14. Sonntag - Mund-Hand-Werk

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14.Sonntag im Jahreskreis/B/Evangelium01
Liebe Mitchristen!
Eigentlich müsste man ja den Kopf schütteln über die Leute aus Nazareth. Da ha-ben sie den Messias sozusagen als Nachbarn, können
mit ihm reden, sind per Du mit ihm - und begreifen überhaupt nichts! Dabei anerkennen sie seine Art zu predigen; sie entdecken seine
Weisheit; sie sehen die Wunder. Sie hören ihm zu und streiten ihm nichts ab. Jesus ist ihnen nicht gleichgültig, schließlich ist er einer
der ihrigen. Sie könnten ihn auch begreifen - aber sie wollen nicht. Und der Grund dafür ist ganz einfach: Weil nicht sein kann, was nicht
sein darf!
Jesus ist bekannt: Er stammt aus Nazareth, von den kleinen Leuten. Und das bedeutet zudem: Er gehört auch dorthin! Um es mit einem
Sprichwort auszudrücken: Schuster, bleib bei deinem Leisten!
Was in Nazareth passierte, ist ganz natürlich, passiert sonst auch, geschieht immer wieder. Ganz umsonst ist sicherlich nicht der Satz
geprägt worden: Die Menschen werden als Originale geboren und sterben als Abziehbilder. Will heißen: Ein Mensch hat es unendlich
schwer, er selbst zu sein. Er hat vielmehr das zu sein, was man von ihm erwartet.
Wie oft haben wir schon gesagt: Das hätte ich von dir nicht erwartet - gemeint als Vorwurf, weil einer nicht in das Schema, die
Vorstellung passt, die ich von ihm habe. Eigentlich sagen die Leute von Nazareth nichts anderes zu Jesus. Weil sie bestimmte
Vorstellungen von Jesus haben, entdecken sie eben nicht, wie er wirklich ist. Seine Botschaft hat bei ihnen keine Chance; das Neue,
das Gott durch ihn sagt, hat keine Chance; ein Gott, der Neues auf menschliche Weise schaffen will - für so einen gibt es bei ihnen kein
Durchkommen. Genau diese - auch uns durchaus nicht unbekannte - Haltung, diese ganz normale menschliche Einstellung, die sich in
dem Sprichwort ausdrückt: "Daheim gilt der Prophet nichts" - genau diese Einstellung führt haarscharf an Jesus, am Reich Gottes, an
der Erlösung vorbei. Diese Einstellung, diese Haltung ist Unglaube - selbst dann, wenn dies weder den Leuten aus Nazareth noch uns
eigentlich bewusst war und ist.
"Kennen wir schon", "nichts Neues", "schon oft gehört", "haben wir doch schon gelesen"! Wie oft höre ich im Unterricht diese Sätze,
wenn es gilt Bibelstellen zu er-arbeiten. Nicht böse gemeint, diese Bemerkungen und doch machen sie deutlich worunter wir alle
irgendwie leiden: Wir wissen es schon, wir wollen uns nicht wei-ter damit beschäftigen, es ist ein alter Hut. Und genau diese Einstellung
ist der normale, alltägliche Weg an Gott vorbei. Und das gilt nicht nur für die draußen, für die, die keine Kirche mehr von innen sehen.
Dies gilt auch für uns, die wir uns hier immer wieder zum Gottesdienst treffen und mit Sicherheit unseren Glauben als wertvoll und
wichtig erachten.
Liebe Mitchristen, Stillstand ist Rückschritt, heißt ein eisernes Gesetz der Wirtschaft. Leben ohne dauerndes Dazulernen, ohne
Umdenken, ohne Suche nach neuen Wegen ist unmöglich! Für unseren Glauben gilt genau das Gleiche: Er kann nur in uns wachsen
und reifen, wenn wir uns immer wieder damit auseinander-setzen, wenn wir Fragen stellen, wenn wir uns der Begegnung mit Gott
stellen. Als Christen haben wir diese Chance, vor allem auch deshalb, weil wir immer wieder anfangen können, weil wir in Gott einen an
unserer Seite haben, der uns unsere Rückschritte nicht krumm nimmt, jeden Fortschritt aber als Gewinn für uns bucht.
Amen.
14.Sonntag im Jahreskreis/B/Evangelium02
Liebe Mitchristen!
Wonach beurteilen wir einen Menschen? Vorzugsweise einen, den wir kennen? Einen, der vielleicht nach langer Abwesenheit wieder in
seine Heimat kommt mit all seinen Erfahrungen und Erkenntnissen? Nach seiner Schulbildung und seinem gesellschaftlichen
Werdegang? Nach seiner Position, seinem Stammbaum oder seiner Herkunft?
Es gibt viele Kriterien; Tatsache aber ist sicherlich, daß wir in einem solchen Fall strengere Maßstäbe anlegen, als wir es im Allgemeinen
tun würden. Schließlich wissen wir über die jeweilige Familie Bescheid, wir kennen die Verhältnisse, die Umgebung; vielleicht wissen wir
auch noch, was der- oder diejenige in ihrer Kindheit und Jugend an Streichen ausgeheckt haben, welche Leistungen sie in der Schule
erbracht haben u.v.m.. Zumeist ist unser Blick verstellt durch derartige Nebensächlichkeiten, so daß wir kaum in der Lage einer
gerechten Beurteilung sind. Da heißt es dann häufig: "Der soll sich nicht aufmanndeln! Der braucht nicht mei-nen, daß er was besseres
ist! Der möchte uns belehren? Der soll erst uns einmal etwas zeigen, bevor er redet!"
Jesus ergeht es da ähnlich. Durch sein "Nach-Hause-kommen", setzt er sich einer harten Prüfung aus. Vor allem auch deshalb, weil er
nicht nur kommt, um sein Elternhaus und seine Familie wiederzusehen; er kommt als Rabbi, begleitet von seiner Jüngern, um die
Menschen zu unterweisen. Wie nicht anders zu erwarten, nehmen die Menschen Anstoß an ihm. Sie ärgern sich über seine Worte. Was
will der eigentlich, der Zimmermann? Der ist doch wie wir alle -. und ausgerechnet der will hier den starken Mann spielen und uns
Lehren erteilen? Den kennen wir doch noch von früher her; seine ganze Familie lebt hier - alles ganz normale Leute! Und jetzt stellt er
sich in die Synagoge und will was Besseres sein!
So könnten die Bewohner von Nazareth geredet haben, weil sie nicht in der Lage waren Jesus gerecht und offen zu beurteilen, da er
doch einer war wie sie selbst. Daß darin aber gerade das Besondere liegt, dieser Blick ist ihnen verstellt. Sie können oder wollen nicht
sehen, daß Gott, als er seinen Sohn in die Welt sandte, keine Ausnahmestellung beanspruchte. Er nahm vielmehr ein ganz alltägliches
Leben mit ganz alltäglichen Aufgaben auf sich. Für die Menschen damals ein Unding, denn wer eine besondere Stellung bekleidete, der
hatte sie schon von Geburt an. Newcomer - wie wir heute sagen würden - waren nicht anerkannt und sind es vielfach bis heute nicht.
Auf unsere heutige Situation übertragen, kann man die Begebenheit, welche das Evangelium schildert auch noch anders sehen. Ob uns
diese Sichtweise aber besser gefällt, ist fraglich.
An einen Gott nämlich, der fern von uns irgendwo ist, an ein höchstes Wesen, das über allem thront, kann und möchte man vielleicht
wohl glauben. Schwierig wird es aber, wenn dieser Gott uns zu nahe kommt, wenn er einen Sitz in unserem Leben beansprucht. Und
noch problematischer wird es, wenn dieser Gott weiterwirkt im Leben der Menschen, wenn er weiterwirkt in der Kirche. Gerade sie ist
doch zum Stein des Anstoßes geworden und beliebte Zielscheibe der Kritik. Nur das Menschliche wird in ihr gesehen und nur nach
menschlichen Richtlinien wird sie beurteilt. Wen aber wundert es, daß es auch in der Kirche menschliche Unzulänglichkeiten gibt?
Darüber kann man sich lang und breit auslassen - bewußt ausgelassen aber wird die Tatsache, daß die Kirche auch dadurch zum Stein
des Anstoßes wird, weil sie Gottes Wort authentisch verkündet.
Genau das aber wollen viele nicht wahrhaben! Denn sie verstehen sich als autonome Menschen in dem Sinne, daß sie keine Autorität
über sich zulassen. Sie basteln sich ihre eigene Religiosität zusammen und lassen alles weg, was ihnen nicht gefällt. Kein Wunder, daß
sie irgendwann feststellen müssen, Gottes Wirken sei in dieser Welt nicht mehr spürbar. "Und er konnte dort keine Wunder vollbringen!",
dieser Satz aus dem Evangelium erhält so eine ganz besondere Aktualität.
Liebe Mitchristen, um Gottes Wirken in dieser Welt zu erkennen, bedarf es auf unserer Seite, auf der Seite des Menschen der Offenheit,
der Bereitschaft - mit einem Wort: es bedarf des Glaubens. Ohne ihn habe ich kein Fundament, auf das ich aufbauen kann. Ohne ihn
werde ich auch nicht in der Lage sein, Gott im Alltag zu begegnen: in der Natur etwa, in einem echt menschlichen Gespräch, in einem
beglückenden Ereignis meines Lebens ebenso, wie in den Schicksalsschlägen, die ich erdulden muß. In allem ist das Leben doch erst
dann lebenswert und wertvoll, wenn ich die Gewißheit habe: Da ist einer, der ist mir ganz nah, der versteht mich, der trägt mich, ja, der
ist sogar ein Teil von mir.
Amen
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