FHTW Fachhochschule für Technik und Wirtschaft FB 4 – Wirtschaftsinformatik Organisations- und Geschäftsprozeßmodellierung I Wintersemester 1998/99 Prof. Dr. Pietsch Bestandteile, Bedeutung und Schaffung von organisatorischer Intelligenz in Unternehmen Organizational Behavior und Cultural Identity Die Rolle, das Verhalten und die Einstellung der Individuen untereinander und gegenüber dem Unternehmen ausgearbeitet von Holger Holl (0173555) Kerstin Masekowitz (s0176510) Bodo Rekowski (s0178890) Stefan Ungnad (s0167446) Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 2 Inhaltsverzeichnis 1 Einstieg ............................................................................................................... 4 2 Einflußfaktoren auf das Verhalten der Organisationsmitglieder ................... 5 2.1 Kulturelle Herkunft und Identität bestimmen Werte und Normen ..................... 6 2.2 Wandel des Unternehmensumfeldes .............................................................. 10 2.3 Globalisierung ................................................................................................. 13 2.4 Änderungen von Organisationsstrukturen ...................................................... 14 2.5 Unternehmenskultur ....................................................................................... 15 2.6 Schlußfolgerungen aus dem bisher gesagten ................................................ 19 3 Das Verhalten und seine Bedingungen .......................................................... 21 4 Der Charakter einer Organisation ................................................................... 22 4.1 Definition......................................................................................................... 22 4.2 Funktionen ...................................................................................................... 22 4.3 Ausprägungen ................................................................................................ 23 4.4 Zusammenfassung ......................................................................................... 25 5 Typologien von Menschenbildern .................................................................. 26 5.1 Definition......................................................................................................... 26 5.2 Anpassungstypologien.................................................................................... 26 5.3 Berufstypologien ............................................................................................. 27 5.4 Organisationelle Menschenbilder ................................................................... 27 5.5 Zusammenfassung ......................................................................................... 28 6 Einstieg und Eingliederung ............................................................................. 29 6.1 Selektion ......................................................................................................... 29 6.2 Sozialisation ................................................................................................... 30 6.3 Zusammenfassung ......................................................................................... 30 7 Formen der Interaktion .................................................................................... 31 7.1 Kooperation .................................................................................................... 31 7.2 Konflikt ............................................................................................................ 31 Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 3 7.3 Konkurrenz ..................................................................................................... 32 7.4 Zusammenfassung ......................................................................................... 32 8 Literaturverzeichnis ......................................................................................... 33 Organizational Behavior und Cultural Identity 1 Seite 4 Einstieg Wenn ein Unternehmen überleben will, muß es sich ständig anpassen, es muß also lernfähig sein. Wenn wie uns mit der Frage der Lernfähigkeit einer Organisation beschäftigen, stellt sich auch die Frage wie das Verhalten der Organisationsmitglieder beschaffen sein muß, damit diese Lernfähigkeit erreicht, bzw. erhalten werden kann. Viele Faktoren beeinflussen das Verhalten der Organisationsmitglieder Erfahrungen, Erfolgsmuster, Werte, Normen, Ziele, Vorbilder, Verhaltensrichtlinier, Grundannahmen Bilden sich aus Beeinflussen Verhalten der Organisationsmitglieder Quelle: Simon, Schriften für FührungskräfteBand17 Oder anders ausgedrückt, Organisationsmitglieder was muß in bekannt sein, Hinblick auf um ein das Verhalten Unternehmen der erfolgreich weiterentwickeln zu können. Die Rolle, das Verhalten und die Einstellungen der Individuen untereinander und gegenüber dem Unternehmen sollen daher Gegenstand dieses Vortrages sein. Organizational Behavior und Cultural Identity 2 Einflußfaktoren auf Seite 5 das Verhalten der Organisationsmitglieder Wir werden uns nun einige Einflußgrößen, die uns wichtig erscheinen, etwas näher anschauen. Determinanten des Verhaltens von Organisationsmitgliedern Fähigkeiten, Fertigkeiten der Individuen Charakter einer Organisation Werte, Verhaltensnormen Wandel des Unternehmensumfeldes situative Bedingungen Globalisierung Unternehmenskultur Organisationsstrukturen Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 6 2.1 Kulturelle Herkunft und Identität bestimmen Werte und Normen Die spezifischen Werthaltungen eines Menschen werden natürlich am stärksten von seinem direkten Umfeld beeinflußt. So spielen das familiäre Umfeld, die kulturelle Herkunft usw. für die Herausbildung der Werthaltungen eine entscheidende Rolle. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 7 Auswirkungen des kulturellen Umfeldes auf die anerkannten Werte und Normen am Beispiel Japans Zur Verdeutlichung der Unterschiede die es hierbei zwischen den verschiedenen Kulturen gibt, wird immer gerne das Beispiel Japan herangezogen, weil sich damit sehr gut die Unterschiede zu den westlich geprägten Wertvorstellungen darstellen lassen. Von Kindheit an wird in Japan der Gemeinschaftssinn, und die starke Ausrichtung auf die Gruppe anerzogen. Dies gilt sowohl für Schule und Beruf, als auch für Freizeitaktivitäten. In der Familie und in der Schule lernen die Kinder die Regeln, nach denen sie ihr ganzes Leben lang spielen müssen, nämlich absolute Einordnung in die Gruppe und Vermeidung von individuellen Zügen oder anderen Konfliktauslösern. Das Gruppeninteresse wird stets vor das eigene Interesse gestellt. Auf der anderen Seite soll sich jeder in der Gruppe gut aufgehoben fühlen. Es wird darauf geachtet, daß in der Entscheidungsfindung der Gruppe jedes Gruppenmitglied berücksichtigt wird. So wird in einem Unternehmen kein Arbeiter vom Informationsfluß und vom informellen Wissensaustausch ausgeschlossen. Jedes Gruppenmitglied wird möglichst vollständig in alle Aktivitäten einbezogen. Sowohl das Harmonie- als auch das Konsensbedürfnis sind ein zweischneidiges Schwert: Aus unserer Sicht - und auch aus der Sicht vieler Japaner - entsteht ein hoher Konformitätsdruck, der zu viele Freiräume im Menschen versiegen läßt. In Japan überwiegt allerdings noch bei weitem die Einsicht, daß Motivation und Leistungsbereitschaft von Menschen die aktiv und interaktiv in der Gruppe arbeiten, wesentlich höher sind, als wenn dies nicht der Fall wäre. Japaner schöpfen ihr Selbstwertgefühl aus der frühkindlichen Erfahrung, von der sozialen Umwelt mit all ihren individuellen Fehlern und Unzulänglichkeiten angenommen zu sein, und zwar nicht auf Grund persönlicher Leistung, sondern einfach wegen ihrer Existenz. In der japanischen Gesellschaft erreicht man Erfolg nicht aufgrund individueller Aggressivität, sondern im Vertrauen und Schutz der Gruppe. Dies erklärt auch, warum das Sozialverhalten bei Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 8 beruflichen Entscheidungen über das Kriterium „fachliches Können“ gestellt wird. Die westliche Kultur zeichnet sich durch Gültigkeit moralischer Normen aus, die im Christentum wurzeln. Für den Einzelnen ist weniger wichtig wie andere sein Verhalten beurteilen, selbst wenn es sich dabei um ihn nahestehende Personen handelt. Hier wird mehr die Kreativität des Einzelnen gefördert. Entsprechend steht bei der Beurteilung eines Menschen eher die persönliche Leistung im Vordergrund. Das wirtschaftliche Leistungsverhalten ist gewissermaßen geprägt von individueller Konkurrenz (was wohl seine deutlichste Ausprägung in der nordamerikanischen Kultur findet). Sprichwörter sprechen ihre eigene Sprache „Wenn zwei sich streiten ...“, „... freut sich ein Dritter!“ „..werden beide bestraft !“ (Sprichwort bei uns) (Japanisches Sprichwort) Quelle: Niels Bergemann Andreas L.J.Sourisseaux: Interkulturelles Management KELLER (1981) hat die japanische, im Gegensatz zur „anspruchszentrierten“ europäischen Gesellschaft, als verpflichtungszentriert“ bezeichnet und damit die Konfliktarmut der Japaner erklärt. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 9 Wert- und Zielkongruenz zwischen Unternehmen und Mitarbeiter Wenn nun der durch seine individuellen Wertehaltungen geprägte Mensch in ein Unternehmen eintritt, findet er nicht nur übereinstimmende Werte und Zielvorstellungen, sondern es gibt eine gemeinsame Schnittmenge. Werte- und Zielkongruenz zwischen Unternehmen und Mitarbeiter Betriebliche Ziele Persönliche Ziele Erreichbare Ziele Quelle: Simon, USW-Schriften für Führungskräfte Band 17 Voraussetzung für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit und das Erreichen der Unternehmensziele ist daher Wertkonsens zwischen Unternehmen und Mitarbeiter. Nur dort, wo sich die individuellen Werte der Mitarbeiter mit der Philosophie des Unternehmen decken, kann erfolgreich gearbeitet werden. Damit sind wir nun bei unserem Unternehmen, und wollen uns weitere Einflußfaktoren ansehen. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 10 2.2 Wandel des Unternehmensumfeldes Wertewandel Schon seit mehreren Jahren vollzieht sich bei uns ein Wertewandel, der sich auch in der Arbeitswelt niederschlägt. Um sich das zu verdeutlichen, könnte man die Maslowsche Bedürfnispyramide auf die Arbeitswelt übertragen. Übertragung der Maslowschen Bedürfnispyramide auf die Arbeitswelt Selbstverwirklichung U-Kultur Soziale Bedürfnisse Arbeitsklima Sicherheit Grundbedürfnisse Einkommen Quelle: Simon, Schriften für Führungskräfte Band 17 ,Auf der niedrigsten Ebene der Pyramide steht das Einkommen zum Zweck der Befriedigung von Grundbedürfnissen. Diese Ebene dürfte in den fünfziger und sechziger Jahren für die Arbeitsplatzwahl bestimmend gewesen sein. Mit höherem Einkommens- und damit Bedürfnisniveau gewinnen Faktoren wie Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsplatzklima ...und schließlich Unternehmenskultur mit dem Ziel der Selbstverwirklichung zunehmend an Gewicht. Zunehmend werden eine anspruchsvolle Tätigkeit, Kontakte mit anderen Menschen, die Möglichkeit Ideen zu verwirklichen, Verantwortung, aber auch eine Verkürzung der Arbeitszeit gewünscht. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 11 Insbesondere der Führungsnachwuchs verlangt heute mehr als nur ein gutes Einkommen. In einer Reihe von Untersuchungen die UNIC Bonn an deutschen Universitäten durchgeführt hat, bestätigt sich dieser Befund durchgängig. Die nächste Abbildung Führungsnachwuchses, Freiräume für eigene zeigt das am Faktoren Ideen, Beispiel wie kooperative des kaufmännischen herausfordernde Führung Tätigkeit, etc. in der Anforderungsskala ganz oben stehen. Merkmalen wie hohem Einkommen, guten Sozialleistungen, Krisensicherheit wird hingegen deutlich geringeres Gewicht zugemessen. Erwartungen von kaufmännischen Hochschulabsolventen an die zukünftige Tätigkeit Herausfordernde Tätigkeit Individuelles Arbeiten Aus- und Weiterbildung Führung durch Mitwirkung Flexible Arbeitszeit Karriere und Verantwortung Attraktives Gehalt Zeit für Freizeit Sicherheit i.w.S. Ruf und Ansehen des Unternehmens 0 20 40 60 80 100 Quelle: UNIC-University Connection GmbH, Bonn Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 12 Strukturwandel Wir erleben gegenwärtig die Auswirkungen einer fortschreitenden Verlagerung von Produktions- zu Dienstleistungstätigkeiten. Dienstleistung ist dadurch gekennzeichnet, daß Leistungserstellung und Absatz simultan stattfinden, d.h. eine zwischengeschaltete Qualitätskontrolle ausscheidet. Es ist unmöglich, jedem Kundenberater in einer Bank einen "Qualitätskontrolleur" zur Seite zu stellen. Die Qualitätskontrolle muß vielmehr vorher per Ausbildung, Überzeugung, Motivation in den Mitarbeiter ‘eingebaut’ werden. Viele neue Tätigkeitsprofile zeichnen sich dadurch aus, daß die Leistung nur schwer meßbar ist. Als Beispiel seien Forschung und Softwareentwicklung genannt. Hochqualifizierte Mitarbeiter in solchen Funktionen lassen sich nur über Motivation und Zielvorgaben, hingegen nicht mit klassischen Kontrollmechanismen führen. Andere Autoren sprechen auch von einer Entwicklung hin zu einer Informationsgesellschaft. So meinten die Autoren NAISBITT/ABURDENE 1985: „In der neuen Informationsgesellschaft sind die Schlüsselfaktoren des Erfolgs Information, Wissen und Kreativität. Es gibt nur eine Stelle wo man diese Ressourcen findet: Die Mitarbeiter. Das Humankapital gewinnt einen völlig neuen Stellenwert. Neben den Entwicklungstendenzen die wir gerade als Wertewandel bzw. Strukturwandel beschrieben haben, gibt es noch andere grundlegende Wandlungserscheinungen die weltweit wirken, und die oft auch als Globalisierung bezeichnet werden. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 13 2.3 Globalisierung Bedingt durch die fortschreitende Globalisierung ergeben sich auch neue Problemfelder. So sind heute zum Beispiel viele Unternehmen in mehreren Kulturkreisen tätig (global player). Die Einflüsse auf das betreffende Unternehmen und dessen Mitarbeiter sind also je nach Standort sehr unterschiedlich. Somit hat man in ein und demselben Unternehmen völlig verschieden strukturierte Mitarbeiter. Die Mitarbeiter in Siemens- Niederlassungen in Deutschland, den USA, Japan und der sogenannten „Dritten Welt“ bedürfen also unterschiedlicher Behandlung, Führung und Motivation. Während man Mitarbeiter in den USA zu jeder denkbaren Tagesund Jahreszeit beschäftigen kann, muß man in arabischen Ländern Rücksicht auf religiös bedingte Ruhezeiten nehmen. Auch die Motivierung der Mitarbeiter muß anders erfolgen, während es in Deutschland schon (oder noch) um die Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung geht, steht in anderen Ländern noch die Bedürfnisbefriedigung im Vordergrund. Ist es für Beschäftigte in den USA völlig normal nach dem „hire and fire“-Prinzip beschäftigt und entlassen zu werden, stößt dies in Deutschland noch auf heftigen Widerstand der Gewerkschaften. Kann man Mitarbeitern in Japan so ziemlich alles abverlangen, da hier die Arbeit und die Identifikation mit dem Unternehmen einen ganz anderen Stellenwert im Leben der Menschen einnehmen, ist dies in Deutschland nicht ohne weiteres möglich, da hier die Arbeit nach wie vor eher als Mittel zum Zweck angesehen wird. Dessen ungeachtet wird natürlich auch in Deutschland von Regierung und Unternehmen, eben mit Verweis auf die fortschreitende Globalisierung und die sich daraus ergebende stärkere Konkurrenz, versucht, die Menschen an anderswo herrschende Gepflogenheiten zu gewöhnen. Bislang mit nicht unerheblichem Erfolg. In Anlehnung an vorgenannte Punkte ist es für die Unternehmen auch wichtig, verschiedene Gesetzeslagen in den einzelnen Ländern zu beachten, auch wenn diese sich allmählich aneinander annähern. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 14 Die Globalisierung eignet sich, wie schon erwähnt, auch dazu, andere, dem Unternehmen vorteilhaft erscheinende Zustände einzuführen und ferner mit der Drohung einer Unternehmensverlegung ins Ausland, Zugeständnisse zu erzwingen und Mitarbeiter „williger“ zu machen. Fraglich ist hierbei nur, wo dies enden soll, kann es wirklich sinnvoll sein unter immer schlechteren, auch krankmachenden Bedingungen zu arbeiten und sich dafür den dritten Mercedes leisten zu können. Nun führt die Globalisierung natürlich auch zu positiven Effekten, ohne sie hätte wohl der Umweltgedanke in den USA nie Einzug gehalten. Für Mitarbeiter die aufgabenbedingt zwischen den einzelnen Standorten pendeln wird es, um erfolgreich zu sein, immer wichtiger sich in der jeweiligen Mentalität zurechtzufinden und diese zunächst einmal anzuerkennen. So berichtete ein Betriebsleiter einer bekannten Unternehmung mit Niederlassung in Rußland, wie schockiert er war, daß Termine so gut wie nie eingehalten würden, und die Mitarbeiter es mit den Arbeitszeiten auch nicht so genau nähmen. Er hat nun aber nicht versucht, dort Verhaltensweisen wie er sie aus Deutschland gewohnt war einzuführen, sondern hat den Betriebsablauf den dortigen Verhaltensweisen angepaßt. Mit Erfolg wie er meint. Durch Fusionen entstehen neben immer mehr quasi-Monopolen auch zunehmend Mischkonzerne Lebensmittelbetrieb andere und natürlich Menschen werden benötigt als in einem in einem Rüstungsunternehmen. Auch die Außendarstellung eines solchen Konzerns kann natürlich nicht einheitlich sein. 2.4 Änderungen von Organisationsstrukturen Die genannten Einflüsse (Wertewandel, Strukturwandel, Globalisierung usw.), die von außen auf das Unternehmen einwirken erfordern eine Änderung von Organisationsstrukturen, wenn ein Unternehmen überleben möchte. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 15 „Die Organisation der Zukunft wird flacher sein als die der Vergangenheit ... . Die ‘Führung durch Kontrolle’ ... wird von der ‘Führung durch Vertrauen’ abgelöst. Eine solche Führung setzt aber voraus, daß klare Grundwerte und ziele vorgegeben und bekannt sind, aus denen der Untergebene seine Detailentscheidungen ableiten kann.“ Diese Prognose, die ungefähr 1990 abgegeben wurde, hat sich heute teilweise erfüllt. In vielen Unternehmen finden wir heute andere Organisationsstrukturen als vor einigen Jahren. Schlußfolgerung: Das Verhalten der Organisationsmitglieder muß sich zwangsläufig ändern, es wächst die Bedeutung von Unternehmenskultur. 2.5 Unternehmenskultur Begriff Unternehmenskultur Auf die Frage ‘Was ist Unternehmenskultur?’ kann man in der Literatur viele verschiedene Anworten finden. Mal wird der Begriff etwas enger gefaßt, manchmal etwas weiter. Geht man vom allgemeinen Kulturbegriff aus, dann kann man unter Kultur ein „Muster von gemeinsamen Wert- und Normvorstellungen verstehen, die über bestimmte Denk- und Verhaltensmuster die Entscheidungen, Handlungen und Aktivitäten einer sozialen Gruppe beeinflussen. Diese Kultur wird durch Lernund Sozialisationsprozesse erworben und bewirkt, daß sich soziale Gruppen voneinander in charakteristischer Weise abheben. Ein derartiges Kulturverständnis kann auch zur Kennzeichnung der Kultur einer Unternehmung herangezogen werden. Unter Unternehmenskultur wird dann eine Grundgesamtheit gemeinsamer Wert- und Normvorstellungen sowie geteilter Denk- und Verhaltensmuster verstanden, die Entscheidungen, Handlungen und Aktivitäten der Organisationsmitglieder prägen. Oder einfacher gesagt, Unternehmenskultur ist ein von allen Mitarbeitern anerkanntes und als Verpflichtung angenommenes Werte- und Zielsystem eines Unternehmens. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 16 Merkmale von Unternehmenskultur Merkmale der Kultur sind sowohl die grundlegenden gemeinsamen Wert- und Normenvorstellungen (Einstellungen zum Kunden, zum Gewinn, zu Kosten, zur Gesellschaft etc.), als auch die von den Organisationsmitgliedern und der Unternehmung entwickelten spezifischen Denkmuster und Verhaltensweisen, die durch bestimmte Symbole verkörpert werden Riten, Rituale, Zeremonien, Mythen, Sprache). Nach PETERS/WATERMAN (1983) zeichnet sich die „richtige“ Kultur durch folgende Merkmale aus: Primat des Handelns, Nähe zum Kunden, Freiraum für Unternehmertum, Produktivität durch Menschen, sichtbar gelebtes Wertesystem, Ausrichtung auf angestammtes Geschäft, einfacher/ flexibler Aufbau, kombiniert straff-lockere Führung Gemeinsam, trotz verschiedener Sicht- und Herangehensweise, begegnen uns immer wieder die gleichen Schlagworte: Mitarbeiter als größtes Vermögen erkennen, Freiraum zur Entwicklung der Mitarbeiter schaffen, Potentiale der Mitarbeiter freilegen, gelebtes Wertesystem, Kundenorientierung. Charakteristisches Merkmal der U-Kultur ist die Orientierung nach innen (im Gegensatz zu Cultural Identity nach außen wirkt). Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 17 Unternehmenskultur in Deutschland, theoretisch gibt es sie: Stärke der Ausprägung der Unternehmenskultur differenziert nach dem Leistungsprogramm m su n Ko 4,8 5,3 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 26,7 13,5 33,7 25 k aum aus geprägt etw as aus geprägt 68 61,5 r te gü st ve In i er üt g ns t io s tark aus geprägt 61,5 st en i D is le n ge n tu Quelle : USW-Schriften für Führungskräfte Band 17 (S.48) Die Abbildung Unternehmenskultur zeigt im eine unterschiedliche Konsumgüter-, Ausprägung Investitionsgüter- der und Dienstleistungsbereich. Die Zahlen stammen aus einer repräsentativen Umfrage in Zusammenarbeit mit dem EMNIT-Institut Bielefeld. Befragt wurden Führungskräfte aus 201 Unternehmen. Mit dem „Proklamieren“ einer Unternehmenskultur ist es aber nicht getan Ein Problem in diesem Zusammenhang, ist das Mißverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Verschiedene Autoren verweisen immer wieder darauf, daß oftmals Ziele und Wertvorstellungen umfangreich schriftlich fixiert sind, aber allzuoft nur eine Alibifunktion erfüllen und ohne Auswirkungen auf das Verhalten von Mitarbeitern bleiben. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 18 Unternehmenskultur in Amerika und Deutschland Eine Untersuchung in Deutschland und den USA beschäftigte sich mit folgenden Fragen: Welche globalen Unternehmensziele verfolgen deutsche und amerikanische Unternehmen? Welche grundlegenden kulturellen Normen gibt es in deutschen beziehungsweise amerikanischen Unternehmen? Gibt es typisch deutsche, beziehungsweise typisch amerikanische Merkmale der Unternehmenskultur? Das Ergebnis der Untersuchung machte folgendes deutlich: Die Zielorientierung deutscher Unternehmen erscheint differenzierter: Es werden mehr Kategorien angesprochen. Die Zielorientierung amerikanischer Unternehmen ist vergleichsweise einseitig ausgerichtet: ausgeprägte Konzentration auf ökonomische Ziele. Deutsche Unternehmen scheinen insgesamt längerfristig orientiert. Das drückt sich nicht nur darin aus, daß potentiell relevante Interessengruppen stärker berücksichtigt werden: Überleben, Existenzsicherung oder Erhalt des Unternehmens über Generationen werden sogar ausdrücklich als oberster Zweck der Aktivitäten genannt. Solche Äußerungen gab es bei USA-Managern nicht. Im Vergleich der Unternehmenskulturellen Normen zeigen sich qualitativ wie quantitativ unterschiedliche Trends: Bei den befragten deutschen Unternehmen kristallisierten sich durchschnittlich zehn kulturprägende Normen pro Unternehmen heraus. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 19 In den USA waren es jeweils zwischen drei und sieben, also deutlich weniger. Die Unterschiede bei Zielkategorien und Normen resultieren aus anders differenzierten Werten deutscher und amerikanischer Firmen. „Typisch“ deutsche beziehungsweise amerikanische Wertfärbungen lassen sich in folgenden grundlegende Verhaltensregeln erkennen: Deutschland USA Teamgeist offene Kommunikation Kooperation unternehmerisches Handeln Denken Zusammenspiel Betonen eines positiven Klimas gegenseitige Achtung („Gut drauf“-Gesllschaft) 2.6 Schlußfolgerungen aus dem bisher gesagten Wenn eine Organisation langfristig erfolgreich sein will, muß sie viele Einflußgrößen beachten. Eine Organisation muß kulturspezifische Wert- und Einstellungssysteme berücksichtigen, sie muß Unterschiede zwischen verschiedenen Kulturkreisen anerkennen. Will sie langfristig erfolgreich sein, muß sie überdies Wandlungstendenzen innerhalb einer kulturellen Einheit beachten. Einer Organisation stehen vielfältige Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Viele davon dienen dazu, die Anpassung des Einzelnen an die dominanten Strukturen innerhalb der ursprünglichen Organisation zu begünstigen. So kann das japanische Unternehmen nur jene einstellen, die bereit sind, sich an seine und Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 20 Strukturen anzupassen. Aber auch eine Anpassung oder ein Wandel der herkömmlichen Strukturen der Organisation an die jeweiligen gesellschaftlichen oder kulturellen Gegebenheiten oder Wandlungsprozesse ist denkbar, in Zukunft möglicherweise unverzichtbar. Offensichtlich gibt es auch einen starken Zusammenhang zwischen den vorgelebten Werten der Unternehmensführung und dem Verhalten der Mitarbeiter, damit möchte ich zu den nächsten Schwerpunkten ‘Das Verhalten und seine Bedingungen’ und ‘Der Charakter einer Organisation’ überleiten. 3 Das Verhalten und seine Bedingungen Wie bisher zu sehen, wird das Verhalten von Individuen von vielen Faktoren beeinflußt. Die folgende Abbildung zeigt vier zentrale Einflußfaktoren. Soziales Dürfen Individuelles und Sollen Wollen Verhalten Situative Persönliches Ermöglichung Können Abbildung 1: Verhalten und seine Bedingungen (nach Spieß, 1999, Seite 14) Das „soziale Dürfen und Sollen“ beinhaltet die Normen und Regeln, nach denen sich das Individuum richten muß. Mit der „situativen Ermöglichung“ sind die äußeren Umstände gemeint, die das ein bestimmtes Verhalten erlauben oder verhindern. Diese beiden Faktoren bieten demnach den Rahmen, innerhalb dem ein Individuum agieren kann. Auf der anderen Seite wird das Verhalten auch vom Menschen selbst beeinflußt. Dazu zählt zum ersten das „individuelle Wollen“, welches sich in Motiven und Werten ausdrückt. Als vierten Determinante ist das „persönliche Können“ zu nennen. Es umfaßt die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Individuums. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 22 4 Der Charakter einer Organisation 4.1 Definition Der Charakter einer Organisation wird durch ihre geistige Orientierung bestimmt. Vier Ideologien (Führungsphilosophien) definieren, wie sich die Interessen einer Organisation mit denen ihrer Mitglieder vereinbaren lassen. Die Ideologie beeinflußt das Verhalten der Organisationsmitglieder, ihre Fähigkeit, deren Wünsche und Bedürfnisse zu erfüllen. Zudem legen sie fest, wie die Organisation in der Lage ist, mit ihrer Umwelt fertig zu werden. Eine Organisationsideologie enthält die logische Grundlage der positiven und negativen Anordnungen. Dieses Grundprinzip erklärt das Verhalten der Organisationsmitglieder, aber auch die Funktionsweise der Umwelt. Dies geschieht dadurch, daß es den Mitgliedern klarmacht, welches Verhalten sie von anderen Menschen und Organisationssystemen erwarten können. Unter den Mitgliedern von Organisationen gehen Vorstellungen über das, was ist und das, was sein sollte in einander über. Sie sind konsistent oder werden zumindest so dargestellt. 4.2 Funktionen Eine Organisationsideologie bietet Antworten auf folgende Fragen: Auf welche Ziele ist die Organisation ausgerichtet? Anhand welcher Werte wird ihr Erfolg und ihr Wert gemessen? Welche Beziehung bestehen zwischen der Organisation und ihren Mitgliedern? Was darf die Organisation von ihren Mitgliedern erwarten, was die Mitglieder von der Organisation? Welches Verhalten wird wie kontrolliert? Welche Qualitäten und Verhaltensweisen der Mitglieder werden von der Organisation gebilligt? Welche Methoden werden im Umgang mit der Umwelt angewendet? Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 23 4.3 Ausprägungen 4.3.1 Machtorientierung Die machtorientierte Organisation versucht, ihre Umgebung zu beherrschen. Dabei ist sie nicht gewillt, sich anderen Organisation bzw. Regeln unterzuordnen. Solch eine Organisation handelt wettbewerbsorientiert. Sie beutet bei ihrem Bestreben, ihre Macht zu vergrößern, andere (meist schwächere) Organisationen aus. In die machtorientierte Organisation sind interne Kontrolle und Integration fest eingefügt. Sie bringt sehr viel Energie auf, um ihre Mitglieder zu kontrollieren und einzuschüchtern. Wenn die Organisation zu groß wird, wird dieses Kontrollsystem leicht unübersichtlich und kann zusammenbrechen. Bei alledem fällt es der machtorientierten Organisation schwer, entsprechend schnell und flexibel zu reagieren. Sie hat Probleme damit, Informationen effektiv zu verarbeiten. Dies liegt zum Teil daran, daß Entscheidungen an der Spitze getroffen werden. Auf dem Weg dorthin durchlaufen die Informationen viele Stationen und werden dabei verzerrt oder verfälscht. Auch wenn die Organisation Probleme bei komplexen Sachverhalten hat, kann ihre Struktur sehr effektiv bei schnellen Entscheidungen und deren Durchsetzung unter riskanten Umweltbedingungen sein. Die machtorientierte Organisation bietet aggressiven Menschen die Möglichkeit, sich bis zur Spitze hochzukämpfen. Hat er eine Position inne, die ihm die Ausübung seiner Macht ermöglicht, so unterdrückt und kontrolliert er seine Untergebenen. Dem normalen Durchschnittsmenschen kann sie allerdings kaum Sicherheit bieten. 4.3.2 Rollenorientierung Im Gegensatz dazu ist die rollenorientierte Organisation auf legales, legitimes und verantwortliches Handeln bedacht. Dazu versucht sie, rational und geregelt vorzugehen. Konkurrenzkämpfe und Konflikte innerhalb der Organisation, aber auch zwischen Organisationen, werden durch Verträge, Regeln und Verfahrensordnungen beigelegt oder gar vermieden. Rechte und Privilegien werden definiert und sind von allen Organisationsmitgliedern zu beachten. Hierarchie und Status spielen keine so bedeutende Rolle wie in einer machtorientierten Organisation. Erstrebenswert sind Stabilität, Konventionalität und Kompetenz. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 24 Durch die vielen Regeln und Definition in der Rollenorientierung, ist das Verhalten in einer solchen Organisation leicht vorhersagbar. Die korrekte, den Vorgaben entsprechende Reaktion gilt gegenüber der effektiven als besser. In der rollenorientierten Organisation versucht man, mit Rationalisierung und Vereinfachung gegen die Schwierigkeiten der Überwachung komplexer Aufgaben anzukämpfen. Aufteilung einzelner Tätigkeiten in kleine Elemente, Aufstellen von Regeln und Überwachen der Leistungen schreiben jeden Schritt vor. Bei Veränderungen besteht deshalb die Gefahr, daß die Mitglieder ihr Verhalten nicht anpassen. Sie fahren weiter wie gewohnt fort, auch wenn das Vorgehen uneffektiv geworden ist. 4.3.3 Aufgabenorientierung Die aufgabenorientierte Organisation ist auf ein übergeordnetes Ziel ausgerichtet. Faktoren, die die Erfüllung dieser Aufgabe behindern, werden beseitigt, egal ob es sich dabei um Autorität, Regeln oder Verordnung handelt. Die aufgabenorientierte Organisation ist nicht an Autorität, Gewohnheiten oder Ordnungen gebunden. Autorität wird nur auf der Grundlage von Kenntnissen und Kompetenz akzeptiert. Die Organisation ist gemäß den Anforderungen der Aufgabe strukturiert. Zusammenarbeit wird angestrebt, wenn sie für die Erreichung des Zieles notwendig oder nützlich ist. Die aufgabenorientierte Organisation wird auch mit einer komplexen, sich ändernden Umgebung fertig. Sie hat im Vergleich zur macht- oder rollenorientierten Organisationen kürze Kommunikationskanäle durch eine dezentrale Kontrolle. Dadurch werden Zeitverluste minimiert. Zudem werden Informationen weniger verzerrt oder abgeschwächt. Um auf Änderungen flexibel reagieren zu können, werden zeitweise Projektgruppen mit den notwendigen Fähigkeiten gebildet. Daraus ergibt sich eine variable Organisationsstruktur. Die aufgabenorientierte Organisation sorgt dafür, daß alle Mitglieder, unabhängig von ihrer Position, ihre Aktionen unterstützen. Aber auch sie beutet den einzelnen aus. Sie verwendet sein Wissen und seine Fähigkeiten, solange sie von Nutzen sind. Werden sie nicht mehr benötigt, so soll das Mitglied sich ohne Protest verabschieden. Status und Anerkennung in der Organisation hängen vom Beitrag zur Erledigung der Aufgabe ab. Eine Veränderung der Probleme kann mit finanziellen Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 25 Einbußen und abnehmender Zufriedenheit für den Betroffenen führen. Die Mitglieder werden von der Organisation als Instrumente für „höhere“ Ziele eingesetzt. 4.3.4 Personenorientierung Bei der personenorientierten Ideologie dient die Organisation ihrem Mitglied als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung. Wenn das Mitglied keine Möglichkeit mehr sieht, in der Organisation seinen eigenen Interessen nachzugehen, wird sie für ihn entbehrlich und er tritt aus. Autorität wird nur selten auf Grundlage der Eignung für eine bestimmte Aufgabe zeitweilig verliehen. Rollen innerhalb der Organisation werden nach persönlichen Vorlieben übertragen. Dabei wird auch das Bedürfnis des Einzelnen nach Bildung und Weiterentwicklung berücksichtigt. Langweilige und unangenehme Aufgaben werden gleichmäßig verteilt. Entscheidungen werden mit dem Einverständnis der anderen Mitglieder getroffen. Dabei wird nicht erwartet, daß ein Beteiligter entgegen seinen Zielen und Werten handelt. Die personenorientierte Organisation ist geeignet, mit komplexen Sachverhalten und Veränderungen fertig zu werden. Sie hat eine geschmeidige Struktur mit kurzen Kommunikations- und Kontrollwegen. Alle Mitglieder mit dem Herzen bei der Sache. Sie sorgen nicht nur für ihr eigenes Wohlergehen, sondern auch für das Wohl der anderen Mitglieder. Bei der personenorientierten Ideologie wird die Arbeitsumgebung an die Bedürfnisse und Motivation des einzelnen angepaßt. Das Mitglied muß unabhängig und aus sich selbst heraus motiviert sein. Die personenorientierte Organisation bietet ihm dafür den Raum für Selbstverwirklichung. 4.4 Zusammenfassung Organisationsideologien bestimmen den Charakter einer Organisation. Sie legen fest, wie sich die Organisation gegenüber der Umwelt und gegenüber ihren Mitgliedern verhält. Unterdrückung von gekennzeichnet durch Machtorientierung Untergebenen. Regeln und steht Die für Marktbeherrschung rollenorientierte Verordnungen. Die Organisation und ist aufgabenorientierte Organisation betrachtet ihre Mitglieder als Instrumente, um ein höheres Ziel zu Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 26 erreichen. Dagegen wird die personenorientierte Organisation wird von ihren Mitgliedern als „Werkzeug“ benutzt, um die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Für die meisten Organisationen paßt jedoch keine der vier Ideologien perfekt. Die „ideale“ Ideologie würde etwas machtorientiert sein, um mit der Konkurrenz fertig zu werden. Für Stabilität und interne Integration ist ein bißchen Rollenorientierung nötig. Aufgabenorientierung gewährleistet die Lösung von Problemen und die rasche Anpassung an Veränderungen. Ein Teil Personenorientierung wäre nötig, um Fragen neuer Mitarbeiter beantworten zu können. (die wissen wollen, warum sie sich auf etwas einlassen sollen, wenn ihre Bedürfnisse nicht erfüllt werden) 5 Typologien von Menschenbildern 5.1 Definition Menschenbilder stellen komplexe kognitive Merkmale dar. Sie dienen „der Analyse und Beeinflussung menschlichen Handelns in Organisationen“ (Spieß, 1999, Seite 25) „Die Gesamtheit der Annahmen einer Theorie über den Menschen in Organisationen wird als Menschenbild bezeichnet. In der Praxis beschreiben Menschenbilder die Auffassungen eines Vorgesetzten über den Geführten und umgekehrt.“ (Spieß, 1999, Seite 25) Je nach Schwerpunkt ergeben sich verschiedene Einteilungen. Im folgenden werden Anpassung an eine bestehende Organisation (Anpassungstypologien), die Einstellung zur Arbeit (Berufstypologien) sowie organisationelle Menschenbilder vorgestellt. 5.2 Anpassungstypologien Ausgehend von der Annahme eines passiven Individuums erscheint die Reaktion auf Autorität als entscheidende Variable bei der Anpassung der Organisation. So läßt sich als erstes der sogenannte „Aufsteiger“ identifizieren. Er ist machtorientiert und statusbewußt. Sein Ziel ist die Bewährung in bürokratischen Situationen. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 27 Der „indifferente Typ“ ist gegenüber der Organisation gleichgültig. Er sieht in der Arbeit ein Mittel zur Bedürfnisbefriedigung. Seine Bedürfnisse sind dabei außerhalb der Arbeit angesiedelt. Die dritte Typologie ist die des „Ambivalenten“. In der Psychologie bedeutet Ambivalenz das Streben in 2 entgegengesetzte Richtung. Dementsprechend sucht der ambivalente Mensch den Erfolg. Er ist aber andererseits nicht bereit, den Preis dafür zu zahlen. 5.3 Berufstypologien Der „karriereorientierte“ Mensch ist positiv zu Arbeit eingestellt. Er ist zu außergewöhnlichen Engagement bereit. Sein zentrales Ziel ist dabei sein beruflicher Aufstieg. Dagegen bedeutet „Freizeitorientierung“, daß „die berufliche Arbeit als Mittel zum Zweck wahrgenommen wird.“ (Spieß, 1996, Seite 153) Demnach kommt der Freizeit, also der Zeit außerhalb der beruflichen Tätigkeit, die größte Bedeutung bei. Als Kombination von diesen beiden Typologien gilt dar „flexibel orientierte Mensch“. Er ist dazu bereit, sich beruflich zu engagieren. Voraussetzung dafür ist aber, daß er seine eigenen Ziele nicht vernachlässigen muß. Ihm ist eine Reduzierung seiner Arbeitszeit wichtiger als eine Gehaltserhöhung. 5.4 Organisationelle Menschenbilder Hier wird zwischen „rational-economic man“, „social man“, „self-actualizing man“ und „complex man“ unterschieden. Jedes dieser Menschenbilder hat unterschiedliche Bedürfnisse und muß anders motiviert werden. Welche Typologie welche Strategie des Managements zur Folge hat, ist in der folgenden Tabelle dargestellt: TYPOLOGIE VON BESCHREIBUNG MENSCHENBILDERN MANAGEMENT- UND ORGANISATIONSSTRATEGIEN rational-economic motiviert durch Klassische Managementfunktionen, wie man äußere Anreize Planen, Motivieren, Kontrollieren passiv Mittelpunkt ist Effizienz Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 28 rational social man motiviert durch Aufbau und Forderung von Gruppen soziale Bedürfnisse self-actualizing man soziale Anerkennung Bedürfnisse Motivation durch die von einer Aufgabe hierarchisch geordnet ausgehenden Anreize Ziel ist Autonomie Mitbestimmung am Arbeitsplatz Manager fördern und kontrollieren nicht complex man äußert wandlungs- Manager sind Diagnostiker, die und lernfähig Verhalten situationsgemäß variieren Abbildung 2: organisationelle Menschenbilder (nach Spieß, 1999, Seite 26) Der passive und rational veranlagte „rational-economic man“ wird hauptsächlich durch äußere Anreize motiviert. Im Gegensatz dazu wird der „social man“ durch soziale Bedürfnisse motiviert. Der „self-actualizing man“ versucht, Autonomie zu erreichen. Seine Bedürfnisse sind hierarchisch geordnet. Der „complex man“ ist äußerst lern- und wandlungsfähig. Abhängig von der Organisationsstrategien jeweiligen Typologie erforderlich. So sind sind andere beim Management- „rational-economic und man“ klassische Managementfunktionen angebracht. Dazu zählen Planung, Kontrolle, Motivation. Dem „social man“ entspricht dem Aufbau und der Förderung von Gruppen und soziale Anerkennung. Der „self-actualizing man“ kann durch die Anreize einer Aufgabe motiviert werden. Beim „complex man“ beurteilen die Manager die aktuelle Situation und variieren das Verhalten entsprechend. 5.5 Zusammenfassung Um das menschliche Verhalten analysieren und gezielt beeinflussen zu können, wird dieses anhand von Menschenbildern klassifiziert. Durch Betrachtungsweisen werden wechselnde Aspekte berücksichtigt. unterschiedliche Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 29 6 Einstieg und Eingliederung Die Beziehung zwischen dem einzelnen Individuum und der Organisationen funktioniert häufig nicht immer reibungslos, sondern wird häufig von Konflikte begleitet. In der heutigen Zeit möchten viele Menschen ihre eigene Situation kontrollieren. Sie streben nach persönlicher Unabhängigkeit. Viele Organisationen dagegen verfügen über eine „hierarchische Befehlskette“ und sind „durch das Prinzip der Arbeitsspezialisierung [...] gekennzeichnet“. (Spieß, 1996, Seite 152) Um Konfliktsituationen zu vermeiden, muß der Einzelne seinen Anspruch auf Autonomie einschränken und Fremdkontrolle dulden. Wer dennoch auf Selbstverwirklichung besteht, muß sich eine Organisation suchen, die weniger formalisiert ist. Dazu zählen vor allem personenorientierte Organisationen. 6.1 Selektion Personen mit bestimmten Menschenbildern bevorzugen also dementsprechende Organisationen. Umgekehrt akzeptieren Organisationen nicht jedes Individuum als Mitglied. Die Theorie des „Person-Environment-Fit“ fordert die „Übereinstimmung der Person und ihrer Arbeitsumgebung“. (Spieß, 1999, Seite 28) Das heißt, die Ziele und Anforderungen der Organisation sollen erfüllt werden. Ebenso ist eine Über- bzw. Unterforderung der Person zu vermeiden. Diese Auswahl wird als Selektion bezeichnet. Selektion kann in Selbst- und Fremdselektion unterschieden werden. 6.1.1 Selbstselektion Mit Selbstselektion wird der Prozeß bezeichnet, der die individuellen Tätigkeiten von der Stellensuche bis zum Vorstellungsgespräch umfaßt. Dieser kann sich über einen langen Zeitraum erstrecken. Dabei werden alle bisherigen Erfahrungen am Arbeitsmarkt und erste Kontakte mit Organisationen berücksichtigt. Das Vorgehen bei der Selbstselektion kann in mehrere Phasen eingeteilt werden. Zunächst werden Idealvorstellungen vom Beruf entwickelt. Ist sich der Bewerber darüber im klaren, so beginnt er, die Suche zu planen. Anschließend beginnt die eigentliche Suche und die Auswahl der Organisationen. Der Prozeß wird mit der Bestätigung der Entscheidung und der Bindung an die Organisation abgeschlossen. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 30 Bei der Selbstselektion werden neben rationalen Gedanken auch Gefühle und irrationale Elemente einbezogen. So wird zum Beispiel dem Unternehmensimage eine hohe Bedeutung beigemessen. 6.1.2 Fremdselektion Die Auswahl des passenden Bewerbers durch die Organisation wird als Fremdselektion bezeichnet. Dabei stehen mehrere diagnostische Verfahren zur Auswahl. Dazu zählen beispielsweise Auswahlgespräche, Fragebögen, Arbeitsproben und Assessment Center. 6.2 Sozialisation Die Sozialisation umfaßt den Prozeß der Eingliederung eines Individuums in eine Organisation. Haben sich Individuum und Organisation füreinander entschieden, tritt die Person in die Organisation ein. Jetzt beginnt für sie ein Lernprozeß. Sie wird mit den Werten und Vorstellungen der Organisation vertraut gemacht. Der Sozialisationsprozeß läßt sich in drei Phasen unterteilen. Die Voreintrittsphase entspricht im wesentlichen der bereits erläuterten Selektion. An sie schließt sich die Eintrittsphase an. Der Neuling wird getestet, ob er zur Organisation paßt. Der Anfänger versucht, sich zurechtzufinden und von den „älteren“ Mitgliedern akzeptiert zu werden. Diese Zeit hat Einfluß auf seine weitere Bindung an die Organisation. Sie kann sogar seine gesamte berufliche Entwicklung beeinflussen. Wichtig ist die soziale Unterstützung von seinen Kollegen. So ist zu vermeiden, daß der neue Mitarbeiter fachlich unter- oder überfordert wird. In der Phase der Metamorphose übernimmt die Person die vorherrschenden Werte und Einstellungen des Unternehmens. Damit wird der Neuling zum „Vollmitglied“. 6.3 Zusammenfassung Um Konflikte in Organisationen zu vermeiden, müssen Individuum und Organisation zueinander passen. Dazu wird von beiden Seiten ein umfangreicher Auswahlprozeß durchlaufen. Stimmen die Vorstellungen mit der Realität überein, wird der Bewerber zum Organisationsmitglied. Im Laufe der Zeit lernt er die Werte und Vorstellungen der Organisation kennen und paßt sich an. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 31 7 Formen der Interaktion Unter Interaktion wird allgemein die Wechselbeziehung zwischen Personen und Personengruppen bezeichnet. Zu unterscheiden sind Kooperation, Konflikt und Konkurrenz. 7.1 Kooperation Kooperation ist das „Tätigsein von zwei oder mehr Individuen, die bewußt, planvoll, aufeinander abgestimmt die Zielerreichung eines jeden beteiligten Individuums in gleichem Maße gewährleistet“. (Spieß, 1996, Seite 11) An einer Kooperation nehmen stets andere Parteien teil. Dabei ist es wichtig, daß sich alle Beteiligten untereinander abstimmen. Je geringer der Unterschied zwischen individuellen und gemeinschaftlichen Zielen wird, desto mehr wächst die Bereitschaft zu kooperieren. Damit Kooperation entstehen kann, müssen alle Beteiligten eine gewisse Entscheidungs- und Handlungsfreiheit besitzen. Sie müssen erkennen, daß sie von der anderen Partei abhängig sind. Sie müssen begreifen, daß sie selbst zur Kooperation bereit sein müssen, soll der potentielle Partner kooperieren. „Zusammenarbeit ist nur zwischen solchen Menschen möglich, die sich als gleichrangig empfinden.“ (Spieß, 1996, Seite 16) Dem anderen müssen gleichwertige Vorschläge zugetraut und gleiche Rechte zugestanden werden Kooperatives Verhalten kann durch das Vermitteln von Wissen, Appelle an die soziale Verantwortung und das Schaffen von Vertrauen gefördert werden. 7.2 Konflikt Ein Konflikt besteht, wenn zwei oder mehrere Parteien versuchen, ihre sich widersprechenden Ziele zu verwirklichen. Es gibt intra- und interindividuelle Konflikte. Intraindividuelle Konflikte sind sogenannte innere Konflikte. Interindiviuellen Konflikten entstehen durch Interaktion. Man kann Konflikte auch nach der vorliegenden Handlungsweise in Organisationen unterscheiden. So ist der Bewertungskonflikt zu finden, bei dem im Mittelpunkt steht, welches Ziel als wichtig empfunden wird. Des weiteren gibt es den Beurteilungskonflikt. Hierbei streiten sich die Parteien um die Art und Weise, wir ein Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 32 bestimmtes Ziel erreicht wird. Die Ressourcen sind beim Verteilungskonflikt der Streitpunkt. Ein Beziehungskonflikt entsteht, wenn sich eine Partei vernachlässigt fühlt. 7.3 Konkurrenz „Konkurrenz bedeutet, daß zwischen zwei Parteien eine entgegengesetzte Wechselwirkung besteht, d.h., eine Partei kann nur auf Kosten der anderen ihr Ziel erreichen.“ (Spieß, 1996, Seite 17) Konkurrenz in eine Form des indirekten Kampfes. Der Rivale wird nicht unmittelbar geschädigt. Vielmehr wird er bei der Durchsetzung seines Ziels behindert. 7.4 Zusammenfassung Konkurrenz und Kooperation gelten als gegensätzliche Formen der Interaktion. Gesellschaftlich gilt kooperatives Handeln als positiv, während Konkurrenz als negativ angesehen wird. Im Unterschied zur Konkurrenz, bei der entgegengesetzte Zielrichtungen verfolgt werden, treffen beim Konflikt unvereinbare Handlungstendenzen aufeinander. Auf Konflikte trifft man sowohl in kooperativen als auch in konkurrierenden Situationen. Bei der Kooperation beziehen sie sich auf die Beurteilen, ob eine Handlung notwendig ist, um ein Ziel zu erreichen. Bei der Konkurrenz tritt sie auf, weil sich die Beteiligten über die Ziele an sich uneinig sind. Organizational Behavior und Cultural Identity Seite 33 8 Literaturverzeichnis Spieß, Erika/ Winterstein, Hans: Verhalten in Organisationen: eine Einführung. Stuttgart; Berlin; Köln: Kohlhammer, 1999 Spieß, Erika: Kooperatives Handeln in Organisationen. München; Mering: Hampp, 1996 Harrison, Roger: Führungsphilosophie und Unternehmenscharakter. In Harvard Business Manager: Unternehmensethik; Bd. 1. (S. 34 – 43). Hamburg: Manager Magazin Verlagsgesellschaft, 1982 Hermann Simon (1990): Herausforderung Unternehmenskultur; USW-Schriften für Führungskräfte Band 17, Schäfer Verlag. Lilly Beerman & Martin Stengel: Werte im interkulturellen Vergleich. In: Niel Bergemann, Andreas L., J. Sourisseaux (Hrsg) : Interkulturelles Mangement, Heidelberg: Physika Verlag (1996), S.11-33. Gerd J. Adami (1994): Arbeitskultur und Wirtschaftserfolg in Japan; Lean Production II, Schriftenreihe des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft.