Rejoice „Mein Handeln bewegt“ 1 1. März 2015; Pfr. Bernhard Botschen Mein Handeln bewegt 1. Mein Leben spielt eine Rolle Jeder Mensch spielt eine wichtige Rolle. Mein Leben hat an jedem Tag einen grossen Einfluss auf andere. Ein Beispiel: Ich stelle mir vor, dass ich nach der Arbeit nach Hause komme und einer meiner Söhne kommt zu mir und erzählt mir etwas von der Schule. Dann spielt es eine Rolle, ob ich die Zeitung auf die Seite lege und konzentriert zuhöre, oder ob ich nur „Ja, ja“ murmle, während ich weiter den Sportteil studiere. Wenn ich regelmässig auf die eine oder andere Art reagiere, haben meine Kinder je nachdem eine komplett andere Beziehung zu mir. Wenn ich ihnen zuhöre und für sie als Vater präsent bin, fühlen sie sich geliebt und ernst genommen. Sie wachsen mit ganz anderen Gefühlen auf. Wenn ich für sie als Vater nicht greifbar bin, müssen sie viel stärker um ein gesundes Selbstwertgefühl ringen. Sie fühlen sich abgelehnt und verunsichert. Ihr ganzes Leben wird von mir mitgeprägt. So spielt unser Leben eine wichtige Rolle. Wie verhält man sich als Chef anderen Mitarbeitern gegenüber? Das kann für sie zu einer Arbeitsstelle führen, bei der sie sich wohl fühlen und motiviert sind, oder aber ihnen das Leben zur Hölle machen. Wie ist man als Nachbar? Als Ehepartner? Als Grossmutter für die Enkel? Alle unsere Reaktionen und jedes unserer Worte verändert etwas. Jedes unserer Leben spielt eine wichtige Rolle. Trotzdem gibt es dabei grosse Unterschiede. Manche Menschen sind ein Segen für die Welt. In Indien habe ich viele dieser Menschen kennen gelernt. Nur ein Beispiel: Zwei junge Frauen, 21 und 22 Jahre alt, leiten ein ganz einfaches Kinderheim für 10 kleine Jungen. Die Jungen schlafen in einem Raum, die beiden Frauen haben ein kleines Zimmer daneben für sich. Ihr Ziel ist es, für diese Kinder Vater und Mutter zu ersetzen, sie mit Liebe zu umgeben und ihnen zu helfen, einen Weg in die Zukunft zu finden. Das kostet sie etwas. Aber es verändert das Leben vieler Menschen. Aber auch das Gegenteil davon ist möglich, nämlich dass man sich nur irgendwie die Zeit auf dieser Welt vertreibt. „Man kann auch alt werden, ohne je richtig gelebt zu haben“, lautet ein Spruch, den man immer wieder hört. Jemand hat einmal über Männer geschrieben: „Männer jenseits der Vierzig wachen nachts auf, blicken auf die Lichter der Grossstadt und fragen sich, wo sie wohl falsch abgebogen sind und warum das Leben so lang ist.“ (Ed Sissman). „Warum das Leben so lang ist“ – man spürt: Da plätschert das Leben nur so vor sich hin. Man verliert so viel im Leben, wenn man sich nur noch darum sorgt, wie der Schrebergarten gestaltet werden soll und welchen Film man sich am Abend ansehen will. Dafür sind wir nicht geschaffen! Beide Wege liegen vor uns: Der Weg, alt zu werden, ohne je richtig gelebt zu haben, nur vor sich hinzuleben ohne den Wunsch, irgendetwas zu verändern oder irgendwo Spuren zu hinterlassen. Aber auch der Weg, in dem man für Gott etwas bewegen will und bewusst ein Werkzeug in seiner Hand sein will. 2. Aufgerufen, zu handeln Man muss nicht lange in der Bibel nachforschen, um zu spüren, auf welchen Weg Gott uns führen möchte. Im Theaterstück kam eine zentrale Bibelstelle aus dem Jakobusbrief vor: „Es genügt nicht, Gottes Wort nur anzuhören; ihr müsst auch Rejoice „Mein Handeln bewegt“ 2 1. März 2015; Pfr. Bernhard Botschen danach handeln.“ (Jak.1,22). Etwas später schreibt Jakobus: „Der Glaube ist tot, wenn er nicht Taten vorzuweisen hat.“ (Jak.2,17). Wenn die Beziehung zu Gott lebendig ist, drängt sie uns, in seinem Namen zu wirken. Wichtig ist aber die Motivation. Luther machte sich damals so Sorgen, dass die Leute eine falsche Motivation für ihre Werke haben, dass er den Jakobusbrief ganz hinten ins Neue Testament verschoben hat. Seine Sorge war nicht unbegründet: Manche Christen tun Gutes, um ihr Gewissen zu beruhigen. Wenn sie sich irgendwo engagieren, haben sie das Gefühl: „Ich mache ja etwas Gutes.“ Sie begreifen nicht, dass Gottes Liebe ein Geschenk ist und nicht eine Gegenleistung für gute Taten. Andere brauchen ihr Handeln, damit sie sich wertvoll fühlen. Sie definieren sich über Leistung. Sie begreifen nicht, dass sie in den Augen Gottes wertvoll sind – auch ohne Leistung! Diese falschen Motivationen sollen nicht das sein, was uns antreibt. Aber es gibt auch ein gesundes Verlangen, für Gott am Werk zu sein. Bei Paulus spürt man – weil er Gott liebt - eine tiefe Sehnsucht, für Gott so viel zu bewegen, wie nur immer möglich. Er ist bereit, ein Werkzeug in der Hand Gottes zu sein. Er wirft sein ganzes Leben in die Waagschale. Er schreibt einmal: „Doch es liegt mir nichts an meinem Leben; mein persönliches Ergehen hat keinerlei Bedeutung. Wichtig ist nur, dass ich das Ziel meines Laufes erreiche und den Auftrag voll und ganz erfülle, den ich von Jesus, dem Herrn, erhalten habe – den Auftrag, allen Menschen die gute Nachricht von Gottes Gnade zu bringen.“ (Apg.20,24 NGÜ). Viele Christen wissen aus der Bibel, dass Gott uns unser Leben anvertraut hat, damit wir es auch für ihn einsetzen. Sie sagen sich: „Es gehört zu meinem Glauben an Gott dazu, dass ich mich irgendwo engagiere.“ Aber ganz spannend wird es, wenn man mit dieser Haltung von Paulus konfrontiert wird: „Weil ich Gott liebhabe, werfe ich mein Leben für ihn in die Waagschale.“ Man spürt in diesen Versen etwas, das man nicht verschweigen darf: Jeder Dienst für Gott hat auch seinen Preis! Der Preis, den Paulus bezahlen musste, war hoch. Aber sinngemäss schreibt er: „Ich achte nicht darauf, was es mich kostet. Ich möchte, dass Gott mein Leben so gut verwenden kann und er so viel durch mich bewirken kann, wie es nur irgend möglich ist.“ Das ist meine Sehnsucht: Dass unsere Beziehung zu Gott so eng wird, dass in uns immer mehr der Wunsch wächst, ganz für ihn zur Verfügung zu stehen. Dass wir aus Liebe zu Gott unser Leben in die Waagschale werfen. 3. Mein Handeln bewegt a) Unterdrückt nicht das Bedürfnis, etwas für Gott zu machen: Manchmal hat man ja schon genug Stress im Leben und da kommt einem der Gedanke: „Soll ich mich wirklich noch irgendwo engagieren? Ich kann Gott ja auch in meinem ganz normalen Leben dienen.“ Das hat eine gut reformatorische Wurzel. Gottesdienst heisst auch, als Mutter für seine Kinder da zu sein, als Geschäftsmann ehrlich zu bleiben, in Mitarbeitern den Menschen zu sehen usw. Aber ich behaupte: Wenn die Sehnsucht wächst, etwas für Gott zu tun, wird einem das nicht genügen. Ich erlebe das bei meinem jüngeren Bruder in seiner Bank. Er sagt: „Am Schluss geht es dort immer nur ums Geld. Ich möchte in meinem Leben etwas haben, wo es um mehr geht!“ Es kann sein, dass man neben Beruf und anderen Verpflichtungen nur wenig Zeit hat. Aber man sehnt sich einen Ort, an dem man ganz direkt am Reich Gottes mit bauen kann. Hier erlebt man einen Sinn, den man im Beruf und im Alltag oft nicht erlebt. Rejoice „Mein Handeln bewegt“ 3 1. März 2015; Pfr. Bernhard Botschen b) Die eigene Situation berücksichtigen: Die persönlichen Umstände, wie zum Beispiel das Alter, spielen eine grosse Rolle. Ohne das Engagement von Senioren würde unsere Kirchgemeinde nicht funktionieren. Aber wenn ich gerade meinen 80. Geburtstag gefeiert habe, melde ich mich eher nicht mehr für die Kirchenpflege. Das sollen die Jüngeren machen. Vielleicht ist es euch also nicht möglich, irgendwo mit anzupacken. Aber dafür habt ihr gelernt, für andere zu beten. Dann geht zu Simon hin und sage zu ihm: „Ich werde ab jetzt für dich beten, dass Gott dir hilft, dein Amt gut zu gestalten.“ Oder geht zu Roman und sagt zu ihm: „Damit du es weisst: Ich werde immer für das LiFe-Seminar beten.“ Vielleicht habt ihr gewisse finanzielle Möglichkeiten. Beim Gebäude, das jetzt in Delhi steht, hatte man greifbar vor Augen, was Geld im Reich Gottes bewirken kann. Auch in unserer Kirchgemeinde wird es in den nächsten 10-20 Jahren immer notwendiger werden, dass wir Dinge selber finanzieren, die uns wichtig sind. Egal, in welcher Situation man ist: Ich kann mir keine Umstände vorstellen, in denen man sagen müsste: „Ja, schön wäre es ja schon, etwas beitragen zu können. Aber leider geht es nicht!“ Im Gegenteil: Wer sucht, der findet auch Möglichkeiten, die zur eigenen Lebenssituation passen. c) Was ist mein Auftrag? Ich komme noch einmal zum Vers von Paulus zurück: „Wichtig ist nur, dass ich das Ziel meines Laufes erreiche und den Auftrag voll und ganz erfülle, den ich von Jesus, dem Herrn, erhalten habe.“ Paulus hatte einen ganz spezifischen Auftrag von Gott und ich bin mir sicher, dass Gott für jeden von uns andere Vorstellung hat. Wir haben unterschiedliche Fähigkeiten, wir träumen von anderen Sachen, uns beschäftigen andere Menschen und Themen. All das hilft uns, den Ort zu finden, für den wir geschaffen sind. In Indien haben wir einen Pastor kennengelernt, dem psychisch Kranke besonders auf dem Herzen liegen. Er geht zu ihnen, sammelt sie von der Strasse ein, lädt sie ein, in dem Haus zu wohnen, in dem er auch mit seiner Familie wohnt. Viele von ihnen sprechen zunächst nicht. Man sieht ihnen an, wie verstört sie sind. Wir sind mit ihnen zusammen gesessen, aber an ein Gespräch war nicht zu denken. Ich habe mir nur gedacht: Was für ein barmherziges Herz braucht es, damit jemand über Jahre diese Arbeit machen kann! Der Pastor hat gesagt: „Ich habe gespürt, dass das meine Berufung ist.“ Ich bewundere das, aber das ist nicht mein Auftrag! Ich rechne damit, dass Gott jeden von uns anders gemacht hat und jeder von uns andere Wege gehen kann, um Gott zu dienen. Das macht mich frei, mich am einen Ort mit grosser Kraft zu engagieren. Gleichzeitig kann ich andere Themen mit gutem Gewissen liegen lassen und sagen: „Das ist nicht mein Auftrag!“ Weisst du, was dein Auftrag ist? Hinter jedem Engagement steckt die Überzeugung: Was ich mache, bewegt etwas! Es verändert die Welt, es spielt eine Rolle. So lade ich euch ein, Spuren auf dieser Welt zu hinterlassen. Manche dieser Spuren sind grösser, andere kleiner. Sie sind ganz unterschiedlich geformt. Aber wenn Gott für euch wichtig ist, lade ich euch ein, in seinem Namen auf dieser Welt Spuren zu hinterlassen. Richtig begeistert bin ich, wenn ich Menschen begegne, die sagen: „Ich werfe mein Leben in die Waagschale. Weil ich Gott liebe, möchte ich so viel wie nur irgend möglich bewegen, damit Gott auf dieser Welt wirken kann.“ AMEN.