Pflege deutscher Kultur in der Südbukowina Um den Sinn dieses Referates verstehen zu können, müssen wir einen Blick in die Geschichte der Bukowina werfen. Das Gebiet, das später den stolzen Namen Bukowina tragen wird, war schon im Altertum Teil des vom König Decebal, im 1. Jh. nach Christus gegründeten Königreiches der Daken, welches im Jahre 107 vom römischen Kaiser Trajanus unterworfen und zur römischen Provinz Dakien gemacht wurde, und Siebenbürgen, die Moldau, die Walachei und wahrscheinlich ein Teil Ost-Galizien umfasste. Im Jahre 270 wurde die Provinz Dakien, in der inzwischen das rumänische Volk entstanden ist, von Kaiser Aurelian unter dem Ansturm der Goten aufgegeben und das Land den Wandervölker überlassen. In der Zeit bis zum 14. Jh., als das Fürstentum Moldau gegründet wurde, wechselten öfters die Völker, die dieses Gebiet beherrschten. Nach 1359 und bis zur Eingliederung in die Habsburgermonarchie, war die Bukowina Teil des Fürstentums Moldau, das seit dem 16. Jh. unter osmanischer Überhochheit geriet. Das landschaftlich reizvolle Gebiet, nur 10.450 qkm groß und dünn besiedelt von Rumänen und Ruthenen, das zwischen den Kamm der Waldkarpaten und den Flüssen Suczawa, Moldau, Bistriz, Sereth und Pruth eingebettet liegt, gefiel Kaiser Joseph II. als er auf einer Inspektionsreise hier durchfuhr. Nach dem Erwerb Galiziens, bemühte sich Kaiser Joseph II. eine Verbindung zu Siebenbürgen, das seit 1699 unter österreichischen Herrschaft gelangt war, herzustellen und besetzte die Bukowina durch drei Kavallerieregimenten und fünf Infanteriebataillonen, die unter Führung von General Gabriel Freiherr von Spleny standen. Mit Zustimmung Russlands, trat die Türkei 1775 das Land an Österreich ab. So gehörte nun die Bukowina zu Österreich und damit erlangte Siebenbürgen an seiner nord-östlichen Flanke eine vorgeschobene militärische Sicherung. Um dem unter geostrategischen Gesichtspunkten erworbene Land aus seiner großen Armut und Rückständigkeit zu helfen, betrieb Kaiser Joseph II. die Besetzung mit deutschen Siedler, die aus verschiedene Teile des Reiches kamen. Die Deutschen die hier angesiedelt wurden, müssen nach ihrem Herkunftsgebieten sowie auch nach ihrer beruflichen Qualifizierung unterschieden werden. Aus Südwestdeutschland kamen die Bauern, die auch Schwaben genannt wurden, aus der Zips kamen Bergleute, aus dem Böhmerwald Glas- und Waldarbeiter und die Verwaltungsbeamte, die Handwerker, die Lehrkräfte, die Richter, die Ärzte, die Priester, die Frostleute und Militärs aus den verschiedenen Kronländer Österreichs. Hier muss noch gesagt werden, dass in der Zeit der Galizischen Verwaltung, Deutsche, Juden und Ruthenen aus Galizien in die Bukowina eingewandert sind und die Bevölkerung der Bukowina von knapp 80.000 im Jahre 1780 auf über 800.000 im Jahre 1910 stieg. Auf dieser Weise, wurden die Bedingungen erfüllt, die zur Entwicklung einer multikulturellen Region führen sollen, denn all diese Leute die hier angesiedelt wurden, brachten ihr Wissen, ihren Fleiß, ihre Sitten und Bräuche und trugen zur wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des Landes bei. So entstanden aus Dörfer und Marktflecken Städte wie Czernowitz, Radautz, Suczawa, Sereth, Sorozynetz, Kotzman, Wiznitz, Gura Humora, Kimpolung, Dorna-Watra u.a. In den Städten erschienen vorerst Werkstätte, danach Fabriken. Es wurden Strassen gebaut, Eisenbahnen und Post-Telegraph und Telefondienst eingerichtet. Der Höhepunkt dieser Entwicklung konnte aber erst später erreicht werden, nachdem die Bukowina, vorerst ein Kreis von Galizien, von Kaiser Franz Joseph, am 04. März 1849 zu einem autonomen Kronland mit dem Titel eines Herzogtums erhob. Nach der Lösung von Galizien ist auch der Wendepunkt für eine zügige Entwicklung des Volkschulwesens erreicht. Es ist wahr, das erste Gymnasium in der Bukowina wurde bereits 1808 in Czemowitz eröffnet, doch die wahre Entwicklung des Schulwesens in der Bukowina erfolgt erst nach der Trennung von Galizien. So wurde 1863 die griechisch-orthodoxe Oberrealschule in Czernowitz eröffnet, es folgten 1871 die Gründung des Gymnasiums in Radautz, das 1880 zu einem Obergymnasium erweitert wurde. 1870 wurde in Czernowitz eine staatliche Lehrer und Lehrerinnen Bildungsanstalt errichtet. 1873 wurde in Czernowitz die Staatsgewerbeschule eröffnet. Am 29. Oktober 1871 fand die feierliche Eröffnung der landwirtschaftlichen Mittelschule in Czernowitz statt. Ihr folgten Ackerbauschulen in Kotzman und Radautz. Der Höhepunkt in der kulturellen Entwicklung der Landes wurde 1875 erreicht durch die Gründung der deutschen Universität in Czernowitz, die Hörer verschiedenen Nationalität, Deutsche, Rumänen, Juden, Ruthenen, Polen und andere hatte, die durch gemeinsames Bemühen verbunden, zur Bildung einer wertvollen Intellektualität geführt haben. Es muss noch gesagt werden, dass die Czernowitzer Universität die fünfte deutschsprachige Universität der k.u.k. Monarchie, neben Wien, Prag, Graz und Innsbruck, war. So wuchs ständig die Zahl der Bildungsanstalten in der Bukowina und nach 140 Jahre österreichischer Herrschaft, sah der Stand des Schulwesens in der Bukowina folgendermaßen aus: eine Landesuniversität, mehrere Gymnasien und 486 Volksschulen. Es muss noch einiges über das Vereinswesen der Deutschen in der Bukowina gesagt werden, denn die verschiedenen Vereine haben massiv zur Pflege der deutschen Kultur beigetragen. Die österreichische Regierung war keine deutsche Regierung sondern die einer Völkermonarchie, die für das nationale Dasein aller Völker sorgte, ließ aber jedem die Freiheit zur Pflege seiner nationalen Interessen aus eigener Kraft. Diese Freiheit wurde in Kronländern wie Böhmen und Mähren von den Tschechen sowie in Galizien von den Polen im nationalistischen Streben gegen die deutsche Minderheit ausgenützt. Diesen deutschfeindlichen Organisationen setzten die Deutschen im Abwehrkampf ihre Schutzvereine entgegen. Dies galt in der Bukowina in geringerem Masse, da in der vielsprachigen Bukowina bis 1918 Verträglichkeit herrschte. Nur einige dieser Vereine möchte ich erwähnen. So der 1816 gegründete Unterstützungsverein für arme Gemeindemitglieder in Kimpolung, der 1825 gegründete Schützenverein in Czernowitz. Zwischen 1856 und 1871 waren 14 solche Wohltätigkeits- und Unterstützungsvereine für Arme, Kranke, Witwen und Weisen tätig. Groß war aber auch die Zahl der kulturellen Vereine. Auch hier möchte ich nur einige erwähnen. So die Gesangvereine 1859 in Czernowitz, 1864 in Sereth, 1866 in Suczawa, 1867 in Radautz aber auch wissenschaftliche und literarische Vereine wie der Landeskulturverein in Czernowitz, 1851 und der Landesbibliotheksverein. Ein bedeutendes Ereignis diesbezüglich ist die Gründung zu Pfingsten 1997 des Vereins der christlichen Deutschen gewesen. Es ist das beste Beispiel der Wechselwirkung zwischen der Universität und Volk, da seine Obmänner bis 1914 Universitäts-Professoren waren. Nicht nur in Czernowitz auch in andere Städte und Gemeinden der Bukowina wie Radautz, Suczawa, Kimpolung, Dorna-Watra, Gura Humora und in viele andere, wurden kulturelle Vereine gegründet, wie zum Beispiel der 1901 in Radautz gegründete deutsche, katholische Leseverein. Die Zahl der kulturellen Vereine war groß und alle hatten als Ziel die Pflege des Deutschtums und einige davon setzen ihre Tätigkeit fort auch nach dem die Bukowina nach dem Zerfall der Monarchie 1918 zu Rumänien eingegliedert wurde. Nicht nur die Kultur in der Bukowina erreichte ein hohes Niveau sondern auch die Wirtschaft. Wenn 1775 in der Bukowina ausschließlich Viehzucht betrieben wurde, kam mit der Ansiedlung deutscher Bauern aus dem Westen eine hoch entwickelte Landwirtschaft ins Land und nach 144 Jahren österreichischer Herrschaft, war es dann so weit, dass die Ernteerträge der Bukowina die des rumänischen Königsreiches, das als Kornkammer Europas galt, übertroffen hat. Auch in der Viehzucht hatten die Deutschen einen bedeutenden Einfluss. Sie führten neue Rinderrassen ein und erfuhren eine bedeutende Breitenwirkung durch die Pferdezucht, nachdem sie 1782 das k.u.k. Gestüt in Radautz eingerichtet haben. Auch die Forstwirtschaft wurde wissenschaftlich betrieben und um den Waldreichtum nützen zu können wurden Glashütten und Sägewerke errichtet. Nach dem ersten Weltkrieg und dem Zerfall der österreichischen Monarchie wurde die Bukowina dem rumänischen Königreiche einverleibt. Für die Buchenlanddeutschen ergab sich nun eine völlig neue Lage. Aus dem staatstragendem Element wurden sie über Nacht zu einer Minderheit degradiert und mussten ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Die deutsche Universität wurde in einer rumänischen umgewandelt und somit zu einem Provinzinstitut ohne europäische Bedeutung gemacht. Das staatliche österreichische Schulwesen wurde von den Rumänen übernommen. Trotzdem hat das Kulturleben der Deutschen in der Bukowina nicht aufgehört. Nur mit der Umsiedlung im Jahre 1940 wurde dem Deutschtum in der Bukowina ein tödlicher Schlag verabreicht. Nach der Unterzeichnung des Hitler-Stalin Paktes, wurde die Bukowina geteilt. Der nördliche Teil mit ihrem kulturellen Mittelpunkt, die Landeshauptstadt Czernowitz, auch klein Wien benannt, fielen der Sowjet-Union zu. Die dort lebenden Deutschen wurden gezwungen ihre Heimat zu verlassen und auf das Volksvermögen und ihrem persönlichen Besitz zu verzichten. Auch 90% der Deutschen aus der Südbukowina wurden im Oktober 1940 umgesiedelt. Sie kamen in Deutschland, wurden eingebürgert und, je nach der Gruppe in der sie zugeteilt wurden, im Altreich oder in den neu eroberten Gebiete im Osten geschickt. Die aus der „S“ Gruppe, die nicht als Deutsche anerkannt wurden sind bereits in 1942 ins Herkunftsland zurück geschickt worden. Im Jahre 1945, wurden ein Teil der Buchenlanddeutschen und zwar die, die sich in der russischen Okkupationszone befanden, zwangsweise nach Rumänien geschickt. So kam es, dass Ende 1945 etwa 10.000 Deutsche in der Südbukowina gelebt haben. Sie waren unerwünscht und solange die russischen Truppen in Rumänien weilten, mussten sie viel Leid und Kummer ertragen. Aber auch nach dem Rückzug der russischen Truppen, konnte kaum von deutscher Kulturpflege gesprochen werden. Es gab keine deutsche Schulen, Vereine auf ethnischer Basis durfte man nicht gründen und außerdem muss man wissen, dass die Deutschen die ärmsten, unter den rumänischen Bürger waren, denn als sie 1940 umgesiedelt worden sind, mussten sie ihr Hab und Gut der Umsiedlungskommission übergeben und als sie zurück gebracht wurden, standen sie vor Nichts. Keinen Grund, kein Heim, keine Werkstatt, kein Betrieb und nur ihr Fleiß und der starke Wille half ihnen den Hungerstod zu entgehen. Es waren meist Frauen mit Kindern und wenig ältere Männer und da sie bis 1949 staatenlos waren, konnten sie schwer eine Arbeitstelle finden und wenn doch, da mussten sie die niedrigsten Stellen und die schwerste Arbeit annehmen. Deutsch wurde nur im Familienkreis gesprochen und in den römisch-katholischen Kirchen, wo der Gottesdienst und der Religionsunterricht in Deutsch gehalten wurden. Obwohl am Papier alle rumänischen Staatsangehörige gleichberechtigt waren, in der Praxis, konnte kaum ein Deutscher vorankommen und deshalb sind viele Deutsche wieder nach Deutschland ausgesiedelt und die Zahl der Deutschen, die zur Zeit in der Südbukowina leben, auf etwa 2500 gesunken ist. Erst nach der Wende im 1989 bot sich den Deutschen aus der Südbukowina die Gelegenheit, den Beispiel der Siebenbürgersachsen und der Banaterschwaben folgend, eine ethnische Organisation unter dem Namen Demokratisches Forum der Buchenlanddeutschen zu gründen. Dieses Forum besteht aus mehreren Lokalforen in Suczawa, Gura Humora, Kimpolung, Dorna-Watra, Sereth, Frasin und dem Verein der Buchenlanddeutschen in Radautz. In den folgenden Zeilen werde ich mehr über die Pflege der deutschen Kultur von den Mitgliedern dieses Vereins sprechen, da mir dieser Teil der Sache besser bekannt ist. Das Hauptziel des Vereins der Buchenlanddeutschen in Radautz, so wie es in der Satzung des Vereins eingetragen wurde, ist die Wiederherstellung des Spiegels unserer ethnischen Identität aus den Scherben unseres Deutschtums. Als Motto unseres Vereins wählten wir einen Spruch das im steinernem Türrahmen eines mittelalterlichem Hauses in der Lutherstadt Wittenberg vor mehreren Jahrhunderten eingemeißelt wurde. Dieser Spruch lautet: Deutsch sein und Deutsch bleiben, Deutsch sprechen, Deutsch schreiben, Deutsch denken, Deutsch wandeln, Wahr und Deutsch handeln! Nach diesem Leitspruch richtet sich unsere sämtlich Tätigkeit. Um unser Ziel zu erreichen, haben wir beschlossen mit eigener Kraft vorzugehen, denn obwohl wir den Segen für unser Tun von den rumänischen Obrigkeiten erhalten haben, konnten wir von Staat keine finanzielle Unterstützung erwarten. Nur Freunde aus dem deutschsprachigen Gebiet, Deutschland, Österreich und die Schweiz kamen uns zur Hilfe. So die Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen aus der Bundesrepublik organisierte Hilfstransporte und brachte uns gleich nach der Wende nicht nur Lebensmittel und Bekleidung sondern auch viele Bücher für Schulkinder und Kindergarten sowie auch viele andere Dinge die uns zur Erfüllung unserer Aufgaben halfen. Auch das Bukowina Institut aus Augsburg kam uns entgegen mit materiellen und wissenschaftlichen Beistand. So haben viele unserer Schüler und Studenten an Sommerkurse die vom Institut organisiert und finanziert wurden teilnehmen dürfen. Nun stellten wir uns die Frage womit wir anfangen können. Als ich ein Mädchenliederbuch, das in Dezember 1912 in Regensburg erschien, durchblätterte, viel mir auf Karl Vormanns Geleitwort zu diesem Buch: „Einst war in deutschen Landen das Volk so reich an Sang, Das dir auf Weg und Stegen sein Lied entgegenklang. Im Liede hat's gebetet, im Liede hat's geweint, Beim Mahle, wie bei Gräbern zum Sange sich vereint. Der Bauer hinter'm Pfluge, der Hirt im Wiesental, Die Mädchen an dem Spinnrad, sie sangen allzumal; Und wo die Kinder spielten, da lenkt ein Lied die Lust, Und wo die Burschen zogen, da klang's aus voller Brust.“ Dieses Geleitwort gefiel mir sehr und nachdem ich es meinen Freunden vorgelesen habe, beschlossen wir durch Erweiterung des bestehenden deutschen Kirchenchors die Radautzer deutsche Liedertafel zu gründen wobei wie zuvor etwa 40 Personen mitwirken. In den 17 Jahren des Bestehens haben wir über 100 deutsche Volkslieder einstudiert, versammeln uns noch immer jeden Donnerstag zur Gesangprobe und haben so manche heitere Stunde in froher Runde verbracht. Gleichzeitig gestaltet die Liedertafel musikalisch den deutschen Gottesdienst der in Radautz jeden Sonntag, um 9 Uhr, stattfindet. Andererseits wird die Liedertafel von den Obrigkeiten zum mitwirken bei verschiedene Veranstaltungen in der Stadt oder im Kreis eingeladen. Im Jahre 2000 fuhren wir auf Tournee in die Schweiz und durften in mehreren Orte in der Schweiz und in Deutschland auftreten. Die Reise erwies sich als ein Erfolg und stellte für uns einen intensiven kulturellen Austausch dar. Nicht nur singend pflegen wir deutsche Kultur. Weil wir feststellen konnten, dass nur noch sehr wenige unserer Kinder und Jugendliche Deutsch sprechen, beschlossen wir die Sache zu ändern und bereits 1992 eröffneten wir einen deutschen Kindergarten und einen Kursus für Muttersprache. Etwas später konnte der Kindergarten erweitert werden durch finanzielle Unterstützung vom Bundesinnenministerium und noch andere zwei Kindergärten in Suczawa und Kimpolung eröffnet werden. Die Kindergärten bestehen auch heute noch, der in Radautz ist im Deutschen Haus untergebracht. Es wurde uns bewusst, dass es mehr gemacht werden muss, aber ohne einen eigenen Sitz zu haben war es schwer zu machen. Im Jahre 1904 erwarb die Radautzer deutsche Gemeinde ein Stück Grund und baute darauf ein stattliches Gebäude, das Deutsche Haus, wo bis 1940 deutsche Kultur gepflegt wurde. Nach dem Krieg kamen bei uns die Kommunisten an die Macht und enteigneten auch die deutsche Gemeinde, die in Radautz niemals gänzlich aufgelöst wurde, ihres Besitzes, somit auch das Deutsche Haus, das in ein Kino und Büroräume umgewandelt wurde. Da wir nach der Wende, das Deutsche Haus nicht auf friedlicher Weise zurückerstattet bekommen konnten, klagten wir den rumänischen Staat und nach siebenjährigem Prozess bis zur höchsten Instanz haben wir am 10.06.1998 das Deutsche Haus zurückbekommen. Die Prozesskosten wurden teils von der deutschen Botschaft in Bukarest, teils von Privatpersonen gedeckt. Gleich nachdem wir das Haus wieder in Besitz nahmen, mussten wir sehen, wie wir das Haus, das gleich einem Ruin war, wieder einigermaßen funktionsfähig machen können. Von den Obrigkeiten wurde uns jegliche Unterstützung abgelehnt, zum Glück lernten wir Prof. Walter Dörr aus Heilbronn kennen der uns die nötigen Mittel besorgte und in drei Jahre harter Arbeit konnten wir das Haus renovieren. Im Jahre 2001, in Kooperation mit dem E. Hurmuzachi Kollegium aus Radautz, konnten wir eine Grundschule mit den Klassen 1-4 mit Deutsch als Intensivkursus einrichten. Aus Mangel an deutschen Lehrkräften aber auch weil wir nicht genügend Kinder die fließend Deutsch sprechen auftreiben konnten, ist der Wunsch unseres Hauptsponsors, eine deutsche Schule in Radautz zu gründen nicht erfüllt. Doch wir sind froh, wenn die Kinder die drei Jahre unseren Kindergarten besuchen, ihre erworbenen Deutschkenntnisse in dieser Schule erweitern können. Ab der 5. Klasse kommen sie aufs Hurmuzachi- Kollegium in der Abteilung mit Deutsch Intensiv, wo sie sich für das deutsche Sprachdiplom vorbereiten können. Hier möchte ich noch beifügen, dass bis jetzt schon mehrere unserer Jugendlichen das deutsche Sprachdiplom gemacht haben und an verschiedene deutsche Universitäten studieren. Im Jahre 1993 haben wir den 1901 in Radautz gegründeten deutschen katholischen Leseverein wieder ins Leben gerufen, diesmal aber als deutscher Leseverein, also nicht nur den Katholiken offen. Zurzeit zählt der Radautzer Leseverein nur 18 Mitglieder die jeden Monat beisammen kommen um literarische Tätigkeiten zu betreiben. Es werden verschiedene literarische Themen erörtert in der Form von Referate, Diskussionen oder Vorlesen. Wechselnd bereitet ein Mitglied einen Referat vor den er vorträgt, danach folgen Diskussionen. Möchte nur einige solcher Referate erwähnen: „Von der germanischer Vorzeit bis zur Gegenwart“, wodurch die Mitglieder mit der germanischen Geschichte vertraut wurden. Ein anderes Referat berichtete über die Herkunft der Buchenlanddeutschen und die Geschichte der Bukowina. In den 15. Jahre wurden viele Referate vorgetragen, die über den Lebenslauf und das Werk deutscher Dichter und Schriftsteller, wie Ernst Rudolf Neubauer, Nikolaus Lenau, Heinrich Heine, Johann Wolfgang von Goethe, Fr. Schiller, Heinrich von Kleist, Adalbert Stifter, Theodor Storm., G. E. Lessing und noch viele andere berichteten. Außer Referate und Diskussionen werden einige literarische Werke gemeinsam gelesen. So haben wir zum Beispiel Schiller Trauerspiel „Kabale und Liebe“ auf Rollen zugeteilt gelesen oder Gedichte von Lenau, Schiller, Goethe, sowie Ernst Rudolf Neubauers „Erzählungen aus der Bukowina“ gelesen. Mit Hilfe des Bukowina Instituts in Augsburg und einiger Freunde aus Deutschland, Osterreich und der Schweiz die uns viele Bücher geschenkt haben konnten wir eine schöne Bibliothek einrichten die von vielen Lesern in Anspruch genommen ist. Eine andere Form der deutschen Kulturpflege besteht darin, dass wir bedacht sind, die Bräuche und Sitten, die unsere Vorfahren vor über 200 Jahre mitgebracht haben, zu erhalten und der jungen Generation zu übermitteln. So wird zum Beispiel am Vorabend des ersten Adventssonntag ein Kranz aus Tannenzweige geflochten, dann wird die erste von den vier Kerzen angezündet und alle die dabei sind singen schöne Adventslieder wie „Es ist Advent“ oder „Tauet Himmel den Gerechten“ oder „Wann kommst Du lieber Heiland“. Ein anderer Brauch den wir pflegen ist die Letztfaschingsfeier vor dem Aschermittwoch. Auch dieses Jahr haben wir im großen Saal des Deutschen Hauses in Radautz eine Faschingsfeier organisiert, wobei über 100 Leute, Erwachsene und Jugendliche zusammen bis spät in die Nacht bei Musik, Tanz, Gesang und gutes Essen gefeiert haben. Ein anderes Ereignis das in der Südbukowina groß gefeiert wird ist die Kirchweih. Es beginnt am 16. Mai in Suczawa am Nepomuk Tag und endet am 19. November am Elisabethtag in Itzkany. Für die Kirchweih, das Fest der ganzen Gemeinde, bereiten sich alle Familien sehr gewissenhaft vor. Es wird große Ordnung gemacht, jedes Stäubchen muss entfernt werden, die Kirche wird geputzt und mit Blumen und Tannengirlanden geschmückt, es wird reichlich gekocht und gebacken damit es für alle Gäste reicht. Der Entenbraten und der Apfelstrudel sowie ein Glas Vischniak darf nicht fehlen. Am Kirchweihtag werden drei hl. Messen in Deutsch, Polnisch und Rumänisch gehalten, danach geht man nach Hause mit den Gästen aus anderen Orten wo gefeiert wird. Am ersten November, nach dem Gottesdienst in der Kirche, gehen alle Leute am Friedhof wo vorher die Gräber mit Blumen und Kränze geschmückt worden sind und warten in Andacht und Gebet bis der Pfarrer kommt, um die Gräber der verstorbenen Angehörige zu weihen. Gegen Abend sammeln sich die Leute am deutschen Heldenfriedhof, wo die Liedertafel Soldatenlieder wie „Ich hat’ einen Kameraden“, „Der Soldat“ sowie Allerseelenlieder singt. Dann kommt der Pfarrer, weiht die Gräber der verstorbenen Soldaten und hält eine Trauerdacht. Zuletzt singt der Chor „Der Engel des Herrn“ und „Salve Regina“. Die Leute bringen am Friedhof belegte Brötchen und Kümmelschnaps und verteilen es an Arme Leute die gekommen sind. So habe ich einiges berichtet, über die Art und Weise wie wir Buchenlanddeutschen die noch in der Südbukowina leben uns bemühen wieder Deutsch zu lernen und einiges was wir von unseren Eltern und Großeltern übertragen erhalten haben, weiter an die nächste Generation zu geben. Es ist nicht viel was wir tun können, doch „solange noch das Lämpchen glüht“ wollen wir alles tun was in unseren Kräften steht damit nicht alles was uns heilig ist, verloren geht. Das Deutsche Haus in Radautz ist das Bollwerk wo durch kleine Schnitte der Wiederaufbau unseres Deutschtums begonnen hat und wenn ich kleine Schritte sage, muß ich an das lateinische Zitat „Guta cavat lapidem, non vi sed saepe cadendo“ denken. Darum dürfen wir nicht aufhören kleine aber ständige Schritte zu machen und ich bin überzeugt, dass unsere Mühe eines Tages belohnt wird. Im Deutschen Haus treffen wir öfters Gruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wo wir bei Kaffe und Kuchen neue Freundschaften schließen und angenehme Stunden verbringen. So bauen wir Brücken zur Heimat unserer Vorfahren. Das Deutsche Haus in Radautz steht wie zuvor auch unseren nicht deutschen Mitbürger offen, es beginnt langsam wieder ein Zentrum für Kulturpflege zu werden, denn nicht nur die Deutschen aus der Südbukowina sind daran interessiert deutsche Kultur zu pflegen. Nach der Wende, stieg das Interesse für die deutsche Sprache bei unseren rumänischen Mitbürger. So wurde fast in allen Schulen Deutsch als moderne Sprache eingeführt; in manchen Schulen gibt es Klassen mit Deutsch Intensiv. Eine wichtige Rolle zur Pflege der deutschen Sprache erfüllt die Universität aus Suczawa, wo eine Fakultät für Germanistik eröffnet wurde wo sich viele Studenten zu Deutschlehrer ausbilden können.