Cosmopolitan Justice and Equalizing Opportunities III. 2. Kritik an der Theorie der Chancengleichheit Die Theorie der Chancengleichheit sei ungeeignet. Begründung: Prinzipien der Verteilungsgerechtigkeit (zu denen auch die Chancengleichheit gehört) würden nur in einem „System“ funktionieren. Da es ein solches System nicht auf globaler Ebene gebe, sei die Verteilungsgerechtigkeit nicht auf die globale Ebene zu verwiklichen. (John Rawls ist einer dieser Kritiker) Um konkret an der globalen Chancengleichheit Kritik zu üben, 1. muss plausibel begründet werden , was unter einem „System“ zu verstehen sei 2. gezeigt werden, dass Chancengleichheit nur in einem solchen „System“ funktioniere. (tatsächlich wird aber nur dafür argumentiert, dass Chancengleichheit überhaupt in einem solchen System funktioniert) 3. gezeigt werden, dass es ein solches System auf globaler Ebene nicht gibt. ( 4. für partielle Ablehnung der CG: Es müsste gezeigt werden, dass andere Verteilungsprinzipien auch außerhalb eines Systems funktionieren, CG aber nicht) Mithilfe der Theorie der speziellen Rechte von H.L.A. Hart´s könnte eine passende Argumentation konstruiert werden: Mitglieder einer Gesellschaft haben spezielle Rechte im Gegensatz zu Nichtmitgliedern. So haben beispielsweise britische Staatsbürger unter einander gleiche Möglichkeiten/Chancen, ein Ausländer aber nicht. Rechtfertigung der speziellen Rechte: 1. Gegenseitige Einschränkung („Mutual Restrictions“) Wie in einem joint venture die Beteiligten spezielle Rechte über die Produktion haben, die Nicht-Beteiligte nicht haben, so haben auch die Bürger eines Staates ein spezielles Recht über Güter, die innerhalb eines Staates produziert wurden, die Ausländer nicht haben. Kritik: Begründet die Zugehörigkeit zu einem politischen System das Recht auf Chancengleichheit? Die Bürger eines Staates haben nicht wie in einem Gemeinschaftsunternehmen kooperiert und zusammen einen Nutzen erwirtschaftet. Diejenigen die Chancengleichheit erwarten, haben noch nichts zum wirtschaftlichen System beigetragen. ( sind damit die noch Auszubildenden in der Gesellschaft gemeint?) ( Was ist mit Generationsverantwortung? Sind nicht die Steuerabgaben der bereits Arbeitenden die finanzielle Grundlage für CG?) 2. Spezielle Beziehungen („Special Relationships“) (a) Die spezielle Rolle, die ein Bürger als Mitglied der Gesellschaft ausübt, berechtigt ihn dazu spezielle Recht, so genannte soziale Rechte zu haben. Es sind Rechte die ihm als Bürger und weil er Bürger ist, zukommen, und nicht weil er Mensch ist. Die „soziale Rolle“ garantiert jedem Bürger CG, weil es zur sozialen Aufgabe des Bürgers gehört, dafür zu sorgen, dass jeder Bürger die gleichen Chancen hat. Kritik: 1. Hier wird davon ausgegangen, dass Teil der Definition von „Bürger sein“ auf Chancengleichheit zurückgeht. Da gibt es zum Beispiel noch das Recht zu wählen, … 2. Die Mitgliedschaft zu einer Gemeinschaft ist ein Gut, das durch ungerechte Chancenverteilung verloren gehen könnte. Es ist aber nirgendwo festgelegt worden, dass es eine politische Gemeinschaft sein muss. Konklusion: Es sei wieder nicht gelungen, Chancengleichheit als essentiellen Bestandteil einer politischen Gemeinschaft darzustellen. Auch wenn es ein gutes Argument für staatliche Chancengerechtigkeit ist, sei es kein Argument gegen globale Gerechtigkeit. Chancengleichheit basiere nicht allein auf Staatszugehörigkeit 3. Spezielle Beziehungen (b) Die Rechte, die ein Bürger hat, bedürfen Mittel zu ihrer Ausübung. Die soziale Rolle erfordert spezielle ökonomische Rechte wie Chancengerechtigkeit („civic economic rights“) Warum sollte zur Ausübung von zivilen und politischen Rechten Chancengerechtigkeit bedürfen? Mittel bedarf es, aber auch ohne Chancengerechtigkeit kann man eine Arbeit erwerben. << Grundlegende Kritik an den drei Rechtfertigungsargumenten für spezielle Rechte: Chancengleichheit ist kein genuin ziviles Recht, das nur Bürgern eines Staates zukommen könnte. Diese Argumente bestreiten nicht die Möglichkeit, dass CG auch auf globaler Ebene möglich wäre. Es rechtfertigt nur die CG auf staatlicher Ebene. IV. 3. Kritikpunkt orientiert sich an John Rawls „ The Law of people“ Die internationalen Gerechtigkeitsprinzipien Rawls: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Unabhängigkeit , Freiheit Verträge einhalten Gleichheit Nichtintervention Selbstverteidigung Menschenrechte sind zu achten Regeln des „ius in bello“ (Recht im Krieg) Völker haben die Pflicht diejenige zu unterstützen, die unter ungünstigen Bedingungen leben, die sie daran hindern eine gerechte oder anständige politische und soziale Ordnung haben (6 und 8 seien auf ökonomischen Überlegungen gegründet) (diese scheinen doch gerade unabhängig von ökonomischen Interessen und universell gültig zu sein) < inhaltlicher Unterschied: reduzierter Gerechtigkeitsbegriff, lehnt egalitäre Prinzipien wie Chancengleichheit ab < methodischer Unterschied: Seiner Meinung nach ist es unangebracht Menschenrechte auf liberale moralische Ideale zu gründen ( Disanaloges Argumentvon Rawls) Da es Länder gibt, die egalitäre liberale Werte nicht unterstützen, kann man diese liberalen Werte (also auch Chancengleichheit) nicht flächendeckend einführen. „ Es ist ungeeignet, liberale Prinzipien nicht liberalen Staaten aufzuzwingen.“ (Rawls warnt berechtigter Weise davor, die Demokratie wie eine einzig wahre Religion überall einführen zu wollen, sogar mit Gewalt. Überspitzt könnte man sagen, er warnt vor einer universalen Diktatur der Demokratie. ) Versöhnende Stellungnahme: 1. Auf transnationaler Ebene, d.h. bei Mitgliedern liberaler Gesellschaften spricht nichts gegen Chancengleichheit. 2. Unterscheidung zwischen strukturellen Prinzipien („structural principles“) und ausführenden Prinzipien („agent principles“). Das ausführende Prinzip ist kompatible mit Rawls globaler Gerechtigkeitstheorie. Es untersagt nicht den Einsatz einzelner oder sozialer Verbände oder eines Staates für globale Chancengleichheit. (z.b. indem es Immigration erlaubt oder Ressourcen und Technologie verteilt) ( ist das aber nicht schon der Fall und ist es nicht zu wenig?) Kritik an Rawls Toleranzforderung und an seinen Basisprinzipien der globalen Gerechtigkeit: 1. Rawls Toleranzforderung Rawls widerlege in keinem Moment, dass es ebenso ungerecht sei wegen seiner Ethnie oder sozialen Schicht wie wegen seiner Nationalität schlechtere Aussichten zu haben. Er füge nur die Überlegung hinzu, dass anständige alternative Vorstellungen als der liberalen Vorstellungen toleriert werden sollten. Deshalb könne das Toleranzprinzip als ein ergänzendes Prinzip zu dem Prinzip der Chancengleichheit verstanden werden. Rawls berücksichtigt nicht die „exclusionary reason“, der Kompromisszwang in der Politik und vor allem in der internationalen Politik Was geschieht nämlich, wenn die Überzeugungen über Gerechtigkeit mit dem Toleranzprinzip in Konflikt geraten? Wer ist dazu berechtigt liberale Prinzipien abzulehnen? Die davon Profitieren oder die Benachteiligten? Es gibt diejenigen, die von CG profitieren. (z. B. Frauen in Entwicklungsländern) Sie müssen aber nicht davon Gebrauch machen. Sie können sich auch von ihren Männern ausbeuten lassen. Das Prinzip der CG garantiert ihnen die CG, überlässt aber jeden einzelnen die Entscheidung sie zu akzeptieren. ( muss die CG nicht noch von anderen Faktoren unterstützt werden, damit sie funktioniert, wie Erziehung zur CG, Relativierung der Tradition, Unterstützung der CG durch politische Maßnahmen wie z.B. der Frauenquote; vielleicht sind sogar Sanktionen gegen Unterlass von CG nötig. Meint Caney nicht sogar, dass es eine Pflicht zur Durchsetzung von CG geben müsse?!) Es gibt diejenigen, die von der CG benachteiligt werden. Beispielsweise der Landadel bei Umverteilung der Ländereien. Warum sollte man der Priveligierten wegen Prinzipien der Gerechtigkeit aufgeben? < Konklusion: Keine der beiden Gruppen hat plausible Gründe dafür CG abzulehnen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Rawls stark formulierte Konklusion leicht anfechtbar ist: Das Verbot nicht liberalen Gesellschaften liberale Werte aufzuzwingen impliziert auch das Verbot Anreize zur Motivation für liberale Werte zu schaffen.(wo steht das?) Eine Lösung wäre, durch („noncoercive ways“) z.B. durch Aufklärungskampagnen dafür zu sorgen, dass Menschen ihre Rechte wahrnehmen .Das wäre eine gute Methode um einerseits die Autonomie jeder Person zu wahren und andererseits könnte es Gesellschaften helfen, die Rechte sowohl ihrer Mitglieder als auch nicht Mitglieder zu respektieren. Konklusion: Nicht liberale Ansichten zu tolerieren, rechtfertigt nicht die ungleiche Verteilung von Rechten und Pflichten. „ Kulturelle Gerechtigkeit“ (Rawls Toleranzargument) sollte nicht „ökonomische Gerechtigkeit“ (Chancengleichheit) zurückstellen. 2. Rawls Basisprinzipien der globalen Gerechtigkeit Internationale Gerechtigkeit muss dafür sorgen, dass Gesellschaften, mit gewissen Basisstandards versorgt sind. Dazu gehören auch Menschenrechte, die sowohl von anständigen liberalen Gesellschaften als auch anständigen hierarchischen Gesellschaften geteilt werden. Kritik: Das sei eine schwache Forderung und ein zirkuläres Argument. Die Menschenrechte begründet er darauf, dass anständige Gesellschaften sie akzeptieren. Anständige Gesellschaften seien aber dadurch definiert, dass sie Menschenrechte unterstützen. < ein „fair minimum“ ist also zu wenig. Außerdem begründet er nirgendwo, warum sollte globale Chancengleichheit nicht zu den Basisrechten gehören sollten? Das Problem liegt fiel tiefer: Rawls theoretischer Rahmen ist unzureichend, weil er eine Gerechtigkeitstheorie ablehnt, die durch den moralischen Status der Person, durch seine Würde, begründet ist. (Ich finde diese Kritik unberechtigt. Es lässt sich gar nicht aus der Toleranzforderung schließen, dass er seine Gerechtigkeitstheorien nicht auf den moralischen Status der Person aufbaut.)