Fette – die „Würze“ im Ferkelfutter Von Ir. L.C.M. van Enckevort und Drs. A. Gobius du Sart, Denkavit Nederland BV Einleitung Die Sauenmilch, die ein Ferkel während der Säugezeit zu sich nimmt, hat einen Fettgehalt von rund 40 % auf Trockenmassebasis. Bei einer Sau mit einer Milchproduktion von 10 Litern am Tag und einem Wurf von 10 Ferkeln entspricht dies einer Aufnahme von 1 Liter Sauenmilch pro Ferkel und pro Tag. Angesichts eines Trockenmassegehalts der Sauenmilch von circa 20 % bekommt ein Ferkel täglich dann ungefähr 80 Gramm Fett. Ferkel können also schon früh große Mengen Fett verdauen und sind schon früh an große Mengen Fett gewöhnt. Wenn ein Ferkel abgesetzt wird, sollte die Umstellung von Sauenmilch auf festes Futter am besten stufenweise erfolgen; das ist wichtig, damit das Tier das Absetzen ohne Verdauungsprobleme übersteht. Die Qualität der verwendeten Fette ist in diesem Zusammenhang von großer Relevanz. Aus was können Fette bestehen? Fette und Öle (im Weiteren: Fette) sind Produkte, die in unpolaren Lösungsmitteln löslich sind. Es handelt sich um eine Sammlung von unterschiedlichen Molekülarten. Im Großen und Ganzen können Fette in die drei nachfolgend beschriebenen Gruppen eingeteilt werden. 1. Triglyceride (Triacylglyceride): Diese Gruppe bildet die häufigste chemische Form von Fetten und macht im Allgemeinen mehr als 90 % der Fettzusammensetzung aus. Die chemische Struktur dieser als Triglycerid bezeichneten Fettmolekülart wird in der Abbildung unten veranschaulicht. Ein Fettmolekül besteht aus einer Grundstruktur von Glycerol (auch bekannt unter dem Namen Glycerin), an das drei Fettsäuren angelagert sind. Wenn nur eine oder zwei Fettsäuren an das Glycerol gebunden sind, spricht man von Monoglyceriden (Monoacylglyceriden) oder Diglyceriden (Diacylglyceriden). 2. Phospholipide: Dies sind Triglyceride, wie sie oben beschrieben wurden, aber hier ist eine der äußeren Fettsäuren durch eine phosphathaltige Gruppe ersetzt. Ein Beispiel für die Fettgruppe der Phospholipide ist das Lecithin, das neben zwei Fettsäuren eine Cholingruppe hat, die über eine Phosphatgruppe an das Glycerol angelagert ist. Da diese polarer ist, lassen sich Lecithine besser mit Wasser mischen als etwa Triglyceride. 3. Sterole: Diese Fette haben ein Grundskelett aus Kohlenstoffringen und verschiedene Seitenketten. Ein Beispiel ist das Cholesterin. Cholesterin und Essigsäure werden von der Leber in Gallensäuren umgewandelt. Weil Triglyceride den größten Teil der Fettzusammensetzung ausmachen, bestimmen diese auch in starkem Maße die Verdaulichkeit und die physikalischen Eigenschaften der Fettquellen. Wichtig sind dabei die an das Glycerol angelagerten Fettsäuren. Fettsäuren unterscheiden sich hinsichtlich der Kettenlänge (Anzahl C-Atome) und des Sättigungsgrads (Anzahl Doppelbindungen). Sie können eine Länge von 4 bis 24 Kohlenstoffatomen haben. In der Regel gilt: Je mehr Kohlenstoffatome, also je länger die Fettsäure, desto geringer ist die Verdaulichkeit. Die Höchstzahl ungesättigter Verbindungen an einer Fettsäure ist 6 (C22:6). Hier gilt: Je mehr ungesättigte Verbindungen eine Fettsäure aufweist, desto besser ist sie zu verdauen. Im Anschluss folgt eine Übersicht mit den wichtigsten Fettsäuren der gängigsten Öl- und Fettarten. % in Fett C12:0 C14:0 C16:0 C18:0 C18:1 C18:2 C18:3 >C18:3 Trivialname Sauenmilchfett Laurinsäure 0,02 Myristinsäure 3,7 Palmitinsäure 37,0 Stearinsäure 6,0 Oleinsäure 33,0 Linolsäure 8,9 Linolensäure 1,14 0,7 Schweinefett 0,3 1,9 25,0 15,5 39,2 11,0 1,0 - Rinderfett 0,2 3,3 25,4 22,2 36,4 2,9 - Kokosöl 46,6 18,1 8,8 2,7 6,7 1,7 - Palmöl 1,1 44,0 4,7 39,1 9,6 - Sojaöl 10,7 3,8 24,2 53,1 5,9 - Sojaöl 37 11,5 11,9 69,7 3,6 - Fischöl 6,5 0,5 18,5 4,0 15,0 1,5 0,5 35,0 In der ersten Spalte der Tabelle stehen die chemischen Formeln der Fette. Linolsäure beispielsweise hat 18 Kohlenstoffatome und zwei ungesättigte Verbindungen. Stearinsäure besteht ebenfalls aus 18 Kohlenstoffatomen, ist aber vollständig gesättigt. Die Temperatur, bei der Fette zu schmelzen beginnen – der Schmelzpunkt –, fällt mit abnehmender Kettenlänge und/oder zunehmender Anzahl ungesättigter Verbindungen. Beeinflusst wird der Schmelzpunkt außerdem von der räumlichen Struktur, der so genannten cis- oder trans-Form (siehe Abbildung). Die cis-Form kommt im Gegensatz zur trans-Form von Natur aus in pflanzlichen Ölen vor und hat eine ungeordnetere Struktur als gesättigte Fettsäuren oder trans-Fettsäuren (siehe Härtung). Fettquellen, die viele solcher Fettsäuren enthalten, haben darum meist einen niedrigeren Schmelzpunkt als solche mit vielen gesättigten oder trans-ungesättigten Fettsäuren. C cis-Fettsäure C C C trans-Fettsäure C C C C C C C C Technologischer Hintergrund der Fette In Ferkelfutter kommen verschiedene Fette und Öle zum Einsatz. Öle sind bei Zimmertemperatur flüssig und Fette sind bei Zimmertemperatur fest. Die Struktur der Fette und Öle kann mit Hilfe der Prozesstechnologie geändert werden. Hier werden einige Verfahren aufgeführt. 1. Härtung (Hydrierung): Die Doppelbindungen werden mit einem Nickelkatalysator abgesättigt. Infolge einer dabei auftretenden Nebenreaktion wird ein Teil der natürlich vorhandenen cis-Fettsäuren in trans-Fettsäuren umgewandelt. 2. Fraktionierung: Fettmoleküle (Triglyceride) mit starken Abweichungen bei Kettenlänge und Sättigungsgrad – und somit unterschiedlichen Schmelzbereichen – werden in hoch- und niederschmelzende Bestandteile getrennt. 3. Umesterung: Bei diesem Verfahren werden Triglyceride chemisch oder enzymatisch in Glycerol und Fettsäuren zerlegt. Danach werden die Bestandteile willkürlich zusammengesetzt – das heißt, die Fettsäuren werden mit dem Glycerol zu neuen Triglyceriden verestert. 4. Bleichung / Raffination: Beim Bleichen und Raffinieren von Öl werden möglicherweise vorhandene PAK-Komponenten (krebserregende polyaromatische Kohlenwasserstoffe), freie Fettsäuren und Kontaminanten wie Dioxin entfernt. Physiologischer Hintergrund der Fette Nachdem das Ferkel die Fette aufgenommen hat, gelangen diese in den Magen, wo ein Enzym namens Magenlipase mit der Fettverdauung beginnt. Triglyceride werden hier zu 2550 % in Mono- und Diglyceride und in freie Fettsäuren gespalten. Nach der Magenpassage kommen die Fette in den Dünndarm, wo die gallensauren Salze der Leber und die Enzyme (Lipasen) der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ebenfalls abgesondert werden. Die Leber produziert erst Gallensäure. Daraus entstehen dann durch die Verbindung mit Taurin oder Glycin gallensaure (Natrium-) Salze. Die gallensauren Salze haben eine emulgierende Wirkung. Organe der Fettverdauung Speiseröhre lever Leber Gal Galle Magen Pankreas Dünndarm Wichtig für eine optimale Fettverdauung sind die kleinen Fetttröpfchen, zu denen sich die wasserunlöslichen Fette und die gallensauren Salze zusammenfügen. Dadurch wird die Oberfläche, auf die die Lipase einwirken kann, wesentlich vergrößert. Bei einer starken bakteriellen Aktivität können gallensaure Salze von Bakterien dekonjugiert werden, wodurch sie ihre Wirkung verlieren und die Fettverdauung schlechter wird. Die Verwendung von antimikrobiellen Säuren wie Ameisensäure, Essigsäure und Propionsäure kann die Fettverdauung unterstützen. Nachdem Lipasen die Fette u.a. zu Fettsäuren, Glycerol und Monoglyceriden abgebaut haben, verbinden sich die gallensauren Salze mit diesen Verdauungsprodukten zu noch winzigeren Tröpfchen, den so genannten Mizellen, welche gleichzeitig Cholesterin und fettlösliche Vitamine enthalten. Es ist beispielsweise bekannt, dass die Vitamin-E-Aufnahme durch eine Gabe von zusätzlichem Fett verbessert wird. Resorption der Fette Die Bildung von Mizellen ermöglicht die Resorption von Fetten im Dünndarm. Im unteren Teil des Dünndarms werden auch die gallensauren Salze zum Großteil absorbiert; sie kommen über das Blut dann wieder zurück in die Leber und die Galle. Dies wird als enterohepatischer Kreislauf bezeichnet, der mehrmals täglich durchlaufen wird. Fettresorption ist möglich, weil die Fette sich im Zellmembranfett der Darmepithelzellen auflösen und passiv in die Zelle diffundieren. In den Darmzellen werden Fettsäuren und Glycerol wieder zu Triglyceriden zusammengefügt. Diese werden in Form von Chylomikronen an die Lymphgefäße in den Darmzotten abgegeben und danach in die Leber transportiert. Kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure gelangen dagegen in die Blutbahn und kommen über die Pfortader in die Leber. Metabolismus der Fette Im Körper können die Fette erneut in Fett umgesetzt werden oder als wichtige Energiequelle dienen. Bei einer übermäßigen Fettzufuhr (etwa wenn die Aufnahme des Futters und der körpereigene Fettabbau nicht optimal sind) werden in der Leber Fette gespeichert. Die Leberfunktionen werden dann beeinträchtigt, wodurch es zu einer verstärkten Leberverfettung kommen kann. Zum Schutz vor Leberverfettung kann ausreichend Cholin, ein Bestandteil von Lecithin, zugegeben werden. Lecithin fördert den Fetttransport und wirkt somit der Einlagerung von Fetten entgegen. Fettsäuren können nicht für die Bildung von Glucose oder Aminosäuren verwendet werden, während sich Glucose und Aminosäuren ihrerseits sehr wohl in Fett umsetzen lassen. Glycerol (10-13 % des Fettes) kann in nichtessenzielle Aminosäuren und Glucose umgewandelt werden. Bei einem unvollständigen Fettsäureabbau in der Leber entstehen die so genannten Ketonkörper, die von anderen Körperzellen als Energiequelle genutzt werden können. Allerdings kommt es im Fall eines Glucosemangels, wie bei der Zuckerkrankheit, zu einer übermäßigen Produktion von Ketonkörpern. Bis auf zwei Ausnahmen kann ein Ferkel alle Fettsäuren selbst im Körper produzieren. Die essenziellen Fettsäuren Linolsäure (C18:2) und Linolensäure (C18:3) sind die einzigen, die über die Milch oder das Futter zugegeben werden müssen. Über einen Prozess der Elongation (Kettenverlängerung) und Desaturierung (Einführung einer Doppelbindung) können daraus die anderen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren gebildet werden. ώ-6-Gruppe ώ-3-Gruppe C18:2 ώ-6 Linolsäure C18:3 ώ-3 ά-Linolensäure C18:3 ώ-6 γ-Linolensäure C18:4 ώ-3 C20:3 ώ-6 Dihomo-γ-Linolensäure C20:4 ώ-3 C20:5 ώ-3 EPA C22:5 ώ-3 DPA C20:4 ώ-6 Arachidonsäure C22:6 ώ-3 DHA Verwendung der Fette im Ferkelfutter Nach der Fettherstellung und der Fettverdauung des Ferkels soll nun die Auswahl der Fette beleuchtet werden. Folgende Eigenschaften können als Auswahlkriterien dienen: - organoleptische Beurteilung (frischer, neutraler Geruch und durchsichtige/helle Farbe) - Feuchtigkeitsgehalt (viel Feuchtigkeit stellt ein Risiko für die Bildung freier Fettsäuren dar und führt zu trübem Fett) - Peroxidzahl (ein hoher Gehalt bewirkt einen ranzigen Geruch, während eine niedrige Zahl nicht immer bedeutet, dass keine Oxidationsgefahr vorliegt) - freie Fettsäuren (möglichst niedrig; an Glycerol angelagerte Fettsäuren werden besser aufgenommen und verdaut, für die Bildung von Fettgewebe ist auch Glycerol notwendig) - Fettsäuremuster (bestimmt Verdaulichkeit und Tiergesundheit) - Polymerisationsgrad (möglichst niedrig; Fettsäuren können aneinander angelagert sein, wodurch die Verdaulichkeit schlechter wird) Bei der Formulierung von Ferkelfutter hängt der gewählte Fettprozentsatz vom Zweck des Futters ab. Haben Ferkel eine hohe Durchfallanfälligkeit, sollte ein geringerer Fettgehalt genommen werden. Generell kann für Wohlgeschmack und gutes Wachstum (unter normalen hygienischen Umständen) ein Fettgehalt bis circa 10 % gewählt werden. Man kann mehrere Fettquellen kombinieren um Endfutter mit einer ausgewogenen Fettsäurebalance zu erhalten. Die Bedeutung von Linol- und Linolensäure wurde bereits angesprochen, Es ist wichtig, dass diese essenziellen Fettsäuren in ausreichendem Maße zugegeben werden. Wichtig ist auch die richtige Relation zwischen den Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, weil zu viel von der einen Gruppe die Nutzung der anderen Gruppe beeinträchtigt. Eine optimale gesundheitliche Wirkung erzielt man mit einem Verhältnis von Omega 6 zu Omega 3, das zwischen 5:1 und 10:1 liegt. Zum Schluss Qualität spielt bei der Auswahl von Fetten für Jungtiere eine große Rolle. Auch im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit fällt die Verwendung einer konstanten Qualität stets stärker ins Gewicht. Ein nicht immer ganz einfacher Aspekt ist die Verarbeitbarkeit der Fette in den Fabriken oder landwirtschaftlichen Betrieben. Die Anschaffung zusätzlicher Futtermittelbehälter stellt häufig ein Problem dar; ferner weiß man über den Stellenwert bzw. die Form der richtigen Qualität für junge Ferkel vielfach nicht genau Bescheid. Der Ankauf von Milch-/Fettkonzentraten bei Lieferanten, die auf Milcherzeugnisse, Fette und Futtermittel für Ferkel spezialisiert sind, kann da einen Ausweg bieten.