RODICA TEODORA BIRIŞ, Proverbe şi zicători întâlnite la germanii din Arad SPRICHWÖRTER UND REDENSARTEN DER ARADER DEUTSCHEN PROVERBE ŞI ZICĂTORI ÎNTÂLNITE LA GERMANII DIN ARAD Asist. univ. drd. RODICA BIRIŞ Universitatea de Vest “Vasile Godiş”, Arad In der folgenden Arbeit versuche ich einige Sprichwörter und Redensarten der Deutschen aus dem Kreis Arad zu untersuchen und zu erklären, sowie einige Ortsneckereien und ironische Ausdrücke. Die Deutschen haben einen reichen Erbgut mitgebracht, den sie dank der neuen landschaftlichen Umgebung, der veränderten Wirtschaftsverhältnissen, der neuen Lebenserfahrung und den Beziehungen zu den anderssprachigen Menschen (Rumänen, Ungarn, Serben, Slowaker) verändert und angepasst haben. In den Sprichwörter und Redensarten wird oft der Name des Kreises und Stadtes Arad genannt und der Name des Flusses Marosch erwähnt. Dieser Fluss und das gute Trinkwasser dieser Gegend spielt eine große Rolle im Leben der Bewohner. Ihr Leben hängt davon und von der Ernte ab. Eine andere große Rolle spielt in ihrem Leben das Züchten der Weinreben, besonders in Miniş, Păuliş, Şiria, Şagu. Die Arader Deutschen haben die Tiere geliebt und gezüchtet. Diese Beziehung zu den Tieren wird auch in der Sprache, vor allem in Redewendungen wiedergegeben. Das Studium der Sprichwörter, der Redensarten und der Ortsneckereien ist wichtig, da man auf diese Weise einiges über das jahrhundertelange Zusammenleben der Arader Deutschen mit den anderen Bewohner dieser Gebiete erfährt. Die Deutschen aus Arad verwenden oft vorgeprägte Formen, die inhaltlich genauer das ausdrücken, was sie selbst besser nicht formulieren können. In den Sprichwörter hat das Volk den späteren Generationen seine jahrhundertealte Lebenserfahrung, seine Denkweise und seinen gesunden Humor überliefert. Jede sprachliche Gemeinschaft besitzt ihre eigenen festen Fügungen, da sie im Laufe der Zeit ihre eigene Lebenserfahrung gesammelt und neben allgemeinen auch eigene Wertvorstellungen gewonnen hat. Der Fortbestand des sprachlichen Volksgutes ist durch mündliche Überlieferung gesichert. Die Vertreter der älteren Generation gebrauchen die lehrhaften Merksätze häufiger in ihrer Rede als die jüngeren Sprecher. Die jüngeren deutschen Sprecher werden heutzutage von sehr viele Informationen überflutet. Außerdem spricht der Rumäniendeutsche der jüngeren Generation neben seiner deutschen Muttersprache und der rumänischen offiziellen Sprache, sowie der ungarischen, serbischen oder slowakischen Muttersprache seiner Nachbarn oder seiner Freunde, auch die in der Schule erlernten Sprachen Englisch und Französisch, bis vor kurzer Zeit auch Russisch. Manchmal beruft sich der Sprecher der Umgangssprache auf eine anerkannte Autorität, um in seiner Gemeinschaft Anklang zu finden. Es gibt auch Formulierungen, in denen mit dem Sprichwort noch eine feststehende einleitende oder abschließende Formel verbunden ist. Der Gebrauch eines Sprichwortes ist stets an eine gewisse Sprechsituation gebunden, die seine lehrhafte Tendenz bestimmt. So, zum Beispiel, sagt man über eine sehr fleißige Person, die viel und gerne arbeitet:“Sie hängt mit Haut und Haaren an ihrem Beruf” oder wenn zwei Frauen über ihre Kinder sprechen und eine von ihnen über ihre großen Kinder klagt, sagt die andere: 333 RODICA TEODORA BIRIŞ, Proverbe şi zicători întâlnite la germanii din Arad “Ja, mir sagt for gweenlich, klaani Kinde, klaani Sorche, großi Kinde, großi Sorche! und bei eich is tes jetz so”. Über eine träumerische Person, die nicht bemerkt was um sich herum los ist sagt man: “Ter hat Knepfi uf ten Auge!” Die junge Generation nimmt die in solchen Gesprächssituationen gebrauchten Volksweisheiten still auf und trägt sie weiter, überzeugt von der Richtigkeit der Erfahrung der älteren Generation. Dann gebraucht sie den Erfahrungssatz in seiner knappen sprachlichen Prägung im eigenen Leben. Der größte Teil der heute noch geläufigen festen Fügungen stellt der Erbgut dar, bloß ein kleiner Prozentsatz ist hier in Arad entstanden. Dieses Erbgut wurde verändert, dank der neuen landschaftlichen Umgebung, der veränderten Wirtschaftsverhältnissen, den Beziehungen zu den anderssprachigen Menschen (Rumänen, Serben, Ungarn, Slowaker), der neuen Lebenserfahrung. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich bei den deutschen Siedlern auch eine einheitliche Einstellung zum Leben und zu der Heimat herausgebildet. Die Sprichwörter die man hier hört bringen die Liebe zur Heimaterde, den Fleiß und Arbeitswillen, sowie den berechtigten Stolz auf die erzielten Erfolge zum Ausdruck. Früher lernten die Arader Deutschen, daß man nur durch Arbeit etwas im Leben schaffen kann. Aus dieser Einstellung sind folgende Sprichwörter entstanden: “Fom Faulenze kennen wir in Arad nicht lebe.” “Wer verhungert in Arad, für den is ka Schad.” Obwohl die Deutschen aus Arad und aus den umgebenden Dörfern von ihrer Gemeinsamkeiten bewußt sind, gibt es auch unterschiedliche Züge, die sie durch folgende Sprichwörter mit Stolz unterstreichen: “Beim Arbeite, so wie beim Esse, tut te Arader sich mit alle messe.” Ein wichtiges und häufiges Motiv der Sprichwörter ist das Motiv des Wassers. Im Sprichwort wird auch der Name des Flusses aus dieser Gegend genannt: “Da läuft noch viel Wasser über ti Marosch!” Damit ist die in Deutschland allgemein bekannte Redensart “Bis dahin läuft noch viel Wasser den Berg (Bach) hinunter” den neueren landschaftlichen Gegebenheiten angepaßt worden. Für “ etwas Überflüssiges tun” wird in Arad die Redensart “Wasser ins Meer / in ti Marosch tragen” verwendet. Im Volk sagte man, daß Gegenstände die ins Wasser fallen nicht verloren gehen: “Fall in die Marosch, dann brauch ich dich nicht aufheben!” Diese ist eine ältere Form des “im Brunnen fallen”, aber umformuliert. Für “lass mich in Ruhe” sagt man in Arad “geh in te Marosch!” Wenn jemand im Maroschfluss ertrunken ist, sagt der Arader, daß derjenige “uf Szegedin schwimmt”. Das Wasser hat eine wichtige Rolle im Leben. Es ist nicht nur erfrischend, glückbringend, mit einer durststillenden, kühlenden Wirkung, aber auch heimlich anziehend. Arad hat sehr gutes Trinkwasser, über das die Arader stolz sind: “Wer in Arad einmal Wasser trinkt, geht nicht mehr fort von da.” Nach der Vorstellung des Volkes ist das Blut der Sitz des Temperaments. Das wird in den Fügungen “das liegt mir im Blut”, “heißes Blut haben”, “kaltes Blut behalten” fetsgehalten. Da im ganzen Kreis Arad der Weinbau eine große Rolle im Leben der Bewohner spielt, sind viele Redewendungen zum Thema “Wein” und “Weinbau”. Die frühe günstige Witterung beeinflußt das spätere Wachstum der Rebe: “Im Januar muss Winter sein, so bringt das Jahr uns Korn und Wein!” Das Wasser spielt auch im Wachstum der Weinreben eine große Rolle: “Märzenschnee tut Saat und Weinstock weh” aber “März trockner und heller füllet Scheune und Keller.” 334 RODICA TEODORA BIRIŞ, Proverbe şi zicători întâlnite la germanii din Arad Die mundartlichen Verschiedenheiten veranlassen manchmal die Bewohner einer Ortschaft über ihre Nachbarn zu necken. In dieser Ortsneckerei gibt es auch ein heimliches Hänseln und Spott. Gewöhnlich entstehen die Neckereien, wenn ein Vertreter der Gemeinschaft durch sein Benehmen, sein Tun und Lassen gegen den Regeln die von allen anerkannt sind verstoßen. Der Arader Deutsche ist davon überzeugt, daß nur der Augenzeuge die Wahrheit bestätigen kann: “Sehen macht wahr, sagt der Arader” Früher gab es in Komlosch - ein Dorf neben Arad in dem heute sehr viele Zigeuner leben – Pferdediebe, die Verbindungen zum legendären Rosza Sandor hatten. Da diese Diebe von allen Bewohnern gefürchtet waren, ist aus dieser Tatsache ein Spruch entstanden: “Halt ti Säcke zu, mir kume uf Komlosch!” Die Volkssprüche verwenden mit Vorliebe den bildlichen Ausdruck, um in der Vorstellung des Hörers anschauliche Bilder hervorzurufen. Häufig wird die Übertreibung verwendet, um Unvorstellbares und Maßloses zugänglich zu machen. Sogar eine Drohung kann man unter Spruchform ausdrücken: “Ich hau tir einst runter, das tu fliegst bis Marosch!” Sieht jemand das Naheliegende nicht oder verkennt vor lauter Einzelheiten das Ganze, so sagt man “daß er vor lauter Hauser Arad nicht sieht” Diese Redewendung erinnert uns an das literarische “den Wald vor lauter Bäume nicht sehen.” Scherz und Ironie Die Scherzfrage beruht darauf, daß das Denken in eine bestimmte Richtung gelenkt wird, in der die Lösung nicht gefunden werden kann, obwohl sie sehr einfach und einleuchtend ist. Durch Ironie wird einer allgemeinen Behauptung ein Zusatz angehängt, der diese in überraschender Weise einschränkt oder geradezu aufhebt. Dazu dient der Vergleichssatz mit “wie”. In Arad heißt es: “Er lacht wie de Saderlacher heulet. Er heult wie de Saderlacher lachet.” Durch die Nebeneinanderstellung zweier ähnlich oder gleich klingender Wörter entstand ein längerer Neckreim, der als Ausgangswort jeweils einen Ortsnamen hat. Dieses neu entstandene Wort ist ein Scherz und eine ironische Betrachtungsweise des Bewohners dieses Ortes: Tomnatik - dumm und dick Morawitzer - Grumbierstritzer Otelek - Leit im Dreck In Schahm - is viel Rahm Oberhas - nu-i acas’ (vom Rumänischen) Pate - `Pate Jeni`, `Jenipate` Batschi - `Joschibatschi`, Vetter (vom ung. “bacsi”) In Perkos - is der Teufel los In Gier - sitzt der Teufel hinter der Tür In Winge - kriegt me was zu trinke Bemerkenswert ist, daß nicht nur Ortsnamen genannt werden, in denen die deutsche Bevölkerung Mehrheit war, sondern auch rumänische oder ungarische Wörter verwendet werden um den Reim zu erhalten. Der Mensch hat während seines Aufenthaltes in Garten, Wald und Feld die Tiere, die hier lebten kennengelernt, sie näher beobachtet, ihnen Sympatie oder Antipathie entgegengebracht und seine Erfahrungen und Schlussfolgerungen in Zusammenhang mit ihnen sprachlich festgehalten. Die Tierwelt der freien Natur bietet die Möglichkeit zur Prägung von zahlreichen Sprachbildern, Vergleichen, sprichwörtliche Redensarten und Redewendungen. Wahrscheinlich ist man beim Motivieren der tierischen Eigenschaften und Verhaltensweisen vom Menschen ausgegangen und hat für ihn Gültiges oft auf das Tier übertragen. Es ist schwer zu bestimmen, ob es sich hauptsächlich 335 RODICA TEODORA BIRIŞ, Proverbe şi zicători întâlnite la germanii din Arad um jene Tiere handelt, die für die Breitengrade des deutschen Sprachraumes gültig sind. Deshalb werde ich mich nur auf einige Tierbezeichnungen beschränken: - Hirsch: a Hirsch sein / Wenn ti Hirsch nicht kome, sind ti Hasen aa gut. - Dachs: a noch ganz junger Dachs sein / frecher Dachs / Frechdachs - Maulwurf: wie a Maulwurf wühle / blind wie a Maulwurf sein - Schlange: listig wie a Schlange / Da liegt te Schlange im Grase! / Schlangenfraß sein Schlangenlinie: Es bildet sich eine Schlange. - Frosch: Froschaugen / Froschblut haben / kalt wie ein Frosch / Er sieht aus, als hätte er einen Frosch verschluckt./ Frösche statt Fische fangen - Kröte: eine freche / wichtige / kleine Kröte sein übertragen (Geld): ein paar Kröten / die letzten Kröten ausgeben / seine Kröten sauer verdienen - Maus: still / flink wie eine Maus / ein Mäuschen / mäuschenstill / muckmäuschenstill / eine graue Maus sein / wie die Maus im Speck sitzen / arm wie eine Kirchenmaus / in ein Mauseloch kriechen mögen / Davon beißt keine Maus einen Faden ab / mit Speck fängt man Mäuse übertragen: Mäuse haben / Er läßt a paar Mäuse springe. - Bär: ein Kerl wie ein Bär / Bärenkraft / schlafen / brummen / tanzen wie ein Bär / Bärengesundheit / Bärennatur haben / auf der Bärenhaut liegen / einen Bären anbinden / aufbinden - Wolf: unter die Wölfe geraten / unter den Wölfen sein / den Wolf zum Hirten machen / fressen wie ein Wolf / einen Wolfshunger haben / wer unter Wölfen ist, muss mitheulen übertragen: Wer von Wolf spricht, findet ihn an seiner Tür. - Fuchs: rot / Haare wie ein Fuchs / schlau / listig / klug wie ein Fuchs / den Fuchspelz anziehen / einen Fuchs im Ärmel haben / auf etwas aus sein, wie der Fuchs auf die Henne / den Fuchs über die Eier setzen / ein schlafender Fuchs fängt keine Henne / es machen wie der Fuchs mit den Tauben / wo Fuchs und Hase einander gute Nacht sagen - Hase: Hasenfuß / Angsthase / Hasenschuhe anziehen / den Hasen machen / Hasenohren / Wer zwei Hasen fangen will, fängt keinen./ ein Sandhase sein / ein alter Hase sein / Mir is a Hase iwe den Weg klaufe. Durch die volkstümliche Auswertung dieser sprachlichen Fügungen lernen wir die Geistesgeschichte der Arader Deutschen besser kennen, denn sie bieten uns ein buntes Bilderbuch volkseigener Welterfahrung. Bibliografie 1. 2. 3. 4. 5. 6. Lammert, Erich, Wieder zur Frage der Banater Mundartforschung, in “Neuer Weg”, 23.03.1978. Ders., Banater Ortsneckereien, in “Neue Literatur”, Heft 1,2/1958, S. 132-141. Duden Band 11 – Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten, Dudenverlag, Mannheim 1992. Schemann, Hans, Deutsche Idiomatik: die deutschen Redewendungen im Kontext, Ernst Klett Verlag für Wissen und Bildung, Stuttgart 1993. Straub, Franz, Der Wortschatz der deutschen Mundarten von Neuarad, ungedruckte Facharbeit, Universität Temeswar, 1965. Wolf, Johann, Banater Deutsche Mundartkunde, Bukarest, Kriterion Verlag, 1987. 336