39. DGMP Tagung Oldenburg 2008 Bestimmung der Patientendosis in der diagnotischen Radiologie: Ein neues Dosiskonzept für das lymphatische Gewebe von Boetticher, Heiner1; Wolfgang Hoffmann2 1 Institut 2 Institut für Radiologie und Seminar für Strahlenschutz, Klinikum Links der Weser, Bremen für Community Medicine, Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald - Entstanden im Rahmen des Forschungs- und Lehrverbundes SUM - Einleitung Die Organdosis des roten Knochenmarks ist für Studien zu Leukämien und Lymphomen relevant, deren Ausgangszellen zum Zeitpunkt der Induktion mit überwiegender Wahrscheinlichkeit innerhalb des roten Knochenmarks befindlich sind. Rationale der Verwendung eines zweiten Dosiskonzeptes neben der Organdosis des roten Knochenmarks ist die Vorstellung, dass nicht alle Lymphome mit gleich großer Wahrscheinlichkeit im Bereich des roten Knochenmarkes initiiert werden. Für die non-Hodgkin Lymphome wird angenommen, dass diese zu einem erheblichen Anteil außerhalb des Knochenmarkes im Bereich des lymphatischen Systems (Lymphknoten, lymphatische Organe) ausgelöst werden. Daher wird für diese diagnostischen Subgruppen die Organdosis des lymphatischen Systems als relevant angesehen. Ableitung der "Modifizierten Ganzkörperdosis" Als relevante anatomische Regionen, in der sich die überwiegenden Anteile des lymphatischen Systems befinden, werden hierbei Kopf, Hals, Thorax, Abdomen und Beckenbereich bis zur Symphyse betrachtet. Einbezogen werden ebenfalls die Schultern und der Bereich des Hüftgelenkes. Periphere Anteile der Extremitäten (Oberarm, Oberschenkel) werden dagegen als nicht relevant betrachtet. Diese Körperregion wird näherungsweise durch den Bereich gebildet, der durch das Alderson-Phantom repräsentiert wird. Die Verteilung des lymphatischen Systems in dieser Region wird als hinreichend homogen angesehen, so dass die entsprechende Organdosis näherungsweise - in Anlehnung an die Ganzkörperdosis – als mittlere Dosis über diesen Bereich bestimmt werden kann ("Modifizierte Ganzkörperdosis HmGK"). Die Massen der exponierten Körperregionen werden somit auf die Masse der relevanten Region des Alderson-Rando-Phantoms (Masse der Einzelscheiben) bezogen [1]. Für konventionelle Untersuchungen wird die Modifizierte Ganzkörperdosis HmGK soweit möglich aus den Werten des Dosisflächenprodukts DAP abgeleitet: HmGK = FmGK DAP (1) Der Konversionfaktor FmGK wird mit folgender Beziehung bestimmt: FmGK = KO/KE Drel d m-1 mit KO/KE Drel d m = = = = = (2) Oberflächendosis/Einfalldosis Mittelwert der relativen Tiefendosis im durchstrahlten Volumen mittlere Dicke des durchstrahlten Volumens mittlere Dichte des durchstrahlten Volumens mittlere Masse des für die Modifizierte Ganzkörperdosis relevanten Körperbereichs Aus praktischen Erwägungen wird die Körperdichte für alle gängigen konventionellen Röntgenuntersuchungen mit 1,0 g/cm3 angesetzt. Eine Ausnahme bildet hier lediglich die Thoraxregion. Hier wurde auch die Dichte des luftfreien Lungenparenchyms mit 1,0 g/cm3 angesetzt. Die in den Lungen enthaltene Luft wurde zu 3000 ml pro Kilogramm Lungenmasse mit einer Masse von 0,0 g berücksichtigt. Bei vielen Kontrastmitteluntersuchungen resultiert die Patientendosis aus der Summe der Expositionen durch Einzelaufnahmen und durch Durchleuchtungen. Wo nicht auf Literaturangaben zur durchschnittlichen Röhrenspannung bei den Kontrastmitteluntersuchungen zurückgegriffen werden konnte, wird vereinfachend angenommen, dass diese den Einstellungen bei den konventionellen Röntgenuntersuchungen derselben Körperregion entspricht. Bestimmung der Patientendosis in der diagnotischen Radiologie: Ein neues Dosiskonzept für das lymphatische Gewebe 1 39. DGMP Tagung Oldenburg 2008 Für CT-Untersuchungen wird in Analogie zum Dosisflächenprodukt bei konventionellen Röntgenuntersuchungen zur Berechnung von HmGK der vom Dosislängenprodukt zur Bewertung von Intensität und Längenausdehnung einer Bestrahlung ausgegangen. Da entsprechende Konversionsfaktoren für die Modifizierte Ganzkörperdosis nicht vorliegen, werden diese aus Konversionsfaktoren für das rote Knochemark abgeleitet. Diesem Vorgehen liegt die Annahme zugrunde, daß im Energiebereich der Röntgenstrahlung im CT die mittlere Organdosis des roten Knochenmarks innerhalb einer spezifischen Schicht näherungsweise proportional zur mittleren Dosis innerhalb der gesamten Schicht ist. Die Berechnung für eine einzelne CT-Serie erfolgt mit Hilfe von (3). Die Organdosis für eine zusammenhängende Untersuchung erhält man durch Multiplikation von H mGK mit einem Faktor, der der durchschnittlichen Anzahl der Aufnahmeserien entspricht, die typischerweise im Rahmen dieser Untersuchung angefertigt werden. HmGK = 1/p kCT CTDIL Σ F(Ganzkörper, z) (3) und F(Ganzkörper, z) = f(rotes Knochenmark, z) Vrkm(z) -1 m(z) m-1 mit und p kCT CTDIL f z Vrkm(z) m(z) m = = = = = = = = (4) Pitchfaktor Gerätefaktor Computed Tomography Dose Index, gemessen ohne Verwendung eines Phantoms organspezifischer Konversationsfaktor in Abhängigkeit von der Schichtlage z Längenposition der betrachteten Schicht Volumenanteil des roten Knochenmarks in der Schicht z Masse der Schicht mit der Längenposition z mittlere Masse des für die Modifizierte Ganzkörperdosis relevanten Körperbereichs Ergebnisse In Tab. 1 werden so ermittelte Wert für ausgewählte Untersuchungen für HmGK bezogen auf die Dosis des roten Knochenmarks (HrKM) angegeben. Die Abweichungen beider Dosiswerte von einander können untersuchungsabhängig bis zu einer Größenordnung betragen. Untersuchung Schädel/"Kopf" Nase/Nasen-Nebenhöhlen a.p. Augenhöhlen Kieferknochen Zähne (Panorama-Aufnahme) Zahn (einzeln) Luftröhre Schulter Thorax Herz und Gefäße Rippen, knöcherner Thorax Gesamte Wirbelsäule HWS-Untersuchung BWS-Untersuchung LWS -Untersuchung Hüfte Becken / "Blase" (a.p.) 80 kV Bauchorgane / "Abdomen" HmGK/ HrKM 2,52 2,53 2,53 0,80 2,67 1,75 2,59 3,84 1,81 1,81 3,69 2,66 2,85 2,42 2,73 3,52 3,01 6,09 Untersuchung Speiseröhre Magen Dünndarm Dickdarm (Colon-KE) Pankreas (ERCP) Niere (i.v. Pyelogramm) Angiographie (Bauchraum) Angiographie (Becken) Phlebographie Myelographie Kopf (Pneumoenzephalographie) Bronchographie Lymphographie CT Schädel CT Thorax CT Abdomen CT Becken HmGK/ HrKM 1,25 8,77 4,46 3,60 5,80 6,56 4,38 3,03 3,02 3,84 2,52 1,15 4,69 0,70 1,06 1,43 1,09 Tab. 1: Quotient von Modifizierter Ganzkörperdosis und Dosis des roten Knochenmarks für ausgewählte konventionelle Untersuchungen (links) bzw. konventionelle Untersuchungen mit Kontrastmitteln und CT-Untersuchungen (rechts); nach [1]. Literatur [1] von Boetticher H, Hoffmann W. A model and reference data for retrospective dose assessment of organ doses (red bone marrow, lymphatic system) in diagnostic radiography and nuclear medicine 1946-1995. Health Physics 92 (2007) 315-331 Bestimmung der Patientendosis in der diagnotischen Radiologie: Ein neues Dosiskonzept für das lymphatische Gewebe 2