Mittelalterküche Vorwort Minimenta e.V. ist ein kleiner Verein, der ein großes Ziel hat. Wir möchten das Hobby Puppenstuben und Miniaturen vor dem Aussterben bewahren, denn es mangelt an Nachwuchs. Schade, denn das Hobby ist ideal für Menschen jeden Alters und jeden Geschlechts. Leider gibt es viele Vorurteile. Puppenstuben sind weder ausschließlich ein Kinderspielzeug, noch muss das Hobby teuer sein. Kreativität ist wichtig, auch wenn diese oft durch Beschäftigungen wie Sport, Lesen oder Computerspiele in den Hintergrund gedrängt wird. Niemand kann bis ins hohe Alter sportliche Höchstleistungen vollbringen, auch ein gutes Buch oder en interessantes Computerspiel kann nicht die Befriedigung verschaffen, die einen erfüllt, wenn man etwas mit den eigenen Händen erschaffen hat. Die Notwendigkeit etwas herzustellen, ist oft das Aus vieler kreativer Hobbys. Irgendwann gibt es selbst im erweiteren Bekanntenkreis niemanden mehr, der einen handgestrickten Pullover, einen dekorativen Dachziegel mit Serviettentechnik oder ein liebevoll bemaltes Glas benötigt. Für eine Puppenstube findet sich auch in einer kleinen Wohnung platz. Sie kann immer wieder neu dekoriert werden. Wer diesem Hobby mal verfallen ist, wird nie an eine Grenze stoßen. 1 Um das Hobby bekannter zu machen und Nachwuchs zu finden, veranstaltete der Verein in der bezaubernden Stadt Rothenburg ob der Tauber insgesamt drei Messen, bei denen vor Ort Basteltechniken vermittelt wurden und natürlich auch vieles gekauft werden konnte. Die Miniaturstadt “Winzighausen“ erblicke bei der ersten Messe das Licht der Welt und durfte sich später auch auf der 1zu12 in Rheda-Wiedenbrück zeigen. Bei den beiden anderen Minimentas bestaunten die Besucher einen großen Weihnachtsmarkt mit Eislaufbahn, Eisenbahn und Gartenbahnanlage. Diese Veranstaltungen waren aus logistischen Gründen von dem kleinen Verein nicht mehr zu bewältigen und so suchten wir einen anderen Weg, um das Hobby zu fördern. Als das Thema Buch zum ersten Mal zur Sprache kam, glaubten viele nicht daran, dass es umzusetzen sein würde. Einige meinten sogar, die Idee sei schlicht und ergreifen Schwachsinn. Nun davon haben wir uns nicht beeinflussen lassen und hier ist es nun. Das erste Buch des Vereins Minimenta. Wir stellen vor: 2 Eine Mittelalterküche zum nachbauen. Dabei haben wir darauf geachtet nur sehr preisgünstig zu bauen, viele ist aus Pappe oder aus umfunktionierten Gegenständen aus dem Alltag entstanden. Die auszuführenden Bastelarbeiten sind leicht und von jedem erlernbar. Folgen Sie uns in eine Küche eines wohlhabenden Haushalts des Mittelalters. Wieso eine Küche aus dem Mittelalter? Miniaturen bieten viele Möglichkeiten, Welten erstehen zu lassen. So kann ein Bastelprojekt einem das Leben in einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort vor Augen führen. Um realistische Miniaturwelten zu bauen, bedarf es einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Leben der Menschen in der Zeit, die nachgestellt werden soll. Man eignet sich automatisch ein großes historisches Wissen an, in einer Art und Weise, wie es kein anderes Hobby möglich macht. Da das Mittelalter unsere eigene Vergangenheit ist, lag es Nahe ein Projekt zu starten, das sich mit dieser Zeit befasst. Küchen sind ein zentraler Ort des Lebens und werden von Historikern oft wenig beachtet. Ein besonders guter Grund eine Küche aus dieser Zeit zu bauen. Hinzukam, dass die Küchen dieser Zeit sehr robust gebaut waren, also kein filigraner Zierrat hergestellt werden muss. Unser erstes Projekt sollte von jedem Anfänger nachgebaut werden können. Doch zunächst ging es an die Recherche. Dabei zeigte sich schnell, wie wenig wir alle über die Zeit wussten. Auch 3 der Besuch von Mittelaltermärkten brachte nicht unbedingt tiefe Einblicke in die Zeit. Irgendwie waren viele der Märkte eher Fantasy-Veranstaltungen. Zelte die an Tippis der Indianer Nordamerikas erinnern oder in denen vermutlich Alibaba mit den 40 Räubern lebte waren an der Tagesordnung. Spätestens, wenn es eine mittelalterliche Kartoffelsuppe mit gepökelter Putenbrust gab, war klar, dass wir in der Neuzeit angekommen waren. Kartoffeln sind etwa um 1560 erstmals auf den Kanaren angepflanzt worden. Puten sind die domestizierte Form des Truthahns, der nur in Nordamerika lebte. Er wurde erst nach 1620 in Europa bekannt. Das Mittelalter endete spätestens um 1500. Daher zunächst ein kleiner Exkurs in diese Zeit. Historische Hintergründe: Leben im Mittelalter Das Mittelalter umfasst einen großen Zeitraum der europäischen Geschichte, der vom 6. Jahrhundert bis zum 15. Jahrhundert reicht. In diesen 1.000 Jahren haben sich die Technik und die Gesellschaft natürlich weiter entwickelt. Es gab weder eine einheitliche Küche noch einen einheitlichen Wohnstil in dieser Zeit. Einheitlich war eine große Feuerstelle, Herde waren unbekannt. In der Regel dienten Regale zur Aufbewahrung von Lebensmitteln und Bänke mit Tischen. An diesen wurden die Lebensmittel zubereitet und gegessen. In Häusern mit Personal aßen die Herrschaften in anderen Räumen. In den meisten Häusern war die Küche der einzige beheizte Raum, er wurde daher intensiv genutzt. Zum Teil wurde auch 4 Kleinvieh in der Küche gehalten. Da man damals kaum Kamine einbaut, diente die Küche oft als Rauchabzug für alle Feuerstellen im Haus. Sie waren daher hoch und verjüngten sich meist nach oben. In Städten gab es auch schon so etwas sei einen Rauchfang. Die gesamte Zeit war durch einige historische und klimatische Besonderheiten geprägt. Begingt durch den Niedergang des Römischen Reichs und die Wirren der Völkerwanderung ging einiges Wissen verloren. Da sich viele Völker aus den angestammten Gebieten entfernten hatten und nach Europa eingedrungen sind, fanden verheerende Kriege starr. Zu Beginn des Mittelalters war Europa sehr dünn besiedelt. Die Menschen ernährten sich überwiegend von Getreideprodukten, auch Milchprodukte und Gemüse waren verbreitet. Vor allen Dingen Rüben und Kohl waren Grundnahrungsmittel. Die meisten Menschen lebten in Dörfern. Einige wenige Städte gingen auf römische Gründungen zurück. Sie waren Regierungssitze und/oder Bischofssitze. Ein typisches städtisches Bürgertum hatte sich noch nicht richtig entwickelt. Die Landbevölkerung war für die Ernährung der Menschen wichtig, sie musste an den Boden gebunden werden. Den Bauern war daher Freizügigkeit untersagt, allerdings gab es die Regel, dass jeder frei wurde, der es schaffte, ein Jahr in einer Stadt zu verweilen. Es gab freie, unfreie und den Adel. Auch die Freien waren vom adligen Herrn abhängig. Ab 900 wurde das Klima deutlich wärmer. Zusätzlich machten die Menschen technische Fortschritte beim 5 Ackerbau. Diese günstigen Umstände führten zu einem raschen Anstieg der Bevölkerung. Während die Menschen bisher ihr Werkzeuge meist selbst herstellten, übernahmen dies nun nach und nach Fachleute. Ab dem 12. Jahrhundert begannen sich in den Städten, Handwerkszünfte zu etablieren. Ein überwiegend reiches Bürgertum aus Handwerkern und Kaufleuten entstand. In einem typischen Handwerksbetrieb lebten die Lehrlinge, Gesellen und der Meister mit seiner Familie in einem Haus. Die Ernährung der Menschen änderte sich, es wurde mehr Fleisch verzehrt. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es über oder auf den Herden meist nur einen großen Topf in dem Brei gekocht wurde. In vielen Märchen wird heute noch von Brei erzählt. Bratspieße dürften ungefähr ab dem Jahr 1.000 auch in den Küchen der ärmeren Leute eingezogen sein. Während in den Küchen des Adels ganze Rinder auf dem Spieß landeten, waren es wohl bei den Bauern eher Hühner und Gänse. Da man oft nur die Tiere schlachtete, die keine Eier oder Milch mehr gaben, wurde das Fleisch oft mit Gemüse gekocht, bis es weich war. Das Fleisch alter Tiere wird beim Braten ungenießbar. Der Adel aß übrigens besonders gerne Schwäne. Gegen Ende des Mittelalters setzte wieder eine kühlere Zeit ein, was bedingt durch die größere Bevölkerungsdichte zu Hungersnöten führte. Dieser Umstand löste die Bauernkriege aus, die wiederum Gesellschaft total veränderten. 6 Die Menschen im Mittelalter bezeichneten Ihr Zeitaltern als das überlegene aetas christiana („christliches Zeitalter“), die mit der Geburt Christi begann und erst mit dem Jüngsten Tag enden sollte. Die Gesellschaft war stark von der Kirche geprägt, technischer Fortschritt wurde meist unter dem Gesichtspunkt des Glaubens betrachtet. Die zahlreichen Kirchen, die in dieser Zeit entstanden, beweisen, dass die Menschen auf keinen Fall ungebildet waren. Es zeigte sich schnell, dass es schwierig war, sich den Alltag mit Mittelalter vorzustellen. In Museen erkennt man zwar, wie die Küchen aufgebaut waren, auch dass diese entsetzlich verrußt waren, aber wie die Menschen kochten, war kaum nachvollziehbar. Die Herde des frühen Mittelalters waren kniehohe gemauerte Platten, auf denen das Feuer vermutlich ständig brannte. Das Feuer diente der Beleuchtung, denn die Räume hatten nur kleine Fenster. Sicher wurden viele Speisen zumindest im Sommer im Freuen zubereitet. Über den Herden gab es Bratspieße und Töpfe, die an Ketten ausgehängt waren. Diese waren aus Eisen, Bronze oder Kupfer. Auch Keramiktöpfe waren im Einsatz. Vermutlich standen auch hölzerne Fässer in den Räumen und Körbe. Teilweise kochte man auch in Töpfen, die neben dem Feuer standen und regel mäßig gedreht wurden Die Küchen in den Museen wirken immer eigentümlich leer. Im Mittelalter waren zahlreiche Menschen darin beschäftigt. Auch dürfen Ställe mit Kleinvieh und Becken 7 mit Fischen darin gewesen sein. Man weiß von abschließbaren Schränken und Truhen, in denen Mehl und Brot gelagert wurden. Gewürze waren meist in einem separaten Raum unter Verschluss. In vielen Küchen gab es Hunde, die in einer Art großem Hamsterrad für den Antrieb des Bratspießes sorgten. Auch die heiße Luft, die über dem Herd aufstieg wurde, zum Teil für den Antrieb des Spießes verwendet. Meist waren es aber Dienstboten der unteren Ränge, die den Spieß drehen mussten. Hunde und Katzen waren in den Küchen keine Seltenheit, Sie hielten Ratten und Mäuse fern, dienten also dem Schutz der Lebensmittel. Der über der Feuerstelle aufsteigende Rauch wurde genutzt, um darin Würste und Fleisch zu räuchern. So bewahrte man diese Lebensmittel vor dem Verderben, denn Kühlungen gab es noch nicht. Typische Gegenstände in der mittelalterlichen Küche waren Spieße, Bratroste, Töpfe, Mörser mit Stößel, Reiben, Fässer, Körbe, Lederbeutel und ein Blasebalg um das Feuer anzufachen. Wenn es nach unserer Fantasie gegangen wäre, hätten wir alles in unseren Küchennachbau gepackt, was es in den Küchen gab. Aber wir haben uns für eine Art Schaukasten entschieden. Eine Szene, die in der Nähe des Herdes stattfindet. Die Ställe und das Fischbecken sind nicht zu sehen. Der Betrachter der Szene steht also mitten in der Küche und schaut zum Herd. 8 Der Bau beginnt – ein Raum entsteht Material: Kiste 40 x 21 x 30 cm Für Schublade 3 mm Hartfaserplatte Grundplatte 37,0 x 19,0 cm Hintere Wand 37,0 x 4,0 cm Seitliche Wände 2 x 18,7 x 4,0 cm Blende 6,7 x 40,0 cm Leisten 0,8 x 0,8 cm Boden 2 mm Hartfaserplatte Bodenplatte 37,6 x 19,1 cm Holzleiste 0,5 x 0,5 cm als Auflage Wir haben und entschieden eine einfache Kiste aus einem Baumarkt als Raum zu verwenden. Solche Kisten sind überall leicht zu bekommen und niemand muss aufwendig einen Schaukasten bauen. Unsere Kiste hat eine Grundfläche von 40 x 30 cm und eine Tiefe von 21 cm. Da wir eine der längeren Seite als Basis verwenden, entsteht ein Raum mit einer Grundfläche von 40 x 21 cm, der 30 cm hoch ist. Da wir im Maßstab 1:12 bauen, hätte diese Küche in Wirklichkeit eine Fläche von 4,80 x 2,50 m, bei einer Raumhöhe von 3,60 m. Da uns diese zu hoch erschien. Entschieden wir uns eine Schublade einzubauen. Dort kann man später Küchenzubehör unterbringen. Die Seitenteile der Schublade werden vorne und an den Seiten bündig auf die Grundplatte mit Holzleim geklebt. Anschließend die Rückseite ebenso bündig hinten an die Seiten und auf die Grundplatte kleben. Die die Platten sehr dünn sind, müssen die Kanten mit der Leiste verstärkt werden. Zu diesem Zweck die Leiste auf die entsprechenden 9 Maße zuschneiden, damit sie ringsum als Verstärkung aufgeklebt werden kann. Kiste und Einzelteile der Schublade. 10 Der Boden muss nun über der Schublade in die Kiste geklebt werden. Damit die Schublade ohne zu klemmen heraus zu ziehen ist, legt man die Schublade in die Kiste und eine dünne Wellpappe darüber. Diese sorgt für den nötigen Abstand. Nun werden die Leisten zugeschnitten und erst hinten dann an den Seiten auf die entsprechenden Wände geklebt. Die Deckplatte noch nicht einkleben. Da der Boden, die Blende und das Innere der Kiste noch gestaltet werden müssen, werden diese Teile noch nicht angeklebt. Nun sieht die Kiste so aus. 11 12