Dr. Wolfgang Schindler. HS Schrift und Schreibung. Sommer 2016. Seite 1 Hauptseminar „Schrift und Schreibung“ Kontakt PD Dr. Wolfgang Schindler Institut für Deutsche Philologie, Schellingstr. 3 RG, 80799 München E-Mail: Wolfgang.Schindler[ätt]germanistik.uni-muenchen.de Tel.: (089) 2180-3380 Webseite: http://wolfgang-schindler.userweb.mwn.de/ Webseite unseres Hauptseminars: http://wolfgang-schindler.userweb.mwn.de/hs-schrift-16.html Sie finden dort unseren Terminplan (Zeitplan, wann welche AG referiert). 1 Worum es geht Schreibung sei in erster Annäherung verstanden als die „Grammatik des geschriebenen Wortes bzw. der geschriebenen Wörter“. Dabei möge man nicht zu sehr am Wortbegriff kleben, denn unsere Schreibung enthält auch Aspekte, die jenseits der Wortebene anzusiedeln sind, etwa syntaktische (Komma, Doppelpunkt) und pragmatische/textuelle Schreibungen (Anführungszeichen, Klammern). Auch wenn nicht jede Schreibung nur grammatisch zu kommentieren ist (BürgerInnen), so kann man doch jeweils schreibgrammatisch Stellung nehmen. BürgerInnen ist „ungrammatisch“, da im Schriftsystem des Deutschen wortinterne Großschreibung nur in Verbindung mit dem Divis möglich ist, vgl. Hawaii-Insel. Dennoch wäre *Bürger-Innen ungrammatisch! Sie wissen, warum? Wilma’s Wollstube enthält einen normativ zugelassenen und grammatisch motivierbaren Stammformapostroph, aber geht auch München’s Museen? Und: die Komma’s, die E’s? Wir sehen schon, dass verschiedene „Stellschrauben“ den Output unseres Schreibens determinieren, wobei man an diesen Stellschrauben drehen könnte, so dass es Schreibungen wie Wilma’s oder gar CD’s oder auch Zukker möglich wären. Durch die Schreibung werden Eigenschaften des Sprachsystems (mehr oder weniger) systematisch visuell kodiert. Unsere Schreibung weist verschiedene grammatische Dimensionen auf. Sehr grob etwa: Phonologie: Phonem-Graphem-Korrespondenzen (PGK) Silbische Schreibung von Gelenkkonsonanten (Affe, alle) Morphologie Morphemkonstanzschreibung ({nen.n}en, {nenn}t) Morphemgrenzen (Druckerzeugnis; Druck-Erzeugnis, Drucker-Zeugnis) Zusammenschreibung (staubsaugen, blankputzen) Syntax Getrenntschreibung (Staub saugen, blank putzen) Kommasetzung (Der Mittelstürmer steht auf(,) Pia) Wir wollen die grammatischen Bedingungen und die Einstellungen der Stellschrauben genauer untersuchen. Wir legen dabei die neueren Erkenntnisse und Arbeiten von Wissenschaftler/inn/en wie Ursula Bredel, Jochen Geilfuß-Wolfgang oder Beatrice Primus zugrunde (s. Bibliographie am Ende dieses Textes)! Daher sollen neben den grundsätzlichen Bedingungen von Schreibungen vor Dr. Wolfgang Schindler. HS Schrift und Schreibung. Sommer 2016. Seite 2 allem Schreibprobleme behandelt werden und erörtert werden, wie man sich eine Schreibung ableiten kann, ob sie gut ableitbar ist und ob man ggf. Systeminkonsistenzen feststellen kann. 2 Anmeldung und Seminarleistung 2.1 Anmeldung: Sie melden sich an/haben sich angemeldet über das LSF-System. Bitte vergessen Sie nicht, mir bald nach der LSF-Anmeldung mitzuteilen, an welchem AG-Thema (weiter unten, Termine auf unserer Webseite) Sie mitarbeiten! Geben Sie am besten zwei Themen mit Priorisierung an (z. B. 1. Groß- und Kleinschreibung, 2. Komma). 2.2 Seminarleistung: Referat und schriftliche Hausarbeit Beachten Sie bitte die offiziellen Anforderungen an die Hausarbeit (nach Studien- und Prüfungsordnung bzw. LSF) für Ihren Studiengang (Zeichenzahl)! Modularisiert Studierende möchten die HS-Arbeit bitte termingerecht abgeben! 1. Abgabetermin für HS-Arbeiten vor (!) dem Abschlusssemester: wird im HS besprochen! 2. Abgabetermin für HS-Arbeiten im (!) Abschlusssemester: dito! Für die Fälle 1. und 2. gibt es wegen der LSF-Deadlines keinen Verhandlungsspielraum! Vergessen Sie bitte bei Ihrer Hauptseminararbeit die übliche „Obligatorische Erklärung zu Seminararbeiten im Department I“ (Link auf meiner Info-Seite) nicht! „Stilblätter“ finden Sie auf meiner Seite Infos/Informationen unter I.3. Zur äußeren Form der Hauptseminararbeit siehe http://wolfgang-schindler.userweb.mwn.de/infos.html, dort Punkt I.3. Arbeiten mit gravierenden formalen Mängeln gelten als „nicht bestanden“! Formale Mängel sind leicht zu vermeiden, wenn man die im Link angebotenen (oder sonstige angemessene) Stilblätter für linguistische Hausarbeiten beachtet. Sie sollen zeigen, dass sie wissenschaftlich beschreiben und argumentieren können. Ansätze zu eigener Stellungnahme, zu kritischem Vergleichen und Erörtern von Positionen müssen sichtbar werden! (Günstig ist es, sich mit einem Detailproblem zu befassen, über das noch nicht „alles“ (vielleicht überhaupt nichts) geschrieben wurde.) Erwartet wird, dass Sie auch Spezialliteratur zu Ihrem Thema verarbeiten. Die reine Wiedergabe von Fachliteratur reicht für eine gute Note nicht aus. Nicht für den Seminarleiter schreiben (nicht zuviel als selbstverständlich behandeln), sondern für einen interessierten Laien mit linguistischer Grundausbildung! Zeigen Sie vor allem, was Sie und warum Sie etwas Bestimmtes tun. Anschauliche, gute Sprachbeispiele sind wichtig! 3 Wie das HS ablaufen sollte Alle Teilnehmer/inn/en (ist diese Schreibung „grammatisch“?) halten ein Referat (jeder ca. 20-30 min., ich will das aber nicht rigoros handhaben, weil die benötigte Zeit stark themenabhängig ist. Maßregel: In der Kürze liegt die Würze!). Versuchen Sie, neben den nötigsten Grundlagen (knapp bitte, wir sind im Hauptseminar) zum Thema einige „knackige“ Problempunkte/Erkenntnisgewinn versprechende Punkte herauszuheben. Sie brauchen nicht alle möglichen Punkte zu berühren; es genügt, wenn Sie uns eine paar spannende Erkenntnisse und Fragen (!) (z. B. ob dieser Ausrufezeichengebrauch „grammatisch“ ist) vermitteln. Eine Diskussion soll unbedingt stattfinden! Dr. Wolfgang Schindler. HS Schrift und Schreibung. Sommer 2016. Seite 3 Ich erwarte, dass Sie auf Zwischenfragen flexibel reagieren. Ich erwarte keinesfalls, dass Sie „alles“ wissen, denn ich weiß auch nicht alles. Ich wünsche mir eine unangestrengte, neugierbefeuerte und fachwissenschaftliche Arbeitsatmosphäre und darauf freue ich mich. Bitte lesen Sie Ihr Referat nicht vom Blatt ab! Gut wäre es, wenn Sie sich an einer Stichwortliste, am Begleitpaper oder einer Overhead-Vorlage orientieren und halbfrei bis frei vortragen. Das Vorlesen kürzerer Passagen ist in Ordnung. Achten Sie darauf, dass Sie ggf. immer wieder ein Signal geben, wo wir uns gerade befinden (z. B. Beispiel Nummer ...). Bitte laut und deutlich sprechen! Denken Sie daran, dass überzeugende Präsentationen zu ihrem Berufsleben gehören werden. Tragen Sie nur Argumentationen, Erkenntnisse etc. vor, die Sie durchschauen. Markieren Sie Unklares deutlich, damit wir darüber diskutieren können! Wünschenswert: eine klare Darstellung, ggf. mit Übersichten, mit Hervorhebung der interessanten/kritischen Punkte und mit Konzentration auf das Wesentliche und um anschauliche Sprachbeispiele. Interessieren Sie vor allem Ihre Mit-Student/inn/en für Ihr Thema! Falls Sie ein Begleitpaper verteilen, wäre es schön, wenn wir dies vorab ansehen könnten. Ich schlage vor, es in der Woche vor Referattermin auszuteilen (Sitzungsanfang) oder ca. zwei Tage vor der Sitzung online zur Verfügung zu stellen o. Ä. Handouts sollten nicht mehr als zwei Blätter (man kann verkleinern/zwei Seiten auf ein Blatt kopieren) umfassen. Neben obligatorischem Kopf (LMU München … Veranstaltung etc.) und einer klaren Gliederung führen Sie bitte die verarbeitete Literatur am Ende alphabetisch an. – Alternativ kann man eine Verteilung über E-Mail ins Auge fassen. Sie können aber auch Overhead-Folien einsetzen oder kombinieren. Ich werde einen Seminarraum mit Beamer anfordern, also wird auch „Beamen“ möglich sein. (Ich habe einen eigenen Laptop am Institut, den ich Ihnen ggf. zur Verfügung stellen kann.) 4 Ablauf und Themenliste (für die Referate) 4.1 Generelles Das HS greift Problembereiche und -fälle der deutschen Schreibung, des deutschen Schriftsystems auf. Zentral sollten sein: eine knackig-prägnante Definition des Phänomens bzw. vergleichende Diskussion einiger (ausgesuchter) differierender Definitionen; die Darstellung des Phänomens an typischen Beispielen; eine prägnante Problembeschreibung; die Vorstellung von Lösungsmöglichkeiten bzw. der kritische Vergleich von Lösungsalternativen. Größere Problembereiche müssen Sie nicht umfassend darstellen (es sei denn, Ihnen läge daran). Sie können diejenigen Aspekte auswählen, die Sie und Ihre Kommilitonen interessieren! Denken Sie auch daran, dass Sie in Ihrer HS-Arbeit eher ausgewählte Probleme behandeln sollen (und nicht nur Grundlegendes vermitteln, dazu sind ES und PS da)! 4.2 Literatur Spätestens im Hauptstudium sollte ein Student Literatur zu einem Thema selbst recherchieren und dann auswählen. Ich biete daher zur ersten Orientierung nur eine kleinere Literaturauswahl an (v. a. unter den einzelnen Themen). Dazwischengestreute Fragen/Hinweise etc. dienen nur der Anregung! Nicht alles muss abgehandelt werden, Sie können sich konzentrieren oder andere Gesichtspunkte einbringen. Sie können auch andere Literatur auswählen! Nachfolgend handelt es sich um Vorschläge! Dr. Wolfgang Schindler. HS Schrift und Schreibung. Sommer 2016. Seite 4 4.3 Themen/Referate Die Literaturangaben sind erste Hinweise (sollten aber angesehen werden), weitere Literatur ist noch zu recherchieren (mindestens für die HS-Arbeit). – Wo ich keine Literatur angegeben habe, bitte selbstständig recherchieren; Tipps gebe ich auf Wunsch. Die von <-> eingeleiteten Absätze sollen der Anregung dienen. Ob alle Aspekte in dem Referat Ihrer AG behandelt werden, entscheiden Sie. Wichtig ist, Probleme darzustellen und, wo vorhanden, mögliche Lösungen anzusprechen – oder basierend auf den Beschreibungen in der Fachliteratur selbst Lösungsansätze abzuleiten. Sollte Sie ein Thema beschäftigen, das nachfolgend nicht (eindeutig) erwähnt wird, so „verhandeln“ Sie bitte mit mir. Die Themenliste ist offen! 1 Grundlagen & Basiseinheiten 1.1 Sind Buchstaben aus kleineren („graphetischen“) Einheiten zusammengesetzt? Literatur: Rezec 2009, 2010, 2011; Primus (2011); Fuhrhop/Buchmann (2011); (Vorlesungstext „Das deutsche Schriftsystem“ von W. Schindler) 1.2 Die Basiseinheiten: Was ist ein Graphem? Buchstabe und Graphem? Literatur: Günther 1988; Kohrt 1985, 1998; Neef 2005, Rezec 2009 1.3 Designbedingungen für Schreibeinheiten? Die graphematische Silbe, graphematischer Fuß und das graphematische Wort Literatur: Fuhrhop 2008, Fuhrhop/Peters 2013 2 Phonographische Schreibung/PGK - Probleme der phonographischen Schreibungen wie die Schreibung von /k/ + /s/ (Keks, lax, Wachs): diachron (!) und synchron. Warum schreiben wir <ch>, <sch>, <ck>, <qu> und <ng>? Literatur: Eigene Recherche! Besch et al. (Hgg.) 1998 ff.; Mittel- und frühneuhochdeutsche Grammatiken (z. B. Tübingen: Niemeyer) 3 Silbische & morphologische Schreibungen 3.1 Entwicklungen/Wandel silbischer/morphologischer Schreibungen in der deutschen Sprachgeschichte 3.2 Morphemdifferenzierende Schreibungen (Lid/Lied, Seite/Saite – welche Fallgruppen gibt es überhaupt?) Literatur: Eigene Recherche! Besch et al. (Hgg.) 1998 ff., Mittel- und frühneuhochdeutsche Grammatik (z. B. Tübingen: Niemeyer) 4 Groß- und Kleinschreibung (GKS) 4.1 bei Substantiven oder bei NP-Köpfen? Tests für GKS und Problemfälle wie Doppelschreibungen oder Schreibungen, deren Begründung schwerfällt oder verfeinert werden muss (ohne Weiteres/ohne weiteres; des Weiteren/*des weiteren) Literatur: Günther 2007! – Zudem: Eisenberg 2013, (Stein 1999) 4.2 GKS bei (substantivischen) Wortgruppen: der Rote Milan, das s/Schwarze Brett. Regularitäten (Bereiche der Lexik, z. B. die Schwarze/*schwarze Mamba, das Gelbe/gelbe Trikot, der schnelle/*Schnelle Brüter), Schwankungen (woran liegen diese?), Unklarheiten Dr. Wolfgang Schindler. HS Schrift und Schreibung. Sommer 2016. Seite 5 Literatur: erstaunlich schwer, etwas zu finden; kann doch nicht sein, dass es hierzu keine Spezialarbeiten gibt? Ggf. selbst Fallgruppen zu bilden versuchen wie: In Fachtermini der Biologie werden Adjektive großgeschrieben, in Fachtermini der Mathematik ... 4.3 Diachron: Entwicklung der GKS im Deutschen. Literatur z. B. (Bergmann R. Die Entwicklung der Großschreibung im Deutschen von 1500 bis 1700. Heidelberg 1998.) Bergmann, Rolf: Zur Herausbildung der deutschen Substantivgroßschreibung. Ergebnisse des BambergRostocker Projekts. In: Das Frühneuhochdeutsche als sprachgeschichtliche Epoche: Werner Besch zum 70. Geburtstag / hrsg. von Walter Hoffmann u.a., Frankfurt am Main u.a.: 59-79 Hartweg, Frédéric: Frühneuhochdeutsch. Eine Einführung in die deutsche Sprache des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit / Frédéric Hartweg; Klaus-Peter Wegera . - Tübingen : Niemeyer , 1989 ! Kaempfert, Manfred: Motive der Substantiv-Großschreibung. In: Zeitschrift für deutsche Philologie. Nr. 99 (1980) / hrsg. von Werner Besch (u.a.), Berlin : E. Schmidt Verlag, 1980, Seite 72-98 Moulin, Claudine: Der Majuskelgebrauch in Luthers deutschen Briefen. Heidelberg 1990 Seelbach, Prof. Dr. Ulrich: Webseite von U Bielefeld: http://www.uni-bielefeld.de/lili/personen/useelbach/STUD/Beschorner/majuskelgebrauch.htm (gutes Konzentrat der GS-Entwicklung mit gut gewählten, anschaulichen Beispielen aus ahd., mhd., frnhd. Texten!) Wegera, Klaus-Peter: Zur Geschichte der Adjektivgroßschreibung im Deutschen. Entwicklung und Motive. In: Zeitschrift für deutsche Philologie. Nr. 115 (1996) / hrsg. von Werner Besch und Hartmut Steinecke, Berlin : E. Schmidt Verlag, 1996, Seite 382-392 5 Getrennt- und Zusammenschreibung (GZS; Spatien(nicht)setzung) 5.1 Jacobs 2005: Inwieweit kann man die GZS optimalitätstheoretisch erfassen? Inwieweit gibt es Besonderheiten (lexikalische Trends (anhand, trotzdem), S-Inkorporation wie Notiz nehmen (4.1.4.3) etc.)! Gibt es zuverlässige Tests für die GZS? – Empfehlung: Stellen Sie die Kern-GZS nach Jacobs zusammen (bzw. die interessanten Aspekte), denn Jacobs (2005) behandelt die Alt-GZS bis 1996 und die „Neu-GZS“ ab 1998, nicht etwa die aktuelle ab 2006/2008! - Falls Ihnen aber am kritischen Vergleich von Alt- und Neu-GZS nach Jacobs gelegen wäre – auch das ist möglich; aber lassen Sie sich nicht dadurch irritieren, dass wir aktuell, seit 2006, manches wieder anders schreiben! 5.2 Struktur N + V (verbale Pseudokomposita und Ähnlichen): kopfrechnet/ *? rechnet kopf, kopfstehen/steht kopf, eisläuft/läuft eis, brustschwimmt/Brust schwimmt, Zeitung liest/*zeitungliest. Subklassenbildung? Herkunft der Schreibungen (Eislauf > eislauf, Maschine schreiben Konvertat aus das Maschineschreiben?), Recherche in „älteren“ Wörterbüchern (u. a. Grimm, wortgeschichtliche WB etc.)? 5.3 Univerbierungen (zu Gunsten/zugunsten, eben()dieser, infolge()dessen, ob ... wohl --> obwohl) 5.4 Struktur N + Adj: Öl fördernd/ölfördernd, *Freude strahlend/freudestrahlend Versuchen Sie, Fallgruppen zu bilden und zu zeigen, wie man innerhalb der Fallgruppen vorgehen kann Literatur: (Eisenberg 2013), Fries 2011, Fuhrhop 2007, (Haspelmath 2011 für eine typologische Perspektivierung des Problems Wortgruppe versus Wort), Jacobs 2005, Morcinek 2012, (Saenger 1997) 6 Der Apostroph 6.1 Funktion(en) des Apostrophs (synchron); Probleme? Auffällige Apostrophschreibung (Bierstüb’le, Fußball’news), Apostrophe in der Werbung ...? 6.2 Entwicklung der Apostrophschreibung (diachron) Dr. Wolfgang Schindler. HS Schrift und Schreibung. Sommer 2016. Seite 6 Literatur: Bredel 2008, Buncic 2004, Gallmann 1989, Klein 2002, Mann 2007, Meibauer 2007 7 Das Divis (der Viertelgeviertstrich) 7.1 als wortgliederndes Zeichen (Ich-AG, 12-teilig, Druck(-)er(-)zeugnis) - Nominale Schreibungen wie das Als-ob, *Hin-und-Her, In-Kraft-Treten/Inkrafttreten etc. 7.2 Klammern und Bindestrich - Funktionen beider Zeichen und Probleme der Kombination: Wie soll man es (nicht) schreiben: ?(Zeit)kontrolle, ?(Zeit-)kontrolle, ?(Zeit-)Kontrolle, ?(Zeit)-Kontrolle; ?(Bauern)hof, ?(Bauern-)hof, ?(Bauern)Hof, ?(Bauern-)Hof, ?(Bauern)-Hof – oder so vielleicht: ?(Zeit) Kontrolle, ?(Zeit-) Kontrolle? („?“ soll hier etwas wie ‚ach, wie soll man es denn schreiben, damit es grammatisch ist?“ bedeuten.) Und, ach, wie geht das dann am Zeilenende: ?(Zeit-)- ... kontrolle, ?(Zeit)- ... Kontrolle, ?(Zeit-) ... Kontrolle ... Hilfe! Versuchen Sie, die Funktionen von Klammer, Divis und Spatium gegenseitig so zu verrechnen, dass eine „optimale“ Schreibung erzeugt wird! Literatur: Einige Vorschläge hier: http://www.duden.de/sprachratgeber/tags/klammern; Bredel (2008) Literatur: Bernabei 2003; Bredel 2008, 2011; Gallmann 1989 8 Die Worttrennung am Zeilenende - Optimalität, Regeln; Ausprobieren an worttrennungstechnisch schwierigen Wörtern - Minimale Trennsegmente Literatur: Bredel 2008, Geilfuß-Wolfgang (2007)! 9 Das Komma 9.1 Kommasetzung (synchron) und „falsche Kommas“ (z. B. Komma nach langen nichtsatzwertigen Phrasen im Vorfeld) - Das (obligatorische/fakultative) Komma bei Infinitivkonstruktionen - Das Komma bei „Einschüben und Zusätzen“ (Bei welchen Konstruktionen setzt man bzw. setzen Sie es?) - Zur Austauschbarkeit (?) von <, ,>, <- -> und <( )> bei "Parenthesen" etc. 9.2 Entwicklung und Wandel in der Kommasetzung (diachron) Literatur: Bredel 2008, Kriese-Sukalla 2008; evtl. Mesch 2009, Primus 1993, Primus/Bredel 2007 10 Der Doppelpunkt - Verwendung (empirisch, z. B. welche sprachlichen Einheiten/Muster doppelpunktiert werden) und Funktionen (Herausstellung etc.) Literatur: Bredel 2008, Bredel/Primus 2007, Karhiaho 2003 11 Das bzw. die Anführungszeichen (<„“> und <‚ ’>) Funktion(en) von Anführungszeichen; empirisch: Analyse konkreten Anführungszeichengebrauchs Literatur: Bredel 2008, Klockow 1980, (einführend: Gallmann 2007, online: http://www.personal.uni-jena.de/~x1gape/Ortho/V_Anfuehrung_Skript.pdf), Meibauer 2007 Dr. Wolfgang Schindler. HS Schrift und Schreibung. Sommer 2016. Seite 7 12 Die Entwicklung der leserbezogenen Schreibperspektive im Deutschen: PGK, silbische, morphologische, syntaktische Schreibungen - Welche Entwicklungen gibt es Richtung Leserorientierung seit dem Mhd./Frühnhd.? Literatur: Eigenrecherche 13 Die Diskussion um Rechtschreibreformen und zu reformierende Schreibphänomene - Vergleich der Rechtschreibung 1901/02, 1996, 2006 (ggf. in Auswahl das Interessanteste) - Diskussion bestimmter Fälle/Fallgruppen Literatur: Eigenrecherche (es gibt viel Literatur hierzu, bitte sorgfältig auswählen) 14 Schreibexperimente wie SchreIBMaschine; BahnCard; LeserInnen (Binnenmajuskel, Stein 1999); Auszahlungs-Schein, Handy's, LKW's; Kopier Zentrum (Binnenspatium, Scherer 2012) - Bereiche (Gruppen, Werbung; die Diskussion um sog. "Deppenschreibungen") - Schreibexperimente in der Literatur (Konkrete Lyrik? Autorenspezifische Schreibungen bei Arno Schmidt o. a.?) Literatur: Eigenrecherche! 5 Literatur - Altmann, Hans/Ziegenhain, Ute (2010): Prüfungswissen Phonetik, Phonologie und Graphemik: Arbeitstechniken, Klausurfragen, Lösungen. 3., durchges. Aufl. Göttingen. - Bernabei, Dante (2003): Der Bindestrich. Vorschlag zur Systematisierung. Frankfurt/M. - Besch, Werner et al. (Hgg.) (1998 ff.). Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. 4 Bde. Berlin; New York - Bredel, Ursula (2008): Die Interpunktion des Deutschen. Tübingen. - Bredel, Ursula (2011): Interpunktion. Heidelberg - Bredel, Ursula/Primus, Beatrice (2007): Komma & Co: Zwiegespräch zwischen Grammatik und Performanz. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 26, 81-131. [komparativ: Deutsch, Englisch, Niederländisch, romanische Sprachen] - Bredel, Ursula/Müller, Astrid/Hinney, Gabriele (2010) (Hrsg.): Schriftsystem und Schrifterwerb linguistisch – didaktisch – empirisch. Berlin/New York: de Gruyter - Bredel, U./Reißig, T. (Hgg.) (2011): Weiterführender Orthographieerwerb. Baltmannsweiler [umfassendes Handbuch] - Buncic, Daniel (2004): The Apostrophe. A Neglected and Misunderstood Reading Aid. 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Göttingen - Dürscheid, Christa (2013): Schriftlinguistik im Sprachunterricht – Warum nicht? In: Köpcke, KlausMichael/Ziegler, Arne (Hrsg.): Schulgrammatik und Sprachunterricht im Wandel. Berlin/Boston: de Gruyter, 205–224 (= Reihe Germanistische Linguistik 297) - Ehlich, Konrad/ Graefen, Gabriele/ Coulmas, Florian (1996): A Bibliography on Writing and Written Language, in 3 Vols. Berlin/New York: de Gruyter - Eisenberg, Peter (2013) Grundriss der deutschen Grammatik. Band 1: Das Wort. Unter Mitarbeit von Nanna Fuhrhop. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Stuttgart; Weimar. [Kap. 8 „Wortschreibung“!] - Engel, Ulrich (1986): Deutsche Grammatik. Heidelberg - Fries, Norbert (2011): Spatien oder die Bedeutung des Nichts. In: Nebrig, A./Spoerhase, C. (Hgg.), Die Poesie der Zeichensetzung: Studien zur Stilistik der Interpunktion. Bern - Fuhrhop, Nanna (2007): Zwischen Wort und Syntagma. Zur grammatischen Fundierung der Getrennt- und Zusammenschreibung. Tübingen - Fuhrhop, Nanna (2008): Das graphematische Wort (im Deutschen): Eine erste Annäherung. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 27, 189-228. - Fuhrhop, Nanna ([22006] 2009): Orthographie. 3., aktualisierte Aufl. Heidelberg - Fuhrhop, N./Buchmann, F. (2011). Buchstabenformen und ihre Relevanz für eine Schriftgrammatik. Erwiderung auf einige Thesen von Oliver Rezec. In: Linguistische Berichte 225, S. 77 ff. - Fuhrhop, N./Peters, J. (2013): Einführung in die Phonologie und Graphematik. Stuttgart; Weimar - Gaeta, Livio/Schlücker, Barbara (Hgg.) (2012): Das Deutsche als kompositionsfreudige Sprache. Strukturelle Eigenschaften und systembezogene Aspekte. Berlin/Boston: De Gruyter. - Gallmann, Peter (1989): Syngrapheme an und in Wortformen. Bindestrich und Apostroph im Deutschen. In: Eisenberg, P./Günther, H. (Hgg.), Schriftsystem und Orthographie. Tübingen, 85110. - Geilfuß-Wolfgang, Jochen (2007): Worttrennung am Zeilenende. Tübingen. - Grüter, Majana (2009): Optimalitätstheoretische Modellierung von Groß- und Kleinschreibung: eine Beispielanalyse englischer Texte um 1730. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 28 (2009), 203-230. - Günther, Hartmut (1988): Schriftliche Sprache: Strukturen geschriebener Wörter u. ihre Verarbeitung beim Lesen. Tübingen. - Günther, Hartmut/Otto Ludwig (Hgg.) (1994/1996): Schrift und Schriftlichkeit. Ein interdisziplinäres Handbuch internationaler Forschung. Halbbd. 1 (1994); Halbbd. 2 (1996). Berlin/New York: de Gruyter. (= HSK 10.1; 10.2) - Günther, Hartmut (2007): Der Vistembor brehlte dem Luhr Knotten auf den bänken Leuster – Wie sich die Fähigkeit zur satzinternen Großschreibung entwickelt. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft. Band 26, Heft spec, 155–179. - Haarmann, Harald (1998): Universalgeschichte der Schrift. 4. Aufl. Frankfurt: Campus - Haarmann, Harald (2010): Einführung in die Donauschrift. Hamburg: Buske [umstrittenes Schreibsystem, Donauraum i. w. S. (v. a. Serbien, Kosovo, Rumänien) vor ca. 5-7.000 Jahren] Dr. Wolfgang Schindler. HS Schrift und Schreibung. Sommer 2016. Seite 9 - Haspelmath, Martin (2011/i.E.): The indeterminacy of word segmentation and the nature of morphology and syntax. To appear in Folia Linguistica 45,2 (2011). Online verfügbar (preprint): http://www.eva.mpg.de/lingua/staff/haspelmath/pdf/WordSegmentation.pdf. - Heller, Klaus (2008): Die Regeln der deutschen Rechtschreibung. Hildesheim. - Jacobs, Joachim (2005). Spatien: zum System der Getrennt- und Zusammenschreibung im heutigen Deutsch. Berlin. - Karhiaho, Izabela (2003): Der Doppelpunkt im Deutschen. Kontextbedingungen und Funktionen. Göteborg. - Klein, Wolf P. (2002): Der Apostroph in der deutschen Gegenwartssprache. Logographische Gebrauchserweiterungen auf phonographischer Basis. In: Zeitschrift für germanistische Linguistik 30, 169-197. - Klockow, Reinhard (1980): Linguistik der Gänsefüßchen. 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