Personal und Marketing

Werbung
IT-Kompaktkurs
Distributionspolitik
im Internet
Prof. Dr. Michael Ponader
Distributionspolitik und Internet
IT- Grundstudium
Personal und Marketing
Folge 14 Distributionspolitik und Internet
Die Hauptbereiche der Distributionspolitik sind die Absatzkanalpolitik und die Logistik. Wir
werden uns schwerpunktmäßig mit der Absatzkanalpolitik beschäftigen. Es geht also darum,
mit welchen Partnern ein Unternehmen zusammenarbeiten will, um seine Produkte zum
Endkunden zu bringen.
Die beiden Grundtypen der Absatzkanalpolitik sind der direkte und der indirekte Vertrieb.
Beim direkten Vertrieb verkauft das Unternehmen direkt an den Endkunden. Im klassischen
Consumer-Markenartikelgeschäft eine eher seltene Form. Wesentlich gebräuchlicher ist der
indirekte Vertrieb, also die Einschaltung wirtschaftlich und rechtlich selbständiger
Handelsunternehmen, die Einschaltung von Intermediären. Die Entscheidung, über welche
Wege ein Unternehmen seine Produkte zum Kunden bringt, war schon immer Gegenstand des
Marketing. Durch das Internet hat sich an der Aufgabenstellung nichts geändert, es ist eben
nur ein zusätzlicher Weg hinzugekommen. Ein Weg, dessen Bedeutung für die Hersteller in
der Boom-Zeit des Internet weit überschätzt wurde. Intensiv diskutiert wurde das Schlagwort
Disintermediation, die Ausschaltung der Zwischenhandelsstufen durch die Hersteller. Die
Hersteller verkaufen direkt über das Internet an die Endkunden, Groß- und Einzelhandel
werden dadurch umgangen. Allerdings ist diese Entwicklung so nicht eingetreten?
Nach einer Untersuchung der Boston Consulting Group verteilen sich die BtoC-Umsätze des
Jahres 2000 in USA und Kanada wie auf folgender Folie dargestellt. Den wesentlichen
Umsatzanteil mit fast 60 Prozent haben Handelsunternehmen, die sowohl offline als auch
online Geschäfte betreiben. Ungefähr jeweils 20 % erzielen Hersteller, die über Internet direkt
an den Endkunden verkaufen, und reine Online-Händler. Die klassischen Händler konnten
ihre Position also sehr wohl behaupten.
Die Situation ist allerdings sehr unterschiedlich in den verschiedenen Branchen. Nehmen Sie
den Touristikbereich. Hier versuchen die Leistungsanbieter, wie die Airlines oder die Hotels,
die Reiseveranstalter wie Tui, die die Angebote der Leistungsanbieter bündeln, und die
Reisemittler, also die Reisebüros, unmittelbar an den Endverbraucher zu verkaufen. In
Prof. Dr. Michael Ponader
2
Distributionspolitik und Internet
anderen Branchen ist das wesentlich weniger ausgeprägt. Sehen Sie sich z.B. den
Automobilbereich an. Jeder Automobilhersteller hat eine, in den meisten Fällen sehr
aufwendige Website. Auf dieser finden Sie ausführliche Informationen zum Unternehmen
und den Produkten. Fast überall können Sie sich mit einem Konfigurator Ihr Wunschauto
zusammenstellen. Im Internet beim Hersteller kaufen können Sie in Deutschland aber nur bei
Opel.
Schon immer haben Hersteller ihre Produkte über verschiedene Wege vertrieben. Auch durch
das Internet hat sich daran nichts Grundlegendes geändert. So verkaufen die großen PCHersteller ihre Produkte über Handelspartner an Privatkunden, andere Kunden werden über
Telefonvertrieb betreut. Um die Großkunden kümmern sich Key Account Manager. Nun ist
mit dem Internet eben lediglich ein zusätzlicher Weg hinzugekommen.
Nach einer Untersuchung von Cambridge Technology Partners nutzen auch die Kunden
mehrere Kanäle eines Unternehmens in der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase. 85% der
Befragten nutzen in diesen Phasen mindestens zwei unterschiedliche Kanäle, also entweder
persönlicher Kontakt, Website, Telefon oder Brief. Die größte Bedeutung hat in allen Phasen
aber immer noch der persönliche Kontakt.
Das heißt allerdings nicht, daß die Website überflüssig ist, wie die Untersuchung von Jupiter
MMXI zu direkten und indirekten Internet-Käufen zeigt. Andere Untersuchungen von
Beratungsunternehmen sind übrigens zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Bei direkten
Internet-Käufen informiert sich der Kunde im Web und kauft auch dort. Bei indirekten
Internet-Käufen informiert sich der Kunde im Web. Auf dieser Grundlage wird häufig die
Markenentscheidung, oft auch die Entscheidung für ein Handelsunternehmen getroffen.
Gekauft wird dann aber im traditionellen Ladengeschäft. Die indirekten Internet-Käufe sind
dreimal so hoch wie die direkten. Je nach Produktart informieren sich bis zu 70 % der
Shopper im Netz, bevor sie im Laden einkaufen.
Ein Internet-Shop darf daher nicht nur auf Online-Kunden ausgerichtet sein, sondern muß
auch den Anforderungen der Offline-Kunden und der besonderen Bedeutung des persönlichen
Kontaktes Rechnung tragen.
Prof. Dr. Michael Ponader
3
Distributionspolitik und Internet
Für einen Offline-Kunden ist ein normalerweise kritisches Thema im Web, die Bezahlung,
völlig unerheblich. Für ihn ist es viel wichtiger herauszufinden, in welcher Filiale eines
Handelsunternehmens der gewünschte Artikel verfügbar ist und wie er zu dieser Filiale
kommt. Ebenso sollte ihm die Möglichkeit gegeben werden, so einfach wie möglich mit
einem personellen Vertreter des Unternehmens Kontakt aufnehmen zu können. Z.B. über
einen Call- Back-Button, so daß ihm keine Telefonkosten entstehen. Oder denken Sie an
Online-Finanzierungsrechnungen bei Kreditinstituten, die nahtlos in personellen
Beratungsgesprächen in der Bankfiliale fortzusetzen sind.
Nun gehen wir detaillierter auf die möglichen Vertriebskanalstrategien von Herstellern ein.
Die Folie Vertriebskanalstrategien gibt einen Überblick über die Möglichkeiten.
Beim direkten Modell werden die etablierten Vertriebspartner umgangen. Die
Kundenansprache und die Auftragsplazierung werden über Internet realisiert.
Die Spanne der Absatzmittler steht damit dem Hersteller zur Verfügung. Der Hersteller hat
also ein höheres Erlöspotential oder auf der anderen Seite die Möglichkeit, Produkte
preisgünstiger anzubieten. Ein wesentlicher Aspekt ist auch ein effektiveres Marketing. Die
Darstellung, Positionierung von Produkten ist immer ein potentieller Konflikt zwischen
Herstellern und Handelsunternehmen. Die beiden Parteien verfolgen ganz unterschiedliche
Ziele bei der Ausgestaltung ihrer Marketingpolitik. Wenn der Hersteller den Handel umgeht,
kann er natürlich auch seine Marketingziele und – Maßnahmen unbeeinflusst durch den
Handel an seine Kunden herantragen. Der Hersteller erhält ungefiltertes Kundenfeedback. Im
Normalfall hat ja der Handel den Kundenkontakt und wird Kundenfeedback auch nur im
Sinne seiner Marketingziele an den Hersteller zurückgeben.
Mit der direkten Strategie sind allerdings auch Nachteile verbunden. Bei dem direkten Modell
ist kaum abschätzbar, wie sich das in den bestehenden Vertriebsstrukturen auswirkt. Der
Hersteller kann nur einen Teil über Internet verkaufen, für den restlichen Absatz bleibt er auf
seine bisherigen Partner angewiesen. Diese könnten nun auf die Online-Aktivitäten damit
reagieren, daß das Produkt ausgelistet wird oder das Verkaufspersonal des Händlers setzt sich
nicht mehr in gleichem Maße für das Produkt ein. Der Hersteller muß also mit
Vertriebskanalkonflikten rechnen. Es ist ja auch nicht damit getan, einen Shop ins Internet zu
stellen. Die gesamten Presales- und Aftersalesprozesse müssen ebenfalls aufgebaut werden.
Prof. Dr. Michael Ponader
4
Distributionspolitik und Internet
Die Hersteller sind normalerweise z.B. in Ihrer Logistik nicht darauf eingerichtet
haushaltübliche Mengen zu verschicken. Der Aufbau dieser Prozesse ist folglich ein ganz
wesentlicher Kostenfaktor.
Versandhandelsunternehmen haben hier die beste Ausgangssituation. Die gesamte Logistik
besteht hier bereits, es kommt lediglich ein neuer Bestellkanal hinzu. Das ist einer der
wesentlichen Gründe, daß Versandhandelsunternehmen als einzige – im Vergleich zu
stationären Handelsunternehmen und reinen Online-Händlern – im Durchschnitt einen
positiven Ebit erzielen. Ebit steht für Earnings before interests and taxes. Dies hat die Boston
Consulting Group in der bereits angesprochenen Untersuchung zu den btoC-Umsätzen in
USA und Kanada herausgefunden. Die Versender erzielten hier im Durchschnitt einen Ebit
von 12 Prozent vom Umsatz. Bei den reinen Online-Händlern waren es im Durchschnitt
minus 94 % vom Umsatz. Noch wichtiger als die Logistikkosten waren allerdings die
Marketingkosten für den Aufbau der neuen Marken.
Unabhängig von der Logistik stellt sich für einen Hersteller die Frage, inwieweit er überhaupt
in der Lage ist, alle erforderlichen Funktionen des Handels zu übernehmen. Denken Sie hier
an die Sortiments- oder Beratungsfunktion des Handels. Oder in der Presales-Phase die
Erbringung der erforderlichen Serviceleistungen. Ein ganz wesentlicher Punkt z.B. für
Automobilunternehmen, weshalb diese fast alle die beiden anderen Strategien bevorzugen.
Bei der Kanalintegrationsstrategie bleibt die Vertriebsstruktur erhalten. Eventuell verändern
sich aber die Aufgabenstellungen der Partner. Der Hersteller tritt mit dem Webangebot in
direkten Kundenkontakt, die Abwicklung der Aufträge und auch deren Abrechnung erfolgt
jedoch über die Händler. Oder der Hersteller übernimmt das Verkaufen, der Händler aufgrund
seiner Kundennähe den Service.
Auf der Website von BMW finden Sie nicht nur Firmeninformationen und Informationen zu
den einzelnen Modellreihen. Dort gibt es auch eine Gebrauchtwagenbörse. Wenn man diese
Funktion auswählt, öffnet sich ein neues Browserfenster zur Eingabe der Suchkriterien – wie
wir hier auf dieser Folie sehen. Von einer Trefferliste gelangt man dann zu
Detailinformationen zu dem entsprechenden Fahrzeug – alles im Look and Feel der BMWSite. Ab den Detailinformationen, die von den Händlern gepflegt werden, ist BMW außen
vor. Die gesamte weitere Abwicklung erfolgt mit dem Händler, bei dem das Fahrzeug steht.
Prof. Dr. Michael Ponader
5
Distributionspolitik und Internet
Im Unterschied zu bisher, wo man als Kunde von Beginn an mit dem Händler Kontakt hatte,
z.B. seiner Anzeige in der Tageszeitung, erfolgt der Einstieg nun direkt über den Hersteller
BMW.
Damit wird dem Händler zwar ein Teil seines Marketing aus der Hand genommen. BMW
trägt damit aber zum einen den Kundenerwartungen Rechnung, die eben nicht alle
Händlersites einzeln absuchen wollen. Zum anderen schafft BMW gleichzeitig einen
Mehrwert für die Händler. Ohne diese Lösung müßte jeder Händler für sich die technische
Infrastruktur für seine Gebrauchtwagen schaffen. Dies erledigt BMW für ihn, er muß
lediglich seine Gebrauchtwagen, seine Inhalte einstellen.
Noch konsequenter in diese Richtung geht die kanalzentrierte Strategie. Die Anlaufstelle für
den Kunden bleibt weiterhin der Händler. Das bestehende Vertriebsmodell wird durch
Internet unterstützt, aber strukturell nicht verändert. Aus Kundensicht bleibt auch die
Aufgabenverteilung erhalten. Der Hersteller wendet sich mit seinen Internet-Aktivitäten nicht
an die Endkunden, sondern an seine Partner. Das heißt, der Hersteller unterstützt seine
Händler dabei, Internet-Angebote in ihrem Namen zu erstellen. Natürlich versucht der
Hersteller auch hier durch entsprechende Nutzeffekte einen einheitlichen Auftritt seiner
Händler und damit einen einheitlichen Auftritt seiner Marke zu erreichen.
Im weiteren wollen wir uns nun mit dem Thema Partnerprogramme beschäftigen. Im
Unterschied zu unserem vorherigen Thema handelt es sich bei Partnerprogrammen oder
neudeutsch Affiliate-Programmen um ein rein webspezifisches Thema.
Es geht hier um die Kooperation zwischen Anbietern über Websites. Es wird also von einer
Website auf eine andere verwiesen. Sehen wir uns hierzu folgende Folie an. Nehmen Sie an,
Sie sind der Betreiber eines Shops im Internet, Sie wären also der Merchant. Grundsätzlich
sind Ihre Produkte sicherlich für Ihre Zielgruppe interessant. Der User, ein Mitglied Ihrer
Zielgruppe, sucht aber vielleicht nicht primär nach Ihren Produkten, sondern ist an einem
bestimmten Thema interessiert. Ein Gartenliebhaber zum Beispiel interessiert sich vielleicht
zunächst nicht für Ihre Produkte, die Sie als Gartenartikelhersteller in Ihrem Online-Shop
verkaufen. Er interessiert sich primär für ein Gartenmagazin, in dem er aktuelle Tipps für die
Gestaltung seines Gartens erhält. Den redaktionellen Aufwand, diese Inhalte selbst zu
erstellen, können Sie aber nicht leisten. Anlaufstelle für Ihren User ist daher nicht Ihre Site,
Prof. Dr. Michael Ponader
6
Distributionspolitik und Internet
sondern die des Gartenmagazins. Es stellt sich für Sie die Frage, wie Sie diesen User auf Ihre
Website bringen. Dies ist eines der wesentlichen Ziele von Partnerprogrammen.
An bestimmten Stellen der Affiliate Site würde also ein Link, eventuell mit einem Hinweis
auf die Partnerschaft stehen. Sites, die nur Inhalte anbieten, kommen also in Richtung
Verkaufen, und Sites, die primär verkaufen, kommen in Richtung Inhalte.
Folgende Vorteile hat dies für den User. Nehmen wir an, der User will nun aufgrund eines
Artikels ein Produkt kaufen. Normalerweise müßte er jetzt z.B. über einen Katalog nach
einem Gartenartikelhändler im Web suchen und er würde vielleicht hunderte möglicher
Anlaufstellen finden. Für den User ist es also ein Mehrwert, daß er sich nicht nur über
Gartenthemen informieren kann, sondern daß er auch einen Hinweis erhält, wo er
entsprechende Produkte kaufen kann. Für ihn entfällt also der Aufwand für die Suche.
Darüber hinaus wird die Empfehlung im Gartenmagazin für ihn sicherlich
vertrauenserweckender sein als die Auflistung in einer Suchmaschine. Dieser Vorteil für den
Kunden wird sich natürlich auch positiv auf die Kundenbindung zur Affiliatesite auswirken.
Der Affiliate kann zusätzliche Leistungen integrieren, die nicht in seiner Kernkompetenz
liegen. Er kann sich also beim User als Komplettanbieter und damit als erste Anlaufstelle
positionieren. Darüber hinaus erhält der Affiliate auch eine Provision, z.B. vom Umsatz, den
der User auf Ihrer Site erzeugt.
Der Vorteil für den Merchant ist, daß die Reichweite des Shops erhöht wird. Hier gibt es
einen grundsätzlichen Unterschied zu z.B. Bannerwerbung. Für Werbung gibt es
normalerweise einen Tausender Kontakt-Preis. Das heißt, je tausend Aufrufen der Seite, auf
der Ihr Banner steht, müssen Sie einen bestimmten Betrag zahlen. Unabhängig davon, ob der
Surfer über das Banner auf Ihre Seite gekommen ist oder nicht. Und die Klickrate bei
Bannern ist in der Zwischenzeit sehr niedrig, sie liegt bei nur ca. 0,5 %. Also nur 0,5 % von
Tausend kommen auch auf Ihre Site. Damit ist Bannerwerbung im Verhältnis zur erzielten
Wirkung sehr aufwendig. Bei Affiliate-Programmen erhält der Affiliate in den meisten Fällen
eine erfolgsabhängige Provision, wenn der Kunde, der über die Affiliate-Site zum Merchant
kommt, dort etwas kauft. Der Partner bekommt also nur Geld, wenn ein Kauf stattfindet und
nicht bereits für die Schaltung des Links. Die Provision beträgt normalerweise zwischen 2
und 20 Prozent vom Umsatz. Es gibt auch andere Abrechnungsmodelle. Hier erhält der
Prof. Dr. Michael Ponader
7
Distributionspolitik und Internet
Affiliate eine Vergütung für die über ihn gekommenen Besucher oder die Clicks dieser
Besucher. Manchmal ist die Provision auch an spezielle Aktionen auf der Website gebunden.
Z.B. daß der User eine bestimmte Datei downloaded oder einen Newsletter abonniert. Bei
letzterem erhält der Affiliate eine Vergütung für jede Useradresse, die der Betreiber des
Programms auf diese Weise gewinnt.
Um das Ganze zu überwachen und leistungsgerechte Abrechnungen erstellen zu können, gibt
es spezielle SW, die beim Merchant läuft. Diese SW überwacht die Aktivitäten der User und
übernimmt die Abrechnung. In den meisten Fällen hat diese SW auch einen Zugang für den
Affiliate, so daß dieser sich die Aktivitäten hinsichtlich seiner Site ansehen kann.
Literatur
Mattes, F., Electronic Business-to-Business, Stuttgart 1999
Waschburger, V., Jost, C., Nachhaltig erfolgreiches E-Marketing, Braunschweig/Wiesbaden
2001
Lücke, F., Integriertes Affiliate Marketing – die Shop-in-Shop Lösung,
www.ecin.de/marketing, 2002
Prof. Dr. Michael Ponader
8
Herunterladen