Predigt „Wie Gott uns führt“ 1 Pfr. B. Botschen, 10.Jan. 2016 Wie Gott uns führt Während dem Studium war ich in einer Gemeinde, in der wir uns überlegt haben, einen jungen Mann offiziell als Evangelisten einzusetzen. Eines Abends hatten wir einen Gastredner aus England. Er wusste nichts von dieser Frage und hat uns auch sonst nicht gekannt. Er geht auf diese Person zu und sagt: „Ich habe den Eindruck, dass Gott dich zum Evangelisten berufen hat.“ Das war für die Gemeinde und diesen Mann eine wunderbare Bestätigung und Ermutigung. Gott möchte uns führen. In Röm.8 heisst es: „Wir wissen doch nicht einmal, wie wir richtig beten sollen, damit Gott uns erhören kann. Deshalb hilft uns der Heilige Geist.“ (Röm.8,26b). Wen legt Gott mir besonders aufs Herz? An wen erinnert er mich? Auf welche Art soll ich jetzt beten? Manchmal ist es bei Problemen gut, Gott sein Vertrauen auszusprechen und zu sagen: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln!“ Manchmal scheint es mehr zu passen, Gott anzuflehen und ihm alle Sorgen hinzulegen. Der Heilige Geist will uns beim Beten leiten. 1. Nicht überschätzen – nicht unterschätzen Wenn man sich fragt „Was führt uns Gott?“, dann gibt es eine grosse Antwort: Die Bibel. 90% von dem, was man als Führung Gottes in seinem Leben braucht, findet man hier. Hier sagt Gott, nach welchen Werten wir leben und entscheiden sollen. Unser jüngster Sohn muss sich jetzt überlegen, welches Schwerpunktfach er im Gymnasium wählt. Soll ich jetzt als Vater sagen: „Du musst Mathe wählen!“? Nein, er soll doch lernen, selber sein Leben zu gestalten, Verantwortung zu übernehmen. Ich möchte einen Sohn, der sich auch selber überlegt, was er will. So ist es auch mit Gott. Er gibt uns Leitlinien mit und sagt: „Los geht’s!“ Er will nicht jede Sache für uns entscheiden. Für diese Leitlinien ist die Bibel von zentraler Bedeutung. Wer noch nicht ausgiebig in der Bibel liest, braucht eigentlich gar nicht über das Thema von heute nachdenken. Gott kann aber auch Diskussionen brauchen, um uns zu führen. So ist es bei den ersten Christen geschehen, als man nicht recht wusste, wie man mit den Griechen umgehen sollte, die zu Christus gefunden haben. Soll man sie wie die Juden beschneiden? Die Bibel spricht von „heftigen Auseinandersetzungen“ (Apg.15,7). Man streitet miteinander. Aber am Schluss stellen sich die Apostel hin und sagen: „Der Heilige Geist und wir haben entschieden“ (Apg.15,28). Man darf die direkte Führung durch den Heiligen Geist also nicht überbewerten. Aber unterschätzen sollte man sie auch nicht. Paulus wäre auf der zweiten Missionsreise nie auf die Idee gekommen, bis nach Europa zu gehen. Er wollte in der Türkei herumreisen und dort von Gott erzählen. Aber dann heisst es: „Aber der Heilige Geist liess sie erkennen, dass sie in der Provinz Asien zu dieser Zeit Gottes Botschaft noch nicht verkündigen sollten. Auch als sie dann nach Mysien kamen und weiter nach Norden in die Provinz Bithynien reisen wollten, erlaubte es ihnen der Geist Jesu nicht.“ (Apg.16,6-7). Paulus scheint da eine innere Unruhe gehabt zu haben, dieses Gefühl: „Nein, das ist jetzt irgendwie nicht richtig.“ Predigt „Wie Gott uns führt“ 2 Pfr. B. Botschen, 10.Jan. 2016 Die Bibel ist und bleibt im Zentrum. Man kann auch ohne das heutige Thema als Christ leben. Aber Gott kann uns noch viel besser gebrauchen, wenn wir spüren, wo er uns durch seinen Heiligen Geist führen möchte. 2. Die Motivation Eine zentrale Frage dabei ist: Warum will ich überhaupt, dass Gott mich führt? Es gibt nur eine gute Motivation: Besser mithelfen zu können, dass Gott sein Reich auf dieser Erde baut. Manchmal hilft uns diese leise Stimme vom Heiligen Geist, gezielter zu beten. Manchmal hilft sie uns, eine Person genau dann zu ermutigen, wenn sie es besonders braucht. Manchmal hilft sie uns, zu spüren, was jetzt dran ist. Aber immer geht es um Gott und nicht darum, dass wir es bequemer haben. Das habe ich mir auch letzte Woche sagen müssen, als ich einen Versuch mit Gottes Führung gemacht habe. Ich war an der Explo, dieser grossen christlichen Konferenz, und besuchte ein Referat von Hanspeter Nüesch. Er ist eine schweizweit bekannte christliche Führungsperson. Ich sehne mich danach, einen Mentor zu haben. Jemand der mit mir redet, mich ermutigt, ermahnt, ein weiser Ratgeber ist – so einen Vater im Glauben. Das ist etwas, was wir als Gemeinde noch überhaupt nicht leben, was aber sehr hilfreich sein kann: Sich jemanden zu suchen, der einen begleitet und in unser Leben hineinsprechen darf. Hanspeter Nüesch ist genau so ein Typ. Ein erfahrener Leiter. Etwa 65-70 Jahre alt. Und ich dachte mir: „Ihn als Mentor zu haben würde mir enorm helfen!“ Und so habe ich Gott am Schluss des Referates gesagt: „Wenn du das willst, mach‘ es doch so, dass er mich anspricht, während ich (wie hundert andere) vorne Unterlagen hole.“ Auf der einen Seite war der Tisch mit den Unterlagen, auf der anderen Seite stand er im Gespräch mit anderen Personen vertieft. Ich wollte also ein Zeichen von Gott. Nichts ist passiert und nachher ist mir etwas aufgefallen: Wie oft möchte ich von Gott ein Wunder, weil ich zu feig oder zu faul bin, ein Problem selber zu lösen. Dann beten wir für eine Konfliktsituation im Geschäft oder im Hauskreis: „Bitte, Gott, schaffe hier Versöhnung!“ Mit anderen Worten: „Löse mein Problem, ohne dass ich etwas Unangenehmes tun muss!“ Oder ich bete: „Zeige mir, was ich machen soll.“ In Klammer: Mir ist es zu mühsam, selber nachzudenken und mich wirklich um eine weise Entscheidung zu bemühen. Diese Motivation hilft wohl nicht weiter! Zur richtigen Motivation gehört auch der Wille, Gott zu gehorchen. Es beginnt bei ganz kleinen Dingen. Beispiel: Du merkst, Gott möchte jetzt etwas Zeit mit dir verbringen. Aber im Fernsehen kommt deine Lieblingsserie. Was passiert? Kein Wunder, schreibt Paulus einmal an die Epheser: „Betrübt nicht den Heiligen Geist.“ (Eph.4,30a). Warum suchen wir solche Impulse vom Heiligen Geist, wenn wir doch nicht bereit sind, ihnen Folge zu leisten? Geht es mir wirklich um Gott, wenn ich seine Führung suche? 3. Aus dem Bott steigen Ein Redner auf der Konferenz erzählt zwei Beispiele von sich. Einmal fragt er während einer Veranstaltung Gott: „Was soll ich tun?“ Und er hat den Eindruck: „Geh aufs WC!“ „Aber ich muss gar nicht aufs WC!“ „Geh nur!“ Ein anderes Mal hat er im Zug den Eindruck: „Sprich die Frau neben dir auf ihren kranken Bruder an.“ Ich finde es toll, dass er beide Beispiele erzählt hat. Denn auf dem WC tut Gott ein eindrückliches Wunder. Er ist genau im richtigen Moment am richtigen Ort. Weil er diesen Predigt „Wie Gott uns führt“ 3 Pfr. B. Botschen, 10.Jan. 2016 leisen Wink vom Heiligen Geist gehört hat, wird jemand enorm beschenkt. Das andere Mal irrt er sich und fragt nach einem kranken Bruder, der gar nicht krank ist. Manchmal muss man als Christ bereit sein, aus dem Boot zu steigen. Wenn man nicht bereit ist, sich auch einmal zu blamieren, wird es schwierig. „Aus dem Boot steigen“, diese Formulierung taucht dabei immer wieder auf. Ich habe ein ganzes Buch, in dem es darum geht, wie man mutig Gott nachfolgen kann. Darin beschreibt der Autor Schritt für Schritt den Moment, in dem Jesus auf dem Wasser geht und zu Petrus sagt: „Komm zu mir!“ Könnt ihr euch vorstellen, wie peinlich es für Petrus geworden wäre, wenn er aus dem Boot auf das Wasser gegangen wäre und vor den Augen aller anderer Jünger einfach untergegangen wäre? Wenn Jesus uns ruft, brauchen wir manchmal den Mut, aus dem Boot zu steigen. Man könnte sich blamieren. Sind wir bereit, dieses Risiko auf uns zu nehmen? 4. Offen, aber kritisch bleiben Wenn wir uns danach ausstrecken, lernen wir wohl mit viel Übung, die Stimme des Heiligen Geistes mehr und mehr zu hören und zu verstehen. Aber während die Bibel das unfehlbare Wort Gottes ist, bleibt die Führung durch den Heiligen Geist fehleranfällig. Ein Beispiel dafür ist der Lesungstext, obwohl da ja alles zunächst gut geht. Agabus kommt und macht – ähnlich wie die Propheten des Alten Testaments – seine Botschaft mit einer Zeichenhandlung deutlich. Er nimmt den Gürtel von Paulus, bindet sich Hände und Füsse und sagt: „So wird es auch dem Mann geschehen, dem dieser Gürtel gehört.“ An allen Orten gab es Christen, die diesen Hinweis vom Heiligen Geist erhielten und Paulus weitergaben. Agabus hat Gott richtig verstanden. Aber einige Christen ziehen daraus die falsche Schlussfolgerung: „Paulus, Gott warnt dich. Geh nicht nach Jerusalem!“ Aber damit wäre die Prophetie falsch ausgelegt worden. Gott will, dass Paulus nach Jerusalem geht. Er will ihn nur vorbereiten, was ihn dort erwartet. Es ist weise, bei inneren Eindrücken vorsichtig zu sein. Die Bibel sagt dazu: „Den Geist dämpft nicht. Prophetische Rede verachtet nicht. Prüft aber alles und das Gute behaltet.“ (1.Thess.5,19-21). Paulus rechnet damit, dass Gott uns manchmal Impulse gibt. Das sollen wir nicht verachten. Aber er rechnet damit, dass wir diese Impulse manchmal verfälscht wahrnehmen. Alle diese inneren Eindrücke müssen geprüft werden, gerade dann, wenn sie grössere Folgen haben. Ich möchte euch Mut machen, offen dafür zu sein, dass Gott uns durch eine leise Stimme führen möchte. Seid bereit dafür! Mein Rat wäre: Verkrampft euch dabei nicht. Forciert nicht. Wann immer ich unbedingt Gottes Stimme hören wollte, ging es eher schief. Bleibt einfach offen für Gottes leise Stimme. Hört hin in Gesprächen, in Sitzungen, beim Beten, beim Bibellesen. Das ist unser Anteil. Dann zu uns zu reden, ist seine Sache. AMEN.