Musterinterpretation

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Musterinterpretation
Zu Franz Kafka: "Eine kaiserliche Botschaft"
Aufschlüsselung:
Die ,,Kaiserliche Botschaft" ist, wie viele kurze Erzählungen Kalkas, eine Parabel, eine Art Gleichnis. Gleichnisse werden im
Neuen Testament verwendet, um einen Gedanken zu erklären. Welchen? Um welche Botschaft könnte es gehen, die sich jeder
erträumt?
Welche Gegensatzwörter beherrschen den ersten Satz? Was bedeutet er für den folgenden Text?
Der Bote kennt als Einziger die Botschaft genau, er ist unterwegs.
Wo beginnen die Zweifel des Lesers am Erfolg seiner Sendung?
Wodurch wird die unendlich weite Entfernung zwischen dem Kaiser und dem Du ausgedrückt?
Musterinterpretation:
Franz Kafka, der Autor dieses Textes, gilt als das literarische Genie des frühen zwanzigsten Jahrhunderts. Er
wurde im Jahr 1883 in Prag als Sohn eines deutsch-jüdischen Kaufmannes geboren, besuchte eine
deutschsprachige Schule, die damals für einen gesellschaftlichen Aufstieg Voraussetzung war. Er hatte ein
überaus spannungsvolles Verhältnis zu seinem Vater, was häufig in seinen Werken zum Ausdruck kommt.
Obwohl Kafka in der Prager Innenstadt, am Rande des Ghettos, aufwuchs, belastete ihn der aufkommende
Antisemitismus sehr stark. Nach seinem Jura-Studium arbeitete er widerwillig bei der "Prager
Unfallversicherungsanstalt". In den letzten Jahren seines kurzen Lebens hatte er eine Liebesbeziehung und zog
1923 mit seiner Geliebten nach Berlin. Zuvor hatte er seinen verhassten Beruf aufgegeben, da er an
Tuberkulose erkrankt war. Er starb im Jahre 1924.
Kafkas persönliche Situation, die schwere Krankheit, die politische Instabilität, der übermächtige Vater,
beeinflussen entscheidend seine literarischen Werke. Kafka wird als Begründer des literarischen Surrealismus
angesehen. Wie in Alpträumen passieren unerklärliche, bedrohliche Ereignisse. Seine Hauptfiguren sind hilflos
und wehrlos, sie sind abhängig von unbekannten Mächten, die sie bedrohen. Der Einzelne weiß nichts über
diese Hindernisse und Erschwernisse. Häufig fühlt er sich aber unsicher und schuldig, ohne zu wissen warum.
Auch die vorliegende Parabel passt gut zu diesem Grundthema. Raum, Zeit und Personen sind nur symbolisch
zu verstehen, sind allgemein und nicht genau definiert. Der Kaiser, der Bote, der Palast, dessen Höfe und
Mauern, die Residenzstadt sind nur ungefähr beschrieben. Dieser Welt gegenüber steht der als "DU"
bezeichnete Leser, von dem wir nur erfahren, dass er an einem Fenster sitzt und sich die Botschaft erträumt.
Betont wird besonders, dass der Kaiser und das "DU" unendlich weit voneinander entfernt sind, zeitlich (Zeile
..: "durch Jahrtausende") und räumlich. Die Mittelsperson, der Bote, hat eine unlösbare Aufgabe, obwohl er
hervorragende Eigenschaften besitzt (Zeile ..: "ein kräftiger, ein unermüdlicher Mann"). Auf die Person des
Kaisers kann man nur indirekt Rückschlüsse ziehen. Mit "Kaiser" ist kein bestimmter Herrscher gemeint,
sondern dieser Titel steht allgemein für große Macht und Übergeordnetheit, vielleicht sogar für eine
gottähnliche Position. Dies ersieht man aus Bezeichnungen wie "riesige Paläste und Höfe" oder "die Großen
des Reiches".
Der Erzähler bleibt im Hintergrund, er berichtet auktorial, das heißt, er weiß alles über das Geschehen. Er stellt
irreale Überlegungen an, was wäre, wenn ... Die Erzählung ist so aufgebaut, dass der Leser in der Ersten und
letzten Zeile sowie einmal etwa in der Mitte angesprochen wird. Dadurch erhält die Parabel einen Rahmen in
der Gegenwart, während sich die geschilderten Ereignisse vor Jahrtausenden abgespielt haben: Als Zeiten
dafür werden Gegenwart und Vergangenheit verwendet. In Zeile ... beginnt Kafka mit Konjunktiven, die
ausdrücken, was geschehen könnte. Jeder Hoffnungsschimmer, dass der Bote vielleicht doch durchkommen
könnte, wird zunichte gemacht. Dies bestätigt der abschließende Satz im Indikativ: "Niemand kommt hier
durch". Damit werden die Träume des "DU" endgültig enttäuscht. Mit dem "DU" könnte jeder von uns
gemeint sein. Wir alle warten auf diese Botschaft. Was könnte sie enthalten? Vielleicht würde sie die Antwort
auf die Frage nach dem Sinn unseres Lebens geben? Wir werden das aber nie erfahren und warten vergebens
darauf. Das entspricht der pessimistischen Einstellung des Autors. Auch in dieser Parabel verhindern
unbekannte Kräfte das Glück des einzelnen. Der übermächtige Kaiser könnte meiner Meinung nach
symbolisch für den übermächtigen Vater Kafkas stehen.
Schularbeitenthemen für 12., 13. Schulstufe, Maturathemen
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Dieser Text ist im Stil eines alttestamentarischen Gleichnisses geschrieben, was man schon im einleitenden
Satz am Einschub "so heißt es" erkennen kann. Die Parabel ist durchgehend in einer sehr hohen Sprachebene
verfasst, die Sätze sind vorwiegen hypotaktisch (zB. die Konditionalsätze mit nachfolgendem Hauptsatz) und
teilweise sehr kompliziert konstruiert. Kafka verwendet zahlreiche sprachliche Bilder und Stilmittel.
Für diesen vieldeutigen Text gibt es verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Vielleicht wollte Kafka
ausdrücken, dass Gott tot ist und wir deswegen seine erlösende Botschaft nie erhalten werden. Oder der Autor
kritisiert das passive Verhalten der Menschen, die immer nur darauf hoffen und warten, dass ihnen geholfen
wird. Das "DU" dieser Parabel trägt nichts dazu bei, die wichtige Botschaft zu bekommen. Es sitzt nur untätig
da und träumt und wartet sehnsuchtsvoll. Stattdessen könnte es ja versuchen, den Boten zu finden. Eventuell
möchte der Autor auch darauf hinweisen, dass die soziale Kluft zwischen den Mächtigen, den Reichen und
dem einfachen Durchschnittsbürger nie überwunden werden kann.
Für mich persönlich enthält dieser Text die Aufforderung, nicht immer nur untätig zu sein, sondern selbst aktiv
zu werden, wenn ich etwas erreichen oder wissen will. Die grundsätzlich pessimistische Auffassung Kafkas
zum Leben kann ich nicht teilen. Ich glaube daran, dass jeder selbst sein Schicksal in die Hand nehmen kann.
Dass Kafka in seinem Testament verfügt hat, dass seine Werke verbrannt werden sollen, zeigt mir, dass er
selbst sein Genie nicht erkannt hat. Glücklicherweise hat sein Freund Max Brod diesen letzten Willen nicht
erfüllt, und Kafka wurde durch seine Werke zum Vorbild und Beeinflusser einer ganzen Generation.
Schularbeitenthemen für 12., 13. Schulstufe, Maturathemen
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