1 Rheologie – Vorlesung (hauptsächlich nach den Lehrbüchern R.J. Twiss & E.M. Moores. Structural Geology. W.H. Freeman, 1992. B.A. van der Pluijm & S. Marshak. Earth Structure. WCB/McGraw-Hill, 1997; Shortcourse manuscript – Gefüge und Rheologie von Mark Handy & Jürgen Streit, 1996; Ch.H. Scholz, Nature, 391, Jan, 1998; Bascou et al., 2001, Tectonophysics, 342, 61-80; Bascou et al., 2002, JSG, 24, 1357-1368; Stipp et al. 2002, JSG, 24, 1861-1884; Passchier and Trouw, Microtectonics, Springer, 1996; Ratschbacher and Oertel, JSG, 9, 263-276, 1987; Oertel, in Wenk, 1985, Lehrbuch Texturen; Wood and Oertel, 1980; O’Brien et al. JSG, 9, 719-730, 1987; Kruse, R. et al., JSG, 23, 1781-1802, 2001; Burkhard, JSG, 15, 351-368, 1993; Pieri et al., Tectonophysics, 119-140, 2001; Pieri et al., JSG, 23, 9, 1393-1414 ; Leiss et al. Textures and Microstructures, 33, 61-74, 1999; Wenk et al., JSG, 9, 731-745, 1987; Leiss and Molli, JSG, 25, 649-658, 2003 ; Gundersen et al., JGR, 107, B11, 2317, doi :10.1029/2001JB000287, 2002 ; Rosenberg, C.L., Int. J. Earth Sciences (Geol. Rundsch.), 90, 60-76, 2001 ; Lee et al., Tectonophysics, 351, 331-341, 2002; Bystricky et al. Science, 290, 1564-1567, 2000; Zhang et al. Tectonophysics, 133-152, 316, 2000); Stipp M. and J. Tullis, 2003, Geophys. Res. Letter, 30, 21; Stipp M. et al., 2006, JGR, 111; Piane et al., 2008, JSG, 30.; Delle Piane et al. 2008, JSG, 30.; Rosenberg et al., MIT-Publication 2007; Rosenberg and Handy, JMG, 23, 2005; Ikari et al. Geology, 39, 2011; Di Toro et al. Nature 471, doi: 10.1038/nature09838, 2011; Lockner et al. Nature, doi:10.1038/nature09927; Collettini et al. Nature 462, doi:10.1038/nature08585, 2009; Sone, H. and Shimamoto, T. Nature Geoscience, doi:10.1038/NGEO637. (1) Einführung Stellung der Rheologie in der Tektonik (Schaubild) Teilaspekt der Physik: behandelt die Deformation und das Fliessen von Materialien; betrifft die Beziehungen zwischen Stress und Strain. Scherpunkt der Ingenieurwissenschaften an der TUBAF. Ansätze zum Studium der Rheologie: a) Kontinuumsmechanik – die rheologischen Eigenschaften der Materialien werden phänomenologisch beschrieben, ohne Bezug zu den atomaren Prozessen, die das makroskopische Verhalten bestimmen (Annahme: Gestein ist ein Kontinuum (= homogen)); Basis für dieses Verständnis: Experimente zur Gesteinsdeformation); b) Festkörperphysikalischer Ansatz: Eigenschaften auf dem Atomlevel werden beschrieben und deren Auswirkung auf das phänomenologische Verhalten. (2) Makroskopische Aspekte der Gesteinsdeformation (= kontinuumsmechanischer Ansatz) Beschreibung durch “constitutive equations”, einfache mathematische Idealisierungen des Gesteinsverhaltens (Gleichungen heißen so, da sie von der Zusammensetzung des Materials abhängen). Basis der Anwendung der „constitutive equations“ ist die experimentelle Gesteinsdeformation. Kontinuumsmodelle für das Materialverhalten Linear elastisches Material Deformation ist rückführbar (recoverable). n Een s 2 es , Stress; e, Extension; E, Youngs Modul; , Schermodul oder Modul für die Festigkeit; n, normal; s, shear. E = ~100 Pa für poröse Gummis, 10-100 GPa für Gesteine ( 10 GPa für Gesteine). Krustaler Stress erreicht 10-100 MPa (Differenzstress), so sind elastische Strains in der Größenordnung von ~1%; [e E 100 MPa 0.01 1% ] 10000 MPa Gleichungen sind ident zum Hookschen Gesetz, welches das Verhalten einer Feder beschreibt (F = k1x; F, Kraft; k1, Federkonstante; x, Dehnung = Displacement der Feder). Gesteine deformieren elastisch unter niedriger T und geringem Strain. (Fig. Twiss 18.1). Linear viskoses Material Deformation ist nichtrückführbar (unrecoverable). 2 Analogiematerial ist eine Flüssigkeit: wenn Stress auf eine Flüssigkeit einwirkt, beginnt sie zu fließen und sie hört auf zu fließen, wenn der Stress zurückgenommen wird; die Deformation kehrt aber nicht in die Ausgangslage zurück. Je höher der Stress, desto schneller fließt die Flüssigkeit: ergibt Beziehung zwischen Stress und Strainrate. Linear-viskose oder Newtonische Beziehung. n 2n s 2s . (eta), Koeffizient der Viskosität; s u / d Geschwindi gkeitsgrad ient , u = Versatz der Scherzone pro Zeiteinheit; d = Dicke der Scherzone. Die Viskosität ist stark T abhängig und wird mit der Arrhenius Beziehung beschrieben: A exp( B / T ) - A, B sind Konstanten, T ist die absolute T, je höher T desto kleiner ). Dimension der Viskosität: Pa.s; (1 Pa = 1 N/m2) Force d Masse Beschl . d kgms2 m d 1 1 1 kgm s . 2 unit area m ms u unit area u u (Figure Twiss 18.2) Resultat: jeder beliebig kleine Stress kann jede beliebig große Verformung hervorrufen, vorausgesetzt der Stress wirkt über eine lange Zeit. Analogmodell ist ein flüssigkeitsgefüllter Zylinder, dessen Kolben Löcher hat. Gesteine unter sehr hoher T und P deformieren so. Plastisches Material Häufige Laborbeobachtung: es braucht einen Auslösestress (“yield stress”) um permanente Deformation zu verursachen. Nach dem Erreichen des Auslösestresses verhalten sich diese Materialien wie viskoses Material. Im Extremfall erleidet der Körper vor dem Erreichen des yield Stresses keinerlei Deformation (rigid-plastisches oder perfekt-plastisches Material). Mathematische Beschreibung durch das „von Mises yield“ Kriterium: s K , K, yield stress. Mechanisches Analog würde der Reibungswiderstand eines Blockes gegenüber dem Gleiten über eine Oberfläche sein. Wichtige Aussagen: a) wenn das Gleiten begonnen hat, kann die Kraft nicht größer als der Reibungswiderstand sein (außer bei Beschleunigung); b) Der maximal mögliche Stress ist der yield Stress; c) Der Stress bestimmt nicht die Strainrate (Fig. Twiss 18.3). Andere Kontinuummodelle Kombination der einfachen Modelle in Serie oder in parallel. Visco-elastisches, Maxwell Material Fig. Twiss 18.4. Besonderheiten: (a) Kurzzeitverhalten: für hohe Viskositäten verhält sich das Material wie ein elastisches, wenn es über eine kurze Zeit mit hoher Belastung versehen wird; (b) Langzeitverhalten: viskos. Silicon-Putties sind die besten Analogiematerialien für visco-elastisches Verhalten (siehe Modellierungsmaterial). Gut für geologische Modelle mit schneller Belastung (z.B. elastische Dicke einer Unter(footwall)platte in Überschiebungszonen) und den langzeitlichen Auswirkungen von Krustenverdickung. Elastisch-plastisches, Prandtl Material Fig. Twiss 18.5, nützlich in der hoch-T Deformation von Kristallen. Visco-plastisches, Bingham Material Fig. Twiss 18.6, Analogmaterial ist nasse Farbe: ist eine Flüssigkeit, hat aber einen kleinen Yield Stress, sodass sie nicht von der Wand herunterfließt. Firmo-viskoses, Kelvin oder Voigt Material Fig. Twiss 18.7, Kurzzeitverhalten ist viskos, langzeitlich wie elastisches Material. Analog ist ein Autostoßdämpfer. 3 Experimentelle Gesteinsdeformation Deformationsapparate: umgeben von einem Ofen, der Druck wird über Gas oder Flüssigkeit angelegt, welche die Kolben antreiben. Probengröße: mm bis einige cm, zylindrisch, meist von Umgebungsdruck (confining pressure) eingeschlossen (100 bis mehrere 1000 MPa), T-Bereich = Umgebungs-T bis zur Schmelz-T. (Fig. 6-4 Weijermars; 6-5 (= Griggs Apparat)). Ergeben geringe Strains (maximal einige %). Neu: Torsionsapparat oder Paterson-Apparat. “Creep-Experimente” Erzeugt wird meist langsame Verformung (“creep”). Aus technischen und praktischen Gründen werden Verformungsraten zwischen 10-4 bis 10-7 (s-1) angelegt. Bei einer Verformungsrate von 10-7 verkürzt sich eine Probe, die 1 cm lang ist um 10-7 cm innerhalb einer Sekunde oder weniger als 1% am Tag (also: 10% (von 10mm zu 9mm) Verkürzung innerhalb von 11.6 Tagen). Experimente werden entweder unter konstantem Stress („creep experiments“) oder unter konstanter Strainrate ausgeführt. Das duktile Verhalten von Materialien wird am besten bei einer gleichen (= homologen (= übereinstimmend, entsprechend) – (“homologous”)) Temperatur (hT) verglichen: hT = T/Tm, T ist die T des Materials, and Tm ist die Schmelztemperatur des Materials (in Kelvin ausgedrückt). Die Schmelz-T ist ein grobes Maß für die Atombindungsstärke von kristallinen Materialien; so ist das Deformationsverhalten vieler Materialien sehr ähnlich bei ähnlicher homologer-T (z.B. Eis und Olivin verhalten sich bei einer homologen-T von 0.95 sehr ähnlich, obwohl die Temperatur des Materials beim Experiment für Eis bei -14C und für Olivin bei 1744C liegen) (die homologe „Temperatur“ ist ein Verhältnis ohne Einheit; Eis: 0.95=xK/273K, x = 259K = -14°C). Die Resultate von Experimenten unter konstantem Stress werden meist in Plots Strain gegen Zeit angegeben (Fig. Twiss 18.8A). Bei hT unter 0.5 zeigt die creep Kurve eine generell abnehmende creep-Rate; dies nennt man “cold working” und das Kriechen wird “logarithmisches Kriechen” genannt, da der totale Strain mit dem Logarithmus der Zeit zunimmt. Für hoch-T creep (bei einer hT über 0.5) zeigt die creep Kurve folgende charakteristische Abschnitte (Fig. Twiss 18.8B): zuerst elastische Verformung, dann Yield, dann ‚primary creep‘ mit ‚work hardening‘ oder ‚strain hardening‘ (= abnehmende Verformung bei konstantem Stress, oder geringere Duktilität bei zunehmendem Strain), dann ‚steady-state creep‘ oder ‚secondary creep‘. Secondary creep ist geologisch am interessantesten, weil ein konstanter Stress theoretisch unendliche Deformation erzeugen kann, also extreme langlebige Deformationszonen bewirken würde (oder welche mit extremer Deformationsintensität). Schließlich folgt ‚tertiary creep‘, bei dem die Strainrate zunimmt und die Probe schließlich bricht (resultiert meist von der Gestaltveränderung der Probe, ist also meist künstlich und kein Charakteristikum eines Materials). Auch Experimente unter konstanter Verformungsrate können entsprechend unterteilt werden (Fig. Twiss 18.8D). Niedrig-T Experimente sind meist work-hardening Experimente (Fig. Twiss 18.8C), jedenfalls bis zum Bruch oder den Grenzen des Apparates. In hoch-T Experimenten wird die tertiary creep Phase durch eine Abnahme des Stresses angezeigt. Der Torsionsapparat erlaubt die Untersuchung von wesentlich höheren Verformungen; es zeigt sich, dass steady-state bei den Griggs-Apparat Versuchen meist nicht erreicht wurde (Abb). 4 Experimente über kataklastisches Fliessen und Reibung Preparatory Homework: Dresen, G., Zur Raumlage und Form von Scherbrüchen – Betrachtungen am Mohrschen Spannungskreis. Geologische Rundschau, 80/3, 649-655, 1991. Wesentlich für das Verständnis von Erdbeben. Experimente untersuchen Gleitung entlang Bruchflächen oder Schnittflächen, die manchmal poliert werden. Gesteinsmehl wird eingefüllt, um Störungsbrekzien zu simulieren (fault gouge). Meist werden konstante Strainratenexperimente durchgeführt (analog zur Natur). Untersucht werden auch die Effekte, die variabler Differenzstress (D=1-3) und Normalstress, variable Versetzungsrate und Rauhigkeit der Oberfläche der vorgegebenen Flächen, die Korngröße der Gouge, und die Dicke der Gougelage auf das mechanische Verhalten (Stress, Strainrate) der Probe haben. Gouge-Experimente (bei Raumtemperatur) haben zwei Charakteristika: (1) kleine Änderungen des Stresses verursachen große Änderungen des “creep”-Verhaltens (Fig. Twiss 18.9A); = kleiner Übergangsbereich von katastrophalem, instabilen Gleiten zum stabilen Gleiten. (2) Der Differenzstress, den man für die Deformation aufwenden muss, ist stark vom Umgebungsdruck (2 = 3) abhängig: beides zeigt einen Reibungsmechanismus an. Zu (2): Alle Arten von Bruchdeformationen sind (Umgebungs-)druckabhängig, jedoch mit unterschiedlicher Intensität: Die P-Abhängigkeit ist größer für den Bruch als für das Reibungsgleiten (Fig. 53 – Paterson), Die Deformation wird duktiler mit zunehmendem Umgebungsdruck (Fig. 47 – Paterson 1978) (also geringer vom Umgebungsdruck abhängig)! Beschrieben wird kataklastisches Fliessen durch das Reibungsgleitungskriterium: _ s n , (Unterschi ed zu Mohr - Coulomb, C 0) . Figs. 2-16, 2-17 geben Übersicht über die experimentellen Daten zum Reibungsgleiten („Byerlee’s law“): Variabilität von in Abhängigkeit von n. Aussagen: (a) Die Festigkeit eines Gesteins bei Reibungsgleitdeformation ist weitgehend unabhängig von der Zusammensetzung, ist aber (b) abhängig vom Vorhandensein von Gouge (Fig. 10, Chester & Logan, 1986). Die Experimente für kataklasisches Fliessen zeigen, dass es zwei Reibungskoeffizienten gibt: einen für statische Reibung (ist etwas höher) und einen für Gleitreibung (‚sliding friction‘); der slidingfriction Koeffizient vermindert sich leicht während der Gleitung. In Perioden des Gleitstillstandes nimmt der Koeffizient der statischen Reibung in der Zeit zu – was zu einer Verfestigung der Deformationszone führt (Fig. Twiss 18.9). Diese Resultate sind ähnlich natürlichen Beobachtungen in Erdbebengebieten. Die Stresszunahme entlang einer Störung kann zu raschem Versatz während eines Erdbebens führen. Dies impliziert eine dynamische Instabilität, die durch eine abnehmende Festigkeit bei zunehmendem Versatz charakterisiert ist. Des Weiteren zeigt die Tatsache, dass Störungen mit beträchtlichem Versatz noch immer eine signifikante Scherfestigkeit besitzen, dass es einen statischen Verfestigungsmechanismus geben muss, der die Festigkeit der Störung in Perioden mit fehlendem Gleiten erhöht. Fig. Twiss 18.10 zeigt ein mögliches Modell für Erdbebenzonen. Das Modell besteht aus einer seriellen Anordnung einer Feder und eines Blockes mit Reibungswiderstand. An die Feder wird eine gleichbleibende Geschwindigkeit (analog zur Natur) angelegt. Die Feder streckt sich und legt eine Kraft an den Block. Der Scherstress an der Basis des Blockes nimmt zu, bis der Koeffizient der statischen Reibung überwunden wird, der Block gleitet und der Reibungskoeffizient nimmt mit zunehmendem Versatz langsam ab (d.h.: der Koeffizient der Reibung für diesen Block reduziert sich während 5 des Versatzes vom statischen zum dynamischen Wert). Dem Hook’schen Gesetz folgend (lineare Beziehung Displacement und Kraft), nimmt die Kraft, welche die Feder auf den Block ausübt, ab. Zwei Fälle sind nun zu unterscheiden: (1) der Reibungswiderstand nimmt schneller ab als die Kraft der Feder; es bleibt also eine Kraft, die den Block beschleunigt und die Gleitbewegung wird instabil – dies entspricht einem Erdbeben. Schließlich bewegt sich der Block so weit, dass die Kraft der Feder nicht mehr ausreicht den Block zu bewegen, er kommt zum Stillstand. Der Zyklus beginnt von neuem mit dem Überkommen des statischen Reibungskoeffizienten. Das Gesamtergebnis entspricht dem typischen stick-slip Verhalten von Erdbebenzonen. Hintergrundinfo: Die „far-field“ Bewegungen an Störungen sind meist durch stabiles (beständiges) Gleiten charakterisiert. Stick-slip Verhalten kann dabei desweiteren durch eine Erhöhung des Umgebungsdrucks bewirkt werden (Erhöhung der Reibung). Die Erhöhung des zum Bruch nötigen Differenzstresses (Twiss 18.9) wird auch oft durch die Versiegelung der Störung bedingt wird. (2) der Reibungswiderstand nimmt langsamer ab, als die Kraft der Feder (d.h. die Neigung der StressVersatzlinie der Feder ist steiler als die für den Reibungskoeffizienten). Dann ist immer genügend Kraft zur Bewegung des Blockes vorhanden. Dies führt zum stabilen Gleiten. Einschub 1: Christopher H. Scholz, Earthquakes and frictional laws, Nature, 391, 37-42, 1998. Beobachtung: Erdbeben treten selten (oder nie) entlang von neugebildeten Bruchflächen auf, sondern entlang von vorgegebenen Flächen. Sie sind deshalb ein Reibungs- nicht ein Bruchphänomen. Typischer Prozess ist stick-slip (‚stick-slip frictional instability‘): das Erdbeben ist der slip, die zwischenseismische (interseimic) Periode der Akkumulation der elastischen Strains, der stick (siehe oben). Standardmodell (Brace & Byerlee, 1966): Gleitung beginnt, wenn das Verhältnis des Scher- zum Normalstress entlang der Störung den statischen Reibungskoeffizient s erreicht ( s s n ). Wenn die Gleitung begonnen hat, fällt der Reibungswiderstand zu einem niedrigeren, dynamischen Reibungskoeffizient d; diese Schwächung des Gleitwiderstands kann zu einer dynamischen Instabilität führen (= Beschleunigung der Bewegung, siehe oben). Neue Experimente zeigen: s hängt von der Geschichte der Gleitung an der Störung ab. Sind die Gleitflächen unter statischer Berührung über eine Zeit t, dann nimmt s langsam mit logt zu. (“Altern von s”; vermutlich Mineralwachstum in der Störung, Vergrößerung der Zahl der Irregularitäten entlang einer Störung). Die dynamische Reibung im steady-state Gleitbereich hängt von der Gleitgeschwindigkeit V ab (Abhängigkeit als logV). (“Geschwindigkeitsabhängigkeit von d”). Bei rascher Änderung der Gleitgeschwindigkeit entwickelt sich die Reibung zu einem neuen steady-state Wert über einen charakteristischen Gleitbetrag(-strecke) L. Neues “Raten- und Zustands-abhängiges” Gesetz (Dieterich-Ruina or ‘slowness” constitutive law): ist empirisch und heuristisch (von weiteren Experimenten und dem Wissenschaftsfortschritt abhängig). V V b ln 0 L V0 0 a ln , effektiver Normalstress (= angewandter Normalstress - Porendruck); [], beschreibt Reibung; V, Gleitgeschwindigkeit; V0, eine Referenzgeschwindigkeit; 0, steady-state Reibungskoeffizient bei V=V0; a, b, Konstanten; L, kritische Gleitstrecke; , die Zustandsvariable, entwickelt sich nach: , Scherspannung; d V 1 (was eine Zeit darstellt – siehe unten). dt L Bei Beginn der raschen Gleitung (Abb. Box 1) erhöht sich die Reibung um den Betrag a (= direkter Geschwindigkeitseffekt). Dies wird gefolgt von einem sich entwickelten Effekt von der Größe b, der die Verminderung der Reibung beinhaltet. 6 Vergleich mit dem alten Gesetz: Wenn dynamische Reibung, d, als die steady-state Reibung bei der Geschwindigkeit V definiert wird, dann ist: dd a b (Abb. Box 1). d (lnV ) Wenn die statische Reibung, s, definiert wird als die Reibung nach einer längern Periode (der Zeit t) ohne Gleitung, dann gilt für lange Zeit t: ds b . (b entspricht dem maximal möglichem ). d (ln t ) Der Name “slowness law” kommt, weil bei steady-state das Reibungsgesetz lautet: 0 (a b) ln(V / V0 ) . und sich damit ss L / V (was t ist - Länge/(Länge/Zeit); L/V wird als „slowness“ bezeichnet) ergibt. V V b ln 0 ; Einsetzen von ss L / V L V0 0 a ln V V 0 a ln b ln 0 V V0 0 a ln V a ln V0 b ln V0 b ln V 0 (a b)(ln V ln V0 ) V 0 0 (a b) ln V L wird interpretiert als die Gleitstrecke, die nötig ist, die Kontaktpopulation zu erneuern (Kontaktpopulation: mit dem Versatz entlang den Störungsflächen wird eine Zunahme der Kontaktflächen bewirkt, bis die Störung wieder vollständig blockiert ist – die Rauhigkeiten, die dazu notwendig sind, sind die Kontaktpopulation). Bei dieser Interpretation ist ss eine durchschnittliche „contact lifetime“ (Kontaktlebensspanne). Dieses Fliessgesetz ist: nicht besonders materialabhängig, die frühere Unterscheidung in s und d verschwindet, die steady-state Reibung 0 ist fast Material- und T-unabhängig, 0 bestimmt die Störungsfestigkeit (fault strength) aber hat keinerlei Einfluss auf das seismische Verhalten der Störung; letzteres ist nur von der Stabilität des Reibungsgleitens (L, a und b [damit V]) abhängig. Das Reibungsgleichgewicht hängt von zwei Reibungsparametern ab: L, der kritischen Gleitstrecke; (a-b), die Geschwindigkeitsabhängigkeit der steady-state Reibung: ( a b) ss ln(V ) , ss - steady state (Abb.1, Box 1). bei (a-b)=+: ist das Material “geschwindigkeitsverfestigend” und das Gleiten ist stabil; (siehe Gleichung: 0 (a b) ln(V / V0 ) ) bei (a-b)= –: gibt es eine Aufteilung in einen Bereich der instabil ist und einen dynamisch instabilen Bereich (Box 2, Fig 2). Der dynamisch instabile Bereich wird instabil, wenn er einen begrenzten Geschwindigkeitspuls (velocity kick) bekommt (bedingt stabiles Feld = conditionally stable field). Erdbeben können nur im instabilen Feld entstehen, aber können in das bedingt stabile Feld migrieren, vorausgesetzt, dass der dynamische Stress (durch die Gleitung bewirkt) einen entsprechenden Geschwindigkeitssprung (V) induziert, um den stabilen Bereich in den instabilen überzuführen. Der Parameter (a-b), der die Stabilität bestimmt (über: c kL (k, Federkons tante oder Steifheit, c , kritischer effektiver Normalstre ss) , ( a b) 7 ist eine Materialeigenschaft; ist T-abhängig (Fig. 1A), ist negativ (also ergibt instabiles Gleiten) für low-T und wird positiv (was stabiles Gleiten impliziert) bei ~300C, was durch das Einsetzen der Kristallplastizität von Quarz bedingt ist (Beispiel ist von Granit). Also über T 300C keine Erdbeben. (a-b) ist auch positiv in Störungen mit viel Störungsbrekzie (fault gouge) (Fig. 1A,B). Scherung einer Störungsbrekzie involviert einen zusätzlichen “hardening” Mechanismus (Grund ist die Volumszunahme). So haben Störungen mit viel Gouge nahe der Erdoberfläche auch einen positiven (a-b) Wert und sind stabil (keine Erdbeben - reines Gleiten (creep)). Ein synoptisches Stabilitätsmodell ist in Fig. 2 dargestellt, das auf obiger Änderung in (a-b) aufbaut. Starke Krustenerdbeben können den Oberflächenbereich (wo (a-b) + ist) durchbrechen und Versatz bewirken = bedingt stabiles Feld. Die drei Stabilitätsfelder resultieren in drei charakteristischen seismischen Stilen: stabiles Feld: (z.B. in den äußeren Teilen eines Akkretionskeils oder in Salz) Slip ist total aseismisch (wegen duktiler Deformation (z.B. Salz) oder Gleiten in unkonsolidiertem Material); instabiles Feld: große Erdbeben, lange Ruheperioden bedingt stabiles Feld: (z.B. die creeping Sektion der San Andreas) haben hohe steady-state Rate von Mikroerdbeben mit sehr geringem Beitrag zur seismischen Momentfreisetzung (“moment release”), die hauptsächlich aseismisch erfolgt (seismisches Moment: lineares Maß der Erdbebenstärke, M0=GuA, u – mittlere Gleitung während des Erdbebens, A – Bruchareal (rupture area), G – Schermodul). Diese kleinen Erdbeben treten sehr häufig an ein und derselben Stelle auf; diese Stellen markieren geometrische Irregularitäten, wo der Normalstress etwas höher ist und dadurch einen Übergang in das instabile Feld ermöglicht wird. Seismische Kopplung Die seismische Kopplung einer Störung wird angegeben durch den seismischen Kopplungskoeffizienten (chi) = Verhältnis der Momentfreisetzungsrate bestimmt aus der Summation aller Erdbebenversätze1 durch die totale Rate des Versatzes bestimmt aus den plattentektonischen Bewegungen 1 M0 = GvA (Momentfreisetzungs-Rate) GvA (v aus v der Erdbeb en) GvA (v aus Plattenbe wegungen) . Für = 1 ist die Störung völlig im instabilen Feld, für = 0, total im stabilen Feld. Fast alle krustalen Störungen zeigen = 1 (fault is fully seimically coupled); d.h. alle plattentektonische Bewegung wird durch Erdbeben abgebaut. Für viele Subduktionszonen: < 1; das kann z.B. durch hohen Porenwasserdruck erzeugt werden. Stadien im seismischen Zyklus Störung wird durch konstante Plattenbewegung angetrieben (’remotely controlled’). Fig. 5 zeigt den Versatz als eine Funktion der Tiefe in unterschiedlichen Zeiten während des seismischen Zykluses. Annahmen sind: (1) die Gültigkeit des obigen Reibungsgesetzes, (2) die Variation des (a-b) Parameters wie in Fig. 1A (T-Abhängigkeit, Gougedicken-Abhängigkeit), und (3) die Zunahme von mit der Tiefe, wie es in Bohrlöchern beobachtet wird ( beeinflusst in krustalen Störungen die Stabilität durch seine Tiefenzunahme und diese Beeinflussung wird ausgedrückt im Stabilitätsparameter: ( a b) ) . Während der zwischenseismischen Periode wird die Störung belastet durch den stetigen Versatz in der tiefen stabilen Gleitregion der Störung. Vor dem eigentlichen Erdbeben gibt es eine prä-seimische Phase (“nucleation”). Hier beschleunigt das Gleiten bis die Instabilität sich in coseismischer Bewegung ausdrückt. Diese Bewegung penetriert bis über die Stabilitätsgrenze und belastet dadurch diese Region (= die eigentlich stabil gleitet (bedingt stabiles Feld)), die dann durch eine post-seismische Phase von erhöhtem Gleiten reagiert. Dieses erhöhte Gleiten nimmt exponential mit der Zeit ab (dauert Jahre bis Jahrzehnte). Diese Abfolge entspricht sehr gut den geodätischen Messungen. Oft wird auch eine oberflächennahes Relaxation-Phänomen beobachtet (’afterslip’): hier gleitet die Störung in einem Verhältnis zum log der t, die seit dem Erdbeben in größerer Tiefe vergangen ist. Wird üblicherweise dort 8 beobachtet, wo es eine dicke Lage von gouge oder unkonsolidierten Sedimenten gibt (=stabile Lage am top siehe Model (a-b) = +). Im Fall einer Generalisierung des Instabilitätszustandes vom 1-D elastisch-plastischen Zustand (Feder-Block) zum 2-3-D Fall eines gleitenden Fleckens der Größe L, gilt: k G L , (G, Schermodul, , geometrische Konstante mit 1). D.h. die Steifheit k der Störung skaliert invers zu L. Das impliziert, dass die Instabilität auftritt, wenn die stabil gleitende Fläche eine bestimmte, kritische Größe Lc (die Nukleationslänge) erreicht hat. Lc GL _ . (b a ) Die physikalische Bedeutung und die Skalierung von L (kritische Gleitstrecke) sind unbekannt. Im Labor wurde ~10 m gemessen, unter der Annahme, dass es sich bei L um z.B. die Gougedicke oder Oberflächenkontakttopographie (zwischen den Störungen) handelt, ergeben sich wesentlich größere Werte. Wenn Lc konstant für natürliche Störungen ist, dann repräsentiert der Wert eine minimale Erdbebengröße (dann Lc.= < 10 m). Foreshocks weisen auf eine Größe von km. Reading assignment: Ikari et al. On the relation between fault strength and frictional stability. Geology, 39, 1, 83-86, 2011. Di Toro et al. Fault lubrication during earthquakes. Nature 471, doi: 10.1038/nature09838, 2011. Lockner et al. Low strength of deep San Andreas fault gouge from SAFOD core. Nature, doi:10.1038/nature09927. Collettini et al.. Fault zone fabric and fault weakness, Nature 462, doi:10.1038/nature08585, 2009. Sone, H. and Shimamoto, T. Frictional resistance of faults during accelerating and decelerating earthquke slip. Nature Geoscience, doi:10.1038/NGEO637. Experimente im Bereich des steady state creep Ab einer Tiefe von 15-20 km, hT>0.5. Unterteilung in niedrig-, mittel- und hoch-Stress Bereiche. Mittelstress-Bereich = power law creep 20<D<200 MPa Strainrate ist exponential bezogen zum Differenzstress. Für konstante Stressexperimente: E* RT n s n A1 D exp Für konstante Strainratenexperimente: D K1 s s 1 n E* exp nRT {{{{mit exp x e x 1 / e x , e = 2.718}}}} A1, K1 sind Konstanten, n ist der Stressexponent (typisch 3-5); diese Konstanten sind charakteristisch für ein bestimmtes Material (Gestein). E* ist die Aktivierungsenergie per Mol, R ist die Gaskonstante (Boltzmann-Konstante) per Mol. 1 1 n K1 A1 E* ist die Energiebarriere, die überkommen werden muss, um creep zu initiieren: Energiebarriere sagt aus, dass creep ein thermisch aktivierter Prozess ist. Die Gleichungen besagen, dass power-law creep stark von der T und abhängen. Der Exponentialteil der Gleichung nimmt stark mit Erhöhung von T zu (erste Gleichung) oder ab (zweite Gleichung). Typisches Experiment unter konstanter Strainrate und T-Variation (Gestein - Dunit - Olivingestein): ergibt Plot gegen ; Fig. Twiss 18.11. Typisches Experiment zur Bestimmung des Effekts der 9 Strainrate (konstantes Stress Experiment): Fig. Twiss 18.12. Ein power-law Material (Fig. Twiss 18.11 und 18.12) ist ähnlich einem elastisch-plastischen Material; Fig. Twiss 18.13: bei hohem nWert nähert sich das Verhalten des Materials sehr an ein perfekt plastisches Material an, d.h. die Strainrate wird bei höherem n mehr sensitiv für kleine Stressänderungen. Hochstess-Regime: exponentiale creep-Gesetze: Für D > 200 MPa. E* RT s n A2 exp( D ) exp Lowstress-Regime: power-law creep mit niedrigem n Für D < 20 MPa. n ist zwischen 1 und 2. Fig. Twiss 18.15: Creep-Daten für Solenhofen Kalk; deformiert meistens im low-stress Regime (n = 1.7). Fig. Twiss 18.14: Steady-state creep data für Olivin. Effekte von Druck, Korngröße und chemischem Environment auf steady-state creep Druck Eigentlich nur bei Manteltiefen von Bedeutung. Niedrigerer Druck verringert steady-state Stress bei konstanter Strainrate und steady-state Strainrate bei konstantem Stress (Fig. Twiss 18.16). Der Druck p wird folgendermaßen in die Gleichung gebracht: ( E * pV * ) RT n s n A1 D exp V*, ist das Aktivierungsvolumen per Mol und wird generell als das Volumen des Kristalls interpretiert, das durch den Aktivierungsprozess beeinflusst wird. E*+pV*=H* ist die Aktivierungsenthalpie. Mit Zunahme des Druckes nehmen der Betrag des Exponentialausdruckes und auch die Strainrate bei konstantem Stress ab. Beispiel (nicht nachgerechnet): Für Olivin ist V* = ~2.7×10-5m3/mole. In einer Tiefe von 30 km ist p ~109N/m2, so ist der pV* Ausdruck weniger als 5% von E* = 540000 J/mole. Für T = 1000°K, konstante Strainrate, und n = 3.5, ist nur 2.5×größer als an der Oberfläche; für die gleiche T, Tiefe, und konstantes wäre die Strainrate nur 0.04×größer als an der Oberfläche; dies ist in der Fehlergrenze der experimentellen Daten. [Enthalpie, thermodynamischer Wärmeinhalt eines Systems (Einheit Joule J). Die Enthalpie einer Substanz ist die Summe ihrer inneren Energie E und der verrichtbaren Volumenarbeit p·V (p, Druck; V, Volumen): H = E+p·V. Unter Enthalpie versteht man i.e.S. die bei einer Reaktion unter konstantem Druck umgesetzte Wärme (Reaktionswärme).] Die Gleichung: gTm beschreibt die Abhängigkeit der creep-Rate von T und p T A1 D n exp s s in polykristallinem Material. Dabei ist die T normalisiert durch die Schmelz-T und g ist eine Konstante (materialabhängig). p-Abhängigkeit kommt herein, da Tm von p abhängt (Tm nimmt mit p zu). Korngröße Yield Stress nimmt generell mit zunehmender Korngröße ab (Fig. Twiss 18.17A), Ausnahmen (!) sind sehr feinkörnige Gesteine im low-Stress Regime (n < 2), dort nimmt der steady-state Stress schnell mit der abnehmender Korngröße ab (Fig. Twiss 18.17B,C; experimentell nachgewiesen in Kalken <10.5m und in Olivin <27m). In diesem Bereich muss die power-law Gleichung durch einen Korngrößenparameter (d) ergänzt werden. E* RT b n s n A2 d D exp Chemisches Environment 10 Bei höherer T löst sich Wasser in ppb im Gitter von Silikaten. In einigen Mineralien, wie Quarz, Fsp., Olivin, reduziert dies die Aktivierungsenergie für creep (water oder hydrolytic weakening). In Quarz ist der Effekt p-abhängig (weil die Löslichkeit von Wasser im Silikatgitter mit p zunimmt). Auch vermindert das Vorhandensein von Wasser die Tm (siehe obige Gleichung mit Tm/T). Auch der Partialdruck von Sauerstoff hat einen Einfluss auf die creep-Bedingungen (z.B. Fig. Twiss 18.18). [ D 1 E* n K1 s s exp ; Erinnerung mit höherer T nimmt exp-Term ab und auch; eine Verringerung nRT von E führt auch zu einer Abnahme von exp und .] Anwendungen der Fliessgesetze auf natürliche Deformation Alle duktile Fliessgesetze zeigen, dass Stress zur Strainrate bezogen ist und nicht zum finiten Strain!: beobachtet wird aber finiter Strain (in der Natur). Weil die Strainrate bei den Experimenten im generellen der inkrementelle Strain in der Einheitszeit ist (siehe Box 18.1), und weil der finite Strain generell nichts über den inkrementellen Strain aussagt, ist es inkorrekt, dass die meisten Strukturen mit Hilfe der Orientierung von Stress interpretiert werden. Bei finitem Strain ist Verkürzungsrichtung (contraction direction) nicht gleich der Kompressionsrichtung (compression direction). Generell sind Fliessgesetzuntersuchungen auf monomineralische Gesteine beschränkt worden (Ausnahmen Tabelle 18.1). Es zeigt sich, dass ein kleiner Beitrag eines schwächeren Minerals in einem sonst monomineralischen Gestein das Fliessverhalten stark beeinträchtigt (starke Auswirkungen für Interpretationen von natürlichen Deformationszonen) Extrapolation zu natürlichen Strainraten Plattentektonik 5cm/yr; Scherstrainratenberechnung für Bewegung einer Platte über die Lithosphäre: a b Scherstrain = a/b, a = 5cm/yr, b = Dicke der Astenosphäre (z.B. 200km) 5cm / yr 1.6 10 8 cm / sec 0.8 10 14 s 1 6 200km 2 10 cm Geologische Strainraten üblicherweise 10-12 bis 10-15 s-1. Beispiel: Extrapolation von Yule-marble: (Fig. 7-22 - Weijermars); Probleme der Extrapolation: z.B. würde die Extrapolation vom Solenhofener Kalk moderate-stress law zu natürlichen Bedingungen (Fig. Twiss 18.15), ohne Berücksichtung des low-stress Regimes, zu viel höheren Stress bei einer gegebenen Strainrate führen. Anwendbarkeit der Fliessgesetze bei Extrapolation über 5-10 Größenordnungen? Schlüssel ist der Vergleich der Deformationsmikrostrukturen in den natürlichen und den experimentellen Materialien: gibt es ähnliche Deformationsmikrostrukturen? Kapitel 19. Variationen der mechanischen Eigenschaften mit der Tiefe Wichtig um das Deformationsverhalten der Erde zu verstehen. Änderungen in der T, P und mineralogischen Zusammensetzung. Drucke ändern sich kaum horizontal in der Erdkruste (relativ klein); TÄnderungen je nach geothermischem Gradienten (Fig. Twiss 18.19A). Fig. 18.19B,C plotten den Stress, den man braucht um eine Strainrate von 10-14s-1 mit einem power-flow-law in verschiedenen Gesteinen zu erhalten, variiert wird der geothermische Gradient. Resultat: kalte Lithosphäre ist fester. 11 Vertikale Änderung der Fliessgesetze: Bruch und kataklastisches Fliessen beherrschen den Bereich bis 10-20 km Tiefe (dort steigt der Differenzstress mit zunehmendem Druck - e.g. MohrCoulombsches Gesetz oder Reibungsgesetz). Im spröd-duktilem Übergangsbereich: Wechsel des Pbetonten zum T-betonten Fliessgesetz. Fig. Twiss 18.20 zeigt zwei mögliche Krustenfestigkeitsprofile. Wesentlicher Unterschied liegt in der Verteilung der Festigkeitsmaxima. Fig. Weijermars 8-22 zeigt den (sekundären) Einfluss von H2O (Porenwasserüberdruck). Beispiele der Anwendung der lithosphärischen Festigkeitsprofile auf Orogene: Modellierung der lateralen Extrusion in den Ostalpen Einschub 1: Strain-Raten Strainraten können angegeben werden: 1) basierend auf der Rate der Änderung des finiten Strains, 2) basierend auf inkrementellen Strain pro Einheitszeit. Der Unterschied zwischen den beiden ist, dass für die Raten der finiten Extension und des finiten Scherstrain ( e n und e s ) die Referenzlänge die ursprüngliche Länge L ist; im Gegensatz dazu ist für die Raten der inkre mentellen Extension und des Scherstrains ( n und s ) die Referenzlänge die augenblicklich deformierte Länge l (siehe Abbildung). Die zwei Raten sind bezogen über die Streckung (sn). dl / dt dl / dt L e n l L l sn du / dt du / dt L e s l L l sn n s dl dl dl dl l l ; e L ; s dt ldt dt Ldt L dl e Ldt dlL dl l Ldtl ldt s L Fig. Twiss 18.1.1 definiert die finite Scherstrainrate. Die Verwendung von e n und e s (finite Strainrate) ist notwendig, wenn das mechanische Verhalten des Materials vom Strainbetrag abhängt, der seit dem initialen Stadium akkumuliert ist; ist das Materialverhalten unabhängig vom totalen Strain (undeformiertes Material ist mechanisch ununterscheidbar vom deformierten Material; z.B. viskose Flüssigkeit), dann inkrementelle Raten. Einschub 2: Experimentelle Bestimmung der Materialkonstanten in den creep-Gleichungen Siehe Box 18.2 Twiss 1. Wahl der dem Material entsprechenden Fließgesetzgleichung (also die obigen diskutierten Gleichungen). 2. Konstante Stress- oder konstante Strainraten-Experimente; Strainraten-Experimente sind häufiger, so Erläuterung an diesem Beispiel. 3. Grundform der creep-Gleichung 1 n b H mit H E pV , H, Aktivierungsenthalpie nRT K / d n exp 4. Bildung von ln von beiden Seiten der Gleichung und Reorganisierung, sodass die Ausdrücke in der geschwungenen Klammer (siehe Gleichung unten) entweder von Natur aus Konstanten sind oder während eines Experiments konstant gehalten werden können. Die unabhängige Variable wird als Ausdruck auf die Stelle der Gleichung gesetzt, die weitesten rechts ist. ln D 1 H * 1 ln s n ln K1 b ln d n RT n 12 ln D 1 ln K1 b ln d ln s n H * 1 n Rn T 1 H * V * p ln K1 b ln d ln s n n RT nRT b 1 H * ln D ln K1 ln s n ln d n RT n ln D [Hilfe bei Gleichungsumwandlung, Logarithmensätze: ln(yz) = ln x + ln z ; ln y/z = ln y – ln z ; ln ln y y z = z ln y ; z = 1/y ln z] 5. Während des Experiments werden alle Ausdrücke in den konstant gehalten, sodass sich eine lineare Beziehung zwischen dem Stress und der unabhängigen Variablen ergibt. 6. Für jedes einzelne Experiment wird die abhängige gegen die unabhängige Variable aufgetragen; dies erlaubt die Steigung der Datenverteilung zu bestimmen, was den Betrag des Koeffizienten der unabhängigen Variable ergibt. Beispiel für n (Stressexponent), Fig. 18.2.1, Twiss; Gleichung 18.2.2. Beispiel für H, Fig. 18.2.2., Twiss: Gleichung 18.2.3, als Steigung ergibt sich H/Rn, wobei R eine Konstante ist und n schon unabhängig bestimmt wurde (siehe oben). Beispiel für V (Aktivierungsvolumen): Fig. 18.2.3, Twiss: Gleichung 18.2.4: R ist Konstante, T kann im Experiment konstant gehalten werden, n wird unabhängig bestimmt. Schematisch ist diese Vorgangsweise in der Tabelle p. 370 Twiss dargestellt. 7. Kennt man alle Materialparameter außer K, kann K als der mittlere Wert bestimmt werden, der sich aus dem Schnittpunkt aller Steigungsgeraden mit den Y-Achsen ergibt. 8. Wichtig: aus den Gleichungen ersieht man, dass alle Konstanten vom Wert n (1/n vor ) abhängen. 9. Überprüfung der Konstanten durch Experimente unter konstantem Stress; generelle Form der Gleichung schaut dann z.B. für die Bestimmung von H so aus: H 1 ln ln K b ln d n ln RT Die Steigung des Plots gegen 1/T ergibt dann den Wert für H/R direkt, ohne dass n unabhängig bestimmt werden muss. Konstante Stressexperimente sind deshalb für die Bestimmung der Materialkonstanten zu bevorzugen! Einschub 3: Creep Gleichungen in 3D Siehe Box 18.3 Twiss. If you like to read....... 13 (3) Festkörperphysikalischer Ansatz: Mikroskopische Aspekte der duktilen Deformation Zusammenfassung makroskopischer Ansatz: Rheologische Betrachtung = Behandlung der Beziehung zwischen Strainrate und Stress; Deformationsmechanismen: Abhängig von T, Umschließungsdruck, Differenzstress Darstellung der experimentell bestimmten Fliessgesetze (makroskopischer Ansatz) in Deformationsmechnismenkarten: Darstellung der Bereiche dominierender Deformationsmechanismen (dargestellt durch normalisierten Stress und der homologen-T. Twiss Figure 19.1 – Deformationsmechnismenkarten für qtz, cc, ol (für die rheologisch wesentlichen Mineralien in der Kruste, Sedimentgesteine, Mantel). Dicke Linien scheiden Bereiche wo ein bestimmter Mechanismus dominiert (niedrigster Stress). Dünne Linien sind Strainratenkontouren. Schattiert ist die wahrscheinliche Strainratenvariation in der Natur. Die Karten basieren auf den spezifischen rheologischen Konstanten der Tabelle 18.1. Viele Faktoren gehen nicht ein: e.g., hydrolytic weakening, das T und bei der Dislokationsdeformation herabsetzt und die Rolle des Wassers beschreibt. Weiters sind diese Karten für eine bestimmte Korngröße gezeichnet und gerade in Myloniten ändert sich die Korngröße während der Deformation stark. Verbindung Experiment - Natur: Deformationsmechanismen können über das Gefüge (fabric) erkannt werden. Gefüge = fabric: geometrische Strukturanordnung. Definitionen von Gefüge und Textur Mikrogefüge: Vorzugsorientierung von kristallographischen Richtungen und Orientierung von Mineralen. Inkonsistenz mit den Metallurgen: die nennen die Vorzugsorientierung von kristallographischen Richtungen: Textur; Geologen beschreiben mit Textur die Gestalt und die Anordnung der Kristallkörner. Substruktur: Anordnung der Gitterdefekte Hier wird der metallurgische Begriff der Textur verwendet! Aber: wohl beste Bezeichnung: lattice preferred orientation (LPO) Niedrig-T Deformationsmechnismen Elastisches Verhalten Interatomare und intermolekulare Kräfte. Während der elastischen Deformation werden die Ionen aus ihrer Position einer minimalen potentiellen Energie gebracht. {Der fundamentale Bau der meisten Minerale, d.s. Silikate besteht aus verschieden kombinierten SiO4 Tetrahedern, die durch Ionen zusammengehalten werden und die den Ladungsausgleich herbeiführen}. Reibungsdeformation Siehe vorhergehende Diskussion Granulares Fliessen Involviert ein Rollen und Gleiten von rigiden Partikeln. Meist in unverfestigten Sedimenten und unter niedrigem Umgebungsdruck, beobachtet in Akkretionskeilen. Granulares Fliessen involviert eine Volumszunahme, da die Partikel, die übereinander gleiten keine enge Packung behalten können. Hohe Porenwasserdrucke begünstigen granulares Fliessen, da sie den Normalstress herabsetzen. Sehr schwierig zu erkennen. Gut gerundete Partikeln und Softsedimentdeformation. Kataklastisches Fliessen Involviert eine Kombination von Bruch, Reibungsgleiten und granularem Fließen. Folgt häufig der Zone des granularen Fliessens in größerer Tiefe, da ein erreicht wird, der es erlaubt Körner zu brechen (Umschließungsdruck ist höher; (Fig. 9.11 Twiss)). Kataklastische Gefüge sind charakterisiert durch eckige Fragmente, Brüche, heterogene Korngröße und durch das Fehlen einer Schieferung. Progressives kataklastisches Fliessen resultiert in einer Zunahme des Anteils an kataklastischem Material, dadurch in einer Verbreiterung der Störungszone (Zentralzone hat Volumszunahme) und eine Abnahme der Korngröße. So existiert für jedes Gestein eine Beziehung zwischen dem Versatz 14 und der Dicke der Gouge und auch eine Beziehung zwischen der Korngröße und dem Strain (siehe Skalierungsparameter Vorlesung – Abb. Scholz) Pseudotachylite sind nichtgeschieferte glasige oder kryptokristalline Gesteine, sind mit Kataklasiten verbunden und treten in Gängen auf (veins). Interpretiert als Schmelzen durch Reibungserwärmung während eines Erdbebenversatzes. Gestein ist trocken und die Versetzungsraten sind hoch. Die meisten Pseudotachylite sind aber ultrafeinkörnige Kataklasite. Zwillingsgleiten Entweder durch Spiegelung an der Zwillingsfläche (Calcit) oder durch Rotation der originalen Struktur um eine Achse normal zu der Zwillingsebene (Albitzwilling in Plagioklas). Deformationszwillinge entstehen durch ‚simple shear’ Gleiten entlang der Zwillingsfläche (Fig. 3.10, 3.9, 3.11 unpublished, Twiss Fig. 19.3; 3.13 unpublished). Calcit: Scherstress 10 MPa entlang der Zwillingsfläche. Maximaler Scherstrain, der durch vollständige Verzwilligung erreichbar ist: 0.35 (engineering shear strain: e = 1/2tan[psi]) (Twiss Fig. 19.3). Beachte Reorientierung der c-Achse, senkrecht auf die CO3-Gruppe. Dieser Mechanismus führt nicht zu steady-state creep und wird deshalb nicht auf Deformationsmechanismenkarten dargestellt. Diffusion und Lösungskriechen (creep) Präambel: komplex und teilweise noch nicht quantitativ verstanden. Allgemein: Resultiert aus der Diffusion von Punktdefekten durch das Kristallgitter, die Diffusion von Atomen und Ionen entlang Korngrenzen und durch die Diffusion von gelösten Komponenten in einer fluiden Phase entlang Korngrenzen. Punktdefekte in einem Kristallgitter sind entweder Zwischenräume (interstitials) und Gitterfehlstellen (vacancies). Zwischenräume sind Extra-Atome, die in das Gitter eines Kristalls eingefügt sind (TwissFig. 19.4). Eine Gitterfehlstelle markiert eine Gitterstelle, die nicht von einem Atom okkupiert wird. Da Zwischenräume höherenergetische Defekte sind, sind Fehlstellen (niedrigenergetische Defekte) wichtiger bei der Deformation. Nabarro-Herring Creep Die Bewegung der Gitterdefekte durch das Kristallgitter ist thermisch aktiviert. Die Bewegung der Fehlstellen erfolgt entgegen der Bewegungsrichtung der Atome (Twiss-Fig. 19.5). Bei Anlegung eines Differenzstress werden Fehlstellen im Bereich gebildet, wo der kompressive Stress ein Minimum ist und werden dort zerstört wo der kompressive Stress ein Maximum ist (TwissFig. 19.6). Das Fließen der Atome ist in die entgegengesetzte Richtung und ein Korn ändert seine Gestalt, indem die Atome von den Hochstressflächen wegwandern und entlang den Niedrigstressflächen angehäuft werden (Twiss-Fig. 19.7). Box 19.1: Rheologisches Modell für N-H creep. Beobachtung ist: Deformation tritt auf durch Stress-induziertes Fließen von Fehlstellen durch den Kristall; Strainrate hängt daher ab von: Fehlstellendichte und Migrationsrate. Die Fehlstellendichte ist abhängig von: T und Kristallflächenorientierung zum Stress. Unter nichthydrostatischen Bedingungen unterscheidet sich die Anzahl der Fehlstellen an unterschiedlichen Flächen und es entsteht ein Konzentrationsgradient entlang dem die Fehlstellen diffundieren (darum ein Aktivierungsvolumen und Korngröße). Die Strainrate ist damit zum Fehlstellenfluss bezogen: D, 6VD0 2 H d D exp RT RT Differenzstress; V, Aktivierungsvolumen; d, Korngröße; T, absolute T; H = E+pV, Aktivationsenthalpie für Selbstdiffusion durch das Volumen, die gleich ist der Aktivierungsenergie + dem Druck dem Aktivierungsvolumen; D0, Diffusionskonstante. Beachte: der Stressexponent = 1: bedeutet, dass dieser Deformationsmechanismus die Rheologie einer (Newtonischen) viskosen Flüssigkeit produziert; hängt invers vom Quadrat der Korngröße ab, sodass bei einer Korngrößenzunahme, der Mechanismus schnell ineffizient wird. 15 (Die Modelle werden also gemacht, indem man Annahmen über die [beobachteten] ablaufenden Prozesse macht, und diese Annahmen in Gleichungen fasst. Die Modellgleichungen versuchen die beobachteten physikalischen Prozesse zu erklären (TAbhängigkeit, Korngrößeneffekt, etc.). Die Gleichungen werden dann gegen die constitutive equations = Beobachtung getestet.) Ähnliche „constitutive equation“: E* 6VD0 b n . Jedoch: A = beinhaltet s n A2 d D exp RT RT keine inverse T-Abhängigkeit. n = 1, Newtonsche Flüssigkeit. b = 2, also starker Korngrößeneffekt. Von Experimenten weiß man, dass N-H creep nur bei fast Schmelz-T und niedrigem Differenzstress auftritt (Twiss-Fig. 19.1). Coble creep: Diffusion entlang Korngrenzen; ist schneller, da die Aktivierungsenergie für Korngrenzdiffusion nur ⅔ der von Volumsdiffusion ist. Sonst sehr ähnlich wie Volumsdiffusion. Box 19.1: Rheologisches Modell für Coble-creep. 6VD0 3 H d D exp RT RT D0, H, V sind die Diffusionskonstante, die Aktivierungsenthalpie und das Aktivierungsvolumen für Korngrenzdiffusion; , Dicke der Korngrenze; ist invers zur dritten Potenz der Korngröße, was wieder heißt, das bei Kornvergröberung der Mechanismus extrem rasch ineffizient wird. Wieder eine Newtonsche Flüssigkeit. Solution Creep: Mineralkörner lösen sich rascher entlang Kornflächen, die unter hohen kompressiven Stress stehen, die gelösten Ionen diffundieren durch die Flüssigkeitsphase entlang Korngrenzen und lagern sich in Niedrigstressbereichen ab. Sehr ähnlich zu Coble creep mit dem Hauptunterschied, dass die Diffusivität größer entlang von Flüssigkeits-gefüllten Korngrenzen ist, als entlang trockenen. Dominanter Mechanismus für niedrig-T Deformation (~<300C). Für alle Diffusionsmechanismen verlängert die Deformation den Diffusionspfad, so verringert sich die Strainrate auch durch progressive Deformation (Twiss-Fig. 19.7). Dies wird jedoch häufig durch Korngrenzwanderung aufgefangen. Superplastischer creep: Kohärentes Korngrenzgleiten ohne Öffnen und Schließen von Löchern; letzteres wird durch sekundäre Deformationsmechanismen erlaubt (Twiss-Fig. 19.8). Hohe Strainraten und niedriger Stress sind charakteristisch. Dislokationsdeformation Duktile Deformation verändert die Kristallgestalt, aber nicht die Kristallstruktur. Gleitung entlang Gitterebenen (e.g., Twiss - Fig. 19.9) verbraucht theoretisch hohen Stress, weil alle Atome über einer Gleitfläche über ihren potentiellen Energielevel angehoben werden müssen, um über die benachbarten Atome geschoben werden zu können. Der theoretische yield Stress ist demnach sehr hoch. Die beobachteten yield Stresses aber sind eine Größenordnung niedriger als die theoretischen für perfekte Kristalle, was auf das Vorhandensein von Kristalldefekten hinweist. Um die niedrige Energiestufe zu erreichen, darf in der 2D Abbildung – Fig. Twiss 19.9 – nur ein Gitterpunkt bewegt werden; dieses Brechen einer Bindung führt einen Gitterdefekt ein, der den gescherten Bereich vom ungescherten trennt (siehe unten). Solche Defekte sind lineare Merkmale in 3D und werden Dislokationen genannt. Dislokationsgeometrie: Zwei Haupttypen; Schrauben (screw)- und Ecken(edge)-Dislokationen; markieren beide die Grenze zwischen gescherten und ungescherten Kristallbereichen. Unterschied: Bewegung des gescherten Teils normal oder parallel zur Dislokationslinie. Burgers-vector: Gleitvektor für die Dislokation ist parallel zur Gleitfläche, hat die Länge eines Gitterabstandes und 16 ist senkrecht zu einer Eckendislokation und parallel zu einer Schraubendislokation (Fig. Twiss 19.10!, helical = spiralenförmig [helikl]). Da eine Dislokation die Grenze in einer Gleitfläche zwischen den gescherten und den ungescherten Bereichen markiert, endet sie meist nicht irgendwo in einem Kristall: Läuft entweder bis zum Kristallrand oder formt einen geschlossenen Bogen, indem sie von einer Ecken- zu einer Schraubendislokation wird (Fig. Twiss 19.11). Dislokationen brauchen nicht gerade Linien sein, die durch den Kristall laufen. Biegungen der Dislokationen resultieren von Versätzen der Dislokationslinie. Die Versätze können kurze Segmente von Eckendislokationen (jogs) oder Schraubendislokationen (kinks) sein (Fig. 19.12). Sichtbarmachen von Dislokationen: Dekoration der Dislokationen mit anderen Materialien (z.B. Olivindislokationen können bei erhöhten T mit O dekoriert werden: in einer O-reichen Atmosphäre diffundiert O in die Dislokation und oxidiert das umgebende Fe; diese schmalen Linien von Oxiden sind mittels eines optischen Mikroskops sichtbar (Fig. Twiss 19.13). Ätzung (z.B. auf einer polierten Oberfläche) macht eine, die Fläche durchschlagende Dislokationslinie schneller sichtbar diese „etch pits“ (Ätzlöcher) können unter reflektierendem Licht leicht sichtbar gemacht werde (Fig. Twiss 19.13). Direkte Beobachtung mittels TEM. Das Bild resultiert aus der Interaktion des Elektronenstrahls mit dem verformten Kristallbereich um die Dislokation (Fig. Twiss 19.13). Bewegung von Dislokationen: Duktile Deformation resultiert durch die Bewegung einer großen Zahl von Dislokationen durch den Kristall. Prinzip des Dislokationsgleitens (Fig. Twiss 19.14) - ein Scherstress bricht die Bindung, die die Gleitfläche in den Kolumnen 1 und 2 kreuzt. Kolumne 1A bildet dann eine neue Verbindung mit Kolumne 2B. Kolumne 2A wird zu einer Extrahalbebene (extra half plane) mit einer Eckendislokation in der Gleitfläche. Fortgesetzte Scherung lässt die Dislokation aus dem Kristall gleiten und resultiert in einer Stufe im Kristall, die einen Burgers Vektor lang ist (Fig. Twiss 19.14). Gleitsystem: ein Set von parallelen kristallographischen Flächen mit assoziierten Burgers- vektoren. Im Allgemeinen sind die dichtestgepackten Flächen und die Richtungen mit den kürzesten Burgersvektoren die am leichtesten zu aktivierenden Gleitflächen. Tabelle 19.1 listet die häufigsten Gleitsysteme in einigen Mineralien. Ob ein Gleitsystem aktiviert wird hängt von der kritischen Scherspannung, die entlang dem System wirkt, ab und von der kritischen Scherspannung, die die Dislokationsbewegung auslöst (siehe Schmid-Faktor bei der Verzwilligung). „Climb“: Eckendislokationen können ihre Gleitfläche verlassen: durch einen Prozess der “climb” genannt wird. Dabei müssen entweder Atome zur einer Extrahalbebene addiert oder subtrahiert werden (Fig. Twiss 19.15). Dislokationsinteraktionen: Auslöschung von Dislokationen mit entgegengesetzten Vorzeichen. Abstoßung von Dislokationen mit gleichem Vorzeichen: Strain um eine einzelne Dislokation kann mit einer kompressiven und einer extensiven Seite beschrieben werden (Fig. Twiss 19.17). Benachbarte Dislokationen mit gleichem Vorzeichen haben ein extrem kompressives/extensives Stressfeld um sich: Die Tendenz des Gitters eine Niedrigenergiekonfiguration zu erreichen, treibt die Dislokationen auseinander. Dislokationswände (low-angle boundary = tilt boundary): Eckendislokationen auf unterschiedlichen Gleitebenen und mit gleichem Vorzeichen sammeln sich in solchen Wänden; die Dislokationen sind übereinander gestaffelt. Dies ist eine Niedrigenergiekonfiguration, da sich kompressive und extensive Stresszustände der benachbarten Dislokationen auslöschen. Diese Wände bilden oft Subkorngrenzen (1-2 Missorientierung innerhalb eines Kristalls) (Fig. Twiss 19.17). Dislokationsbildung: Dislokation werden im Kristall ausgelöscht oder verlassen den Kristall; so müssen sie immer wieder neu gebildet werden. Die Quelle wird „Frank-Read source“ genannt (Fig. Twiss 19.18). Eine einzelne Quelle kann eine unbegrenzte Anzahl von Dislokationen erzeugen (so lange es Differenzstress gibt). 17 Mechanismen des Diskolationskriechens Konstantvolumendeformation eines Kristalls (Einzelkristalls): 5 unabhängige Gleitsysteme müssen aktiv sein (von Mises Kriterium – unterschiede dies vom fracture envelope). Ergibt sich aus der Beschreibung einer beliebigen Deformation durch den Straintensor, der sechs unabhängige Komponenten hat. Die Bedingung eines konstanten Volumens, ev V e1 e2 e3 konstant , V liefert eine Beziehung zwischen den drei Hauptextensionen, was fünf unabhängige Komponenten und damit fünf unabhängige Gleitsystem ergibt. Man braucht die 5 Gleitsysteme um diese 5 unabhängigen Strainkomponenten zu erzeugen. Erlaubt man in einem Polykristall, dass die Deformation von einem Kristall zum anderen inhomogen sein darf (aber sie muss noch immer kohärent sein, sodass keine Lücken und Überlappungen entstehen), kommt man mit weniger Gleitsystemen aus (sogenannte: selfconsistent Modelle). Modell für Dislokationsgleiten (Twiss Box 19.1): Weertman creep nimmt an, dass die Dislokationsgleitrate durch die Dislokationskletterrate limitiert wird (sonst resultiert kein steady-state, da sich die Dislokationen immer weiter in tangles anhäufen und ein work hardening erfolgt). hängt dann von der Dislokationsdichte (), der Größe des Burgersvektor (b), der den Gleitbetrag, der mit jeder Dislokation assoziiert ist, definiert und der Klettergeschwindigkeit (v) ab: bv ist eine geometrische Konstante. Die Dislokationsdichte ’sollte’ (?) mit dem Quadrat des Differenzstresses variieren: 2 / ( b) 2 ist eine Konstante, ist der Schermodul. Die Klettergeschwindigkeit (v) hängt vom Differenzstress und dem Koeffizient der Volumsselbstdiffusion ab, letztere ist wiederum thermisch aktiviert. H v D0 exp RT Die power-law Beziehung ist dann: 0 kT H , wobei RT 3 exp 0 eine Kombination von Konstanten darstellt und k die Boltzmann Konstante ist. Beachte die inverse T Abhängigkeit. (k = 1.3806580.222212×10-23 J/K; Umrechnungsfaktor zwischen dem Wert der absoluten T in Kelvin and demjenigen in Joule; aus Gasgleichung pV NkT mit p, Druck; V, Volumen; N, Stoffmenge) Stadien der Gefügeentwicklung Prä-Rekristallisations-Gefüge Cold working: Deformation bei niedrig-T und hohem Stress – überwiegend durch „dislocation glide“. Schwierigkeiten für das Gleiten ergeben sich aus Verunreinigungen in Kristallen (Flüssigkeitseinschlüsse, etc.) und der Intersektion mehrerer Gleitsysteme, was zu jogs und kinks führt und die Dislokationsbewegung behindert es bilden sich „tangles“ (Knäuel). Diese zunehmende Vernetzung braucht immer mehr Stress zur Deformation und führt zum work hardening. Recovery 18 Undulöse Auslöschung repräsentiert das Überwiegen von Dislokationen mit gleichem Vorzeichen; mit „recovery“ können sich diese Dislokationen in Niedrigenergie-Wände arrangieren (’polygonisation’) (Fig. Twiss 19.21). Beginnende Subkornbildung. Deformationslamellen sind Anhäufungen („pile-ups“) und Knäuel („tangles“) von Dislokationen entlang aktiven Gleitflächen und zeigen niedrige „recovery“-Rate an (dünne, diskontinuierliche Linien mit leicht unterschiedlichem Brechungsindex; Abbildung). Ribbonquarze (Bänderquarze): Deformation unter niedriger T, unter der T für Rekristallisation; im wesentlichen Gleiten entlang einem Gleitsystem (z.B. basal <a> in Quarz (Abbildungen)). Dislokationsklettern: Erholung (‚recovery’) durch Dislokationsklettern: Über homologen-T von 0.5 wird „work hardening“ kompensiert durch Erholungsprozesse, die eine Neuordnung der Dislokationen erlauben. Der wichtigste Mechanismus ist das Klettern. Subkornbildung (Abbildung). Dynamische Rekristallisation (= syntektonische) Entstehung von Neukörner aus alten Körner während der Deformation – keine chemische Veränderungen; es ändern sich Korngröße, Gestalt und Orientierung. a) Korngrenzwanderungsrekristallisation („grain-boundary migration recrystallisation“): Korngrenzen bewegen sich von Niedrigstrain-Bereichen in Bereiche mit hohem Strain. Erniedrigt die korninterne Strainenergie. Die Strain-induzierte Korngrenzmigration wird durch Unterschiede in der gespeicherten Energie zwischen angrenzenden Körnern getrieben. Prozess weitgehend unklar – wohl leichteres Wandern der Dislokationen in undeformierten Material (= keine tangles). ) „Bulging“ Rekristallisation (nur in Quarz genauer studiert): Unter niedrig-Grünschieferfaziellen Bedingungen lokalisierte Korngrenzwanderung, die nur die Ränder von Porphyroklasten betrifft (wird auch „slow migration“ genannt). Die resultierenden Korngrenzausbuchtungen können sich vom alten Korn abspalten und neue Körner bilden. Die Ablösung des Neukorns kann Korngrenzmigration und/oder Subkornrotation und/oder die Bildung eines Mikrobruches involvieren. ) Nur unter hohen Temperaturen dominant. Schnelle Migration, während der Korngrenzwanderung ganze Körner vernichten kann. b) Subkornrotationsrekristallisation (subgrain-rotation recrystallisation): Dislokationen wandern in „low-angle = tilt boundaries“, was eine progressive Rotation des Subkorngitters im Vergleich zum umgebenden Kristall ergibt. Bei einer Missorientierung von ~10 wird die „low-angle“ Grenze mit Dislokationen gesättigt und wird zu einer „high-angle“ Grenze. Die Antriebsenergie ist die Reduktion der elastischen Energie, die durch die Konzentration von Dislokationen in „tilt boundaries“ auftritt. Typisches Erscheinungsbild: „core-and-mantle structures“. Erklärungen Fig. 1,2 Stipp et al., Illustration Figs. 7,8 Stipp et al..; Fig. Twiss 19.19. Die Temperaturverteilung der unterschiedlichen Rekristallisationsmechanismen ist in Fig. 9, Stipp et al. dargestellt und der Anteil der rekristallisierten Körner in Abhängigkeit von der Temperatur in Fig. 10, Stipp et al.. Summary: Für die meisten Minerale ist Dislokationsdeformation („power-law creep“) der dominierende Deformationsmechanismus; Rekristallisation stellt immer wieder undeformierte Körner zur weiteren Deformation zur Verfügung. Statische Rekristallisation und statisches Recovery [Annealing (“Ausglühen”)] Nach Aufhören der Stressbelastung unter Fortwirkung von hohen T. Werden durch die Abnahme der internen Strainenergie per Einheitsvolumen des Materials getrieben. Statisches Recovery („lowenergy boundaries, dislocation walls“) umfasst die Neuordnung und Auslöschen („annihilation“) von Dislokationen durch Klettern, etc. Statische Rekristallisation umfasst: die primäre Rekristallisation (hochdeformierte Körner werden durch neue Strain-freie Körner ersetzt; die Korngrenzen werden gerade und in Mineralen, die eine fast isotrope Korngrenzenergie 19 aufweisen, wie Quarz und Olivin, bilden sich „triple grain junctions“ mit 120 Korngrenztreffpunkten (siehe Abbildung) und die sekundäre Rekristallisation (kleine Körner werden eliminiert auf Kosten von wenigen Riesenkörnern mit sehr unregelmäßiger Korngrenze. Gilt für beide Arten der Rekristallisation, besonders für die dynamische: „Pinning“ der Korngrenzen: Sekundärphasenpartikel verhindern das Größenwachstum bei Korngrenzwanderungsrekristallisation und besonders bei primärer und sekundärer Rekristallisation (siehe Abbildungen). Erst bei sehr hohem T können Sekundärphasenpartikel eingeschlossen werden. WICHTIG: Dynamische Rekristallisation ändert die Korngröße: „Creep-Raten“ in Gesteinen können deshalb stark wechseln: Fig. Twiss 19.20 zeigt am Beispiel Olivin, wie bei Änderung der Korngröße die Deformationsmechanismen wechseln. Dynamische Rekristallisation führt generell zu kleinerer Korngröße, damit kann „linear creep“ (Diffusion) länger aktiv bleiben. Piezometer Sind Stressmesstechniken und verwenden „steady-state“ Gefügecharakteristika, die sich mit der Größe des angelegten Stresses verändern. Solche steady-state Gefüge sind die Dislokationsdichte, Subkorngröße, dynamische Rekristallisatkorngröße. Undeformierte Kristalle haben Dislokationsdichten von 103-105cm-2, deformierte Kristalle haben 1010cm-2 (Fig. Twiss 19.24). Stresswertbestimmung der Größe von Paläostress aus steady-state Beziehungen (Box 19.2) Dislokationsdichte: b1/ 2 Subgraindurchmesser: K1bd s r Durchmesser der dynamisch rekristallisierten Körner: K2 bdr p , elastischer Schermodul; b, Größe des Burgersvektors; 1; K1,2, empirisch bestimmte Konstanten; r, p Konstanten; r 1, p 0.7; experimentelle Eichung dieser Beziehungen ist in Fig. Twiss 19.24 dargestellt. Subkörner sind stabiler als Dislokationsdichten (Änderung durch post-D-Annealing). Die Konstanten für die Rekristallisationskorngrößen hängen vom Mechanismus der Rekristallisation ab und sind noch nicht eindeutig experimentell bestimmt; man weiß auch nicht, ob Kombinationen der Rekristallisationsprozesse aktiv waren. Subkorngröße ist recht verlässliches Piezometer. Anwendung: und/oder d messen und aus den Tabellen mit den neues Experimenten, die Konstanten herauslesen. Ergebnisse: höchste differentielle Paläospannungen kommen aus Myloniten (100-200 MPa). Olivin in Mantelxenoliten gaben geringe Stresswerte. Wichtig, aber schwer zu führen ist der Nachweis, dass sich die Gefüge unter steady-state Bedingungen gebildet haben, und sie dürfen sich nicht geändert haben (= eingefrorene Gefüge). Literature work Stipp M. and J. Tullis, 2003, The recrystallized grain size piezometer for quartz, Geophys. Res. Letter, 30, 21. Stipp M. et al., 2006, Effect of water on the dislocation creep microstructure and flow stress of quartz and implications for the recrystallized grain size piezometer, JGR, 111. 20 (4) Rheologie spezieller Mineralien und kristallographische Vorzugsorientierung (Textur) Karbonat Literatur: R.J. Twiss & E.M. Moores. Structural Geology. W.H. Freeman, 1992; Burkhard, JSG, 15, 351-368, 1993; Pieri et al., Tectonophysics, 119-140, 2001; Pieri et al., JSG, 23, 9, 1393-1414, 2001; Leiss et al. Textures and Microstructures, 33, 61-74, 1999; Wenk et al., JSG, 9, 731-745, 1987; Leiss and Molli, JSG, 25, 649-658, 2003; Bestmann, M. & D.J. Prior, JSG, 25, 1597-1613; Rowe, K.J. & E.H. Rutter, JSG, 12, 1-17, 1990; Ferrill et al., JSG, 26, 1521-1530, 2004; Übersicht Kalzit und Dolomit sind trigonal-rhomboedrisch ( 3m ); Aragonit ist orthorhombisch (mmm). Die Struktur ist grob eine enge Packung der Anionengruppen ( CO32 ) mit den Kationen in den Fehlstellen (Fig. 1a, Wenk). Dolomit ist rheologisch fest (siehe unten); Kalzit ist rheologisch schwach und deformieren plastisch durch Gleiten entlang verschiedener Gleitsysteme und durch Verzwilligung (Fig. 1, Bestmann & Prior). Die Aktivierung eines Gleit- bzw. Zwillingssystems hängt ab vom: kritischen Scherstress c (Scherstress, der die Fläche aktiviert, (interner Stress), CRSS), Orientierung der Fläche zum auf die Probe angreifenden Stress (externer Stress), Temperatur Flächen mit kleinem kritischen Scherstress c und optimaler Orientierung zum externen Stress werden zuerst aktiviert. Für größere Strainbeträge rotieren die Gleit- und Zwillingssysteme in Richtung der Kompressionsachse, wodurch der aufzuwendende externe Stress vergrößert wird. c ist abhängig von: T (Fig. 2a, Wenk). Korngröße. Grosse Kristalle bilden leichter Zwillinge als kleine (experimentelle Beziehung; siehe unten) Zwillingsbildung Zwillingsbildung erfolgt in zwei Stadien: Keimbildung und Zwillingswachstum. Keimbildung: In natürlichen Gesteinen ist die Spannungsverteilung im Kornmaßstab inhomogen. Stresskonzentrationen treten an Kanten, Ecken und Berührungspunkten einzelner Kristalle sowie an Gitterdefekten auf; diese sind größer als der regionale Stress. Solche Stresskonzentrationen führen in günstig orientierten Kristallen zur Bildung von Zwillingskeimen. Zwillingswachstum: wird außer dem Mikrostressfeld auch von der T und der Verformungsintensität beeinflusst. Es werden vier Zwillingstypen unterschieden (Fig. 1, Ferrill et al.; Fig. 7; Burkard, 1993) (gültig für ~50-500 m Körner; nicht in Cc-Veins): Typ I, <170C, Mikrotwins (<1 m bei 200-300Vergrößerung); schwarze Linien im Mikroskop. Zusätzlicher Strain wird durch Bildung neuer Twins akkumuliert. Typ II, 170-200C, dickere (1-10 m), linsenförmige bis gerade Twins. Zusätzlicher Strain durch Zwillingswachstum und Bildung neuer Twins (= #). Typ III, >200C, Bildung neuer # stark gehemmt, #-wachstum; dicke, gekrümmte #. Grund: zusätzliche Gleitsysteme aktiv, die # krümmen und versetzen. Typ IV, beginnende Rexx, >250-300C unregelmäßige #, Suturierung der Korn- und #-Grenzen. Messbare Zwillingsparameter und ihre Beziehungen (U-Tisch): (a) Zwillingsstrain 21 J 2 (e2e3 e3e1 e1e2 ) mit e1 bis e3 und ausgedrückt in %. (J2, 2. Invariante des Straintensors; die Invarianten drücken die Summen und Produkte der Hauptstrains [senkrecht aufeinander; gilt auch für jedes orthogonale Richtungspaar in einer Ellipse] aus, und sind Konstanten). (b) Mittlere Zwillingsdicke: Aus () mittlere Dicke für jedes Set, () Mittelwert der mittleren Setdicken (c) Zwillingsintensität: Zwillingsflächen/mm. Wieder Berechnung für die einzelnen Sets und dann Mittelwert der einzelnen Sets. Ergebnisse (Figs. 2, 3 Ferrill et al.): T-Clustering (< 170°C, 170-200°C, >200°C); Übergang #-Neubildung zu #-Wachstum: 170200C. Das Wachstum der # bei höheren T wird durch das Wandern der Gitterdefekte an die Kristalloberfläche erklärt: vorhandene #-Keime können ungestört wachsen. Das Produkt der mittleren Zwillingsdicke und der mittleren Zwillingsintensität korreliert linear mit der Scherdeformation und ist wenig T-abhängig. Dies folgt aus der Beobachtung, dass bei zunehmendem Strain bei geringen T die Anzahl der Zwillinge steigt (Fig. 2b, Ferrill et al.) und bei hoher T bei zunehmendem Strain die Dicke der Zwillinge zunimmt, nicht aber deren Zahl (Fig. 2a, Ferrill et al.). Scherstrain: Tt 2 tan 2 , mit T, Zwillingsintensität; t, Zwillingsdicke; , Gitterrotationswinkel bei der Zwillingsbildung (38.28°) (Gleichung siehe später (Twiss Fig. 19.3). Rekristallisation: Übergang TypIII TypIV, 250-300°C. Zunahme des Strains mit T (e.g., Fig. 3, Ferrill et al.); Aussagen limitiert durch Beginn kristallplastischen Strains Temperaturgeschichten: Z.B. Deformation unter retrograden Bedingungen Überprägung von TypIII-IV Twins durch TypI, fehlende Rexx und hohe Anzahl and TypI Twins; prograd: viele TypIII-IV und Rexx. Zwillingsgleiten Entweder durch Spiegelung an der Zwillingsfläche (Kalzit) oder durch Rotation der originalen Struktur um eine Achse normal zu der Zwillingsebene (Albitzwilling in Plagioklas). Deformationszwillinge entstehen durch ‚simple shear’ Gleiten entlang der Zwillingsfläche (Fig. 3.10, 3.9, 3.11 unpublished, Twiss Fig. 19.3; 3.13 unpublished). Maximaler Scherstrain, der durch vollständige Verzwilligung erreichbar ist: ~0.35 (engineering shear strain (gamma): = /2 = 1/2tan[psi]) { = /2 = 1/2tan; =~19°; Scherung 2, F = ½[2tan19]}, (Twiss Fig. 19.3). Die c-Achse des Zwillings wird durch die Ver# näher zur Orientierung der maximalen Kompression rotiert (Winkel ~ 53°). Beachte Orientierung der c-Achse, senkrecht auf die CO3-Gruppe (Fig. Twiss 19.3 – siehe oben). Defomationszwillinge bilden sich nur wenn der Kristall so orientiert ist, dass der Scherstress auf der Zwillingsfläche hoch und ungefähr parallel zur Richtung der Gleitung entlang der Verzwilligungsscherfläche ist. Bestimmung des Schmid-Faktors (optimale Orientierung einer Gleitfläche): i cos cos i m mit: σi, Spannung auf die potentielle intrakristalline Gleitfläche; , Winkel zwischen σi und der Normalen der Gleitfläche; , Winkel zwischen σi und der Gleitrichtung; m, Schmid-Faktor (max. 0.5). Dieser Verzwilligungs-Mechanismus führt nicht zu steady-state creep und wird deshalb nicht auf Deformationsmechanismenkarten dargestellt. Stress aus Kalzitverzwilligung 22 Orientierung Das Messen von c-Achsen und e-Zwillingen erlaubt die Bestimmung der 1 Richtung (Fig. Twiss 19.3 – siehe oben). Die Vorzugsorientierung einer großen Anzahl von Calcitkristallen erlaubt die Richtung von 1 annähernd zu bestimmen. Ein kritischer Scherstress (CRSS) von ~~10 MPa muss aufgewendet werden, um Verzwilligung in Calcit zu erreichen. Wenn ein externer Differenzstress von z.B. 20 MPa auf das Gesamtgestein angelegt wird, erfolgt die Verzwilligung nur in Körnern, deren Zwillingsebenen ~parallel der Fläche des maximalen Scherstresses liegen. Die bestimmten 1Richtungen sollten in ein enges Maximum plotten; höherer Differenzstress erlaubt die Verzwilligung auch schlechter orientierter Körner und so wird das 1-Maximum breiter. Stressinversion (Orientierung und Geometrie des Stresstensors) mit P-B-T und NDA-Methoden (Paläostressbestimmungen; =45°!) (Fig. own papers) Magnitude Durch experimentelle Gesteinsdeformation Alte Experimente: Ver# ist leichter in grobkörnigen als in feinkörnigen Gesteinen; Erklärung: Korngrenzen verhindern das Propagieren und Wachsen der # Berücksichtigung der Korngröße ist entscheidend. Neue Experimente unter ‚confined’ axial compression (100-200 MPa; = 10-3-10-7s-1; 200-800°C; 30° Verkürzung; fehlende Textur). Gesteine: >95% Kalzit, d (Korngröße) = 50 m bis 1 mm. Parameter: It, % von Körnern in einer gegebenen Korngrößenklasse, die Zwillinge enthalten; D, Zwillingdichte (Anzahl der #/mm); V, %Volumsanteil der # in einem Korn. Stressabschätzung basierend auf It und Korngröße (Fig. 8, Rowe & Rutter). 532 2.13I t 204 log d ; Standardfehler: 30 MPa strikt gültig nur für coaxial, einphasige Deformation; bei allen anderen Verformungen rotiert das Material oder ändern sich die Hauptstressrichtungen und Ver# in einem breiten Orientierungsband ist möglich. Beispiel: =1-3, Differenzstress in MPa; It, Zwillingshäufigkeit in % (Anzahl der Zwillinge/mm); d, Korngröße in m (e.g. >550 MPa bei 2m und einer Zwillingshäufigkeit von 50%). Zwillingsdichte (D) nimmt mit Differenzstress zu (Fig. 9, Rowe & Rutter) (empirische Studie von oben – direkter Vergleich für Annahme einer ‚1.-order’ Stress-Strain Korrelation: ja) 52.0 171.1log D ; Standardfehler: 43 MPa Straingeschichte unwichtig. Keine Korngrößenabhängigkeit. V ist linear proportional zum Schmid-Faktor. Vmax ist deshalb ein Maß für die Korngruppe (einer bestimmten Korngrößenfraktion), die den größtmöglichen Schmid-Fakor hat. (Fig. 11, Rowe & Rutter). 2.72 0.40(log V log d ) ; Standardfehler: 41 MPa Straingeschichte unwichtig. Natürliches Beispiel (Fig. 14, Rowe & Rutter). Zusammenfassung: deutliche Inkonsistenten mit natürlichen Studien – Paläostress-Magnituden Bestimmungen nur ‚1.-order’ möglich Strain aus Calcitverzwilligung Methode nach Groshong (1972) Gesteine mit ziellos ausgerichteten Calcitkörnern (keine Textur). Mit dem U-Tisch müssen folgende Messungen an jedem verzwillingten Kristall ausgeführt werden: Orientierung der c-Achse des unverzwillingten Anteils, Orientierung des Pols der #flächen, 23 Anzahl und Dicke der #, Gesamtdicke des Korns senkrecht zur Ebene der #. Übersicht: Berechnung des deviatorischen Straintensors. Statistische Fehlerabschätzung ist möglich. Ausreichende Genauigkeit wird erreicht, indem man in einer Probe an zwei senkrecht zueinander orientierten Ultradünnschliffen, >25 Messungen pro Schliff durchführt. {deviatorischer Straintensor: definiert durch die Subtraktion des mittleren Strains (e 1+e2+e3)/3 von jeder Haupt-Komponente im Straintensor. Beschreibt Scherstrain} Details: Winkelscherstrain in einem Calcitkristall (Fig. 3.14, Pfänder): 2 m q ti tan( / 2) tan t i 1 t m, Anzahl der #; t, Korndicke; ti, Dicke eines #; , Winkeländerung der Rhomboderfläche; , Scherwinkel; q, Versatz in Richtung +g; , Winkelscherstrain; 2 aus 2 . Der Winkel ist kristallographisch festgelegt und beträgt 38.3. Damit kann der Ausdruck tan(/2) vor die Summe gezogen werden und es ergibt sich: 0.695 m t . t i 1 i Ersetzt man den Winkelscherstrain durch den engineering Scherstrain eg = /2 erhält man den Scherstraintensor des Korns im kristalleigenen Koordinatensystem. eg 0.347 m t . t i 1 i Mit dieser Formal lässt sich aus t, ti, und m für jedes Korn der Strain berechnen. Die Komponenten des (symmetrischen) Straintensors sind: x xy xz eg = yx y yz zx zy z Da nur der deviatorische Anteil am Straintensor bestimmt wird, gilt für die Volumenänderung: V = 0. Daher: z = - (x + y). Damit enthält eg 5 unabhängige Komponenten. Der für jedes Korn nach eg 0.347 m t berechnete Strain muss in ein einheitliches Koordit i 1 i natensystem (z.B. das U-Tisch-Koordinatensystem oder das geographische Koordinatensystem) transformiert werden. Die Gleichung für diese Koordinatentransformation lautet für infinitesimalen Strain (Abb. 4.1 Pfänder): eg = ( ex g x - ez g z ) x + ( e y g y - ez g z ) y + ( ex g y + e y g x ) xy + ( e y g z + ez g y ) yz + ( ez g x + ex g z ) zx ; ex, ey, ez und gx, gy, gz sind die Richtungsindices (Richtungscosini) der e- bzw. g-Achse eines Korns im neuen Koordinatensystem (U-Tisch oder geographisches Koordinatensystem). x , y , xy , yz und zx sind die 5 unabhängigen Komponenten des Straintensors, bezogen auf das neue Koordinatensystem. Die Gleichung enthält 5 Unbekannte ( x , y , xy , yz und zx ). Es sind deshalb 5 Messungen notwendig, um die Gleichung lösen zu können (jedes gemessene Korn liefert eine Gleichung, d.h. einen Wert für eg und die dazugehörigen Richtungsindices). Für mehr als 5 Messungen ist das Gleichungssystem überbestimmt und nicht eindeutig lösbar. Mit der Methode der kleinsten Fehlerquadrate kann aber für jede Komponente des Straintensors die beste Näherung und der dazugehörige Fehler berechnet werden (lineare Ausgleichsrechnung). Als Maß für den Gesamtstrain infolge der Verzwilligung wird 24 J 2 ( y z z x x y ) yz2 zx2 xy2 (Quadratwurzel der zweiten Invariante des Straintensors) verwendet (was die Darstellung einer Tensorgröße und die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Proben ermöglicht). Experimentelle Verifikation Experimente mit geringem Umschließungsdruck (13.8 MPa) und Strainraten von 10 -5s-1. Auswertung der der CSG und der NDA-Technik (letztere für Orientierung der Stressachsen und die relativen Beträge der Hauptstressachsen) (Fig. 5.3, Pfaender). Hauptanwendung: Berechnung des Strain im “undeformierten” orogenen Vorland. Musterstudie: Craddock & van der Pluijm 1989, Fig. 1B of C&P). Karbonattexturen (R.J. Twiss & E.M. Moores. Structural Geology. W.H. Freeman, 1992; Burkhard, JSG, 15, 351-368, 1993; Pieri et al., Tectonophysics, 119-140, 2001; Pieri et al., JSG, 23, 9, 1393-1414, 2001; Leiss et al. Textures and Microstructures, 33, 6174, 1999; Wenk et al., JSG, 9, 731-745, 1987; Leiss and Molli, JSG, 25, 649-658, 2003; Bestmann, M. & D.J. Prior, JSG, 25, 1597-1613; Rowe, K.J. & E.H. Rutter, JSG, 12, 1-17, 1990; Ferrill et al., JSG, 26, 1521-1530, 2004); Ebert, A. et al., 2007, Tectonophysics, 444, 1-26; Oesterling, N. et al., 2007, JSG, 29, 681-696; Schenk et al., JSG, 27, 1856-1872; Trullenque, G. et al., 2006, Tectonophysics, 424, 69-97; Barnhoorn, A. et al., Tectonophysics, 403, 167-191. Theorien zur Texturenstehung Allgemein: Textur hängt von aktiven Gleitsystemen und Geometrie und Stärke der extern angesetzten Deformation ab. Die Aktivität der Gleitsysteme ist T und stressabhängig. Koaxiale Deformation erzeugt symmetrische Gefüge, nicht-koaxiale Deformation erzeugt asymmetrische Gefüge in Bezug zu den Hauptachsen des Strains. Die Stärke der Textur wächst mit der Deformationsintensität. Texturbildungsmodelle: Zwei Modelle wurden vorgeschlagen: Taylor-Bishop-Hill (Fig. Twiss 19.25, Suppe 10-18) erfordert, dass die Kristalle so rotieren, dass ihr Spin (Drehung) dem Spin der großmaßstäblichen homogenen Deformation entspricht. Das Modell setzt die Aktivität von mindestens 5 unabhängigen Gleitsystemen voraus (von Mises Bedingung). Beschreibung: Kristall eingebettet in ein Kontinuum, das homogen deformiert (= alle Kristalle). Beispiel: Deformation durch markroskopischen pure shear. Kristall hat nur ein Gleitsystem, dass durch simple shear deformiert. C-Achse senkrecht auf die Gleitfläche. Spin der Kristalle während der simple-shear Deformation wird durch eine entgegengesetzte rigid-body Rotation aufgefangen ergibt in Summe spin = 0 (spin: die rotationale Komponente der Deformation in Bezug zu einem externen Referenzsystem; genau genommen die Winkelgeschwindigkeit der augenblicklichen [inkrementellen] Streckungsachsen in einem externen Referenzsystem). Diese rigide Rotation macht es möglich, dass die Hauptstrainachsen des Kristalls denen der Gesamtdeformation entsprechen. Die rigide Rotation rotiert das Gleitsystem in eine Orientierung normal zur inkrementellen Verkürzungsrichtung – sie rotiert damit die c-Achse zur inkrementellen Verkürzungsrichtung. In simple shear rotiert die Kristallgleitfläche zur makroskopischen Scherfläche. Das Prinzip der Rotation von Materiallinien (Beispiel einer Gleitebene) gilt auch, wenn die von Mises Bedingung erfüllt ist. In der Natur sind wahrscheinlich nicht alle fünf aktiv: (a) vor der Aktivierung härterer Gleitsysteme werden wahrscheinlich andere Deformationsmechanismen aktiviert; (b) schwache Gleitsysteme werden „easy-slip“ Systeme und Deformation wird inhomogen im inter-Korn Maßstab. Die strikte Anwendung des klassischen TBH-Modells (aufgestellt für kubische Minerale) ist für niedrigsymmetrische Minerale unwahrscheinlich, da Strainhomogenität (-kompatibilität) unwahrscheinlich ist (siehe auch Schmid-Fakor). 25 Misfit minimization Modell (Etchecopar-Modell) Bestimmung der Rotationen, die gebraucht werden, um die geometrischen Unpassungen (Misfits), die bei der Deformation entlang weniger (<5) Gleitsysteme auftreten, zu minimieren. Modell Fig. Twiss 9.26: ein Gleitsystem operiert; Misfits entstehen, da ein Gleitsystem in verschiedene Richtungen unterschiedlich schwer zu aktivieren ist und keine homogene Deformation hervorrufen können. Rotationen und Translationen werden eingebracht, um diese Misfits zu schließen und diese Rotationen machen die Vorzugsorientierung aus. Sagt identische Orientierungen voraus als das T-B-H Modell. Self-consistent Modelle: TBH-Modelle, die Strainheterogenität und lokale Strainratenänderungen erlauben und in den neuesten Version auch Rexx und Diffusion beinhalten. Natürliche und experimentelle Kalzittexturen (a) „Alte“Experimente und Beobachtungen Klassische achsensymmetrische Kompressions- und Extensionsexperimente an Kalzit waren die ersten rheologischen Experimente (wegen seiner hohen Duktilität bei niedrigen T). Klassische Experimente mit Yule Marmor: Überprägungen einer primären Textur. Unter Kompression bildet sich c-Achsen Kleinkreisgefüge mit einem kleinen Winkel zu Kompressionsachse; in Extension Kleinkreisgefüge mit großem Winkel zur Extensionsachse (Fig. 6, Wenk). Niedrig-Strain Experimente: Zusammenfassung des Stands der Forschung bis in die 90er Jahre (Fig. 1 in Wenk et al. 1987); Problem, dass hoch-T Texturen nicht in natürlichen Gesteinen beobachtet wurden (siehe aber: Fig. 5 Leiss and Molli, 2003). Experimente und Untersuchungen an natürlichen Gesteinen im Wesentlichen im Bereich bei dem Verzwilligung eine Rolle spielt. Aus Taylor und self-consistent Modellierungen lässt sich „semi-quantitativ“ der relative Beitrag von simple-shear in der Gesamtdeformation abschätzen (Fig. Wenk et al. 1987); Voraussetzungen sind: (a) gute Belege für e-Verzwilligung und r- (und untergeordnet f- und kein c-) Slip (und damit auch „relativ wenig“ Rexx [strikt „fehlende“; siehe Rekristallisation-Modell unten]); (b) „relativ geringer“ Strain und plane-strain Deformation, (c) Orientierung der Probe im Scherebenen-Referenzgerüst. Problem bei Experimenten ist das Erreichen eines hohen (Scher-)Strains; darum Torionsexperimente (Fig. 2, Pieri et al. 2001, Tect.); hier werden steady-state Zustände erreicht (Fig. 3, Pieri et al. 2001, Tect). Deformationsgeschichte im Experiment umfasst eine initiale Porphyroblastendeformation, die den angelegten Strain repräsentiert und dann eine, durch dynamische Rekristallisation abnehmende Korngröße (Fig. 7, Pieri et al. 2001, Tecto; Fig. 8, Pieri et al. JSG). LPO (Textur) wird bei diesen Experimenten mit der EBSD Technik bestimmt. Sechs Texturkomponenten scheinen bei der Entwicklung der Textur eine Bedeutung zu spielen (Fig. 5, Pieri et al. 2001, Tecto): (1) C mit jeweils zwei Möglichkeiten, die von der Symmetrie von simple shear abhängen (dextrale oder sinistrale Scherung): r10 1 4 a 1 2 1 0 ; (2) D, wieder mit den zwei Möglichkeiten: c0001 a 1 2 1 0 ; (3) A und B, die durch eine Rotation um 180°C (Umdrehung des Schersinns) ineinander übergeführt werden können. Die Textur (Fig. 8 Pieri et al. 2001, Tect.) zeigt bei: (a) geringen Strain (nicht-rekristallisierte Gefüge) ein bescheidene Stärke und das Zusammenspiel von c und r (untergeordnet f), die alle in der Gleitfläche ausgerichtet sind; als Gleitrichtungen (zu sehen durch Maxima in der Scherrichtung) treten sowohl <a>, als auch 0221 auf. Die c-Achsenverteilung zeigt zwei Maxima, die den idealen Orientierungen A und D entsprechen; sie sind durch C verbunden und bilden dadurch einen Kleinkreis, der schräg zur Scherrichtung und gegen den Schersinn geneigt ist. Orientierung B ist ziellos! (b) Bei Scherstrain 5 besteht 80% des Korngefüges aus Rekristallisaten. Die Textur ist einfach: 40% des Gesamtareals des gemessenen Bereiches wird durch die C-Komponente dominiert 26 ( r10 1 4a 1 2 1 0 , rot und grün in Fig. 4c,d Pieri et al. 2001); D ( c0001a 1 2 1 0 ) ist auch bedeutend, A und B mit 0221 sind fast vollständig verschwunden. Durch Orientierungskartierung („orientation mapping“) mit der EBSD Technik kann man die Textur auf die Orientierung von Einzelkörnern im Schliff zurückführen (z.B. Fig. 4 Pieri et al. 2001, Tecto.) Textursimulationen mit dem „viscoplastic self-consistent“ Model erlauben diese experimentellen Texturen nachzuvollziehen. Tabelle 2 (Pieri et al., 2001, Tecto.) gibt die implementierten Gleitsysteme. Modell a) erlaubt keine Rekristallisation („Deformationsmodell“) (Fig. 9a (Pieri et al., 2001, Tecto.). Es entspricht der klassischen Taylor-Simulation und erlaubt die „simple shear – pure shear Quantifizierung“, siehe oben). Model b) simuliert Rekristallisation simuliert, indem Körner mit hohen CRSS („non-easy-glide Orientierungen“) bevorzugt abgebaut werden. Tabelle 2 (Pieri et al., 2001, Tecto.) gibt die implementierten Gleitsysteme. Für hohe Scherstrainbeträge konnte nur eine Übereinstimmung mit den experimentellen Texturen erreicht werden, wenn die neu nukliierten Körner nach C ( r10 1 4a 1 2 1 0 ) deformiert wurden (Fig. 9b, Pieri et al., 2001, Tecto.). Allgemeine Aussage: Schersinnbestimmungen müssen eine Unterscheidung treffen, ob ein Calcittektonik stark oder nicht rekristallisiert ist! Fig. 16 (Pieri et al. 2001, JSG) fasst die Textur- und Rekristallisationsentwicklung zusammen. Literature work Ebert, A., Herwegh, M., Evans, B., Pfiffner, A., Austin, N., and Vennemann T., 2007, Microfabrics in carbonate mylonites along a large-scale shear zone (Helvetic Alps), Tectonophysics, 444, 1-26. Oesterling, N., Heilbronner, R., Stünitz, H., Barnhoorn, A., and Molli, G., 2007, Strain dependent variation of microstructure and texture in naturally deformed Carrara marble, JSG, 29, 681-696. Schenk, O., Urai, J.L., and Evans, B., 2005, The effect of water on recrystallization behavior and grain boundary morphology in calcite – observations of natural marble mylonites. Journal of Structural Geology, 27, 1856-1872. Trullenque, G. et al., 2006, Microfabrics of calcite ultramylonites as records of coaxial and non-coaxial deformation kinematics: examples from the Rocher de l’Yret shear zone (Western Alps). Tectonophysics, 424, 69-97. Barnhoorn, A., Bystricky, M., Burlini, L., and Kunze, K., 2005, Post-deformational annealing of calcite rocks. Tectonophysics, 403, 167-191. Dolomit Deformation: rheologisch fest; einige Dislokationsbilder (aus Wenk, 1988). Texturen bei niedrig-T Experimenten sind schwach; hohe-T begünstigt Basalgleitung. Sehr ähnlich wie Quarz (siehe Fig. 2, Leiss et al. 1999). Literature work Delle Piane Claudio, Luigi Burlini, Karsten Kunze, Peter Brack, Jean Pierre Burg, Rheology of dolomite: Large strain torsion experiments and natural examples, Journal of Structural Geology 30 (2008) 767–776. Davis N.E., A.K. Kronenberg, J. Newman, Plasticity and diffusion creep of dolomite, Tectonophysics 456 (2008) 127–146. Quarz Siehe Rekristallisation, etc. Quarztexturen Natürliche Systeme (Fig. Twiss 19.29) zeigen, dass fast alle Quarz-Tektonite so deformieren, dass eine a-Achse parallel der Gleitrichtung ist. Die a-Richtung ist mehreren Gleitsystemen gemeinsam, so 27 der Basalfläche (senkrecht c), den Prismen- und den Rhombenflächen (Fig. 4.43 Passchier and Trouw). Interpretiert werden Gefügeskelette (fabric skeletons), die konstruiert werden, indem man Linien durch die konturierten Maxima zeichnet. Aus den verschiedenen Maxima entlang eines Gefügeskelettes sind generell die aktiven Gleitsysteme ablesbar, da das aktive Gleitsystem sich parallel der Richtung der makroskopischen Scherebene einregeln und weil die Gleitung in die <a> kristallographische Richtung dominiert. So sind die Maxima nach Fig. Twiss 19.32, 19.31 erklärbar. Kinematische Information ist gewinnbar (Gürteltypen: type I, II, cleft (Spalte, Kluft) girdles). Mit dieser Analyse können wir auch verstehen, dass orthorhombische Gefügemuster mit koaxialer Deformation entlang von Gleitsystemen entstehen, die symmetrisch um die Hauptachsen des Strains angeordnet sind. Auch die T-abhängig der Gleitsysteme lässt sich nachvollziehen (Fig. 4.42 Passchier and Trouw). Angewandtes Beispiel zur Straingeometrie und Quarztexturentwicklung (Ratschbacher and Oertel, 1987). Quarzgefüge wurden zum Großteil experimentell nachvollzogen. Sie haben auch gezeigt, dass Prismenslip höher temperiert ist als Basalslip. Das zeigt, dass die Dominanz eines Gleitsystems über ein anderes davon abhängt, welches den geringsten kritisches Scherstress braucht, um aktiviert zu werden; dieser kritische Scherstress (critical resolved shear stress) variiert mit der Temperatur und mit dem Wassergehalt. Diese Aspekte sind experimentell nicht genau untersucht, trotzdem haben die Modellierer mit den vorhandenen Werten die natürlichen Gefüge in den Grundzügen nachmodelliert. Die beiden oben erwähnten Modelle sagen aber nur teilweise die natürlichen Texturen voraus (e.g. TB-H produziert nie einen Einfachgürtel und hat auch Probleme mit der Neigung in simple shear). Homework: Stipp, M. et al., 2002, The eastern Tonale fault zone: a ‘natural laboratory’ for crystal plastic deformation of quartz over a temperature range from 250° to 700°C, Journal of Structural Geology, 24, 1861-1884. Barth Nicolas C., Bradley R. Hacker, Gareth G.E. Seward, Emily O. Walsh, David Young & Scott Johnston, in press, Strain within the Ultrahigh‐Pressure Western Gneiss Region of Norway recorded by Quartz CPOs, manuscript. Toy Virginia G., David J. Prior, Richard J. Norris, Quartz fabrics in the Alpine Fault mylonites: Influence of pre-existing preferred orientations on fabric development during progressive uplift, Journal of Structural Geology 30 (2008) 602-621. Law, R.D., Crystallographic fabrics: a selective review of their applications to research in structural geology. Geological Society Special Publication, 54, 335-352, 1990. Halfpenny, A. et al. Analysis of dynamic recrystallization and nucleation in a quartz mylonite. Tectonophysics, 427, 3-14, 2006. Nishikawa O. et al. Intra-granular strains and grain boundary morphologies of dynamically recrystallized quartz aggregates in a mylonite. J. Struct. Geol., 26, 2004. Stipp, M. and Kunze, K. Dynamic recrystallization near the brittle-plastic transition in naturally and experimentally deformed quartz aggregates. Tectonophysics, 448, 77-97, 2008. Lagoeiro, L. and Fueten, F., Fluid-assisted graon boundary sliding in bedding-parallel quartz veins deformed under greenschaist metamorphic grade. Tectonopyhsics, 446, 42-50, 2008. Stipp, M. et al. A new perspective on paleopiezometry: Dynamically recrystallized grain size distributions indicate mechanism changes. Geology, 38, 759-762, 2010. Phyllosilikate Typical compaction textures: axial symmetric around bedding pole; typical slate belt textures have a two-fold symmetry axis around the bedding pole. Where measured for the same samples, different phyllosilicates behave similarly (Fig. 2, Oertel 1985). Phyllosilicate textures have been used in two major ways: (1) Estimation of strain. A simple, but surprisingly successful model has been used: the March (1932) model. The model applies for rigid rod- or plate-shaped inclusions with high aspect ratio. It assumes that rigid particles rotate in a homogeneously deforming matrix without interaction. The principal relative density of poles to the basal planes, i, measured in multiples of random distribution on a normalized pole figure, is related to principal strain i as: i = i -1/3 – 1. 28 The original March model assumes that the initial particle orientation distribution is random; this has been generalized (with the loss of simplicity) to an arbitrary starting distribution. A number of studies have shown that very fine-grained sediments not deposited by currents do not have a initial preferred orientation (pellets); it is clear that the March strain is the total strain; i.e. compaction + tectonic deformation. The March model is justified for moderate strains, but breaks down at higher strains due to severe particle interactions. Independent checks of the method yielded impressive results (e.g. a comparison with strains determined from reduction spots; Wood & Oertel 1980; Fig. 3). I have used the March strain analysis technique in working out strain jumps within a nappe pile and to elucidate strain paths. The path for the eastern Alps is similar for pebble (elliptical marker) and March strain with the difference that the March strains start in the flattening field, which results from compaction (Figs. 6, 7, 9 in Ratschbacher and Oertel 1987). (2) Shear sense indicators. Studies of phyllosilicates-rich mylonites usually reveal several sets of planes, which structural geologists relate to progressive non-coaxial deformation (schistosité-cisaillement (S-C), shear bands, and extensional crenulation cleavage fabrics) (Fig. 3, O’Brien et al. 1987). Muscovite, biotite, and chlorite pole figures out of those rocks have lost their orthorhombic symmetry: The contour lines of measured equal pole density approximate concentric ellipses stretched out along a girdle normal to the mylonitic lineation and foliation. The maximum and minimum pole densities plot near the C-plane normal and near the lineation, respectively. However, the pole maximum is off-center to the pole to C, and the intensity spacing is asymmetric along the direction of the mylonitic lineation (Figs. 8, 11, O’Brien et al. 1987). The peak asymmetry, etc. is interpreted as bi- and trimodal distributions arising from preferred orientation of phyllosilicates along S, C and SB planes (Fig. 12, O’Brien et al. 1987). Olivin Olivin ist orthorhombisch. Experimentelle Beobachten belegen, dass unter 1000C Dislokationsgleiten und über 1000C Dislokationsklettern wichtig sind; es ist also eine Textur zu erwarten. Mit T variable Gleitsysteme (Fig. Twiss 19.27); bei low-T: pencil glide = i.e. alle Gleitsystem schneiden sich in der Gleitrichtung. Erklärung der Entwicklung in Fig. Twiss 19.28. Experimente von Lee et al. (2002); Zhang et al. (2000) H-Typ Mikrostruktur, <10-20% rexx, <1573 K, Dσ=300-500 MPa, <120% Strain L-Typ Mikrostruktur, fast totale rexx, 1573 K, Dσ=130-200 MPa, <140% Strain Experimente erreichten nicht steady-state. EBSD-Texturmessungen, BSI (backscattered electron imaging) Dislokationsdichten-Bestimmung mit vorheriger O-Dekoration. H-Typ Mikrostruktur: Kern-Mantelstruktur durch Subkornrotationsrexx; gelängte Altkörner; Rekristallisate (1-3 m) zeigen Gleichgewichtsmorphologie (3-Punkt Korngrenzen) aber relativ häufig auch vier Punkt-Kontakte, typisch für diffusiv bestimmte Kornplatz-Änderung (siehe Twiss Fig. 19.8 und Lee Fig. 1a,b) (Superplastizität?); typische Ungleichgewichtsgefüge); geringe Dislokationsdichte in den Neukörnern, generell aber heterogen. Textur: (Lee Fig. 2a-d) Wesentliche Deformation nach [100](010) in der Scherebene. (Lee Fig. 3) Rexx Körner haben schwache Textur; Trend zur Kippung aus der Scherebene gegen der Schersinn Interpretation: Rexx-Körner haben hohen Anteil an „grain-switching“ (grain-boundary-sliding) Diffusions-Deformation. L-Typ Mikrostruktur: sowohl Subkorn- als auch Korngrenzwanderungs-Rexx; 2-15 m Rexx; Dislokationsdichte heterogen aber geringer als in H-Typ; Korrelation zwischen Dislokationsdichte und Kornmorphologie; Körner mit konvex-nach-außen Korngrenzen – geringe Dislokationsdichte: dies sind die Körner die wachsen (auf Kosten der Körner mit konkav-nach-innen Korngrenzen) (Fig. Lee 1c,d) Textur: (Lee Fig. 4) Hochdislokationskörner haben [100](010) „easy-glide“ Orientierung in der Scherebene; Niedrigdislokationskörner haben [100](010) gegen den Schersinn gekippt. 29 Interpretation: Hochdislokationsdichtenkörner sind Körner, die beträchtliches Gleitung in der [100](010) Konfiguration hinter sich haben und schon wieder hohe Dislokationsdichten erreicht haben – Neukörner bilden sich hauptsächlich in einer Orientierung die einer easy-slip Orientierung entspricht und werden mit nur diesem einen Gleitsystem in der Scherebene deformiert (mit in der Zeit ansteigender Dislokationsdichte) („flow-geometry“ Orientierung); das ganze ist nicht perfekt logisch – eigentlich sollten die easy-slip Körner die geringste Dislokationsdichte haben. Andere Interpretation: „flow-geometry versus stress-geometry“ Orientierung; letztere bei starker Korngrenzmigrations-Rexx beobachtet, die sehr effektiv ist und fast nur mehr Körner mit niedriger Dislokationsdichte schafft, in diesen ist [100](010) noch nicht rotiert. Experimente von Bystricky et al. (2000) – Hochstrainexperimente (Torsionsexperimente) Sample: hot-pressed (~150°C) from olivine powders. Torsion apparatus. at 1200°C and 300 MPa confining pressure; shear strain rates: 6.3×10-5 or 1.2×10-4 (sec-1). Peak stress at a shear strain γ =~0.1 is followed by 15% weakening up to γ =~0.5 (Fig. 1). At high strains, the flow stress is nearly steady-state. Stress exponents of n = ~3.3; dislocation creep = rate-limiting mechanism. Microstructure (Fig. 2, Fig. 3): Grain-size reduction by dynamic recrystallization with increasing strain (Fig. 2). Core-and-mantle structures: subgrain rotation (Fig. 2, E and F). At γ =~5, recrystallization is nearly complete; fluidal mosaic microstructure with a strong foliation sub-parallel to the shear plane (Fig. 2, G and H). ~5% porphyroclasts: ribbons, asymmetric porphyroclasts with subgrains and deformation features. Texture: Transient deformation texture (γ =~0.5), recrystallization texture at high strain (Fig. 4). γ =~0.5: [010] crystallographic axes align normal to the shear plane; [100] axes, two maxima, one parallel to the shear direction and one oblique to the shear direction (= low strain experiments, numerical simulations). High strain: stronger and symmetric with respect to shear kinematics. [100] parallel to the shear direction; [010], [001] girdles normal to shear direction. Ribbons (Fig. 3): “easy slip” {(010)[100]}. High strain texture numerical simulations: here [010], [001] girdle, then [010] point maximum perpendicular to the shear plane. Seismic properties: (Fig. 4) Goal: flow direction and shear plane from seismic observations. High shear strains: large Vp anisotropy (here half of the single crystal anisotropy); Vp max and dVs min parallel to the shear direction; nothing else! (axial symmetry in all the velocity distributions about that direction). : seismic data indicate flow direction, not shear plane. Zusammenfassung: 15 to 20% observed weakening: focuses flow in the upper mantle without the need to invoke a change in deformation mechanism. Ähnlich H-Typ (siehe oben): [100] in Gleitrichtung; (001) und (010) machen Gürtel (also „pencil glide“). Feldstudie von Dijkstra et al., 2002 Modell des erzwungenen Mantelflusses unter mittelozeanischen Rücken (Fig. 1); melt weakening only possible, if melt fraction >4%. Textur: [100] (010) und [100] (001) Homework: Papers: Bystricky, M., K. Kunze, L. Burlini, J.-P. Burg, 2000, High Shear Strain of Olivine Aggregates: Rheological and Seismic Consequences, Science, 290. Jung, H. and S-I. Karato, 2001, Water induced fabric transition in olivine. Science, 293. Katamaya, I. et al., 2004, New type of olivine fabric from deformation experiments at modest water content and low stress, Geology, v. 32; no. 12; p. 1045–1048. Pyroxene Generell schwerer zu deformieren als Olivin. Klare Belege für Polygonisation und Rekristallisation. Da ihre Struktur von parallelen Ketten von Tetrahedra aufgebaut wird, die stark in Paare von oktahedrischen Kationen eingebaut sind, sollten Pyroxene ein dominantes Gleitsystem haben: (100) [001] (Fig. 7, Bascou et al., JSG, 2002). Table 2, Bascou et al. Tectonophysics, 2001, gibt die bekannten Gleitsystem und ihren CRSS. Bis jetzt wurden Omphazite, besonders wegen ihrer Bedeutung in Eklogiten, und Diopside untersucht. 30 Beispiele aus Eklogiten (Omphazittexturen) zeigen vor allem eine Regelung der (010) Gleitebenen und eine Ordnung der [001] in der Gleitrichtung. Dislokationen entlang von (010) werden so gut wie nie beobachtet. Natürliche Texturen nach Fig. 5 (Bascou et al., 2001) Numerisch simulierte Texturen nach viscous-plastic, self-consistent Modellen (Fig. 3, Bascou et al., JSG 2002). Ergebnisse: simple shear und pure shear: Texturen sehr ähnlich! (010) in Foliation und [001]-Achsen in X; (110) und [100] ziemlich ziellos verteilt, (110) hat Maxima 60° zu XY! Bei simple shear werden leichte Asymmetrien beobachtet (z.B. sind die [001]-Achsen in einer Lage zwischen der Scherrichtung und der X-Achse; kann man diese in natürlichen Gefügen sicher erkennen?). Bei Modellen mit geringer Strainkompatibilität wird die Asymmetrie der [001]-Achsen deutlicher. Axiale Verkürzung: (Fig.3, Bascou et al. JSG, 2002) LPOs sind symmetrisch zur XY-Ebene. Transpression: (Wk = 0.9) ähnlich zu axialer Verkürzung, aber 2 [001]-Maxima im Gürtel! Deutlich asymmetrisch! Transtension: (Fig.3, Bascou et al. JSG, 2002) keine Asymmetrie, deutlicher (010) Gürtel! Bei low-T (001) [100] Verzwilligung aktiv, ist aber nur für unbedeutende Strainakkumulation verantwortlich. Interpretation: (Fig.7, Bascou et al. JSG, 2002): Regelung der (010) Gleitebenen und eine Ordnung der [001] Gleitrichtung. Dislokationen entlang von (010) werden so gut wie nie beobachtet; daher muss die Regelung eine Kombination von Gleitsystemen sein. Nach self-consistent-theory _ Simulationen: 1/2 <110>1 1 0, [001] 110, [001] (100) (Fig.7, Bascou et al. JSG, 2002). Es scheint als ob die Orientierung der Omphazit (010)-Flächen parallel der Foliation eine starke Aktivität entlang des {110} Systems bedeutet ((010) hat kaum Dislokationen); d.h. der CRSS ist entlang der zwei {110} Systems am höchsten und gleich groß! Aus geometrischen Gründen ({110} ist die Winkelhalbierende von (100) und (010)) wird diese Lage erreicht, wenn entweder (010) oder (100) parallel der Foliation sind. Die Orientierung mit (010) parallel der Foliation wird wegen der monoklinen Symmetrie von Omphazit (Fläche ist größer) bevorzugt. Diopsid (Fig. 6, Bascou et al., JSG, 2002) ist sehr ähnlich zu Omphazit, so scheint eine generelle Interpretation aller Pyroxengefüge entsprechend den Resultaten der Omphazite möglich. Plagioklas/K-feldspar Plagioklastexturen unter Bedingungen dynamischer Rekristallisation: Rekristallisationsbedingung bedeutet: Textur muss sich während Rekristallisation ändern; selektive Rekristallisation, d.h. bestimmte Orientierungen, z.B. von Körnern mit hoher Dislokationsdichte, rekristallisieren bevorzugt. In „low-temperature plasticity“ Experimenten wurde beobachtet, dass Korngrenzmigrationsrekristallisation dominiert (low-T = niedrige Kletterrate = hohe Dislokationsdichte = hohe interne Strainenergie). Korngrenzmigrationsrekristallisation verändert die Textur stark (hohe Dislokationsdichte)! Rotationsrekristallisation wird in Natur häufig beobachtet und verändert die Textur im Vergleich zu den host grains nicht stark („host controlled“ Rekristallisation). Messung: Optische Achsen und chemische Analyse (Mikrosonde), U-Tisch (Fig. 2, Kruse, Kristallgitter und Gleitsystem; Abbildung Kristallflächen in Plagioklas). Beobachtungen im Bezug zum Mikrogefüge: „Harte“ und „weiche“ Körner (weiche Körner interpretiert für leichte Gleitung = high resolved shear stress on slip systems) mit unterschiedlichem „aspect ratios“, undulöse Auslöschung, Deformationsbänder, Kinkbänder, Kern-Mantelstrukturen mit Rändern von rekristallisierten Körnern, Verzwilligung (Albit, Periklin, Karlsbad – Deformationszwillinge). Korngröße der Rekristallisate bei allen Strainintensitäten: 40-100 m (steady-state dynamische Rekristallisation). Rekristallisation entlang Bändern durch Kristalle: Nukleation an Mikrobrüchen. (Figs. 4, 5 Kruse). Bei hohem Strain verschwinden Altkörner. Textur: Deutlich ausgeprägt, wobei harte und weiche Körner unterschiedliche Textur zeigen (Figs. 6, 8 Kruse). (010)[001] stärkste Ausrichtung und zeigt Asymmetrie zum Strainreferenzgerüst: typisch für die weichen Körner („easy slip orientation“). Harte Körner haben schwach entwickelte Texturen. 31 Messung der Missorientierung zwischen Altkörnern und rekristallisierten Körnern belegt dominierende Rotationsrekristallisation. TEM Untersuchungen bestätigen die Studie. [Karlsbader Gesetz, Zwillingsbildung bei Orthoklas mit der Zwillingsachse [001]. Die Verwachsung erfolgt meist parallel der Fläche (010) unter teilweiser Durchdringung der beiden Individuen (linke und rechte Zwillinge). Zwillinge nach (010) = Albitgesetz, nach [010] (001) = Periklingesetz.]. Homework Mehl, L., and G. Hirth (2008), Plagioclase preferred orientation in layered mylonites: Evaluation of flow laws for the lower crust, J. Geophys. Res., 113, B05202, doi:10.1029/2007JB005075. Ishii Kazuhiko, Kyuichi Kanagawa, Norio Shigematsu, Takamoto Okudaira, High ductility of K-feldspar and development of granitic banded ultramylonite in the Ryoke metamorphic belt, SW Japan. Journal of Structural Geology 29 (2007) 10831098. Amphibol Amphibole: Twinning on (101) [101] . Slip on (100) [001]. [100] normal to the foliation (i.e., //1) and [001] parallel to the lineation (3). Díaz Aspiroz M., G.E. Lloyd, C. Fernández, Development of lattice preferred orientation in clinoamphiboles deformed under low-pressure metamorphic conditions. A SEM/EBSD study of metabasites from the Aracena metamorphic belt (SW Spain) Journal of Structural Geology 29 (2007) 629-645. Deformation in teilaufgeschmolzenen Gesteinen Experimente mit niedrigen Schmelzanteilen (<0.25) zeigen qualitativ, dass das Vorhandensein von Schmelzen folgendes bewirkt: (1) Änderungen im mechanischen Verhalten, (2) Änderung von verteilter zu lokalisierter Deformation (entlang Scherbändern), (3) Änderungen in Volumen und Porenflüssigkeitsdruck. Die Deformation modifiziert die Fließrichtung und damit die Verteilung des Magmas. Details Experimente das Konzept der „rheological critical melt percentage (RCMP)“: Figur 1 (Rosenberg), zeigt Ergebnisse von Experimenten an Graniten und eine semi-empirische Gleichung ( 0 (1.35 0.35) 2.5 gelöst für eine Schmelzviskosität von 104Pas. Diese „Roscoe“ Gleichung beschreibt den Fluss von Lösungen, die unterschiedliche Anteile von festen Partikeln enthalten; ist die Viskosität von Schmelze + Kristallen, 0, die der Schmelze und ist der Kristallanteil. Diese Gleichung sagt unendlich hohe Viskositäten für Schmelzanteile von <<0.3 voraus und eine RCMP bei ~0.3. Deformationsmechnismen in teilgeschmolzenen Graniten: In Experimenten und der Natur wird beobachtet, dass sehr geringe Schmelzanteile (0.05) Bruchbildungen erzeugen; dieselben Gesteine deformieren bei gleichen P, T, Bedingungen (ohne Schmelze) durch Dislokationskriechen. Ursache: Schmelze verhält sich wie eine Flüssigkeit und generiert Porendruck, der die effektive Festigkeit des Gesteins herabsetzt und zum Bruch führt. Desweiteren vergrößert die Schmelze die Diffusionsraten und erleichtert deshalb Korngestaltsänderungen, die Korngrenzgleitung erlauben (siehe „diffision accommodated grain boundray sliding“). Die Schmelzbildung fördert dadurch die Lokalisierung der Deformation (Figuren 2, 6). Eine genaue Analyse der experimentellen Daten unterstützt diese Beobachtungen: Die größte Festigkeitsänderung (~1 Größenordnung) erfolgt aber zwischen dem Beginn der Aufschmelzung und ~7% Schmelzanteil. Diese Erkenntnis widerspricht scheinbar der Roscoe-Gleichung und den Daten, die in Figur 1 (Rosenberg) dargestellt sind; diese Diskrepanz ist aber nicht real, sondern nur das 32 Resultat der unterschiedlichen Maßstäbe um die Festigkeit des experimentell deformierten Aggregate darzustellen. Figur 1 (Rosenberg) ist im logarithmischen Maßstab dargestellt, was ein allgemein gebräuchlicher Weg ist, um Festigkeitsänderungen über ~4 Größenordnungen, wie sie bei Schmelzanteilen von 20-50% auftreten und zur Definition der RCMP geführt haben. Stellt man jedoch das Festigkeitsverhalten mit einem linearen Maßstab dar, ergeben sich 2 Festigkeitsänderungen: eine große Änderung von ~800 MPa (eine Größenordnung, bei Schmelzanteilen von 6-7%) und eine kleinere Änderung von wenigen MPa, aber von fast 4 Größenordnungen bei 20-50% Schmelze (Figuren 2, 3, 4 Rosenberg und Handy). Die erste, sehr ausgeprägte Festigkeitsänderung kann auf den Übergang von intragranularer Deformation eines Kristallgerüsts, das Schmelze in isolierten Bereichen oder teilweise verbundenen Taschen enthält, zu intergranularer Deformation dieses Gerüsts innerhalb eines verbundenen Netzwerks von Schmelze bei ~7% Schmelzanteil hindeuten. 80% der Korngrenzen der Proben von Delegate Aplit bei 7% Schmelzanteil zeigen Schmelzfilme. Schmelzbildung führt zu einer Zunahme im Anteil von Korngrenzgleitung während dominierender Dislokationsdeformation (z.B. Olivinexperimente von Hirth und Kohlstedt 1995a,b). Topologie (Verteilung der Schmelze im Kornmaßstab): Die Schmelzeverteilung kann durch (i) die Oberflächenenergie; (ii) der Größe und Orientierung des Differenzstress, (iii) den finiten Strain bestimmt sein. Unter statischen Bedingungen können sich bei sehr dünnen (0.3 m) Schmelzfilmen und bei sehr geringen Schmelzanteilen (0.04 vol%) verbundene Schmelznetzwerke ausbilden. Unter dynamischen Bedingungen bilden sich die folgenden Topologien: (1) Im kataklastischen Fließbereich verteilt sich die Schmelze in Brüchen und Korngrenzen subparallel 1 oder in Brüchen mit Winkel ~30° zu 1. Diese Störungen beinhalten Schmelzanteile, die größer als in der übrigen Probe sind und sie sind Kanäle des Schmelzflusses. Bei Schmelzanteilen >0.1 wird die bevorzugte Ausrichtung der Störungen geringer. (2) Im Dislokationsdeformationsbereich (creep) ist die Schmelzverteilung vom Differenzstess abhängig: bei >100-160 MPa wie (1); bei <100-160 MPa tritt Schmelze hauptsächlich in Korn-Tripelpunkten auf; hier wird die Topologie von der Oberflächenenergie bestimmt. Mechanische Anisotropien, wie Foliation (gegeben durch Glimmer oder das Materiallagengefüge), sind wahrscheinlich verantwortlich für Schmelzansammlungen („melt pockets“ = Leukosome) in Migmatiten; sie sind deshalb meist // der Foliation angeordnet; diese Anordnung wurde noch nie im Experiment beobachtet! Fließgesetze: Bis jetzt nur ein theoretisches Fließgesetz, das granulares Fliessen in Beisein von Fluid beschreibt (Paterson, 2001): 8 v 2 s cDm 2 1 3 für offene Systeme und 3 d 2 RT v 2 s cDm 2 3 1 3 3 p für geschlossene Systeme, wobei: d 2 RT c, molare Löslichkeit (molm-3) der Festsubstanz in der Schmelze; d, Korndurchmesser; Dm , Diffusionskoeffizient der Festsubstanz in der Schmelze; , Schmelzanteil mit m dem Exponenten, der ~2 ist; p, der Schmelzdruck; v 2 s , Molarvolumen der Komponente im Korn. Die daraus ableitbaren Kurven zeigen eine drastische Änderung der Neigung bei 3-4 vol% Schmelze (Figur 13.5 Rosenberg et al.). Deformation von teilgeschmolzenem Granit unter natürlichen Bedingungen: * Bruchbildung: Fig. 7, Rosenberg * Intra-kristalline Plastizität: zeitgleiche intra-kristalline Plastizität und dynamische Rekristallisation in teilgeschmolzenen Graniten, Fig. 8, Rosenberg * Korngrenzgleitung, obwohl diese wahrscheinlich der dominante Deformationsprozess im Gestein ist, hat sie keine/ kaum diagnostische Mikrostrukturen, Fig. 5, Rosenberg (Diffusions-begleitetes Gleiten oder auch Kontaktschmelzen genannt) 33 * Diffusions-begleitetes Gleiten: Fig. 10, Rosenberg; hier werden Quarzkörner gelängt und rekristallisieren (c-Achse // str); die magmatische Matrix zeigt keine kristallplastische Deformation, sie muss aber deformiert sein – diese wird durch diffusionsbegleitetes Gleiten in der Matrix interpretiert. * Schmelztopologie: Schmelze tritt in zwei bevorzugten Orientierungen auf; hauptsächlich entlang der Foliation, untergeordnet senkrecht zur Foliation Kriterien zur Erkennung von syn-magmatischer Deformation: Unterteilung in drei Typen des Fliessens: (i) Schmelzfraktion >0.45 = „magmatic state“; 0.2-0.45 = „submagmatic“; <0.2 deformation at low melt fractions“. * Magmatisches Fliessen: Fig. 11, Rosenberg; Körner rotieren frei in Matrix. * Submagmatisches Fließen (20-50% Schmelze): gekennzeichnet durch: syn-magmatische Brüche, dynamische Rekristallisation und „contact melting“; als Resultat der Korninteraktion. * Deformation at low melt fractions: keine/kaum Kriterien, die unterschiedlich sind zu hoch-T subsolidus-Deformation; diagnostisch sind: interstitialer Feldspat zwischen Quarzkörnern; synmagmatische Brüche, die generell nur 1 Korn durchschlagen (magmatische Minerale füllen diese Brüche – z.B. Plagioklas mit An-Gehalt, der der minimalen Schmelzzusammensetzung entspricht); Quarz im Bruch wächst in kristallographischer Kontinuität mit Quarz außerhalb; contact melting. Generell können aber Schmelzanteile <20% nur schwer erkannt werden, da das Korngerüst meist kristallplastisch deformiert und rekristallisiert und die Deformation bei weitere Abkühlung in solidstate Deformation übergeht und ältere Gefüge überprägt. Festigkeitsverhalten der Kruste bei Schmelzbildung: Figure 13.7 (Rosenberg et al.) zeigt schematische Festigkeitsprofile durch die Kruste. Diese Profile deuten an, dass sich die Oberkruste leicht von der Unterkruste abkoppelt, wenn die Unterkruste mehr als 7% Schmelze enthält. Größere Schmelzanteile verändern die Festigkeit der Lithosphäre nur mehr wenig („integrated strength of the lithosphere“). Figur 13.8 (Rosenberg et al.) zeigt ein Beispiel von Schmelzanteil in der Kruste (High Himalayan crystalline complex = HCC“); die Datierungen zeigen, dass die „residence time“ der Schmelze unter orogenen Plateaus >20 Ma sein kann; dies ist im Gegensatz zu vertikalen Scherzonen, wo ein rascher Wärmeverlust erfolgt (residence time = ~1.5 Ma). Wenn die Schmelze auskristallisiert ist, dann ist dieser Bereich der Scherzone meist härter als die Nachbargesteine. Eine wesentliche Beobachtung aus Figur 13.8 (Rosenberg et al.) ist, dass die Leukogranite (= Schmelze) nicht entlang den begrenzenden Störungs/Scherzonen auftreten; dies widerspricht dem Konzept der Lubrikation von Störungen durch Schmelzen. Keine der Leukogranite durchschlagen die Scherzonen, was zeigt, dass sie gute Barrieren für den Schmelzfluß sind. Die Lage im Zentralteil des HCC deutet auf einen niedrig-viskosen, schmelzführenden Kanal. In numerischen Modellrechnungen wurde der Einfluß eines niedrigviskosen Kanals auf die Deformation der spröden Kruste untersucht: bei Vorhandensein eines topographischen Gradienten wird die Oberkruste instabil und gleitet lateral unter dem Einfluß der Gravitation; diese laterale Migration involviert Überschiebungen am Plateaurand und Abschiebungen im Plateau (Figur 13.8-top, Rosenberg et al.). Das niedrigviskose Material fließt in die extensionalen Areale und bildet dort Gneisdome. Die wesentliche zukünftige Aufgabe in Geländestudien muß es sein, die Zeitbeziehung zwischen Schmelzbildung und Deformation zu erarbeiten. Sollte es einen „Gravitationskollaps geben, dann muß es zuerst eine Schmelzbildung geben und danach die Deformation! Bei unseren Arbeiten in Yunnan steht dies im Vordergrund. Homework Rosenberg, C.L., Medvedev, S., and M.R. Handy, Effects of melting on faulting and continental deformation. In: Tectonic Faults: Agents of change on a dynamic Earth. Edited by M.R. Handy, G. Hirth, and N. Hovius. The MIT Press, Cambridge Mass., London U.K., p. 357-401. Wagner, Ralph, Claudio L. Rosenberg, Mark R. Handy, Christoph Möbus and Markus Albertz, Fracture-driven intrusion and upwelling of a mid-crustal pluton fed from a transpressive shear zone—The Rieserferner Pluton (Eastern Alps). GSA Bulletin; January/February 2006; v. 118; no. 1/2; p. 219–237; doi: 10.1130/B25842.1 34 ROSENBERG, C. L. AND M. R. HANDY, Experimental deformation of partially melted granite revisited: implications for the continental crust, J. metamorphic Geol., 2005, 23, 19–28 doi:10.1111/j.1525-1314.2005.00555.x Spezielles Kapitel: Drucklösung und diffusiver Materialtransport Generell: Drucklösung („pressure solution creep“) ist ein T- und Stress-abhängiger Prozess, der die Korngröße und die Porosität verändert. [ 6VD0 3 H d D exp (Cobble creep)] RT RT Model 1: Lösung und Ablagerung im Kornmaßstab Ein mechanisches Modell beschreibt Drucklösung im Kornmaßstab als Diffusion in einem Wasserfilm. Lösung erfolgt an Korn-Korn Kontakten, Diffusion der gelösten Stoffe erfolgt entlang eines Wasserfilms und die Ablagerung erfolgt im Porenraum. Die Antriebskraft ist die erhöhte Löslichkeit an Kornkontakten, bedingt durch die Konzentration des effektiven Stresses zwischen den Körnern (Fig. 1, Gundersen). Beobachtungen in Reservoirsandsteinen zeigen die Bedeutung dieses Deformations-Mechanismus bei T>90°C. Eigenschaften des Wassers im Kornkontakt: Experimentelle Daten zeigen eine Variation der Dicke des Wasserfilms von 50-5 Å bei 1-500 bar. Wichtig ist das Produkt Wasserfilmdicke Koeffizient der Diffusion (letzter beschreibt die Effizienz der Diffusion); Experimente ergeben Werte für das Produkt von 10-18 – 10-21m3/s (10-20m3/s ist ein guter Mittelwert). Modell: (Fig. 2, Gundersen) Kugelige Körner sind in Kontakt und umgeben von Porenflüssigkeit. In geologischen Systemen ist der Kontaktradius meist 10-6 – 10-2 m. Für das Model wird die Beschreibung in 4 Stufen zerlegt (Fig. 1, Gundersen): (1) Rate der Lösung, (2) Rate der Diffusion und (3) Rate der Ablagerung; dazu kommt in einem offenen System noch die (4) Rate der Diffusion über ein Korn hinaus (Model 2, siehe unten). Diffusion am Kornkontakt: Der Materialfluss vom Kornkontakt ist: J diff Dcont (ccont c pore ) Rcont , mit Jdiff in mol/m2s als Materialfluss, und (ccont-cpore)/Rcon (mol/m3) als der Konzentrationsgradient zwischen Kontakt und Poren; Dcon (m2/s) ist der Diffusionskoeffizient. Rcont ist der Kontaktoberflächenradius. Lösung am Kornkontakt: Die Lösungsrate an der Kornoberfläche ist: c J diss k´diss 1 cont , mit Jdiss (mol/m2s) die Lösungsrate, kdiss ist der kinetische Koeffizient der K cont Lösung (mol/m2s), ccont ist die Konzentration im Wasserfilm (mol/m3), und Kcont ist die Gleichgewichtslöslichkeit im Wasserfilm. Ablagerung: Der Fluss des gelösten Materials entlang der freien Oberfläche in der Pore (Jprec in mol/m2s) ist: c pore , mit cpore, der Konzentration in der Pore; Kpore ist die GleichgewichtsJ prec k prec 1 K pore löslichkeit in der Porenflüssigkeit; kprec ist der kinetische Koeffizient (mol/m2s). Raten der Lösung und Ablagerung: Gleichung beschreibt, wie sich die Masse eines Reaktanden (mrxn) über die Zeit entwickelt: A mrxn kr sr a 1 exp( r ) , mit kr, die Ratenkonstante; sr, Mineraloberfläche; a, Aktivität der R t z gelösten Specie; Ar ist die chemische Affinität der Reaktion, gegeben durch: 35 Q Ar RT ln , mit Q als Reaktionsquotient und K als Gleichgewichtskonstante der Lösung. K Die Fluid-Zusammensetzung kann die Kinetik der Reaktion und die Minerallöslichkeit beeinflussen. Z.B. ist für einen basischen pH die Kinetik der Quarz-LöslichkeitAblagerung schneller und die Löslichkeit höher als bei normalem oder saurem pH; demzufolge ändern sich auch die Raten der Deformation bedeutend! So ist gerade bei der Quarzlöslichkeit und Ablagerung die Wahl der kinetischen Koeffizienten entscheidend; diese sind schlecht bekannt und variiert zwischen Laborexperiment und natürlichen Bestimmungen aus Beobachtungen and Nord-See Sandsteinen. Model 2: Lösung im Kornmaßstab und Transport im Porenraum über größere Entfernungen Beobachtung: Unterschiedlich kompaktierte oder deformierte Lagen in einer Abfolge und Stylolithen, die auch den Transport über Kornkontakte hinaus fordern. Den „globalen“ Massentransport im Porennetzwerk beschreiben eine Reihe gekoppelte nichtlineare Gleichungen. Tabelle 1, Gundersen gibt die Einheiten dieser Gleichungen. Die Massenbilanz für die gelöste Phase im Porenvolumen wird beschrieben durch: c pore t Dpore 2c pore 3 m 1 m prec diffi 2 mit Lx LY Lz t t i 1 , Porosität; cpore, Konzentration des Gelösten in der Porenflüssigkeit; Korngeometrie in 3D (siehe Fig. 2, Gundersen); Dpore, Diffusionskoeffizient; m, Masse. Dpore 2c pore beschreibt den diffusiven Transport des Gelösten im Porenraum durch das Ficksche Gesetz. Das 1. Ficksche Gesetz besagt, dass sich ein in einem Gas oder in einer Flüssigkeit vorhandener diffundierender Stoff (Diffusion) aus Bereichen höherer Konzentration in solche mit geringerer ausbreitet (Dispersion). Diese Ausbreitung ist proportional zum räumlichen Gradienten der Stoffkonzentration. Die Proportionalitätskonstante ist der Diffusionskoeffizient in der Einheit Fläche pro Zeit. Die Beziehung zwischen der Konzentration c eines diffundierenden Stoffes und seiner Verlagerung mit der Zeit t in eine Richtung x wird durch das 2. Ficksche Gesetz dargestellt: c c 2 D 2 t x Dabei steht D für den Diffusionskoeffizienten des Materials. Diese Beziehung wird auch einfach als Ficksches Gesetz oder Diffusionsgleichung bezeichnet. D pore folgt dem Arrhenius-Gesetz (exponentielle Abhängigkeit von der T). Die Antriebskraft für diesen Transport ist der Konzentrationsgradient, der sich aus der Variation der Stresskonzentrationen an den Kornkontakten zwischen Domänen mit verschiedenen Korngrößen ergibt. m prec t m prec t beschreibt die Änderungen in der gelösten Masse in den Poren und ist gegeben durch: c pore mit k prec Apore 1 K pore k prec , kinetischer Koeffizient der Ablagerung; K pore , Gleichgewichtskonzentration des Gelösten in der Porenflüssigkeit und Apore ist die Kornoberfläche, die mit der Porenflüssigkeit in Kontakt ist; sie änderst sich während der Deformation. mdiffi t beschreibt die Masseänderung des Gelösten im Porenvolumen durch die Diffusion vom Kornkontakt in das Porenvolumen. mdiffi t 2 i Dcont (cconti c pore ) mit 2 cconti , Konzentration des Gelösten im Kornkontakt in die i-Richtung in der Massenbilanzgleichung wird dieser Ausdruck über alle sechs Kontaktflächen des eingedellten Kreises (Kornes) summiert; i, die Dicke des Wasserfilms an den Kornkontakten wird durch 2 dividiert, da der Wasserfilm von zwei 36 Kontaktflächen benutzt wird; Dcont , der Koeffizient der Diffusion im Wasserfilm (folgt auch dem Arrhenius-Gesetz). Diese globale Diffusionsgleichung (obige Massenbilanzgleichung) wird mit sechs Gleichungen gekoppelt, die die lokale Massenbilanz für jeden Kontakt auf dem Kreis (Korn) beschreiben: cconti t 1 R 2 cont i mdissi mdiffi mit i t t 2 i=x,y,z (die Raumrichtungen); Rconti, der Radius der Kornoberfläche in der i-Richtung und , die Lösung des Stoffes in den Korngrenzfilm mit Acont , die i t Oberfläche des Korn-Film-Korn Kontaktes in die i-Richtung; k diss , der kinetische Koeffizient der Lösung; K conti , die Gleichgewichtskonzentration des Gelösten in einem Kontakt in die i-Richtung. mdissi cconti k diss Aconti 1 K cont i mdiffi t ist wie oben gegeben und repräsentiert den lokalen Massentransfer aus dem Kontakt in den Porenraum. Die Korngestaltsentwicklung während der Deformation wird durch die folgenden vier Gleichungen beschrieben: _ cconti dLi 2k diss V s 1 K cont dt i c pore k prec V s 1 K dt pore dL f mit _ _ i=x,y,z; V s , das Molarvolumen des gelösten Materials. Das Gestein wird einem Stress- und Temperaturfeld ausgesetzt, es werden keine Scherspannungen angenommen und die in-situ Spannungskomponenten i werden durch die folgenden 3 Gleichungen auf die lokalen Normalspannungen an den Kornkontakten ni bezogen: n x L y Lz n y Lx Lz . Ay n z Lx L y x y z Ax Az Bei konstantem tektonischer Spannung wird die Kontaktfläche (Ai) größer und die lokale Spannung normal zum Kornkontakt wird kleiner mit zunehmender Deformation (Plättung des Kornes); so wird die Antriebskraft für die Drucklösung immer kleiner. Die Gleichungen 3 m 1 m prec diffi 2 , t Lx LY Lz t t i 1 m prec c pore , k prec Apore 1 K t pore c pore Dpore 2c pore 37 mdiffi i Dcont (cconti c pore ) , t 2 cconti mdissi mdiffi 1 , i t t t 2 R conti 2 mdissi cconti , k diss Aconti 1 K cont t i _ cconti dLi 2k diss V s 1 K cont dt i 2 c pore k prec V s 1 K dt pore dL f , _ werden mit einer finiten Elemente Methode gelöst, die lineare Basisfunktionen für die räumliche Domäne und das Crank-Nicolson Schema in der Zeitdomäne verwendet (Figure 3 Gundersen). Generelle Ergebnisse von numerischen Untersuchungen: (1) Massentransport immer von gröber- zu feinerkörnigen Domänen, da feinerkörnige Bereiche rascher kompaktieren. (2) Bei Erreichen einer Porosität <5% ist die Perkolationsschwelle (Migrationsbarriere) erreicht und Drucklösung erfolgt nur mehr im Maßstab individueller Körner. Die Perkolationsschwelle wird zuerst in feinkörnigen Gesteinen erreicht. (3) Die Produktion von feinkörniger Gauge in Störungszonen erneuert immer wieder die Porosität und Drucklösung sollte dort eine wesentlicher Prozess sein.