Schlußbericht über das Studium an der Joh.-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt am Main im Schuljahr 2001/2002 Die besuchten Veranstaltungen WS: Dr. Phil. Fritz Huth (Praktische Theologie): Ökumene/Theologie der Religionen/Religionswissenschaften: Jesus in den neuen religiösen Bewegungen (s) Prof. Dr. Paed. Hans-Günter Heimbrock (Praktische Theologie/Religionspädagogik) Dr. Ilona Nord: City-Religion. Stadt als theologischer Text (S) Prof. Dr. Theol. Martin Ferel (Pastoralpsychologie): Einführung in die systemischfamilientherapeutisch orientierte Seelsorge (S) PD. Dr. Iris Gareis (Historische Ethnologie): Schamanismus (S) SS: PD Dr. Phil. Martin Mitwede (Indologie): Weisheit und Erfahrung in buddhistischen Traditionen (V) Prof. Dr. Theol. Edmund Weber (Historische Theologie und Religionswissenschaft): Hindu Religion: Jagannath und die Dorfgötter. Religion im indischen Orissa (S) Prof. Dr. Yossef Schwartz (Jüdische Religionsphilosophie, Gastprofessor der M. BuberProfessur, Tel Aviv): Gerschom Scholem: Mystik und Messianismus (S) Prof. Dr. Theol. Wolfram Kurz (Praktische Theologie, Didaktik des Religionsunterrichts, Gastprofessor aus der Justus-Liebig Universität Gießen): Moderne psychotherapeutische Konzeptionen und ihre Bedeutung für die Seelsorge und die (religiöse) Erziehung (V) Kirchliche Aktivitäten Theater der Unterdrückten. Veranstaltung aus dem Angebot in DBH ,,Gottesdienst (nicht nur) für Schwulen und Lesben’’ Alternativer Gottesdienst der St. Andreas Gemeinde für Kirchendistanzierten Gottesdienstbesuche in unterschiedlichen Gemeinden Frankfurts (Markusgemeinde, Mätthäusgemeinde, an der Zeil... aber auch katholische Messe im Dom in der Nähe des Römer-Platzes und anderswo) Teilnahme an unterschiedlichen halb-oder unformalen Aktionen in DBH Teilnahme an der Disskussion in DBH und über die bisherige Konzeption des Zusammenlebens (ua. Mit dortiger Pfarrerin) Organisation und pädagogische Hilfe bei dem Exkurs der kirchlichen Jugend von Hamburg in die Slowakei (unter der Leitung des Pfarrers Heiko Jahn, dessen Bericht über meine Teilnahme lege ich bei, weil diese Aktion von einer anderen Landeskirche veranstaltet wurde) Näher zu den einzelnen Veranstaltungen Ein Wichtiger Schwerpunkt meines Studiums in Frankfurt war die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. H.-G. Heimbrock. Prof. Heimbrock ist ein praktischer Theologe und Pädagoge der versucht auf einer breiten interdisziplinären Basis einige Strömungen der Theologie, Kulturanthropologie, Pädagogik, Religionspsychologie und der deutschen phänomenologie nach Waldenfels in seinem Konzept einer neuen Religionsphänomenologie zu vereinigen. Auf dem Gebiet der Religionswissenschaften orientiert sich Heimbrock vor allem an einigen Thesen des holändischen Forschers J. Waardenburg, die er weiter entwickelt aber auch kritisiert. Obwohl Waardenburg starken Hang zu der phänomenologischen Methode hat und eigentlich ein gewissen Respekt auch gegenüber der sgn. Schule des Verstehens schon gezeigt hat, , trägt seine Methode in sich das Risiko eines Reduktionismus aufgrunde eines zu frühen Urteils über das Geforschte. Heimbrock dagegen bleibt konsequenter auf dem Weg der Phänomenologie – auch mit der Epoche. Unter den Anthropologen nähert sich Heimbrock am Ehesten amerikanischen Forscher Cliford Geertz. Geertz sucht eine Alternative zu der positivistisch, szientisch und empiristisch orientierten Anthropologie, die an die szientische Begeisterung in der Forschung des 19. Jahrh. Anzuknüpfen versucht. Und so spezialisiert er sich (in dem scharfen Unterschied zu den heutigen Kulturmaterialisten, zB. Harris) auf die Analyse der Symbolen in der oder jener untersuchten Kultur. So ist sein Werk besonders gut kompatibel mit dem theologischen und dem philosophischen Denken. Für Heimbrock ist Geertz wichtig ua. Wegen seiner Auffassung der Religion und des Symbols in der Religion. Im Rahmen der phänomenologisch-methodologischen Intention kritisiert Heimbrock einige seiner (manchmal etwa exklusivistisch orientierten) Kolegen, die einige Phänomene verachtend verurteilen schon im Laufe der Forschung. So entstanden Begriffe Krytoreligiosität, Pseudoreligiosität, oder auch der Begriff City-Religion, den Heimbrock übernommen hat und im neutralen Sinne verwendet. Ich habe Prof. Heimbrock schon in Prag (also schon vor dem Anfang meines Studiums in Frankfurt) kennengelernt. Heimbrock hat an unserer Fakultät den Lehrstuhlinhaber für Religionswissenschaft, bedeutsamen tschechischen Theologe und Philosophe Prof. Dr. Milan Balaban angesprochen, und so eine Art Zusammenarbeit mit ihm angefangen hat. Weil die praktische Theologie bei uns anders konzipiert ist, teilt Heimbrocks Interessen eher der Lehrstuhl für Religionswissenschaft (also Lehrstuhl für klassische Religionswissenschaft, nicht für Missiologie, wie es sonst an vielen Fakultäten üblich ist). So hatte ich die Möglichkeit schon in Prag mich auf die Organisation des Besuches Prof. Heimbrocks in Prag vorzubereiten. In Frankfurt habe ich fortgesetzt. Da bestand meine Aufgabe in Vermittlung der Komunikation zwischen Prag und Frankfurt. Ich half an beiden Seiten die Konzeptionen und das Program des Treffens zu konsultieren, zu synchronisieren und einen Konsensus dabei zu finden. Ausserdem habe ich auch die Vorträge beider Gäste (Prof. Heimbrocks und seines Doktorands, Herrn Christopher Scholtz)ins tschechische übersetzt. Leider konnte daran persönlich nicht teilnehmen. Ich war jedoch sehr erfreut, daß das Treffen von beiden Seiten als ein Erfolg bewertet wurde. Ich habe mit Prof. Heimbrock relativ viel Zeit auch ausser alle Veranstaltungen verbracht. Ich habe mit ihm meine bisherige Arbeit konsultiert und versuchte aufgrund dieser Konsultationen Heimbrocks Religionsbegriff im Rahmen der heutigen Prag zu verwenden. Ich habe also die neue Religiosität in Prag beschrieben, und so entstandene Arbeit hat als Material (eine Unterlage) für eine Konferenz gedient, die für Herbst in Norwegen geplant wurde. Ich konnte mich mit prof. Heimbrock vorläufig daran vereinigen, daß wir auch für eine künftige Zusammenarbeit im Kontakt bleiben könnten. Als ich zurück nach Prag kehrte, war es für mich eine angenehme Überraschung, daß Heimbrocks letzter Besuch in Prag tatsächlich eine Fachdiskussion verursacht hat (worüber ua. Ein Artikel in Krestanska Revue /Christliche Revue/ berichtet). Prof. Ferel, ehemaliger Leiter des Zentrums für Seelsorge, bot in seinem Seminar die theoretischen Grundlagen der familientherapeutisch orientierten Seelsorge auch mit praktische Übungen. Weil ich oftmals überlegt habe, daß ich mich mit dem Grenzgebiet zwischen Pschychotherapie und Seelsorge beruflich beschäftigen könnte, war es für mich eine nützliche Erfahrung. Prof. Ferel ist streng systemisch spezialisiert. Systemische Therapie hat den Vorteil, daß sie die Zusammenhänge zwischen den Probleme eines Einzelnen und seiner Umgebung (sei Gemeinde, sei Familie, sei Kolegen in der Arbeit) genauer berücksichtigen kann. Unter den therapeutichen Schulen ist sie also besonders gut geeignet für einen Seelsorger. In Tschechien wurde dies Gebiet nur wenig behandelt, obwohl es nach allen Veränderungen nach der Wende (zB. Nach dem Sektenboom der frühen 90. jahre) nur wenig Grunde gibt diese Thematik zu vernachlässigen. Die zu naturwissenschaftlich orientierten Psychotherapeuten (vielleicht bis auf die Psychoanalitiker und die Rogersianer, die es bei uns jedoch nur sehr wenig gibt) sind meistens nicht im Stande eigenen Patienten in den theologischen Fragen zu beraten. Die universal erzogene Pfarer (nach dem Barthianischen Muster) haben wiederum nur selten die Grundkentnisse aus der Psychologie, Psychiatrie oder Psychotherapie. So kommt es manchmal dazu, daß ein Patien, dessen (sei neurotische, sei psychotische, sei andere) Probleme mit seinem Glauben zusammenhängen, zB. Sein Glauben stark komplizieren, zwischen zwei Fachmenschen pendelt, weil kein der beiden genug Kentnisse in beiden betreffenden Gebieten hat. Prof. Ferel ist ein sehr erfahrungsvoller Seelsorger und sein Seminar ist beeindruckend praktisch konzipiert. Dagegen bietet Prof. Dr. Kurz, ein von Tillich beeinflußter systematsicher und praktischer Theologe aus Gießen, einen Kompleten Überblick über die wichtigsten therapeutischen Schulen des 20. Jahrhunderts (Rogers, Behaviorismus, kognitive Therapie, Psychoanalyse, Logotherapie), wie auch ein System in den auch die Beziehung der Theologie zu der Psychotherapie eingegliedert werden kann. Man könnte sagen, daß das, was die Studierenden bei Prof. Ferel gelernt und geübt haben, so in einen sinnvollen Kontext eingeführt wurd. Meiner Mienung nach könnte man die beiden Veranstaltungen als einen Komplex in zwei sich beiseitig ergänzenden Teilen betrachten. Meine Interesse galt aber auch den Religionswissenschaften und der Ethnologie, weil Position dieser Fäche in der Tschechischen Republik aus mehreren Hinsichten problematisch ist. Religionswissenschaft existierte bei uns vor der Wende ofiziell nicht. Nach der Wende gibt es schon auch ofiziell Religionswissenschaftler-Theologen und ihre scharfe Gegner (obwohl in Deutschland unterschiedliche Konzeptionen der Religionswissenschaft relativ friedlich nebeneinander existieren). Die Religionswissenschaft ist hier eine der Theologischen Disziplinen, was diejenigen Forschungstraditionen, die in positivismus, empirismus oder ethnozentrismus der Tyloreschen Art ihre Wurzeln haben, als unakzeptabel bezeichnen. Einige der theologischen Schulen haben wiederum einen Hang zum christlichen Exklusivismus, der bis in die Hälfte des 20. Jahrhunderts relativ üblich auch in West-Europa war. Ich habe deswegen viel auch mit Prof. Iris Gereis und mit Prof. Yossip Schwartz konsultiert (besonders die Methodologie der Religionswissenschaften, der Kulturanthropologie und der Ethnologie und mit Prof. Schwartz das Werk Eliades). Prof. Gereis habe ich eine grössere Arbeit zu den methodologischen Fragen abgegeben. Sie bot mir an mich einem ihrer Kolegen noch vorzustellen, deswegen haben wir uns vorläufig verabredet noch im gelegenheitlichen Kontakt zu bleiben. Auch Prof. Schwart habe ich eine Arbeit abgegeben. Die beschäftigt sich mit der Eranos-Gruppe (Scholem, Eliade, Jung, Corbin). Zu den kirchlichen Aktivitäten Ursprünglich hatte ich vor, mir eine Gemeinde in Frankfurt auszusuchen und da auch zu bleiben. Im Laufe der Zeit habe ich mich aber daran gewöhnt das DBH so gesagt als meine Gemeinde zu betrachten. Dazu gab es mehrere Gründe. DBH ist ein multikulturelles Gebiet mit freundlicher Atmosphäre. Es gab da ziemlich grosse Bereitschaft der Bewohner/innen einanderzuhelfen und Vieles gemeinsam zu teilen, was vielleicht auch dadurch entstand, daß an so kleinem Gebiet so viele Leute aller möglichen Ursprung zusammengekommen sind. Nicht weniger wichtig war anscheinend die Menge der Kirchlichen Angebote zu Kursen, Konferenzen, Demonstrationen, und Veranstaltungen aller Art, die es im Erdgeschoß des Hauses immer gab. Ich habe zB. An dem Theater-Kurs teilgenommen. Dies Model der kirchlichen Aktivitäten, die auch in einem ausserkirchlichen Bereich stattfinden, die also eine breite Skala dessen, was auch ausser Gottesdienst zu unternehmen ist, habe ich schon früher an einem Symposium in dem sgn. Hromadkas Haus im Zweifall in der Nähe von Aachen kennengelernt. Ich nehme an, daß dies Model der Veranstaltungen (die einerseits keine typische kirchliche Aktivität darstellen und keine typisch kirchliche Atmosphäre mit sich bringen, die andererseits doch etwas mehr anbieten wollen als die Veranstalltungen, die etwa vom Staat angeboten werden) hypothetisch auch in Tschechien Erfolg feiern könnten. Es könnte die Einstellung der nichtkirchlichen (und manchmal sehr antikirchlich gelaunten) Maiorität zu der Kirche verändern. Etwas Ähnliches wage ich über den alternativen Gottesdienst für ,,Kirchendistnzierten’’, der glaube ich im Laufe des Schuljahres einmal pro Monat statgefunden hat, zu sagen. In diesem experimentellen aber doch sehr professionell organisirten Gottesdienst wurden alle typisch kirchlichen Elemente sorgfältig eliminiert, sodaß auch diejenigen, die vor Besuch der Kirche Angst haben, problemlos teilnehmen können. Danach richtete sich die Musik, Interier, wie auch die gesamte Kommunikation der ,,Moderatoren ‘’ des Abends (als dessen Gast der Pfarrer aufgetretten ist) mit den Teilnehmer. Zentrum des Gottesdienstes bildete die Bühne mit einem Grossen Bildschirm, 2 Moderatoren und einer Band. Thema des Abends zu dem es eine anonyme Umfrage und darauf folgende Diskussion mit dem Pfarrer gab, lautete:Euthanasie. Ich saß ganz hinten und konnte so die Reaktionen der Besucher gut überblicken. Zweiflos waren zum Ende des Gottesdienstes auch anfängliche Skeptiker begeistert. Ich selber habe an etwas Ähnliches mehrmals gedacht und die Möglichkeit eines alternativen Gottesdinstes im diesem Sinne mit den Kommilitonen diskutiert. Katholische Kirche in der Tschechischen Republik hat hinter sich schon mehrere solche Veranstalltungen. Ich wurde von einigen Mitbewihner aus dem DBH zu dem ,,Gottesdienst (nicht nur) für Schwulen und Lesben’’ eingeladen. Es war sehr beeindruckend. Auch die Elemente des Gottesdienstes, die man als problematisch oder eher riskant bezeichnen könnte (beispielsweise der gemeinsame Tanz aller Hnad in Hand in einem Kreis), hatten glaten Durchlauf und wurden von den Teilnehmer akzeptiert. Zum Schluß Während des ganzen Aufenthaltes – besonder wenn es Schwierigkeiten gab- war für mich die Unterschtützung des Zentrums Ökumene wichtig. Eine deutliche Hilfe und Stabilität bedeutete für mich schon das Bewustsein über die bereitschaft des Zentrums zur Beratung und Hilfe. Anders gesagt: es war ein Bewustsein dessen, daß ich nie vor die Aufgabe gestellt werde mit irgendeiner schwör lösbarer Situation ganz allein ohne jede Hilfe klarkommen zu müssen. Ganz zum Schluß will ich noch bemmerken, daß ich in Frankfurt und in Deutschland allgemein nur extrem wenig Xenophobie und extrem wenig Hang zum Nationalismus mitbekommen habe. Soll und darf ich mit anderen europäischen Ländern vergleichen, dann glaube ich in Duetschland in dieser Hinsicht ein ganz hohes Niveau von Toleranz und multikultureller Offenheit kennengelernt zu haben. Nie wurde ich für mein unvollkommenes Deutsch verlacht, nie wurde mir nur eingedeutet, daß ich fremd bin, nicht einmal von Leuten, mit den ich einen Konflikt hatte. Ich wurde immer entweder als ein Gast oder als ein von den in Deutschland lebenden Leute behandelt, ohne daß ich je einen mich benachteiligenden Unterschied zwischen mir und den eingeborenen Deutschen hätte spüren müssen.