die Implikationen des Rahmens „EHRE“ sehen wie folgt aus: Tabelle 7 Rahmen „EHRE“ + moralischer Begriff für Menschen 15 Schema 7 ist eine andere Darstellungsform der Implikationen als Tabelle 6. Das Schema dient lediglich der Visualisierung. Es soll wie die Tabelle gelesen werden, also: „Wenn es Wasser ist, dann ist es klar“, „Wenn es Wasser ist, dann erfrischt es“ usw. Im folgenden werden diese zwei Darstellungsformen je nach Bedarf wechselweise benutzt. Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 227 + Ehre kann man verdienen + Ehre ist gut + Ehre verdient Respekt + sauber + usw. „EHRE“ ist ein moralischer Begriff. Der übergeordnete Begriff ist also „MORAL“. Der übergeordnete Begriff des Wassers hingegen ist offenbar „FLÜSSIGKEIT“. Nun wird klar, dass in diesem Text eine übergeordnete konzeptuelle Metapher präsupponiert wird, nämlich „MORAL ALS FLÜSSIGKEIT“. Da hier über „MORAL“ gesprochen wird, lohnt es sich, den Rahmen „MORAL“ zur Diskussion zu stellen. Der Rahmen „MORAL“ hat selbstverständlich auch mehrere Implikationen unter sich: Tabelle 8 Der Rahmen „MORAL“ a) Nur Menschen können moralisch bewertet werden b) Moral ist in „gut“ oder „schlecht“ zu unterscheiden. c) Moral verlangt einen menschlichen Träger. d) Moral ist zeitlich veränderlich usw. Das Herkunftskonzept ist hier nicht „WASSER“, sondern sein übergeordnetes Konzept „FLÜSSIGKEIT“. Das Herkunftskonzept „FLÜSSIGKEIT“ wird auf das Zielkonzept „MORAL“ projiziert, daher bekommt man die übergeordnete konzeptuelle Metapher „MORAL ALS FLÜSSIGKEIT“. Sie garantiert somit die Kohärenz des Beispiels 5: Schema 8 228 Projektion von „FLÜSSIGKEIT“ auf „MORAL“ Projektion MORAL FLÜSSIGKEIT MORAL ALS FLÜSSIGKEIT Man kann also feststellen, dass sich die Konzepte „MORAL“ und „FLÜSSIGKEIT“ auch in Subkonzepte einteilen lassen, wie das folgende Schema zeigt: Schema 9 Subkonzepte von „MORAL“ und „FLÜSSIGKEIT“ MORAL gute schlechte Moral Moral FLÜSSIGKEIT Öl Wasser Blut Pech usw. Weil das Konzept „FLÜSSIGKEIT“ auf das Konzept „MORAL“ projiziert wurde, ist auch eine Projektion seiner Subkonzepte auf die Subkonzepte des Konzepts „MORAL“ möglich. Diese Projektion nenne ich Sub-Projektion. Gerade durch diese Sub-Projektion entsteht die im Beispiel 5 aktualisierte konzeptuelle Metapher „GUTE MORAL ALS WASSER“16: 16 Die Frage, warum gerade „WASSER“, nicht aber „ÖL“ als Herkunftskonzept auf Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 229 Schema 10 Sub-Projektion vom „FLÜSSIGKEIT“ auf „MORAL“ MORAL gute Moral FLÜSSIGKEIT schlechte Moral Öl Blut Pech usw. Wasser Projektion GUTE MORAL ALS WASSER Die konzeptuelle Metapher, die im Beispiel 5 aktualisiert wird, ist daher „GUTE MORAL ALS WASSER“, doch sie präsupponiert die übergeordnete, im Beispiel 5 implizierte Metapher „MORAL ALS FLÜSSIGKEIT“. Ob im Text aktualisiert oder nicht, stehen diese zwei Metaphern in enger Beziehung: Schema 11 Beziehung der zwei Metaphern MORAL ALS FLÜSSIGKEIT (übergeordnete, präsupponierte konzeptuelle Metapher) „MORAL“ projiziert wird, lässt sich damit erklären, dass Wasser für die Existenz des Menschen von entscheidender Bedeutung ist, das Öl aber immer ein schlechtes, verschmutzendes Gefühl hergibt. Mehr darüber vgl. WANG XIANYAO (1994). Das Konzept ist selbstverständlich stark kulturabhängig. In der deutschen Kultur wird WASSER beispielsweise nicht als EHRENMANN metaphorisiert, was aber unsere Diskussion hier im Prinzip nicht stört. 230 GUTE MORAL ALS WASSER (untergeordnete, im Text implizierte konzeptuelle Metapher) Das Konzept „EHRENMANN“ ist in unserem Weltwissen repräsentiert. Seine Merkmale können durch eine Semanalyse dargestellt werden: Tabelle 9 Semanalyse des Konzepts „EHRENMANN“ a) + menschlich b) + lebend c) + männlich d) + Träger guter Moral e) + sauber f) + positiv g) usw. Stellt man die Tabellen 8 und 9 gegenüber, sieht man, dass „MORAL“ einen menschlichen Träger verlangt (Implikation c in Tabelle 8) und dass ein „EHRENMANN“ auch gerade ein Träger guter Moral ist (Implikation d in Tabelle 9). Aufgrund dieses Weltwissens erfahren wir, dass „Ehrenmann“ ein „Träger guter Moral“ ist, was uns dann zur konzeptuellen Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ führt. Die vollständige Kette lässt sich mit folgendem Schema visualisieren: Schema 12 Kette zur der konzeptuellen Metaphern „Ehrenmann als Wasser“ Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 231 MORAL ALS FLÜSSIGKEIT (übergeordnete, präsupponierte konzeptuelle Metapher) GUTE MORAL ALS WASSER (untergeordnete konzeptuelle Metapher) Ehrenmann ist Träger guter Moral (Weltwissen aus Rahmen „MORAL“ und „EHRENMANN“) EHRENMANN ALS WASSER (im Text aktualisierte konzeptuelle Metapher) Stellen wir die unter „EHRENMANN ALS WASSER“ stehenden Äusserungen und ihre metaphorischen Bedeutungen im Beispiel 5 zusammen, bekommen wir folgende Tabelle: Tabelle 10 Metaphorische Äusserungssammlung des Beispiels 5 Satz - Metapher Nr. Nr. 1 1 1 2 3 3 3 4 4 5 4 6 4 7 Äusserungen im Beispiel- metaphorisch implizierte text Bedeutungen Wasser Ehrenmann Öl Lump klar reine, gute Moral durchsichtig Ehrlich erfühlen mit jm umgehen erfrischen angenehmer Charakter trocknen belästigungsfrei 232 5 5 5 6 6 6 7 8 9 10 11 12 13 14 trinken Aroma ohne Beigeschmack glatten Schluck verwenden Schmutz Reinheit gesäuberte Stellen 7 8 9 9 9 10 15 16 17 18 19 20 neues Gesicht aufnehmen Kanne giessen Sprühen für sich getrennt bleiben 10 21 sich nicht mischen mit jm umgehen altruistisch problemlos Einsetzen schlechte Angelegenheiten gute Angelegenheiten Stellen, wo der Ehrenmann wirkte neue gute Tugend akzeptieren Kreis (der Ehrenmänner) in den Kreis einmischen. breite Ablehnung Ehrenmann bleibt Ehrenmann, Lump Lump. keine Vermittlung zwischen Gut und Schlecht Alle die obigen metaphorischen Äusserungen im Beispiel 5 sind ungefähre Entsprechungen. Sie lassen sich auf die konzeptuelle Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ zurückführen. Jede metaphorische Äusserung geht je von einer Implikation des Herkunftskonzepts „WASSER“ aus. Der Text ist deshalb kohärent, weil jede dieser Äusserungen eine Aktualisierung aus demselben aktualisierten Implikationshof der konzeptuellen Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ darstellt. Da alle Äusserungen unter derselben konzeptuellen Metapher stehen, sind sie zweifelsohne kohärent. Werden die Implikationen des Herkunftskonzepts „WASSER“ auf das Zielkonzept „EHRENMANN“ projiziert, bekommen sie eine andere metaphorische Bedeutung: Z.B. 4) „durchsichtig“ bedeutet dann „Ehrlichkeit (des Ehrenmanns)“, 5) „erfühlen“ bedeutet „umgehen (mit Ehrenmann)“ und 6) „erfrischen“ bedeutet „angenehmer Charakter (vom Ehrenmann)“. An sich sind die Ausdrücke „Ehrlichkeit“, „umgehen“ und „angenehmer Charakter“ inkohärent. Doch weil die Äusserungen 4), 5) und 6) unter dem Konzept „WASSER“ kohärent sind, sind die in diesen Äusserungen implizierten Bedeutungen unter der konzeptuellen Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 233 Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ kohärent. Mit einem Schema wollen wir hier diese Textkohärenz darstellen: Schema 13 Textkohärenz durch die konzeptuelle Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ Herkunftskonzept „WASSER Zielkonzept „EHRENMANN Projektion Konzeptuelle Metapher „EHRENMANN ALS WASSER“ Kohärenz unter den Äusserungen (1) + (3) bis (21) im Text aufgrund „EHRENMANN ALS WASSER“ Textkohärenz Die Textkohärenz, die so durch eine konzeptuelle Metapher (hier EHRENMANN ALS WASSER) in einem Teiltext durchgehend gewährleistet wird, funktioniert wie im Schema 13 dargestellt. Um aber die Beziehung zwischen den realisierten sprachlichen Äusserungen auf der token-Ebene und der textkohärenzstiftenden Metapher auf der type-Ebene mit den realen Text zu visualisieren, ist ein Schema geboten, welches sich im Anhang A befindet. 234 III. Schluss Die Theorie der konzeptuellen Metapher ist eine wichtige Theorie in der Metaphernforschung. Sie ist nicht nur eine bahnbrechende Entwicklung der Metapherntheorie seit ARISTOTELES, sie erweitert auch die Perspektive der Metaphernforschung erheblich. Dass die Metapher keine bloss sprachliche Dekoration ist, dass Metapher nicht auf eine Stilfigur zu reduzieren ist, dass unser Denken ohne Metaphorisierung gar nicht vorstellbar ist und dass unsere Welt, in der wir leben, durch konzeptuelle Metaphern systematisiert ist, alle diese Erkenntnisse sind der Theorie der konzeptuellen Metapher zu verdanken. In diesem Sinne sind konzeptuelle Metaphern keine sprachliche Dekoration, schon gar nicht eine Stilfigur, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Kognition. Wir projizieren die in unserer physikalischen Welt existierenden Gegenstände und unsere Erfahrungen auf unsere begrifflichen Abstraktionen, wodurch unsere Begriffswelt aufgebaut wird. Solche Metapher nennt man ontologische Metaphern (L/J 1980:25 ff. & 219). Die ontologischen Metaphern sind die am tiefsten sitzenden Metaphern in unserer Kognition, die wiederum eine Basis für weitere Metaphorisierung bieten. In dieser Arbeit geht es um eine - eher kleine - Funktion der konzeptuellen Metapher, nämlich Textkohärenz zu stiften. Obwohl es wirklich nur eine ganz kleine Ecke des kleinsten Zimmers im Wolkenkratzer der konzeptuellen Metaphern ist, kann auch wie es das chinesische Sprichwort so schön formuliert „durch ein fallendes Blatt der Herbst wahrgenommen“ werden. Die „pervasive“ und „expansive“ Ubiquität der konzeptuellen Metapher in unserem Denken und unserer Sprache ist damit beeindruckend unter Beweis gestellt. Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 235 Es darf jedoch nicht die Illusion entstehen, dass die Textkohärenz allein mit konzeptuellen Metaphern zu erklären ist. Die Textkohärenz hat so viele Facetten wie die konzeptuelle Metapher selber, dass kaum zu behaupten ist, von einer Perspektive aus den ganzen Diamanten schon überblicken zu können. Ein erfolgreicher Beitrag ist bereits geleistet worden, falls es gelungen ist, von der konzeptuellen Metapher aus ein Instrument, das zur Textkohärenz beiträgt, entwickelt zu haben. Die konzeptuellen Metaphern lassen sich, wie vorgestellt, als ein Bündel von Implikationen beschreiben. Die meisten Textproduzenten wissen natürlich explizit wenig vom Implikationshof der Metaphern. Es ist nicht so, dass ein Textproduzent, wie gut er auch im Schreiben oder Reden talentiert ist, die Implikationshöfe aller Konzepte in seinem Geist aufruft und dann einen geeigneten auswählt. Die These von LIEBERT, eine Lexikon von potentiellen konzeptuellen Metaphern aufstellen zu können (LIEBERT 1990), ist daher ein Verfolgen wert. Meiner Ansicht nach ist es eher üblich, dass sich der Textproduzent nicht des Implikationshofs der Metapher explizit bewusst ist, dagegen hat er aber mit seiner metaphorischen Äusserungen das Ziel, das Denken des Rezipienten in eine bestimmte Richtung zu führen. Die Metaphernbeispiele beim Stiften der Textkohärenz sollen klarstellen, wie wichtig konzeptuelle Metaphern für das menschliche Denken sind und wie tief sie in unserem alltäglichen Sprachgebrauch sitzen, so dass wir ihre Existenz kaum noch bemerken, obwohl wir unsere Texte wie auch unser Denken durch ihre Hilfe gestalten. Weitere Arbeiten sind wünschenswert, um die Rolle konzeptueller Metapher bei der Textproduktion und -rezeption noch näher ausleuchten zu können. 236 Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 237 Literaturverzeichnis BAMBERG, Michael 1983 Rezension von: Lakoff, George/Johnson, Mark: Metaphors we live by. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft, 2:1, pp. 144-148. BLACK, Max 1977 Mehr über die Metapher. In: Anselm Haverkamp (Hrsg.) 1996, pp. 379-413. BUSSMANN, Hadumod 1990 Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Alfred Kröner. HEINEMANN, Wolfgang/VIEHWEGER, Dieter 1991 Textlinguistik. Tübingen: Max Niemeyer. KRINGS, Hermann/BAUMGARTNER, Hans MIchael/WILD, Christoph (Hrsg.) 1973 Handbuch philosophischer Grundbegriffe. München: Kösel. LAKOFF, George 1994 Conceptual metaphor home page. http://cogsci.berkeley.edu/. LAKOFF, George/Johnson, Mark 1980 Metaphors we live by. Chicago: University of Chicago Press. LEWANDOWSKI, Theodor 1985 Linguistisches Wörterbuch. 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In: Hochschuljournal der Fremdsprachenhochschule Volksbefreiungsarmee, 73:2, pp. 18-24. 국문요약 der 240 텍스트 결속성을 야기시키는 도구로서의 개념적인 은유 FENG Xiaohu (Chinesisch-Deutsches Institut an University of International Business and Economics Beijing) ARISTOTELES 와 QUINTILIAN 이래로 은유는 전반적으로 시적인 언어를 미화시키는데 기여하는 파격어법으로 정의된다. 그래서 은유는 언어에 달라붙어 진실로부터 장식에 이르기까지 세계에 대한 논의를 가 능한 한 속여 알지 못하게 한다. 그 때문에 PLATO, DESCARTES, LOCKE, KANT, CONDILLAC, HUSSERL, BLUMENBERG, DE MAN, RICOEUR, LACAN 등과 같은 철학자들은 오늘날까지도 수많은 위대한 학자들이 떠받들고 있는 은유를 철학과 학문의 제국에서 추방시켰다. 다른 파격어법들보다 훨씬 더 많이 오랫동안 은유에 대한 논의들이 있어 왔지만, 은유이론은 여전히 ARISTOTELES 의 대체이론을 넘어서 지 못하고 있다. 이 이론은 RICHARDS 와 BLACK 이 두 번째 이론을 내 놓은 20 세기까지 지배적이었다. 이 두 번째 이론은 상호작용이론이라 고 불리는 이론으로 은유연구에 있어서 완전히 새로운 장을 열게 된다. 상호작용이론과 함께 은유연구는 토큰층위(언어의 장식)로부터 유형층 위(개념층위)으로 옮겨가게 되었다. 어떻게 생각이 작동하는 가를 발견 하고자 하는 것이 인지적인 은유연구의 시초였다. 그 사이에 고전이 된 미국인 LAKOFF 와 JOHNSON 의 책 “우리가 생계수단으로 하는 은유 Metaphors we live by” (LAKOFF/ JOHNSON 1980)에서 이 새로운 은유연 구의 발전을 확인할 수 있다. 그들의 명제에 따르면 우리는 인지적인 은 유 없이는 절대로 살아갈 수 없다. 왜냐하면 우리의 개념체계와 생각이 은유화를 통해 구성되기 때문이다. 개념적인 은유의 연구는 그 후에 이 Konzeptuelle Metaphern als textkohärenzstiftendes Instrument 241 른바 은유연구의 인플레이션으로 이어지는 은유연구에서 승리자가 된 다. 독일어권에서 은유를 연구하는 사람들로는 HARALD WEINLICH, GISELA BRÜNNER; HUGO FRIEDRICH; GEHARD KURZ; HERMANN PAUL; WERNER KALLMEYER; JÜRGEN NIERRAD; ANSELM HAVERKAMP; HANS BLUMENBERG 등등이 있다. LAKOFF/ JOHNSON 의 명제를 토대로 해서 본 논문에서는 중국어 텍스트를 분석대상으로 삼아 개념적인 은유가 정신적인 모델로서 텍스 트결속성을 생성하는데 있어아주 잘 기능할 수 있고, 그것을 통해 텍스 트적인 결속성의 확보를 위한 아주 다른 도구가 발견될 수 있다는 것을 제시한다. 더 나아가서 이 연구는 개념적인 은유가 생각을 체계화시킨 다는 입장에 대한 하나의 증거로서 사용될 수 있다. 왜냐하면, 개념적인 은유 없이는 텍스트 이해가 경우에 따라서 방해될 수 있기 때문이다. 본 연구의 다른 성과는, 은유가 단지 진리에 대한 언어적인 보조수단으로 서만 기능할 수 있다는 전형적인 반론들을 편견에 지나지 않는 것으로 드러내는 데에 있다. 은유는 보조수단이 아니고, 은유 없이는 학문적인 논의 또한 이루어질 수 없다. 은유없이는 학문적인 논의가 있을 수 없다 는 LAKOFF/ JOHNSON 의 명제는 텍스트결속성에 방향을 맞춘 이 논문 에서 다시 한번 확인된다. 본 논문에 있는 예문들은 중국어 텍스트이지 만 본 연구는 독일어로 번역된 텍스트를 대상으로 논의를 전개해도 전 혀 문제가 없다. 이 사실은 개념적인 은유가 서로 다른 자연언어의 상이 한 표층구조보다 더 깊은 인지층위에 자리잡고 있음을 보여준다. CHOMSKY 가 아름답고 이상적으로 만들었던 자연언어의 보편문법이 존재하지 않는다는 것이 필자의 입장이지만, 혹 자연언어간에 어떤 공 통적인 것이 있다면 그것은 단지 개념적인 은유와 같은 것이라고 생각 242 한다