ZK 2000 R. Deuber KSBaden Die Substratspezifität der Enzyme Trypsin und Chymotrypsin Einleitung Die Proteine Trypsin und Chymotrypsin sind Enzyme, die im Magen von Säugetieren vorkommen und die Hydrolyse von Peptidbindungen katalysieren. Enzyme mit dieser Eigenschaft nennt man Proteasen. Durch biochemische und rontgenkristallographische Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass für die katalytische Aktivität dieser Proteasen ein Serin in der aktiven Tasche verantwortlich ist. Man bezeichnet diese Proteasen deshalb auch als Serin-Proteasen. Trypsin und Chymotrypsin bestehen aus ca. 245 Aminosäuren. 40% der Aminosäuren sind in beiden Proteasen identisch. Die hohe Sequenzidentitat bewirkt eine sehr ähnliche dreidimensionale Struktur. Trotzdem bevorzugen beide Proteasen unterschiedliche Substrate. Während Trypsin bevorzugt nach Lysin und Arginin Peptidbindungen schneidet, katalysiert Chymotrypsin die Hydrolyse von Peptidbindungen nach grossen, hydrophoben Aminosäuren (Phenylalanin, Tyrosin, Tryptophan). Die unterschiedliche Substratspezifitat kann anhand der dreidimensionalen Struktur erklärt werden. Das Experiment ist in zwei Teile gegliedert. Im biochemischen Teil wird die Substratspezifitat von Trypsin und Chymotrypsin experimentell untersucht. Im zweiten Teil wird die gefundene Substratspezifität anhand der Kristallstrukturen am Computerbildschirm verdeutlicht. 1 TRYPSIN/ CHYMOTRYPSIN ZK 2000 R. Deuber KSBaden 1. Biochemisch - Experimenteller Teil a) Hintergrund Neben Peptiden katalysieren die meisten Serin-Proteasen auch die Hydrolyse von Estern (Abb. 1). Die Verwendung von Estern gegenüber von Peptid Substraten hat den Vorteil, dass die freigesetzte Carbonsäure einfach über die Änderung des pH-Wertes nachgewiesen werden kann. Komplizierte Versuchsaufbauten (Spektrometer o.ä.) sind deshalb nicht nötig. In diesem Experiment werden die Ethylester der Aminosäuren Tyrosin und Arginin von zwei unbekannte Proteasen (Protease I und -II) hydrolysiert. Anhand der gegebenen Substratspezifität soll ermittelt werden um welche Protease es sich im einzelnen handelt. Abb. 1: Serin-Proteasen katalysieren die Hydrolyse von Ethylestern. Die freigesetzte Carbonsäure wird mit Hilfe eines Säure/Basen - Indikators (Phenolrot) nachgewiesen 2 TRYPSIN/ CHYMOTRYPSIN ZK 2000 R. Deuber KSBaden b) Versuchsdurchführung Es werden 4 Reagenzgläser beschriftet und mit folgenden Volumina (ml oder gleiche Teile) beschickt. Lösung A B C D Puffer 2 2 2 2 Argininester 2 – 2 – Tyrosinester – 2 – 2 Je 2 Tropfen zugeben und mischen Je 2 Tropfen zugeben und mischen Je 2 Tropfen zugeben und mischen Je 2 Tropfen zugeben und mischen Trypsin 1 1 – – Chymotrypsin – – 1 1 Phenolrot Farbänderung ja/nein Mischen, ins 40°C Wasserbad stellen und Farbänderung beobachten. Die Proben müssen am Anfang rötlich gefärbt sein, andernfalls muss der Versuch mit frisch hergestellter Tris-HCl Lösung wiederholt werden. Farbe nach Ablauf von 5-10 Minuten feststellen und die Ergebnisse in die untere Tabelle eintragen. c) Auswertung Anhand der bekannten Substratspezifität (siehe Einführung) soll ermittelt werden, um welche Protease es sich handelt. Trypsin Chymotrypsin Protease I = Protease II = ........................................... ........................................ Argininester: Reaktion? Tyrosinester: Reaktion? Ergebnis 3 TRYPSIN/ CHYMOTRYPSIN ZK 2000 R. Deuber KSBaden 2. Erklärung der Substratspezifität von Chymotrypsin und Trypsin durch Vergleich ihrer 3D-Struktur a) Hintergrund Der Vergleich der Kristallstrukturen von Trypsin und Chymotrypsin ermöglicht es, die im biochemischen Experiment gefundene Substratspezifität zu verdeutlichen. Beide Proteasen besitzen eine sehr ähnliche dreidimensionale Struktur. Die unterschiedlichen Substratspezifitäten ergeben sich aus kleinen Änderungen im Reaktionszentrum. Die Familie der Serin-Proteasen ist daher ein gutes Beispiel für die divergente Entwicklung von Proteinen. Möglicherweise stand am Anfang dieser Entwicklung eine Protease, die keine ausgeprägte Substratspezifität besass. Solche Proteasen existieren noch heute. Im Laufe der Evolution ergab sich dann die Notwendigkeit bestimmte Proteine sehr selektiv zu zerschneiden. Organismen, die über ein Gen für eine mutierte "Ur-Protease" verfügten, besassen einen Evolutionsvorteil und konnten sich gegenüber Organismen durchsetzen, die dieses Gen nicht besassen. So entwickelten sich im Laufe der Zeit eine ganze Reihe von ähnlichen Proteasen, die alle eine spezielle Aufgabe in der Biochemie des Organismus übernahmen. Die ähnliche dreidimensionale Struktur weist auf diese Verwandtschaft hin. b) Druchführung Arbeiten Sie das HTML-Dokument Chymotrypsin" durch: "Substratspezifität von Trypsin und WWW-Adresse: www.swisseduc.ch/chemie/molmod/anwendungen/tryp_chymotryp_jmol/ Kurze Zusammenfassung: ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... 4 TRYPSIN/ CHYMOTRYPSIN ZK 2000 R. Deuber KSBaden ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... ......................................................................................................................................................... 5 TRYPSIN/ CHYMOTRYPSIN ZK 2000 R. Deuber KSBaden Material: Die Substratspezifität von Trypsin und Chymotrypsin Allgemeines: • 100 ml 4 mM Tris (Fluka, Nr. 93352) mit HCI auf pH 9.0 eingestellt • 100 ml 8 mM N-Benzoyl-L-argininethylester (Fluka, Nr. 12880) in 50 % Methanol • 100 ml 8 mM N-Benzoyl-L-thyrosinethylester (Fluka, Nr. 13110) in 50 % Methanol • 50 ml Chymotrypsin (Fluka Nr. 27270): 25 mg Chymotrypsin in 50 ml 0.001 M HCl (vor Gebrauch 4 ml dieser Stammlösung mit 96 ml H2O verdünnen) • 100 ml Trypsin-Lösung (Fluka Nr. 93612) 25 mg Trypsin in 50 ml 0.001 M HCl (vor Gebrauch 4 ml dieser Stammlösung mit 96 ml H2O verdünnen) • Mikropipetten 1 ml mit Pipettenspitzen Pro Arbeitsplatz • Reagenzglasgestell • Fläschchen mit Indikator Phenolrot • Wasserbad 40 ° C 6 TRYPSIN/ CHYMOTRYPSIN ZK 2000 R. Deuber KSBaden Literatur • Generelle Einführung bezüglich Serin-Proteasen : Stryer, L., Biochemie, 4. Auflage (1996), Spektrum Akademischer Verlag, Seiten 233239, 259-264 • Einfache Einführung Proteinkristallographie : Rhodes, G., Crystallography Made Crystal Clear: A Guide for User's of Macromolecular Models, 2. Auflage (1999), Academic Press Internet-Adressen • Einführung und Beispiele für Molecular Modelling für Chemie- und Biologielehrer: Swisseduc-Server für Chemie: http://www.swisseduc.ch/chemie/molmod/ • Datenbank für Proteinstrukturen http://www.rcsb.org/ • Klassifizierung von Proteinstrukturen nach Proteinfamilien. Sehr vollständige und übersichtliche Beschreibung der Evolution von Proteinen. http://scop.mrc-lmb.cam.ac.uk/scop/ • MEROPS Datenbank der Proteasen bietet eine strukturbasierende Einteilung der Proteasen sowie zusatzliche Informationen. http://merops.sanger.ac.uk/ 7 TRYPSIN/ CHYMOTRYPSIN