Gemeinsam auf dem Weg

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4. Jan. 2015; Pfr. B. Botschen
Gemeinsam auf dem Weg
Wie man zu Gott findet, das wird schon in der Bibel mit einem Weg verglichen. So
sagt Jesus: „Der Weg, der zum Leben führt, ist schmal …“ (Matth.7,14). Es geht
heute beim Thema „Gemeinsam auf dem Weg“ um die Frage, wie dieser Weg zu
Gott heute aussieht und wie man Menschen auf diesem Weg begleiten kann.
1. Grosse Distanz zu Gott, grosse Sehnsucht nach Sinn
Eines muss man sich bewusst sein: In unserer Gesellschaft leben immer mehr
Menschen weit weg von diesem Weg zu Gott. Vor kurzem hat ein Wissenschaftler
ein Bild von der religiösen Schweiz gemalt, bei dem der Grossteil der Bevölkerung in
wachsender Distanz zur Religion lebt. Die religiösen Traditionen verschwinden.
Für uns wird das dort spürbar, wo wir als Landeskirche Mitglieder verlieren. Ob
reformiert oder katholisch spielt da keine Rolle. In unserer Kirchgemeinde hatten wir
vor ca. 20 Jahren 6500 Mitglieder, heute sind es 4300, also ein Drittel weniger. Trotz
dieser Zahlen haben wir als Landeskirche einen grossen Vorteil gegenüber Freikirchen. Während man dort 100 Mal betonen muss, dass man keine Sekte ist, haben
die Leute diese Befürchtung bei einer Landeskirche nicht.
Gleichzeitig gibt es Lebenssituationen, in denen viele Menschen sehr offen für die
Suche nach Gott sind. Manchmal werden wir in einer Sinnkrise offen für Gott, zum
Beispiel in der Mitte des Lebens. Die Sehnsucht nach Sinn und nach Tiefe wird den
Menschen nie verlassen. Wir brauchen mehr im Leben, als Familie, Häuschen und
Beruf. Wir haben Hunger nach Sinn, den Gott stillen kann.
Auch Schicksalsschläge wie Krankheiten oder Trennungen lösen etwas aus. Sachen,
auf die man sich verlassen hat, fallen plötzlich weg. Man fragt sich: Was gibt mir jetzt
Halt? Manchmal ist es der Ehepartner oder ein guter Freund, der sich auf die Suche
nach Gott macht und plötzlich davon erzählt – und man wird neugierig, weil jemand
da etwas zu erleben scheint.
Was auch immer es ist: Menschen suchen immer noch nach Spiritualität, auch wenn
sie nicht mehr zuerst in der Kirche suchen. Der Weg zu Gott beginnt oft sehr weit
entfernt, z.B. dort, wo jemand schon längst aus der Kirche ausgetreten ist, die
Geschichte von Jesus überhaupt nicht mehr kennt und sich sowieso fragt, ob der
Buddhismus nicht die bessere Religion wäre.
2. Der Weg ist lang
Aber plötzlich stehen wir dann mit unserer Frage nach Gott am Anfang eines Weges.
Dieser Weg ist bei den meisten Menschen recht lang. Wenn ich an meinen eigenen
Weg zurückdenke, merke ich, dass es Jahre gegangen ist, bis ich wirklich von der
Sache mit Gott überzeugt war. Meine Eltern waren der Kirche gegenüber offen eingestellt. Aber für mich entscheidend war die Jugendgruppe in unserer Kirchgemeinde, in der sich junge Menschen getroffen haben.
Mein grosser Bruder war dort fest verwurzelt und hat mich immer wieder eingeladen:
„Komm‘ doch mit!“ Ich weiss nicht, wie viel dutzend Male ich dann gesagt habe: „Ich
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muss Geige üben.“ Das ist das erste Element. Wichtig war jemand, der mich immer
wieder eingeladen hat. Alleine wäre ich nie gegangen.
Wir spüren etwas davon, wenn wir einen Glaubensgrundkurs wie das LiFe-Seminar
ausschreiben. Wenn wir als Mitarbeiterteam dieser Kirchgemeinde Plakate machen
oder Artikel für die Kirchenzeitung schreiben, dann wissen wir, dass das nicht der
entscheidende Faktor ist. Nur wenn jemand persönlich eingeladen wird, kommt so
ein Angebot in Frage. In Zeiten der Distanz zur Kirche mehr als je zuvor.
Wenn ich damals in die Jugendgruppe kam, war es eigentlich nur wegen dem Fussball spielen. Zuerst hat man ein paar Lieder gesungen und jemand hat eine Viertelstunde einen Bibeltext erklärt. Dann gab es Fussball. Mir war es zu peinlich, erst
nach dem Bibelteil zu kommen, also habe ich das mit der Bibel halt über mich
ergehen lassen. Immerhin – und das ist das zweite Element - sind in dieser Phase
Freundschaften entstanden. Glauben – auch das heute mehr als je zuvor - wächst in
Beziehungen und Freundschaften.
Diese Phase hat sicher 1-2 Jahre gedauert, bis ich gemerkt habe, dass die Bibelteile
Spuren bei mir hinterlassen haben. Aber ich hatte meine Zweifel: „Es gibt so viele
Religionen. Warum gerade Jesus?“ Ich habe einige Bücher, Diskussionen und Jahre
gebraucht, um diese Fragen so für mich zu beantworten, dass ich die Sache mit
Jesus ernst nehmen konnte. Das ist das dritte Element. Manche Fragen müssen
befriedigend beantwortet sein, bevor man den Weg mit Gott weitergehen kann.
Ich war ein Jugendlicher. Aber ich habe den Eindruck: Dieser Weg ist bei Erwachsenen, die in ihrem Denken schon viel erfahrener sind, nicht kürzer. Oft ist der Weg
zu Gott eine lange Suche voller Fragen und möglicher Klippen.
Wie kann dieser Weg dennoch gelingen? Heute konzentriere ich mich auf einen
einzigen Punkt, aber er ist der Wichtigste. Der Titel des Gottesdienstes spricht ihn
an: „Gemeinsam auf dem Weg“. Das bedeutet: Nichts hilft mir auf der Suche nach
Gott so sehr, wie ein überzeugter Christ, der diesen Weg mit mir geht.
3. Wie die ersten Christen mit anderen auf dem Weg unterwegs waren
Das Prinzip „Gemeinsam auf dem Weg“ erkennt man auch bei Jesus. Wie hat Jesus
seinen Auftrag auf der Erde erfüllt? Was hat er gemacht, um die Menschen dieser
Welt zu Gott einzuladen? Von Jesus heisst es: „Er setzte zwölf ein, die er auch
Apostel nannte, dass sie bei ihm sein sollten.“ (Markus 3,14a). Jesus hat gar nicht
versucht, so viele Menschen wie möglich mit seiner Botschaft zu erreichen. Natürlich
gab es manchmal tausende Menschen, die seinen Predigten zuhörten. Aber Jesus
selbst hat sich auf einige wenige Menschen konzentriert. In diesem Vers heisst es:
„Er setzte zwölf ein, dass sie bei ihm sein sollten.“ Er ist mit diesen zwölf Menschen
gemeinsam einen Weg gegangen. Er hat manchmal die grossen Menschenmengen
verlassen und sich stattdessen als Freund um diese zwölf gekümmert. Am Schluss
seines Lebens gibt er seinen Nachfolgern den Auftrag mit, mit anderen Menschen
den Weg zu Gott hin zu gehen: „Geht hin in alle Welt und macht zu Jüngern alle
Völker!“ (Matth.28,19)
Und so haben die ersten Christen anderen von Gott erzählt. Es ging nicht lange, da
wurden die Apostel vor den Hohen Rat vorgeladen. Nach einigen Diskussionen
heisst es: „Sie riefen die Apostel herein, liessen sie geisseln und geboten ihnen, sie
sollten nicht mehr im Namen Jesu reden, und liessen sie gehen. Die Apostel aber
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verliessen den Gerichtssaal voller Freude darüber, dass Gott ihnen das Vorrecht
gegeben hatte, für Jesus Verachtung und Schmerzen zu ertragen. Sie verkündeten
weiter jeden Tag öffentlich im Tempel und auch in Privathäusern, dass Jesus der
schon lange erwartete Messias ist.“ (Apg.5,40-42)
Das liest sich so schnell, war aber äusserst brutal. Man wird zum Geisseln angebunden. Wehrlos muss man geschehen lassen, dass man mit einer Geissel, in die
scharfe Knochenstückchen eingeflochten waren, ausgepeitscht wurde. Das war eine
blutige Sache, die manchmal schwere Verletzungen zur Folge hatte. Die Geräusche,
wenn so eine Geissel auf die Haut trifft, vergisst man wohl nie mehr. Wie kann es
sein, dass diese ersten Christen ausgepeitscht wurden, man ihnen verbot, weiter von
Jesus zu reden – und das erste, was sie machen, als sie wieder frei sind, ist, im
Tempel und in den Häusern zu predigen?
Auch ein Paulus hat sein ganzes Leben in dieses Anliegen investiert. Er hätte ein
ruhiges und erfolgreiches Leben führen können. Stattdessen sieht es dann so aus:
„Ich bin öfter im Gefängnis gewesen und häufiger ausgepeitscht worden. Unzählige
Male hatte ich den Tod vor Augen. … Mein Leben bestand aus Mühe und Plage,
aus durchwachten Nächten, aus Hunger und Durst.“ (2.Kor.11,23.27) Für diese
ersten Christen war die Liebe zu den Menschen wichtiger als ihr eigenes Leben.
4. Und wir?
Damit stellt sich die Frage: Wenn heute Werbung nicht mehr so viel bringt, wenn
Menschen oft recht weit weg vom Glauben sind, wenn Menschen, die mitgehen, der
entscheidende Faktor sind – wo sind dann diese Menschen, die mit anderen
gemeinsam auf dem Weg sind?
Ich schiebe hier einen Gedanken ein: Im Glauben wachsen bedeutet für mich, dass
die Lücke zu biblischen Vorbildern kleiner wird. Ich kann mich erinnern, wie ich als
junger Christ Philipper 1 gelesen habe, wo Paulus schreibt: „Manchmal würde ich am
liebsten schon jetzt sterben, um bei Christus zu sein. Gibt es etwas Besseres?“
(Phil.1,23). Ich habe das nicht verstanden. Wie kann es sein, dass sich jemand so
sehr nach Gott sehnt, dass es ihm nichts ausmachen würde, wenn sein Leben jetzt
zu Ende wäre? Inzwischen habe ich manchmal das Gefühl, ein bisschen zu
verstehen, was er damit meint. Die Lücke ist kleiner geworden.
So eine Stelle, an der ich bei mir und anderen eine grosse Lücke erlebe, ist auch
diese Szene mit den Aposteln. Die ersten Christen lieben die Menschen so sehr,
dass sie bereit sind, ihr ganzes Leben dafür zu geben, damit andere die Chance
haben, zu Gott zu finden.
Mich beunruhigt, wenn ich den Eindruck habe, dass wir oft so mit unseren eigenen
Sorgen beschäftigt sind, dass dieses brennende Anliegen von Jesus gar keinen
Raum mehr hat. Wer stopft unser Leben so voll, dass wir keine Zeit mehr haben, um
mit anderen diesen Weg zu gehen? Wie kann es sein, dass die ersten Christen ihr
Leben dafür gaben, mit anderen gemeinsam den Weg zu Gott zu gehen, während es
uns schwer fällt, überhaupt daran zu denken und Zeit dafür zu finden?
Was hilft mir also, diesem Anliegen Raum zu geben? Eine Möglichkeit besteht darin,
für andere zu beten. Wir bieten im März wieder ein LiFe-Seminar an, in dem man an
fünf Abenden über Gott diskutiert. In den Wochen davor laden wir dazu ein, in dieser
Zeit vor dem Seminar speziell dafür zu beten: Für eine Person, die sich auf die
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Suche nach Gott macht. Für einen Freund oder eine Freundin, die Sehnsucht nach
mehr im Leben hat. Für den Nachbarn, der sich überhaupt nicht für Gott interessiert,
dem der Glaube an Gott aber wirklich helfen würde, weil ihm die Probleme schier
über den Kopf wachsen.
Wenn wir bereit sind, mit anderen den Weg zu gehen, werden wir auch die Schritte
erkennen, die anderen am besten helfen. Bei der einen Person geht es nur einmal
darum, Freundschaft anzubieten und Zeit zu haben für einen Kaffee. Anderen hilft es
am meisten, wenn sie zu so einem Seminar eingeladen und dorthin begleitet werden.
Für andere betet man einfach.
Menschen brauchen Freunde, die den Weg zu Gott mit ihnen gemeinsam gehen. Oft
ist es ein langer Weg. Er braucht Geduld, Gebete, Liebe. Sind wir bereit, diesen Weg
mit anderen zu gehen? AMEN.
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