Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit. Modul 2: Quellen und Entwicklungen – Das Christentum in seiner Geschichte, Stöve, Winter-Semester 2006/07, Do 8-10 Uhr, R 12, R 07, A 69 Begriffserläuterungen zum Thema: Ethik oder die Lehre vom richtigen Handeln (14.12.2006) Bergpredigt - Inbegriff der radikalen endzeitlichen Ethik des NT Einleitung von Mt 5: Und Jesus ging auf einen Berg, ...; enthält neben den Seligpreisungen (Makarismen) die Antithesen (Tora / Ich aber sage euch ...); im weiteren Sinne werden auch die Nachfolge-Mahnungen Jesu hinzu gerechnet Makarismen - Seligpreisungen der Bergpredigt nach den Anfangsworten so benannt: Selig sind, makarioi estin benannt:; Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich. (4) Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. (5) Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen ... Mt 5,3-12 Antithesen - Gegenthesen als ethische Radikalisierung den Seligpreisungen (Makarismen) folgender Teil der Bergpredigt (Mt. 5): 'Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist' ... (Zitat aus dem Mosaischen Gesetz) / 'Ich aber sage euch, ...' Steigerung durch Verinnerlichung und Intensivierung: z.B.: aus Nächstenliebe wird Feindesliebe Nachfolge - Ideal des apostolischen Lebens zunächst in monastischen Kreisen, seit einer breiteren Alphabetisierung im hohen MA auch in Laienkreisen verbreitetes Ideal christlichen Lebens; im 20. Jh. von Bonhoeffer wieder entdeckt. Biblische Grundlage: Aussendungsrede: Matth. 10, 7-10, Perikope vom reichen Jüngling: Matth. 19,16-22 u.a. Evangelische Räte - Weisungen der Evangelien ethische Forderungen der Bergpredigt wie Feindesliebe, Eidverbot oder der Nachfolge wie Besitzlosigkeit, Ehelosigkeit; Empfehlungen für die, die nach Vollkommenen streben, im Gegensatz zu der allgemein verbindlichen Geltung des Dekalogs Tugend - Gesinnung, auf Verwirklichung von Werten ausgerichtet nach Platon: Kardinaltugenden: Klugheit, Tapferkeit, Mäßigung, Gerechtigkeit; im MA ergänzt nach 1. Kor. 13 um die theologischen Tugenden: Glaube, Hoffnung, Liebe; vielfach allegorische dargestellt Kardinaltugenden - platonische Grundtugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßigung (prudentia/sapientia, iustitia, fortitudo, temperantia) im MA ergänzt durch die drei theologischen Tugenden: Glaube, Hoffnung, Liebe (fides, spes, charitas); oft abgebildet in der Sockelpartie von Portalen und Wänden, den Lastern entgegengestellt theologische Tugenden - thomistische Analogiebildung zu den Kardinaltugenden nach 1. Korinther 13: Glaube, Liebe, Hoffnung: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen“. Zuvor wurde alles menschliche Wissen zum Stückwerk erklärt Dekalog - (griech.) zehn Worte; die zehn Gebote Ethisches "Grundgesetz" in der jüdischen und christlichen Tradition; im Christentum oft in Konkurrenz zur Bergpredigt; in der frühen Neuzeit als überkultureller ethischer Konsens in der Naturrechtsdiskussion herangezogen Naturrecht - dem Menschen innewohnendes Rechtsempfinden überführt nach Römer 1 den Menschen seiner Sündhaftigkeit; katholisch: in Kontinuität zur theologischen Ethik; protestantisch: nur für die weltliche Rechtssprechung grundlegend; säkular: Begründung und Kriterium für die Rechtmäßigkeit der Gesetzgebung allgemeines Priestertum - Ablehnung der Trennung von Klerikern und Laien in Luthers Adelsschrift programmatisch formuliert: einzige christliche Legitimation ist die Taufe, alles andere sind Menschensatzung; Legitimation für die kirchlichen Reformtätigkeit der Fürsten; im Pietismus zum allgemeinen Priestertum aller Gläubigen weiterentwickelt Zwei-Reiche-Lehre - Differenzierung von geistlichem und weltlichen Reich geht auf Augustin (De civitate Dei, 413-426) zurück: civitas Dei / civitas terreni oder diaboli; in der Reformation: Unterscheidung zwischen der spirituellen Gemeinschaft der Nächstenliebe und der säkularen Gesellschaft, in der Naturrecht und positives Recht gilt Gnade - die göttliche Verleihung der Gerechtigkeit an den Gläubigen von Paulus vor allem in Römer 3 entwickelte Vorstellung, dass nicht die Befolgung des Gesetzes dem Menschen Heil bringt, sondern der Glaube an die Barmherzigkeit Gottes wie sie sich in der stellvertretenden Genugtuung seines Sohnes, Jesus Christus, gezeigt hat (vgl. Rechtfertigungslehre bei Augustin und Luther) etsi deus non daretur - unabhängig von religiösem Wahrheitsanspruch von Hugo Grotius (1583-1646) geprägte Formel, um dem von ihm begründeten Völkerrecht (De iure belli et pacis, 1625) eine von konfessionellen Ansprüchen unabhängige Geltung zu verschaffen; von Bonhoeffer (Widerstand und Ergebung, 1944) für den Status des modernen Christentums verwendet Kategorischer Imperativ - oberstes Prinzip der Kantischen Ethik «handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde», Formel, die die Autonomie der individuellen Vernunft mit der Allgemeingültigkeit ethischer Normen in Übereinstimmung bringen soll Goldene Regel - allgemeinste sittliche Regel «alles nun, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das sollt auch ihr ihnen tun; [denn darin besteht das Gesetz und die Propheten]», Mt 7,12; seit der Antike tradierte Formel als Grundsatz und Kriterium ethischen Handelns