Institut für Politikwissenschaft Universität Heidelberg Wintersemester 2007/08 PS Einführung in das Politische System der BRD Dr. Axel Murswieck Referenten: Tanja Beck , Philipp Ehle, Julian Wettengel, Ali-Reza Malekzadeh Merkmale und Rolle der politisch-administrativer Eliten 14.11.2007 Der Positionsansatz hat sich in der Forschung durchgesetzt Merkmale und Rolle der politisch-administrativer Eliten Die politisch-administrative Elite unterteilt sich in zwei Gruppen. 1. Einleitung Definition Elite „[… ] der eng begrenzte Kreis von Personen, den hervorgehobene gesellschaftliche Position und erheblicher Einfluss auf gesamtgesellschaftlich bindende Entscheidungen kennzeichnen und dessen Wirkungskreis fest institutionalisiert ist.“ (Schmidt: Wörterbuch zur Politik) Politisch-administrative Elite im engeren Sinn: Exekutivpolitiker (Kanzler, Minister, parlamentarischer Staatssekretär), politische Beamte (Staatssekretär, Ministerialdirektor) Politisch-administrative Elite im weiteren Sinn: Weitere politische Akteure wie Parlamentsabgeordnete Ansätze zur Erfassung von Eliten Es gibt drei Ansätze zur Erfassung von Eliten Reputationsansatz: nach Ansehen und Einfluss. Wird durch Befragung ermittelt. Entscheidungsprozessansatz: nach Personen die regelmäßig an Entscheidungen beteiligt sind. Positionsansatz: nach formaler Position in der Hierarchie. Zusammensetzung und Wirkungsweise der politisch- administrativen Elite 1. Politische Exekutivelite: Minister und Parlamentarische Staatssekretäre 2. Verwaltungselite: Staatssekretäre und Ministerialdirektoren Politische Exekutivelite = Exekutivpolitiker (Träger öffentlichrechtliches Amt) Aufgabe: politische Steuerung und Zielsetzung Verwaltungselite = ernannte politische Beamte Aufgabe: Mittler- bzw. Transformatorfunktion zwischen pol. Exekutivelite und nicht- politischem Verwaltungsapparat Mittlerfunktion: Verwaltung ist Vollzugsorgan des Ministers und auch Berater des Ministers durch Expertenwissen Administration nimmt politischen Einfluss pol. Beamte übernehmen Mittlerfunktion zwischen Politik und Verwaltung Minister: 2. Merkmale politisch administrativer Eliten Aufgabe der Zielsetzung innerhalb seines Ressorts Staatssekretär: Politische Elite Konfession Chef des Ministeriums. Aufgaben: Amtsleitung; Vertretung/Beratung/Entlastung Minister Weisungsbefugnis gegenüber Verwaltung Parlamentarischer Staatssekretär: Kontrollinstanz zu Staatsekretär Aufgaben: Beratung Minister, Entlastung und Vertretung des Ministers im politischen Bereich. Weisungsbefugnis gegenüber Staatssekretär/ Bürokratie eingeschränkt. Recht auf Auskunft und Aktenvorlage Ministerialdirektor (Abteilungsleiter): Hierarchiestufe unter Staatssekretär (auch politischer Beamter) Leitung einer Abteilung mit speziellem Expertenwissen. Unterabteilungsleiter: Hierarchiestufe unter Ministerialdirektor. Gehört nicht zu den politischen Beamten, da keine politischen Fragen berührt werden. Ausgeglichen Familienstand 80% verheiratet Frauenanteil Niedrig Beruf des 1. Gewerbetreibender Vaters 2. Öffentlicher Dienst 3. Arbeiter/Angestellte Administrative Elite Evangelisch (60%) 90% verheiratet Kaum vorhanden Beamtenfamilien 3. Karriere politisch administrativer Eliten Universitätsabschluss (keine Eliteuniversitäten vgl. GB,FR) Juristenmonopol Rekrutierung Politische Elite: Werden aus dem Bundestag rekrutiert. Diese ist beeinflusst durch Koalitionspartner und Parteiinterne Interessen: Parteivorsitzender Fraktionsvorsitzender Flügel und Blöcke Regionale Herkunft Geschlechterverteilung Administrative Elite: Fazit A. Die politische und administrative Elite besitzen großen Ähnlichkeiten. 3 Karrieretypen „Klassischer Beamter“ B. Gleichsam gekennzeichnet. „Verzögerter Beamter“ „Mischtyp“ Studium Beamter hoher Beamter Studium Universität Beamter Studium öffentliche Ende der Karriere hoher Beamter Regierungsneubildung beendet Karriere beider Eliten Danach wenden sie sich anderen Ämtern zu Politische Elite Rückkehr in den Bundestag Funktion in der Partei Rückzug auf Landesebne Selbstständigkeit sie von Stabilität und Kontinuität „Regierungen und Regime kommen und gehen, Karrieremuster bleiben bestehen.“(Derlien) Klassischer Beamte wird von Mischtyp abgelöst „Klassischer Beamte“ „Verzögerter Beamte“ „Mischtyp“ sind Administrative Elite Botschafter Öffentliche Unternehmen Banken Brüssel Präsident des Bundesrechnungshof Staatssekretäre in die Politik 4. Die Politisierung der administrativen Elite Ist die administrative Elite ein neutraler Umsetzer von Gesetzesvorgaben oder ein politischer Akteur? Funktionen der administrativen Elite: „ politische Grundsatzentscheidung zu interpretieren und deren konkrete Ausgestaltung und praktische Implementation auszuarbeiten“ (Schwanke/ Ebinger 2006: 235) Informationsungleichgewicht zwischen Exekutive und Verwaltung zu verringern Parteipolitisierung der Beamten Seit 1970 ist der Anteil der politischen Beamten, die in einer Partei Mitglied sind, relativ konstant geblieben: Von 1981 bis 1995 bei den Staatssekretären sogar leicht gestiegen. Parteibindung der Staatssekretäre in % Jahr CDU/CSU SPD FDP GRÜNE Regierungsparteien insgesamt 85,8 1972 0,0 42,9 42,9 60 1981 0,0 60 0,0 0,0 69,3 1987 61,5 7,7 7,1 71, 4 1995 57,1 14,3 75 2005 0,0 62,5 0,0 12,5 eigene Darstellung nach Tabelle 3, aus: Schwanke/ Ebinger 2006: 239 Parteilos 14,3 40 30,8 21,4 25 Trennung von Politik und Bürokratie in England Beamte müssen sich politisch neutral verhalten und sich jeder Regierungskonstellation anpassen. Fazit: Aufgrund der inhaltlich politisierten Arbeit, der formalen Politisierung und ihrer oben erwähnten Folgen ist die administrative Elite eher ein pol. Akteur als ein neutraler Umsetzer. 5. Berufspolitiker Kontrollmechanismen der Regierung Formale Politisierung: Besetzung der Ämter nach parteipolitischen Kriterien; möglich durch § 36 BBG (Politische Beamte können jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden) Der Austausch der politischen Beamten nach Regierungswechseln wird auch „Säuberung der Ministerialbürokratie“ genannt. Zum Ausmaß der formalen Politisierung vgl. Saalfeld 2007: 292, Tabelle 6.3 (im Reader) 1969 Einführung des parlamentarischen Staatssekretärs: Ziel war die Entpolitisierung des beamteten Staatssekretärs Auswirkungen auf die administrative Elite Vorteile Nachteile Identifizierung mit der Einschränkung des Politik der Regierung Leistungsprinzips nach Art. 33 (2) GG erleichtert Ämterpatronage Loyalität der Beamten ist gesichert stärkere Wahrnehmung der politischen Rolle Entstehung einer pol Klasse (Derlien 2003: 53,56) Definition des Berufspolitikers (nach Max Weber) „Politiker die für die Politik leben“ vs. „Politiker die von der Politik leben“ Berufspolitiker haben allgemein einen schlechten Ruf: Zu routinisiert Zu karriereorientiert Moralisch anfällig Dennoch werden sie benötigt: Zeitaufwand (macht Privatleben fast unmöglich) Langjährige Erfahrung Fachkenntnisse Soziopolitische Steuerung im modernen Staat Derlien, Hans-Ulrich (2006): Die politische und die administrative Elite der Bundesrepublik. 1. Entwurf des AK „Regieren zu Beginn des 21. Jahrhunderts“. Potsdam Zitat: „… ein konstitutives Element moderner soziopolitischer Systeme.“(Herzog) Zitat:“…nur der Berufspolitiker kann in der sich ständig komplizierenden gesetzgeberischen Tätigkeit sich jenes Fachwissen aneignen, das nötig ist um der Bürokratie wirksam zu begegnen…Der moderne Parlamentarismus steht und fällt mit dem Berufspolitiker.“ (Peter Molt) 6. Literaturliste Becker, Bernd, 2002: Politik in Großbritannien. Einführung in das politische System und Bilanz der ersten Regierungsjahre Tony Blairs, Paderborn Derlien, Hans-Ulrich/ Pippig, Gerhard (1990): Die administrative Elite, in: Der Bürger im Staat 40: 32-35 Derlien, Hans- Ulrich (2001): Personalpolitik nach Regierungswechseln, in: Derlien, H.-U. / Murswieck, A. (HRSG.): Regieren nach Wahlen, Opladen 39-58 Herzog, Dietrich, 1990: Der moderne Berufspolitiker, in: Der Bürger im Staat 40: 9-16 Kugele, Dieter, 1987: Der politische Beamte. Entwicklung, Bewährung und Reform einer politisch-administrativen Institution. 2. Aufl. München Lindenschmidt, Christian (2004): Zur Strafbarkeit der parteipolitischen Ämterpatronage in der staatlichen Verwaltung, in: Schriften zum Strafrecht Heft 156, S. 15-22 u. 37-39 Saalfeld, Andreas, 2007: Parteien und Ministerialbürokratie, in ders.: Parteien und Wahlen. Eine Einführung, Baden- Baden: 289-297 Schwanke, Katja/ Ebinger, Falk, 2006: Politisierung und Rollenverständnis der deutschen Administrativen Elite 1970 bis 2005Wandel trotz Kontinuität, in: Bogumil, Jörg/ Jann, Werner/ Nullmeier, Frank (Hrsg.): Politik und Verwaltung. PVS Sonderheft 37/2006. Wiesbaden: 228-249