Letzte Aktualisierung : 30.03.06 Der Europarat (ER) in Strassburg Struktur und Organisation Seit mehr als 50 Jahren setzt sich der ER für ein geeintes Europa ein, das auf den Grundwerten von Freiheit, Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit beruht. Der ER wurde 1949 von zehn westeuropäischen Staaten gegründet. Seither hat sich die politische Landschaft des Westens stark verändert, und heute gehören dem Europarat 46 europäische Staaten an. Die Schweiz ist seit 1963 Mitglied. Der ER umfasst: das Ministerkomitee als Entscheidungsorgan. Die Mitgliedsstaaten sind durch ihren Aussenminister darin vertreten; die parlamentarische Versammlung als demokratisches Forum. Die Parlamente der Mitgliedsstaaten entsenden Vertreter in die Versammlung; einen Sprecher für die Kommunal- und Regionaldemokratie, den Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates; ein Generalsekretariat mit rund 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das seit 2004 vom Briten Terry Davis geleitet wird. Die Arbeit des ER wirkt sich auf alle Bereiche unseres Lebens aus. Schwerpunktthemen sind zentrale gesellschaftliche Fragen aus folgenden Gebieten: Menschenrechte, Medien und Kommunikation, soziale und wirtschaftliche Fragen, Bildung, Kultur und Kulturerbe, Sport, Jugend, Gesundheit, Umwelt. Der ER setzt sich für eine Harmonisierung der Politiken seiner Mitgliedsstaaten und für die Annahme gemeinsamer Vorgehensweisen und Normen ein. Mehr als 170 europäische Konventionen dienen den Mitgliedsstaaten als Grundlage für die Reform und Harmonisierung der nationalen Gesetzgebungen zu so verschiedenen Themen wie Schutz der Menschenrechte, Biomedizin, Datenschutz, Gewalt in Sportstadien, Erhaltung der Umwelt, Medien, kulturelle Zusammenarbeit, Verhinderung von Folter oder Schutz von Minderheiten. Der ER erarbeitet auch Teilabkommen, die nur von den Mitgliedsstaaten ratifiziert werden, die am fraglichen Thema interessiert sind (variable Geometrie). Für Themen, die sich nicht zur Schaffung einer Konvention eignen, verabschiedet das Ministerkomitee Empfehlungen und Resolutionen mit Handlungsrichtlinien für die Regierungen. Der ER setzt auch intergouvernementale Arbeitsprogramme um. Nicht zu verwechseln: Der Europarat mit Sitz in Strassburg zählt 46 Mitgliedsstaaten und befasst sich mit der Stärkung der politischen, sozialen, juristischen und kulturellen Zusammenarbeit in Europa sowie mit der Förderung der Menschenrechte. Die parlamentarische Versammlung setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der nationalen Parlamente zusammen. Die Europäische Union umfasst 25 Mitgliedsstaaten und hat die wirtschaftliche und politische Integration zum Hauptziel. Ihr parlamentarisches Organ ist das Europäische Parlament, dessen Mitglieder in den Mitgliedsstaaten direkt gewählt werden. Die Vollversammlungen des Europäischen Parlaments finden im Palais de l’Europe in Strassburg statt. Der Europarat und das Thema Gesundheit Das 1954 gegründete Gesundheitskomitee des Europarates ist das zuständige Organ für die Förderung einer engeren Zusammenarbeit unter den Mitgliedsstaaten in allen Fragen zum Thema Gesundheit. Das Komitee gehört zur Generaldirektion „Soziale Kohäsion“ (GD III) und setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der 46 Mitgliedsstaaten des Europarates zusammen. Die Schwerpunkte seiner Aktivität konzentrieren sich auf die Demokratisierung und Humanisierung von Gesundheitsdiensten (gleicher Zugang zum Gesundheitssystem für alle und Patientenschutz). Das Komitee beteiligt sich auch am Netzwerk „Schulen für Gesundheit“, einem Projekt, das 1991 vom Europarat, der WHO und der Europäischen Kommission ins Leben gerufen wurde. Die wichtigsten Arbeitsgebiete des Gesundheitskomitees sind die folgenden: Bluttransfusionen: Sicherheit und Ethik Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit von Blutspenden, Sicherheit von Transfusionen und Verbesserung der Hämotherapie sind die Leitlinien des ER bei seiner Arbeit zur Harmonisierung der Transfusionspraxis. In Amsterdam wurde eine Blutbank mit gefrorenen Blutpräparaten eingerichtet, was besonders für Menschen mit seltenen Blutgruppen eine grosse Hilfe darstellt. Organtransplantationen: mehr Leben retten Der ER hat ethische Prinzipien für die Organtransplantation erarbeitet. Gegenwärtig prüft er organisatorische Aspekte für eine Verbesserung der Effizienz und für das Qualitätsmanagement. Jugend: Gesundheit ist lernbar Der ER leitet zusammen mit der WHO Europa und der EU ein europäisches Netzwerk mit Schulen, die sich für die Gesundheitsförderung einsetzen in mehr als dreissig europäischen Ländern. Damit soll bei jungen Menschen der Sinn für Eigenverantwortung gestärkt werden. Gesundheitsdienste: besser und patientenfreundlicher Ein wichtiger Arbeitsbereich des Europarates betrifft die Organisation der Gesundheitsdienste: Man will deren Anpassung an die heutigen Anforderungen patientenfreundlicher Einrichtungen und einen besseren Schutz von besonders vulnerablen Personengruppen (Gefangene, betagte Menschen in Heimen, Einelternfamilien, Chronischkranke). Das Gesundheitskomitee organisiert zudem in regelmässigen Abständen Konferenzen auf Ministerebene und gibt damit den europäischen Gesundheitsministerinnen und -ministern die Gelegenheit, die wichtigsten Herausforderungen des Gesundheitswesens gemeinsam zu erörtern. Die letzte Konferenz fand 2003 in Oslo statt und befasste sich mit dem Thema „Gesundheit, Würde und Menschenrechte“. Nebst dieser allgemeinen Tätigkeit hat der Europarat mehrere Teilabkommen im Zusammenhang mit Gesundheitsfragen erarbeitet, die aber nur für die Staaten verbindlich sind, die sie ratifizieren: Europäische Pharmakopöe: Als weltweite Vorreiterin gewährleistet die europäische Pharmakopöe die Qualität von Heilmitteln, indem sie gemeinsame und obligatorische Normen festlegt, die in allen Mitgliedländern anzuwenden sind. Alle Substanzen von Heilmittelzusammensetzungen zum humanen oder veterinären Gebrauch sind mittels Normen festgelegt, wobei standardisierte Analysemethoden die optimale Qualität für den Gesundheitsschutz von Konsumentinnen und Konsumenten gewährleisten. Die fortschreitende Harmonisierung der nationalen Normen und die Erarbeitung von Normen für neue Heilmittel hat bereits zur Annahme von rund 2000 obligatorischen europäischen Normen geführt, so genannten Monographien. Die Arbeit wird im Rahmen einer europäischen Konvention geleistet, die von 35 Mitgliedstaaten, darunter die Schweiz, und von der EU ratifiziert worden ist. Der Einfluss der europäischen Pharmakopöe reicht aber weit über diese Grenzen hinaus: Viele weitere Staaten wenden heute bereits die europäischen Normen in ihren nationalen Gesetzgebungen an. Zusammenarbeit bei der Drogenbekämpfung Die „Pompidou-Gruppe“ ist ein interministerielles Forum zur Bekämpfung des Missbrauchs und des Handels mit Betäubungsmitteln. Er umfasst 35 Mitgliedstaaten, darunter auch die Schweiz. Die engere Zusammenarbeit mit neuen Demokratien im Kampf gegen Drogenabhängigkeit findet mit der Organisation von Weiterbildungsseminaren, mit Austauschtreffen und der Lancierung eines Weiterbildungsprogramms für Fachleute des Suchtbereichs ihre konkrete Umsetzung. Die Pompidou-Gruppe trifft sich alle zwei bis drei Jahre auf ministerieller Ebene, um ihre Aktivitäten auf den neusten Stand zu bringen und die neuen Anforderungen und Prioritäten bei der Zusammenarbeit zu definieren. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei auf der Prävention von Drogenmissbrauch, auf der gesellschaftlichen Wiedereingliederung von drogenabhängigen Menschen, der Funktionsweise des Strafsystems und der Förderung der Weiterbildung. Ein zentraler Aspekt ist auch die Forschung, insbesondere die Frage der gesellschaftlichen Kosten von Drogensucht. Teilabkommen im Bereich Soziales und öffentliche Gesundheit 18 Staaten, darunter die Schweiz, sind diesem Teilabkommen beigetreten. Das Komitee für öffentliche Gesundheit (CD-P-SP) leitet die Arbeiten der verschiedenen Expertengruppen, in denen Normen zu folgenden Gebieten ausgearbeitet werden: pharmazeutische Fragen, Ernährung, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit von Konsumentinnen und Konsumenten, Stoffe, die in Kontakt mit Lebensmitteln kommen, Aromastoffe, Kosmetika. Das BAG und der Europarat: Das BAG vertritt die Schweiz innerhalb des Gesundheitskomitees und dessen Büro sowie in mehreren Expertengruppen. Weiter vertritt das BAG die Schweiz im Komitee für öffentliche Gesundheit und dessen Expertengruppen sowie in der Pompidou-Gruppe. Swissmedic vertritt die Schweiz für die europäische Pharmakopöe.