Die Virtuosen Niccolò Paganini und Franz Liszt - Popstars der Romantik 1. Begriffsbestimmung Ein Virtuose ist jemand, der eine bestimmte Fertigkeit mit höchster Perfektion beherrscht. Das Wort kommt von lat. virtus = Tugend. Heute wird das Wort überwiegend für herausragende Musiker verwendet, die ihr Instrument technisch besonders perfekt beherrschen und schwierigste Stücke mit Leichtigkeit spielen oder singen. Der Begriff "Virtuose" wurde etwa seit Mitte des 18. Jahrhunderts gebraucht, erhielt aber in der Zeit der Romantik eine negative Bedeutung. In dem Streben nach Ruhm traten mehr und mehr Musiker als so-genannte Virtuosen auf. Diese beherrschten zwar ihr Instrument meisterhaft, nicht jedoch die Kunst des Komponierens. Diese hohle Art des Virtuosentums wurde stark von führenden Komponisten wie Robert Schumann kritisiert. Zu den Virtuosen der Romantik, die Virtuosen und zugleich hervorragende Komponisten waren, zählen Niccolò Paganini, Franz Liszt und Frédéric Chopin. Umstritten als Komponist (u. a. stark kritisiert von Schumann und Liszt), jedoch anerkannt als Virtuose war der Pianist Sigismund Thalberg. 2. Niccolò Paganini (1782 - 1840) war der führende Geigenvirtuose seiner Zeit. Er wurde in Genua geboren und erhielt den ersten Geigenunterricht von seinem Vater, der ihm nichts zu essen gab, wenn er seiner Meinung nach nicht genügend übte. Er war wohl trotz verschiedener Lehrer weitestgehend Autodidakt und probiert ständig neue Spielweisen und Griffe auf der Violine aus. Mit 15 Jahren erhielt er den ersten Kompositionsunterricht und komponierte erste Werke, die verschollen sind. Neben der Violine war die Gitarre ein wichtiges Instrument für ihn, da er mit ihrer Hilfe besser harmonisch denken und mehrstimmig komponieren konnte. Von 1805 bis 1809 hatte Paganini seine einzige Festanstellung als Konzertmeister des Orchesters der Republik Lucca. In dieser Zeit entstanden viele Werke für Gitarre und Violine. Ab 1810 war Paganini ständig auf Konzertreisen, darunter bis 1828 in Italien. 1820 erschienen ein paar Stücke bei dem größten italienischen Musikverleger Ricordi, wodurch erstmalig seine Stücke auch in gedruckter Form Verbreitung fanden. Diese Stücke gerieten auch in die Hände Liszts und Schumanns.1825 wurde sein Sohn Achille Ciro Alessandro geboren, mit dessen Mutter, der Sängerin Antonia Bianchi, Paganini in den folgenden Jahren reiste. Sie sang auch in seinen Konzerten. 1828 verließ Paganini Italien. Sein Ruhm als "Zauberer" auf der Geige hatte sich schon in den Jahren zuvor weit über die Grenzen Italiens nach Europa verbreitet, sodass man gespannt darauf war, seine Geigenkunst zu sehen und zu hören. Es entstand ein regelrechter Paganini-Kult: sein Kleidungsstil wurde in der Mode nachgemacht, sein Portrait konnte überall gekauft werden etc. In Wien trennte sich Paganini von Antonia Bianchi und kümmerte sich fortan um seinen Sohn. Zwischen 1829 und 1831 trat er in mehr als 40 deutschen und polnischen Städten auf.. Paganinis Erscheinungsbild hatte etwas Dämonisches. Er war dürr, ging etwas gebeugt, wahr von Krankheit gezeichnet, sein Haar war wirr und als Konzertkleidung trug er schwarz. Die Eintrittspreise für seine Konzerte waren beträchtlich und brachten ihm ein gutes Vermögen ein. 1832 begannen seine Kräfte nachzulassen und sein Geigenspiel wurde schlechter, was ihm verletzende Kritiken einbrachte. Er kehrte 1834 mit seinem Sohn nach Italien zurück und kaufte eine Villa in Parma, wo er wieder zu Kräften zu kommen hoffte. jedoch waren die folgenden Jahre von Krankheiten gezeichnet. Woran Paganini litt, ist nicht genau festzustellen, möglicherweise an einer Enzephalitis als Folge einer Masernerkrankung, an Kehlkopftuberkulose, um nur einige zu nennen: Auszug aus einem Traktat über seine Art, Geige zu spielen: Paganini bespannte seine Violine mit dünneren Saiten als üblich u. a. wegen des leichteren Umstimmens, der Ansprechbarkeit der höchsten Lagen und des Flageoletts sowie des Mischens von Bogenstrich und Pizzicato der linken Hand. Der Steg war flacher gestaltet. Das rechte Bein wurde vorgestellt, die Oberarme blieben dicht am Körper, der linke Ellenbogen wurde weit nach rechts gedreht, die Violine wurde ohne Halter unter dem Kinn gehalten und nach unten geneigt. Das ermöglichte Paganini eine entspannte Haltung und eine freie Beweglichkeit der Finger auf dem Griffbrett. Beim ausschließlichen Spiel auf der G-Saite war diese auf b hinauf gestimmt. In vom Orchester begleiteten Stücken in B-Tonarten wurde die Violine um einen Halbton höher gestimmt. Dadurch konnten auf der Violine die klangvollen Kreuztonarten gegriffen werden, während die begleitenden Streichinstrumente die matteren B-Tonarten griffen, so setzte sich die Solostimme vom Orchester ab. Paganinis Bogen war sehr lang und in der höchsten Spannung nahezu gerade, also weder nach der einen noch der anderen Richtung gebogen. Eine starke Spannung begünstigte das Springbogenspiel. Auftakte strich Paganini oft mit Abstrich, Betonungen mit Aufstrich. Besonders virtuos beherrschte Paganini die Mischung von Bogenstrich und Pizzicato mit der linken Hand. Er setze sie u. a. ein, um eine gestrichene Melodie mehrstimmig im Pizzicato zu begleiten. Das Doppelflageolett über lange Passagen war ein besonderer klanglicher Effekt. Berühmt war er für rasante Geschwindigkeiten und ein große Bandbreite der Dynamik vom quasi gehauchten Ton bis zum weit tragenden Fortissimo. In Paganinis Nachlass fanden sich 15 Violinen, darunter 7 von Antonio Stradivari, 4 von Giuseppe Guarneri und 2 von Nicola Amati, außerdem 2 Violen von Stradivari, 4 Violoncelli, darunter 2 von Stradivari und 1 von Guarneri, sowie eine Gitarre. Youtube-Link zur berühmten Caprice a-Moll op. 24:http://www.youtube.com/watch?v=OHrZAplckpI Youtube-Link zum berühmten Campanella-Satz: http://www.youtube.com/watch?v=lWaOnqmtr9U 3. Franz Liszt (1811 - 1876) wurde im Burgenland geboren. Mit sieben Jahren brachte er sich selbst das Notenschreiben bei. Mit neuen Jahren trag er erstmals öffentlich mit einem Klavierkonzert auf. In seinem Elternhaus wurde deutsch gesprochen, später aber auch, weil seine Eltern die Sprache lernten, Französisch, das Franz Liszt sehr liebte. Er sah später Frankreich als sein "Vaterland" an. Erst in den 1870er Jahren lernte Liszt auch Ungarisch. Als sein Vater das talent von Franz erkannte, wurde er zu seinem strengsten Lehrer. zugunsten einer Pianistenkarriere vernachlässigte er dessen Allgemeinbildung, was Franz erst in späten Jahren nachholte. 1823 übersiedelte die Familie nach Paris. Liszt wurde jedoch als Ausländer nicht am Konservatorium angenommen, sodass sein Vater seine weitere Ausbildung übernahm. Er erhielt auch privaten Kompositionsunterricht und stieg durch Konzerte in hohen gesellschaftlichen Kreisen rasch zu einer Berühmtheit auf. Als er 15 Jahre alt war, starb sein Vater. er wohnte mit seiner Mutter in einer Pariser Wohnung und gab Klavier- und Kompositionsunterricht zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Erste Begegnungen mit Chopin und Mendelssohn-Bartholdy waren für ihn ernüchternd: gegen sie wirkte er noch sehr dilettantisch. Er zog sich zeitweise von der Musik zurück, begeisterte sich aber später wieder für sie. 1832 lernte er die sechs Jahre ältere Gräfin Marie d'Agoult kennen. Als 1835 Marie schwanger wurde, zogen Liszt und sie in die Schweiz. Marie trennte sich von ihrem Mann. Tochter Blandine wurde geboren. In Genf stellten sich bald finanzielle Probleme ein, da Liszt wegen seiner Frau und seinem Kind keine weiten Konzertreisen machen konnte. Mit Gebrauchskompositionen und Transskriptionen sorgte er für das Nötigste. 1837 maß Liszt sich mit dem gefeierten Pianisten Thalberg, dessen Werke er zuvor in Rezensionen verrissen hatte, und unterlag beim Publikum. In den folgenden Jahren reiste er immer wieder nach Paris, um dort zu konzertieren, und erlangte Berühmtheit als Klaviervirtuose. 1837 wurde die zweite Tochter Cosima (die spätere Frau Richard Wagners) geboren, 1839 Sohn Daniel. Marie und Franz trennten sich, damit er ungehindert konzertieren konnte. Es folgten rastlose Jahre mit zahlreichen Konzerten in vielen Ländern Europas. Liszt wurde süchtig nach Ruhm und es entwickelte sich ein ähnlicher Kult wie im Falle Paganinis. Er inszenierte sich selbst bei seinen Konzerten. 1843 trennte er sich von Marie d'Agoult und erhielt zwei Jahre später nach einem langen Rechtsstreit das alleinige Sorgerecht für die Kinder, die bei Liszts Mutter in Obhut waren. Liszt sorgte mit seinen Konzerteinnahmen für die finanzielle Sicherheit seiner Mutter und seiner Kinder. 1843 kam Liszt nach Weimar und wurde dort Kapellmeister. Mit Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein verband ihn eine lange Beziehung, die ihm in seiner Entwicklung als Komponist gut tat. Die Weimarer Jahre waren seine produktivsten. Dort dirigierte er viele Werke zeitgenössischer , auch umstrittener, Komponisten und führte auch deren Opern auf. Allein 36 Mal dirigierte er Werke von Richard Wagner, der ihm besonders nahe stand und dem er im Frühjahr 1849 nach dem Aufstand in Dresden zur Flucht nach Zürich verhalf. In den Folgejahren unterstützte er Wagner finanziell und auch ideell und stand mit ihm in einem regen Briefwechsel. Ab 1865, nachdem Wagner mit Liszts Tochter Cosima liiert war, kühlte sich das Verhältnis für lange Zeit jedoch ab. 1858 beendete Liszt seine Dirigententätigkeit in Weimar, nachdem eine Opernaufführung ausgepfiffen worden war. Als Pädagoge hatte Liszt in Weimar großen Einfluss. Dank der Absicherung durch die Gräfin konnte er es sich leisten, unentgeltlich zu unterrichten. zu seinen Schülern gehörte u. a. Hans von Bülow, Cosimas erster Mann und später berühmter Dirigent vieler Uraufführungen. 1861 verließ Liszt Weimar. Er empfing 1865 beim Papst die niederen Weihen als Kleriker (Abbé) und befasste sich auch in seinen Kompositionen mit religiösen Themen. In den Jahren bis zu seinem Tod reiste er viel als Dirigent und wurde auch als Komponist so berühmt wie in jüngeren Jahren als Pianist. Liszts Gesamtwerk ist so vielfältig und umfangreich wie kaum das eines anderen Komponisten. Er hat die bis zu seiner Zeit übliche Form des Klavierspiels und dementsprechend auch die Klavierkomposition neu geprägt. Zu seinen Erfindungen zählen die Konzertparaphrasen, bei denen Liszt ein Thema oder mehrere Themen aus bekannten Opern aufgriff und diese ausgeschmückt mit eigenen kompositorischen Ideen zu brillanten Klavierstücken umarbeitete. Von den zahlreichen Klavierwerken Liszts werden heute nur noch wenige gespielt. Ein Grund für das weitgehende Ignorieren der Klavierwerke Liszts mögen technische Schwierigkeiten sein, ein anderer Grund mag sein, dass viele seiner Transkriptionen Bearbeitungen der damals zeitgenössischen Melodien anderer Komponisten gewesen sind und heute weniger „ansprechen“, denn sie waren für einen völlig anderen Personenkreis bestimmt: für hochgebildete, talentierte Amateure. Youtube-Link zum Klavierkonzert Nr. 1 h-Moll, Satz 1: http://www.youtube.com/watch?v=Mwfu5o04i50&feature=fvst Youtube-link zum Liebestraum:http://www.youtube.com/watch?v=KpOtuoHL45Y Etüde op. 17:http://www.youtube.com/watch?v=XG8fRXZmsjI&p=74789A5D1CF866AB&playnext=1&index=5