Der „Neue Semmeringbasistunnel“ (Südvariante) Eine technisch, wissenschaftliche Vorstudie zum Semmeringbasistunnel (SBT) Erstellt im Zeitraum 1998 – 2000, erweitert auf Stand Februar 2006 (Gekürzte Fassung) Urheber und Autor: Dipl.Ing.mont. Franz Mitterer Leoben, Kapfenberg März, 2008 Vorwort Nach meiner Rückkehr aus dem Ausland, wurde ich Anfang 1998 mit der polarisierenden Problematik des damals in Ausführungsausschreibung befindlichen Semmeringbasistunnel (SBT) konfrontiert. Ursachen dieser Polarisierung waren und sind aufgrund der Trassenwahl unter anderem schlechtes Gebirge, die Wasserproblematik und die dadurch verursachten exorbitant hohen Tunnelmeterkosten. Um einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden und eine kostenadäquate sowie zeitlich überschaubare Lösung zur Verwirklichung des für Österreich wirtschaftlich strategisch wichtigen SBT`s zu bieten, habe ich – als technische Hilfestellung - die Alternative einer Umgehung der Semmeringpasshöhe im Süden angedacht und nach bergmännischen und praktischen Gesichtspunkten eines erfahrenen Betriebsingenieurs, in einer technisch wissenschaftlichen Vorstudie die Südvariante (Steigung/Gefälle 10‰) erarbeitet. Diese Arbeit wurde in Eigeninitiative mit Unterstützung der Montanuniversität Leoben im Zeitraum 1998-2000 erstellt und um die Südvariante 1a (5.9‰) und Südvariante 1b (5‰), die von Südvariante 1a durch eine unterschiedliche Einbindung in den Gleisbestand unterscheidet, im Februar 2006 erweitert. Mein Dank ergeht in diesem Zusammenhang an die Montanuniversität Leoben, meiner Alma Mater, insbesondere aber an Prof. H. Wagner (Ordinarius der Bergbaukunde), Prof. F. Ebner (Ordinarius der Geologie), Prof. J.W. Wolfbauer (Technische Ökosystemanalyse) und Prof. em. F. Weber (Geophysik) für ihre Unterstützung und den fachspezifischen Gedankenaustausch, sowie an alle Kollegen, die bei der Erfassung und Ausarbeitung des geologischen Kartenwerks mittels Computer (Arc Info) behilflich waren. Ferner gilt mein Dank auch Prof. W. Schönlaub und Dr. M. Rockenschaub, Geologische Bundesanstalt Wien, für das zur Verfügung stellen des neuen „Geologischen Kartenblattes Nr. 104 Mürzzuschlag“ und für die wertvollen Diskussionen über die geologische Beschaffenheit des Untersuchungsgebietes. Last but not least, ergeht mein besonderer Dank an Dipl. Ing. N. Höllriegl, Amt der nö. Landesregierung, Abteilung Vermessungswesen, für die Bereitstellung des für das geologische Kartenwerk erforderlichen Höhen -und Wassermodells. Aufgrund ihres Umfangs sind das geologische Kartenwerk, die Kostenrechnung sowie die geplante bergtechnische Betriebsorganisation in dieser Veröffentlichung nicht enthalten. Die vorliegende Arbeit wurde revidiert (siehe Anhang II - Seite 39). Kapfenberg, im März 2008 F. Mitterer Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung.................................................................................................. I Einleitung ............................................................................................................... 1 1. Anlass der Projekterstellung ........................................................................... 2 2. Zielsetzung des Projekts ................................................................................. 2 3. Gegebene Voraussetzungen für die Verwirklichung des SBT ......................... 3 4. Die „Neue Trasse“ ........................................................................................... 5 4.1. Trassenverlauf der Südvariante (1998) .................................................... 6 4.2. Trassenverlauf der Südvariante 1a (Feb. 2006) ....................................... 7 4.3. Trassenverlauf der Südvariante 1b ........................................................... 9 5. Geologie und Tektonik .................................................................................. 10 5.1. Das Semmeringsystem .......................................................................... 10 5.2. Das Wechselsystem.(Wechsel-Decke) ................................................... 11 5.3. Die Grauwackenzone ............................................................................. 13 5.4. Lagerungsverhältnisse ........................................................................... 14 5.5. Tektonik .................................................................................................. 15 5.6. Geologische Geländebegehung und Resümee ...................................... 16 5.7. Geologisches Längsprofil ....................................................................... 16 5.7.1 Geologisches Längsprofil der Südvariante .......................................... 17 5.7.2 Geologisches Längsprofil Südvariante 1a ........................................... 18 5.7.3 Geologisches Längsprofil Südvariante 1b ........................................... 18 5.8. Gebirgsgüteklassenvergleich (GGKL – Vergleich) ................................. 18 6. Kosten ........................................................................................................... 22 6.1. Kosten der Auffahrung (Auftragnehmer I) ............................................... 22 6.2. Kosten der Projektkoordinierung (Auftraggeber) .................................... 23 6.3. Kosten für Schienen - und Infrastruktureinbau (Auftragnehmer II) ......... 24 6.4. Gesamtkosten SBT ................................................................................ 24 7. Bergtechnischer Ablauf und Bauzeit ............................................................. 25 8. Gegenüberstellung Südvariante – Nordvariante ........................................... 26 8.1. Südvariante - Nordvariante ..................................................................... 26 9. Schlussbetrachtung....................................................................................... 29 10. Zukunftsaussichten ....................................................................................... 31 11. Literaturverzeichnis ........................................................................................ 32 12. Anhang: Begriffserklärung „NÖT“ ,historischer Rückblick und Entwicklung der Tunnelbauweisen .................................................................................... 34 12.1. Geschichtliches ..................................................................................... 34 12.2. Die alten Bauweisen ............................................................................. 34 12.3. Die neuen Bauweisen ........................................................................... 35 12.4. Die konventionellen Bauweisen ........................................................... 36 12.5. Die „Neue Österreichische Tunnelbauweise“ (NÖT) ........................... 36 12.6. Gebirgsklassifizierung (Anfang der Gebirgsmechanik) ........................ 38 i Zusammenfassung Anlass für die Ausarbeitung dieser Vorstudie war die öffentliche Kontroverse, die Anfang 1998 mit der polarisierenden Problematik des damals in Ausführungsausschreibung befindlichen Semmeringbasistunnels (SBT) - mit den politisch festgelegten Anfangs - und/bzw. Endbahnhöfen Gloggnitz und Mürzzuschlag ihren Ausgang nahm. Hauptursache für diese Polarisierung war die Trassenwahl, die eine Umgehung der Semmeringpasshöhe im Norden vorgesehen hat. Die Trasse verläuft geologisch durch extrem schlechtes Gebirge, und die dabei auftretende Wasserproblematik verursachte enormen politischen Widerstand und führte in Summe mit allen trassenrelevanten Problemen zu exorbitant hohen Tunnelmeterkosten. Als Ausweg aus diesem Dilemma und um eine Lösung einer zügigen und kostenadäquaten Realisierung des SBT`s zu finden, hat der Autor aus bergmännischer und praktischer Sicht in Eigeninitiative mit Unterstützung der Montanuniversität Leoben am Institut für Geowissenschaften, Abteilung Technische Ökosystemanalyse, im Zeitraum 1998 - 2000 eine Umgehung der Semmeringpasshöhe im Süden aus geologischen Gründen angedacht und in einer technisch wissenschaftlichen Vorstudie die Südvariante erarbeitet (Abb 1). Sie umfasst ein geologisches Kartenwerk, eine auftragnehmerseitig erstellte Kostenrechnung (Stand 1999/2000, mit 15% wertberichtigt auf Stand 2007), eine vollständige Massenermittlung sowie eine geplante und errechnete bergtechnische Betriebsorganisation. Die Erarbeitung der Geologie erfolgte anhand des Studiums der im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen sowie aller Bergbauberichte der ehemaligen umgehenden Bergbaue im N - bzw. NW – Teil der Stuhleck-Kirchberg-Decke und Wechsel-Decke und wurde mit vier Geländebegehungen im Untersuchungsgebiet auf Trassenhöhe, insbesondere im Fröschnitzgraben und Göstritzgraben, abgeschlossen. Die Geologie des Gebiets der Südvariante bezieht sich im weiteren Sinne auf das Semmering-/Wechselsystem, das etwa an der Linie Anger - Stanz - W Kindberg - W Mürztal – W Kapellen – SW Prein aus dem Fensterrahmen des mittelostaplinen Kristallins aufsteigt. Dessen Nordgrenze Richtung Gloggnitz wird zum Teil durch die Tattermannschichten, zum Teil durch die Grauwacke gebildet. Im engeren Sinne betrifft es jedoch den NW - bzw. N - Teil der Stuhleck– Kirchberg –Decke und der Wechsel – Decke (Semmeringfenster). Die Stuhleck – Kirchberg – Decke taucht etwa im W bzw. NW auf Höhe Kindberg – Mürztal – Fröschnitztal unter der Mürztal - Tachenberg – Decke auf, keilt im W des Fröschnitzgrabens steil stehend und im NW bzw. N südöstlich der Semmering Passhöhe mit zwei zungenförmigen Antiklinalen über die Wechselkulmination gegen Osten hin aus, zwischen denen sich das mächtige Permo- I mesozoikum der Sonnwendsteinmulde mit ihrer äußerst komplizierter Bauform einschaltet. Die Trennlinie im Norden zur Mürztal – Tachenberg - Decke wird durch die Göstritzmulde - Antiklinale gebildet. Während des Alpenbaus, der sich über eine lange geologische Zeitdauer erstreckte, können im Semmering/Wechselsystem tektonisch drei orogene Beanspruchungsphasen (Gebirgsbildungsphasen) unterschieden werden: Eine prävariszische mit einer Bruchtektonik (Störungslinienverlauf) ausgerichtet in etwa E-W Richtung, eine präalpide, deren Bruchtektonik (Störungslinienverlauf) in etwa N-S Richtung verläuft und ein jungtektonisches Bruchstörungssystem (wahrscheinlich Alttertiär im Zusammenhang mit dem Aufsteigen der Wechselkuppel) ohne geregelte Richtung. Charakteristisch für alle drei Beanspruchungsphasen ist, dass sie insbesondere im nordwestlichen und nördlichen Teil der Stuhleck-Kirchberg-Decke und Wechseldecke (Untersuchungsgebiet zur Trassenfindung) zu Vererzungen aller Ausscheidungsstufen, von pneumatolitisch über hydrothermal bis hin zu Oxydations- und Zementationsstufe, geführt haben. Die jeweils diesen Vererzungsphasen vorgehenden bzw. nachfolgenden Barytführungen (W. Tufar, 1963), weisen auf sub- bzw. postvulkanische Tätigkeiten während dieser Beanspruchungsphasen hin. Dieser Umstand lässt darauf schließen, dass die in jeder dieser drei Beanspruchungsphasen mobilisierten Lösungen einerseits zu Lagerstättenbildungen, andererseits auch zur Verfestigung und Gesteinsumwandlung des anstehenden wie auch des umliegenden Gebirges im nordwestlichen und nördlichen Teil der Stuhleck-Kirchberg-Decke und Wechseldecke geführt haben. Weiters kann man daraus schließen, dass im betrachteten Gebiet eine eher kompakte Tektonik, sprich Drucktektonik, vorliegt und in den Störungsbereichen der neuen Trassierung keine mylonitisierten Zonen sondern wahrscheinlich glatte Störungsbrüche mit eventuellen Harnischflächen zu erwarten sind. Die vorliegenden Gesteinsproben aus dem Untersuchungsgebiet scheinen die tektonischen Vorgänge während der sehr komplexen Alpenbildung im Semmeringgebiet zu bestätigen. Aufgrund der vorliegenden Geologie wurden für die Auswahl einer möglichst optimalen Trasse neben der gewachsenen Verkehrsstruktur insbesondere das Gebirge, dessen stratigraphische Zusammensetzung und Abfolge, dessen Wasserführung, weiters die Umwelt bzw. bebaute Gebiete, die politische Vorgaben, die Tunnelsicherheit und die Möglichkeit einer teilweisen Nutzung des vom Bahnhof Mürzzuschlag aus aufgefahrenen Pilotstollens berücksichtigt und eine Trasse mit folgendem Verlauf festgelegt: Ausgehend vom Bahnhof Mürzzuschlag verläuft die Trasse zunächst entlang der alten „verworfenen“ Nordvariante der HL-AG, wobei die bereits geleisteten Tunnelvorarbeiten im Bahnhofsbereich Mürzzuschlag - Tunnelportal, ca. 300m aufgefahrener Hauptröhre - und 2.000m bis zum Wallersbachgraben von den 4.100m des bisher aufgefahrenen Pilotstollens als Begleitstrecke aus Kostengründen berücksichtigt und eingebunden werden. II Ab Wallersbachsgraben jedoch erfolgt eine Drehung nach SE, Querung des Fröschnitztales (ca. 2 km SW Spital am Semmering) dann in Richtung E über Höhe Rettenberg – Fröschnitzgraben (etwa Höhe Jagdhaus Peterbauer) zum Dürrgraben (Kote 1200 m), danach mit leichter Drehung nach ENE unter Alpkogel Richtung Kummerbauerstadl, ab dort in Richtung NE auf Höhe Weissenbach. Nach Unterfahrung des Auebachtals (seichteste Stelle des Tunnels - laut geologischem Profil 20 bis 25 m unter der Tagesoberfläche) bis Kote 480m, dann nach E drehend über die Schwarza in offener Bauweise zum Bahnhof. Gloggnitz (Abb.1). Diese Trassierung ergibt laut Plan eine Gesamtlänge von etwa 23.00m mit einer konstanten topographisch bedingter Steigung/Gefälle von 10‰ und durchörtert durchwegs „gutmütiges und hartes Gebirge“ (bis zu 80% Gneis) ohne Wasserprobleme. Der Infrastrukturgipfel im Bundeskanzleramt am 8.3.2005 verwarf die ursprüngliche SBT-Nordvariante und präsentierte eine neue Konzeption mit dem „SBTNeu“, die als Forderung einen Flachbahntunnel mit einer Steigung/Gefälle von 6‰ und den Ausgangsbahnhof Gloggnitz – Raum Mürzzuschlag/ Langenwang beinhaltet. Um jedoch das Kriterium eines „Flachbahntunnels“ mit dem geforderten Neigungsverhältnis (6‰) zu erfüllen, muss ein Tunnel aufgrund der topographischen Gegebenheit eine Länge von über 30.000m aufweisen. Diese Bedingung wird von der im Februar 2006 konzipierten und kartentechnisch erfassten Südvariante 1a (5.9‰) bzw. Südvariante 1b (5‰), die sich von Südvariante 1a durch eine unterschiedliche Einbindung in den Gleisbestand unterscheidet, erfüllt. Der Trassenverlauf dieser Variante mit Ausgangsbahnhof Gloggnitz entspricht bis Höhe Rettenberg der zuvor beschriebenen konzipierten Südvariante. Ab Höhe Rettenberg wird diese jedoch in einem S-förmigen Bogen in Richtung SWW - SW zum Pretulbachgraben (Höhe 840m) und infolge nach Krieglach – Schwöbing (Kote 630m) geführt. Von dort wird diese im freien Gelände, beidseitig etwa 200-300m unbebaut, mittels einer Brücke über die Landesstrasse, Schnellstrasse (S6) und Mürz ca. 3.000m NE vom Bahnhof Krieglach auf Kotenhöhe 626m in den bestehenden Gleisbestand eingebunden. Die Südvariante 1b hingegen zeigt bis Krieglach – Schwöbing (Kote 630m) den gleichen etwas tiefer liegenden Trassenverlauf wie Südvariante 1a, unterfährt ab Kote 630m sowohl die Bundesstrasse und die Autoschnellstrasse, als auch in einem NWW geführten Bogen die Mürz sowie den Bahndamm bei Kote 626m (Tunnelsohletiefste ca. 608m), und wird danach nördlich, parallel zu diesem mit einer Steigung/Gefälle von 5‰ bis zur Einbindung in den Gleisbestand ca. 1.500m östlich von Bhf. Krieglach geführt. Diese Trassierung ergibt laut Plan eine Gesamtlänge von etwa 32.200m bzw. 34.500m mit einer konstanten Steigung/Gefälle von 5.9‰ bzw. 5.0‰ und III durchfährt von Gloggnitz ausgehend bis Höhe Rettenberg laut strukturgeologischem Profil die gleiche geologische Abfolge wie die Südvariante. Ab Höhe Rettenberg werden bis Höhe Pretulbach (Kote 840m) auf einer Länge von etwa 8.000m verschiedene Gneisarten, zu durchörtern sein. Keine Wasserführung außer vernachlässigbarem Kluftwasser! Ab Pretulbach bis Krieglach/Schwöbing (Kote 630m) werden auf einer Länge von etwa 6.000m die Mürztal-Tachenberg-Decke mit vorwiegend Dolomit, Kalkmarmor aber auch Glimmerschiefer (quarzitischer Phyllit) mit Einlagen von Semmeringquarzit zu durchfahren sein. In diesem Abschnitt werden die gleichen Verhältnisse wie beim Ganzsteintunnel bei Mürzzuschlag zu erwarten sein, somit ist auch mit Wasserführung zu rechnen. Das für die Ausführung des SBT`s aufzufahrende Volumen umfasst somit Hauptröhre, durchgehende Begleitröhre und von dieser abgehend Querschläge zur Hauptröhre als Fluchtwege. Die Gesamtbaukosten der Südvariante (Bhf Gloggnitz – Bhf Mürzzuschlag, Steigung/Gefälle 10‰) für Auffahrung, Organisation und Projektbegleitung sowie Schieneninfrastruktureinbau bewegen sich laut durchgeführter Kostenrechnung in der Größenordnung von plus/minus 630 Mio. € (rd. 8,7 Mrd. ATS). Die Bauzeit beträgt ab Baubeginn bis zur Jungfernfahrt, ausgeführt gemäß der geplanten Untertage - Betriebsorganisation mit einer Belegschaft von etwa 1000 Mann in einem 3-Schichtdurchlaufbetrieb mit rotierendem Mehr-OrtBetrieb, etwa 4 Jahre. Damit präsentiert sich die Trassenführung dieser Variante geologisch und hydrogeologisch als echte Lösung mit kurzer Bauzeit zu adäquaten Kosten für die Ausführung des SBT`s, wobei auch die Funktion Mürzzuschlags als natürlich gewachsene Bezirkshauptstadt und – zentrum voll erhalten bleibt. Für die alternativen Südvarianten 1a bzw. 1b betragen die Gesamtbaukosten respektive etwa plus/minus 860 Mio. € (rd. 11,8 Mrd. ATS); die Gesamtbauzeit etwa 5 – 5,5 Jahre. Mit der Ausführung nach NÖT(basiert auf der Gebirgsbehandlung, wie diese im österreichischen Bergbau immer gehandhabt wurde) verbleibt 100% der Wertschöpfung in Österreich und führt durch Mehrbeschäftigung und Produktionssteigerung zu einem enormen, langfristig anhaltenden Wirtschaftsaufschwung. Ausgeführt ais „Mustertunnel“ mit Modellcharakter für Folgeprojekte wird österreichisches Ingenieurswissen und österreichische Qualitätsarbeit den Stellenwert zum Nutzen Österreichs wieder erreichen, denn sie bereits bis Ende der 70iger Jahre im Tunnelbau weltweit inne gehabt haben. IV Einleitung Die Konfrontation mit der Problematik des Semmeringbasistunnels (SBT) anfangs 1998 zeigt mit der geplanten Trassierung über den Norden einerseits „schlechtes Gebirge“ und „große Wasserprobleme“ auf, und andererseits führen diese Probleme bei der geplanten Ausführung zu extrem hohen veranschlagten Tunnelmeterkosten. Um einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden, hat der Autor aus bergmännischer Sicht als erfahrener Betriebsingenieur in Eigeninitiative mit Unterstützung der Montanuniversität Leoben am Institut für Geowissenschaften, Abteilung Technische Ökosystemanalyse (Univ. Prof. J.W. Wolfbauer), im Zeitraum 1998 - 2000 eine Umgehung der Semmeringpasshöhe im Süden aus geologischen Gründen angedacht und in einer technisch wissenschaftlichen Vorstudie die Südvariante erarbeitet (Abb.1). Sie umfasst ein geologisches Kartenwerk, eine auftragnehmerseitig erstellte Kostenrechnung (Stand 1999/2000), eine vollständige Massenermittlung sowie eine, nach praktischen Gesichtspunkten geplante, bergtechnische Betriebs und Ablaufsorganisation. Aufgrund der neuen Anforderung als Ergebnis des Infrastrukturgipfels vom 8.3.2005 wurde diese Südvariante um die Südvariante 1a (5.9‰) und Südvariante 1b (5‰), die von Südvariante 1a durch eine unterschiedliche Einbindung in den Gleisbestand unterscheidet, im Februar 2006 erweitert. Die vorliegende Arbeit soll als wissenschaftliche Grundlage eine technische Hilfestellung zu einer „neuen“ Trassenfindung führen, um eine kostenadäquate und zügige Realisierung des für Österreich wirtschaftlich äußerst strategisch wichtigen „Semmeringbasistunnels“ zu ermöglichen. Die in dieser Studie erarbeitete Variante –„Südvariante“, umgeht im Gegensatz zur damaligen aktuellen „Nordvariante“ die Semmeringpasshöhe im Süden, berücksichtigt mit ihrer Trassenlegung einerseits eine gewachsene Verkehrsstruktur, das Gebirge (Geologie, Hydrologie) und die Umwelt sowie die Tunnelsicherheit. Die auftragnehmerseitig durchgeführte Kostenrechnung und Bauzeitplanung dieser Variante nach der „Neuen Österreichischen Tunnelbauweise“ (NÖT, nachgiebiger Ausbau) zeigt, dass die Trassenführung im Süden nach wie vor eine wirtschaftlich sinnvolle und auch kostengünstigere Alternative zu den Bauvorhaben, an denen die ÖBB schon seit 1984 „arbeitet“, darstellt. Weiters soll generell eine notwendige Korrektur in der Entwicklung der NÖT für die Durchführung dieses sowie zukünftiger Projekte aufgezeigt werden. 1 1. Anlass der Projekterstellung Der primäre Grund für die Erstellung dieser Vorstudie basiert auf einen wahrscheinlich bereits 1984 unterlaufenen technischen Fehler, mit der Festlegung einer Trasse ohne ausreichenden geologischen Hintergrund, die den Semmeringpass im Norden umgeht. Diese Trassierung durchläuft aufgrund ihrer vorliegenden geologischen Formationen durchwegs relativ „Schlechtes Gebirge“ mit „Wasserführung“, die besonders stark in der Mürztal-Tachenberg-Decke anzutreffen ist und war (Pilotstollen Mürzzuschlag!). Ein Fehler, der Unsummen an Steuergeldern verschluckt hat – von 1984 bis 2005 waren es 2,0 Mia € (etwa 28 Mia ATS) laut Bericht von WIWIPOL, 2006 und der auch schlussendlich 2005 zur Stilllegung dieser „Nordvariante“ geführt hat. Denn wie schon Professor W. Petraschek, Ordinarius der Geologie an der Montanuniversität Leoben von 1950 – 1976 lehrte, bildet der nördliche Abschnitt des Semmeringsystems geologisch ein Mehrwege-Wasser-System, während südlich der Passhöhe das Semmering/Wechselfenster (hauptsächlich Gneis, =„Gutes Gebirge“) aufsteigt und daher außer Oberflächenwasser in den Alluvionen der Taleinschnitte keine Wasserprobleme auftreten. Nach eingehendem Studiums der Geologie des Semmeringgebiets präsentiert sich die „Mürztal–Tachenberg–Decke“ als zweite, des aus drei Decken bestehenden Semmeringsystems und stellt aufgrund seiner Zusammensetzung und stratigraphischer Position einen gewaltigen Wasserstauer dar (siehe Kap. Geologie). Einen weiteren Anlass stellen die exorbitant hohen Kosten für die Tunnelauffahrung dar, die aufgrund der üblich folgenden Nachträge nicht die Endkosten bedeuten und somit einer Bauweise nach NÖT völlig widersprechen. Sogar eine Auffahrung nach irgendeiner „Konventionellen Bauweise“ käme wahrscheinlich schlussendlich kostengünstiger (Siehe Kap. 12, Anhang). 2. Zielsetzung des Projekts Zielsetzung ist einerseits eine geologisch und technisch fundierte Planung und infolge eine zügige und kostenadäquate Realisierung des für Österreich wirtschaftlich strategisch wichtigen SBT`s. Um diese zu erreichen, werden infolge für die Ausführung, vorzugsweise mit einer revitalisierten NÖT, folgende Anforderungen gestellt: Tunnelbau mit kompetenten Fachkräften (Bergleute) Kostenminimierung Modellcharakter für weitere Tunnelbauvorhaben Fertigstellung und Durchfahrung bis spätestens 2012 2 3. Gegebene Voraussetzungen für die Verwirklichung des SBT (Strategische Notwendigkeit der Realisierung des SBT) Die strategischen Bedeutung des Semmeringbasistunnels, die eine rasche Realisierung erfordert, ist aus der historischen Entwicklung des Südens von Österreich, aus technischer, wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Notwendigkeit logisch belegbar und ersichtlich. Schon entlang den alten Römerstrassen, insbesondere die SW – NE verlaufende Verbindung des zweiten Alpenübergangs von Italien nach Österreich über das Kanaltal – Villach - Neumarkter Sattel bzw. Perchauersattel – Murtal – Mürztal - Semmering nach Wien, hat sich frühzeitig eine für Österreich wichtige, blühende Industrie – und Handelsstruktur entwickelt. Diese Wirtschaftsstruktur wurde im Zeitraum der ersten Technischen Revolution, Mitte des 19.Jahrhunderts, hauptsächlich durch Erzherzog Johann als Mentor und treibende Kraft, mit dem Erscheinen der Eisenbahn intensiviert, modernisiert und ausgebaut. In diesem Zusammenhang (wirtschaftspolitisch: Zugang zum damaligen österreichischen Seehafen Triest über österreichisches Gebiet der Monarchie) ist auch der Bau der Semmeringbahn zu verstehen. Diese durch Ritter Freiherr Karl v. Ghega von 1848 – 1854 erbaute Semmeringbahn, war schon für die damalige Zeit wie auch noch heute eine enorme und einmalige technische Meisterleistung, die sich wunderschön der umgebenden Natur anpasst. Nicht umsonst wurde sie zum Weltkulturerbe erhoben. Jedoch in der heutigen Zeit mit der immer mehr um sich greifenden Globalisierung, hat sich die Semmeringbahn insbesondere im Güterverkehr selbst überholt. Denn aufgrund der heutigen Abmaße, höheren Achsanzahl und Achslast der Waggons sowie der erforderlichen höheren Gesamttonnage der zu führenden Güterzüge ist ein zweigleisiger Betrieb, wegen der engen Viadukt – und Tunnelmaße sowie der engen Kurvenradien und großer Steigung/ Gefälle (28‰), wirtschaftlich nicht durchführbar. Im Gegenteil, die Semmering-Bergstrecke wird aus oben erwähnten Gründen als Eingleis-Betrieb geführt und bildet somit einen Flaschenhals, da abwechselnd jeweils der zweite Schienenstrang laufend aufgrund des Verschleißes, saniert bzw. repariert werden muss. Dies verursacht einerseits jährlich extrem hohe Sanierungskosten in Millionenhöhe und führt andererseits zu gewaltigen Geschäftseinbußen (Verluste, da bis dato keine rollende Landstrasse und Großcontainerverkehr möglich ist) mit steigender Tendenz wiederum in Millionenhöhe. Ferner existiert seit den 80iger Jahren ein zwischenstaatliches Abkommen mit Italien, in dem der Ausbau der Südbahn als Hochleistungsstrecke im Rahmen 3 des TEN Planes (Trans European Network) der EU von Wien über den Semmering–Neumarkter Sattel–Villach nach Tarvis und von Tarvis nach Rom festgeschrieben ist. Italien scheint das Abkommen mit dem Bau der „Pontebbana“, eine nicht leichte durch die Karnischen Alpen geführte Schieneninfrastrukturverbesserung bis Tarvis erfüllt zu haben und wartet nur auf den österreichischen Anschlussabschnitt als Verbindung Richtung Osteuropa bzw. Nordosteuropa. Nun liegt es wohl an Österreich, seinen Teil des Abkommens nach gut 20 Jahren zu erfüllen. Jedoch eine rasche Realisierung des Semmeringbasistunnels ist nur im Zuge einer parallel laufenden generellen, ja notwenigen Modernisierung der Südbahnstrecke (der gesamte Schienen-Unterbau, Ausbau, Begradigungen sowie der elektronischen Logistik und Sicherheit) zu sehen. 4 4. Die „Neue Trasse“ Eine möglichst optimale Trasse, ist schlechthin das Ziel jeder Planung und dient infolgedessen auch der ökonomisch günstigsten Ausführung. Um eine solche Trassierung vornehmen zu können ist einzig und allein als primäres Kriterium eine umfassende Einarbeitung und kritische Auseinandersetzung mit der regionalen Geologie, in diesem Fall mit der „Alpenbildung im Semmeringgebiet“, durchzuführen. Denn die Auswahl bzw. Festlegung einer Trasse setzt eine solide, fachbezogene Kenntnis über das Gebirge, dessen petrographische Zusammensetzung und Abfolge, Schicht- bzw. Deckengrenzen, Tektonik, Störungssysteme usw., sowie dessen Wasserführung voraus. Demnach wurde die Auswahl der „Neuen Trasse“ unter Berücksichtigung folgender nach ihrer Priorität gereihten Kriterien vorgenommen: Geologie und Hydrogeologie Umwelt bzw. bebaute Gebiete Politische Vorgaben sowie die gewachsene Verkehrstruktur Tunnelsicherheit Möglichkeit einer teilweisen Nutzung des vom Bahnhof Mürzzuschlag aus aufgefahrenen Pilotstollens Bei jeder Auffahrung eines Tunnels sind der wirtschaftliche Aspekt und die Beeinflussung der Umwelt von wesentlicher Bedeutung. Daher ist aus bergmännischer Sicht vorzugsweise „Gutes Gebirge“ (Schlankerer Ausbau, hohe Vortriebsleistung – geringere Kosten!) und nach Möglichkeit „kein Wasser“ (Kluftwasser ist nicht vermeidbar, aber bergtechnisch und umweltbezogen vernachlässigbar) erforderlich, denn „Wasser“, das meistens im Verbund mit „Schlechtem Gebirge“ auftritt, beeinträchtigt einerseits den Vortrieb (Aufwändiger Ausbau, Vortriebsleistung sinkt - Kosten steigen!) andererseits kann dadurch auch die Umwelt nachhaltig geschädigt werden. Ferner sollen nach bester Möglichkeit keine bebauten Gebiete gestört werden. Dieser Umstand wird in der Trassierung berücksichtigt. Die verkehrspolitische Vorgabe ist mit der Anbindung der Bahnhöfe Mürzzuschlag und Gloggnitz definiert und somit ist auch die Einbindung der natürlich gewachsenen Verkehrstruktur gegeben. Der Tunnelsicherheit wird Rechnung getragen, indem für die Fluchtsstrecken von der Hauptröhre zur Begleitstrecke ein Querschlagabstand von 750m, statt 1.500m konzipiert wird. Der Pilotstollen vom Bhf. Mürzzuschlag bis zum Wallersbachsgraben (2000m), ist in der Planung der neuen Trasse berücksichtigt. 5 Mit diesen Rahmenbedingungen wurde die „Neue Trasse“ - ausgeführt als Tieftrasse - mit zwei Röhren (Hauptröhre und einer durchgehenden Begleitbzw. Fluchtstrecke mit abgehenden Querschlägen zur Hauptröhre) dieser Arbeit zugrunde gelegt. 4.1. Trassenverlauf der Südvariante (1998) Beginnend bei Bhf. Mürzzuschlag bis zum Wallersbachgraben entspricht der neue Trassenverlauf der HL-AG Planung. Tunnelportal, ca.300m Hauptröhre sowie 2.000m des aufgefahrenen Begleit- bzw. Sondierungsstollen sind in der Trassierung eingebunden. Ab Wallersbachsgraben erfolgt eine Drehung nach SE, die Querung des Fröschnitztales (ca. 2 km SW Spital am Semmering) dann weiter in Richtung E über Höhe Rettenberg – Fröschnitzgraben (etwa Höhe Jagdhaus Peterbauer) zum Dürrgraben (Kote 1200m), danach mit leichter Drehung nach ENE unter Alpkogel Richtung Kummerbauerstadl, ab dort in Richtung NE auf Höhe Weissenbach. Nach Unterfahrung des Auebachtals (seichteste Stelle des Tunnels –lt. geologischem Profil 20 bis 25 m unter der Tagesoberfläche - bis Kote 480 m, dann nach E drehend über die Schwarza in offener Bauweise zum Bhf. Gloggnitz (Abb.1). Diese Streckenführung ergibt laut Plan folgende technische Daten: Höhendifferenz: Angaben nach digitalem Höhenmodell (25-m-Grid) Bhf.Mürzzuschlag: Bhf. Gloggnitz: Differenz: 669 m 442 m 227 m Durchschnittliche Steigung/Gefälle: 10‰ Gesamtlänge (laut Plan): 22.680 m Haupttunnel: 22.270 m Offene Bauweise: 410 m Begleit- Fluchtstrecke: 20.270 m 2000 m können vom aufgefahrenen Pilotstollen (4.100 m) verwendet werden Querschläge: 560 m 6 Abb.1 Lageplan Südvariante 1…Fröschnitztal (Einbindung im Wallersbachgraben) 2…Fröschnitzgraben (Höhe Jagdhaus Peterbauer) 3…Otterstörung 4…Maria Schutz Störung 5…Auebachtal (westlich von Weissenbach) 4.2. Trassenverlauf der Südvariante 1a (Feb. 2006) Die projektierte SBT-Planung (Nordvariante) der ehemaligen HL-AG wurde am 8.März 2005 vom Infrastrukturgipfel im Bundeskanzleramt für nicht realisierbar erklärt. Allerdings wurde auch gleichzeitig bei diesem Infrastrukturgipfel der „SBT-Neu“, ein längerer Tunnel mit Flachbahncharakter, dessen Steigung/Gefälle 6‰ betragen soll, beschlossen. Daher wurde zusätzlich zur vorliegenden Südvariante (Bhf. Gloggnitz – Bhf. Mürzzuschlag) ein neuer Trassenvorschlag, der dieser neuen Anforderung entspricht mit Stand Februar 2006 erarbeitet (Abb.2). Die gewählte Trassenführung, verläuft von Gloggnitz ausgehend wie die original konzipierte Südvariante (liegt in der Querung des Auebachtals lt. geologischem Profil etwas tiefer, etwa 30 – 35m unter dem Talboden). Jedoch ab Höhe Rettenberg wird diese in Richtung SWW - SW geführt und quert den Kaltenbachgraben (etwa auf Höhe 860m), Sommeraubachgraben (Höhe 800m), Steinbachgraben (Höhe 860 m), Auersbachgraben (etwa Höhe 860m) und Pretulbachgraben (Höhe 840m). Ab etwa Höhe Königskogel verläuft diese Trasse in einem leichten Bogen in WWN – Richtung nach Krieglach/ Schwöbing (Kote 630m). Von dort wird diese im freien Gelände, beidseitig etwa 200 - 300m unbebaut, mittels einer Brücke über Bundesstrasse, Schnellstrasse 7 und Mürz ca. 3.000m NE vom Bahnhof Krieglach auf Kotenhöhe 626m in den bestehenden Gleisbestand eingebunden. Die Streckenführung für diese vorgeschlagene Südvariante 1a ergibt laut Plan folgende technischen Daten: Höhendifferenz: Angaben nach digitalem Höhenmodell (25-m-Grid) Krieglach/Schwöbing: Bhf. Gloggnitz: Differenz: 630 m 442 m 188 m Durchschnittliche Steigung/Gefälle: Durchschnittliche, Gefälle/Steigung, Brücke: Gesamtlänge (laut Plan): Haupttunnel: Offene Bauweise: Begleit- Fluchtstrecke: Brücke Schwöbing: Querschläge:: 5.9‰ 3.6‰ 33.200 m 31.610 m 490 m 31.610 m 1.100 m 800 m Abb.2 Lageplan der Südvariante 1a 1a Pretulbachgraben 2…Fröschnitzgraben (Höhe Jagdhaus Peterbauer) 3…Otterstörung 4…Maria Schutz Störung 5…Auebachtal (westlich von Weissenbach) 8 4.3. Trassenverlauf der Südvariante 1b Da die relativ hoch stehende Brückenkonstruktion der Südvariante 1a das gegebene Landschaftsbild potentiell beeinträchtigt, ist alternativ hierzu die Südvariante 1b zu sehen. Der Trasse des Tunnels dieser Variante entspricht ausgehend vom Bhf. Gloggnitz bis Kote 630m (Krieglach/Schwöbing) der Südvariante 1a, wird jedoch nicht über eine Brückenkonstruktion in den Gleisbestand bei Kote 626m eingebunden, sondern unterfährt sowohl die Bundesstrasse und die Autoschnellstrasse, als auch in einem WNW geführten Bogen die Mürz sowie den Bahndamm bei Kote 626m (Tunnelsohletiefste ca. 608m), und wird danach nördlich, parallel zu diesem mit einer Steigung/Gefälle von 5‰ bis zur Einbindung in den Gleisbestand ca. 1.500m östlich von Bhf. Krieglach geführt. Aufgrund dieser Trassenführung steigt die Tunnellänge um ca.1.300m auf 34.500m. Bei leicht gestiegener Tieflage, weist der Tunnel einen flacheren Verlauf mit einer geringeren Steigung/Gefälle als gefordert, auf. Die Streckenführung für diese vorgeschlagene Südvariante 1b ergibt laut Plan folgende technischen Daten: Bhf. Krieglach/Einbindung: Bhf. Gloggnitz: Differenz: 615 m 442 m 173 m 5.0‰ 34.500 m 34.010 m 490 m 34.010 m 860 m Durchschnittliche Steigung/Gefälle: Gesamtlänge (laut Plan): Haupttunnel: Offene Bauweise: Begleit- Fluchtstrecke: Querschläge:: 9 5. Geologie und Tektonik Die Geologie des Gebiets der Südvariante bezieht sich im weiteren Sinne auf das Semmering-/Wechselsystem, das etwa an der Linie Anger - Stanz -W Kindberg - W Mürztal –W Kapellen –SW Prein aus dem Fensterrahmen des mittelostalpinen Kristallins aufsteigt. Dessen Nordgrenze Richtung Gloggnitz wird zum Teil durch die Tattermannschichten (Permotrias des mittelostalpinen Kristallins), zum Teil durch die Grauwacke gebildet. Im engeren Sinne betrifft es jedoch den NW - bzw. N-Teil der Stuhleck – Kirchberg – Decke und der Wechsel – Decke (Semmeringfenster). Die Stuhleck – Kirchberg – Decke taucht etwa im W bzw. NW auf Höhe Kindberg – Mürztal – Fröschnitztal unter der Mürztal - Tachenberg – Decke auf, keilt im W des Fröschnitzgrabens steil stehend und im NW bzw. N südöstlich der Semmering Passhöhe mit zwei zungenförmigen Antiklinalen über die Wechselkulmination gegen Osten hin aus, zwischen denen sich das mächtige Permomesozoikum der Sonnwendsteinmulde mit ihrer äußerst komplizierten Bauform einschaltet. Die Trennlinie im Norden zur Mürztal – Tachenberg - Decke wird durch die Göstritzmulde - Antiklinale gebildet. Die Stuhleck – Kirchberg – Decke erscheint wiederum etwa auf Höhe W von Kranichberg – Kirchberg – Aspang und setzt sich ostwärts in Richtung Rosalien - und Leithagebirge (Bgld.) fort. Stratigraphisch werden das Semmeringsystem und das Wechselsystem dem Unterostalpin zugeordnet, wobei das Wechselsystem als das ältere eingestuft wird. Die Grauwackezone wird dem Oberostalpin zugerechnet. 5.1. Das Semmeringsystem Das Semmeringsystem setzt sich aus drei Decken zusammen (Pahr 1980). Im Aufbau liegt als unterstes im Schichtpaket die Kirchberg – Stuhleck – Decke, darüber folgt die Mürztal – Tachenberg - Decke und darüber die Rosskogler – Decke, die westlich von Kapellen zum Tragen kommt, also für eine nähere Betrachtung nicht mehr zu berücksichtigen ist. Als der ältere Gesteinsverband des Semmeringsystems ist die Altkristallinserie (Hollerbergserie) des Grobgneises aufzufassen. Das unterostalpine Altkristallin der Hollerbergserie besteht besonders im nördlichen Abschnitt (dem zu betrachtenden Gebiet) meist aus quarzreichem und mitunter einförmigem phyllitischen Glimmerschiefer. Der Grobgneis war im Karbon in diese Altkristallinserie als Granit intrudiert worden und steckt in Form alpidisch gestalteter Faltendeckenkerne in dieser Hüllserie in verschiedenen Abschnitten der Stuhleck - Kirchbergdecke. 10 Eine radiometrische Datierung des Grobgneises mit der Rb/Sr-Methode durch H. Wieseneder & S. Scharbert (1977) ergibt ein Gesamtgesteinsalter von etwa 350 Mio Jahren (Basis des Karbon, variszische Gebirgsbildungsphase). Auf diese variszisch geprägte Grobgneisserie folgt die transgredierte Permotrias in zentralalpiner Fazies und setzt sich folgendermaßen zusammen: An der Basis liegt eine basale Folge von Porphyroiden, metamorphen Andesiten, Brekzien, Arkosenschiefern, Serizitschiefern und Phengitschiefern (Alpiner Verrucano bzw. so genannte ABP-Serie nach P. Faupl ), die dem Perm zugerechnet wird. Auf diese Serie folgen Meta-Quarzkonglomerate, Meta-Arkosen und zuoberst Meta-Quarzite mit rosa Quarzgeröllen in zum Teil bankiger, zum Teil stark mylonitisierter Form (Semmeringquarzit). Abgeschlossen wird dieser permoskythische Komplex manchmal noch durch ein schmales Band von grauen Tonschiefern (Rötschiefer). Die karbonatische Trias umfasst Rauhwacken, Kalke, Kalkmarmore und Dolomite des Anis und Wettersteindolomite des Ladin. Im Karn erscheinen schwarze Tonschiefer mit Gips – und Anhydritlagen. Gefolgt werden diese von bunten (rotvioletten, grauen, grünen) Serizitschiefern, die dem Nor zugehören. Abgeschlossen wird diese permotriadische Abfolge mit Rhätkalken. Im Gegensatz zur Mürztal-Tachenberg-Decke, wo diese Permotrias wie oben beschrieben vertreten ist, fehlen bei der Stuhleck-Kirchberg-Decke und der Wechseldecke aus tektonischen Gründen die Schichtglieder Karn, Nor und Rhät. Die karbonatische Trias ist hier nur bis Mitteltrias (Ladin = Wettersteindolomit) präsent. Durch alpidische Metamorphose (Stufe der Grünschieferfazies) erfolgte kräftige Diaphtorese im Altkristallin. Die Granate der Glimmerschiefer wurden zum Teil chloritisiert, der phyllitische Charakter geht auf Umprägung unter Kornverkleinerung zurück. Des Weiteren erfolgte die Umformung der variszischen Granite zu Grob-Gneisen, die unter zum Teil rückschreitender Metamorphose zur Neubildung von Albit, Chlorit, Muskowit etc. führten. Das altalpidische Alter (Oberkreide) dieses Vorganges wurde durch K/Ar Datierung an Glimmern des Grobgneises durch H.Wieseneder & S.Scharbert, 1977 erwiesen. 5.2. Das Wechselsystem.(Wechsel-Decke) Die Wechselserie ist das tektonisch Tiefste des betrachteten Gebietes; sie taucht mit ihrem stark reduzierten Permomesozoikum im W (Fröschnitzgraben mit steilgestellter Grenzfläche), NW (zwischen Fröschnitz – und Göstritzgraben) und N (Ottergebiet) unter die Grobgneisserie ab. Die Grenze ist durch permomesozoische Schichten charakterisiert. 11 Im Gebiet von Trattenbach (NÖ) bis Fröschnitz (Stmk), SE bzw. SW des Semmeringpasses (N bzw. NW Teil der Wechsel-Decke), konnten die Gesteine der Wechseleinheit nach P. Faupl (1970) in folgende Serien gegliedert werden: Permomesozoikum Serie der Hangenden Wechselschiefer Serie der Liegenden Wechselschiefer und Serie der Wechselgneise. Permomesozoikum Unter dem Mesozoikum, das wie im benachbarten Semmeringsystem aus karbonatischer Trias (ab Ladin abwärts metamorphe Kalke und Dolomite, Rauhwacken) und Semmeringquarzit (bestehend aus Meta-Quarziten, MetaArkosen und Metaquarz-Konglomeraten mit durchwegs bankigem, mitunter auch opakem Habitus) liegt die Arkosenschiefer-Breccien-Porphyroid-Serie (ABP-Serie). Diese führt auch metamorphe Abkömmlinge von sauren Vulkaniten. Typisches Mineral der ABP-Serie ist der Phengit, ein charakteristisches Produkt niedrig temperierter Metamorphose bei hohem Druck. Die ABP-Serie liegt transgressiv auf den Hangenden Wechselschiefern. Serie der Hangenden Wechselschiefer Die Serie der Hangenden Wechselschiefer setzt sich hauptsächlich aus epizonal-metamorphen schiefrigen Gesteine wie Grauwackenphylliten, Epidotchloritquarzphylliten, Epidotserizitquarzchloritschiefern und Graphitschiefern mit basischen tuffogenen Beimengungen zusammen. Charakteristisch für diese Serie ist der Wechsel der Lagen mit der Mineralvergesellschaftung Epidot, Chlorit, feinkörnigen Albit und wenig Serizit und Quarz mit quarzreicheren Lagen, in denen Epidot und Chlorit sehr stark zurücktreten. Ein basaler Graphitphyllit- bzw. Graphitschieferhorizont bildet den Übergang dieses etwa 180m mächtigen Schichtpakets zu der Serie der Liegenden Wechselschiefer. (P. Faupl, 1970) Serie der Liegenden Wechselschiefer Die Serie der Liegenden Wechselschiefer bestehen aus Chlorit-Quarzphylliten und Chlorit-Serizitphylliten. Ein sehr markantes Kennzeichen dieser Serie sind die häufig auftretenden Graphitphyllite und Graphitquarzite. In den tieferen Lagen treten Albitschiefer, Graphitschiefer und Graphitquarzite in der etwa 250 m mächtigen Serie hinzu und bilden eine Übergangzone zur Serie der Wechselgneise. 12 Serie der Wechselgneise In der Serie der Wechselgneise, deren Hauptgemengsteile Albit, Quarz, Muskowit und Chlorit sind, entstanden je nach Mengenverhältnis Albitchloritphyllite, Albit-chloritquarzphyllite, Albitquarzphyllite, Serizitchloritalbitgneise, Chloritalbitgneise, Albitgneise und Chlorit-Quarzschiefer. Eingelagert treten auch basische Eruptiva in Form von Grünschiefer auf. Besonders charakteristisch für die Wechselgneise sind durch die intensive Chloritführung bedingte grüne Farbe und der hohe Gehalt an Albitblasten. Zusammenfassend stellt P. Faupl fest, dass im untersuchten Bereich die Gesteine eine Metamorphose im Stabilitätsbereich der Grünschieferfazies besitzen, wobei jedoch, zum Unterschied gegenüber der Grobgneisserie, keine Anhaltspunkte für regressive sondern Merkmale für eine progressive Metamorphose bestehen. Die Kristallisationintensität der Gesteine der Wechselserie insbesondere im NW- und N - Teil des Gebietes nimmt vom Hangenden gegen das Liegende zu, ohne jedoch die Bedingungen der nächst höher temparierten Subfacies zu erreichen. Gesteinsuntersuchungen verschiedener Proben der Liegenden Wechselschiefer und Wechselgneis aus dem von P. Faupl untersuchtem Gebiet mit durchschnittlicher Zusammensetzung im Bereich von etwa 40%-50%Quarz, 2030% Feldspat ( Albit-Anorthit ), bis zu 25% Glimmer ( Muskovit ), mit 8%-17% Anteil Chlorit, 2%-10% Erz- und Akz.-Anteile ( 2%-4% Epidot) lassen auf einen kompakten Gesteinsverband im eher basischen Milieu bis in das Liegende der Hangenden Wechselschiefer schließen. 5.3. Die Grauwackenzone Nach der Querung des Auebachtales (Neue Trasse) taucht das SemmeringWechselsystem unter der Grauwackenzone ab. Die Grauwackenzone (Oberostalpin) setzt sich in diesem Bereich aus zwei Decken zusammen, der Veitscher Decke und die Norischen Decke, wobei die stratigraphisch ältere Decke über der stratigraphisch jüngeren Decke zu liegen kommt. Die Veitscher-Decke wird in diesem Abschnitt durch einen Karbon-SchieferDolomit repräsentiert, der zum Teil vererzt (Magnesit) ist; gefolgt wird dieser von einem der Norischen Decke zuzuordnenden Blasseneckporphyroid und Meta-Arenit (der Silberberg-Serie zugehörig) in dem jedoch Riebeckitgneis aufsteigt. 13 5.4. Lagerungsverhältnisse Die Lagerungsverhältnisse gestalten sich nicht einfach, die Entstehung der heutige Lage kann man sich aber im Zuge der Alpenbildung folgendermaßen vereinfacht vorstellen: Der Alpennordstamm stellt vom Typus ein Falten- und Deckengebirge mit vorherrschend tektonischen Einengungsformen (alpinotype Gebirge) dar. Im Gegensatz zum Block – bzw. Bruchfaltengebirge mit vorherrschend tektonischen Ausweitungsformen bzw. mit vergesellschafteter Ausweitungsund Einengungsformen wie sie im deutschen Variszikum vorliegen (germanotypes Gebirge). Die Bildung der Ostalpen, die zum Teil den penninischen und zum Teil den ostalpinen Faziesraum betreffen, begann etwa ab der Trias bis Kreide/Tertiär mit einer Senkungsbewegung (Trogbildung, Teil der Thetys-Geosynklinale) südlich des versteiften Variszikums. In der Zeit von etwa Oberjura bis Jungtertiär wurde der Raum der Geosynklinale und seine Beckenfüllung aus Flachwassersedimenten eingeengt und verformt. Es kommt in episodischen Schritten zur eigentlichen Gebirgsbildung (Orogenese), wobei der interne Baustil des Gebirges angelegt und gestaltet wird, ohne dass es zu einer entscheidenden Reliefbildung kommt. Verschiedene geosynklinale und orogene Vorgänge können gleichzeitig ablaufen. Falten werden gebildet und die Überschiebung der Decken beginnt. Unter diesen Bedingungen wurden die einzelnen Faziesdecken gefaltet, überkippt und als liegende Faltendecke entwickelt, in deren Schenkel bzw. Verkehrtschenkel deren überlagerndes Permotrias jeweils in Muldenbau mit aufrechter bzw. verkehrt liegender Schichtabfolge vorliegt. In der Folge oder gleichzeitig wurden die Decken überschoben, so dass sich folgendes Deckenpaket ergibt: Als Unterstes die Wechseldecke (darunter überschoben Penninikum?), darüber das Semmeringsystem mit der Abfolge Stuhleck-Kirchberg-Decke, MürztalTachenberg-Decke und Roßkoglerdecke (im Westen, für das untersuchte Gebiet nicht mehr in Betracht zu ziehen). In einem späteren Stadium verlagerte sich die Trogbildung und die Sedimentation nach außen. Es entstehen Randgeosynklinalen (Flysch) und Vortiefen (Molasse), die jeweils etwa 40 Millionen Jahre zur Bildung benötigten. Als Abschluss der Gebirgsbildung erfährt der orogene Raum Hebungen. In diesem Fall wohl auch im Zusammenhang mit dem Aufsteigen der Wechselkuppel. Dadurch liegt in der Engstelle des heutigen Semmeringpasses bis nach Schottwien, unter seitlichem Auspressen der Faltendeckenkerne des Semmeringsystems, deren Permotrias mit ihrem komplizierten Muldenbau 14 (Sonnwendstein -, Göstritz - und Probstmulde) getrennt jeweils durch FaltenSchuppenpakete der Mürztal-Tachenberg-Decke als zusammen gestaute, bizarr verformte Gesteinssedimentmasse vor. 5.5. Tektonik Wie aus der Beschreibung des Gesteinsverbandes des Semmering /Wechselsystems zu ersehen ist, können im Semmering/Wechselsystem drei orogene Beanspruchungsphasen (Gebirgsbildungsphasen) während des Alpenbaus unterschieden werden. Eine prävariszische mit einer Bruchtektonik (Störungslinienverlauf) ausgerichtet in etwa E-W Richtung, eine präalpide (Oberkreide), deren Bruchtektonik (Störungslinienverlauf) in etwa N-S Richtung verläuft und ein jungtektonisches Bruchstörungssystem (wahrscheinlich Alttertiär im Zusammenhang mit dem Aufsteigen der Wechselkuppel) ohne geregelte Richtung. Charakteristisch für alle drei Beanspruchungsphasen ist, dass sie zu Vererzungen geführt haben. Diese reichen von pneumatolitischen, heißhydrothermalen sulfidischen (As-kies-goldführend-, Cu-kies und Fahlerze, Pyrit, Magnetkies, Bleiglanz und Zinkblende) über normal hydrothermale bis nieder hydrothermale karbontische (Siderit, Fe-Spat, Ankerit etc.) sowie oxydische (Hämatit, Magnetit etc.) Lagerstätten bis hin zu Oxidations- und Zementationszonenbildungen (Limonit, Brauner Glaskopf, Hydrozinkit, etc.). Weiters interessant erscheinen die jeweils vorgehenden bzw. nachfolgenden Barytführungen dieser Vererzungsphasen (W. Tufar, 1963), welche auf subbzw. postvulkanische Tätigkeiten während dieser Beanspruchungsphasen hinweisen, wobei wohl der letztere Vulkanismus bzw. Postvulkanismus für das heute vorliegende Gebirge wesentlich erscheint. Dieser Umstand lässt darauf schließen, dass die in jeder dieser drei Beanspruchungsphasen mobilisierte Lösungen einerseits zu Lagerstättenbildungen andererseits auch zur Verfestigung und Gesteinsumwandlung des anstehenden wie auch des umliegenden Gebirges geführt haben (z.B. Glimmerschiefer mit Zunahme des Feldspatgehalts zu Paragneis; fester, bankiger, opaker Semmeringquarzit – wahrscheinlich durch mobilisierter Kieselsäure - im Gegensatz zur Mürztal-Tachenberg-Decke, wo der Semmeringquarzit stark zerbrochen bis mylonitisiert vorliegt). Weiters kann man daraus schließen, dass im betrachteten Gebiet eine eher kompakte Tektonik sprich Drucktektonik vorliegt und in den Störungsbereichen der neuen Trassierung keine mylonitisierten Zonen sondern wahrscheinlich (bergtechnisch und hydrogeologisch günstigere) glatte Störungsbrüche mit eventuellen Harnischflächen zu erwarten sind. 15 5.6. Geologische Geländebegehung und Resümee Die Erarbeitung der Geologie erfolgte anhand des Studiums der im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen sowie der Bergbauberichte der ehemaligen umgehenden Bergbaue im N - bzw. NW –Teil der KirchbergStuhleck-Decke und Wechsel-Decke und wurde mit vier Geländebegehungen im Untersuchungsgebiet auf Trassenhöhe, insbesondere im Fröschnitzgraben und Göstritzgraben, abgeschlossen. Der wesentliche Zweck dieser Begehungen war, neben der Beobachtung (Beurteilung/Einstufung) der Landschaftsformen und der durch Erosion abgetragenen Gesteinsstücke in den Sedimenten der aus dem Untersuchungsgebiet abgehenden Bäche, die Verifizierung der in den Bergbauberichten und in der Geologie beschriebenen Gesteinsarten an Ausbissen. Von besonderem Interesse waren der vorliegende Semmeringquarzit, Glimmerschiefer, Hangenderund Liegender Wechselschiefer. Die vorliegenden Gesteinsproben scheinen durchaus die beschriebenen tektonischen Vorgänge während der sehr komplexen Alpenbildung im Semmeringgebiet zu bestätigen. Insbesondere die den Gebirgsbildungsphasen vorwiegend im nördlichen und nordwestlichen Teil der Kirchberg-StuhleckDecke und Wechsel-Decke begleitenden Vulkanismen bzw. Postvulkanismen haben wahrscheinlich durch Temperatur, Druck und mobilisierten Lösungen auch zu Gesteinsumformungen (Kap. 5.5) im Untersuchungsgebiet der neuen Trassierung geführt. Fährt man über den Semmeringpass in Richtung Mürzzuschlag, kann man ferner allein schon anhand der Landschaftstopographie erkennen, wie ruhig und kompakt das Gebirge südlich der Passhöhe dahin fließt, während das Gebirge nördlich davon eher einen unruhigen, schroffen und zerissenen Eindruck hinterlässt. Dadurch kann man auch allein aus dem Landschaftsbild schließen, dass dem Süden eher eine Drucktektonik und dem Norden eher eine Zerrtektonik zuzuordnen ist. 5.7. Geologisches Längsprofil Nach Karten M: 1:10.000 wurde auch ein strukturgeologisches Profil entlang der Trassenführung erstellt, was natürlich mit Schwierigkeiten verbunden war, da sich in manchen Bereichen aus den geologischen Schichtlinien keine Durchstoßpunkte konstruieren ließen. Diese Bereiche sind im Profil daher mit einem Fragezeichen versehen. Weitere mögliche Fehlerquellen können einerseits durch die Karte selbst, die darin eingezeichneten Fallzeichen und Störungen (bzw. deren Fehlen), andererseits durch die Tatsache, dass vorwiegend nur krumme Flächen für die Konstruktion zur Verfügung stehen, entstehen. Dadurch ergeben sich keine oder mitunter sehr schleifende Schnitte, die zu entsprechenden Verzerrungen 16 im Profil führen können, aber dennoch einen Eindruck der geologischen Verhältnisse auf Höhe der geplanten Tunnelsohle vermitteln. 5.7.1 Geologisches Längsprofil der Südvariante Das Gebirge, welches auf Höhe der Trassenführung von Mürzzuschlag in Richtung nach Gloggnitz zu durchörtern ist (Abb. 1), betrifft zum Teil die Mürztal – Tachenberg – Decke (bis Wallersbachgraben), die Gneis-Serien der Stuhleck - Kirchberg – Decke, die Wechselschiefer bzw. den Wechselgneis der Wechsel – Decke und die Grauwacke und ihren vier bzw. fünf markanten Übergangsbereichen. Der erste Übergangsbereich befindet sich an der Störung im Fröschnitztal etwa 2km SW Spital am Semmering, wo der Augengneis unter den quarzitischen Phyllit der Mürztal – Tachenberg – Decke abtaucht. Bis zur Störung im Fröschnitzgraben, dem zweiten Übergangsbereich, werden auf einer Länge von etwa 7.500m Grobgneis, Augengneis, Glimmerschiefer/ Paragneis und Mikroklingneis zu durchfahren bzw. zu erwarten sein. Ab der Störung im Fröschnitzgraben (die Stuhleck-Kirchberg-Decke beißt über die steilstehenden Wechselserien aus (Ob ein permomesozoischer Span noch das Tunnelniveau erreicht ist nicht sicher, aber eher unwahrscheinlich anhand zweier weiter südlicher verlaufende Profile nach P. Faupl im Longsgraben und Kote 1363 an der Strasse Richtung Pfaffensattel), werden in einem Übergangsbereich von etwa 200-300 m zuerst die Hangenden?- und/oder Liegenden Wechselschiefer und in der Folge bis zur Otter - bzw. Maria Schutzstörung Wechselgneis durchörtert. An der Otter-Störung (3. Übergangsbereich), hier taucht das Wechselsystem mitsamt seinem stark ausgedünnten Permomesozoikum mit einer seitlichen Abscherung Richtung Osten (Steinerne Brücke, Großer Otter) unter das Semmeringsystem (Stuhleck–Kirchberg-Decke) ab und die Tunnelsohle (siehe Profil) verlässt den Wechselgneis und beginnt die Liegenden - und in Folge die Hangenden Wechselschiefer? zu durchörtern. Nach der Maria-Schutz-Störung (4. Übergangsbereich ) liegt die Sachlage etwas komplizierter, weil ab hier das Jüngere der Mürztal-Tachenberg-Decke ( Phorphyroid ) unter der Älterem (Glimmerschiefer/Paragneis) zu liegen kommt und entsprechende Teufenangaben der Schichtabfolgen fehlen. Hier werden wahrscheinlich anfänglich die mächtigen Porphyroidlagen (Länge m?) und infolge bis zur Deckengrenze im Auebachtal Glimmerschiefer/Paragneis (Länge m?) zu erwarten sein. Der fünfte Übergangsbereich zur Grauwacke weist in seiner Abfolge vererzten Karbonschieferdolomit, Blasseneckporphyroid und Meta-Arenit auf, indem jedoch der Riebeckitgneis aufsteigt. Dies kann zusätzlich als Hinweis für basale Vorgänge interpretiert werden und lässt auf „gutmütiges bzw. hartes“ Gebirge schließen. 17 5.7.2 Geologisches Längsprofil Südvariante 1a Beginnend bei Krieglach - Schwöbing (Kote 630m) in Richtung Gloggnitz wird bei einer Durchörterung laut strukturgeologischem Profil auf Höhe Tunnelsohle der Trassenführung folgendes Gebirge zu erwarten sein (Abb. 2): Ab Kote 630m werden bis etwa Höhe Pretulbach Glimmerschiefer (quarzitischer Phyllit) mit Einlagen von Semmeringquarzit, Kalkmarmor und Ladindolomit zu durchörtern sein. Diese Schichtabfolge ist auch mit Störungen durchsetzt und dürfte der Mürztal-Tachenberg-Decke zuzuordnen sein, die wahrscheinlich durch das Aufsteigen der Stuhleck-Kirchberg-Decke im Zusammenhang mit der Hebung des Wechselsystems seitlich in Richtung Mürztal abgeschoben worden ist. In diesem Abschnitt wird auch Wasserführung zu erwarten sein, da diese Abfolge größtenteils aus Triaskalken besteht. Ab Höhe Pretulbach (Höhe 840m) werden dann die verschiedenen Gneisarten, wie Grobgneismylonit? bzw. Grobgneis, gneisiger Glimmerschiefer (Paragneis), Mikroklingneis bis Höhe Rettenberg zu durchörtern sein. Wasserführung ist im Gneis nicht möglich, außer bergtechnisch und hydrologisch vernachlässigbarem Kluftwasser! Ab Höhe Rettenberg wird diese Variante in die 1998 gewählte Trassenführung (Südvariante) eingebunden und zeigt bis Kote 480m vor Gloggnitz die gleiche zu erwartende geologische Abfolge, liegt aber durch das flachere Gefälle (5.9‰) etwas tiefer. 5.7.3 Geologisches Längsprofil Südvariante 1b Ab ca. 1.500m östlich vom Bhf. Krieglach (Einbindung in den Gleisbestand) bewegt sich der Tunnel 2.400m in den Alluvionen des Mürztales im Grundwasserbereich und unterfährt die Autoschnellstrasse und die Bundesstrasse bei etwa Kote 630m. Ab Kote 630m (Krieglach/Schwöbing) bis Bhf. Gloggnitz entspricht das geologische Profil dieser Variante dem der Südvariante 1a. 5.8. Gebirgsgüteklassenvergleich (GGKL – Vergleich) Auf Grund des strukturgeologischen Profils wurde versucht nach praktischen Erfahrungswerten eine Prognose der zu erwartenden Gebirgsgüteklassen nach dem siebenteiligen Klassifizierungsschema Lauffers (12.6) mit der Bewertungsskala GGKL 1 (= standfestes Gebirge) – GGKL 6.2 (= fließendes Gebirge), das als Grundlage der Gebirgsgüteklasseneinteilung für die Bauweise nach NÖT in der ÖNMORM B2203 festgehalten ist, vorzunehmen. Auch für die Nordvariante wurde eine Gebirgsgüteklassifizierung unter den gleichen Voraussetzungen anhand eines vorliegenden geologischen Profils (1998 von der HL-AG zur Verfügung gestellt) für diesen Vergleich durchgeführt. Im Zweifelsfall wurde für die Südvariante die ungünstigere, für die Nordvariante die günstigere Gebirgsgüteklasse angenommen. 18 Ferner wurde in diesem Gebirgsgüteklassenvergleich beider Varianten aufgrund fehlender geologischer Parameter des Gebirges, wie Klüftigkeit bzw. Kluftsysteme etc., die GGKL 1 bis GGKL 3 in einer Spalte zusammengefasst dargestellt (Abb.3). GGKL-Vergleich Nordvariante - Südvariante [m ] [%] 100 Ko stensenkende Fakto ren 20000 Ko stentreibende Fakto ren 80 70,3 15000 60 Nordvariante Südvariante 10000 40 33,6 22,5 5000 17,0 10,0 20 15,3 11,3 5,8 2,0 2,7 5,0 0,0 2,4 2,2 0 0 1- 3 4 5 6.1 6.2 o ff. B auweise Off.Strecke GGKL = Gebirgsgüteklasse Abb. 3: Gebirgsgüteklassenvergleich Nordvariante - Südvariante In Abb.3 sind die Gebirgsgüteklassenverteilungen der ursprünglich 1998 konzipierten Südvariante (Bhf. Gloggnitz – Bhf. Mürzzuschlag; Steigung/Gefälle 10‰) und die der damaligen Nordvariante (Bhf. Gloggnitz – Bhf. Mürzzuschlag; Steigung/Gefälle 9,7 – 11,3‰), die 2005 offiziell verworfen wurde, einander gegenüber gestellt. Aus diesem Diagramm ist deutlich zu erkennen, dass mit der vorgenommenen Trassierung der Südvariante im nordwestlichen Teil der Stuhleck–KichbergDecke und Wechsel-Decke weitaus günstigere Gesteinsarten im Gebirgsverband eingebunden sind als dies bei der Nordvariante mit ihren sich immer wiederholenden kleinräumigen Wechsellagerungen der Gesteinsabfolge der Fall ist. Der Anteil von etwa 70% an GGKL 1-GGKL 3 setzt sich zum Großteil aus verschiedenen Gneisarten der Stuhleck-Kirchberg-Decke, wie Augen-, Mikroklin-, und Paragneis, usw… sowie dem Wechselgneis zusammen. Der Anteil des Aniskalks (Mürztal-Tachenberg-Decke), der als GGKL 3 eingestuft wurde beträgt 3,17% bzw. weist eine Länge von etwa 720m beginnend beim Tunnelportal Bhf. Mürzzuschlag auf. 19 Ferner zeigt dieses Diagramm, dass der Anteil an „standfestem Gebirge“ (GGKL 1-GGKL 3) einschließlich der GGKL 4 („gebräches oder leicht druckhaftes Gebirge“) etwa 87 Prozent beträgt; umgelegt auf die Gesamtlänge des Tunnels von 22.680m entspricht dies einer Länge von etwa 19.500m. Nach den Kriterien der NÖT erlauben diese Gebirgsgüteklassen einen „schlankeren Ausbau“ und infolge dessen als auch aufgrund der Standfestigkeit des Gebirges erhöht sich die Vortriebsgeschwindigkeit. Da der Ausbau die kostenintensivste Kostenart im Untertagebau darstellt, sind diese Gebirgsgüteklassen daher als „Kostensenkende Faktoren“ in Bezug auf die Gesamtkosten und die Bauzeit anzusehen. Hingegen beträgt bei der Nordvariante der Anteil an GGKL 1-GGKL 3 etwa 10%, wobei diese hauptsächlich aus Kalke und Dolomite des Anis bestehen. Der Anteil an GGKL 4 beträgt ebenfalls nur rund 11%. Der Großteil, rund 60 Prozent bzw. etwa 14.000m, der Trassierung der Nordvariante bewegt sich in den Klassen GGKL 5–GGKL 6.2, das heißt im Bereich von „stark gebrächen - oder/und sehr druckhaften bis fließenden Gebirge“. Nach den Kriterien der NÖT erfordern diese Gebirgsgüteklassen einen „stark dimensionierten Ausbau“ und infolge dessen als auch wegen der geringen Standfestigkeit des Gebirges sowie deren rasch folgenden Wechsellagerungen sinkt auch die Vortriebsgeschwindigkeit dramatisch. Daher sind diese Gebirgsgüteklassen als „Kostentreibende Faktoren“ in Bezug auf die Gesamtkosten und die Bauzeit anzusehen. GGKL-Vergleich Südvariante 1a - Südvariante 1b [%] [m ] 100 Ko stensenkende Fakto ren 30000 76,6 Ko stentreibende Fakto ren 73,7 80 25000 60 20000 Südvariante 1a Südvariante 1b 15000 40 10000 20 5000 7,9 7,6 4,0 3,9 1,7 1,7 4,9 4,8 7,0 3,3 1,5 1,4 0 0 1- 3 4 5 6.1 6.2 Brücke bzw. off.Bauweise GGKL = Gebirgsgüteklasse Abb. 4: Gebirgsgüteklassenvergleich Südvariante 1a und Südvariante 1b 20 Off.Strecke Abbildung 4 zeigt den Vergleich der alternativen Südvarianten 1a und1b, die im Februar 2006 kartentechnisch erfasst wurden und der Vorgabe des Infrastrukturgipfels vom 8. März 2005 – „SBT-Neu“ mit Flachbahncharaktereiner Steigung/Gefälle von 6‰ – entsprechen. Dieser Vergleich zeigt, dass die Gesteinsarten im vorliegenden Gebirgsverband nach ihrer Zuordnung in Gebirgsgüteklassen durchwegs als „Kostensenkende Faktoren“ in Bezug auf die Gesamtkosten und die Bauzeit einzustufen sind. Nachteilig für beide Varianten ist die Durchörterung der Mürztal-TachenbergDecke ab etwa Höhe Pretulbach bis Kote 630m (Länge ca.5.500m davon ca. 4.500m Kalk & Dolomit), da hier vor allem Wasserzulauf und auf einer Länge von ca.1.000m „schlechtes Gebirge“ zu erwarten ist (siehe Ganzsteintunnel). Ein weiterer Nachteil der Südvariante 1a ist durch die hoch stehende Brückenkonstruktion für die Einbindung in den Gleisbestand gegeben, eine kostengünstige Lösung, die aber das Landschaftsbild nicht unbedingt verschönert. Bei der Südvariante 1b erscheint die Auffahrung in den Talalluvionen im Grundwasserbereich (2.400m) als nachteilig. Jedoch für die Ausführung dieses Abschnitts ist eine für Österreich „Neue Methode“ mit umweltschonender und kostengünstiger Auswirkung vorgesehen. 21 6. Kosten Im Rahmen dieser Vorstudie wurde für die aufgrund der geologischen Verhältnisse erarbeiteten Trassierungsvarianten auch eine Kostenbetrachtung durchgeführt. Die Kostenstruktur dieses Projekts setzt sich zusammen aus den Kosten der Auffahrung (Auftragnehmer I), den Kosten der Vorbereitung und Organisation (Auftraggeber) und den Kosten des Schienen – und Schieneninfrastruktureinbaus (Aufragnehmer II). 6.1. Kosten der Auffahrung (Auftragnehmer I) Basierend auf der gewählten Trassenführung der Südvariante (Bhf. Mürzzuschlag - Bhf. Gloggnitz, 10‰) wurde eine Kostenrechnung nach NÖT, (nachgiebiger Ausbau), in der alle anfallenden Kostenarten inklusive Mannschaftsquartiere und Overhead erfasst wurden, auftragnehmerseitig durchgeführt (Kostenbasis 1999-2000). Die einzelnen Kostenarten wurden zunächst auf Tageskosten rückgerechnet. Für die Berechnung der Material – und Stoffkosten des Ausbaus wurde eine durchschnittliche GGKL 3 mit prozentueller Abstufung für GGKL 5, GGKL 6.1 und GGKL 6.2 gewählt. In weiterer Folge wurden diese ermittelten Tageskosten, nicht nach der zu erwartenden Gebirgsgüteklassen (Abb. 3 und 4), sondern über vier individuell angenommene mögliche Tagesleistungen (12,0m, 10,0m, 7,5m, 5,0m) auf Meterkosten umgelegt und daraus das arithmetische Mittel gebildet. Die so über die vier individuellen Tagesleistungen gemittelten Meterkosten betragen rd. 12.800 €/m (rd. 177.000 ATS/m). Das ergibt in Summe für die Ausführung des SBT`s (Hauptröhre, Begleitstrecke inklusive Querschläge - Fluchtwege im Abstand von 750 m- zur Hauptröhre) eine Bausumme von rd. 390 Mio € (rd. 5,4 Mrd ATS). Einschließlich eines Aufschlags von 15 Prozent als Wertberichtigung der Kostenrechnung (Stand 1999/2000) beträgt die Bausumme für die Auffahrung rd. 450 Mio € (rd. 6,2 Mrd ATS). Die zusätzlich gewählten möglichen Alternativen (Südvariante 1a+ 1b), die der Anforderung des Infrastrukturgipfels 2005 (max. Steigung/Gefälle 6‰) entsprechen, wurden im Februar 2006 geologisch und kartenwerkstechnisch erarbeitet. Die Auffahrungskosten wurden über die in der Kostenrechnung der Südvariante (Stand 1999/2000) ermittelten mittleren Meterkosten von rd. 12.800 €/m (rd.177.000 ATS/m) hochgerechnet und ebenfalls mit 15% Aufschlag wertberichtigt. 22 Das ergibt in Summe für die Auffahrung der Hauptröhre, Begleitstrecke, Querschläge, der Fluchtwege und vier aufgrund der Länge vorgesehenen Luftschächte eine Bausumme von rd. 600 Mio € (rd. 8,6 Mrd ATS). 6.2. Kosten der Projektkoordinierung (Auftraggeber) Der Auftraggeber muss zu diesen Auffahrungskosten noch ua. die Kosten folgender für die Ausführung erforderlichen technischen Arbeiten (zum großen Teil Fremdvergaben) mit einschließen: Vermessung Geologie & Hydrogeologie Geophysik (Seismik, Bohrlochsonden) Bohrprogramm (insbesondere der Übergangsbereiche) Erarbeiten (Vorarbeiten & Einreichen) der behördlichen Auflagen (inkl. UVP) Regelung und Festlegung der Deponieplätze für den Aushub Regelung und Festlegung der Orte für erforderliche Baustelleneinrichtungen Planerstellung Ausschreibung Bauaufsicht Legt man für die Ermittlung dieser Kosten die etwa bis Mitte 90 gehandhabte Usance zugrunde, wird der jeweilige Kostenaufwand für die erforderlichen technischen Arbeiten in etwa mit sieben (7) Promille der Bausumme bemessen. Da die oben angeführten erforderlichen Vorarbeiten naturgemäß einen unterschiedlichen Leistungsumfang haben, ist dieser auch entsprechend kostenmäßig festzulegen. Diese Annahme zugrunde gelegt, sollten daher die Kosten für diese erforderlichen Arbeiten, ausgenommen dem Bohrprogramm, maximal eine Summe von 30 - 35 Mio. € nicht überschreiten. Das Bohrprogramm sollte insbesondere mit der Geologie und Geophysik für die kritischen Bereiche besprochen und abgestimmt und dann gezielt und nicht flächendeckend niedergebracht werden um optimalen planungstechnischen Informationsgewinn bei minimalen Kosten zu erzielen. Rechnet man etwa als Annahme 20 Kernbohrungen zu jeweils 400 m Teufe, kann ein Summenbetrag von 20 Mio. € als Obergrenze gesehen werden; obwohl sich für die Beschaffung der erforderlichen gebirgstechnischen Kennwerte eine kostengünstigere Lösung auch in Kombination mit einigen Kernbohrungen anbieten würde. In Summe betragen somit die anteiligen Kosten des Auftraggebers für die Vorbereitung und Projektkoordinierung der Südvariante rd. 55 Mio. €. 23 Für die alternativen Südvarianten 1a + 1b wurde die Ermittlung der zuzurechnenden Kosten des Auftraggebers gleichermaßen nach der oben getroffenen Annahme durchgeführt. Aufgrund der größeren Länge des Tunnels bewegen sich die Kosten für die erforderlichen technischen Vorarbeiten um rd.40 Mio. €; für das Bohrprogramm wird rd. 30 Mio. € veranschlagt. In Summe betragen diese somit rd. 70 Mio. €. 6.3. Kosten für Schienen - und Infrastruktureinbau (Auftragnehmer II) Laut Auskunft der HL-AG 1998 betrugen die Kosten für den Schienen – und Schieneninfrastruktureinbau sowie Tunnelsicherheit (zusätzliche Ausschreibung des Auftraggebers) für die ehemalige „Nordvariante“ (etwa gleiche Länge wie die Südvariante) rd. 110 Mio. € (rd. 1,5 Mrd. ATS). Eingerechnet einer Wertberichtigung von 15% betragen diese Kosten in etwa. 125 Mio. € (1,7 Mrd. ATS). Analog der obigen Information wurden die Kosten für den Schienen – und Schieneninfrastruktureinbau der Südvarianten 1a und 1b ermittelt. Diese wurden auf die Länge der Variante 1b (etwa 1300m länger als Variante 1a) hochgerechnet, mit 15 Prozent wertberichtigt und betragen rund 190 Mio. € (rd. 2,6 Mrd. ATS). 6.4. Gesamtkosten SBT Die Baukosten „Semmeringbasistunnel“ der Südvariante (Streckenführung Bhf. Gloggnitz – Bhf. Mürzzuschlag, 10‰), bewegen sich somit für Auffahrung, Vorbereitung & Organisation sowie Schienen – und Schieneninfrastruktureinbau in einer Größenordnung von plus/minus 630 Mio. € (rd. 8,7 Mrd. ATS). Nicht eingeschlossen in diesen Kosten sind Sondermaßnahmen bzw. sonstige gewünschte Sicherheitsvorkehrungen. Ferner wurden die Kosten der bereits getätigten Vorarbeiten im Bahnhofsbereich und der 2000m des Pilotstollens bis zum Wallersbachgraben in dieser Kostenbetrachtung nicht als Abzug berücksichtigt. Für die alternative Südvariante 1a bzw. 1b (Streckenführung Bhf. Gloggnitz – Krieglach/Schwöbing, 5,9‰ bzw. Bhf. Gloggnitz - Krieglach/Industriegebiet, 5,0‰) betragen die Gesamtkosten „Semmeringbasistunnel“ für Auffahrung, Vorbereitung & Organisation sowie Schienen – und Schieneninfrastruktureinbau etwa plus/minus 860 Mio. € (rd. 11,8 Mrd. ATS). 24 7. Bergtechnischer Ablauf und Bauzeit Die im Kapitel 6.1 angeführten auszuführende Vorarbeiten, sind vorwiegend technische Natur und sollten vom Auftraggeber (ÖBB im Auftrages des Staates) mit einem engagierten, guten Team unter Einbeziehung der entsprechenden Behördenwege in einer Zeitdauer von 1,5 bis max. 2,0 Jahren erledigt werden können. Spätestens, nach zwei Jahren, kann mit der Ausführung (Auffahrung) begonnen werden. Das aufzufahrende Volumen umfasst: Hauptröhre, durchgehende Begleitröhre und von dieser abgehend Querschläge zur Hauptröhre als Fluchtwege. Der bergtechnische Ablauf der durchzuführenden Arbeiten wurde inklusive Schichtart, Betriebsart, Abschnittslängen und Maschineneinsatz (Vollschnittmaschine oder/bzw., Teilschnittmaschinen) geplant und durchgerechnet. Die Hauptröhre wird im Sprengbetrieb aufgefahren, für die Begleitstrecke ist, falls die Kennwerte des Gebirges es zulassen, der Einsatz einer Vollschnittmaschine (Dm 5,6m) vorgesehen. Falls dies nicht möglich ist, erfolgt die Auffahrung der Beleitröhre mit zwei Teilschnittmaschinen. Nach dieser geplanten bergtechnischen Betriebsorganisation wird die Ausführung mit einer Belegschaft von etwa 1000 Mann in einem 3-schichtigen Durchlauf - und rotierenden Mehr - Ortbetrieb ausgeführt. Die daraus resultierende Bauzeit beträgt für die Südvariante (Bhf. Mürzzuschlag - Bhf. Gloggnitz -10‰) etwa 24 Monate und mit Einbau der Schienen und Schieneninfrastruktur, der in den fertig gestellten Abschnitten eventuell schon früher beginnen kann, bis zur Jungfernfahrt etwa 3,5 bis 4 Jahre. Für die alternativen Südvariante 1a (Bhf. Gloggnitz - Krieglach/Schwöbing; 5,9‰) bzw. Südvariante 1b(Bhf. Gloggnitz – Bhf. Krieglach/Industriegebiet; 5,0‰) ergibt sich daraus eine Bauzeit von etwa 4 Jahre; mit Einbau der Schieneninfrastruktur kann die Jungfernfahrt in etwa 5 bis 5,5 Jahren erfolgen. 25 8. Gegenüberstellung Südvariante – Nordvariante Zum besseren Verständnis und zur Veranschaulichung der gegebenen Problematik werden hier die geologischen, bergtechnischen und kostenmäßigen Eckdaten der ursprünglich erarbeiteten Südvariante und der „ehemaligen“ Nordvariante in einem Vergleich gegenübergestellt. Für beide hat die politische Vorgabe des Ausgangs – bzw. Endbahnhofs (lt. HLAG: Bhf. Gloggnitz – Bhf. Mürzzuschlag ) gegolten. 8.1. Südvariante - Nordvariante Nordvariante Polit.Vorgaben: Bhf. Gloggnitz-Bhf. Mürzzuschlag Gesamtlänge: lt. HL-AG: 22.700 m, davon 22.100m Tunnel Steigung: Geologie: Baukosten: Bauzeitdauer: Von 9.7‰ - 11.3‰ 3 Systeme werden durchörtert: -Mürztal-Tachenbergdecke -Tattermannschichten -Grauwacke (ca. 60% d. Gesamtstrecke) Ergibt in Summe etwa 30% gutes Gebirge, Wasser!, z. Teil stark zerbrochen und mylonitisiert, Zerrtektonik Letztangebot März 1998: 618 Mio € (ATS 8,5 Mrd) nur für die Hauptröhre, mit den üblichen Nachträgen geschätzte Gesamtkosten ca 1.450 Mio € (20 Mrd ATS) Planungsbeginn: 1984 Ende der Geschichte 2005 26 Südvariante Bhf. Gloggnitz- Bhf. Mürzzuschlag Gesamtlänge lt. Plan: 22.680m Haupttunnel: 22.270m Offene Bauweise: 410m Begleitstrecke: 20.270m 2000 m können von den bisher in Auffahrung befindlichen 4100 m des Pilotstollen verwendet werden; durchschnittlich 10‰ 3 Systeme werden durchörtert: -Stuhleck-Kirchbergdecke -Wechselsystem -Grauwacke (ca. 5% d. Gesamtstrecke) Ergibt in Summe ca 70% gutes Gebirge (Gneis!!), kein Wasser!, kompakt!, Drucktektonik Stand 2006: Für Hauptröhre, Fluchtstrecke und Querschläge ca 450 Mio € (ATS 6,2 Mrd), keine Nachträge!- diese widersprechen der Bauweise nach NÖT ! Vorstudie zur Planung seit 1999 vorhanden, bei Aufgriff 1999 könnte der SBT seit 2004 befahren werden Schon diese Gegenüberstellung zeigt deutlich die erheblichen Vorteile der Südvariante sowie die gravierenden Nachteile der seit den 80iger Jahren konzipierten Nordvariante (2005 verworfen) auf. Zieht man zu dieser Betrachtung noch den Gebirgsgüteklassen-Vergleich (Abb.3) hinzu, werden aufgrund des jeweils zu erwartenden bzw. vorliegenden Gebirges die Vorteile der Südvariante gegenüber der Nordvariante eindeutig dargestellt. Da sämtliche ins Auge gefassten oder auch zukünftig angedachten Planungen des SBT, die den Semmeringpass im Norden umgehen, in jedem Fall eine Durchörterung des hydrogeologisch und wasserwirstschaftlich bedeutenden Aquifers „Mürztal-Tachenberg-Decke“ unumgänglich machen, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit und Gründen für die Weiterverfolgung von Nordtrassierungen. Denn entgegen der geologisch technischen Projektbetreuung, die auf der Trassierung der Nordvariante einen maximalen Bergwasser Zulauf von 70 l/s prognostiziert hat, betrug der tatsächliche Wasserzulauf im Wallerbachsgraben 350 l/s, der zur Einstellung der Vortriebsarbeiten geführt hat. Nach Einbau einer extrem leistungsfähigen Pumpanlage (Kapazität 850 l/sec.) und Wiederaufnahme des Vortriebs des Pilotstollens 1998 betrug der Wasserzulauf beim Vortrieb im Semmeringquarzit etwa 240 l/s, im quarzitischen Phyllit etwa 170 l/. Bis zur Einstellung bzw. erzwungenen Stilllegung der Vortriebsarbeiten an der niederösterreichischen Landesgrenze unter der Kampalpe 2002? wurden etwa 190m Grundwasserspiegelhöhe des Bergmassivs bis zur Kampalpe abgepumpt. Seither werden kontinuierlich etwa 100 – 110 l/s gepumpt. Errechnet man aufgrund der unterschiedlichen Wasserzuläufe in den einzelnen Gesteinsformationen die Wassermenge, die seit Baubeginn des Pilotstollens 1996 bis Ende 2006 aus diesem Massiv abgepumpt wurde, ergibt dies eine schier unvorstellbare Menge von etwa „77 Mrd Liter Bergwasser bester Wasserqualität“, welches allerdings keiner Nutzung welcher Art auch immer zugeführt wurde, sondern seit dieser Zeit bis heute frei über den Fröschnitzbach in die Mürz abgeleitet wird. Der folgende Vergleich soll eine Vorstellung der Größenordnung der abgepumpten Wassermenge wiedergeben: Füllte man diese Wassermenge in ÖBB-Tankwaggons - Fassungsvermögen von 100.000 l - und reihte diese Waggons in einer Kette auf, ergäbe die bis dato abgepumpte Wassermenge eine Zuglänge vom Nordpol bis zum Südpol und wieder zurück zum Äquator. Es stellt sich die Frage, wieso einerseits ein derartiges Wasserreservoir durch einen technischen Einbau verletzt werden muss, andererseits bei einer aus welchen Gründen auch immer zwingenden Trassierung durch diese wertvolle Ressource diese dann keiner nutzbringenden Verwendung zufließen sollte. 27 Der Rechnungshof hat unter anderem auch in seinem Bericht 1998 zum Semmeringbasistunnel die Inkompetenz der HL-AG zur Ausführung eines derartigen Projekts – für Österreich ein Großprojekt – festgehalten. Diese und andere Feststellungen des Rechnungshofes blieben und bleiben anscheinend allerdings ohne Konsequenzen. Denn anstatt „technische Hilfestellung“ von fachkompetenter Seite anzunehmen und zu akzeptieren, um Zeit und signifikante Kosten zu sparen, wird durch die ehemalige HL-AG als in die ÖBB-Holding wieder eingegliederte ÖBB-Infrastruktur-Bau AG weiterhin eine der alten Planung verwandte ökologisch, technisch und wirtschaftlich ungünstige Trassierung und Baudurchführung verfolgt. 28 9. Schlussbetrachtung Diese Vorstudie wurde nach bergmännischen und praktischen Gesichtspunkten mit Unterstützung der Montanuniversität in Eigeninitiative im Zeitraum 19982000 erstellt, angedacht als „technische Hilfestellung“ zur Findung einer möglichst optimalen Trasse, und 2006 aufgrund der Vorgabe des Infrastrukturgipfels vom 8.3.2005 alternativ um die Südvariante 1a (5,9‰) bzw. Südvariante 1b (5,0‰) erweitert. Jedoch die original konzipierte Südvariante - Streckenführung Bhf. Gloggnitz – Bhf. Mürzzuschlag, Steigung/Gefälle 10‰ -, mit dem Gesamtbaukostenvolumen von etwa 630 Mio. € (Kap.6) stellt eine echte, wenn nicht die einzige Alternative zum strategisch wichtigen SBT dar, die auch eine rasche und kostenadäquate Realisierung dieses Projekts ermöglicht. Ferner sind dieser aufgezeigten Alternative folgende Faktoren, die zu einer zusätzlichen Kostensenkung und Bauzeitbeschleunigung führen, zuzuordnen: Einbindung der bereits geleisteten Vorarbeiten im Bahnhofsbereich Mürzzuschlag, wie Tunnelportal, ca. 300m aufgefahrene Hauptröhre sowie 2.000m vom bis dato 4.100m aufgefahrenen Pilotstollen Funktion Mürzzuschlags als Bezirkshauptstadt, in Bezug auf Eisenbahninfrastruktur und natürlich gewachsenes Bezirkszentrum bleibt voll erhalten Keine kostenintensive Errichtung eines zusätzlichen „Neuen Bahnhofs“ im Raum Mürzzuschlag - Langenwang erforderlich, der nahe dem Mürzufer auf Grundwasserspiegelniveau (bei Regenfällen permanent akute Überschwemmungsgefahr!) errichtet werden müsste Kein kostenintensives Shuttle-Zubringer-Service von und nach Mürzzuschlag erforderlich Diese Variante wurde im Februar 1999 offiziell Prof. Riessberger –damaliger Chef der Semmeringkommission – im Beisein von Prof. Riedmüller (Geologie) und Prof. Schubert (Tunnelbau) an der TU-Graz vorgestellt. Diese Trassenführung fand insbesondere von Seiten Prof. Riedmüllers große Anerkennung. Wäre diese Alternative seitens der HL-AG damals offiziell angedacht und natürlich auch fachspezifisch geprüft worden, könnte der Semmeringbasistunnel ab 2004 bereits befahrbar sein. Mit einer in der Zwischenzeit erfolgten generellen Modernisierung der „Südbahn“ (Kap. 3), hätte Österreich einerseits den ausstehenden Vertrag mit Italien erfüllt. Andererseits durch diese gewaltige innerösterreichische Infrastrukturverbesserung den Arbeits- und Produktionsgrad bei gleichzeitiger Steigerung der Lebensqualität erhöht, und noch enorme Zusatzeinnahmen durch den stetig zunehmenden Gütertransit lukriert. Wenn die im Rahmen des „SBT-Neu“ seit dem Frühjahr 2005 seitens des Infrastrukturgipfels gestellte Forderung nach einem Flachbahntunnel mit einer maximalen Steigung/Gefälle von 6‰ aus betriebstechnischen und betriebswirtschaftlichen Gründen (Kosten/Nutzen) zwingend erforderlich und 29 unumstößlich ist, dann wird diese Bedingung zur Gänze von der im Februar 2006 kartenwerkstechnisch erfassten Südvariante 1a mit Anfangsbahnhof Gloggnitz nach Krieglach/Schwöbing (siehe Kap. 4.2. und Kap. 5.7.2. und Kap. 5.8.) bzw. Südvariante 1b mit Anfangsbahnhof Gloggnitz nach Bhf. Krieglach (siehe Kap. 4.3. und Kap. 5.7.3. und Kap. 5.8.) erfüllt. In diesem Fall ist bzw. wird Bhf. Krieglach als Regionalbahnhof Mürztal - Mitte, der ja bereits andiskutiert wird, auszubauen bzw. umzubauen sein. Denn es muss darauf hingewiesen werden, dass ein Tunnel, der das geforderte Kriterium des „SBT-Neu“ von 6‰ erfüllen soll, aufgrund der topographischen Gegebenheit des Gebiets Gloggnitz - Raum Mürzzuschlag/Langenwang, eine Länge von über 30 km aufweisen muss. Damit würden zwar die angeführten Vorteile, die punkto Kosten und Bauzeitdauer für den Knotenpunkt Mürzzuschlag sprechen verloren gehen, aber der ÖBB, falls das vorgegebene Kriterium (6‰) zwingend erforderlich ist, langfristig betriebswirtschaftlichen Nutzen und finanztechnisch positive Erfolge bringen. Zu fragen ist allerdings, aus welchem Grund die am Infrastrukturgipfel angekündigte Vorgabe eines SBT`s - Neu mit einem definierten Flachbahncharakter - Steigung/Gefälle von 6‰ - seitens des zuständigen Gremiums der ÖBB-Infrastruktur Bau AG auf ein Steigungs-/Gefälleverhältnis von 7‰ - max. 9‰ erweitert bzw. aufgeweicht wurde. Aufgrund dieser Aufweichung stellt sich die Frage, gilt die geforderte Vorgabe des Infrastrukturgipfels nicht mehr, oder erfolgte diese aus taktischen Gründen (besserer Verkauf an die Öffentlichkeit nach gescheitertem Originalprojekt), oder erfolgte diese aus Eigennutz? Wenn ersteres zutrifft, kann man als optimale Lösung (Gebirge, Kosten und Bauzeit) beruhigt einen Tunnel mit 10‰, wie die vorgeschlagene Südvariante fahren, denn die zusätzlichen 1,5‰ zu den etwa 8,5‰ Steigung/Gefälle – Verhältnis der vier Variantenmöglichkeiten der Infrastruktur-Bau AG, entsprechen - auf 100m Streckenlänge gerechnet - einer Höhenzunahme von 15cm und spielen fahr – und betriebstechnisch beim heutigen Stand der Lokomotivtechnik absolut keine Rolle mehr. Wenn die anderen möglichen Aufweichungsgründe zutreffen, dann würde man meinen, dass nach einer über zwanzigjähriger Planungsphase! endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden sollten und die Steuergeldverschwendung in Milliardenhöhe nicht noch prolongiert, sondern endlich eingestellt werden sollte. Auch die Frage der eingebrachten „Neuerung“ einer Auffahrung zweier eingleisiger Tunnel anstatt einer zweigleisiger Hauptröhre mit durchlaufender Begleitröhre, wie die seitens der ÖBB Infrastruktur-Bau AG bei den Sitzungen des so genannten „Bürgerforums“ in Mürzzuschlag vorgetragen wurde, stellt sich zunächst nicht. 30 Denn primär muss einmal eine möglichst optimale Trasse – „gutes Gebirge und möglichst kein Wasser“ (Kap.4) – gefunden werden. Abschließend soll noch erwähnt werden, dass die Ausführung dieser Varianten nach NÖT -nachgiebiger Ausbau- unter Berücksichtigung der bergmännischen Kriterien vorgesehen ist. Mit der Anwendung dieser reaktivierten Baumethode (die „NÖT“ basiert auf der Gebirgsbehandlung, wie diese im österreichischen Bergbau immer gehandhabt wurde) verbleibt einerseits die Wertschöpfung zu 100% in Österreich und verursacht durch den Mehrbedarf an Arbeitsplätzen in der Ausführung und der Zulieferindustrie, Schulungen usw.…einen langfristig andauernden Wirtschaftsaufschwung. Andererseits soll die Auffahrung des SBT`s als „Mustertunnel“ mit Modellcharakter ausgeführt werden, der aufgrund seiner Ausführungsqualität und Kostenstruktur unmittelbar zu Nachfolgeprojekten führen wird. Dadurch könnten österreichisches Ingenieurswissen und österreichische Qualitätsarbeit den Stellenwert zum Nutzen Österreichs wieder erreichen, denn sie bereits bis in den 70iger Jahren im Tunnelbau weltweit inne gehabt haben. Ergänzend zu den Bauweisen insbesondere der NÖT (siehe Anhang) soll noch hinzugefügt werden: Bis in die 70iger Jahre genoss die NÖT international als bevorzugte Tunnelbauweise einen hervorragenden Ruf aufgrund ihrer technischen Ausführung und zusätzlicher Kostenminimierung. Diese beiden wesentlichen Vorteile sind seit dieser Zeit stark vernachlässigt worden. Durch eine Fehlentwicklung in der Handhabung der Ausführung steigen nun die Projektkosten mit Nachträgen über die einer „Konventionellen Bauweise“ bei gleichzeitig sinkender Qualität. Die vorgeschlagenen Ausführungen - konzipiert nach revitalisierter NÖT - stellen somit auch einen Beitrag dar, um der NÖT mit österreichischem Ingenieurwissen und Qualitätsarbeit wieder zu internationaler Anerkennung und bevorzugten Tunnelbauweise zu verhelfen. 10. Zukunftsaussichten Abschließend soll eine Vorausschau für eine mögliche zukünftige Entwicklung gegeben werden. Der Trend ist für den EU-Raum vorgegeben und wird sich mit der Osterweiterung noch verstärken. Das Hauptziel liegt wohl in einer Steigerung der Produktivität, die aber auch gleichzeitig zu einer Steigerung des Verkehrsaufkommens insbesondere des Gütertransits durch Österreich führen wird. Wenn nun Österreich (als Staat = Gemeinwesen) durch diese Entwicklung nicht nur Prosperität sondern auch seine Lebensqualität erhalten will, wird man sich wohl in der Planung mit der Idee anfreunden müssen, nicht nur die Gütertransitinfrastruktur sondern zum Teil auch lokal wichtige Verkehrsinfrastrukturen gänzlich nach Untertage zu verlegen. 31 11. Literaturverzeichnis Berghauptmannschaft Leoben, Einsicht der Bergbaujahresberichte der ehemaligen Bergbaue im Fröschnitzgraben, Arzberg, Rettenberg usw., Mai, 1998 Berghauptmannschaft für NÖ, Wien, Einsicht der Bergbaujahresberichte der ehemaligen Bergbaue im Semmeringgebiet südlich des Auebachtals, usw., Wien, Juni 1998 Brinkmann, R.: Abriss der Geologie, Band 1, neubearb. Von Zeil W., 12. Auflage Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart, 1980 Faupl, P.: Zur Geologie des NW-Abschnitts des Wechselgebietes zwischen Trattenbach (NÖ.) und Fröschnitz (Stmk), Österreich; Mitteil. Gesell. Geolog. Bergbaustudenten,19. Band., S. 27-70, Wien, Dez. 1970 Maidl, B.: Handbuch des Tunnel- und Stollenbaus, Verlag Glückauf GmbH Essen, 1984 Niel, A.: Der Semmering und seine Bahn, Zeitschriftenverlag Ployer & Co Wien, 1960 Pahr, A.: Geologischer Aufbau Österreich, S. 315-320, Springer-Verlag Wien, 1980 Schatz, H.: Gebirgsklassifizierung im Tunnelbau, Diplomarbeit, nicht veröffentlicht - Montanuniversität Leoben, 1986 Striegler, W.: Tunnelbau, Verlag für Bauwesen GmbH, Berlin - München, 1993 Schuhböck, Ch.: Semmering- Ghega - Bahn versus Basistunnel, Diplomarbeit, nicht veröffentlicht, Universität für Bodenkultur, Wien, 1993 Tufar,W.: Die Kupferlagerstätte von Trattenbach (NÖ), Tschermak’s Mineral. Petrograph. Mitteilungen, 1.Heft, Springer-Verlag, 1969 Tollmann, A.: Geologie von Österreich, Band 1, Franz Deutike-Verlag, Wien, 1986 Wieseneder, H.: Gesteinsserien und Metamorphose im Ostanschnitt der Österr. Zentralalpen; Verh.Geol. B.-A., Jahrgang 197, S. 344-357, Wien, Juni 1971 WIWIPOL; Arbeitsgemeinschaft für wissenschaftliche Wirtschaftspolitik: „Kosten und Konsequenzen der Verhinderung und Verzögerung von Infrastrukturprojekten in Österreich von 1976-2006“, Wien, 2006 Kartenunterlagen: Geologische Karte, Blatt 105, Neunkirchen, (NÖ), Digitale Karte, 1:50.000, Geologische Bundesanstalt (GBA), Wien, 1998 32 Geologische Karte, Blatt 104, Mürzzuschlag, (Stmk), Digitale Karte 1:50.000, Neubearbeitung M. Rockenschaub, GBA., Wien, 1998, nicht veröffentlicht Amt für Vermessungswesen für NÖ.,1998: Digitales Höhenmodell (25 m Grid) Amt für Vermessungswesen für NÖ., 1998: Digitales Wassermodell (25 m Grid) 33 12. Anhang I: Begriffserklärung „NÖT“ ,historischer Rückblick und Entwicklung der Tunnelbauweisen Die NÖT wurde 1948 von Professor L.v.RABCEWICZ patentiert und nennt sich „Neue Österreichische Tunnelbauweise“ („NÖT“) im Vergleich zur „Alten Österreichischen Tunnelbauweise“, deren wesentliche Verbesserung diese darstellt. In der Literatur findet sie sich auch als „NATM“ (New Austrian Tunneling Method) bezeichnet. Zum erweiternden Verständnis dieser Begriffe soll ein kurzer geschichtlicher Abriss sowie ein Überblick über die Entwicklung der Tunnelbauweisen gegeben und die Vorteile der NÖT zu den anderen konventionellen Tunnelbauweisen dargestellt werden. 12.1. Geschichtliches Die Entwicklung des Eisenbahnwesens und seine relativ rasche Verbreitung leitete mit seiner Verbindungssuche zur Überquerung des gebirgigen Mitteleuropas ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine Blütezeit des Tunnelbaus ein. Die ersten Tunnels wurden von Bergleuten mit ihrer Erfahrung aus dem Untertagebau, wie auch die unten angeführten Namen der Bauweisen zeigen, gebaut. Erst später haben Bauleute den Tunnelbau übernommen. In Österreich steht dies sicherlich im Zusammenhang mit dem Berggesetz, das nur den Abbau von wieder verwertbaren mineralischen Rohstoffen, die als Ausgangsprodukt einer neuen Produktionslinie dienen, erlaubte bzw. erlaubt. 12.2. Die alten Bauweisen In den alten Bauweisen, die sich (abgesehen von der amerikanischen, japanischen, chinesischen) in Europa im Wesentlichen als die „Englische - , Belgische - , Deutsche -, Italienische.und Alte Österreichische Tunnelbauweise“ präsentierten, wurde wie in allen Bergbauen Holz als Ausbaumittel bzw. zur Errichtung der Hilfskonstruktionen verwendet, die Schale des Tunnels wurde schlussendlich wie die Schachtanlagen im Bergbau mit Ziegeln gemauert. Unterschiedlich war diesen Methoden die Art und Anzahl und Abfolge der Einbrüche über den zu öffnenden Tunnelquerschnitt, die Art der provisorischen Ausbauzimmerung, die Art der Mauerung der Tunnelschale (von der Firste beginnend hinab über den Ulmen zur Sohle, oder umgekehrt) und die Wahl verschiedener Einbruchsverfahren, wie Parallel-, Keil-, Kegel- oder Fächereinbruch. 34 Nachteilig bei all diesen Bauweisen waren die mehrmalig auftretenden Spannungsumlagerungen im Gebirge, abhängig von der unterschiedlich angewandten Bauart der Zimmerung, allen gemeinsam jedoch durch die Mauerung mit Trockenhinterfüllung. Dies machte die Tunnels reparaturanfällig, besonders durch Bergwasser in Kombination mit Frost. Aber auch in dieser Zeit hatte die „Alte Österreichische Tunnelbauweise“ Vorteile gegenüber den anderen Bauweisen, nämlich der Art der Zimmerung (Querjochzimmerung statt Längsjochzimmerung), der Art des Türstocks (Schlessischer Türstock mit Holzverzug satt am Gebirge, der in Österreich gebaut wurde, anstatt des Deutsche Türstocks auch mit Holzverzug jedoch mit loser Hinterfüllung), der Art des Einbruchs, die Art der Festlegung der Anzahl und Größe der Einbruchsflächen über das aufzufahrende Tunnelprofil sowie der Organisation des Bauablaufs. Dies führte einerseits zu weniger Spannungsumlagerungen als bei den anderen Methoden und andererseits zur Möglichkeit mehrere Männer Vorort zu bekommen, um dadurch einen beschleunigten Vortrieb zu erreichen, welcher zu einer Verkürzung der Bauzeit und damit zu geringeren Baukosten führte. 12.3. Die neuen Bauweisen Der Umbruch, der die technischen Verbesserungen weltweit eingeleitet hat, ist um die Zeit des 2.Weltkriegs zu sehen, im Rahmen dessen neue Materialien wie Beton (infolge Spritzbeton), Eisen bzw. Stahl (infolge Eisenbogen, Baustahlgitter, Anker) und Hydraulik (infolge leistungsfähigere Bohrgeräte neue Einbruchmethoden, Hydraulikstempel, Hydraulikausbau, usw.) Eingang in den Bergbau und in Folge in den Tunnelbau gefunden hat. Diese neuen Ausbau –und Sicherungsmaterialien wie Spritzbeton, Anker, Stahlausbau, Stahlblechverzug und Fertigelemente verdrängten die früheren Ausbaustoffe Holz und Mauerung. Diese führten einerseits zu Verbesserungen der oben genannten Verfahren, andererseits aufbauend auf alter Bauweise zu einer völlig neuen Methode (NÖT). Im Allgemeinen werden heute diese verbesserten alten Bauweisen im Vergleich zur NÖT als konventionelle Bauweisen bzw. Methoden bezeichnet. Daher standen bei der Auswahl der Bauweise für eine Tunnelauffahrung seit etwa 1950 als Vergleich mehr oder weniger nur noch eine der konventionellen (klassischen) Methoden (oder heute modifizierte Abarten von diesen, denen größtenteils Anlehnung an die NÖT bescheinigt werden) und die NÖT an sich zur Verfügung. 35 12.4. Die konventionellen Bauweisen Bei den konventionellen (klassischen) Methoden wird im Allgemeinen der Tunnelausbau nach der schlechtesten vorliegenden Gebirgsgüteklasse bemessen und gebaut, jedoch unabhängig vom Gebirgsschluss oder ob im Gebirgsverband eine bessere GGKL auftritt. Die durch den Gebirgsdruck entstehende Entlockerung (Zerbrechen des Gebirges vom Tunnelrand radial ins Gebirge) verursacht Spannungsumlagerungen, die einen höheren Ausbauwiderstand erfordern und dadurch zu einer stärkeren, dickwandigeren Ausbaudimensionierung führt. Als Folgen stellen sich sehr hohe Projektkosten ein, nachdem der Ausbau im Untertagebereich schlechthin eine der intensivsten Kostenart darstellt. 12.5. Die „Neue Österreichische Tunnelbauweise“ (NÖT) Unterschiedlich dazu ist die NÖT zu betrachten. Sie unterscheidet sich grundlegend in der Gebirgsbehandlung und daraus folgend im Bauen nach der jeweils vorliegenden Gebirgsgüteklasse (GGKL). Die Gebirgsbehandlung umfassten satten Gebirgsschluss und die Einhaltung der Ringschlusszeit (die Zeit, die vom Einbruch ins Gebirge bis zum Vollausbruch und fertig ausgebauten Ring über das ganze aufzufahrende Tunnelprofil verstreicht). Diese ist abhängig von der Standfestigkeit des Gebirges und des aufzufahrenden Tunnelquerschnitts, der aber bei großen Querschnitten in der Regel dreistufig in Kalotte, Strosse und Sohle erfolgt. Als wesentliche Konstruktionselemente werden Spritzbeton, Baustahlgitter, Anker und Stahlbögen entweder getrennt oder in Kombination miteinander angewandt. Durch diese Art der Gebirgsbehandlung erfolgt einerseits die Umlagerung des beim Herstellen eines Hohlraums im unverritzten Gebirges auftretenden 2dimensionalen Spannungszustands nach der Ringschlusszeit wiederum in den original im Gebirge herrschenden 3-dimensionalen Spannungszustand und andererseits hilft das Gebirge eben durch die Bildung eines Gebirgstragrings den Ausbau mit zu tragen. Dadurch ergibt sich ein geringerer Ausbauwiderstand und daher eine schlankere Dimensionierung des Ausbaus, und einschließlich durch das Bauen nach der jeweils vorliegenden Gebirgsgüteklasse (GGKL) ergeben sich im Vergleich zu den konventionellen (klassischen) Methoden zwei wesentliche Vorteile: 1. Das Wiederherstellen des Original 3-dimensionalen Spannungszustands im Gebirge ergibt einen standfesten, erdbebensicheren und reparaturfreien Tunnel. 2. Der schlankere Ausbau und das zusätzliche Bauen nach der jeweiligen vorliegenden GGKL führen zu einer Verminderung der Kostenart „Ausbau“, welche wiederum über die Zykluszeit (höhere Vortriebsgeschwindigkeit) 36 Einfluss auf die Kostenstruktur ausübt und somit zu einer Kosteneinsparung eines Tunnelprojekts von etwa 30-50% (gebirgsabhängig) führt. Voraussetzungen für die Anwendung der NÖT sind gewisse Vorarbeiten, sowie begleitende Maßnahmen. Die Vorarbeiten beinhalten eine gute geologische und hydrologische Studie mit angeschlossenem Bohr- und Geophysikprogramm, um einerseits genaue Kenntnis über die geologischen Verhältnisse (Schichtaufbau, Störungen, Tektonik, Kluftsysteme usw.) zu bekommen, andererseits um die erforderlichen Kennwerte für die Durchführung einer Gebirgsklassifizierung des anstehenden Gebirges zu erhalten. Diese Kennwerte sind in der ÖNORM B2203 festgelegt. Je genauer diese Klassifizierung erfolgt und sich mit der während des Auffahrens tatsächlich vorhandener (vorgefundener) Gebirgsgüteklasse deckt, umso günstiger wirkt sich diese auf die Kostenentwicklung eines Projekts aus. Als erforderliche begleitende Maßnahme ist ein umfassendes, Messprogramm (tägliche Konvergenzmessung und abhängig von den Gebirgsgüteklassen verschiedene Spannungs- und Druckmessungen bei festgelegten Hauptquerschnitten….) erforderlich, um einerseits die Reaktion des Gebirges auf die festgelegten Ausbaumaßnahmen erkennen und andererseits wenn notwendig entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Zusätzlich sind noch weitere bergmännische Maßnahmen erforderlich wie ein möglichst erschütterungsfreier Einbruch (Paralleleinbruch mit einer Palette von sprengtechnischen Parametern, um das Gebirge nicht unnötig radial in die Tiefe hinein zu zerreißen – entfestigen -) wegen des sich aufzubauen sollenden Gebirgstragrings). Aufgrund der oben genannten Kriterien der NÖT erfolgt die Steuerung des Tunnelbaus im Gegensatz zu den konventionellen (klassischen) Methoden von Vorort. Als solches erweist sich die NÖT ob der oben genannten Gründe als eine äußerst anpassungsfähige und flexible Methode der Tunnelauffahrung im Fest – wie Lockergestein und sogar auch in Kombination mit Zusatz – bzw. Sonderverfahren wie Druckluft oder Vereisung. Dies bedingt allerdings ein gutes, fachausgebildetes, eingespieltes, erfahrenes Team von Ingenieuren und Steigern wie eine bergmännisch gut ausgebildete und erfahrene Mannschaft. Aufgrund der oben beschriebener Vorgangsweise und Vorteile, verträgt die Bauweise nach NÖT keine Nachträge, wie es in Österreich ab Mitte der 70iger Jahre der Brauch ist. Denn damit wird eine Tunnelauffahrung nach NÖT teurer als eine Auffahrung nach konventioneller Methode. 37 12.6. Gebirgsklassifizierung (Anfang der Gebirgsmechanik) Bei den alten Bauweisen versuchte man das Gebirge nach geologischer und petrographischer Beschreibung und Beobachtung sowie nach bergmännischer Erfahrung zu beherrschen, entwickelte Ausbaukategorien, die auf das Gebirgsverhalten zugeschnitten und auf die damals gängigen Baumethoden abgestimmt waren (Unterteilung des Auffahrungsquerschnitts, Mauerwerk und Trockenhinterfüllung). Aufgrund der oben beschriebenen technischen Weiterentwicklung und der daraus resultierenden neuen Abbau-, Ausbau- und Vortriebsmethoden trat eine neue Phase der Gebirgsvorerkundung – die Gebirgsmechanik – „das Wissen über das Gebirgsverhalten beim Öffnen eines Hohlraums“ als wesentlicher Faktor für die Gebirgsbeherrschung auf. Im Zuge dessen entwickelte man Gebirgsklassifizierungen, welche die Erscheinungen des Gebirgsdrucks berücksichtigten. So wurden über die Jahre verschiedene Klassifizierungssysteme, abgestimmt auf die jeweiligen modifizierten Bauweisen, entwickelt. Unter Gebirgsklassifizierung versteht man schlechthin das Zuweisen bzw. Einteilen des anstehenden unverritzten Gebirges in verschiedene Güteklassen, die jeweils eine charakteristische Qualitätsstufe des Gebirgsverhalten beschreiben. Dieses Klassifizierungsschema setzt sich aus verschiedenen Einflussgrößen und Kennwerte zusammen, wie ua.: Streichen und Fallen Einfallswinkel Klüftigkeit Abstand der Kluftflächen Kluftsysteme (-scharen) Kluftfüllung Trennflächengefüge Wasserführung Porenwasser Gasführung Gebirgsdruck-, Gebirgszugfestikeit, und daraus abgeleitete Größen wie Scherbruch-,Spaltbruch- und Schubbruchfestigkeit in Abhängigkeit von Kohäsion und Reibungswinkel, etc., etc., die einerseits auf geologischer, petrologischer und mineralogischer Beschreibungen bzw. Untersuchungen, andererseits geophysikalischen Untersuchungen sowie Laborversuchen an Gesteinsproben, die dem Gebirge mittels Kernbohrungen mit Bezeichnung der korrekten räumlichen Orientierung entnommen wurden, deren Auswertungen und das Anschätzen erforderlicher Beiwerte für die weiteren Berechnungen beruhen. 38 Des Weiteren sind bergmännische Bezeichnungen, wie „standfest – gebräch druckhaft“ -, die statische Kriterien des Gebirges (Spannungszustände) berücksichtigen, für die Beschreibung der Gebirgsgüteklassen eingeflossen, da diese in der Lage sind das Gebirgsverhalten begrifflich erfassbar zu machen. Die Kenntnis des Gebirgsverhalten aufgrund der Gebirgsklassifizierung trägt einerseits wesentlich zur Beherrschung des Gebirges beim Öffnen eines Hohlraums und daraus folgend zu dessen Ausbaudimensionierung bei und andererseits dient sie besonders im Tunnelbau mit der Festlegung der Ausbaumaßnahmen zur Kostenberechnung, einer Vorhersage der Vortriebsgeschwindigkeit und damit zur Erstellung eines Zeitplans der Bauzeit. Wie oben erwähnt hat man verschiedene (mehrere) Gebirgsklassifizierungsmethoden für den Bergbau und/bzw. Tunnelbau entwickelt, die auf die einzelnen Baumethoden abgestimmt sind. Es soll hier nicht auf alle diese eingegangen werden, sondern nur die für die NÖT relevante Klassifizierungsmethode angerissen werden. Erwähnt sei hier vor allem Lauffer (1958) mit seiner 7-teiligen Gebirgsgüteklassifizierung, der wie auch Rabcewicz (1957) die Standzeit, aber zusätzlich dazu auch die Öffnungsweite („freie Stützweite“) als Kriterium für dieses der NÖT angepasste, dynamische Klassifizierungssystem zugrunde gelegt hat. Seine aus der Praxis erworbenen Kenntnisse flossen z.T. zumindest jedoch seine 7-Teilung (A = standfest, G = fließend) in die ÖNORM B 2203, welche die Gebirgsklassifizierung und die hierfür erforderlichen Ausbaumaßnahmen beinhaltet ein. 13. Anhang II: Revidierung Diese 2006 im Internet veröffentlichte Arbeit wurde revidiert: Feb. 2007: Die Zusammenfassung wurde gekürzt, die Arbeit korrigiert sowie Kap.5.8 „Gebirgsgüteklassenvergleich“ und Kap.6 „Kosten“ erläuternd erweitert Feb. 2008: Erläuternde Beschriftung der Lagepläne Abb.1 und Abb.2 39