Predigt am 23.05.15 – Pfingstsamstag - in Oslo – 17 Uhr 12 Wir haben aber nicht den Geist dieser Welt erhalten, sondern den Geist, der von Gott kommt. Darum können wir erkennen, was Gott uns geschenkt hat. 13 Davon reden wir nicht in Worten, wie sie menschliche Weisheit lehrt, sondern in Worten, die der Geist Gottes eingibt. Von dem, was Gott uns durch seinen Geist offenbart, reden wir so, wie sein Geist es uns lehrt. 14 Menschen, die sich auf ihre natürlichen Fähigkeiten verlassen, lehnen ab, was der Geist Gottes enthüllt. Es kommt ihnen unsinnig vor. Sie können nichts damit anfangen, weil es nur mit Hilfe des Geistes beurteilt werden kann. 15 Wer dagegen den Geist hat, kann über alles urteilen, aber nicht von jemand beurteilt werden, der den Geist nicht hat. 16 Es heißt ja in den Heiligen Schriften: »Wer kennt den Geist des Herrn? Wer will sich herausnehmen, ihn zu belehren?« Und das ist der Geist, den wir empfangen haben: der Geist von Christus, dem Herrn. 1. Kor. 2,12-16 Gute Nachricht Pfingsten ein wunderbares Fest. Ein Fest der Grenzüberschreitung: Männer und Frauen, Niedrige und Hohe, Reiche und Arme – werden zu einer Gemeinschaft - die erste Gemeinde. Versöhnte Verschiedenheit durch Gottes Geist. Ein großer Aufbruch beginnt. Aus dem kleinen Zirkel der ersten Christen geht es durch Wind und Feuer in die Öffentlichkeit und in alle Welt. Schwung durchzieht das ganze Pfingstfest. Weiter Raum. Musik. Fülle und Farben. Die schöne Natur, die Schöpfung – erblüht unter dem Schöpfergeist Gottes. Er hilft uns, zu unterscheiden, zu erkennen und gewiss zu sein. Das wollen wir uns anschauen. Ich liebe diese Sätze von Pfingsten, die wir uns heute in den Liedern und Texten zurufen, in Gebeten vor Gott bringen. Was Paulus hier an die Korinther schreibt, das geht aber noch in eine etwas andere Richtung: Da ist von Gegensätzen die Rede statt von Verschmelzung. Da wird unterschieden und auch gewarnt. Das, was da in dieser Gemeinde passiert, drängt offensichtlich etwas in den Hintergrund, was für den Glauben entscheidend ist: Was Gott uns geschenkt hat. Und genau das zeigt uns der Heilige Geist. 2 Linien in diesen Versen machen uns das deutlich: - Eins steht fest – beim Heiligen Geist geht es um: erhalten, bekommen, haben, empfangen. Diese Wörter verwendet Paulus. Was Gott uns geschenkt hat. Statt: was wir selber hinkriegen. - Und das andere auch: Durch Gottes Geist können wir: erkennen, reden, deuten, urteilen, begreifen. Wieder Wörter aus dem Predigttext. Statt: nur Begeisterung und bloße Gefühle – Klarheit und Gewissheit. Irgendetwas ließ Paulus das so formulieren. Das geriet durcheinander in Korinth. Und das war wichtig, anzusprechen. Der Heilige Geist gibt den Durchblick. 1. Unterscheiden Der Hl. Geist hilft uns, zu unterscheiden, zu differenzieren, Dinge auseinander zu halten, die oft vermischt vorkommen. Menschliche Weisheit, natürliche Fähigkeiten, menschlicher Geist, ein scharfer Intellekt, intensive Religiosität, strenge Disziplin – das hat seine Qualitäten. Aber es ist nicht dasselbe wie der Geist Gottes, wie das, was Gottes Geist bewirkt. Das wird oft durcheinander gebracht. Das sieht dann so aus, dass auch Christen meinen: Je mehr ich mich anstrenge, je besser ich als Mensch bin, je intelligenter, fleißiger, ordentlicher, fitter ich bin, desto mehr passiert in meinem Glauben. Der Geist Gottes wird erarbeitet, mit ausgefeilten Methoden und Praktiken herbei gezwungen. Und man merkt gar nicht, dass das oft nur natürliche Fähigkeiten und menschliche Weisheit ist. Nicht schlecht, natürlich nicht. Aber nicht dasselbe wie das, was von Gott kommt, was Gott schenkt, was wir einfach nur empfangen können. Das Göttliche – das Menschliche. Wenn man das unterscheidet, entgeht man Missverständnissen, die alles vernebeln. Das sagt Paulus einer Gemeinde, in der sich einige rühmten, dass sie so großartige religiöse Fähigkeiten hatten. Spektakuläre Gaben und Kräfte, etwas zum Vorzeigen. Reiche wollten nicht so gerne mit den Armen zusammen sein, Redebegabte schauten auf die Stümper herab, ja sogar auf Paulus. Starke rühmten sich gegen Schwache, eine Zweiklassengesellschaft in der Gemeinde. Auch im Glauben ging es bei diesen Christen um Leistung, um Größe, um beeindruckende Äußerungen. Nein, sagt Paulus, Menschen, die sich auf ihre natürlichen Fähigkeiten verlassen – zielen daneben. Stattdessen: was uns von Gott geschenkt ist, ist wirklich geschenkt. Unterscheiden ist etwas anderes als trennen. Paulus hat nichts gegen das Natürliche. Gegen menschliche Weisheit. Aber es darf nicht an die Stelle treten, die das Geschenkte einnimmt. Glaube ist nicht nur für gute Menschen. Für die, die es „raushaben“. Die es „hinkriegen“. Gott wird nur durch Gott erkannt und nicht durch unsere menschliche Vorstellungskraft. Gott will zu allen. Auch zu den religiös weniger begabten. Auch zu denen am Rand. Auch zu denen, die unter ihren Mängeln leiden. Glaube ist ein Wunder, ein Geschenk, gewirkt durch den Heiligen Geist. Das zu unterscheiden, war für die Christen in Korinth wichtig. Genau wie für uns heute. 2. Erkennen Wir können urteilen, begreifen, wissen. Weil wir den Geist haben, der von Gott kommt. Wie sieht denn eigentlich die Wirklichkeit aus? Das erkennt man nicht so einfach. Alles hat verschiedene Seiten. Und das Göttliche ist per definitionem unserem Zugriff entzogen. Manches am christlichen Glauben ist plausibel, das kann jeder erkennen. Gute Grundsätze sind dabei, spannende Gottesbilder, Jesus – ein vorbildlicher und mutiger Mensch. Die Liebe ist das wichtigste. Schwieriger wird es da, wo wir Jesu Sterben am Kreuz anschauen. Gottes Kraft in der Schwachheit. Gott ist da und wirkt – auch wo es anders auszusehen scheint. Das erkennt man nicht so einfach. Das ist aber gerade die Pointe des Glaubens, das Zentrum. In Korinth gab es viele, die genau das nicht mehr erkannten. „Der Gekreuzigte: eine Torheit, eine Dummheit oder ein Skandal, ein Ärgernis“. „Schwachsein, Kleinsein, Niedrigsein – eigentlich nichts für Christen.“ „Gott ist im Großen, Starken, Lauten, Beeindruckenden.“ Gottes Weg mit dieser Welt, der in Jesus Christus auf die Spitze getrieben ist – ist da nicht mehr erkennbar für manche. Da bleibt ein Rest, der dem natürlichen Menschen – auch in uns nicht einleuchtet. So geht es dem »natürlichen« Menschen, wie Paulus es nennt, der den »Geist der Welt« empfangen hat. Für ihn ist die Tiefe des Geschehens nicht erkennbar. Er sieht, was vor Augen ist, und hält das Vorfindliche für das Ganze. Danach ist Jesus eben ein gescheiterter Sonderling, das Kreuz sein Ende. Und wir müssen das irgendwie ausgleichen. Demgegenüber hat der »geistliche« Mensch eine tiefere Einsicht. Beschenkt mit dem »Geist aus Gott« erfährt er – jenseits aller menschlichen Möglichkeiten – die Tiefe der Botschaft, die Wahrheit hinter der Wirklichkeit. Der »geistliche« Mensch hat ein Gespür, eine Intuition, eine Offenheit für die Kraft der Auferstehung, aber er hat sie nicht von sich aus, sondern als Gottesgabe. Diese Welt ist tiefer, der Weg der Liebe greift mehr in unser Leben ein, Gott beugt sich tiefer herab, als es diese führenden Leute in Korinth denken. Seine Liebe ist am Wirken und ist da - auch an Stellen, für die wir keinen Blick haben. Gottes Geist ist nicht dazu da, dass wir den „unverständlichen Rest“ einfach überspringen und ausblenden. Sondern der Geist Gottes lässt uns in der Tiefe erkennen, was Gott uns geschenkt hat. Und er ist der Geist von Christus, dem Herrn. Schwieriger ist es schon, wie Jesus Solidarität mit den Armen und Geringen zu leben. Gott zu danken für alles, auch für das Schwere. Ihn in der Kraft, aber auch in der Schwachheit zu erleben. Das Kreuz als Gottes Kraft und Gottes Weisheit zu erkennen. Da kommt Gottes Geist, der uns erkennen lässt. 3. Gewiss sein Hier steht: Wer den Geist empfangen hat, kann über alles urteilen, aber nicht von jemand beurteilt werden, der den Geist nicht hat. Eine etwas fremde Ausdrucksweise. Aber es geht um Gewissheit. Man kann nicht auf Kommando gewiss sein. Erfahrungen gehören dazu, Argumente, Hinweise. Und es gibt eben auch Zweifel. Durch Infragestellungen, durch Fragen des Verstandes, durch Abstand. Aber auch durch Verunsicherungen durch das, womit wir von außen gesteuert werden. Durch Menschenfurcht, Manipulation, Gewöhnung. Ihr könnt nicht beurteilt werden von jemandem, der den Geist nicht hat…. Das kann natürlich missbraucht werden, besonders wenn man allen anderen den Glauben abspricht. Aber Paulus will gerade so Versöhnung und Einheit bewirken – als Werk von Gottes Geist. Das Urteil anderer ist nicht maßgebend. Das gibt auch Gewissheit. Die ersten Christen sagten: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“. Die Mehrheit ist nicht entscheidend. Gottes Geist gibt unserem Geist die Gewissheit, dass wir Gottes Kinder sind. Das schafft die Vernunft nicht. Das schaffen Argumente allein nicht. Das schafft auch nicht eine geschlossene, starke christliche Prägung. Niemand kann glauben ohne den Hl. Geist. Glaube ist ein Geschenk. Gewissheit im Glauben ist ein Geschenk. Wenn der Glaube eine Beziehung ist, dann ist Gewissheit auch eher: Gottes Liebe gewiss sein. Seinen Zusagen glauben können. Seinen Weg mit uns auch in den Niederungen glauben können. Darum können wir durch den Geist unterscheiden und erkennen, was Gott uns geschenkt hat und dessen gewiss sein. Darum bitten wir heute. Komm, Heiliger Geist. Amen.